Das Magazin mit unternehmerischen Visionen - Editorial
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Ausgabe 4 – November 2014 Das Magazin mit unternehmerischen Visionen Editorial Der Spagat war dank aktueller Entwicklun- gen in den drei Landeskirchen und der ebenfalls staatlich anerkannten Israeliti- Für einen Kirchenbund in guter Roger Thiriet schen Gemeinde Basel keiner. Die Verfas- 2 Verfassung sungsreform, an welcher der Schweizeri- Schriftleitung tribune sche Evangelische Kirchenbund zur Zeit thiriet@bluewin.ch arbeitet, gibt Einblick in durchaus unterneh- merische Visionen, die der SEK mit seinen 24 Kantonalkirchen durchdenkt; ähnlich wie der kreative Umgang der Basler Christka- 4 Und sie bewegt sich doch! tholiken mit ihren zu gross gewordenen Gebäuden. Die Gleichstellungsinitiative, die die Mitglieder der Römisch-Katholischen «Religionen und Kirchen im Wandel» lau- Kirchen beider Basel Ende September «Church is change!» – Das Wesen tete einer der Vorschläge, den die tribu- angenommen haben, wird aufgrund der 6 der Kirche ist Wandel ne-Redaktionskommission nach einem komplizierten Balance zwischen Landeskir- Themen-Brainstorming als verfolgens- chen und Rom in der Umsetzung zur Her- wert protokollierte. Ein weites und hoch ausforderung für Jurisprudenz wie Kurie. interessantes Feld zweifellos in einer Und unternehmerische Visionen sind Epoche, in welcher die christlichen Kon- sowohl von der Basler Kirchendirektorin Drei Fragen an fessionen in der alten Welt in die Defensi- bei der Umnutzung denkmalgeschützter 7 Eva Herzog ve geraten und der Islam von extremisti- Sakralbauten als auch vom Präsidenten der schen Gruppen instrumentalisiert wird. kleiner werdenden jüdischen Glaubensge- Doch wie diese Thematik aufbereiten in meinschaft Basels gefragt. einem Magazin, das im Untertitel «unter- tribune hat dazu die aktuell kompetentes- nehmerische Visionen» verspricht und ten Autorinnen und Autoren gefunden. Ihre IGB: Der Spagat zwischen hauptsächlich von Juristinnen und Juris- Beiträge versprechen Ihnen, geschätzte 8 Tradition und Moderne ten gelesen wird? Und wie sie herunter- Leserinnen und Leser, eine informative brechen auf die Schweiz und die Region? Lektüre. Eine Publikation der Handelskammer beider Basel, der Advokatenkammer Basel und des Basellandschaftlichen Anwaltsverbands mit grosszügiger Unterstützung der Jubiläumsstiftung La Roche & Co Banquiers
Für einen Kirchenbund in guter Verfassung sion; es braucht Zeit und Geduld, aber nach kundiger Fähigkeit der Unterschei- Dr. h.c. Peter Schmid-Scheibler auch Gestaltungsehrgeiz und den Willen dung und der Entscheidung. Die Beschäf- Vizepräsident des Rats des zum unverstellten Blick in die Gegenwart. tigung mit den Religionen wirkt anstren- Schweizerischen Evangelischen gend. Der Ausweg in die Neutralität scheint Kirchenbundes Wandel unserer Gesellschaft oft einfacher. Als Folge davon wird die p.schmid-scheibler@bluewin.ch Religionssoziologische Studien weisen Ver- Religion in den Bereich des Privaten änderungen nach, die weder alleine durch gewiesen. Selbst die gestaltende Kraft des die Kirchen verursacht wurden noch ihre «Kulturprotestantismus» schwindet. Wirkungen ausschliesslich in den Kirchen entfalten. Sie machen sich nicht nur in der Auch innerhalb der evangelischen Kir- Die gesellschaftliche Entwicklung macht Schweiz bemerkbar. Es handelt sich um chen zeigen sich deutliche Veränderun- auch vor der evangelisch-reformierten Entwicklungen in Westeuropa. In andern gen. Religiös ansprechbare Menschen Kirche nicht Halt. Das Interesse an Teilen der Welt lebten christliche Kirchen stellen sich oft eine Art von «christ- der Institution Kirche nimmt ab, die schon immer oder seit langem unter nicht licher Individualreligion» zusammen, sehen Zahl der Austritte steigt seit Jahren. Der vergleichbaren Voraussetzungen. Wert und Notwendigkeit der Institution Schweizerische Evangelische Kirchen- Kirche nicht und nehmen bei Bedarf die bund, Dachorganisation der Evangelisch- Ein drastischer Traditionsabbruch zeigt Dienstleistung einer ihnen als geeignet reformierten Kirchen unseres Landes, Auswirkungen auf die Kirchen. Die Zuge- erscheinenden Person in Anspruch. Die versucht dem Trend mit einer Revision der hörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft evangelisch-reformierten Landeskirchen Kirchenverfassung entgegen zu wirken. ist nicht mehr selbstverständlich. Der sind in starker Weise den staatlichen Besuch des Religionsunterrichtes in jun- Strukturen entlang organisiert: Kirchge- gen Jahren verhindert oft die Ahnungs- meinde, Kantonalkirche. Die nationale Schweizerischer