BAHNMETROPOLE BERLIN DIE NEUE NORD-SÜD-VERBINDUNG - HERAUSGEGEBEN IN ZUSAMMENARBEIT MIT DB PROJEKTBAU GMBH - PMC MEDIA
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Bahnmetropole Berlin Die neue Nord-Süd-Verbindung Herausgegeben in Zusammenarbeit mit DB ProjektBau GmbH
© 2006 bei Eurailpress Tetzlaff-Hestra GmbH & Co. KG, (Verlagsgruppe Deutscher Verkehrs-Verlag) Nordkanalstraße 36, D-20097 Hamburg Telefon + 49 (0) 40 23714-03; Telefax: + 49 (0) 40 23714-259 E-mail: info@eurailpress.com, Internet: www.eurailpress.com Herausgegeben in Zusammenarbeit mit: DB ProjektBau GmbH Alle Rechte der Verbreitung und Wiedergabe vorbehalten. Übersetzungen in eine andere Sprache, Nachdruck und Vervielfältigung – in jeglicher Form und Technik, einschließlich Übernahme auf elektronische Datenträger und Speicherung in elektronischen Medien, auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags gestattet. Für den Inhalt der einzelnen Beiträge sind die jeweiligen Autoren verantwortlich. Wir bedanken uns bei Bahn im Bild (www.bahnimbild.de) für die Bereitstellung zahlreicher Bildmotive. Konzeption und Redaktion: Willy Waßmuth, Eurailpress und Michael Baufeld, DB AG Kommunikation Anzeigen: Silke Härtel (verantw.) Vertrieb und Buchservice: Riccardo di Stefano Layout und Produktion: Axel Pfeiffer Umschlaggestaltung: Karl-Heinz Westerholt Druck: Druckhaus Darmstadt GmbH Printed in Germany ISBN 3-7771-0349-6 Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet unter http://dnb.ddb.de abrufbar.
Bahnmetropole Berlin Die neue Nord-Süd-Verbindung Herausgegeben in Zusammenarbeit mit DB ProjektBau GmbH
4 Grußworte Wolfgang Tiefensee ......................................................... 7 Klaus Wowereit .............................................................. 8 Hartmut Mehdorn ........................................................... 9 Dieter Funk Die Entwicklung des Berliner Eisenbahnnetzes bis zum Fall der Mauer .................................................... 12 Peter Münchschwander, Werner Remmert †, Dieter Funk Entwicklung des „Pilzkonzepts“ Überblick über die Bauvorhaben im Knoten Berlin ........................................... 18 Ingeborg Junge-Reyer Das „Pilzkonzept“ – Bestandteil der Berliner Stadtentwicklung .......................... 24 Eckhard Kunkel Das Fahrplankonzept ....................................................... 30 Wolfgang Feldwisch, Ralf Rothe, Karin Kamitz, Peter Schulze Die Nord-Süd-Verbindung Wie organisiert der Bauherr ein solches Großprojekt? ....................................... 36 Martin Bay Nord-Süd-Verbindung in Berlin Projektmanagement für ein Jahrhundert-Projekt ............................................ 44 Günter Nierich Inbetriebnahmekonzept ................................................... 48 Hany Azer Von Senkkasten, Schildvortrieb und Spreeverlegung Der Bau des Fernbahntunnels zum Hauptbahnhof ........................................... 54 Hany Azer Besonderheiten der Schildfahrt durch den Berliner Untergrund .......................................... 66 BAHNMETROPOLE BERLIN – DIE NEUE NORD-SÜD-VERBINDUNG
I N H A LT S V E R Z E I C H N I S 5 Hanfried Flöttmann Masse-Feder-Systeme ..................................................... 72 Stephan Freudenstein, Martin Kowalski Feste Fahrbahn im Tunnel Nord-Süd-Verbindung ................. 76 Michael Thiel, Hans-Herbert Meyer, Sascha Kullnick Die bahntechnische Ausrüstung der Nord-Süd-Verbindung .... 80 Erhard Dießner, Dagmar Schwartz Elektronische Stellwerkstechnik im Bahnknoten Berlin ......... 86 Katarina Rahloff, Detlef Desler Die Bahnhöfe der Nord-Süd-Verbindung ............................. 96 Hany Azer Hauptbahnhof und Südkreuz – Ingenieurtechnisch anspruchsvolle Projekte ................................................ 100 Klaus Wecker Berlin Hauptbahnhof – Lehrter Bahnhof Offene Baugruben Baulos 1.4 ........................................................... 106 Ulrich Eckstein, Horst Feuser, Ulrich Montag, Bernd Timmers Die Brücken des Hauptbahnhofs ....................................... 110 Wolfgang R. Habel, Joachim Niemann, Falk Hille Langzeitmonitoring der äußeren Brücken des Hauptbahnhofs ............................................................... 116 Egon Schulze, Joerg Fenske Feste Fahrbahn auf den Stadtbahnbrücken ......................... 124 Kathrin Havemann, Jürgen Kraft Die Dächer des Hauptbahnhofs ......................................... 130 Gisbert Loos, Karl-Heinz Isselmann Giganten neigen sich ...................................................... 134 BAHNMETROPOLE BERLIN – DIE NEUE NORD-SÜD-VERBINDUNG
6 Markus Göbler Fassadenintegrierte Photovoltaik-Anlage im Hauptbahnhof Berlin ................................................... 138 Raimo Hätälä Rolltreppen – wichtigstes Verkehrsmittel im Hauptbahnhof ... 144 Jens Böhlke, Peter Schäfer Kernaufgaben des Eisenbahnbundesamtes am Beispiel des Bahnknoten Berlin ................................... 148 Hartmut Freystein, Markus Köppel, Dirk Behrends EG-Prüfung der Nord-Süd-Verbindung und im Knoten Berlin ....................................................... 160 Hans-Joachim Seidenkranz, Ralf-Jürgen Leube, Wolf-Rüdiger Toll Planung der Verkehrsanlagen im Zentralen Bereich Berlin .... 172 Gabriele Schlott, Michael Baufeld Das Bauprojekt im Fokus der Öffentlichkeit ........................ 178 Partner der Bahn ............................................................ 184 BAHNMETROPOLE BERLIN – DIE NEUE NORD-SÜD-VERBINDUNG
