TÄTIGKEITSBERICHT 2017 - ANDERS. ZUSAMMEN. ARBEITEN - Prout at Work

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TÄTIGKEITSBERICHT 2017 - ANDERS. ZUSAMMEN. ARBEITEN - Prout at Work
TÄTIGKEITSBERICHT
2017

ANDERS.
ZUSAMMEN.
ARBEITEN.
TÄTIGKEITSBERICHT 2017 - ANDERS. ZUSAMMEN. ARBEITEN - Prout at Work
2017
              bedeutet für unsere
                 Stiftung u. a.:

                        2
             neue Mitarbeiter_innen
                        0
Diskriminierung wurde leider noch nicht erreicht,
              es bleibt viel zu tun!
                        1
          DINNER BEYOND BUSINESS,
dieses Mal in Frankfurt mit Claudia Brind-Woody
                        7
            neue PROUTEMPLOYER
TÄTIGKEITSBERICHT 2017 - ANDERS. ZUSAMMEN. ARBEITEN - Prout at Work
4                                          P R O U T AT W O R K - TÄT I G K E I T S B E R I C H T 2 0 1 7                                                    V O R W O R T D E S V O R S TA N D S                                               5

                                                                                                            LIEBE LESER_INNEN,
                                                                                                            LIEBE UNTERSTÜTZER_INNEN,

                                                                                                            2017 war in vielerlei Hinsicht ein sehr gutes Jahr – auch für        Dennoch sollten wir uns nicht täuschen lassen – unsere
    INHALT                                                                                                  unsere Stiftung!                                                     Arbeit ist noch nicht zu Ende! Der weltweite Rechtsruck
                                                                                                                                                                                 bedroht eine gerechte und gleichberechtigte Welt ... und
    VORWORT DES VORSTANDS.. ............................................................ 5
                                                                                                            Unser Netzwerk ist erfreulicherweise um sieben neue Unter­           verdeutlicht, wie wichtig es ist, die erkämpften LGBT*IQ-
    IMPRESSUM........................................................................................ 6     nehmenspartner_innen auf nunmehr 28 PROUTEMPLOYER                    Rechte auszuweiten und immer wieder aufs Neue zu
    VORWORT DES STIFTUNGSBEIRATS. . ............................................... 7                       angewachsen. Erst Ihre Unterstützung, werte PROUT­                   verteidigen.
    INTERVIEW MIT BARBARA THIEL. . ...................................................... 8                 EMPLOYER, ermöglichte es uns, auch im Jahr 2017 viele
                                                                                                            Projekte und Veranstaltungen umzusetzen:                             Auf dem Weg zu einem diskriminierungsfreien Umfeld ohne
    DEEP DIVE: GENERATION XYZ......................................................... 10
                                                                                                                                                                                 Anfeindungen, Ausgrenzungen und Stigmatisierungen gibt
    SOCIAL-MEDIA-KAMPAGNE ZUM IDAHOT........................................ 12
                                                                                                            So konnten wir erneut am Arbeitgebertag in Berlin teilnehmen,        es noch viel zu tun. Mit unseren Projekten wollen wir auch
    HOW TO NR. 1: DIE EHE FÜR ALLE................................................... 14                    Präsenz auf diversen deutschen CSDs zeigen sowie mit                 weiterhin zum Umdenken anregen, um unserem Stiftungs­
    DIVERSITY-TAG 2017........................................................................ 16           unseren Deep Dives den Mehrwert unterschiedlicher Genera­            zweck – der Chancengleichheit von Menschen jeglicher
    DEEP DIVE: DAS KLEINE EINMALEINS                                                                        tionen beleuchten und damit gleichzeitig die Grundlagen für          sexueller Orientierung, geschlechtlicher Identität und jed­weden
    DER MEHRWERT VON LGBT*IQ DIVERSITY .................................... 18                              einen handfesten Business Case schaffen.                             geschlechtlichen Ausdrucks am Arbeitsplatz – schrittweise
    DIVERSITY MANAGEMENT IN DEUTSCHLAND................................. 20                                                                                                      näherzukommen.
    INTERVIEW MIT JENS SCHADENDORF............................................ 22                           Besonders stolz sind wir auf unser zweites DINNER BEYOND             Wir bleiben dran: optimistisch, konstruktiv, kreativ!
                                                                                                            BUSINESS, diesmal bei der Deutschen Bank in Frankfurt mit
    DRITTE OPTION – UND NUN?!.......................................................... 24
                                                                                                            der inspirierenden Keynote-Speakerin Claudia Brind-Woody.            ALBERT KEHRER & JEAN-LUC VEY
    DINNER BEYOND BUSINESS............................................................ 26
                                                                                                                                                                                 Vorstand
    PROUT AT WORK-KONFERENZ:
                                                                                                            Auch die mittlerweile fünfte Konferenz, 2017 mit den Key­note-
    FACHKRÄFTEANGEL - GLODFISHING IN YOUR OWN POOL . . .......... 30
                                                                                                            Speaker_innen Eva Kreienkamp (Mainzer Verkehrsgesellschaft
    GENDER_GAP, GENDER*STERNCHEN, BINNEN-I –
                                                                                                            mbH) und Michael Müller (Fraport AG) sowie acht spannenden
    WARUM VERWENDEN WIR GENDERINKLUSIVE SPRACHE?........... 32
                                                                                                            Breakout Sessions, ebenfalls in Frankfurt, möchten wir hier als
    INTERVIEW MIT METRO.................................................................... 34
                                                                                                            Beispiel hervorheben.
    OUT IM OFFICE?! – 2017................................................................... 36

    JAHRESÜBERBLICK 2017................................................................. 38                Noch einmal vielen Dank für Ihre Hilfe und Unterstützung,
    PROUTEMPLOYER 2017................................................................... 44                ohne die all diese vielfältigen Projekte nicht realisierbar

    ERLÄUTERUNGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS 2017. . ....................... 46
                                                                                                            gewesen wären!

    DIE STIFTER...................................................................................... 50
                                                                                                            Auch für die LGBT*IQ-Community war 2017 ein sehr positives
    VIELFALT FÖRDERN. . ........................................................................ 50
                                                                                                            Jahr, vor allem auf gesellschaftspolitischer Ebene. So wurden
    ORGANE............................................................................................ 51   mit der „Ehe für alle“ und der Eintragungsmöglichkeit der
                                                                                                            „Dritten Option“ gleich zwei bedeutsame Beschlüsse gefasst.
TÄTIGKEITSBERICHT 2017 - ANDERS. ZUSAMMEN. ARBEITEN - Prout at Work
6                                          P R O U T AT W O R K - TÄT I G K E I T S B E R I C H T 2 0 1 7                                                                                              V O R W O R T D E S S T I F T U N G S B E I R AT S                                      7

                                                                                                                                                             LIEBE UNTERSTÜTZER_INNEN,

                                                                                                                                                             2017 war ein Jahr der Freude und des Feierns: Am 30. Juni            Große Freude empfindet der gesamte Beirat weiterhin über
                                                                                                                                                             hat der Bundestag die „Ehe für alle“ beschlossen und am              die sehr produktive Zusammenarbeit mit unseren Vorständen
                                                                                                                                                             10. Oktober verkündete das Bundesverfassungsgericht die              Albert Kehrer und Dr. Jean-Luc Vey.
                                                                                                                                                             Möglichkeit des dritten Geschlechtseintrags.
                                                                                                                                                                                                                                  Für ihre stets inspirierenden Ideen zur Weiterentwicklung
                                                                                                                                                             Auch für unsere Stiftung gibt es Anlass zur Freude. Sieben           der Stiftung und ihrer Ziele sowie für ihren zuverlässigen
                                                                                                                                                             neu hinzugewonnene PROUTEMPLOYER unterstützen unsere                 Einsatz bei der Realisierung der zahlreichen PROUT AT
                                                                                                                                                             Arbeit seit 2017. Unsere Gruppe wächst, wir kommen unseren           WORK-­Projekte verdienen sie unseren besonderen Dank.
                                                                                                                                                             Zielen näher!
                                                                                                                                                                                                                                  Wir können alle mit Stolz auf unsere gemeinsame Arbeit
                                                                                                                                                             Großen Respekt möchte ich dem Stiftungsbeirat aussprechen,           zurückblicken und mit großer Vorfreude den kommenden
    IMPRESSUM
                                                                                                                                                             dessen Vorsitz ich im Jahr 2017 erstmals übernehmen durfte.          Aufgaben entgegensehen. Sie werden sicherlich genauso
    Herausgeber
    PROUT AT WORK-Foundation                                                                                                                                 Die Teamarbeit innerhalb dieses Gremiums ist bereichernd und         gewinnbringend und gelungen werden wie die bisherigen
    Dantestraße 29, 80367 München
    www.proutatwork.de                                                                                                                                       das hohe Engagement der Mitglieder sehr motivierend. Auch            Aktivitäten der Stiftung.
    V.i.S.d.P.: Albert Kehrer, Vorstandsvorsitzender (Adresse siehe oben)                                                                                    hier freuen wir uns über Verstärkung. Wir begrüßen unsere
    PROUT AT WORK ist eine eingetragene Wort-/Bildmarke (Deutsche Patent- und Markenamt Register-Nr.: 30 2014 055 885)
                                                                                                                                                             neuen Mitstreiter:                                                   UTA MENGES
    Mitgliedschaften                                                                                                                                                                                                              Vorsitzende des Stiftungsbeirats
                                                                                                                                                             > Silke Heinrichs, BASF SE
                                                                                                                                                             > Anna Olchváry, Sodexo Services GmbH
                                                                                                                                                             > Jörg Schmidt, AXA AG
    Konzept und Redaktion
    PROUT AT WORK-Foundation                                                                                                                                 > Heidi Stock, Robert Bosch GmbH
    Albert Kehrer – Diversity | Coaching | Networking
                                                                                                                                                             > Barbara Thiel, thyssenkrupp AG
    Gestaltung
    Liane Zimmermann // Complizenwerk, München