Kirchenbund und Sprachlosigkeit über religiöse Fragen Ebene wird allerdings im Unterschied Der Schweizerische Evangelische Kir- nicht. Bibelkenntnisse können selbst in zum staatlichen Gefüge wenig beachtet. chenbund (SEK), gegründet 1920, ist die bescheidenem Ausmass nicht mehr vor- Gerade bewusste Christinnen und Chris- Stimme von mehr als zwei Millionen Pro- ausgesetzt werden. Immer mehr Men- ten führen für sich die freie Gemeinde- testantinnen und Protestanten in der schen verzichten auf einen religiös begrün- wahl ein und fühlen sich nicht zwingend Schweiz. Als Gemeinschaft der 24 Lan- deten Glauben. Andere Weltreligionen in ihrer Ortsgemeinde verwurzelt. Natür- deskirchen, der Evangelisch-methodisti- gewinnen in Westeuropa an Bedeutung. lich gibt es die traditionelle Kerngemein- schen Kirche und der Eglise Evangélique Religiöser Pluralismus ruft eigentlich de noch immer. Es ist aber offensichtlich: Libre de Genève setzt er sich in Wort und Tat auf der Basis des biblischen Evangeli- ums für die Achtung christlicher Werte in der Gesellschaft ein. 74 von den Mitglied- kirchen entsandte Persönlichkeiten bil- den die Abgeordnetenversammlung und ein siebenköpfiger Rat wirkt als Exekuti- vorgan. Gegenwärtig arbeitet der SEK an einer neuen Verfassung. Die Verfassung ist das grundlegende Regelwerk des Kirchen- bundes. Ausgangspunkt ist die Hoffnung, dass der christliche – evangelische – Glaube nicht nur Zukunft hat, sondern sinnstiftender Teil der Zukunft ist. Mit Zuversicht und Gestaltungsfreude suchen wir nach Antworten auf die drängenden Fragen, die eine sich offensichtlich verän- derte religiöse Landkarte der Schweiz stellt. Auch beim SEK führt ein demokra- Im Augenblick leider keine Seltenheit in Kirchenräumen: leere Bänke tischer Prozess zu einer Verfassungsrevi- Bild: Gebrüder Hauser Kirchengestühl 2
Die Kirchen der nahen Zukunft werden nen Megatrends rufen nach einer Erkenn- wirtschaftlichen Themen äussert sich der kleiner, «ärmer», stärker von individuel- barkeit des evangelisch-reformierten Kirchenbund; wo es nötig ist, bezieht er len Wünschen herausgefordert. Die Kir- Glaubens. Dazu braucht es synodale Pro- Stellung – evangelisch begründet, theolo- chenmitglieder werden flexibler, wähleri- zesse, die über die Region hinauswirken. gisch klar und politisch klug. Er verleiht scher, organisieren sich «freier». Die alte schweizerische Tradition, wonach seine Stimme jenen, denen Unrecht wider- alles von Kanton zu Kanton verschieden fährt und die selber in der Öffentlichkeit Anfragen an die «gottlose» Gesellschaft ist, steht in einem krassen Spannungsfeld kein Gehör finden.» Eine entscheidende Frage vor dem Hinter- zur heutigen medialen Kommunikations- grund der beschriebenen Entwicklungen welt. Dabei geht es weder um die Schaf- Die wohlformulierte Zielsetzung kann lautet: Wird dadurch unsere Gesellschaft fung einer Zentralmacht, noch um die nicht darüber hinwegtäuschen, dass Kir- gerechter, friedlicher und im Umgang mit Einführung einer übereifrigen Regelungs- che und Wirtschaft ein eher distanziertes den Menschen in allen Lebenslagen sorg- wut. Eine zeitgemässe evangelisch-refor- Verhältnis pflegen. Auch hier wirken sich fältiger? Wird unsere Kultur reicher? Führt mierte Kirche lebt weiterhin von Freiheit die erwähnten Megatrends aus, dazu kom- die reine Bezogenheit des Menschen auf und Vielfalt, aber ein benennbarer Rah- men subtile bis grobe Vorurteile auf beiden sich selber zu mehr Humanität? Christin- men ist für jede Gemeinschaft unentbehr- Seiten. Wer wirtschaftlich erfolgreich ist, nen und Christen sind da skeptisch. lich, sonst droht Beliebigkeit und Belang- gerät in Verdacht, unethisch zu handeln – Ein biblisch begründeter Hoffnungsüber- losigkeit. wer ethische Ansprüche an die Wirtschaft schuss erscheint ihnen glaubwürdiger. anmeldet, versteht angeblich nichts von Weil christlicher Glaube nicht Privatbesitz Reformiert reformieren Ökonomie. Beziehungen, die stark auf Vor- ist, wollen sie ihn teilen. Und genau dazu Evangelische Kirchen kennen durchaus urteilen beruhen, sind freudlos und bedau- braucht es «kirchliche Orte». eigenständige Entwicklungen, die meiner erlich wenig kreativ. Ich drücke es altmo- Meinung nach nicht verhandelbar sind. Da disch aus: Eine Volkskirche behält die Eine evangelische Kirche in der Schweiz? wäre die synodale-demokratische Struk- Volkswirtschaft im Blick. Gesucht ist auch Die geschilderten Entwicklungen rufen tur zu nennen und somit die strikte demo- hier, was letztlich den Menschen und der für mich nach einem Zusammenrücken kratisch legitimierte Beauftragung in Menschenwürde dient. Dabei