GRUSSWORT 7 Die Geschichte der Eisenbahn in und der Bahn das so genannte „Pilz- Berlin ist geprägt von Höhen und konzept“ beschlossen. Damit wur- Tiefen. Vor dem Zweiten Weltkrieg den für die folgenden Jahre Investi- war die Eisenbahnmetropole Berlin tionen in Höhe von rund 5 Milliarden einmal vorbildlich in Europa. Die Zer- Euro ausgelöst, die Berlin zugute störung und die Zerteilung der Stadt kamen. Kernstück des Konzepts Wolfgang Tiefensee, haben davon viele Jahrzehnte lang bildet als „Stiel“ die etwa 9 Kilome- Bundesminister für Verkehr, Bau und nur einen Torso übrig gelassen. So ter lange Nord–Süd-Verbindung mit Stadtentwicklung wurde der stark beschädigte Lehr- einem dreieinhalb Kilometer langen ter Bahnhof, nachdem seit 1952 dort Tunnel und dem zentralen Umstei- Nun rückt mit der geplanten Inbe- keine Züge mehr hielten, im Jahr gebahnhof „Hauptbahnhof – Lehr- triebnahme der Nord-Süd-Verbin- 1959 gesprengt. Die nahe gelegene ter Bahnhof“, der künftig der neue dung im Mai 2006 die Fertigstellung S-Bahn-Station „Lehrter Bahnhof“ Berliner Hauptbahnhof sein wird. des Bahnknotens näher. Rechtzeitig erinnerte fortan an den einst bedeu- Diese Anlagen sind das größte und zur Fußball WM verwirklichen wir ei- tenden Fernbahnhof. Das ist mittler- spektakulärste Bahnprojekt in der nen wichtigen Meilenstein auf dem weile Vergangenheit. Seit 1990 ha- deutschen Hauptstadt. Der Bau der Weg zur neuen Eisenbahnmetropole ben wir die Chance genutzt, neu zu Tunnelröhren unter dem Tiergarten, Berlin. beginnen und mit neuen technischen der unterirdischen Bahnhofsberei- Möglichkeiten wieder einen heraus- che unter der Spree und unter dem Ich möchte an dieser Stelle allen Be- ragend leistungsfähigen Eisenbahn- Potsdamer Platz, der oberirdischen teiligten für ihr Engagement danken. knoten in Berlin aufzubauen. Bahnhofsbauten am Spreebogen mit Bei Planung und Bauausführung dem lang gestreckten Glasdach wa- wurden schwierige Aufgaben gelöst. Seit der Wiedervereinigung sieht die ren eine große Herausforderung. Oft Nun gilt es, die noch verbleibenden Bundesregierung die Eisenbahndreh- gab es keine genormten technischen Herausforderungen beherzt und ent- scheibe Berlin als eine ihrer wichtigs- Lösungen, so dass völlig neue Ideen schlossen anzugehen, wie die Wie- ten verkehrspolitischen Aufgaben an. ausprobiert werden mussten. derherstellung der Dresdner Bahn, Regionale, nationale und internatio- die Schienenanbindung des Flugha- nale Strecken sind zu bündeln. Der Die faszinierenden Ingenieursleistun- fens Berlin-Brandenburg-Internati- Anschluss an das europäische Hoch- gen werden in dieser Dokumentation onal in Schönefeld und den Umbau geschwindigkeitsnetz ist notwenig. noch einmal präsentiert. Im Ergebnis des Ostkreuzes. Ich bin sicher, dass Wiederherstellung und Neubau von erhält Berlin eine der modernsten wir für das vereinte Berlin und die Strecken, neue Tunnelanlagen, die Bahnhofsarchitekturen weltweit. Hauptstadtregion als Ganzes eine Neugestaltung von Bahnhöfen sum- Eisenbahndrehscheibe verwirklichen, mieren sich zum Gesamtkonzept des Schon 1998 ging mit der Berliner die der Rolle einer Metropole im Her- Eisenbahnknotens Berlin. Stadtbahn die „Krempe“ des „Pilz- zen Europas gerecht wird. konzepts“ nach grundhafter Sanie- Bereits 1992 hat der Bund in Zusam- rung einschließlich der Elektrifizie- menarbeit mit dem Berliner Senat rung der Fernbahnteile in Betrieb. Wolfgang Tiefensee BAHNMETROPOLE BERLIN – DIE NEUE NORD-SÜD-VERBINDUNG
GRUSSWORT 8 Bis zum Beginn des Zweiten Welt- Knotenpunkt Berlin miteinander ver- kriegs galt der Verkehrsknotenpunkt bunden sind. Berlin wird mit seiner Berlin als eine der per Schiene am modernen Eisenbahninfrastruktur besten zu erreichenden Städte der und dem neuen Hauptbahnhof in Welt. Dank eines dichten und gut Zukunft zu einem der bedeutendsten Klaus Wowereit, ausgebauten Eisenbahnnetz kamen Bahnkreuzungspunkte Europas. Regierender Bürgermeister von Berlin Reisende aus allen Himmelsrichtun- gen zumeist auf dem direkten Weg Mein Dank gilt an dieser Stelle ins- nach Berlin. Mit dem Krieg und der besondere der Deutschen Bahn AG, späteren Teilung unserer Stadt än- all ihren beteiligten Mitarbeiterinnen derte sich das: Viele alte Bahnhöfe und Mitarbeitern, Architekten, Inge- wurden geschlossen, Bahnstrecken nieuren und Bauarbeitern sowie dem stillgelegt, zentrale S-Bahnlinien ge- Bund für ihr Engagement bei der Ent- kappt. An den Glanz der einstigen wicklung der deutschen Hauptstadt Bahnmetropole Berlin erinnerte nur zur nationalen und europäischen noch wenig. Bahndrehscheibe. Allen Bahnkun- den, die von, nach oder über Berlin Um so mehr freue ich mich darüber, fahren, wünsche ich ein angenehmes dass wir heute an die alte Tradition Reisen mit dem umweltfreundlichen anknüpfen können. Mit zentralem Verkehrsmittel Bahn. Allen Dienst- Hauptbahnhof, neuer Nord-Süd- leistern, Einzelhändlern und Gastro- Verbindung sowie zusätzlichen nomiebetrieben wiederum wünsche Fern- und Regionalbahnhöfen wird ich viel Erfolg an ihrem neuen Stand- Berlin pünktlich zur Fußballwelt- ort Berlin-Hauptbahnhof. meisterschaft wieder zum Bahnkno- tenpunkt. Zugleich gewinnt Berlin in unmittelbarer Nähe zum alten Lehr- Klaus Wowereit ter Bahnhof eine weitere Attraktion hinzu: Mit seiner transparenten und großzügigen Architektur, hochmo- dern, kundenfreundlich und im Her- zen der Stadt gelegen wird unser neuer Hauptbahnhof gleichsam zu einem Symbol des Zusammenwach- sens in Europa. Es unterstreicht den Ruf unserer Stadt als Ost-West-Me- tropole, wenn künftig Wirtschafts- regionen in ganz Europa über den BAHNMETROPOLE BERLIN – DIE NEUE NORD-SÜD-VERBINDUNG
