Dein Handabdruck für die Ressourcenwende - EIN DO-IT-GUIDE ZUM LOSLEGEN - Germanwatch eV
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Impressum Autorin: Marie Heitfeld (Germanwatch e. V.) Mit fachlicher Unterstützung von: Benedikt Jacobs (BUND e. V.), Eva-Maria Reinwald (SÜDWIND e. V.), Jörn Luft (Stiftung trias/Netzwerk Immovielien), Luisa Hübschen (Germanwatch e. V.), Michael Reckordt (PowerShift e. V.), Rebecca Heinz (Germanwatch e. V./ Runder Tisch Reparatur), Tom Hansing (anstiftung) und Theresa Holzer Redaktion: Janina Longwitz Layout: Dietmar Putscher Illustration: Johannes Fuchs Herausgeber: Germanwatch e. V. Büro Bonn: Büro Berlin: Dr. Werner-Schuster-Haus Stresemannstr. 72 Kaiserstr. 201 D-10963 Berlin D-53113 Bonn Telefon +49 (0)30 / 28 88 356-0 Telefon +49 (0)228 / 60 492-0 Dezember 2020 Bestellnr: 20-6-02 Diese Publikation kann im Internet abgerufen werden unter: www.germanwatch.org/de/20023 Gefördert von ENGAGEMENT GLOBAL im Auftrag des sowie gefördert von: Für den Inhalt dieser Publikation ist allein Germanwatch verantwortlich.
Zusammenfassung und Lesehinweise Warum haben wir diesen Do-It-Guide „Dein Handabdruck für die Ressourcenwende“ geschrieben? 1. Weil wir zum Schutz von Menschenrechten und Umwelt weltweit einen Wandel im Umgang mit Ressourcen brauchen. 2. Weil wir Menschen, die sich für die Ressourcenwende engagieren wollen, Inspirationen, Ideen und Unterstützung anbieten möchten. 3. Weil wir bestehendes Infomaterial zu dem Thema um ein Aktions- handbuch erweitern wollen, das über das individuelle Konsum- verhalten Einzelner hinausgeht und stattdessen (politische) Hebel- punkte greifbar macht, mit denen alle an den Rahmenbedingun- gen ansetzen und einen positiven Handabdruck hinterlassen können. Was findest Du in diesem Buch? Positive Visionen davon, wie wir uns in Deutschland und weltweit fortbewe fortbewegen, ernähren, miteinander kommunizieren, wohnen oder arbeite arbeiten könnten, ohne dabei die endlichen Ressourcen unserer Erde auszubeuten a und Menschenrechte beim Abbau von Rohstoffen oder in der Weiterverarbeitung von Produkten zu verletzen Ge Geschichten, die Mut machen: Beispiele, bei denen andere es ge- sschafft haben, einen verantwortungsvolleren Umgang mit Mensch und Umwelt durch grundlegende Veränderungen in ihrer Schule, ihrer Stadt, ihrem Unternehmen oder sogar in Gesetzen langfristig zu verankern Ganz konkrete Ideen für Handlungsoptionen auf verschiedenen Ebenen, durch die wir die Ressourcenwende wirksam voranbringen können Praktische Tipps, Tricks und Methoden für Dein eigenes Engage- ment – zum Beispiel zum Finden von Ansatzpunkten und Verbün- deten, zum Entwickeln von Strategien und Kampagnen, zum Durch- halten bei Rückschlägen, zum Organisieren in Gruppen oder zum Kommunizieren mit Entscheidungsträger*innen Platz für Deine Ideen und Notizen 1
Inhalt Warum eine Ressourcenwende ............ 4 Die Idee des Hand Prints .................... 10 Hebel für die Ressourcenwende ......... 14 Hast Du schon mal von Immovielien gehört? ........ 14 Wo kauft Deine Stadt ein? ........ 22 Wie sind Mobilitätswende und Ressourcenwende miteinander verknüpft? ...... 29 2
Wo investiert Deine Stadt ihre Gelder? ............ 33 Ist der Schutz von Menschen- rechten (noch) freiwillig oder (schon) Pflicht? ................. 36 Handabdrücke für eine Ressourcenwende an der Schule ..... 38 Besitzt Du noch, oder teilst Du schon? ...... 26 Willst Du ein Recht auf Reparatur? ....... 18 Euer Hand Print-Projekt ................................ 40 Tipps und Tricks auf dem Weg dorthin .......... 47 3
Warum brauchen wir eine WARUM EINE RESSOURCENWENDE? Ressourcenwende? Viele negative Entwicklungen unserer Zeit – der drastische Rück- gang der Artenvielfalt, Umweltverschmutzung, Übernut zung natürlicher Ressourcen, die Klimakrise, die Ausbeutung der Deutschland Meere, genauso wie soziale Konflikte und Menschenrechts- ist fünftgrößt fünftgrößter verletzungen – stehen im Zusammenhang mit der Entwicklung Rohstoffverbrau- von Produktions- und Konsummustern in den letzten hundert cher der Welt. Jahren. Technologische Neuerungen und globalisierte Handels- beziehungen haben über die Zeit viele neue Möglichkeiten der Arbeits-, Konsum- und Freizeitgestaltung (für manche) aber an vielen Stellen auch Abhängigkeiten, Ausbeutung, Zerstörung g und vermeintliche Bedürfnisse geschaffen. Mehr als 99 Prozent der Deutschland ist im globalen Vergleich einer der Metalle, die in größten Verbraucher von metallischen Rohstof- f- Deutschland fen und anderen Ressourcen und somit Mit- genutzt werden, verursacher dieser Probleme. Deutschland istt kommen daher auch für einen großen Teil der Schäden aus dem verantwortlich, die beim Abbau und der Ver- Ausland. arbeitung von Rohstoffen weltweit entstehen. Deutsche Unternehmen oder Konsument*innen kommen allerdings häufig nicht für die entstandenen Schäden auf. Das können gravierende soziale Schäden (zum Beispiel Gesundheitsschäden von Minenarbeiter*innen 69 Millionen Tonnen durch fehlenden Arbeitsschutz oder fehlende Schulbildung Metallerz werden jährlich durch Kinderarbeit) und ökologischen Schäden sein (zum in Deutschland gebraucht. Beispiel Fabrikabwässer in Flüssen), die in den Abbau- oder Der indirekte Rohstoff- Produktionsländern entstehen. In diesem Fall spricht man verbrauch liegt bei von „externalisierten Kosten“. 723 Millionen Tonnen. Ein global gerechter Umgang mit den begrenzten Ressourcen unseres Planeten sieht anders aus. Um einer Verschärfung von Umwelt- und Menschenrechtskrisen entgegenzutreten, brauchen wir daher eine grundlegende Wende in unserem politischen und kulturellen Umgang mit Ressourceni. Ressourcen Wenn wir in diesem Do-It-Guide von Ressourcen sprechen, meinen wir in erster Linie natür- liche, nicht nachwachsende Rohstoffe, wie z. B. metallische Rohstoffe und Gestein, Öl, Gas, Kohle, aber auch den Umgang mit Ressourcen wie Wasser oder Flächen. Darüber hinaus geht es auch um den Umgang mit menschlichen Ressourcen – zum Beispiel die Arbeitsbedingun- gen beim Abbau und der Verarbeitung von Rohstoffen, die Ausbeutung von Arbeitskraft sowie den Umgang mit unseren eigenen Ressourcen im Engagement. 4