    Bildnachweis
                                                                                                                                                             Dr. Matthias Stupp, Rechtsanwalt, gratuliere ich ganz
    Titel/Seite 12/13: iStock, slava bowman/unsplash, Seite 5: Jan Patrick Markgraf, Seite 7: Uta Menges, Seite 8: thyssenkrupp, Seite 10/11: Burkhard       herzlich zu seiner Wahl zum Stellvertretenden Vorsitzenden
    Mannhöfer, Seite 14: Sweet Ice Cream Photography/Patrick Tomasso by unsplash, Seite 20: Alexander Merklein, Seite 22: Jens Schadendorf, Seite 26 – 28:
    Torsten v. Beyme Wittenbecher, Seite 34: Nikita Baranov & Maebh O‘Flaherty, Seite 38-43: Albert Kehrer, Jean-Luc Vey, Burkhard Mannhöfer, Tanja Alde     des Stiftungsbeirats. Außerdem möchte ich ihm im Namen
    Urheberrecht                                                                                                                                             des gesamten Beirats an dieser Stelle ein großes Dankeschön
    Der Tätigkeitsbericht 2017 der PROUT@WORK-Foundation, einschließlich aller seiner Bestandteile wie Texte und Bilder,
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                                                                                                                                                             Vor­sitzenden aussprechen.
TÄTIGKEITSBERICHT 2017 - ANDERS. ZUSAMMEN. ARBEITEN - Prout at Work
8         P R O U T AT W O R K - TÄT I G K E I T S B E R I C H T 2 0 1 7                                                          INTERVIEW MIT BARBARA THIEL                   I   THYSSENKRUPP AG                                     9

    INTERVIEW
    MIT BARBARA THIEL
                                                                                                                                                                     ”
                                                                                                                            Wir bei thyssenkrupp wollen für die Menschen einstehen,
                                                                                                                              die sich dazu bekennen möchten, lesbisch, schwul, bi-,
                                                                                                                       trans- oder intersexuell zu sein. Das ist in unserer Gesellschaft noch
                                                                                                                          keine Selbstverständlichkeit. Erst recht nicht am Arbeitsplatz.

                                                                                                                                                                     “
                                                                                                      _     Wie lange bist Du schon bei            _     Was macht thyssenkrupp, um            _    thyssenkrupp ist seit 2016
                                                                                                      thyssenkrupp und wie sah Dein Weg            seinen Mitarbeiter_innen diese Offen-       PROUTEMPLOYER. Welche Vorteile
                                                                                                      ins Diversity Management aus?                heit zu ermöglichen?                        haben sich für Euer Unternehmen
                                                                                                      Ich bin seit 10 Jahren bei thyssenkrupp      Es gehört zu unserer Unternehmens­          bereits aus der PROUTEMPLOYER-
                                                                                                      und habe als Juristin in der Rechts­         kultur, dass jeder Mensch wertschät­        Kooperation ergeben?
                                                                                                      abteilung angefangen. Als Deutschland        zend behandelt wird. Dafür steht unser      Für thyssenkrupp als ehemaligen Stahl­
                                                                                                      begann, über eine Frauenquote zu dis­        Vorstand ein, alle unsere Regeln im         konzern war es schon etwas Beson­
                                                                                                      kutieren, habe ich mich für das Frauen­      Unternehmen sind darauf abgestimmt.         deres, PROUTEMPLOYER zu werden
                                       BARBARA THIEL                                                  netzwerk bei thyssenkrupp engagiert          Außerdem haben wir ein sehr aktives         und sich so zu bezeichnen. Ich glaube,
                                       Head of Diversity & Inclusion – Global                         und bin darüber beim Thema Diversity         LGBTI-Netzwerk, das zum Austausch           wir haben in der LGBTI-Community
                                       thyssenkrupp AG                                                & Inclusion gelandet, was ja noch viel       einlädt. Die Kolleg_innen sind als Rol­     mit der Mitgliedschaft, aber auch mit

                                                                                                      _
                                                                                                      mehr ist als nur das Frauenthema.            lenmodelle im Unternehmen bekannt.          unserem Engagement für LGBTI insge­
                                       Barbara Thiel ist seit Januar 2014 Head of Diversity &                                                      Außerdem schulen wir für unsere             samt, tatsächlich eine neue Zielgruppe
                                                                                                            Bei thyssenkrupp gehört es zur

                                                                                                                                                   _                                           _
                                       Inclusion – Global mit direkter Berichtslinie in den                                                        Führungskräfte.                             erschlossen.
                                       Personalvorstand bei der thyssenkrupp AG. Die Juristin         Unternehmensphilosophie, dass Mit-
                                       arbeitete bis 2008 in unterschiedlichen Funktionen als         arbeiter_innen offen zu ihrer sexuellen            Welchen Ratschlag würdest                  Du wurdest neu in den Beirat
                                       Rechtsanwältin und Managerin Legal Affairs für mehrere         Orientierung u/o geschlechtlichen            Du einer Person geben, die sich bei         gewählt – wie möchtest Du den Beirat
                                       Unternehmen und Kanzleien, bevor sie 2008 als Corporate        Identität stehen können. Warum legt          thyssenkrupp outen möchte?                  bei seiner Arbeit unterstützen?
                                       Lawyer zur thyssenkrupp AG wechselte. In ihrer Funktion        Ihr so viel Wert darauf?                     Das ist jedes Mal eine sehr individuelle    Ich kann hoffentlich dazu beitragen,
                                       als Head of Diversity & Inclusion setzt sie sich seit Jahren   Wir bei thyssenkrupp wollen für die          Entscheidung. Ich würde empfehlen,          dass die vielfältigen Perspektiven und
                                       erfolgreich für Inklusion von LGBT*IQ bei thyssenkrupp ein     Menschen einstehen, die sich dazu            möglichst entspannt und natürlich           Themen eines internationalen Groß­
                                       und arbeitet damit ganz vorne in einem Großkonzern für         bekennen möchten, lesbisch, schwul,          damit umzugehen und gar nicht eine so       konzerns mit 160.000 Mitarbeitenden
                                       eine wertschätzende, diskriminierungsfreie und produktive      bi-, trans- oder intersexuell zu sein. Das   große Ankündigung daraus zu machen.         die Diskussion im Beirat bereichern,
                                       Unternehmenskultur.                                            ist in unserer Gesellschaft noch keine       Selbstsicherheit spielt eine große Rolle,   gehört und diskutiert werden. Insbe­
                                                                                                      Selbstverständlichkeit. Erst recht nicht     auch in einem offenen Umfeld wie bei        sondere hoffe ich aber, mit meinem
                                                                                                      am Arbeitsplatz. Bei uns geht das. So        thyssenkrupp. Deshalb bieten wir immer      Engagement zu helfen, dass es bald
                                                                                                      geben wir als Unternehmen ein gutes          ein offenes Ohr. Wir ermuntern unsere       PROUT­EMPLOYER (genauso wie Di­
                                                                                                      Beispiel. Das wirkt nach außen und           Leute, sich bei uns oder im Netzwerk        versity Management) nicht mehr geben
                                                                                                      nach innen. Es geht darum, dass wir          einen Rat zu holen. Damit haben wir         muss, weil in Unternehmen Vielfalt und
                                                                                                      uns füreinander interessieren, Erfahrun­     schon mehrfach gute Erfahrungen             Toleranz zählen und nicht, woher
                                                                                                      gen teilen. Wir glauben, dass unsere         gemacht.                                    jemand kommt oder wen jemand liebt.
                                                                                                      Leute motivierter arbeiten und bessere
                                                                                                      Ergebnisse bringen, wenn sie sein
                                                                                                      dürfen, wie sie sind. Davon profitieren
                                                                                                      die Menschen persönlich und dann
                                                                                                      auch thyssenkrupp als Arbeitgeber.
TÄTIGKEITSBERICHT 2017 - ANDERS. ZUSAMMEN. ARBEITEN - Prout at Work
10                            P R O U T AT W O R K - TÄT I G K E I T S B E R I C H T 2 0 1 7                                                          D E E P D I V E G E N E R AT I O N X Y Z …   I   D A R M S TA D T                                11