geht es nicht der reformierten und der weiteren evan- kirchliche Ämter. Unverhandelbar ist die ausschliesslich um die Menschen in unse- gelischen Kirchen in der Schweiz. Es Gleichstellung von Frau und Mann und rer Region, sondern ebenso um die uns braucht definierte Orte des gemeinsamen damit die Frauenordination. Wichtig ist mir unbekannten Menschen im weitverzweig- Nachdenkens und des Feierns. Eine deut- darüber hinaus die differenzierte, liberale ten Netz einer international wirkenden lich zugenommene Erklärungsnotwen- Haltung in gesellschaftlichen Fragen, wie Wirtschaft. Die kritische Nachfrage nach digkeit des christlichen Glaubens bedeu- zum Beispiel die gleichgeschlechtliche ethischen Werten im Wirtschaftsleben tet eine grosse Herausforderung. Die Partnerschaft. Mir liegt sehr viel an gehört zu den Aufgaben einer lebensbeja- Ansprüche steigen und können häufig einer zeitgemässen «Volkskirche», die henden, menschenfreundlichen Kirche. nicht einfach «vor Ort» befriedigt werden. wohl nicht mehr einfach das «Volk» mit- Es braucht mehr und nicht weniger einschliessen kann, aber der Lebenswirk- Gemeinschaft, sonst droht die individuelle lichkeit der Menschen nahe ist. Vom Überforderung. Evangelium her ergibt sich zuweilen die Notwendigkeit des Widerspruchs – er ist Es kann einfach nicht mehr alles «vor Ort» auch eine Form der Nähe zu den Men- Dr. h.c. Peter Schmid geleistet werden. Es dürfte wohl weiterhin, schen. Kurz und gut – ich wünsche mir war von 1989 – 2003 Regierungsrat des aber in verschiedener Form, so etwas wie eine tolerante, aber glaubwürdige evange- Kantons Basel-Landschaft und von 2003 bis Basisgemeinden geben. Einige Mitglied- lisch-reformierte Kirche. 2012 Präsident des Fachhochschulrates kirchen haben nach wie vor die Grösse und FHNW. Daneben engagiert er sich seit das Potenzial, um als «Regionalkirche» zu Evangelisch wachsam jeher für Kirche und Theologie und erhielt wirken. Andere wiederum verfügen nur Die geltenden Legislaturziele des SEK 2004 den Ehrendoktor der theologischen über geringe Ressourcen und zu beschei- nennen unter anderem das Ziel «evange- Fakultät der Universität Basel. Seit 2003 ist dene Möglichkeiten, um in ihrer Zustän- lisch wachsam». Dazu heisst es: «Der Peter Schmid auch Mitglied des Rates des digkeit weiterführende Impulse zu entwi- Kirchenbund bezieht öffentlich Stellung, Schweizerischen Evangelischen Kirchen- ckeln. Meine Prognose ist, dass es schon wo gesellschaftliche, politische oder wirt- bundes (SEK), seit 2011 in der Funktion des bald andere «Orte des Kircheseins» geben schaftliche Entwicklungen dem Evangeli- Vizepräsidenten. wird. Auch ihnen soll die nationale Ebene um Jesu Christi zuwiderlaufen. Nicht zu Dach und Heimat bieten. Die beschriebe- allen politischen, gesellschaftlichen oder 3
Und sie bewegt sich doch! Gleichstellung der Geschlechter, sondern unterbreitet ihnen dabei auch Anliegen der Monika Hungerbühler, ebenso dem Evangelium Jesu, das zu römisch-katholischen Bevölkerung. In die- röm-kath. Theologin einer Gemeinschaft von Gleichgestellten sem Rahmen wirkt sie darauf hin – auch Co-Leiterin Offene Kirche aufruft. Gegen diese inakzeptable Diskri- bei der Weiterentwicklung des kirchlichen Elisabethen minierung laufen die Katholikinnen seit Rechts –, dass Veränderungen insbeson- monika.hungerbuehler@oke-bs.ch Jahrzehnten Sturm, wenn sie sich nicht dere in Bezug auf die gleichberechtigte aus eben diesem Grund von der römisch- Zulassung zum Priesteramt, unabhängig katholischen Kirche abwenden. von Zivilstand und Geschlecht, ermöglicht werden.» Damit wird nichts anderes ver- Der Reformstau betrifft noch andere unge- langt als die Abschaffung des Pflicht- Im Jahre 2011 wurde innerhalb der löste Fragen und macht die katholische zölibats und Zulassung der Frauen zum römisch-katholischen Kirchen Basel- Kirche zunehmend unglaubwürdig. Um Priesteramt. Stadt und Basel-Landschaft die «kirch- nun ein Zeichen zu setzen, griffen Frauen liche Gleichstellungsinitiative» lanciert, und Männer der Römisch-Katholischen Illustre Initiativkomitees welche die Abschaffung des Zölibats und Kirche Basel-Stadt und der Römisch- Die Gleichstellungsinitiative ist von Anfang die Zulassung von Frauen zum Priester- Katholischen Landeskirche Basel-Land- an auf grosses Echo gestossen und in bei- amt forderte. Die Initiative ist diesen schaft zum demokratischen Mittel einer den Halbkantonen durch Vertreterinnen Herbst mit grossem Mehr angenommen kirchlichen Verfassungsinitiative. und Vertreter nicht nur aus kirchlichen worden. Verbindlich ist das Resultat jedoch nur für die Kantonalkirchen, und es bringt