Rohstoffverbrauch im Vergleich Smart- phones, Gold und CO2-Emissionen „Abraum“ im Rohstoffabbau In den letzten zehn Jahren wurden Für die Produktion des in knapp 220 Millionen Smartphones in Deutschland benötigten Kup- Deutschland verkauft. Diese enthalten 6,58 fers werden jährlich 4,8 Millionen Tonnen Gold. Die dafür abgetragene Menge Tonnen CO2 freigesetzt – dieselbe an Abraum beträgt bis zu 8,3 Millionen Tonnen Menge CO2 würde ein Pkw auf einer Gestein. Das entspricht 330.000 40-Tonner-Lkw Strecke von 25,4 Milliarden Kilome- mit einem Beladungsgewicht von 25 Tonnen. tern ausstoßen. Das entspricht Diese Kolonne würde einmal vom Nordkap 633.890 Erdumrundungen. bis nach Tunesien reichen. Gold ist dabei offen. nur einer von über 30 Rohstoffen. Fahrzeuge pro 100 Menschen: Guinea 0,3 Deutschland 69,2 Dabei kommt das Bauxit, das in de der deutschen Automobilindustrie einges eingesetzt wird, hauptsächlich aus Guinea. Wasser- verbrauch im Rohstoffabbau Allein für den deutschen Kup- ferimport werden jährlich 115,4 Millionen Kubikmeter Wasser benö- tigt – das entspricht 577 Millionen Badewannen vollerr Wasser Wasser. „Metal Stock“ – Verbrauch pro Kopf Der sogenannte „Metal Stock“ (auf Deutsch „Metallbe- stand“) steht für die Menge an Metall, die sich historisch in einer Gesellschaft pro Kopf akkumuliert hat und die derzeit als Rohstoff genutzt wird: Metal Stock pro Kopf in Metal Stock pro Kopf in Ländern des Globalen Südens Ländern des Globalen Nordens rdens Eisen: 2.000 kg Eisen: 7.000 - 14.000 kg Aluminium: 35 kg Aluminium: 350 - 500 kg Kupfer: 30 - 40 kg Kupfer: 140 - 300 kg Fakten wurden übernommen aus AK Rohstoffe R h t ff (2020): (2020) 12 A Argumente für eine Rohstoffwende. 5
Gefahren des Rohstoffabbaus für Mensch und Umwelt Altlasten: Gefährliche li h Streiks: St ik Viele Arbeiter*innen im Rohstoff- Allein in Peru gibt es 8.616 un- Abbau und in der Weiterverarbeitung, sanierte Altlasten. Das bedeutet, zum Beispiel in der Textilbranche, würden Minen wurden nach ihrer Stilllegung ihre Jobs verlieren oder müssten Gewalt nicht renaturiert und Giftstoffe können befürchten, wenn sie gegen schlechte in die Umwelt gelangen. 4.281 dieser alten Arbeitsbedingungen protestieren. Minen bergen daher ein hohes oder sehr Im August 2012 wurden 34 streikende hohes Risiko für die Bevölkerung. Die Kosten Bergarbeiter in Marikana in Süd- für Sanierung, Umweltschäden und Gesundheits- afrika erschossen. folgen trägt der peruanische Staat, da Unter- nehmen für die zum Teil historischen Altlasten nicht Zur Neige gehende Wasser- aufkommen. Ressourcen führen zu verbrauch: risikovolleren Maßnahmen: Im Galba-Uush Doloodin Wenn das gehaltvollste Gestein, zum Bei- Gobi Basin in der Mongolei spiel mit einer hohen Konzentration von Erz, werden 85 Prozent des verfüg- an einem Ort abgegraben wurde, wird häufig baren Wassers für den Bergbau auf tiefere, entlegenere und risikoreichere Stellen verwendet. Wasserknappheit für die ausgewichen. Nimmt der Erzgehalt ab, nimmt außer- Bevölkerung ist die direkte Folge dem die Menge an Erde, die für die Erzgewinnung bewegt davon. werden muss, überproportional zu. Das nennt man „Abraum“. Kontaminiertes Erzgehalt: Abraum Grundwasser: 10 Prozent: 25 kg Nach einem Dammbruch 3 Prozent: 125 kg 2014 in Sonora, Mexiko gelang- Um an die Metalle zu kommen, ten über 40.000 Kubikmeter müssen außerdem mehr Chemikalien, kupfersulfathaltige Rückstände in die Energie und Wasser verwendet Flüsse Sonora und Bacanuchi. Seither werden. ist das Fluss- und Grundwasser mit Schwermetallen verseucht. Damit ist Belastung der Anbau von Getreide, Obst und mit Kinderarbeit: G Gemüse in der Region Schwermetallen: Eine Million Kinder ka kaum mehr möglich. arbeiten weltweit Untersuchungen von Urin nen. in Minen. und Blut ergaben, dass über 90 Prozent der Bevölkerung in der Bergbaustadt Cerro de Pasco, Peru mit Schwer- metallen vergiftet sind. Zwei Fallstudien zum Weiterlesen: Der deutsche Rohstoffhunger und seine menschenrechtlichen Folgen im Globalen Süden. Christliche Initiative Romero (2019): www.ci-romero.de/produkt/studie-der-deutsche-rohstoffhunger-2 Fakten wurden übernommen aus AK Rohstoffe (2020): 12 Argumente für eine Rohstoffwende. 6
Welche Anreize gibt es für mehr oder weniger Ressourcenverbrauch? Man könnte meinen, dass mit zunehmendem Kon- sum in den letzten dreißig Jahren auch die Zahl der Reparaturen gestiegen sein müsste (denn je 1/3 aller Wasch- maschinen werden mehr wir besitzen, desto mehr kann auch kaputt- voll funktions- gehen, was wir reparieren müssen). In vielen Län- tüchtig ausge- dern hat sich jedoch das Gegenteil gezeigt: tauscht. Die Reparaturzahlen nahmen trotz steigendem Eine nur 5 Jahre Konsum immer weiter ab. Grund dafür ist auch, genutzte Maschine dass Menschen von einer immer geringeren verbraucht durch Produk- tion und Nutzung im gleichen Lebensdauer von Kleidung, Möbeln und Zeitraum durchschnittlich Elektrogeräten ausgehen. Dadurch steigt 40 Prozent mehr Energie ihre Bereitschaft bei Schäden neu zu kaufen, re genutzte als eine 20 Jahre anstatt zu reparieren. „Einfach ein neues ine. Maschine. Exemplar kaufen“ ist für viele Menschen heute das „neue Normal“ geworden, während unsere Großeltern noch viel eher eine Werkstatt aufsuch- ten, wenn ihnen etwas kaputtgegangen ist. Auch die Preisentwicklung gibt hierfür leider viele Anreizeii: Der Neukauf- preis für eine Wasch- maschine ist in Deutsch- land zwischen 1991 und d 22016 um zent gef 34 Prozent gefallen. Im gleichen Zeitraum stiegen die Reparaturkosten Pro um 40 Prozent. Fakten wurden übernommen aus AK Rohstoffe (2020): 12 Argumente für eine Rohstoffwende. 7
Drei Herangehensweisen für einen nachhaltigeren Umgang mit Ressourcen Klar ist, dass viele der Ressourcen unseres Plane- Suche nach Strategien, verantwortungsbewusster ten, die wir zunehmend abbauen und verbauen, mit unseren Ressourcen umzugehen. Es wird oft begrenzt sind. Deshalb lb sind viele Menschen Men auf der zwischen drei Herangehensweisen unterschiedeniii: Effizienz Konsistenz Suffizienz Energie und Rohstoffe Ressourcen so nutzen, Absolute Reduktion des besser nutzen: dass keine Rohstoffe Verbrauchs, der Produk- Das Gleiche produzieren, verloren gehen: tion und somit auch des dabei aber weniger ver- Ein Kreislauf von Abbau, Ressourcenverbrauchs. Idee brauchen. Produktion, Konsum und Wiederverwertung oder Rückführung wird hergestellt. Der „Rebound-Effekt“: Leider lässt sich ein Steht in einem Wider- Ressourceneinsparungen komplett geschlossener spruch zum Geschäfts- – etwa durch stromspa- Stoffkreislauf bisher modell der meisten rendere Geräte (effizien- kaum verwirklichen und Unternehmen in unserer Grenzen tere Kühlschränke, Lam- ist in den meisten Indus- Wirtschaft, die den Kon- pen oder Autos) – werden triezweigen noch nicht sum durch ihre Werbe- durch häufigere Nutzung möglich. strategien eher steigern oder mehr bzw. größere und so ihren Gewinn Geräte wieder zunichte maximieren wollen. gemacht. „Koloniale Kontinuitäten“ Viele Menschen in Europa denken bei dem Begriff Menschenrechts- und Umweltbelange spielen ge- Kolonialismus an den Import von Gütern wie Baum- genüber Politiken der Versorgungssicherheit eine wolle, Kautschuk oder an Sklaverei – und vor allem untergeordnete Rolle. Dabei ist der Sektor der ge- an längst vergangene Zeiten. Doch bei genauerem winnbringenden Verarbeitungsprozesse meist im Hinsehen sind die Spuren des Kolonialismus in un- Globalen Norden platziert, während der Rohstoff- terschiedlichen Bereichen und Konsumgütern un- abbau mit seinen Risiken und meist wenig Gewinn seres alltäglichen Lebens noch heute erkennbar. vor Ort vermehrt im Globalen Südens stattfindet. Entstandene Schäden an Mensch und Umwelt ver- Insbesondere der Rohstoffhandel ist geprägt von bleiben meist in den Abbauländern. ¿ diesen sogenannten postkolonialen Kontinuitäten. 8