GRUSSWORT 9 Die Bahn und Berlin haben ei- ner S-Bahn, die seit 1995 zur DB AG ne lange gemeinsame Geschich- gehört. Damals waren die Wagen im te, eine wechselvolle Geschichte. Schnitt 43 Jahre alt. Da waren Bau- In den ersten drei Jahrzehnten des reihen unterwegs, die in den 20er 19. Jahrhunderts war das Berliner und 30er Jahren in Betrieb genom- Verkehrssystem international hoch men worden sind. Heute ist die Flot- Hartmut Mehdorn, angesehen. Während der Jahrzehn- te im Schnitt sieben Jahre alt. Das Vorstandsvorsitzender Deutsche Bahn AG te nach dem Krieg, während der S-Bahn-Netz ist zu großen Teilen Teilung, wurde die Bahninfrastruktur saniert, die Stationen sind modern. vernachlässigt. Mit der Wende eröff- Die Anzahl der Fahrgäste steigt kon- neten sich neue Chancen, die mutig tinuierlich an. Täglich sind über eine Auf der Basis von Entscheidungen ergriffen wurden. Zehn Milliarden Eu- Million Kunden mit der S-Bahn un- im Bund und in Berlin schaffen wir ro, davon rund 1,5 Milliarden Euro an terwegs. jetzt ein neues Verkehrskonzept für Eigenmitteln der Bahn, sind seitdem Berlin. Dieses Konzept ist darauf investiert worden, um Berlin wieder Wir haben in Berlin die Stadtbahn sa- ausgelegt, dem Kunden entgegen mit einem modernen und zukunfts- niert, den Ostbahnhof, die Bahnhöfe zu kommen. Mit dem Hauptbahnhof fähigen Verkehrssystem auszustat- Alexanderplatz, Friedrichstraße und und vier Satelliten-Stationen für den ten. Hinzuzurechnen sind außerdem Zoologischer Garten. Wir haben den Fernverkehr, mit erheblich verkürzten noch die großen Investitionen in die Bahnhof Papestraße neu gebaut und Reisezeiten im Fern- und Regional- Strecken nach Berlin. nehmen ihn jetzt als Südkreuz erst- verkehr, mit einem größeres Angebot mals mit Fern- und Regionalbahn- an Halten und schließlich mit einer Die Ergebnisse können sich sehen steigen in Betrieb. Neu entstanden höheren Zuverlässigkeit. Wir erwar- lassen: Die Strecke Berlin–Hannover sind die Bahnhöfe Spandau und Ge- ten dadurch einen weiteren Zuwachs haben wir zu einer High-Speed-Pis- sundbrunnen. Und wir haben einen von Kunden im Fern- und Regional- te gemacht. 1990 dauerte die Fahrt alten Traum der Verkehrs- und Städ- verkehr. vier Stunden, heute 90 Minuten. teplaner wahr gemacht: Eine durch- Auch nach Hamburg brauchte man gehende Nord-Süd-Verbindung, die In der geografischen Mitte Berlins 1990 vier Stunden und ist heute über den neuen Bahnhof am Potsda- werden wir einen Hauptbahnhof ha- ebenfalls nur noch 90 Minuten un- mer Platz zum Hauptbahnhof führt. ben, der sehr attraktiv liegt direkt vis- terwegs. Und nach Leipzig fahren Damit bekommt die Hauptstadt auch à-vis von Kanzleramt und Reichstag. wir durch die neue Nord-Süd-Ver- erstmals einen wirklichen Haupt- Das Umsteigen wird äußerst komfor- bindung nur noch gut eine Stunde, bahnhof. Und nicht nur irgendeinen, tabel. Und das Gebäude selbst wird wo man früher auf Umwegen zwei- sondern den größten europäischen für viele Berliner und für viele Tou- einhalb Stunden unterwegs gewe- Kreuzungsbahnhof – und auch den risten ein Magnet werden. Die große sen ist. modernsten und schönsten. Er ist verkehrliche Wirkung entfaltet der eine Station der Superlative, um den Hauptbahnhof zusammen mit den Ein anderes Beispiel für unsere Mo- uns Städte wie London oder Paris Bahnhöfen Südkreuz und Gesund- dernisierungsstrategie ist die Berli- beneiden. brunnen, Ostbahnhof und Spandau. 씮 BAHNMETROPOLE BERLIN – DIE NEUE NORD-SÜD-VERBINDUNG
10 Diese decken wesentliche Teile Ber- über 2100. Künftig halten die Regio- lins ab. nalzüge an sechs weiteren Bahnhö- fen: Gesundbrunnen, Jungfernheide, In Spandau halten künftig 100 Fern- Hauptbahnhof, Südkreuz, Potsda- verkehrszüge – ein Plus von 34 Zü- mer Platz und Lichterfelde Ost, süd- gen; im Bahnhof Gesundbrunnen lich der Stadtgrenze zudem neu in geht die Zahl von 0 auf 20 hoch, am Teltow, Großbeeren und Birkengrund. Südkreuz von 0 auf 50. Am Haupt- Die Fahrtzeiten verkürzen sich in bahnhof halten künftig 164 Fernver- Nord-Süd-Richtung zwischen 20 und kehrszüge und damit 18 mehr als 40 Prozent. Wir machen damit das heute am Bahnhof Zoo. Insgesamt Bahnfahren für viele Menschen im steigt die Zahl der Zughalte im Fern- Umfeld der Hauptstadt sehr viel at- verkehr Berlins um 13 Prozent. traktiver. Auch dadurch versprechen wir uns erheblich mehr Kunden. Und die Fahrtzeiten verkürzen sich auf wichtigen Relationen. Nicht nur vom Und noch einen weiteren Vorteil hat Berliner Zentrum nach Leipzig geht dieses Konzept: Es ist zuverlässiger. es künftig eine halbe Stunde schnel- Die Stadtbahn ist hoch frequentiert. ler, nach Stralsund gewinnt man 20 Da ist erstens kein Platz mehr und Minuten und auch noch zehn Minuten zweitens fallen bei einer Störung im- Richtung Dresden. Jemand, der aus mer gleich weite Teile des Verkehrs Spandau kommt und nach Hamburg aus. Durch das neue Konzept ha- will, spart 20 Minuten, nach Nürnberg ben wir höhere Gleiskapazitäten und 40 Minuten, nach Leipzig 40 Minuten. können bei Störungen besser dispo- Zugegeben: Auf einzelnen Relationen nieren. verlängern sich die Fahrtzeiten. Dies bewegt sich aber fast ausschließlich Wir haben viel getan und ganz be- in einem Bereich von unter zehn Mi- sonders auch hier in der Hauptstadt, nuten. Unterm Strich verkürzen sich um die Eisenbahn in Deutschland für die meisten Bürger und Besucher wieder zu einem attraktiven Ver- der Stadt die Reisezeiten erheblich. kehrsmittel zu machen. Die steigen- de Zahl der Kunden im Nah- wie im Das sind nur die Vorzüge im Fernver- Fernverkehr, die steigende Kunden- kehr. Hinzu kommen deutliche Ver- zufriedenheit und das bessere wirt- besserungen im Regionalverkehr. Die schaftliche Ergebnis bestätigen uns. Zahl der Halte an den wichtigsten Bahnhöfen steigt kräftig an – an al- len Berliner Bahnhöfen von 1700 auf Hartmut Mehdorn BAHNMETROPOLE BERLIN – DIE NEUE NORD-SÜD-VERBINDUNG