deren Vertreter in die nicht leichte Situation, sich für etwas einzuset- zen, das von Rom nach wie vor nicht akzeptiert wird. In beiden Basel anerkennt der Kanton die Römisch-Katholische Kirche (RKK) als öffentlich-rechtliche Körperschaft und gibt ihr Verfassungsrechte, darunter jenes, eine Initiative zu lancieren. Das Initiativ- komitee der «kirchlichen Gleichstellungs- initiative», wie sie verkürzt genannt wird, hat davon Gebrauch gemacht und damit einen sensiblen Bereich in der römisch- katholischen Kirche Schweiz getroffen. Im Juni 2013 haben die Synoden beider Kan- tone einen gleich lautenden Text für ihre Kirchenverfassungen verabschiedet. Ein Referendum ist nicht ergriffen worden, Realität im virtuellen Raum: Bischöfinnen der «Virtuellen Diözese» bei einer Priesterinnenweihe hingegen mussten die geänderten Verfas- in Lyon auf einem Schiff auf der Saone. Bild: Virtuelle-Dioezese.de sungen dem Kirchenvolk vorgelegt wer- den, was am Wochenende des 28. Septem- Der Kernsatz Kreisen, sondern auch aus Wissenschaft, ber 2014 geschehen ist. Der Ingress der basel-städtischen wie Kultur und Politik prominent unterstützt auch der die kirchlichen Aufgaben worden. So fanden sich im Initiativkomitee Die Anliegen der Initiative umschreibende Paragraf 13 der basel- Basel-Stadt Namen wie Georges Delnon, Die seit Jahrzehnten aktuelle Forderung landschaftlichen Kirchenverfassung sollen Direktor Theater Basel; Prof. Dr. Felix Haf- nach der Gleichstellung der Geschlechter gemäss Initiative künftig folgende identi- ner, Ordinarius für Öffentliches Recht an auch in der katholischen Kirche verläuft schen Kernsätze aufweisen: der Universität Basel; Dr. Oswald Inglin, äusserst zögerlich und ist teilweise völlig «Dabei (sc. bei der Erfüllung ihrer Aufga- Grossrat; Anita Lachenmeier-Thüring, blockiert. Dies betrifft vor allem den Aus- ben) pflegt sie in gegenseitigem Respekt ehemalige Nationalrätin und Dominik schluss der Frauen vom Priesteramt allein und unter Wahrung der je eigenen Zustän- Wunderlin, stellvertretender Direktor des aufgrund ihres Geschlechts. Nicht nur digkeitskompetenzen auch den Dialog mit Museums der Kulturen sowie im Komitee widerspricht er dem Grundrecht der den zuständigen kirchlichen Organen und des Nachbarkantons Dr. Bruno Gutzwiller, 4
Advokat und Kantonsrichter; Dr. Matthys fach. Es bedarf eines Spagats zwischen Zivilstand und Geschlecht – dies das Anlie- Klemm, Theologe; Prof. Dr. Anne Peters, den Forderungen der Initiative und der gen des Initiativkomitees – soll deshalb Ordinaria für Völker- und Staatsrecht an der Position der Kirchenleitung in Rom bezie- diskutiert und nicht ad acta gelegt werden. Universität Basel oder Elsbeth Schneider- hungsweise in Solothurn. Papst Johannes Dass Diskussionsverbote nicht hilfreich Kenel, ehemalige Regierungsrätin des Paul II. hat 1994 bekräftigt, dass die Kirche sind, hat man auch im Ordinariat in Solo- Kantons Basel-Landschaft. «keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Pries- thurn erkannt. Ein Passus, wie er nun in terweihe zu spenden, und dass sich alle die Verfassungen der Römisch-katholi- Fahrplan Gläubigen der Kirche endgültig an diese schen Kirchen Basel-Stadt und Basel- An Pfingsten 2011 ist die Initiative in den Entscheidung zu halten haben». Zu diesen Landschaft aufgenommen worden ist, ent- beiden Halbkantonen lanciert worden; Gläubigen gehören auch die Mitglieder der spricht einer dauernden Aufforderung, in in Basel-Stadt betrug das Quorum 700, staatskirchenrechtlichen Behörden, wel- dieser Hinsicht wachsam zu sein und ent- im Landkanton 1000 Unterschriften. Im che nun jedoch zur Ausführung des Ver- sprechende Initiativen der Seelsorgenden Januar 2012 konnten rund dreitausend fassungstextes aufgrund der «kirchlichen von staatskirchenrechtlicher Seite her zu Unterschriften eingereicht werden (BS Gleichstellungsinitiative» verpflichtet sind. unterstützen. 878, BL 1952), welche Ende 2012 von den Markus Thürig, Generalvikar des Ordinari- beiden Kirchensynoden für gültig erklärt ats in Solothurn, befürchtet deshalb, dass Nach der erfolgreichen Abstimmung vom wurden. Am 25. Juni 2013 sagten die Syn- die Annahme der Initiative die Mitglieder 28. September erhofft sich das Initiativ- oden beider Kantone Ja zur Initiative und dieser Behörden in einen «permanenten komitee, dass auch andere Landeskirchen Ja zum ausformulierten Initiativtext. Im Gewissenskonflikt» stürzen könnte. diesen Ball auffangen und gleiche oder Stadtkanton bedurfte es laut Kirchenver- ähnliche Initiativen starten werden. Wenn fassung zudem einer positiven Stellung- es bis jetzt auch noch nicht danach