Durch ihre Abhängigkeit von Preis- und Nach- frageschwankungen auf internationalen Märkten „Kolonialismus“ sind die eigentlich rohstoffreichen Länder außer- (lat. colonia, dt. besiedeln oder urbar machen) dem oft sehr verwundbar. So setzt sich eine Macht- Der Wortursprung verdeutlicht bereits die schieflage und ein Ungleichgewicht zwischen Nord- Grundhaltung mit der sich europäische Staa - und Südhemisphäre fort. Dieses Ungleichgewicht ten und Kirchen ab dem späten 15. Jahrhun- zeigt sich auch im Hinblick auf die Nutzung der ge- dert Landflächen, Rohstoffe und Menschen des Globalen Südens (gewaltsam) zu eigen wonnenen Rohstoffe oder natürlichen Ressourcen gemacht haben. In ihren Augen bestand vor (s. S. 5). Ort bis zu ihrem Eintreffen keine anerkannte Zivilisation. Dadurch erkannten sie Ansprüche Diesen sogenannten „kolonialen Kontinuitäten“ der einheimischen Bevölkerung auch nicht für muss eine global gerechte und nachhaltige Roh- gültig an. Auf der Grundlage dieses Vorgehens stoffpolitik entgegengesetzt werden, die die gleich- entstanden großer Reichtum und mächtige berechtigte demokratische Beteiligung aller Län- Handelsnetzwerke, die zu weiten Teilen noch der und den Schutz von Mensch und Umwelt in bis heute bestehen und politischen Einfluss allen Erdteilen garantiert. haben. Diese Karte zeigt die Anteile einzelner Länder am weltweiten Brutto-Inlandsprodukt anhand ihrer Größe Quelle: Diese Karte verwendet Daten des "World Economic Outlook, IMF" (Stand 2018) und wurde von www.worldmapper.org erstellt. Diese und weitere Karten sind abrufbar unter: https://worldmapper.org/maps/gdp-2018/?sf_action=get_data&sf_data=results&_sft_ product_cat=consumption,production,trade&sf_paged=6. Die Karte wird hier unter der Creative Commons Lizenz (CC BY-NC-SA 4.0) verwendet. Zum Weiterlesen: ȗ $-$)0)"șǕǓǔǜȚǻ$-/.#Ɯ) -.(# )Ȓ *'*)$' *)/$)0$/è/ )$)0). - ($-/.#Ɯ.- system und solidarische Alternativen: www.fairbindung.org/wp-content/uploads/Broschuere-Wirtschaft-anders-machen.pdf ȗ -! /'ǻșǕǓǕǓȚǻ#è)"$"& $/$(Ǖǔǻ #-#0) -/Ȓ'*' /*ƙ./-ń( 0)$)/ -)/$*)' Arbeitsteilung: www.prokla.de/index.php/PROKLA/article/view/1858/1793 9
Und jetzt? DIE IDEE DES HAND PRINTS Mit mehr Recycling und neuen, effizienteren unseres Planeten ist sehr kurzsichtig gedacht. Technologien werden sich diese globalen Un- Wir müssen unseren Umgang mit Ressourcen gerechtigkeiten, Gefahren und neuen Konsum- neu denken. Wir brauchen eine Ressourcen- gewohnheiten nicht auflösen lassen. Der aktu- wende. elle Umgang mit den begrenzten Ressourcen Dafür gibt es vier grundlegende Eckpfeileriv: Reduktion des Ressourcen- Kreislaufnutzung von Rohstoffen verbrauchs Gesetzliche Regeln müssen die Langlebig- Vor dem Hintergrund der planetaren Gren- keit, Reparierbarkeit und das ökologi- zen und einer global gerechten Ressourcen- sche Design von Produkten vorschreiben, verteilung, muss die Politik die deutliche die Kreislaufnutzung von Rohstoffen absolute Reduktion des Ressourcen- garantieren und Rohstoffverbrauch statt verbrauchs zum Ziel in Deutschland und Arbeitskraft besteuern. Europa setzen. Wirksames Lieferkettengesetz Ganzheitliche Wende Gesetzliche Regeln müssen die Umsetzung Klima-, Biodiversitäts- und Rohstoffkrise menschenrechtlicher und umweltbezo- müssen vor dem Hintergrund von end- gener Sorgfaltspflichten in der gesamten lichen Ressourcen zusammengedacht wer- Lieferkette von Unternehmen sicherstel- den und in eine ganzheitliche Energie-, len und Verstöße sanktionieren. Verkehrs-, Agrar-, und Bauwende sowie Digitalisierung münden. § 10
Bist Du (es) satt? Wie beenden wir den Ressourcenhunger? Im Rahmen dieser vier Eckpfeiler stellen wir in die- Die Produkte sind oft nicht so designt, dass sie sem Do-It-Guide einzelne Handlungsideen vor, wie später recycelt werden können. So gehen hin- auch Du für eine Ressourcenwende aktiv werden terher fast alle Materialien verloren. kannst. Dabei schauen wir in ganz verschiedene In vielen anderen Bereichen sieht es ähnlich aus – Handlungsfelder von Mobilität über Wohnen und so ist Fliegen zum Beispiel oft günstiger als Zug- Bauen bis hin zu Lieferketten und Beschaffungs- fahren oder der Verzicht aufs Auto auf dem Land richtlinien hinein, da Ressourcen eigentlich in allen teilweise sehr schwer, weil öffentliche Verkehrs- Arbeits- und Lebensbereichen eine Rolle spielen. mittel fehlen und so weiter. Dabei haben alle in diesem Heft gesammelten Wir schauen uns daher an, wo und vor allem wie Ideen eines gemeinsam: Sie setzen nicht auf der wir – zusammen mit Freund*innen, Kolleg*innen individuellen Ebene des Konsumverhaltens an, es und weiteren Mitstreiter*innen – Rahmenbedin- sind keine Einkaufs- oder Recycling-Tipps. Statt- gungen so mitgestalten und verändern können, dessen nehmen wir Veränderungsmöglichkeiten dass sie eine Ressourcenwende auf verschiedenen in Strukturen und Rahmenbedingungen (zum Bei- Ebenen voranbringen, anstatt sie zu blockieren. spiel Richtlinien, Gesetze, Preise, Förderungen, Sanktionen, Verbote sowie Angebote/ Verfügbar- Diese Art der Mitgestaltung von Veränderungen keiten) in den Blick, die das nachhaltige Handeln erfordert zwar ein wenig Ausdauer, aber bringt von Unternehmen und Individuen erleichtern oder auch ein viel größeres Wirkpotenzial mit sich. zum Standard machen könnten. Bei Germanwatch nennen wir diese Art von trans- formativem Engagement „den eigenen positiven In unseren aktuellen gesellschaftlichen Rahmen- Handabdruck vergrößern“. bedingungen ist es für uns als Einzelne nämlich häufig noch leichter, preiswerter, komfortabler oder naheliegender, sich nicht nachhaltig zu ver- halten und zum Beispiel elektronische Geräte eher neu zu kaufen als sie zu reparieren oder gebraucht zu kaufen: Viele Smartphones lassen sich zum Beispiel nicht reparieren, da einzelne Teile miteinander verklebt sind. Auf vielen elektronischen Geräten lassen sich schon nach wenigen Jahren keine Updates mehr installieren, die zum Gebrauch notwendig wären. Der Neukauf zahlreicher Geräte ist preiswerter als die Reparatur. Mehr Infos: Wenn Du Dich über das Themenfeld der Ressourcenwende hinaus zum Konzept des Hand Prints informieren möchtest, schau mal auf www.handprint.org vorbei. 11