     DEEP DIVE:
     GENERATION XYZ …
     JUNGE LBGT*IQ-TALENTE
     IN DER ARBEITSWELT                                                                                              TOPIC 1:
                                                                                                                     YOUNG & LGBT*IQ –
                                                                                                                                                                 TOPIC 2:
                                                                                                                                                                 VON DEN ALTEN
                                                                                                                                                                                                               TOPIC 3:
                                                                                                                                                                                                               NETZWERKE
                                                                                                                     WAS BRAUCHE ICH AM                          LERNEN?                                       UND CO.
                                                                                                                     ARBEITSPLATZ?
                                                                                                                                                                 Im zweiten Block bot sich den                 Der dritte Block hatte als Schwerpunkt
                                                                                                                     Der erste Block wurde durch einen
                                                                                                                                                                 Teilnehmer_innen die Chance, drei             die Mitarbeiter_innennetzwerke und
                                                                                                                     Vortrag des Diversity-Experten Jürgen
                                                                                                                                                                 individuellen Coming-Out-Geschichten          wurde ebenfalls von Jürgen Driftmeier
                                                                                                                     Driftmeier (Deutsche Post DHL Group)
                                                                                                                                                                 zu folgen und ihre Fragen im Anschluss        eingeleitet. Dabei informierte der Experte
                                                                                                                     eingeleitet: Wie bei jeder Form der Ka­
                                                                                                                                                                 mit dem Plenum zu teilen. Angeregt            darüber, was unter einem Netzwerk
                                                                                                                     tegorisierung sei auch die Einteilung in
                                                                                                                                                                 durch die Tatsache, dass 50 % der             zu verstehen sei und wie dies bei der
                                                                                                                     Generationen erstmal differenziert zu
                                                                                                                                                                 LGBT*IQ-Berufseinsteiger_innen wieder         Deutschen Post DHL Group in Form
                                                                                                                     betrachten. Es solle stets im Hinterkopf
                                                                                                                                                                 „back in the closet“ gehen, bemühten          des LGBT*IQ-Netzwerkes Rainbownet
                                                                                                                     behalten werden, dass jede Person sich
                                                                                                                                                                 sich die Referent_innen, ihre eigenen         gelebt wird. Nach der Theorie widmeten
                                                                                                                     als Individuum entwickle und ihre ganz
                                                                                                                                                                 positiven und negativen Erfahrungen           sich die Teilnehmer_innen in einer
                                                                                                                     eigene Geschichte schreibe.
                                                                                                                                                                 an die Jüngeren weiterzugeben und             interaktiven Session folgenden Fragen:
                                                                                                                                                                 ihnen aufzuzeigen, worauf beim Coming         >>Was bedeutet Netzwerken für Sie?
     Die Diversity-Arbeit sieht sechs Dimensionen:                                                                   Die Workshop-Einteilung in Generationen
                                                                                                                                                                 Out am Arbeitsplatz zu achten sei.            >>Was können Sie selbst einem Netz­
     Alter, Geschlecht, Religion & Weltanschauung, Behinderung, ethnische Herkunft & Nationalität sowie              hatte zum Ziel, mögliche Gemeinsam­
                                                                                                                                                                 Die Referent_innen wollten aber auch            werk bieten?
     sexuelle Orientierung & geschlechtliche Identität – meist jede nur für sich betrachtet. Wie es sich für einen   keiten auf Basis geteilter Erlebnisse
                                                                                                                                                                 erfahren, was die Neueinsteiger_innen         >>Was sollten Netzwerke per se und
     PROUT AT WORKshop gehört, versuchte dieser Deep Dive, hier Verbindungen zu schaffen.                            herauszuarbeiten und zu einer_einem
                                                                                                                                                                 durch ein Coming Out befürchten bzw.            grundsätzlich bieten?
                                                                                                                     greifbaren „Stellvertreter_in“ zusam­
                                                                                                                                                                 welche Bedingungen am Arbeitsplatz sie        >>Wie würde eine Arbeitswelt ohne
     Am 27. April 2017 luden wir mit unserem PROUTEPMLOYER sodexo zu dem spannenden Deep Dive                        menzufassen. Im Anschluss an den
                                                                                                                                                                 dafür bräuchten.                                Netzwerke aussehen?
     „Generation XYZ … Junge LBGT*IQ-Talente in der Arbeitswelt“ nach Darmstadt ein. Ziel des Intensiv-Work­         theoretischen Input stellten sich die
     shops­war es, die Diversity-Dimensionen „Alter“ und „sexuelle Orientierung & geschlechtliche Identität“ zu      Teilnehmer_innen Fragen rund um die         Neben Axel Freund (Global Quality of
     durch­leuchten und miteinander in Zusammenhang zu bringen. Gut 50 Vertreter_innen der Generationen              Unterschiede und Gemeinsamkeiten            Life Ambassador sodexo) und Hanna
     X, Y und Z aus Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen erarbeiteten gemeinsam zukünftige            der drei Generationen XYZ und präsen­       Brungs (Receptionist sodexo) konnte
     Heraus­forderungen und mögliche Handlungsoptionen für die Arbeitswelt. In drei Topic-Blöcken konnten sich       tierten ihre Ergebnisse dann im Plenum:     als besonderer Gast Margot Slattery
     die Teilnehmer_innen drängenden Fragen widmen und sich durch Vorträge inhaltlich weiterbilden.                                                              (County CEO sodexo Irland) gewonnen
                                                                                                                     >>Inwiefern unterscheiden sich die jün­    werden, die über ihre Erfahrungen als
                                                                                                                      geren Generationen Y und Z in ihren        homosexuelle Führungskraft berichtete.
                                                                                                                      Bedürfnissen einerseits von der älte­                                                    Der arbeitsintensive,
                                                                                                                      ren Generation X – und andererseits                                                      konstruktive Tag endete mit
                                                                                                                      voneinander?                                                                             einem Sektempfang und einem
                                                                                                                     >>Inwiefern sind Werte wie Familie,                                                      gemeinsamen Abendessen.
                                                                                                                      Glaube, Gesellschaft und Arbeitsein­                                                     Wir danken unserem
                                                                                                                      stellung in den jüngeren Generationen                                                    PROUTEMPLOYER sodexo
                                                                                                                      Y und Z vertreten – und auf welche                                                       für die Unterstützung!
                                                                                                                      Weise leben sie diese im Vergleich zur
                                                                                                                      Generation X?
                                                                                                                     >>Was sollen Arbeitsgeber_innen der
                                                                                                                      Generation Y bieten?
                                                                                                                     >>Welche konkreten Erwartungen haben
                                                                                                                      die jüngeren Generationen an das
                                                                                                                      Arbeitsumfeld?
TÄTIGKEITSBERICHT 2017 - ANDERS. ZUSAMMEN. ARBEITEN - Prout at Work
12                                 P R O U T AT W O R K - TÄT I G K E I T S B E R I C H T 2 0 1 7                                                                           SOCIAL MEDIA           I   IDAHOT 2017                                               13

                                                 » EY unterstützt PROUT AT WORK, weil wir uns für eine                            » Discovery Networks & Eurosport         » Die Commerzbank unterstützt
                                                  offene Unternehmenskultur einsetzen und ein Arbeits-                              unterstützt PROUT AT WORK,                PROUT AT WORK, damit alle
                                                  umfeld schaffen wollen, welches offen ist für alle Men-                           weil wir Offenheit und Vielfalt am        Mitarbeiter unabhängig von
                                                  schen, unabhängig von deren sexueller Orientierung.«                              Arbeits­platz fördern und leben.          ihrer sexuellen Orientierung ein
» BASF unterstützt PROUT AT                                                                                                        Unsere inklusive Arbeitskultur ist        wertschätzendes Arbeits­umfeld
  WORK, weil die Wertschätzung                                                                                                      die Basis unseres Erfolges! «             vorfinden – und das in möglichst            » Wir unterstützen PROUT AT WORK,
 von Vielfalt weltweit Teil unseres                                                                                                                                           vielen Unternehmen! «                         weil wir als #PROUTEMPLOYER
                                                                                              » Accenture unterstützt PROUT AT                                                                                             stolz auf alle unsere Mitarbeiter
 Selbstverständnisses ist. Viel-
                                                                                               WORK, weil wir es wichtig finden,                                                                                            sind, unabhängig von der sexuellen
 falt bei BASF hat viele Dimen­
                                                                                               in einem Umfeld zu arbeiten, in                                                                                              Orientierung. thyssenkrupp steht für
 sionen – für uns gehört auch die
                                                                                               dem jeder Mensch so sein kann,                                                                                               Vielfalt und toleriert keine Diskrimi-
 sexuelle Orientierung dazu. Wir
                                                                                               wie er ist. «                                                                                                                nierung. #IDAHOT2017 «
 stellen uns gegen jede Art von
 Diskriminierung. «
                                                                                                                                   » Discovery Networks & TLC unterstützt PROUT AT WORK,
                                                                                                                                    weil wir Offenheit und Vielfalt am Arbeitsplatz fördern

                                          SOCIAL MEDIA                                                                              und leben. Unsere inklusive Arbeitskultur ist die Basis
                                                                                                                                    unseres Erfolges! «

                                           IDAHOT 2017
                                                                                                                                                                             » AXA unterstützt PROUT AT                  » Bosch unterstützt PROUT AT
                                               Zum Internationalen Tag
                                                                                                                                                                              WORK, weil wir die Vielfalt                   WORK, denn bei uns zählt die
                                       gegen Homo-, Bi-, Trans- und Interphobie                                                                                                                                             Wert­schätzung aller Mitarbeiter_­
                                                                                                                                                                              unserer Mitarbeiter*innen als
                                     (IDAHOT) am 15. Mai 2017 haben wir unsere                                                                                                                                              innen – unabhängig von ihrer
                                                                                                                                                                              entscheidenden Erfolgsfaktor
                                         PROUTEMPLOYER gebeten, in einem                                                                                                      sehen und ihre unterschiedlichen              sexuellen Orientierung oder ge-
                                    kurzen Statement darzustellen, warum ihnen                                                     » OSRAM unterstützt PROUT AT              Perspektiven als bereichernde                 schlechtlichen Identität. Durch
                                    LGBT*IQ Diversity wichtig ist und warum sie                                                     WORK, weil wir für eine wert-             und kreative Ressource bei                    unterschiedliche Perspektiven
                                                                                                                                    schätzende Unternehmenskultur                                                           entstehen innovative, techno-
                                         daher PROUT AT WORK unterstützen.                                                                                                    der Arbeit für unsere Kunden
                                                                                                                                    einstehen, die offen für alle             nutzen. «                                     logische Lösungen. Vielfalt ist
                                    Insgesamt haben sich 17 PROUTEMPLOYER
                                                                                                                                    Menschen ist, unabhängig von                                                            unser Vorteil. «
                                        an dieser Social-Media-Action beteiligt:
                                                                                                                                    deren sexueller Orientierung
                                                                                                                                    oder geschlechtlichen Identität. «