aus- nahme des Diözesanbischofs und des für sieht, soll man die Hoffnung nicht aufge- die Kirchen zuständigen Regierungsrats- ben. Man stelle sich vor, dass in zwanzig mitglieds. Bischof Felix Gmür genehmig- Kantonen eine solche Abstimmung unter te den Text im November 2013, Regie- den Katholikinnen und Katholiken stattfin- rungsrätin Eva Herzog im Juli 2014. Die den und mit vielen Stimmen angenommen basellandschaftliche Verfassung hinge- würde ... das wäre ein Erdrutsch! gen sieht vor der Abstimmung keine sol- chen Stellungnahmen vor. Die Abstimmung Am 28. September 2014 stimmte das Kir- chenvolk über die Initiative ab und sprach sich in beiden Kantonen mit überwältigen- dem Mehr für die vorgeschlagene Teilrevi- sion aus. Bei einer Stimmbeteiligung von 22.1 Prozent in Basel-Stadt und 28.8 Pro- zent in Baselland wurde die Initiative im Monika Hungerbühler Stadtkanton mit 81.8 Prozent und auf dem ist römisch-katholische Theologin und Land gar mit 87.5 Prozent der Stimmen Verklärtes Frauenbild: Maria Magdalena mit steht seit 1986 im Dienst der Kirche. Sie ist angenommen. Mit diesem eindeutigen Myrrhegefäss (Ikone); Bild Wikipedia Co-Dekanatsleiterin im Dekanat Basel- Resultat hat sich das römisch-katholische Stadt und Co-Leiterin der Offenen Kirche Kirchenvolk klar für die Gleichberechti- Ecclesia semper reformanda Elisabethen. Von 2003 bis 2012 leitete sie gung des Zivilstands und Geschlechts in Die Kirche ist eine «Ecclesia semper refor- die Frauenstelle der Römisch-Katholischen der Priesterordination ausgesprochen. manda» – eine Kirche, die sich immerwäh- Kirche Basel-Stadt. rend wandeln und reformieren kann und Die Gleichstellung der Frau in der katholi- Die Spannung bleibt soll. In einer «Spiegel»-Umfrage vom schen Kirche ist Monika Hungerbühler seit Das Abstimmungsresultat ist für die kan- 13./14. September 2011 waren 88 Prozent je ein wichtiges Anliegen. Sie war deshalb tonalen Landeskirchen verbindlich, nicht der Befragten dagegen, dass Frauen wei- auch Mitinitiantin der «kirchlichen Gleich- jedoch für das weltweit geltende kanoni- terhin vom Priesteramt ausgeschlossen stellungsinitiative» sche Kirchenrecht. Die Situation ist für die werden sollen. Andere Umfragen ergeben (www.kirchliche-gleichstellung.ch). «Kirchen-Regierungen» der beiden kanto- ein ähnliches Bild. Die Frage der Zulas- nalen Körperschaften deshalb nicht ein- sung zum Priesteramt unabhängig von 5
«Church is change!» – Das Wesen der Kirche ist Wandel ben» optimiert. Vielmehr bricht dieses vespern im Advent» finden eine dauerhafte PD Dr. theol. Michael Bangert Paradigma der permanenten Wiederho- Heimat in der Predigerkirche, weil der Pfarrer Predigerkirche Basel lung der bekannten Muster an diesem Kerzenwachs auf dem Boden plötzlich michael.bangert@ckk-bs.ch besagten Morgen auf und entzwei. Es wer- keine heilsentscheidende Frage mehr ist. den noch einige Jahre ins Land ziehen, bis Auch das bekannte Weihnachtsspiel «Pas- die Konsequenzen profiliert hervortreten, torale des Santons» verwurzelt sich in der doch der Wechsel hat begonnen Predigerkirche. Ein multireligiöser Anlass zum Weltkongress der «Ärzte gegen den Geben statt nehmen Atomkrieg» kann hier ohne Komplikatio- Das Movens für dieses Zerbrechen liegt im nen gefeiert werden. Auch experimentelle Es ist ein trüber Samstagmorgen im Rückgriff auf einen Wesenszug der frühen Formen der Kommunikation werden von November des Jahres 2003. Der Kirchen- Christenheit. Neben der liturgischen Feier Studierenden der Fachhochschule in der rat der christkatholischen Kirchgemeinde des Glaubens und dem Einsatz für christli- Predigerkirche «getestet»! Basel trifft sich im Hotel Bad Schauen- che Spiritualität in Kultur und Gesellschaft burg zur Zukunftsplanung. Obwohl die ist es die sogenannte «diakonia», der Kantatensonntage Aussichten für die kirchliche Entwicklung selbstlose und radikale Einsatz für die Die Anfrage einer Gruppe engagierter und ebenso verhangen und grau sind wie das Bedürftigen. Und so steht plötzlich die hochqualifizierter Musiker und Musikerin- Wetter, opfern zwölf engagierte Männer Frage ist Raum: «Was können wir für die nen, die Predigerkirche für eine Auffüh- und Frauen unterschiedlichen Alters ein Stadtgesellschaft in Basel tun?». Es geht rung des gesamten Kantatenwerkes von gutes Stück ihrer freien Zeit. Der Mega- dem Kirchenrat nicht mehr um das Bekom- Johann Sebastian Bach nutzen zu können, trend der Säkularisierung setzt auch den men, das Haben, den Besitz, sondern um wird positiv beschieden. Doch die Kirchge- Christkatholiken in Basel zu. Austritte das Geben, das Einsetzen und Unterstüt- meinde