Wandel mit Hand und Fuß Der Hand Print steht also für ein Engagement, mit dem wir die nachhaltigen Handlungsalternativen zur einfacheren, naheliegenderen oder preiswer- teren Standardoption machen. Doch wo anfangen? Ansatzpunkte dafür finden sich häufig direkt in den Strukturen um uns herum, zum Beispiel an unserem Arbeitsplatz, in unserer (Hoch-)Schule, im Verein, in der Nachbarschaft, in der Religions- Auf nationaler Ebene: Einsatz für eine Steuer- gemeinschaft oder der Stadt/Kommune. Für einige erleichterung für Reparaturen, wie sie be- Veränderungshebel lohnt es sich, größer zu den- reits in einigen EU-Ländern existiert und das ken, sich mit anderen zu verbünden und langfristig Reparieren im Gegensatz zum Neukauf von auf Landes-, Bundes- oder EU-Ebene anzusetzen. Geräten preiswerter und somit attraktiver macht. Beispiele für Hand Print-Ideen auf verschiedenen Ebenen sind: Auf EU-Ebene: Einsatz für eine Erneuerung des EU-Verbraucherrechts, das ein „Recht auf In der Schule/Hochschule: Entwicklung von Reparatur“ schafft: Mit Informationen über konsequenten Menschenrechts- und Umwelt- die Lebensdauer von Produkten am Verkaufs- kriterien in den Beschaffungsrichtlinien für ort, einem uneingeschränkten Zugang zu elektronische Geräte in der eigenen Schule/ Reparaturhandbüchern, Software-Updates, Hochschule. Als Erweiterung der Einsatz mit günstigen Ersatzteilen sowie Reparatur- der Schüler-/Studierendenvertretung für diensten. strengere Beschaffungsrichtlinien in Bil- dungseinrichtungen auf Landesebene. Wichtig ist hierbei natürlich eine Gruppe, mit der Du Deine Ideen gemeinsam angehen kannst sowie Mit dem Verein: Öffentlichkeitswirksame ein strategisches Vorgehen, um die richtigen Unterstützung der Forderung nach einem Ansprechpartner*innen zum bestmöglichen Zeit- ambitionierteren Lieferkettengesetz, durch punkt auf die zielführendste Art und Weise auf Eure das Unternehmen Verantwortung und Haf- Forderungen oder Vorschläge anzusprechen. tung für Umweltschäden und Menschen- rechtsverstöße in ihren Produk tionsketten übernehmen müssen. Eine nachhaltige Und wie vorgehen? Beschaffung und Mobilität im eigenen Ver- ein in einem Nachhaltigkeitsbeschluss fest- Ideen und Tipps zur Vorgehensweise sowie halten. Inspiration von anderen Projekten für die In der Religionsgemeinschaft oder der Nach- Ressourcenwende findet Ihr auf den nachfol- barschaft: Einrichten eines Repair-Cafés für genden Seiten. den eigenen Stadtteil (ein Ort, an dem kaput- te Geräte gemeinsam repariert werden kön- nen). Kommunale Unterstützung für Immo- vielien als ressourcenschonende Wohn- und Arbeitsform anstoßen. 12
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Hast Du schonmal von 1. HEBEL FÜR DIE RESSOURCENWENDE Immovielien gehört? Ressourceneinsparung durch gemeinschaft- ten aktiv auf eine Ressourcenwende hinwirken. liche Wohnraumnutzung und gemeinwohlori- Und Ihr könnt dies durch Euer Engagement an- entierte Stadtentwicklung. Aktuell werden in stoßen, fördern und einfordern. der Baubranche in Deutschland 90 Prozent der mineralischen, nicht nachwachsenden Roh- stoffe verbraucht. Der Gebäudesektor verur- sacht mit Bau und Betrieb mehr als ein Drittel Immovielien steht für der deutschen CO2-Emissionen. Neben einer „Immobilien aktiven eigenen Reflexion darüber, wie wir un- von Vielen für Viele“ sere eigenen Wohn-, Arbeits- oder Lernräume Es handelt sich dabei um zivil- ressourcenschonend gestalten können, liegt gesellschaftlich getragene und selbstor- ganisierte Gebäude, in denen Räume oder ein großer Hebel für Ressourceneinsparungen Angebote für die Gemeinschaft geschaffen bei Kommunen. Diese können durch nachhal- werden. Dies kann gemeinschaftlicher tige oder gemeinwohlorientierte Vergabekrite- Wohnraum in Kombination mit rien von Grundstücken oder in der Gestaltung Stadtteilprojekten sein, die am von Vorgaben für ressourceneffiziente Neubau- Gemeinwohl ausgerichtet sind. POSITIVES BEISPIEL Eigene Wohn- oder Stadtteilprojekte gründen (Ebene: Quartier) Wer seinen Wohn- und Arbeitsraum sowie Wollt Ihr ein gemeinwohlorientiertes Stadtteil- Alltagsgegenstände mit anderen teilt, braucht projekt gründen? Einige Infoportale: logischerweise weniger Ressourcen für sich y Sammlung von 34 ausführlichen Immovie- allein. Daneben bringen Wohn- oder Stadt teil- lien-Portraits: www.netzwerk-immovielien. projekte viele weitere Vorteile mit sich: de/immovielien Sie bieten Menschen Anschluss an eine Ge- meinschaft und bilden solidarische Netz werke, y Das Wohnprojekte-Portal gibt einen Über- indem die Beteiligten sich gegenseitig helfen blick über Wohnprojekte bundesweit oder organisieren. Außerdem entstehen häufig (www.wohnprojekte-portal.de). Projekte, wie Gemeinschaftsgärten oder y 161 spannende Projekte unter dem Motto Repair-Cafés, die ebenfalls sozial und öko- „selbstorganisiert wohnen – solidarisch logisch nachhaltig sind. wirtschaften“ und weiterführendes Material gibt es vom Mietshäuser Syndikat unter www.syndikat.org. 14
A POSITIVES P O S I T I V E S BEISPIEL B EIS PIEL 15
POSITIVES BEISPIEL Verbesserung der Rahmenbedingungen für Immovielien und gemeinschaftliches Wohnen (Ebene: Kommune/Stadt) Wie entscheidet eine Stadt/Kommune eigentlich Daher ist die Forderun nach einer Integration von darüber, an wen und nach welchen Kriterien Bau- Kriterien für gemeinwohl-orientierte Nutzung bei land und Gebäude vergeben werden? der Bodenvergabe durch entsprechende Vorschlä- ge an Eure Kommunen besonders interessant. Städte und Kommunen können durchaus – insbe- Bei Neubauten kann eine ressourceneffiziente sondere bei so hoher Nachfrage nach Baugrund, Siedlungsentwicklung oder die Einrichtung eines wie sie aktuell an vielen Orten in Deutschland be- gemeinschaftlich gestalteten und genut zten steht – ökologische, soziale und gemeinwohlorien- Quartierzentrums im Bebauungsplan festgehalten tierte Standards setzen. Diese können sich auf die werden. Nutzung ökologischer Baustoffe (zum Beispiel Ver- wendung nachwachsender Rohstoffe wie Holz), auf Die Stiftung trias vernetzt und teilt Ihr Wissen zur die Möglichkeiten zur Ressourceneinsparung in der Vertragsgestaltung von Erbbaurechten und der Nutzung und Beschaffung (zum Beispiel Car-Sha- Nutzung anderer bodenpolitischer Instrumente, ring, solidarische Landwirtschaft), auf die lebens- das auch von Kommunen genutzt werden kann: phasenorientierte Regelung von Wohnfläche pro www.stiftung-trias.de. Kopf, die Verhinderung der Versiegelung zusätz- licher Flächen, aber auch auf die Berück sichtigung Einen besonders kreativen Ansatz zur Quartiers- von sozialen Faktoren wie die