                                                                                              » IBM unterstützt PROUT AT
» Sodexo unterstützt PROUT AT
                                                                                                WORK, weil Offenheit, Toleranz                                                            » Deutsche Post DHL Group unterstützt PROUT AT WORK,
 WORK, weil Vielfalt unsere Re-
                                                                                                und eine wertschätzende Ar-                                                                   weil wir als global handelndes Unternehmen geschlechtliche und
 alität und Inklusion unsere Wahl
                                                                                                beitskultur die IBM seit Jahren                                                               sexuelle Vielfalt respektieren und akzeptieren. Als Gründungs­
 ist. Die Förderung von Chancen­
                                                                                                prägen und wir diesen Gedan-                                                                  mitglied der Stiftung setzen wir ein Zeichen für Vielfalt und gegen
 gleichheit ist fest in unserer DNA
                                                                                                ken gemeinsam mit der Stiftung                                                                Homophobie. «
 verankert ohne Platz für Homo-,                                                                                                   »Deutsche Bank unterstützt
                                                » Pfizer unterstützt PROUT AT                  weiter voranbringen wollen. «
 Bi- & Transphobie.«                                                                                                               PROUT AT WORK, weil uns das
                                                 WORK, weil wir für den offenen
                                                                                                                                   Engagement für LGBTI-Gleich­
                                                 Umgang mit unter­schiedlicher                                                                                                                                            » SAP unterstützt PROUT AT WORK,
                                                                                                                                   be­rechtigung wichtig ist. Es ist
                                                 sexueller Orientierung und                                                                                                                                                 weil eine inklusive Arbeitsatmo-
                                                                                                                                   seit Langem fest in unserer Bank
                                                 geschlechtliche Identität am                                                                                                                                               sphäre für SAP selbstverständlich
                                                                                                                                   verankert und wir sind überzeugt,
                                                 Arbeitsplatz stehen – damit sich                                                                                                                                           und für die Entstehung innovativer
                                                                                                                                   dass darin noch mehr Potenzial für
                                                 jeder mit seiner ganzen Persön­                                                                                                                                            Ideen notwendig ist. «
                                                                                                                                   weltweiten Geschäftserfolg liegt. «
                                                 lichkeit in den Beruf mit ein­
                                                 bringen kann.«
TÄTIGKEITSBERICHT 2017 - ANDERS. ZUSAMMEN. ARBEITEN - Prout at Work
14                              P R O U T AT W O R K TÄT I G K E I T S B E R I C H T 2 0 1 7                                              HOW TO NR. 1           I   EHE FÜR ALLE                                                      15

                                                                                               DIE HOW TO …-SERIE                                                    PERSONALSYSTEM UND BÜROKRATIE

     WAS GEHT DIE                                                                              Unsere Welt befindet sich im ständigen Wandel. Bedingt unter
                                                                                                                                                                     Welchen konkreten Umgang mit der neuen Rechtslage empfeh­
                                                                                                                                                                     len wir Unternehmen? Generell scheint es notwendig und ange­

     EHE FÜR ALLE                                                                              anderem durch rechtliche Beschlüsse werden Anpassungen
                                                                                               nötig, die gesellschaftlich wünschenswert sind, funktional
                                                                                                                                                                     bracht, interne Prozesse, verwendete Bild- und Schriftsprache
                                                                                                                                                                     mit einem wachen Auge zu überprüfen und gegebenenfalls zu
     ARBEITGEBER_INNEN AN?                                                                     aber zu Irritationen führen können. Gerade Unternehmen sind
                                                                                               bei Neuerungen nicht nur mit dem gesellschaftlichen Wunsch
                                                                                                                                                                     überarbeiten. In Bezug auf interne Prozesse und Abläufe weisen
                                                                                                                                                                     wir darauf hin, dass Änderungen im Personalsystem minimal
                                                                                               nach mehr Sichtbarkeit und Egalität für LGBT*IQ in ihren              ausfallen. Da Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaften

     HOW TO NR. 1
                                                                                               Reihen konfrontiert, sondern befinden sich gegebenenfalls             bereits steuer- und sozialversicherungsrechtlich gleichgestellt
                                                                                               auch in gesetzlichem Zugzwang.                                        sind, muss bei einer nachträglichen Umtragung in eine Ehe nur
                                                                                                                                                                     ein neuer Haken für den Familienstand gesetzt werden.
                                                                                               Die neue HOW TO …-Serie von PROUT AT WORK beleuchtet
                                                                                               solcherlei Veränderungen aus unternehmerischem Blickwinkel            Eine gründlichere Durchschau sollte bei bestehenden Formu­
                                                                                               und erarbeitet Handlungsoptionen, die Unternehmen rechtlich           laren vorgenommen werden. Da die eingetragene Lebenspart­
                                                                                               auf die sichere Seite stellen und gleichwohl die Bedürfnisse          nerschaft als Rechtssystem bestehen bleibt, sollte sie auch in
                                                                                               der Mitarbeiter_innen berücksichtigen. Die Umsetzung der Ehe          Formularen weiterhin vertreten sein. Ist konkret von der Ehe die
                                                                                               für alle in Unternehmen ist der Auftakt dieser erweiterten Auf­       Rede, muss die Ansprache der Adressat_innen in Zukunft un­
                                                                                               klärungsarbeit ... und geht Hand in Hand mit unserer Rolle als        abhängig von der sexuellen Orientierung und/oder geschlecht­
                                                                                               Denkfabrik, Ratgeber und Gestalter für Arbeitgeber_innen und          lichen Identität gestaltet sein.
                                                                                               Arbeitnehmer_innen.
                                                                                                                                                                     ZWISCHENMENSCHLICHE KOMMUNIKATION –
                                                                                                                                                                     MINENFELD ODER BLUMENWIESE
                                                                                                                                                                     Vergessen Sie nicht – auch Bilder sprechen! Progressive
                                                                                               HOW TO NR. 1 – EIN KURZER ABRISS                                      Inklusion sollte immer in allen Ausdrucksformen unserer
                                                                                                                                                                     Kommunikation erfolgen. Entsprechend sollte das generische
                                                                                               Mit HOW TO Nr. 1 haben wir einen praktischen Leitfaden                Maskulinum durch ein genderinklusives Schriftbild ersetzt
                                                                                               erstellt: Welche Veränderungen sind mit der Gleichstellung der        werden – unsere Empfehlung ist dabei der Gender_Gap (mehr
                                                                                               Ehe im unternehmerischen Alltag zu erwarten und wie gehe              dazu im Artikel „Gender_Gap, Gender*Sternchen, Binnen-I –
                                                                                               ich damit um?                                                         Warum verwenden wir genderinklusive Sprache?“). Achten Sie
     V O N LE I LA A L Z I HA I R I                                                                                                                                  aber auch darauf, welche Bildsprache verwendet wird, sodass
                                                                                               Der Guide startet mit einer kurzen Einführung über die Um­            sich die neue Vielfalt auch optisch wiederfindet. Lichten Sie
     Zum 1. Oktober 2017 trat in Deutschland das „Gesetz zur Einführung des                    stellungen, die das Gesetz allgemein mit sich bringt. So betont       beispielsweise im Rahmen familienfreundlicher Angebote nicht
                                                                                               es in erster Linie, dass Menschen nun unabhängig von ihrer            nur heterosexuelle Familien ab – die Mischung macht‘s!
     Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts“ – kurz, die
                                                                                               sexuellen Orientierung und/oder geschlechtlichen Identität die
     Ehe für alle – in Kraft. Gemeinsam mit dem Urteil des Bundesverfassungs-                  Ehe eingehen können – mit allen steuerrechtlichen Änderungen,         Viele Unternehmen pflegen frisch vermählten Paaren und
     gerichts zur Einführung einer Dritten Option bei der Geschlechtseintra-                   die eine Eheschließung mit sich bringt. Die steuerrechtliche          jungen Familien schriftlich oder durch die_den Vorgesetzte_n
                                                                                               Gleichstellung war mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft          persönlich zu ihrer Eheschließung oder dem Familienzuwachs
     gung trägt dieser Schritt die tatsächliche rechtliche und hoffentlich auch
                                                                                               jedoch schon gegeben und ist somit keine Neuerung. Eine               zu gratulieren. Dabei kann aus guter Absicht schnell ein
     zunehmend gesellschaftliche Gleichstellung von LGBT*IQ weit nach vorne.                   eingetragene Lebenspartnerschaft kann in Zukunft entweder             Fettnäpfchen werden. Mit leichten Tweaks in der schriftlichen
     Mit der rechtlichen Entscheidung kam die Freude, ... aber auch Verun­                     als solche weitergeführt oder rückwirkend zum Datum der               und persönlichen Kommunikation sowie einer Reflexion über
     sicherung, auch in Unternehmen: Was sind die Konsequenzen? Welchen                        Eintragung in eine Ehe umgeschrieben werden. Eine Neu­                die vielfältigen Lebensformen von Ehen und Familien ist dem
                                                                                               schließung eingetragener Lebenspartnerschaften ist mit dem            jedoch gut beizukommen. Wie Sie dies erreichen, können Sie
     Einfluss hat das Urteil auf unternehmerische Prozesse? Oder bleibt gar
                                                                                               1. Oktober 2017 nicht mehr möglich – diese wird somit durch           in aller Ausführlichkeit mit möglichen Beispielen in unserem
     alles beim Alten?                                                                         die Ehe abgelöst.                                                     HOW TO Nr. 1 nachlesen.