tritt nicht als mehr oder weniger und schleichende Entfremdung stellen zen. In einer komplexen Organisation wie passiver Vermieter auf. Den Künstlern, die organisationsintern die grössten Heraus- der Stadtgesellschaft Basel sind viele mehrheitlich der «scola cantorum basili- forderungen dar. Nach aussen sind es grundlegende Formen der Hilfe bereits ensis» verbunden sind, wird die Kirche schleichende Ignoranz und gesellschaft- abgedeckt. Es gibt die kantonalen Sozial- zwölfmal jährlich für zwei Tage kostenfrei liche Marginalisierung. Vieles hat die werke. Es gibt die grossartigen Einrichtun- zur Verfügung gestellt, wenn kein Eintritt Kirchgemeinde schon unternommen: gen der Heilsarmee und anderer Kirchen. erhoben wird, sondern eine Kollekte am Investitionen in Kommunikation und Mar- Es gibt Frauenhäuser, Übernachtungsmög- Ende des Konzertes erbeten werde. Zudem keting sowie offensive Profilbildung und lichkeiten für Männer, die Tafel, Kleiderstu- gibt es vor jedem Konzert eine kurze profunde Qualitätssicherung. Doch das ben etc. So wenden sich die Überlegungen spirituelle Einführung in die jeweiligen ökumenische Phänomen der Kirchenero- alsbald dem zu, was oft bitter entbehrt Kantaten. Der freie Eintritt ermöglicht sion und der Verharmlosung des Evange- wird: Ein Raum der Entschleunigung, der auch einkommensschwachen Personen, liums setzt sich massiv fort. Besonnenheit und der Schönheit. Der Kir- die Bachkantaten zu besuchen. Der gewal- chenrat legt fest, dass die Predigerkirche tige Andrang zeigt, dass mit dem Projekt Es sind stets dieselben Instrumente, mit am Totentanz – wohl einer der schönsten «Bachkantaten in der Predigerkirche» ein denen die Christkatholiken seit Jahren Räume, den die Gotik am Oberrhein grosses Bedürfnis gestillt wird. Und für mutig gegen die Veränderungen reagieren. geschaffen hat – für die Gesellschaft geöff- manchen, der seiner Kirche schon lange Alle Strategien sind durchdacht und net wird. Dieser Raum soll seine «splendid den Rücken gekehrt hat, nimmt die Auffüh- bewährt. Doch sie sind offensichtlich nicht isolation» aufgeben und nun eine dienende, rung der Bachkantaten die Bedeutung interventionssensibel. Wenn gute Metho- proaktive Funktion und damit seine eines «Gottesdienstes» an. Dass oft 500 bis den nicht greifen, dann stellt sich über ursprüngliche Bedeutung zurück erhalten. 700 Besucher in die Predigerkirche drän- kurz oder lang Frustration ein. Illusionen gen, verändert im Laufe der Jahre auch macht sich in diesem Kontext niemand Offene Predigerkirche die Selbsteinschätzung der Kirchgemeinde, mehr. Die kraftlos-fromme Devise «small Die praktischen Konsequenzen stellen da sie sich nun als Gastgeberin für so is beautiful» des zuständigen Bischofs sich langsam, aber unwiderstehlich ein. viele Menschen versteht. Auf Seiten der erweist sich als wirkungsfrei. Es bleiben Ebenso bleiben die reziproken Wirkungen Kirchgemeinde wachsen Generosität und die drängenden Fragen «Wie können wir dieses Paradigmenwechsels auf die Kirch- Selbstbewusstsein in reziproker Weise. Die das bekommen, was wir zum Wachsen gemeinde nicht aus. Die aus der Haltung Haltung des Teilens und der Solidarität brauchen?» und «Wer kann es uns des Gebens entstandenen Ideen für die wird dadurch beständig gestärkt. geben?». Der Wandel, der an diesem trü- «Sternschnuppen über Mittag», die promi- ben Novembertag seinen Anfang nimmt, nenten Personen die Möglichkeit geben, in Krise als Chance kommt allerdings nicht von einer genialen Ruhe über ein Thema nachzudenken, fin- Dieses «change movement» gerät ab dem Idee, die das jahrelange «Mehr-vom-Sel- den Zuspruch. Die «Ökumenischen Licht- Jahr 2008 gleichsam in einen Turbo-Lader. 6
Die überaus eigenwillige Anlageabteilung Ecclesia semper reformanda Drei Fragen an eines zwar renommierten, aber funktional Im Zuge des doch tiefgreifenden Wandels unfähigen Geldinstituts pulverisiert in kur- kann auch die Predigerkirche – als zent- Eva Herzog zer Frist einen wesentlichen Teil des rales Gebäude der Kirchgemeinde – nun Anlagevermögens der Kirchgemeinde. Die wieder eine elementare Kommunikations- Dr. Eva Herzog Finanzkrise schlägt auf den Alltag durch; funktion wahrnehmen. Gäste, Seelsorge- Regierungsrätin und Kirchen- die Illiquidität droht. In dieser problemati- rinnen und Seelsorger, Behördenmit- direktorin Basel-Stadt schen Situation bewährt sich die Neuaus- glieder, Besucher und Gemeindeglieder eva.herzog@bs.ch richtung der Kirchgemeinde nicht nur – können einander auf diesem «Forum» nein, die Veränderungsdynamik nimmt begegnen. Gebet, Gespräch und Geschäft jetzt erst richtig Fahrt auf. Das System