(Quelle: DB AG/Jazbeck)
12 Dieter Funk Die Entwicklung des Berliner Eisenbahnnetzes bis zum Fall der Mauer Berlin war bis zum Ende des 2. Welt- eine Hauptaufgabe, um das Leben Die 20 Minuten Zugfolge auf einzel- krieges der bedeutendste Eisen- in der Stadt und zum Umland wieder nen Strecken konnte trotz erhebli- bahnknoten in Deutschland. zu normalisieren. chen Zerstörungen am Wagenpark und den Anlagen im August 1945 Infolge des Krieges waren die Eisen- Schwerpunkt war dabei die Berliner wieder aufgenommen werden. bahnanlagen weitgehend zerstört S-Bahn. So fuhr z.B. die erste elektri- und nicht nutzbar. Deshalb war die sche S-Bahn wieder am 6. Juni 1945 Der in den letzten Kriegstagen durch Wiederherstellung der Infrastruktur von Wannsee nach Schöneberg. Sprengung der südlichen Wehrkam- S-Bahnverkehr im zerstörten Berlin im August 1945 (Quelle: Berliner Zeitung vom 22.08.1945) BAHNMETROPOLE BERLIN – DIE NEUE NORD-SÜD-VERBINDUNG
BERLINER EISENBAHNNETZ – HISTORIE 13 mer am Landwehrkanal zum großen Teil geflutete Nord-Süd-S-Bahntunnel konnte, bedingt durch die umfangrei- chen Wiederherstellungsarbeiten, erst am 16. November 1947 für den Ver- kehr freigegeben werden. Der Fern- und Regionalverkehr wur- de schrittweise wieder aufgenommen. Die erste Ausgabe eines Fahrplanes erfolgte am 21. Juni 1945. Diese Verkehre wurde u. a. über die ehemaligen 5 großen Kopfbahnhöfe • Stettiner Bahnhof • Lehrter Bahnhof • Potsdamer Bahnhof • Anhalter Bahnhof • Görlitzer Bahnhof abgewickelt Auf diesen Bahnhöfen wurden Bauarbeiten zur behelfsmä- ßigen Nutzung, insbesondere zur Verhinderung von Einsturzgefahren, durchgeführt. Der Wiederaufbau der Fernbahnhöfe der Stadtbahn • Schlesischer Bahnhof • Friedrichstraße Der erste Fahrplan nach Kriegsende • Bahnhof Zoologischer Garten Auswirkungen der politischen Nach- kehrsnetzes nicht schlechthin den begann 1946 und wurde im Jahre kriegsentwicklung in Berlin spürbar. alten Zustand wieder herzustellen, 1950 abgeschlossen. sondern langfristig eine Neugestal- Die Verwaltung der Eisenbahn in der tung der Netzstruktur vorzunehmen. Im Güterverkehr waren die Berliner Stadt verblieb bei der Deutschen Rangierbahnhöfe Schöneweide, Rum- Reichsbahn, Rbd Berlin. Die größten Probleme gab es dabei melsbug, Lichtenberg und Pankow im Berliner Raum. im Herbst 1945 zum Teil betriebsfähig Die Deutsche Reichsbahn (DR) ver- wieder hergestellt, ebenso Teile des legte ihre Organisationseinheiten wie Wichtige Gründe dafür waren, dass Rangierbahnhofes Tempelhof. Direktion und Reichsbahnämter 1948 die meisten von Berlin ausgehenden in den Ostteil der Stadt. Eisenbahnstrecken, die Personen-, Über diese Anlagen und die Zufahrt- Güter- und Rangierbahnhöfe in der strecken wurden insbesondere Ver- Eine Veränderung im Eisenbahnver- Mitte des 19. Jahrhunderts isoliert sorgungstransporte für die Stadt ab- kehr begann sich abzuzeichnen. von einander angelegt wurden. gewickelt. So standen die damaligen Verant- Der vorhandene Güter-Innenring ver- In dieser Periode der Ertüchtigung wortlichen vor dem Problem beim band viele Güterverkehrsanlagen, der Infrastruktur wurden die ersten Wiederaufbau des Eisenbahnver- erfüllte aber wegen seiner Lage im BAHNMETROPOLE BERLIN – DIE NEUE NORD-SÜD-VERBINDUNG
FERNBAHNTUNNEL 61 5a 5b 5c Bilder 5a-5e: Fünf Phasen des Tunnelbaus unter der Spree 5d 5e Wasser genommen. Der ungehinder- der weltgrößten Kuppelbau werden. Fernbahn, U-Bahn und Bundesstra- te Schiffsverkehr mit fast 1400 Was- Für dessen Baufreiheit sollte die ße B 96 queren in voneinander ge- serfahrzeugen wöchentlich konnte Spree begradigt und in einen Tunnel trennten Tunneln das Gebiet. Dafür wieder aufgenommen werden (Bild verlegt werden. Sogar das Jahr der mussten zunächst die unterirdischen 5e). Der Feinausbau der Tunnelbau- Einweihung, nämlich 1950, stand be- Überreste der „Germania“-Pläne be- werke begann, die Schlitzwände für reits fest. seitigt werden. die Anschlusstunnel wurden heraus- genommen und die Tunnelanschlüs- Für die Planungen wurde bis 1942 Der Fernbahntunnel im Bereich des se Richtung Norden und Süden ge- die ehemals noble Wohngegend des Spreebogens hat eine Länge von baut. „Alsenviertels“ platt gemacht und es 500 Metern und weitet sich unter der wurden erste Bauwerke im Unter- Spree im zukünftigen Hauptbahnhof grund versenkt. Im Zweiten Weltkrieg von zwei viergleisigen auf vier acht- wurde der Spreebogen von Bomben gleisige Segmente. Das gesamte Der Spreebogen und dem Kampf um den Reichs- Ausbruchsvolumen für die Baugru- und der U-Bahnhof Reichstag tag völlig verwüstet, der Mauerbau ben betrug 300 000 Kubikmeter. 