                                                                                               Als starke Neuerung betont das Gesetz die Gleichstellung der
     Die PROUT AT WORK-Foundation hat sich dieser und weiterer Fragen an-
                                                                                               Rechte nicht heterosexueller Ehen in Bezug auf die Adoption                                Der HOW TO Nr. 1 Die Ehe für alle und
     genommen und den ersten Band ihrer neuen Informationsreihe HOW TO …                       von Kindern. Somit ist es Paaren nun unabhängig von ihrer                                  ihre Umsetzung in Unternehmen steht als
     veröffentlicht.                                                                           sexuellen Orientierung und/oder geschlechtlichen Identität                                 kostenloser Download auf unserer Home-
                                                                                               möglich, Kinder zu adoptieren.                                                             page www.proutatwork.de zur Verfügung.
TÄTIGKEITSBERICHT 2017 - ANDERS. ZUSAMMEN. ARBEITEN - Prout at Work
16                    P R O U T AT W O R K - TÄT I G K E I T S B E R I C H T 2 0 1 7                                                                                                                                                                                                                          D I V E R S I T Y- T A G 2 0 1 7                                                                                                                                             17

                                                                                                                                                                                                                                              Das G steht für gay und wird auf
                                                                                                                                                                                                                                              Deutsch als Synonym für schwul
     DIVERSITY-TAG                                                                                                                                                                                                                            verwendet. Als schwul wird die

     2017                                                                                                                                                                                                                                     gleichgeschlecht­liche Liebe und/oder
                                                                                                                                                                                                                                              Sexualität zwischen Männern bezeich­
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Das B steht für bisexuell. Als bisexuell (nach
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   der lat. Vorsilbe bi- für zwei) werden Menschen

     #ERKLÄRUNGSVERSUCHE                                                                                                                                                                                                                      net. Einfach gesagt: Mann liebt Mann.
                                                                                                                                                                                                                                              Nicht nur Frauen gelten als schwach,
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   bezeichnet, die sich zu beiden Geschlechtern
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   hingezogen fühlen.
                                                                                                                                                                                                                                              auch schwule Männer tragen u. a.                                                                                                     Bisexuelle sind häufig eine unsichtbare Gruppe,
     Wie viele Unternehmen hat sich                                                                                                                                                                                                           dieses Label – ein Resultat dieser Zu­                                                                                               vielleicht auch deswegen, weil sie für Menschen
     auch PROUT AT WORK am                                                                                                                                                                                                                    schreibung ist, dass ihnen die Führungs­                                                                                             mit Schubladendenken nicht eindeutig einzuord­
                                                                                                                                                                                                                                              eigenschaften abgesprochen werden.                                                                                                   nen sind – nicht nur am Arbeitsplatz oft Grund
     Deutschen Diversity-Tag 2017
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   genug für Ausgrenzung und Schlimmeres.
     beteiligt. Über eine Woche lang
     haben wir unter dem Hashtag

                                                                                                                                                                                                                   LGBT*IQ – wie bitte?
     #ERKLÄRUNGSVERSUCHE
     unseren Followern auf Facebook
     unsere Definition von LGBT*IQ                                                                                         Das L steht für lesbisch. Als
     verständlich gemacht und zur                                                                                          lesbisch wird die gleichge­
                                                                                                                           schlechtliche Liebe und/oder
     Diskussion über die Begriffs­
                                                                                                                           Sexualität zwischen Frauen                                                                                                                                                                                                                                                                  Das Q steht für queer (sprich:
     erklärungen eingeladen:                                                                                               bezeichnet. Einfach gesagt:                                        Das T* steht für Trans*. Trans* ist ein                                                                                                                                                                                  kwier). Als queer bezeichnen sich
                                                                                                                           Frau liebt Frau.                                                   Sammelbegriff, der das Sternchen                                                                                                                                                                                         Menschen, die ihre Geschlechts­
                                                                                                                           Die Diskriminierung lesbi­                                         als Platzhalter für verschiedene                                                                                                                                                                                         identität nicht den Geschlechtern
                                                                                                                           scher Frauen ist auch am                                           mögliche Endungen einsetzt (bspw.                                                                       Das I steht für Inter. Inter ist ein                                                                             Mann/Frau zuordnen können und/
                                                                                                                           Arbeitsplatz vorhanden:                                            trans­gender, transident, transsexu­                                                                    Sammelbegriff, der mehrere Selbst­                                                                               oder wollen und die damit das
                                                                                                                           Einerseits werden sie wegen                                        ell). Diese Variable soll auf die Vielfalt                                                              bezeichnungen umfassen kann                                                                                      Zwei-Geschlechter-System infrage
                                                                                                                           ihres Geschlechts in die                                           trans­geschlecht­licher und anderer                                                                     (bspw. intergeschlechtlich, inter­                                                                               stellen.
                                                                                                                           Schublade der schwachen                                            nicht der vermeintlichen Norm ent­                                                                      sexuell, zwischengeschlechtlich).                                                                                Auch queere Menschen passen
                                                                                                                           Frau gesteckt, andererseits                                        sprechender Geschlechtsidentitäten,                                                                     Inter-Menschen weisen körperliche                                                                                nicht in die Schubladen Männlein/
                                                                                                                           wird ihnen die Weiblichkeit                                        Lebensentwürfe, Selbstbezeich­                                                                          Geschlechtsmerkmale auf, die sich                                                                                Weiblein. Auch im Berufsleben
                                                                                                                           abgesprochen.                                                      nungen und -wahrnehmungen                                                                               nicht eindeutig in die Geschlechter­                                                                             leider immer noch ein Grund für
                                                                                                                                                                                              hinweisen.                                                                                              kategorien Mann und Frau einord­                                                                                 Distanzierung und Diskriminierung.
                                                                                                                                                                                              Auch im Arbeitskontext stoßen                                                                           nen lassen.
                                                                                                                                                                                              Trans*Menschen bei ihrem Gegen­                                                                         Auch Inter-Menschen können nicht
                                                                                                                                                                                              über häufig an die Grenzen der Vor­                                                                     in die vorhandenen Schub­laden
                                                                                                                                                                                              stellungskraft bezüglich Lebensarten                                                                    Mann/Frau sortiert werden, was oft
                                                                                                                                                                                              neben der sogenannten Norm. Im                                                                          Verständnislosigkeit und Verwir­
                                                                                                                                                                                              freundlichsten Fall Unverständnis, im                                                                   rung hervorruft. Oder kurz gesagt:
                                                                                                                                                                                              bornier­testen Fall pure Ablehnung                                                                      „Was der Bauer nicht kennt, frisst
                                                                                                                                                                                              des Unbekannten ... fast immer Aus­                                                                     er nicht.“
                                                                                                                                                                                              löser für eine Sonderbehandlung der
                                                                                                                                                                                              wenig positiven Art.

                                                       LGBT*IQ – wie bitte?                                                LGBT*IQ – wie bitte?                                                 LGBT*IQ – wie bitte?                                               LGBT*IQ – wie bitte?                                                             LGBT*IQ – wie bitte?                                                     LGBT*IQ – wie bitte?
                                                       Das L steht für lesbisch. Als lesbisch wird die gleichgeschlecht­   Das G steht für gay und wird auf Deutsch als Synonym für             Das B steht für bisexuell. Als bisexuell (nach der lat. Vorsilbe   Das T* steht für Trans*. Trans* ist ein Sammelbegriff, der das Sternchen         Das I steht für Inter. Inter ist ein Sammelbegriff, der mehrere          Das Q steht für queer (sprich: kwier). Als queer bezeichnen
                                                                                                                                                                                                                                                                   als Platzhalter für verschiedene mögliche Endungen einsetzt (bspw trans­
                                                       liche Liebe und/oder Sexualität zwischen Frauen bezeichnet.         schwul verwendet. Als schwul wird die gleichgeschlecht­              bi­ für zwei) werden Menschen bezeichnet, die sich zu beiden                                                                                        Selbstbezeichnungen umfassen kann (bspw. intergeschlechtlich,            sich Menschen, die ihre Geschlechtsidentität nicht den
                                                                                                                                                                                                                                                                   gender, transident, transsexuell). Diese Variable soll auf die Vielfalt trans­
                                                       Einfach gesagt: Frau liebt Frau.                                    liche Liebe und/oder Sexualität zwischen Männern bezeichnet.         Geschlechtern hingezogen fühlen.                                                                                                                    intersexuell, zwischengeschlechtlich) Inter Menschen weisen
                                                                                                                                                                                                                                                                   geschlechtlicher und anderer nicht der vermeintlichen Norm entsprechender                                                                                 Geschlechtern Mann/Frau zuordnen können und/oder wollen
                                                                                                                           Einfach gesagt: Mann liebt Mann.                                                                                                        Geschlechtsidentitäten, Lebensentwürfe, Selbstbezeichnungen und ­wahr­           körperliche Geschlechtsmerkmale auf, die sich nicht eindeutig in
                                                       Die Diskriminierung lesbischer Frauen ist auch am Arbeitsplatz                                                                           Bisexuelle sind häufig eine unsichtbare Gruppe, vielleicht         nehmungen hinweisen.                                                             die Geschlechterkategorien Mann und Frau einordnen lassen.               und die damit das Zwei­Geschlechter­System infrage stellen.
                                                       vorhanden: Einerseits werden sie wegen ihres Geschlechts in         Nicht nur Frauen gelten als schwach, auch schwule Männer             auch deswegen, weil sie für Menschen mit Schubladendenken          Auch im Arbeitskontext stoßen Trans*Menschen bei ihrem Gegenüber                                                                                          Auch queere Menschen passen nicht in die Schubladen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Auch Inter Menschen können nicht in die vorhandenen Schubladen
                                                       die Schublade der schwachen Frau gesteckt, andererseits wird        tragen u.a. dieses Label – ein Resultat dieser Zuschreibung ist,     nicht eindeutig einzuordnen sind – nicht nur am Arbeitsplatz       häufig an die Grenzen der Vorstellungskraft bezüglich Lebensarten neben          Mann/Frau sortiert werden, was oft Verständnislosigkeit und Ver­         Männlein/Weiblein. Auch im Berufsleben leider immer noch
                                                       ihnen die Weiblichkeit abgesprochen.                                dass ihnen die Führungseigenschaften abgesprochen werden.            oft Grund genug für Ausgrenzung und Schlimmeres.                   der sogenannten Norm. Im freundlichsten Fall Unverständnis, im bornier­
                                                                                                                                                                                                                                                                   testen Fall pure Ablehnung des Unbekannten ... fast immer Auslöser für
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    wirrung hervorruft. Oder kurz gesagt: „Was der Bauer nicht kennt,        ein Grund für Distanzierung und Diskriminierung.
                                                                                                                                                                                                                                                                   eine Sonderbehandlung der wenig positiven Art.                                   frisst er nicht.“