der sind aufeinander bezogen und ineinander christkatholischen Kirchgemeinde hatte verwoben. So kann durch diesen Wandel glücklicherweise bereits begonnen, sich die Kirchgemeinde ihrem Gotteshaus Wie wichtig sind die Kirchen für das zu verändern. Vor der Krise waren die ers- genau das wieder zurückgeben, was eine Basler Stadtbild? ten Lernerfolge zu erkennen, so dass die christliche Kirche vom Ursprung her ist: Zum vielseitigen Basler Stadtbild gehören Adaption der neuen Situation in einer Ein Ort des Gebetes, der Erinnerung und auch die Kirchen. Unverzichtbar ist das Atmosphäre vorsichtiger Zuversicht erfol- der Begegnung. Die christliche Tradition Münster, aber auch andere Kirchen prä- gen konnte. Die Leitfrage «Was können wir folgt weder dem Konzept der ägyptischen gen unser Stadtbild stark und sind Teil für die Basler Stadtgesellschaft tun?» und Heiligtümer noch dem der griechischen unserer Geschichte. die Maxime der – theologisch gesprochen Tempel. Sie greift die Idee der paganen – Ausrichtung auf das «Du» machten die «Basilika», der «Halle des Königs» auf, in Welches Konzept hat die Regierung für von der wirtschaftlichen Misere erzwunge- der die Verehrung ihren Platz hat, aber den Fall, dass die schrumpfenden Landes- nen Veränderungen zu einer konstruktiven wo auch die alltäglichen Bezüge der kirchen den Unterhalt ihrer oft denkmal- Herausforderung. «Polis» und ihrer Menschen zuhause geschützten Kirchen dereinst nicht mehr sind. Das – und den Primat des Dienens aus eigener Kraft aufbringen können? So wurde die komplette Verlegung der – im Zuge der mühseligen Veränderun- In Basel-Stadt gehören die Kirchengebäu- Büros des Seelsorgeteams und der Ver- gen zurück gewonnen zu haben, ist für de den Kirchen, sie sind somit auch verant- waltung in die Sakristei bzw. die Neben- die christkatholische Kirchgemeinde in wortlich für Nutzung und Unterhalt. Schon räume der Predigerkirche, welche aus Basel vielleicht der grösste Gewinn des heute trägt der Staat aber zum Erhalt der der Not geboren wurde, sowohl in der Wandels, der an jenem trüben November- Gebäude bei. Gesetzlich vorgeschrieben ist Innen- wie in der Aussenwahrnehmung als samstag vor elf Jahren begann. Es gilt dies beim Münster und der Predigerkirche. grosser Fortschritt bewertet. Der finanziel- der alte Satz von der Kirche, die stets der Zudem ist der Kanton Eigentümer der Cla- le Zwang, die Räumlichkeiten des Kirchge- Veränderung bedarf: «Ecclesia semper rakirche. Wir leisten aber auch bei Sanie- meindehauses wirtschaftlich zu nutzen reformanda!». rungen anderer historisch wichtiger Kir- und zu vermieten, wurde gleichsam ver- chengebäude einen finanziellen Beitrag. wandelt. Die Notwendigkeit, auf die wirt- Soeben ist die St. Albankirche saniert wor- schaftlich-strukturelle Misere zu antwor- den und der Kanton hat zwei Drittel der ten, führt nicht zur Frustration, sondern Kosten übernommen. «verflüssigt» die Strukturen und macht die Gestaltung des Wandels überhaupt erst Wie stellt sich die Kirchendirektorin zu möglich. Soll «change management» keine Kirchenumnutzungen, wie sie aus anderen inhaltsfreie Worthülse sein, bedarf es einer Ländern bekannt sind? vorgängigen Vision. Oder anders: Es Dr. theol. Michael Bangert Ich bin da sehr offen. Da die Kirchen mit braucht den Dienst eines Kapitäns, der das Geb. 1959. Studium von Theologie, Biologie einem Mitgliederschwund konfrontiert Ziel der Reise bestimmt. Das wäre – religi- und Geschichte in Münster/D und München. sind, werden sie gezwungen sein, gewisse ös gesprochen – für eine Kirchgemeinde Fernstudium Betriebswirtschaft. Therapeu- Kirchengebäude anders zu nutzen. Dies tische Ausbildung. Promotion in Münster. das Evangelium Jesu Christi. Ist er der kann auch eine Chance sein. Wir alle Habilitation in Bern. Seit 1995 Tätigkeit als Kapitän, können sich die Offiziere, aber schätzen die Martinskirche als Konzert- Management-Coach und Ethik-Berater. auch der einzelne Leichtmatrose unaufge- Seit 2002 Pfarrer an der christkatholischen saal, das Oekolampad wird als Tagungs- regt um ihre jeweiligen Sachen kümmern. Predigerkirche in Basel. Lehrtätigkeit an raum genutzt. Auch neue, unkonventio- Und allen ist klar: Dass die Kirchgemeinde den Theologischen Fakultäten Bern und nelle Ideen sollen geprüft werden. wächst, dass die Zahl der Gottesdienst- Basel. Publikationen zu Spiritualitäts- Wünschenswert sind Nutzungen, die quar- besucherinnen und -besucher beständig geschichte und Personalführung. tierverträglich und aufgrund des Denk- steigt, liegt am Kapitän. malschutzes möglich sind. 7