Integration von Sozi- entwicklung hat außerdem das Hansaforum in alwohnungen oder die Nutzung eines Grundstücks/ Münster mit einem partizipativ entwickelten Gebäudes als Gemeinschaftsraum für ein Quartier Quartiers-Gemeinwohl-Index umgesetzt: (zum Beispiel Nachbarschaftscafés, Kulturzentren, www.hansaforum-muenster.de/quartier-gemein- Reparatur werk stätten) beziehen. wohl-index/ Um entsprechende Standards dauerhaft zu veran- kern, kann das sogenannte Erbbaurecht ein Hebel sein: Wenn eine Stadt/Kommune Grund und Boden nicht verkauft, sondern im Rahmen von Erbbau- rechtsverträgen „vermietet“, kann sie die Erbbau- rechtsnehmer*innen langfristig zum Beispiel an die oben genannten Kriterien binden, die auch dann nicht erlöschen, wenn die Grundstückseigen- tümer*innen wechseln. Die ressourcenschonende, gemeinschaftliche Nut- zung von Wohn- und Arbeitsräumen ist im Ringen um Grundstücke und Gebäude häufig mit mehr Hindernissen konfrontiert als zum Beispiel die (renditeorientierte) freifinanzierte Wohn- oder Gewerbenutzung durch private Unternehmen. 16
SCHRITTE Mögliche Schritte, mit denen Ihr Euch in Eurer Kommune für Immovielien und gemeinschaftliches Wohnen stark machen könnt: 1. Informiert Euch über gute Beispiele und Um- 3. Tretet in Kontakt mit dem örtlichen Stadt- setzungsmöglichkeiten von Kommunen, die planungsamt und informiert Euch über aktuel- sich für eine Ressourcenwende in ihrer Bau- le Vorgaben bei der Vergabe von Grundstücken und Bodenpolitik einsetzen und gemeinwohl- und Gebäuden. Findet heraus, wie das Erbbau- orientierte Immobiliennutzung fördern, zum recht genutzt wird und inwiefern soziale, öko- Beispiel hier: www.netzwerk-immovielien.de logische und gemeinwohlorientierte Kriterien eine Rolle spielen. 2. Seht Euch in Eurer Stadt/Eurem Landkreis um: 4. Tragt Euer Anliegen in den Stadtrat. y Gibt es hier bereits Immovielien? Sprecht mit den Bewohner*innen oder den Organi- y Die DIN A2-Vorlage „How-to-Stadtratsan- sator*innen: Wie hat die Kommunikation mit trag“ hilft euch, strategisch vorzugehen: der Stadt funktioniert? Gab es Hindernisse? www.regionalentwicklung.de/wp-content/ uploads/2019/06/arbeitsblatt_stadtratsan- y Wer in der Region hätte Interesse an mehr trag_A2.pdf Immovielien? Gibt es bereits Initiativen, die (Quelle: #raumkon19 von Norbert Rost) sich für eine stärkere Ressourceneinsparung und Gemeinwohlorientierung im Gebäude- sektor einsetzen? y Wenn ja, tauscht Euch aus, wo noch Luft nach oben ist und eine „Bau- und Boden- 2020 markierte einen wende“ die Ressourcenwende stärker Wendepunkt des voranbringen könnte. Ressourcenverbrauchs: Zum ersten Mal in der Geschichte des Planeten wiegt die Gesamtheit der von den Menschen gebauten Häuser, Büros, Brücken, Autos und Maschinen mehr als die gesamte lebende Biomasse auf unserer Erde! Über die Jahre hat der Mensch immer mehr Biomasse abgebaut, verbrannt, vernichtet und verbaut. Gleichzeitig haben Menge und Gewicht mensch- gemachter Gebäude und anderer Objekte seit 1900 immer stärker zugenommen. Quelle: www.nature.com/articles/s41586-020- 3010-5 Zum Weiterlesen: Werkzeugkoffer der raumkom (2019): www.stadtraum.jetzt/werkzeugkoffer#Anleitungen 17
2. Willst Du ein Recht auf Reparatur? Reparieren statt Neukaufen sollte wieder der Stan- len überhaupt erst ermöglicht (zum Beispiel durch dard werden. Denn je länger die Lebensdauer eines Verfügbarkeit oder Austauschbarkeit von Ersatztei- Produkts, desto mehr (neue) Ressourcen werden len oder Software) und im Vergleich zum Wegwer- geschont. Dazu muss das Reparieren von zum Bei- fen und Neukaufen leichter und preiswerter spiel Laptops oder Spülmaschinen in manchen Fäl- gemacht werden. POSITIVE BEISPIELE Steuererleichterung für Reparaturen (nationale Ebene) In einigen EU-Ländern wird das Reparieren von geschäfte, sodass mehr Möglichkeiten bestehen, Geräten bereits durch verschiedene Formen von kaputte Gegenstände in lokalen Werkstätten re- Steuererleichterungen preiswerter und somit parieren zu lassen. In Wien gibt es zusätzlich einen attraktiver gemacht. In Schweden und Österreich Reparatur-Bon, mit dem 50 Prozent des Reparatur- zahlen die Kund*innen zum Beispiel eine um 50 preises direkt vor Ort von der Bruttorechnung ab- Prozent reduzierte Mehrwertsteuer auf Repara- gezogen werdenv. turen. Davon profitieren natürlich auch Reparatur- POSITIVE BEISPIELE Reparatur-Index auf Handys, Waschmaschinen und Toastern (nationale Ebene) In Frankreich zeigt seit 2021 ein verpflichtender Nicht konsequent ist an dem Index bisher, dass Index auf elektronischen Geräten an, wie leicht Hersteller ihr Rating nach den festgelegten Krite- sich diese bei Schäden reparieren lassen und hilft rien selbst durchführen und Strafen bei falschen so bei einer nachhaltigen Kaufentscheidung. Angaben eher gering ausfallen. Höhere Strafen und Der Index soll auch ein Anreiz für Hersteller wer- Beschwerdemechanismen für Verbraucher*innen den, ihre Produkte leicht reparierbar zu gestalten würden die Wirksamkeit des Index steigern. und Ersatzteile verfügbar zu machen. Neben weiteren gesetzlichen Regelungen zur Repa- Kriterien im Index sind zum Beispiel der Preis des raturförderung (s. S. 21) wäre ein solcher Index teuersten Ersatzteils im Verhältnis zum Preis des auch in Deutschland ein Anreiz für mehr Repara- Gesamtprodukts. Ein Produkt schneidet umso bes- turen und würde außerdem den Druck für einen ser im Index ab, je preiswerter Ersatzteile im Ver- europäischen Reparatur-Index erhöhen. gleich zum Neukauf-Preis des Produkts zu erhalten sind. Außerdem werden zum Beispiel der Zugang zu Reparaturanleitungen und die zeitliche Verfüg- barkeit/Anwendbarkeit von Software-Updates im Index berücksichtigt. 18
SCHRITTE Mögliche Schritte, mit denen Ihr eine Steuererleichterung für Reparaturen oder einen Reparatur-Index zur Ressourcenschonung vorantreiben könnt: 1. Erhöht die öffentliche Aufmerksamkeit auf 2. Erklärt und verbreitet den Mehrwert von positive Beispiele (s. S. 18 und 21). Reparaturen fundiert und mit Argumenten Startet zum Beispiel eine Kampagne in den aus verschiedenen Blickwinkeln – zum Bei- sozialen Medien gemeinsam mit potenziellen spiel für Verbraucher*innen (Kosten sparen) Verbündeten wie der Verbraucherzentrale, oder die Umwelt (begrenzte Ressourcen). Reparaturunternehmen, Influencer*innen und Holt Forschungsinstitute ins Boot oder stoßt vielleicht sogar unerwarteten Verbündeten wie Abschlussarbeiten mit Meinungsumfragen zur Saturn oder Kaufhof. aktuellen Rolle von Reparaturen in Deutsch- land an (vgl.: www.runder-tisch-reparatur. „Unerwartete de/reparieren-schont-die-umwelt-und-spart- Verbündete“ geld/). Besonders wirkungsvoll sind Kampagnen oder offene Briefe, die von einem Akteurs- 3. Sprecht große Elektro-Fachhandel-Ketten Zusammenschluss stammen, der strategisch an. die Öffentlichkeit/die Adressat*innen Sucht zum Beispiel ein medienwirksames Ge- überrascht (vgl. S. 47). spräch mit Vorständ*innen/Geschäftsführung und schlagt vor, Reparatur-Indizes als Vorreiter „8 von 10 einzuführen (mögliche Argumente: Verantwor- Europäer*innen, tung des Unternehmens gegenüber Mensch finden, und Umwelt, Selbstdarstellung als ethisch dass von den Herstellern ver- handelndes Unternehmen) beziehungsweise langt werden sollte, Reparaturen sich dafür in der Branche und gegenüber der und den Austausch von einzelnen Politik stark zu machen. Teilen zu erleichtern.