                                                       #ERKLÄRUNGSVERSUCH                                                  #ERKLÄRUNGSVERSUCH                                                   #ERKLÄRUNGSVERSUCH                                                 #ERKLÄRUNGSVERSUCH                                                               #ERKLÄRUNGSVERSUCH                                                      #ERKLÄRUNGSVERSUCH
TÄTIGKEITSBERICHT 2017 - ANDERS. ZUSAMMEN. ARBEITEN - Prout at Work
18                           P R O U T AT W O R K - TÄT I G K E I T S B E R I C H T 2 0 1 7                                             DEEP DIVE     I   DAS KLEINE EINMALEINS                                                    19

                                                                                                                                            Damit auch LGBT*IQ-Mitarbeiter_innen­       Branchenunterschieden. Pro Station
                                                                                              WE HAVE A DREAM
     DEEP DIVE:                                                                               Der aktive Einsatz für LGBT*IQ-Chancen­
                                                                                                                                            netzwerke ihren Arbeitgeber_innen den
                                                                                                                                            Mehrwert von LGBT*IQ-Diversity nahe­
                                                                                                                                                                                        waren 30 Minuten Zeit, wobei jeweils
                                                                                                                                                                                        auf den Erkenntnissen der Vorgänger_
     DAS KLEINE EINMALEINS                                                                    gleichheit im Allgemeinen und in der
                                                                                              Arbeitswelt im Speziellen ist häufig an­
                                                                                                                                            bringen können, brauchen sie z. B. einen
                                                                                                                                            durch Studien untermauerten Business
                                                                                                                                                                                        innengruppe aufgebaut wurde.

     DER MEHRWERT                                                                             getrieben durch die feste Überzeugung         Case, der die positiven Auswirkungen        Im Anschluss an die Gruppenarbeit

     VON LGBT*IQ-DIVERSITY                                                                    und den inhärenten Wunsch, dass jeder
                                                                                              Person – unabhängig von ihrer sexuellen
                                                                                                                                            einer Investition in LGBT*IQ-Diversity
                                                                                                                                            klar herausarbeitet.
                                                                                                                                                                                        wurden die Erkenntnisse im Plenum ge­
                                                                                                                                                                                        sammelt und kritisch beleuchtet. Unter
                                                                                              Orientierung, geschlechtlichen Identität,                                                 dem Motto “Diversity isn’t just fair, it
     21. JULI 2017, BERLIN                                                                    ihrem Ausdruck oder ihren Merkmalen –                                                     makes business sense” setzten sich
                                                                                              die gleichen Rechte und Möglichkeiten                                                     die Teilnehmer_innen nun gemeinsam
                                                                                              offenstehen sollten. Ob gemeinnützige_r       DIVE DEEP TO MAKE IT                        damit auseinander, wie Kritiker_innen
                                                                                              Aktivist_in, Diversity-Manager_in oder        COME TRUE ...                               strategisch und argumentativ überzeugt
                                                                                              LGBT*IQ-Netzwerker_in – allen ist diese                                                   werden könnten.
                                                                                              Grundhaltung gemein.                          Mit dem Ziel eines stichhaltigen Busi­
                                                                                                                                            ness Case luden wir am 21. Juli 2017        Zusammenfassend lässt sich aus
                                                                                                                                            mit unserem PROUTEMPLOYER EY                den Erkenntnissen des Deep Dive
                                                                                                                                            zum zweiten Deep Dive dieses Jahres         ableiten, dass die Unterstützung von
                                                                                              REALITY BITES                                 nach Berlin. Unter dem Titel „Das           LGBT*IQ-Diversity im Unternehmen
                                                                                                                                            kleine Einmaleins – der Mehrwert von        einen positiven Effekt auf das Arbeits­
                                                                                              Es scheint allgemeiner Konsens, dass          LGBT*IQ-Diversity“ erarbeitete PROUT        klima hat und einen offeneren Umgang
                                                                                              die Möglichkeit, offen und angstfrei          AT WORK mit gut 25 Teilnehmer_innen         mit der sexuellen Orientierung und
                                                                                              zur eigenen sexuellen Orientierung zu         aus verschiedenen Branchen Argu­            geschlechtlichen Identität fördert. Das
                                                                                              stehen und die eigene geschlechtliche         mente für ein LGBT*IQ-freundliches          wirkt sich ebenfalls positiv auf die Mitar­
                                                                                              Identität zu leben, sich auch positiv auf     Unternehmen.                                beiter_innen aus: Sie sind dadurch zu­
                                                                                              die berufliche Performance auswirkt                                                       friedener und können sich eher mit dem
                                                                                              und die Loyalität gegenüber dem Unter­        Der Workshop war nach dem Konzept           Unternehmen identifizieren. Dies steht
                                                                                              nehmen stärkt. Viele Unternehmen              eines World Cafés organisiert: viele neue   wiederum im direkten Zusammenhang
                                                                                              er­kennen mittlerweile an, dass die           Erkenntnisse und Handlungsansätze           mit der Leistungsfähigkeit der einzelnen
                                                                                              sexuelle Orientierung und geschlecht­         binnen kurzer Zeit durch angeleiteten,      Mitarbeiter_innen sowie des gesamten
                                                                                              liche Identität ihrer Mitarbeiter_innen       intensiven Austausch und das stete          Unternehmens. Selbstverständlich muss
                                                                                              über die reine Privatsache hinaus             Durchmischen der Teilnehmer_innen.          auch darauf geachtet werden, dass
                                                                                              durchaus eine unternehmerische                                                            alle Argumente eine Seite dafür und
                                                                                              Relevanz haben. Dennoch erfahren              Im Rahmen des Deep Dive gab es vier         eine Seite dagegen haben, da nicht alle
                                                                                              LGBT*IQ-Mitarbeiter_ innennetzwerke           Tische, ist gleich Gesprächsrunden,         innerhalb wie außerhalb des Unterneh­
                                                                                              von ihren Arbeitgeber_ innen oft keine        jeweils moderiert von einer_einem           mens die Thematik voll unterstützen.
                                                                                              oder zu geringe Unterstützung. Um dies        EY-Strategieberater_in und/oder einem
                                                                                              zu ändern, helfen nur schlagkräftige          PROUT AT WORK-Teammitglied.
                                                                                              Argumente, denn Investitionsentschei­         Um neue Perspektiven und Impulse
                                                                                              dungen werden nicht auf moralischer           zu gewinnen, stellten wir nicht nur         Es ist geplant, die Ergebnisse dieses
                                                                                              Basis, sondern aus strategischem und/         die Frage nach dem Mehrwehrt von            Workshops in einer Broschüre zusam-
                                                                                              oder betriebswirtschaftlichem Interesse       LGBT*IQ-Diversity für Unternehmen,          menzufassen und zu veröffentlichen.
                                                                                              gefällt.                                      sondern beleuchteten auch Gegen­
                                                                                                                                            argumente und die Bedeutung von
20                     P R O U T AT W O R K - TÄT I G K E I T S B E R I C H T 2 0 1 7                                      DIVERSITY MANAGEMENT IN DEUTSCHLAND                                                          21