1961 führte dazu, dass das Areal bis Ein gigantischer Kuppeldom, die auf den restaurierten Reichstag und Der Tunnel der U-Bahn-Linie U 5 ist „Große Halle“, würde heute das ge- das relativ unversehrte Gebäude der 500 Meter lang und zweigleisig. Ins- samte Kronprinzenufer überdecken, Schweizer Botschaft als Wildnis in gesamt hatte der Tunnel in diesem hätte Hitlers Generalbauinspektor Vergessenheit geriet. Bereich ein Ausbruchsvolumen von und späterer Rüstungsminister Al- 67 000 Kubikmetern, wofür 31 500 bert Speer seine Pläne im „Dritten Seit dem Fall der Mauer erfolgte die Kubikmeter Beton einzubringen wa- Reich“ durchsetzen können. Im Zu- Revitalisierung des Areals im Zen- ren, die mit insgesamt 5800 t Stahl ge der „Neugestaltung der Reichs- trum der Stadt mit dem neuen Re- bewehrt wurden. Der U-Bahnhof hauptstadt“ zur „Welthauptstadt gierungsviertel, dem umgebauten „Reichstag” wurde direkt westlich Germania“ sollte die „Große Halle“ Reichstag und dem Kanzleramt. des Paul-Löbe-Hauses nach einem BAHNMETROPOLE BERLIN – DIE NEUE NORD-SÜD-VERBINDUNG
62 Entwurf des Stararchitekten Axel wurde der Giebel durch einen vorge- schwindigkeiten bis 120 km/h befah- Schultes errichtet. Die unkonventio- spannten Kopfbalken auf der Schlitz- ren wird, gibt es deutliche Niveauun- nelle Anordnung von 33 Stützen, die wand der Baugrube, gesichert durch terschiede mit Gefälle bis 3 Promille. mit Öffnungen in die Decke eingelas- zwei Bündel zu je 24 Stück 70 Meter Grund sind zum einen natürliche und sen sind, lassen auf diese Weise das lange Anker, vor unzulässigen Set- künstliche Hindernissen im Boden. Tageslicht in den Bahnhof strömen. zungen geschützt. Zum anderen wurden die Ein- und Das komplizierte Tragkonzept und Ausfahrten der Bahnhöfe angeho- die Ausbildung in Sichtbeton erfor- ben bzw. abgesenkt, damit die Züge derten höchste Präzision. Brems- und Anfahrtsenergie sparen Die bergmännisch und die Zugänge nicht in allzu große Der U-Bahnhof besitzt vier Ausgän- hergestellten Tunnel Tiefen führen. ge, die aus den halbkreisförmigen Nord-Süd-Abschlusswänden östlich Auf insgesamt rund 1270 Metern Nach dem die Tunnelstrecke im Roh- und westlich führen. kam der bergmännische Tunnel- bau erstellt war, begann die Aus- bau im Schildvortrieb zum Einsatz. rüstung. die Tunnel erhielten eine Der Straßentunnel der B 96 hat in In 18 bis 25 Metern Tiefe arbeiteten Betonsohle, Rettungswege, Entwäs- dem Bereich des Regierungsviertels sich zwei Schildvortriebsmaschinen serungs-, Belüftungs- und Feuer- eine Länge von 310 Metern. Er be- durch den Berliner Untergrund. Sie löschanlagen. steht aus zwei rechteckigen Röhren, unterquerten dabei viel befahrene deren zwei Richtungsfahrbahnen Straßen und den Landwehrkanal, oh- Die Streckenführung der Tunnel- durch eine Mittelwand getrennt sind. ne den Verkehr zu beeinträchtigen. anlage der Nord–Süd-Verbindung Dafür wurden 35 500 Kubikmeter Be- An kritischen Stellen unterfuhren die tangiert zahlreiche Gebäude, insbe- ton eingebaut, die mit 3700 Tonnen Maschinen vorhandene Fundamente sondere am Potsdamer Platz und im Stahl bewehrt worden sind. und Versorgungskanäle im Abstand Regierungsviertel. Somit sind in die- von weniger als einem Meter. sen Bereichen besondere Maßnah- Eine besondere Herausforderung men zum Schutz vor Erschütterun- der Bauarbeiten im Spreebogen In zwei Abschnitten wurden vier Tun- gen und sekundärem Luftschall aus stelle die Sicherung am Gebäude nelröhren von 710 und 580 Metern dem Eisenbahnbetrieb erforderlich. der Schweizerischen Botschaft dar. aufgefahren. Die Tunnelröhren haben Deshalb wurde im gesamten Tunnel Wegen der räumlichen Enge im Par- einen Außendurchmesser von jeweils die Fahrbahn auf ein so genanntes lamentsbereich war es unvermeid- neun Metern. Der längere, nördliche Masse-Feder-System gelagert. lich, für den Straßentunnel der B 96 Abschnitt verläuft vom Platz der Re- einen Teilbereich des Grundstücks publik unter dem Tiergarten entlang Dabei wird das Oberbausystem – die der Schweizerischen Botschaft zu bis zum Lenné-Dreieck nördlich des Feste Fahrbahn – auf eine elastisch unterfahren. Für das Gebäude, das Regionalbahnhofs Potsdamer Platz. gelagerte Tragplatte aufgesetzt. Dies sich während der Bauarbeiten unmit- Die kürzere, südliche Strecke reicht bewirkt eine Entkopplung zwischen telbar am westlichen Baugrubenrand vom Gleisdreieck unter dem Land- Oberbau und Untergrund und führt befand, mussten besondere Siche- wehrkanal bis zum südlichen Ende so zu einer starken Verringerung rungsmaßnahmen ergriffen werden. des neuen Regionalbahnhofs. der durch den Bahnbetrieb in den Neben der Gründungsstabilisierung Untergrund eingeleiteten Schwin- durch Hochdruckinjektionssäulen In der Tunnelstrecke, die mit Ge- gungen. Bild 6: Die Tunnelstrexke und ihre Bauweisen BAHNMETROPOLE BERLIN – DIE NEUE NORD-SÜD-VERBINDUNG
BAU DER BAHNHÖFE 103 BGT Bischoff Glastechnik GmbH & gegenüber den bis dahin erstellten hergestellt mit einem Schlitzwand- Co. KG, Bretten. Als Basisglas wur- Bahnhofsbaugruben. Die Baugrube greifer. In dieser Baugrubenwand de beschichtetes Glas vom Typ „Sun „B“ grenzte im Norden und Süden wurden sechs Lamellen als Gründun- Guard Clear“ von der Firma Guardi- an bereits rohbaufertige Bauteile. Die gelemente für eine spätere Bebauung an Flachglas bezogen. Jede Scheibe Schlitzwände im Norden und Süden mit einem Hochhaus ausgebildet. erhielt eine eingeätzte Scheibennum- waren bereits mit den Baugruben „A“ Aus statischen Gründen wurden die- mer, die die Zuordnung der Scheibe und „C/D“ erstellt worden. Da die se Lamellen bis in eine Tiefe von 47,5 zu einer Netzmasche (Rasterposition) Baugrube „B“ im Osten die Anlagen Metern