“ Falls Ihr hier auf starken Widerstand stoßt: Umfrage der Europäischen Kommission (2020): www.ec.europa.eu/commission/presscorner/ Erhö Erhöht den Druck auf die großen Ketten, in- dem Ihr Eure Forderungen an bereits beste- hende Kampagnen andockt. hend 4. Schl Schließt Euch dem „Runden Tisch Reparatur“ an uund unterstützt dessen politische Arbeit ein Recht auf Reparatur. für e Schr Schreibt zum Beispiel mit Unterstützung des rund runden Tischs Bundestags- oder Europapar- laments-Abgeordnete aus Eurem Wahlkreis an lame (s. M Material und Argumentationen auf Website). 19
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Noch wirkungsvoller als Anreize für Reparaturen Ansonsten ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die für die Konsument*innen, sind jedoch gesetzliche ressourcenraubende Entwicklung von immer kür- Regulierungen, die Hersteller stärker in die Pflicht zeren Nutzungszeiten, schnellen Innovationszyklen nehmen und von vornherein zum Beispiel Mindest- und schlechterer Reparierbarkeit fortsetzt.vi standards im Produktdesign setzen und program- Zentrale Hebel hierfür sind zum Beispiel: mierte Obsoleszenz begrenzen. A Gesetzgebungen für nachhaltiges Produktdesign Es muss Mindestanforderungen an ein nach- Sicherheits-Updates müssen Mindestlaufzeiten haltiges Produktdesign vor allem von elektri- erfüllen. schen Geräten geben, die eine einfache und gute Reparierbarkeit sicherstellen: zum Bei- Sanktionen gegen geplante sowie verfrühte spiel modularer Aufbau anstatt verklebte Kom- Obsoleszenz, vor allem durch Software-Up- ponenten und Verzicht auf herstellerspezifi- dates, die die Weiternutzung von noch intakten sche Einzelteile wie Schrauben etc. Geräten verhindern. B Hersteller stärker in die Verantwortung nehmen Bei Schäden an einem Gerät muss im Garan- Hersteller müssen verpflichtet werden, Ersatz- tiefall Reparatur Vorrang haben vor dem Aus- teile für den gesamten Zeitraum der erwarte- tausch gegen ein neues Gerät. ten Lebensdauer eines Produkts für Einzelper- sonen und unabhängige Werkstätten zu einem Das Vernichten zurückgesendeter Artikel muss verhältnismäßigen Preis zur Verfügung zu stel- verboten werden. len. Der Garantiezeitraum muss der tatsächlich Diagnosesoftware und Reparaturanleitungen möglichen Lebensdauer eines Gerätes entspre- müssen für alle verfügbar sein. chen. Obsoleszenz Wird die Haltbarkeit eines Produktes durch den Hersteller absichtlich verkürzt, um die Nachfrage nach neuen Produkten zu steigern, spricht man von „geplanter Obsoleszenz“. Geschieht dies durch Softwarecodes in einem Gerät (welches dann nicht mehr oder nur stark verlangsamt/weniger sicher nutz- bar ist), spricht man von „program- mierter Obsoleszenz“. 21
Mögliche Adressat*innen für Euer Engagement in diesem Zusammenhang: Abgeordnete des Bundestags oder des Europa- parlaments, die Euren Wahlkreis vertreten. Ihnen könnt Ihr kritische Fragen stellen und Euer Anliegen mit guten Argumenten und kon- kreten Vorschlägen vorbringen. Informiert Euch vorher zu ihrer Position in diesem Thema und wappnet Euch mit Erwiderungen auf ihre potenziellen Gegenargumente (s. Tipps S. 48). Ein Ziel wäre, dass die Abgeordneten sich im Parlament selbst für ein Recht auf Reparatur stark machen. Hersteller elektronischer Geräte, die Ihr in Bezug auf die Reparaturhindernisse bei bestimmten, exemplarisch gewählten Produk- ten ansprecht. Bei negativer Antwort könnte eine größere Kampagne über die sozialen Medien folgen (gegebenenfalls zusammen mit Influencer*innen). So könnt Ihr öffentliche Aufmerksamkeit für den Zusammenhang zwi- schen fehlender Reparaturbereitschaft und dem dramatischen Verbrauch von Ressourcen schaffen. Dabei ist es wichtig, immer ehrlich bei den Fakten und gegenüber dem Hersteller gesprächsoffen zu bleiben. Über die sozialen Medien könnt Ihr Updates verbreiten. Zum Weiterlesen: ȗ --0) $.# +-/0-. /5/.$# )!''.!Ű- $) #/0! +-/0- $)0)!*- -/'.Ű)- nis z. B. Vorgaben für ein reparaturfreundliches Produktdesign: www.runder-tisch-reparatur.de ȗ -.#$ ) 2 $/ - Ű))$.. 1 -) /5/ ).$#0#0! 0-*+è$.# - ) Ǽ0( )+*'$/$.# ) Druck in der EU zu erhöhen: www.repair.eu ȗ $)*-)0)" .!-)5ń.$.# ) +-/0-Ȑ ) 3ǽ www.runder-tisch-reparatur.de/rtr-factsheet-zum-franzosischen-reparatur-index/ ȗ 0ƙ$5$ )5 .. -1 -./ # )ǽwww.bundjugend.de/mit-suffizienz-zum-guten-leben-fuer-alle/ ȗ 0(-Ű) ) $" ) - +-/0-Ȑ )$/$/$1 ) www.reparatur-initiativen.de/seite/initiative-gruenden 22
3. Wo kauft Deine Stadt ein? Wo kaufen Deine Kommune, die (Hoch-)Schulen, Es sollte jedoch auch ein Teil der Diskussion sein, das Altenheim und das Krankenhaus im Ort ihre welche Schäden entlang der Lieferkette (zum Fahrzeuge, Geräte, Lebensmittel und Textilien ein? Beispiel Menschenrechtsverletzungen) eine reine Preisentscheidung zur Folge hat und wer dafür In der Verwaltung spricht man dabei von „Beschaf- aufkommen muss. fung“. Dazu müssen die meisten Institutionen ver- schiedene Angebote für eine Bestellung einholen und sich anschließend anhand verschiedener iden. Kriterien für eine*n Anbieter*in ent scheiden. Zu diesen Kriterien gehört meist zuallererst der Preis. Weitere Kriterien können jedoch auch Regi- onalität, Nutzungsdauer, Reparatur freundndlichkeit, lichkeit, niedriger Verbrauch von Energie oder das as Vorhandensein bestimmter Siegel sein. Der Effekt solcher Richtlinien zum Bei- spiel für alle öffentlichen Gebäude in ei- ner Stadt oder für eine große Universitätt divi- ist natürlich viel größer, als wenn ein Indivi- duum nachhaltiger einkauft. ter- Nachhaltige Beschaffungsrichtlinien hinter- lassen einen bleibenden Handabdruck, da die Rahmenbedingungen auch dann bleiben, iben, wenn die Menschen, die sie angestoßen haben den Arbeitsplatz wechseln oder umziehen. Ein Argument gegen die An- wendung nachhaltiger Beschaffungs- ect kriterien, wie zum Beispiel Fair- oder Direct tteln, Trade Siegel bei Textilien und Lebensmitteln, sind häufig begrenzte finanzielle Mittel. 23