Der Spagat zwischen Tradition und Moderne umfassende Gemeinde sieht sich von finanzierbar sein, zumal die jüdische Dr. Guy Rueff vielen Seiten bedrängt, sei dies durch ste- Gemeinde nicht wie die christliche Kirche Präsident der Israelitischen tigen moderaten Rückgang der Mitglie- einfach eine Synagoge mit einer anderen Gemeinde Basel derzahlen bei gleichzeitig steigendem fusionieren kann. g.rueff@tareno.ch Durchschnittsalter, rückläufiger Bereit- schaft, Freiwilligenarbeit auszuführen Die letzten Jahre haben aber auch zu oder durch den wieder aufflammenden verstärkten Kontakten geführt, die helfen Antisemitismus. sollen, in Basel die verschiedenen Religio- nen einander näher zu bringen. Die IGB Warum wird die IGB kleiner? bemüht sich, überall aktiv dabei zu sein, Seit rund 800 Jahren ist die Geschichte Die rückläufigen Mitgliederzahlen begrün- und der runde Tisch der Religionen, das der Juden in Basel überliefert. Aber erst den sich einerseits auf der in Basel immer Zelt Abrahams und die Aktion «Basel zeigt vor gut 200 Jahren, in der Folge der fran- schon hohen Bereitschaft junger Leute, Haltung» haben sicher dazu beigetragen, zösischen Revolution, wurden die Juden sich nach der Ausbildung in Israel nieder- dass wir in Basel viel weniger antisemi- wieder für längere Zeit in Basel ansässig, zulassen. Dazu kommt die Auswanderung tische Reaktionen erleben mussten als und so bildete eine kleine Betgemein- älterer Mitglieder nach der Pensionierung, in der übrigen Schweiz. Auch im inner- schaft im Jahre 1805 den Grundstock für die oft ihren Kindern nach Israel folgen. jüdischen Kreis ist ein Wandel sichtbar. die Gründung der Israelitischen Gemeinde Auch sind in den letzten Jahren junge So haben sowohl auf der «linken» wie Basel (IGB). Paare nach Zürich gezogen, um dort eine «rechten» Seite der jüdischen Religions- grössere Vielfalt von jüdischem Leben zu breite neue Kräfte in Basel Fuss gefasst Die jüdische Gemeinde wuchs bis Ende finden. Die Rate der Mischehen steigt, und bedrängen die traditionelle Einheits- des Jahrhunderts stetig an. Dies führte daher pflegen viele Familien kein so inten- gemeinde. 1868 zur Einweihung der Synagoge an der sives jüdisches Leben mehr oder gehen Leimenstrasse. Im 20. Jahrhundert hatte dem Judentum gar ganz verloren. Gleich- Diese kurze Aufzählung zeigt, dass sich das die IGB ihre Blütezeit mit teilweise über wohl ist in letzter Zeit wieder Bewegung in Bild des jüdischen Lebens in Basel in 2500 Mitgliedern, doch wurde diese Peri- der Jugendarbeit zu sehen und jüdische einem steten Wandel befindet und die ode durch den 2. Weltkrieg überschattet. Vor- und Schulinstitute wie Ganon (Klein- Herausforderungen nicht kleiner werden. Gleichwohl war die Nachkriegszeit sowohl kindergarten), Kindergarten und Schule Trotzdem darf sich die jüdische Gemeinde kulturell wie vom Bild nach aussen die erfahren grossen Zuspruch. Schwierig ist Basels mit einer gewissen Zuversicht die- aktivste Periode der Gemeinde. Langsam jedoch bei abnehmenden Steuereinnah- sen Aufgaben stellen, da die grundsätzliche begann dann aber mit der voranschrei- men deren Finanzierung. Dank Spenden Verbundenheit der Basler Juden mit ihrer tenden Emanzipation, der Abnahme der und Vergabungen ist hier eine gewisse Stadt, die gute Jugendarbeit und die heu- Aussenbedrohung sowie der Entstehung Entspannung eingetreten, doch wird eine tige gute Infrastruktur und bessere finan- des Staates Israel ein Mitgliederschwund. nach wie vor für über 2000 Mitglieder zielle Lage eine Zukunft der IGB auch im Die heute noch gut 1000 Mitglieder angelegte Infrastruktur langfristig nicht schwierigen Umfeld sichern sollte. IMPRESSUM Nummer 4/2014, erscheint viermal jährlich. HERaUSgEbER: Handelskammer beider basel (info@hkbb.ch), advokatenkammer basel, basellandschaftlicher anwaltsverband (sekretariat@advokaturambahnhof.ch) grosszügig unterstützt von der Jubiläumsstiftung La Roche & Co (jubilaeumsstiftung@larochebanquiers.ch) REdaktIoN: beatrice abt, dr. Philip R. baumann, lic. iur. Roman Felix, dr. iur. alexander Filli, dr. iur. Urs d. gloor, Martina Hilker, MLaw andrea tarnutzer-Münch, lic. phil. I Roger thiriet LayoUt: Elmar Wozilka, Handelskammer beider basel, druck: bc medien ag, Münchenstein adRESSE: «tribune», aeschenvorstadt 67, Postfach, 4010 basel, telefon: +41 61 270 60 31 telefax: +41 61 270 60 05 E-mail: tribune@hkbb.ch tribune ist eine offizielle Publikation der herausgebenden organisationen für deren Mitglieder. der abonnementspreis ist im Mitgliederbeitrag inbegriffen. Für Nichtmitglieder kostet das Jahresabonnement CHF 20.– AZB CH-4010 Basel P.P. / Journal 8
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