     DIVERSITY MANAGEMENT                                                               Der Bereich sexuelle Identität ist in der Wissenschaft unter
     IN DEUTSCHLAND                                                                     den Diversity-Dimensionen eher wenig erforscht. Hier gibt es
                                                                                        grundsätzliche Untersuchungen zu den drei Themenfeldern
                                                                                                                                                          geregelt sind, angeboten werden. Außerdem finden sich in
                                                                                                                                                          Unternehmen relativ häufig LSBTI-Netzwerke. Diese können
                                                                                                                                                          in der Organisation abhängig von ihrer genauen Ausgestaltung
                                                                                        1. Umgang mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz,           jedoch zu einer Art Paralleluniversum für LSBTIs mit geringen
     EINE EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG
                                                                                        2. Arbeitsklima für LSBTs im Unternehmen sowie                    Auswirkungen auf die Verbesserung von Karrierechancen
     VON MASSNAHMEN FÜR GESCHLECHT UND SEXUELLE IDENTITÄT                               3. organisationaler Umgang mit nicht-heterosexuellen             führen. Eine Ausgestaltung, die nicht-heterosexuelle Mit­
                                                                                           Arbeitnehmern.                                                 arbeiter ebenso einbindet, hätte ein größeres Potenzial für
     ALEXANDER MERKLEIN                                                                                                                                   eine tatsächliche Verbesserung der Unternehmenskultur und
                                                                                        Wissenschaftlich wurden LSBTI-Maßnahmen bislang kaum              Karrierechancen von LSBTIs. Als letzte Gruppe sind Maßnah­
                                                                                        untersucht. Es liegen hierzu lediglich Aussagen zum Angebot       men aus dem Bereich Förderangebote im Berufsleben wie
                                                                                        einzelner Maßnahmen und zu ihren möglichen Effekten vor.          Trainings oder Mentoring-Programme für LSBTIs zu nennen.
                                                                                                                                                          Diese erhielten im Durchschnitt eine relativ hohe Bewertung
                                                                                        Vor diesem Hintergrund wurde in der Arbeit von Alexander          bei der Verbesserung von Karrierechancen, werden aber von
                                                                                        Merklein eine Umfrage mit Unterstützung der PROUT AT              den befragten Unternehmen eher selten angeboten. Ähnlich
                                                                                        WORK-Foundation zu Diversity-Management-Aktivitäten –             wie bei Gender-Maßnahmen setzen große Unternehmen sowie
                                                                                        also zu Instrumenten und Maßnahmen und ihren Implikationen        Unternehmen aus wissensintensiven Dienstleistungen mit er­
                                                                                        auf Organisations- und Mitarbeiterebene in den beiden Diver­      höhtem Diversity-Bedarf bewusst Signale, um zu zeigen, dass
                                                                                        sity-Dimensionen Geschlecht und sexuelle Identität – unter        Vielfalt erwünscht und benötigt wird. Auch ein Zusammen­
                                                                                        Mitarbeitern von in Deutschland tätigen Unternehmen erstellt.     hang der Diversity-Management-Aktivitäten mit Implikationen
                                                                                        Auf Grundlage von knapp 1.400 vollständigen Datensätzen           auf Organisations- und Mitarbeiterebene konnte hergestellt
                                                                                        analysierte die Arbeit im Rahmen von multivariaten Regressi­      werden. So haben verschiedene Maßnahmengruppen einen
                                                                                        onsanalysen Forschungshypothesen zu Angebot, Inanspruch­          positiven Einfluss auf die Zufriedenheit mit dem Diversity Ma­
                                                                                        nahme, Wichtigkeit, Einflüssen auf die Mitarbeiterzufriedenheit   nagement, auf die Bewertung der gelebten Vielfalt und sogar
                                                                                        und Karrierechancen sowie Implikationen wie z. B. Bewertung       auf die Diskriminierungserfahrung aufgrund der sexuellen
                                                                                        der gelebten Vielfalt oder Diskriminierungserfahrungen.           Identität und dem Outing am Arbeitsplatz. Diese Erkenntnisse
                                                                                                                                                          sind Anzeichen dafür, dass Diversity-Management-Aktivitäten
                                                                                        Die Ergebnisse der Umfrage zeigen für den Einsatz von Instru­     abseits einer reinen Verbesserung der finanziellen Kennzahlen
                                                                                        menten und das Angebot von Gender- und LSBTI-Maßnah­              zu konkreten Effekten führen können. Organisationen, die in
                                                                                        men, dass es einen deutlichen Größen- und Branchen­effekt         ihre Diversity-Aktivitäten investieren, scheinen zumindest bei
                                                                                        bei einer Mehrheit der Maßnahmen gibt. Je mehr Mitarbeiter        einzelnen Maßnahmen u. a. durch eine höhere Zufriedenheit
                                                                                        ein Unternehmen hat, desto eher steigen der Einsatz und das       von der Zielgruppe profitieren zu können.
     Die Bedeutung des Themas Diversity Management hat in den letzten Jahren            Angebot von Diversity-Instrumenten und -Maßnahmen. Zudem
                                                                                        haben Branchen mit einem höheren Diversity-­Bedarf, wie           Zukünftige Untersuchungen in diesem Bereich sollten aufbau­
     sowohl in der Unternehmens­praxis als auch in der Wissenschaft zugenommen.
                                                                                        z. B. wissens­intensive Dienstleistungen, ein deutlich besseres   end auf dieser Arbeit die Ausgestaltung und Bedingungen der
     Während für Organisationen zunächst hauptsächlich moralisch-ethische Begrün-       Angebot als produktionsintensive Branchen. Diese Branchen         Maßnahmen genauer berücksichtigen, um von ihrem Design
     dungszusammenhänge für Vielfalt vorherrschend waren, werden zunehmend              nutzen Maßnahmen daher auch als Signale, um Informations­         Rückschlüsse auf Effekte ziehen zu können. In diesem Zusam­
     rechtliche und wirtschaftliche Beweggründe ausschlaggebend. Das Interesse          asymmetrien zwischen der Mitarbeiterschaft und der Organi­        menhang wäre auch wissenswert, inwieweit notwendige und
                                                                                        sationsleitung bezüglich der Bestrebungen nach mehr Vielfalt      hinreichende Bedingungen für den Erfolg einer Maßnahme
     der Organisationen liegt im Bereich Diversity eher auf der Dimension Gender und
                                                                                        im Unternehmen abzubauen. Dahingegen ist der öffentliche          relevant sind. Auch könnten zukünftige Untersuchungen auf
     deutlich weniger auf der Dimension sexuelle Identität.                             Sektor über fast alle Instrumente und Maßnahmen hinweg            die Gründe der Inanspruchnahme und bewerteten Effekte
                                                                                        deutlich weniger aktiv als wissensintensive Dienstleistungen,     vertiefend eingehen, um ein noch besseres Verständnis der
     Die bisherigen renommierten Publikationen stammen im Wesentlichen aus den          jedoch aktiver als produktionsintensive Branchen.                 verschiedenen Mitarbeitergruppen zu erhalten.

     USA und anderen angelsächsischen Ländern. Untersuchungen für Deutschland
                                                                                        Hinsichtlich der Maßnahmenebene für LSBTI-Mitarbeiter in
     sind trotz der Größe der Volkswirtschaft sowie spezifischer historischer und       Deutschland wurde deutlich, dass vor allem Maßnahmen aus
     kultureller Rahmenbedingungen stark limitiert.                                     dem Bereich Vor- und Versorgeangebote (z. B. Alters- und                               PROUT AT WORK hat den Druck der
                                                                                        Gesundheitsvorsorge, Elternzeit), die größtenteils gesetzlich                          Studie finanziell gefördert.
22                              P R O U T AT W O R K - TÄT I G K E I T S B E R I C H T 2 0 1 7                                                                           INTERVIEW MIT JENS SCHADENDORF                                                             23

                                                                                                                                                                                               ”
                                                                                                                                                               Wichtig für den nächsten Entwicklungssprung
                                                                                                                                                               wäre u. a., mehr aktive geoutete „Role Models“
     INTERVIEW                                                                                                                                                          auch an der Spitze zu haben.

     JENS SCHADENDORF
                                                                                   _     Herr Schadendorf, mit Ihrem         vor Defizite gibt. Aber, wie heißt es so
                                                                                                                                                                                               “
                                                                                                                                                                            ich mich auch gerne begeistern. Und          _     Wie sehen Sie die Rolle von Or-
                                                                                   Buch „Der Regenbogen-Faktor“              schön: Auch Rom wurde nicht an einem           ich finde die Idee, für die die PROUT AT     ganisationen wie PROUT AT WORK?
                                                                                   haben Sie vor ein paar Jahren viel        Tag erbaut.                                    WORK-Foundation steht, großartig. Sie        Sie ist sehr zentral. Das eine sind ja die
                                                                                   Resonanz in Medien, Unternehmen                                                          sucht in Deutschland ihresgleichen. Auch     Aktivitäten zum Thema LGBT*IQ von
                                                                                   und Unis erfahren. Es schien, als sei     Wichtig für den nächsten Entwicklungs­         ist mir bekannt, dass der Weg zur Stif­      Unternehmen oder anderen Institutionen.
                                                                                   der Business Case vielen noch nicht       sprung wäre u. a., mehr aktive geoutete        tung kein einfacher war. Dass er gegen       Das andere aber ist das, was PROUT
                                                                                   bewusst gewesen. Sie schreiben jetzt      „Role Models“ auch an der Spitze zu            alle Widrigkeiten gegangen und die           AT WORK leistet: überorganisationelle
                                                                                   wieder an einem Buch zu LGBTI*IQ          haben. Ich weiß, wie sich das anfühlt          PROUT AT WORK-Foundation 2013 ge­            Pressearbeit und Durchführung von Ver­
                                                                                   im Arbeitskontext. Hat sich aus Ihrer     – ich war selbst viele Jahre erst in der       gründet werden konnte, weiß ich daher        anstaltungen zum Abbau von Homopho­
                                                                                   Sicht etwas verändert?                    dritten, dann in der zweiten und schließ­      sehr zu schätzen. Wie ich überhaupt          bie und Diskriminierung im Arbeitsum­
                                                                                   Ja. Wobei ich hier zunächst sagen will:   lich in der dritten Führungsebene unter­       jegliches unternehmerische Handeln, das      feld, die Beauftragung von Studien über
                                                                                   „Der Regenbogen-Faktor“ bezieht sich      halb der Geschäftsleitung angesiedelt.         bereit ist, Risiken einzugehen, um etwas     Diskriminierung und Homophobie im
                                                                                   auf Deutschland, und dort zu etwa zwei    Geoutet. Deutsche LGBT*IQ Top-Dogs             „Sinnvolles“ zu befördern, unterstütze.      Joballtag, die Veröffentlichung von Rat­
                                                                                   Dritteln auf die Wirtschaft. Mein neues   sind in dieser Hinsicht leider insgesamt,      Und dies umso mehr, wenn es sich – wie       gebern und Infomaterial zum Nutzen
                                                                                   Werk, das nächstes Jahr auf Deutsch       gemessen an ihren englischsprachigen           bei Stiftungen – auf die Verbesserung        einer wertschätzenden diskriminierungs­
                                                                                   und Englisch erscheinen wird und für      Kollegen jedenfalls, eher zurückhaltend.       „gesellschaftlicher Zustände“ bezieht.       freien Kultur im Job oder die Zusam­
                                                                                   das ich gerade bis nach Ostasien, Süd­    Bei allem Verständnis für legitime Karrie­     Genau das will ja PROUT AT WORK              menarbeit mit ausländischen Vereini­
                                                                                   afrika, Nordamerika, Moskau, Rom,         reziele und unterschiedliche persönliche       auch, nämlich: „dass die Arbeitswelt         gungen und Verbänden vergleichbarer
                                                                                   Paris oder Amsterdam unterwegs bin,       Wege zum Glück: Mich ärgert das. Wem           offen ist für alle Menschen, unabhängig      Zielsetzung.
                                                                                   hat den ausschließlichen Fokus „Global    – als Top LGBT*IQ – viele Talente und          von deren sexueller Orientierung, ge­
                                                                                   Business“. Für den deutschsprachigen      Chancen gegeben sind, der muss über            schlechtlicher Identität, dem geschlecht­    All dies kann kein einzelnes Unterneh­
                                                                                   Raum gilt in der Tat: Die Sensibilität    Macht, Status und Geld hinauswirken            lichen Ausdruck oder geschlechtlicher        men auf den Weg bringen. PROUT AT
                                                                                   für den Business Case LGBT*IQ ist         lernen. Oder er bzw. sie steht für das         Eigenschaften/Merkmale.“ So jedenfalls       WORK bündelt aktuelle und relevante
                                                                                   gewachsen. Allerdings ist zugleich        gleiche „Eliten-Versagen“, das heute –         steht es auf der Website und so ähnlich      LGBT+IQ-Informationen, bereitet sie auf,
                                                                                   zu differenzieren: Die Unternehmen        nicht selten zu Unrecht – beklagt wird.        steht es in den Regularien der Stiftung.     vernetzt, berät, ermöglicht wechselseiti­
                                                                                   etwa sind deutlich weiter als vor vier,   Was ist das für ein Leben, in dem man                                                       ges Lernen – als Stiftung und damit über
                                                                                   fünf Jahren, aber doch auf sehr unter­    für alles den Preis, aber nicht den Wert       Ich bin, wie gesagt, selbst schwul. Und      alle Institutionen hinweg. „For a higher
                                                                                   schiedlichen Niveaus unterwegs. Nur       kennt? Klingt das zu „moralisch“ oder          ich war und bin in der Arbeitswelt ökono­    good“ sozusagen. Und zugleich zum
                                                                                   weil man zum Beispiel im Juni für ein,    zu „schwer“? Unsinn. Feiern lassen sich        misch und auch sonst recht erfolgreich,      Nutzen von Unternehmen und Organisa­
     JENS SCHADENDORF