eingebracht. Zusätzlich wur- festlegt. Die Glasscheiben wurden in der U 5 und der Fernbahn, im Wes- de eine Mantelverpressung zur Erhö- der Montagereihenfolge in den Glas- ten die Anlagen des B-96-Tunnels hung der Tragfähigkeit erforderlich. regalen abgelegt. Die zwischen der und Teile der Tiefgarage aufnahm, Dachbau-Firma Mero und der BGT die sich in unterschiedlicher Höhen- Da die Baugrube „B“ zwischen dem vereinbarte Logistik ermöglichte eine lage befinden, wurde die Baugrube nördlichen und südlichen Rohbauteil sehr Höhe Montagegeschwindigkeit. in zwei Teilbaugruben gegliedert. des Hauptbahnhofs errichtet wurde, Die zwischen 77 und 131 kg schwe- waren die Anker der nördlich und ren Scheiben wurden mit einem Die 4500 Quadratmeter große und südlich bereits bestehenden Schlitz- Dreh-Kipp-Hebezeug mit Sauganla- bis zu 12,5 Meter tiefe Baugrube B- wände auszubauen. Diese Anker ge bewegt, das an einem Kranhaken West wurde von einer tief liegenden durchschnitten die nun zu errichten- angeschlagen war. Weichgelsohle gesichert. Bei diesem den Schlitzwandtrassen teilweise im Verfahren wird zur flächenhaften Ab- schleifenden Schnitt. Ein Durchtren- Die mit der Zulassung im Einzelfall dichtung Wasserglas (Natriumsili- nen der Anker mit dem Schlitzwand- vom Eisenbahn-Bundesamt gefor- kat) unter Zugabe eines organischen greifer bedeutete ein Sicherheitsri- derte gutachterliche Überwachung oder anorganischen Härters in den siko für den offenen Schlitz und ein der Liefer- und Montagequalität wur- Baugrund eingepresst, so dass sich technisches Problem für den Schlitz- de vom Lehrstuhl für Stahlbau der infolge der chemischen Reaktion ei- wandgreifer. Um Unwägbarkeiten RWTH Aachen durchgeführt. Zusätz- ne nahezu Wasser undurchlässige auszuschließen, wurden die Anker lich zu den Eigenkontrollen der Glas- Schicht bildet. in den Schlitzwandtrassen mit Groß- baufirma erfolgte an rund 60 Prozent bohrgeräten verrohrt und unter Was- der Glasscheiben eine Kontrolle der Die Baugrubensohle der 20 Meter serauflast überbohrt. Die Bohrungen Glas-Auflagerbreiten von der örtlichen tiefen und 10 600 Quadratmeter gro- wurden anschließend mit Solidor ver- Bauüberwachung. Mit der intensiven ßen Baugrube B-Ost besteht aus füllt. Im Bereich der Ostwand wurden Qualitätsüberwachung konnte eine einer 1,5 Meter dicken Unterwasser- die Bohrungen in Tiefen zwischen hohe Güte gesichert werden. betonsohle, die von 1248 Rüttel-In- 10,4 und 24,7 Meter abgeteuft. In jektions-Pfählen (RI-Pfähle) von bis 24 Arbeitstagen wurden 79 Bohrun- zu 27 Metern Länge gegen Auftrieb gen mit einer Gesamtlänge von 1625 gesichert ist. Metern niedergebracht. Im Bereich der Differenzwand wurden in sieben Die letzte Baugrube Die Trennung der beiden Baugruben Arbeitstagen 16 Bohrungen mit einer des Hauptbahnhofs erfolgte mit einer als Schlitzwand Gesamtlänge von 335 Metern in Tie- ausgebildeten ca. 80 Meter langen fen von 7,30 bis 28,0 Meter nieder- Insgesamt neun Baugruben mit einer Differenzwand. Die Standsicherheit gebracht. Fläche von elf Fußballfeldern ent- und Gebrauchsfähigkeit der Wand standen nacheinander für den Roh- wurde mit einem speziellen Regime Nach Fertigstellung der Baugruben- bau des Hauptbahnhofs. Die letzte bei Aushub und Wasserhaltung in wände, dem Bodenaushub, dem Baugrube konnte 2003 nach Fertig- den Teilbaugruben sichergestellt. Einbau der RI-Pfähle und der Unter- stellung des Ost-West-Daches, der wasserbetonsohle sowie dem Pro- Inbetriebnahme des neuen Brücken- Die westliche Baugrubenwand (B- belenzen Ende 2003 konnte im Janu- zuges der Stadtbahn sowie des Ab- West) bestand aus einer 74 Meter ar 2004 die Baugrube B-Ost gelenzt bruchs des alten Stadtbahnviaduk- langen verankerten Spundwand aus werden. Anfang März 2004 wurde in tes mit dem Lehrter Stadtbahnhof 18 Meter langen Bohlen. Die östliche der Baugrube B-Ost mit dem Roh- begonnen werden. Diese Baugrube Begrenzung (B-Ost) bestand aus ei- bau des letzten Bahnhofsteils be- barg eine Reihe von Besonderheiten ner 130 Meter langen Schlitzwand, gonnen. BAHNMETROPOLE BERLIN – DIE NEUE NORD-SÜD-VERBINDUNG
104 29. Juli 2005, kurz vor 22 Uhr: Die westlichen Bügelbrücken sind zum Absenken bereit. Die Bügelgebäude nen den Bahnverkehr, zum anderen Besonderheiten im Bauablauf des Hauptbahnhofs die laufenden Ausbauarbeiten in der am Bahnhof Berlin Südkreuz Verkehrsstation behindert. Zunächst Die Fertigstellung des unterirdischen wurde eine Montage der Brücken Noch stärker als am Hauptbahnhof Bahnhofsrohbaus in der Baugrube im Freivorbau mit Hilfe von je einem bestimmten betriebliche Belange „B“ und die Deckelung der Baugrube großen Raupenkran an jedem Bügel- den Bauablauf am Bahnhof Süd- waren bestimmend für die weiteren fuß geplant. Die Krane sollten vorge- kreuz. Dieser Bahnhof an der Pape- Arbeiten an den beiden bügelartigen, fertigte Brückenteile während Sper- straße ist nach dem Berliner Haupt- zwölfgeschossigen Bürogebäude rungen der Bahn an insgesamt sechs bahnhof zweitgrößte Station für den mit außen liegendem Stahltragwerk, Wochenenden einheben. Ein Sonder- Fern- und Regionalverkehr und ein Kernen aus Stahlbeton und Decken vorschlag der ausführenden Firma wichtiger Knotenpunkt im Berliner S- in Stahlverbundbauweise. Die Füße reduzierte die Zahl der Sperrungen Bahnnetz. Der Bahnhof ist die erste der Gebäude leiten ihre Lasten durch auf die Hälfte. Er wurde in Auftrag Berliner Station für die aus dem Sü- den Rohbau des Bahnhofs ab. gegeben. Anstelle