SCHRITTE Mögliche Schritte, mit denen Ihr die Beschaffungsrichtlinien in Eurem Umfeld sozial und ökologisch nachhaltiger machen könnt: 1. Überlegt Euch anhand von drei Fragen, in wel- 2. Führt eine umfassende Recherche zu den ak- chem System Ihr ansetzen wollt: tuellen Beschaffungsrichtlinien durch, sprecht zum Beispiel mit den Leuten im Einkauf der y Wie groß ist der Handlungsbedarf an Eurem Stadtverwaltung und bringt in Erfahrung, ob Arbeitsplatz / in Eurer (Hoch-) Schule / in Eu- es bereits Bemühungen zur Umstellung gab rem Verein oder in Eurer Stadt? Also wie und welche Hindernisse es bisher gab. nachhaltig ist der Ort schon oder noch nicht? 3. Recherchiert positive Beispiele, tauscht Euch wenn möglich mit den dortigen Initiator*innen y Wie groß ist die Wirkung, wenn Ihr die Be- aus und besprecht deren Herangehensweisen. schaffungsrichtlinien an diesem Ort verän- dert? Wie viel muss dort eingekauft werden 4. Bildet eine AG mit Verbündeten aus verschie- und gibt es Möglichkeiten, auf der nächst denen Bereichen des Systems, in dem Ihr höheren Ebene weiterzumachen (zum Bei- etwas verändern wollt. spiel auf Verbandsebene), wenn Euch eine 5. Stellt gemeinsam Argumente und Alternativ- Umstellung auf einer kleineren Ebene gelun- vorschläge zusammen. gen ist? 6. Tretet damit in einem persönlichen Gespräch y Wo kennt Ihr die Entscheidungsstrukturen, an die Entscheidungsebene heran. Rahmenbedingungen und eventuell auch Entscheidungsträger*innen? 7. Lasst nicht locker und sucht nach weiteren Wegen, wenn Ihr diese zunächst nicht über- zeugen könnt. 24
POSITIVE BEISPIELE Nachhaltige Beschaffung an Hochschulen Das netzwerk n (www.netzwerk-n.org) fasst in sei- nem „Positionspapier für Nachhaltigkeit und Ethik Das Eco-Manage- ment and Audit an Hochschulen“ zusammen, welche Aspekte bei Scheme (EMAS) nachhaltiger Beschaffung an Hochschulen beach- tet werden sollten: https://www.netzwerk-n.org/ ist ein Management- und Prüfsys- tem für die direkten und indirekten info/aktivitaeten/#positionspapier. Auswirkungen des Betriebs von Unterneh- men, Verwaltungen oder auch Universitäten Ein Best-Practice-Beispiel ist die Hochschule auf die Umwelt. Es wurde von der Europäischen Weihenstephan-Triesdorf, die als „ökologisch nach- Union entwickelt. haltige und ressourcenschonende Hochschule“ ein Die EMAS-Zertifizierung wird jedoch unter gesamtes EMAS-Umweltmanagementsystem um- anderem dafür kritisiert, dass damit setzt. Das Vorhaben wurde von Studierenden an- auch Atomkraftwerke oder Unterneh- gestoßen, wird von der Hochschulleitung unter- men zertifiziert werden, die Klima stützt, bezieht alle Hochschulangehörigen mit ein und Umwelt belasten (z. B. das und stellt dauerhaft Kapazitäten zur Umsetzung Kernkraftwerk Isar). und Prüfung der festgelegten Maßnahmen zu Ver- fügung. POSITIVE BEISPIELE Nachhaltige Beschaffung in der Stadt/Kommune Der wahrscheinlich umfangreichste Informations-, Obwohl die Aufarbeitung sich auf die öffentliche Ideen- und Handlungspool für kommunale Beschaffung bezieht, lassen sich viele der Ideen, Beschaffung befindet sich unter www.kompass- Hinweise und Kriterien natürlich auch auf den Ein- nachhaltigkeit.de, einer Seite von „Engagement kauf von Materialien und Geräten am Arbeitsplatz/ Global“ und der „Servicestelle Kommunen in der im Unternehmen übertragen. Einen Welt“. Hier gibt‘s Tipps zum Vorgehen, Praxisbeispiele und zum Beispiel Suchfunktionen nach Bundesländern oder Produkten. POSITIVE BEISPIELE Nachhaltige Beschaffung in Religionsgemeinschaften Im Projekt „Zukunft gestalten – nachhaltig wirt- Weitere Beispiele sind www.gruene-moschee.de schaften in Kirchen“ finden sich Hinweise zur nach- oder www.gruener-hahn.net. haltigen Beschaffung in Kirchen und positive Bei- spiele von Gemeinden, die ihre Beschaffungsricht- Hier gibt‘s ebenfalls Tipps und Ideen: www.ci-ro- linien mit sozialen und ökologischen Kriterien mero.de/kritischer-konsum/beschaffung/kirch. überarbeitet haben: www.zukunft-einkaufen.de. 25
4. Besitzt Du noch, oder teilst Du schon? Es ist klar, dass wir weniger Dinge neu kaufen, ver- Der „Commons“-Ansatz (geteilte Dinge bzw. brauchen und auch besitzen dürfen, wenn wir nicht „Gemeingüter“) ist daher, Ressourcen und Gegen- weiterhin über unsere begrenzten Ressourcen stände gemeinsam zu nutzen, zu pflegen oder auch leben wollen. Trotzdem befinden sich in jedem herzustellen. Dazu können natürliche Ressourcen, Haushalt (in dem oft nur ein bis zwei Personen wie gemeinsam genutzte Gewässer oder auch leben) zahlreiche Gegenstände, die nur ein bis zwei menschgemachte Dinge, wie Wikipedia, gehören. Mal im Monat oder sogar im Jahr benutzt werden. Commons zeichnen sich außerdem dadurch aus, Dazu gehören zum Beispiel Bohrmaschinen, Waf- dass sie von einer Gemeinschaft selbst organisiert feleisen und auch Skier oder so abgefahrene Din- oder verwaltet werden. ge wie eine Popcornmaschine oder ein Heimkino- Beamer. POSITIVE BEISPIELE Materialvermittlung (Ebene: Quartier, Kommune/Stadt) In Berlin gibt es eine „Zentralstelle für wiederver- genauso wie Heimwerker*innen, Kindergärten und wertbare Materialien“: Hier können Materialien ab- Schulen. Das Projekt möchte hiermit einen Beitrag gegeben werden, die sonst im (Sperr-)Müll landen – zur Ressourcenschonung leisten und hat schon Stoffe, Holzteile, Seile, Stangen, Metall- oder mehrere Zweigstellen: Plastikstücke und vieles mehr. Der Bestand ändert www.kunst-stoffe-berlin.de. sich laufend und jede*r kann vorbeikommen, um Ähnlich funktionieren zum Beispiel die Material für neue Projekte zu finden: Künstler*in- www.materialvermittlung.org in Dresden und nen, Bühnenbauer*innen und Designer*innen www.offcut.ch in der Schweiz. POSITIVE BEISPIELE Open Source Software (Ebene: Quartier, digital) Die frei verfügbare Software „commons-booking“ Damit können Quartiers-Projekte zum Beispiel ist ein digitales Commoning-Projekt, das Commo- ihren Lastenrad-Verleih strukturiert und online für ning-Projekte im analogen Raum erleichtert: alle zugänglich und leicht nutzbar organisieren. www.commonsbooking.org 26
POSITIVE BEISPIELE Leihladen (Ebene: Quartier, Verein, Religionsgemeinschaft) Die Idee eines Leihladens (oder einer „Bibliothek sation eines Leihladens zu erleichtern, hat der der Dinge“) ist ebenfalls, Geräte, Werkzeuge usw. Leihladen Wien anhand der Erfahrungen aus ver- nicht tausendfach in den verschiedenen Wohnun- schiedenen Ländern ein „Library of Things Starter- gen einer Nachbarschaft liegen zu haben, sondern Kit“ geschrieben: diese an einem zentralen Ort der Gemeinschaft zur www.leila.wien/wp-content/uploads/2019/02/LoT- Verfügung zu stellen und so Ressourcen zu scho- Starter-Kit.pdf nen. Um den Aufbau und die langfristige Organi- Links zum Weiterlesen ȗ (( ')ȋ$ '/- +-$ - )Ȓ+ )*0- 0) ' -(# )'.+*./&+$/'$./$.# Praxis“: www.die-welt-reparieren.de ȗ .$/ ($/ )*2#*250 ( $).#Ɯ."è-/ )ǽwww.urbane-gaerten.de. Besonders spannend: Die Tipps zum Dialog mit Verwaltung und Kommunalpolitik ȗ )$' 0).#ń)0(" . /5/ /$& -$ !Ű-. $' )1*) -è/ )($/#-ȣ$)) )Ǽ$ 0 auch in deinem Wohnhaus oder sogar Viertel einbringen kannst: www.pumpipumpe.ch 27
SCHRITTE Wie könnt Ihr Commoning wirksam unterstützen? Hier soll es nicht darum gehen, selbst einen 4. Um die Stadt-/Kommunalverwaltung zu über- Tausch- oder Leihladen in der Nachbarschaft oder zeugen, überlegt Euch, welche positiven ein Reparaturcafé am Arbeitsplatz oder in der Effekte diese Projekte neben der Schonung Hochschule einzurichten. Auch das ist natürlich von Ressourcen mit sich bringen: Es macht wichtig, um unseren Umgang mit Dingen anders Viertel zum Beispiel lebenswerter und beleb- und weniger auf Eigentum bedacht zu organisie- ter, fördert eine solidarische Nachbarschaft, ren. Der Logik des Handabdruck-Konzepts folgend, verschönert das Stadtbild und ist eine finan- schlagen wir aber vor, darüber hinaus zu überle- zielle Entlastung für einkommensschwache gen, wie das Einrichten solcher Orte erleichtert und Familien. Commoning strukturell so gefördert werden kann, 5. Falls es in Eurer Stadt/Kommune einen Bürger- dass noch viel mehr Projekte dieser Art entstehen haushalt gibt, könnt Ihr Eure Ideen auch hier und in Vierteln und Dörfern zum Standard werden. vorbringen. (Siehe hierzu zum Beispiel: www.buergerhaushalt.org) 1. Viele Orte des Commonings finden sich auf der Quartiers- bzw. Nachbarschaftsebene. 6. Ein besonderer Hebel ist die Einführung eines Fragt Euch: Was können Städte/Kommunen Gemeinwohlindex für Investitionen der Stadt – tun, um diese selbstorganisierten Orte zu hier würden Commoning-Projekte wohl immer unterstützen? sehr gut abschneiden (siehe zum Beispiel hier: 2. Dazu kann es hilfreich sein, sich mit Menschen www.hansaforum-muenster.de/quartier-ge- meinwohl-index/) auszutauschen oder zusammenzutun, die Hin- dernisse und Erfolgsfaktoren von Projekten wie öffentlichen Repair Cafés oder Leihläden kennen. 3. Setzt Euch zum Beispiel für eine finanzielle Unterstützung solcher Projekte durch die Stadt/Kommune – am besten durch einen fest verankerten Topf für gemeinwohlorientierte Commoning-Projekte im Stadthaushalt – oder das Bereitstellen von Räumen dafür ein. 28
Wie sind Mobilitätswende und Ressour- 5. cenwende miteinander verknüpft? Öffentlicher Nahverkehr, Fuß- und Radverkehr sollten zum komfortablen Standard und der motorisierte Individualverkehr Eine Antriebs- mit dem Auto zur Ausnahme werden. wende würde zwar den Diesel- und Ben- Denn die deutsche Automobilindustrie ist einer der Hauptverbrau- zin-Verbrauch reduzieren, aber zu einem drastischen cher von metallischen Rohstoffen. Insgesamt 47 Millionen Autos Mehrverbrauch von Metallen mit einem Durchschnittsgewicht von über anderthalb Tonnen und endlichen Mineralen führen, stehen 23 Stunden am Tag ungenutzt auf den Straßen. Anstatt le- die häufig unter menschen- diglich eine Antriebswende zu forcieren (das heißt ein Wechsel vom unwürdigen Bedingungen Diesel- und Benzinmotor zum E-Auto), sollte stärker auf Fuß, Rad, abgebaut werden. Bus und Bahn gesetzt werden, um Klima, Ressourcen und Men- schen zu schützen. Dafür muss Rad-, Bus- und Bahnfahren leichter, sicherer und preiswerter werden. POSITIVE BEISPIELE Radnetze flächendeckend und sicher ausbauen (Ebene: Kommune/Stadt) Mittlerweile gibt es von Rostock im Norden bis Fahrradschnellstraßen (sowohl in Städten, als Bamberg im Süden viele Städte in Deutschland, in auch auf dem Land von einem zum andern denen engagierte Bürger*innen die Bedingungen anderen Dorf), für Radfahrer*innen verbessern konnten. Lokale mehr Stellplätze, Initiativen haben dafür „Radentscheide“ organi- siert – also Bürgerbegehren und Bürgerentscheide die Absenkung von Bordsteinkanten oder zum Beispiel für Mitnahmemöglichkeiten von Rädern in Bus sichere Radwege an großen Straßen, und Bahn. ein zusammenhängendes nhängendes Radwegenetz, vor ulwegen, allem auf Schulwegen, sichere Kreuzungen, ungen, die vor Abbiegeunfällen schützen, 29
SCHRITTE Mögliche Schritte, um Radfahren zur angenehmsten, schnellsten und sichersten Fortbewegungsart in Deiner Stadt/Kommune zu machen und somit die Mobilitäts- und Ressourcenwende voranzutreiben: 1. Sucht Euch Verbündete (zum Beispiel Verein, 3. Falls Eure Vorschläge nicht auf offene Ohren Religionsgemeinschaft, Fahrradläden, beste- stoßen, könnt Ihr mit Euren Verbündeten über- hende Initiativen) und analysiert, was Rad- legen, ein Bürgerbegehren vorzubereiten. fahren in Eurer Kommune attraktiver machen Holt Euch dabei rechtliche Hilfe und nehmt würde. Euch ausreichend Zeit zur Vorbereitung. 2. Bereitet ein Gespräch mit Eurem Stadt-/ 4. Vielleicht helfen Euch auch Prominente oder Gemeinderat vor. Sammelt dazu Vorschläge Unternehmen in der Region, Euer Vorhaben für eine bessere Radinfrastruktur und Argu- bei allen Bürger*innen bekannt zu machen. mente, warum diese aus verschiedenen Perspek tiven sinnvoll sind (Sicherheit, Klima- schutz, Gesundheit...). Ihr könnt auch über- Dabei kann Euch der reiche Erfahrungsschatz der legen, lokale Medien dazu einzuladen. ȗȋ '$(2 ) 1*)0)/ )Ȉ (www.klimawende.org) und des ȗ /52 -&.0) . (www.changing-cities.org/kampagnen/bun- desrad) helfen. POSITIVE BEISPIELE Nahverkehr neu denken: einfach einsteigen (Ebene: Kommune/Stadt, Bundesland) Ziel der Initiative „einfach-einsteigen“ ist der Aus- Das Finanzierungsmodell sieht eine Art zweck- bau und die umlagefinanzierte, solidarische Um- gebundene lokale Steuer (auf Länderebene) vor, setzung von öffentlichem Nahverkehr. Beim Ein- die zur Hälfte von den Bürger*innen und zur Hälfte steigen in Bus und Bahn zahlen die Bürger*innen durch die örtliche Wirtschaft (eine Art Gewerbe- kein Geld – sie fahren quasi umsonst. Oder zumin- steuer) finanziert wird. Dabei gibt es auch reduzier- dest ticketlos. te Tarife zum Beispiel für Student*innen oder Un- ternehmen, die keinen Gewinn machen. Bisherige Das schafft einen Anreiz, den öffentlichen Nahver- Zuschüsse zum Öffentlichen Nahverkehr sollen kehr stärker zu nutzen und so Ressourcen und in den Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes Klima durch weniger motorisierten Individual- fließen – mit Bürgerbeteiligungsprozessen zum verkehr zu schützen. Auch werden Menschen mit Beispiel zur Frage, welche Strecken besonders wenig finanziellen Mitteln so stärker integriert: gefragt wären: www.einsteigen.jetzt Der kostenlose öffentliche Nahverkehr erleichtert es ihnen, kulturelle/soziale Angebote im Stadt- gebiet, aber auch berufliche Chancen besser wahr- nehmen zu können. 30
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