des Freivorbaus den kommenden Fernzüge. Zudem wurde jeweils die Hälfte einer Brü- kreuzen sich hier die S-Bahnlinien Die Bügelgebäude überspannen cke (43,5 Meter) auf der Ebene + 5 des Ringes mit den Nord-Süd-Linien die Gleise der Ost-West-Trasse mit der Bügelfüße senkrecht stehend zwischen Teltow/Blankenfelde und dem Glasdach in einer Höhe von 31 montiert und verschweißt. Nach Hennigsdorf/Bernau. Der Bahnhof Metern. Der viergeschossige Brü- Fertigstellung der Stahlkonstrukti- hat Anschluss an die Berliner Stadt- ckenbereich der Gebäude hat eine on wurden an zwei Wochenenden autobahn, zahlreiche Buslinien ver- Spannweite von 87 Metern. Da die die westlichen und östlichen Hälften binden ihn mit den angrenzenden Fern- und S-Bahngleise der Ost- zusammengeklappt. Eine dritte Wo- Stadtquartieren. Besonders attraktiv West-Trasse das Rückgrat der Bah- chenendsperrung wurde als Reserve wird der Bahnhof für Autofahrer: Auf ninfrastruktur Berlins bilden, war eingerichtet, für den Fall, dass star- den Parkdecks im Bahnhof sind rund Prämisse für die Planung des Bau- ker Wind das Klappen an einem der 2670 Stellplätze geplant. ablaufs, eine Montagevariante zu anderen beiden Wochenenden ver- finden, welche möglicht wenig Be- hinderte, Diese Wochenende konnte, Mit dem Neubau des Bahnhofs einträchtigungen für den Zugver- da die Bügelbrücken planmäßig ab- wurden die vorhandenen Anlagen kehr nach sich zieht. Eine Montage gesenkt wurden, für das Einschieben der S-Bahn und der Gütergleise der Bügelbrücken auf einer Rüstung des ersten Segmentes für das Nord- auf der Ringbahn schrittweise ab- war nicht möglich. Das hätte zum ei- Süd-Dach genutzt werden. gebrochen und neu gebaut. Dazu BAHNMETROPOLE BERLIN – DIE NEUE NORD-SÜD-VERBINDUNG
BAU DER BAHNHÖFE 105 gehörten die Eisenbahnbrücken für die S-Bahn und Gütergleise über die Naumannstraße, die alten S-Bahn- steige der Nord-Südstrecke und der Ringbahn sowie das alte Empfangs- gebäude. Der neue Bahnhof entstand bei lau- fendem S-Bahnbetrieb. Daher war eine Vielzahl von Bauzuständen er- forderlich. Die erste Etappe des Neu- baus begann im Juli 2000 mit dem Abbruch der Eisenbahnbrücke über die Naumannstraße. Bis Ende 2002 entstand zunächst ein neuer, insge- samt 271,3 Meter langer Brückenzug für die beiden Gleise der Ring-Güter- strecke. Diese Brücken nahmen zunächst den Nach Gewitternacht senken sich am Morgen des 30. Juli die Bügelbrücken S-Bahnverkehr auf dem Ring auf. En- de 2003 und im Frühjahr 2004 wur- en S-Bahnsteig gebaut. Die Kunden gut 100-jährigen Geschichte behin- den die beiden S-Bahngleise an die der S-Bahn mussten zwischen 2003 dertengerecht und ermöglicht ein Gütergleise angeschwenkt. Mit zwei und 2006 mehrere Provisorien und Umsteigen auf kurzem Wege. Zu- außen liegenden Behelfsbahnsteigen Umsteigewege von bis zu 500 Me- dem besteht erstmals die Möglich- an diesen Gleisen wurde sicherge- tern in Kauf nehmen. Die zahlreichen keit, den Bahnhof auch von der Nau- stellt, dass weiter an der Papestraße bauzeitlichen Provisorien sicherten mannstraße aus zu erreichen. zwischen Ring- und Nord-Süd-Lini- jedoch, dass der Bahnhof über die en umgestiegen werden konnte. Die gesamte Bauzeit als Umsteigeknoten Handelt es sich beim S-Bahn-Sys- Verlegung der S-Bahngleise auf die im S-Bahnnetz erhalten blieb. tem um eine wirksame Verbesserung Güterzugtrasse schaffte Baufreiheit gegenüber dem früheren Zustand, so für den Neubau des 183 Meter lan- Mit der Inbetriebnahme der Ring- bietet der neue Fern- und Regional- gen und zwischen 31 und 37 Meter bahnhalle in zwei Etappen im April bahnhof eine herausragende Innova- breiten Ringbahnsteiges, der voll- und Juni 2005 wurden die Dimensi- tion in der Verkehrsinfrastruktur des ständig von einer Bahnhofshalle aus on des neuen Bahnhofs wie auch die Berliner Südens mit städtebaulichen Stahl und Glas überspannt wird. neue Qualität des Umsteigeknotens Effekten und einer nachhaltigen At- erstmals für die S-Bahn-Fahrgäs- traktivitätssteigerung für den Schie- Zunächst wurden die alten Anlagen te erlebbar. Mit der Eröffnung des nenverkehr. der Ring-S-Bahn abgebrochen und Bahnhofs ist er erstmals in seiner der S-Bahnsteig der Nord-Süd-Lini- en neu gebaut. Im Juni 2004 ging mit diesem S-Bahnsteig der erste neue Bahnsteig in Betrieb. Die Gleise der Nord-Süd-S-Bahn waren nun in der Kontaktadresse: Endlage. Damit entstand Baufreiheit DB ProjektBau GmbH für den Bau der Fernbahnsteige, Niederlassung Ost der Parkhaus-Grundplatten und der Hany Azer Ringbahnsteig-Brücken. Um die Zü- Technischer Leiter und Sprecher des ge der Nord-Süd-Linien erreichen zu Projektzentrums Nord-Süd-Verbindung können, wurde eine 116 Meter lan- Invalidenstr. 79c ge provisorische Fußgängerbrücke D-10557 Berlin von der Suadicanistraße zum neu- BAHNMETROPOLE BERLIN – DIE NEUE NORD-SÜD-VERBINDUNG
EG-PRÜFUNG 169 0,3 Fm, dem Maximal- und Minimal- wert beschrieben. Die Stromabnah- mequalität kann durch gemessene oder simulierte Anpresskräfte oder durch Zählung der Lichtbögen be- wertet werden. Der Auftraggeber muss sich für die Anwendung eines Kriteriums (Kraft oder Lichtbogen) entscheiden. Für die Zertifizierung im Knoten Berlin wurde das Kriterium Kontaktkräfte gewählt. Die Einhaltung der TSI-Kontaktkraft- und Anhubkriterien bei Simulation und Messung wurde für die Oberlei- tungen in der Komponentenprüfung nachgewiesen. Der Nachweis mit Messungen auf den Streckenab- schnitten im Knoten Berlin wurde für Bild 6: Fahrdrahtlagemessung auf dem Nördlichen Berliner Innenring die Abschnitte bis 160 km/h mit ei- nem lokbespannten Messwagen und Anhub am Stützpunkt Schutz gegen elektrischen Schlag/ für alle anderen Bereiche mit dem Der Anhub wurde nach DIN EN Erdung und Potentialausgleich ICE-S durchgeführt. 50119: 2001 berechnet und über- Die Merkmale Sicherheit, Erdung und prüft. Der Nachweis wurde durch Potenzialausgleich, Schutz gegen den definierten Einbau von Anhub- elektrischen Schlag und elektrischer messstellen nachgewiesen. Schutz sind detailliert in einer Studie Bild 7: Abnahme der Erdungsanlagen BAHNMETROPOLE BERLIN – DIE NEUE NORD-SÜD-VERBINDUNG
170 „Erdungs- und Schutzmaßnahmen“ dass er mit Schalthandlungen und haben keinen Einfluss auf die Intero- zusammengestellt. Hilfsmaßnahmen die Abschaltung perabilität und werden daher in die- und Eingrenzung des betroffenen sen TSI nicht behandelt. Insbesondere während der Ab- Abschnitts unterstützen kann. Sollte nahmen (siehe Bild 7) konnten die die Abschaltung über den Leistungs- Die Oberleitungen sind entsprechend Anlagen auf ihre Sicherheit und schalter nicht möglich sein, können der DIN EN 50119, Bahnanwendun- Konformität zu den einschlägigen Not-Ausschaltungen mit den Fahrlei- gen Ortsfeste Anlagen – Oberleitun- Regelwerken überprüft werden. Auch tungs-Trennschaltern erfolgen. gen für den elektrischen Zugbetrieb, wenn zwischenzeitlich Terminstel- zu konstruieren, zu projektieren und lungen ins Wanken geraten waren, Die Fortsetzung der Energieversor- zu bauen. Insbesondere die Ab- konnten unter Beteiligung der Bahn- gung bei Störungen ist durch die Tei- schnitte 5 und 6 der DIN EN 50119 industrie, der verschiedenen Bahn- lung der Oberleitungsanlage in ein- sind zu beachten. Die Leistungs- dienststellen, der Prüfer und der Auf- zelne Schaltgruppen möglich. merkmale der Oberleitung werden sichts- und Genehmigungsbehörde durch die höchste Fahrgeschwin- die Anlagen in einem technisch ein- digkeit, Stromabnehmeranzahl und wandfreien und sicheren Anlagen- -abstand und die Strombelastbarkeit zustand dem zukünftigen Betreiber Interoperabilitätskomponenten bestimmt. übergeben werden. für das Teilsystem Energie Die Anträge zur Konformitätsbewer- Spannung und Frequenzen/ Im Fall des Hochgeschwindigkeits- tung der Interoperabilitätskompo- Nutzbremsung bahnsystems werden Oberleitungs- nenten Oberleitungen Re 100 und Die Merkmale Spannung und Fre- bauarten verwendet, bei denen der Re 200 wurde von der DB Netz AG quenzen, mittlere nutzbare Spannung oder die Fahrdrähte an einem oder für das Modul B bei EBC im März im Speiseabschnitt und Nutzbrem- mehreren Längstragseilen aufge- 2004 gestellt. Die Deckenstrom- sung werden in der „Netzstudie“ er- hängt sind. Die Stützpunkte wie schiene des Systems Furrer+Frey läutert. Die Festlegung der Nennwer- Ausleger, Masten und Fundamente wurde bereits im Dezember 2002 als te für Spannung und Frequenz erfolgt unter Beachtung der TSI und der DIN 1 2 3 4 5 6 EN 50163, Leistungsmerkmale. Zu bewertendes Merkmal Bewertung in folgender Phase Produk- Abschalten der Energieversorgung Entwurfs- und Entwicklungsphase tions- bei Gefahr und bei Störungen phase Das Merkmal Abschalten der Ener- Prüfung Baumus- Betriebs- Entwurfs- des Her- gieversorgung bei Gefahr wird durch prüfung stellungs- terprü- bewäh- (Serie) eine geeignete Netzaufteilung, ein- Merkmal Abschnitt fung rung verfahrens zelne Speiseabschnitte, Leistungs- Geometrie AC 4.1.2.1 X n.a. X n.a. X schalter, Schutzeinrichtungen und Geometrie DC 4.1.2.2 ein Leitsystem zur Netzbetriebs- Gesamtausle- 5.3.1.1 gung führung erfüllt. Der Schaltplan der Eckwerte 5.3.1.3 Oberleitungsanlage der gesamten Strombelast- Abschnitte wurde mit dem jeweiligen 5.3.1.2 X n.a. n.a. n.a. n.a. barkeit Antrag vorgelegt. Die Fehler- und Wellenaus- Gefahrenerkennung erfolgt durch breitungsge- 5.3.1.4 X n.a. n.a. n.a. n.a. schwindigkeit die Schutzeinrichtungen automa- Elastizität- und tisch und führt zur Abschaltung der Gleichförmig- 5.3.1.5 X n.a. X n.a. n.a. elektrifizierten Strecke durch die keit der Elas- tizität Lasttrennschalter im Unterwerk. Bei Mittlere Kon- einem Fehler muss der gesamte 5.3.1.6 X n.a. X n.a. n.a. taktkraft Speiseabschnitt einschließlich aller Strom im Still- 5.3.1.8 X n.a. X n.a. n.a. speisenden Leistungsschalter ab- stand schalten. Die Stellung der Schalter Instandhaltung 5.3.1.7 n.a. n.a. n.a. n.a. X wird dem Bediener angezeigt, so Tabelle 2: Bewertungsmerkmale der Interoperabilitätskomponente Oberleitung BAHNMETROPOLE BERLIN – DIE NEUE NORD-SÜD-VERBINDUNG
Mit Inbetriebnahme der neuen Nord-Süd-Verbindung Berlins, des Berliner Hauptbahnhofs und weiterer neuer Stationen am 28. Mai 2006 ist eine der größten Baustellen Europas im vergange- nen Jahrzehnt nunmehr Geschichte. Mit dieser Edition Eurailpress blicken die an der Gestaltung des neuen Bahnknotens Beteiligten zurück – auf die Vorgeschichte, die Planungen und die Ausführung dieses einmaligen Projektes. Autoren aus Politik, Bahn und Verwaltung sowie von am Bau beteiligten Unternehmen schreiben über die Herausforderungen in planerischer, technischer, rechtlicher und administrativer Hinsicht. Die Beiträge können im Rahmen dieses Buches natürlich nur einen kleinen Teil der vielen Facetten des Riesenprojektes beleuchten. Herausgeber und Ver- lag haben sich bemüht, der Themenvielfalt mit der vorliegenden Auswahl gerecht zu werden. ISBN 3-7771-0349-6 www.eurailpress.com
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