                                                                                                                             _
                                                                                   zwei Wochen eine Regenbogen-Flagge        Arbeit und Leben trotzdem.                     früher als angestellter Buchverleger und     tionen, von Führungskräften und Mitar­
                                                                                   über dem Firmensitz hisst oder es den                                                    heute als selbstständiger Global Book        beitenden. Denn LGBT*IQ Diversity Ma­
     ist Ökonom, Global Book Consultant und daneben Autor sowie                    MitarbeiterInnen ermöglicht, bei einem          PROUT AT WORK wird im                    Expert und Publizist. Es mag altmodisch      nagement weist ja – wie Studien belegen
     freier Diversity-Forscher am Lehrstuhl für Wirtschaftsethik                   CSD-Umzug im Firmen-T-Shirt mit Rain­     Wesentlichen von Unternehmen un-               klingen, aber das ist mir egal: Ich kann     - weit über den Diskriminierungsschutz
     der TU München. Zuvor war er als Buchverleger lange Pro-                      bow-Logo mitzulaufen, hat man nicht       terstützt. Sie haben unsere Stiftung           durch mein Wirken als Buchautor zu           für sogenannte sexuelle Minderheiten
     grammleiter, u.a. bei SpringerGabler, Econ und Herder, und                    zwingend verstanden, welche Chancen       2017 sowohl durch eine Spende als              LGBT+-Business-Themen etwas zu­              hinaus. Es fokussiert vielmehr vor allem
     verantwortete viele Bestseller, u. a. von Jack Welch, des Dalai               im Business Case LGBT*IQ liegen. Den­     auch durch eine Zustiftung gefördert           rückgeben an die Gesellschaft, die mir       auch die mit ihm zu befördernden öko­
     Lama, Elie Wiesel, Bill Clinton, Michael Porter, Don Tapscott                 noch ist beides auch ein guter Anfang,    – vielen Dank dafür! Wieso war Ihnen           einiges ermöglicht hat. Und das Gleiche      nomischen Chancen und Potenziale – für
     sowie Hans-Werner Sinn, dessen Lektor er bis heute ist.                       um Sichtbarkeit, Bewusstsein und          das ein Anliegen? Warum ist es Ihrer           will ich – auf ganz andere Weise – durch     alle Beteiligten. Dass das Bewusstsein
     Zahlreiche Auszeichnungen und Veröffentlichungen, darunter                    Wertschätzung für LGBT*IQ und den         Ansicht nach wichtig, dass auch Pri-           mein privates Stiftungsengagement            für diese Zusammenhänge unterfüttert
     „Der Regenbogen-Faktor. Schwule und Lesben in Wirtschaft                      Business Case dazu zu verbessern oder     vatpersonen die Ziele von PROUT AT             bei PROUT AT WORK tun. Jeder muss            und gestärkt wird: Dafür stehen nicht
     und Gesellschaft“, Studium der Wirtschafts- und Sozialwissen-                 gar erst anzustoßen. Global operierende   WORK finanziell unterstützen?                  selbst wissen, wie er sein Leben lebt und    zuletzt die Aktivitäten von PROUT AT
     schaften in Hamburg und Fribourg sowie – mit einem Stipen-                    „Corporates“ sind in diesem Prozess       Als bodenständiger Hamburger und als           wie er für das einstehen will, was ihm       WORK, vorangetrieben von ihren Initi­
     dium des Schweizer Nationalfonds – in Singapur und Bangkok.                   in Deutschland viel dynamischer unter­    im Ausland zur Rationalität „erzogener“        wichtig ist. Aber vielleicht ermuntere ich   atoren und Machern Albert Kehrer und
                                                                                   wegs als noch vor einem halben Jahr­      Wirtschaftswissenschaftler neige ich           durch mein Handeln ja auch andere, es        Jean-Luc Vey.
                                                                                   zehnt, auch wenn es bei ihnen nach wie    nicht zur Übertreibung. Allerdings lasse       mir nach zu tun.
24                     P R O U T AT W O R K - TÄT I G K E I T S B E R I C H T 2 0 1 7                                                                               DIE DRITTE OPTION – UND NUN?                                                                      25

     DIE DRITTE OPTION –
     UND NUN?

     VON ENEA COCCO

     Im Oktober 2017 fällte das Bundesverfassungsgericht ein historisches Urteil.
     Am 10.10.2017 urteilte es darüber, dass der § 22 Abs. 3 des Personenstandsgesetzes                                  EIN DRITTES GESCHLECHT?
                                                                                                                                                                                            Gleichzeitig sind die anstehenden juristischen Veränderungen
     (PStG) von 2013 dem Grundgesetz (GG), Art. 2 in Verbindung mit Art.1 sowie Art. 3,                                  Große Zeitungen titelten schnell Schlagzeilen wie: „Bundes­        auch eine große Chance für Unternehmen, ihre (erfolgreiche)
     Abs. 3, Satz 1 (Diskriminierungsverbot), widerspricht.                                                              verfassungsgericht für drittes Geschlecht“1. Daran zeigt sich      Arbeit im Bereich Diversity & Inclusion voranzutreiben und
                                                                                                                         in besonderer Weise, welche Missverständnisse um das               weiterzuentwickeln. Beispiele für den Beginn eines wichtigen
                                                                                                                         Thema geschlechtliche Identität bestehen können. Dahinter          Kulturwandels: genderinklusive Sprache in der internen
                                                                                                                         steckt die weitverbreitete Annahme, dass es neben den beiden       und externen Kommunikation, sichtbare Maßnahmen wie
                                                                                                                         Geschlechtern „männlich“ und „weiblich“ nur eine weitere           Unisex-Toiletten, Mitspracherecht und Austausch für und
                                                                                                                         Ausprägungsform gibt. Um darauf hinzuweisen, dass es viel­         mit LGBT*IQ-Mitarbeiter_innennetzwerken als Expert_innen,
                                                                                                                         mehr um die Anerkennung der Bandbreite geschlechtlicher            ein durch tatsächliche Handlungen ausgezeichneter Fokus
                                                                                                                         Ausprägungen geht, sprechen wir von der „dritten Option“.          auf ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld, Informations­
     WAS HEISST DAS KONKRET?                           In erster Linie bedeutet das Urteil, dass die geschlechtliche     Es ist lediglich eine dritte Option – zu den bereits bestehenden   veranstaltungen zur Bedeutung der „dritten Option“ etc. So
                                                       Identität durch das Grundgesetz geschützt ist. Es stellt eine     Optionen „männlich“ und „weiblich“ – einen Geschlechtsein­         können auch eventuelle Ungereimtheiten aufgelöst werden,
                                                       historisch bedeutsame Anerkennung von Menschen dar, deren         trag im Personenstandsregister vorzunehmen.                        die sich durch das Urteil des BVerfG ergeben, da eine juristi­
                                                       Geschlecht nicht mit der Zwei-Geschlechter-Kategorisierung                                                                           sche Umsetzung hier nicht konkretisiert wird.
                                                       übereinstimmt – und die Einleitung eines Weges in die Sicht­      Das biologische Geschlecht und die geschlechtliche Identität
                                                       barkeit, auch auf rechtlicher und institutioneller Ebene.         eines Menschen stehen nicht in einer notwendigen Relation          Kurz: Unternehmen können durch ihre gesellschaftliche
                                                                                                                         zueinander. Die geschlechtliche Identität eines Menschen kann      Funktion als Arbeitgeber_innen großen Einfluss nehmen,
                                                       Das Personenstandsgesetz sah seit 2013 vor, dass bei Perso­       mit den bei der Geburt festgestellten Geschlechtsmerkmalen         Pionierarbeit leisten und Inklusion, Anerkennung und Schutz
                                                       nen, die sich physiologisch außerhalb der Geschlechterbinarität   übereinstimmen – oder eben nicht. Da das Urteil des BVerfG         von geschlechtlicher Identität am Arbeitsplatz vorleben.
                                                       bewegen, nach der Geburt ein Eintrag ins Personenstands­          von Identität stiftender Bedeutung von Geschlecht spricht und      Es gibt viel zu tun!
                                                       register ausgelassen werden konnte. Es gab also nur die           diese durch das GG geschützt sein soll, räumt das Gericht nach
                                                       Möglichkeit, männlich, weiblich oder nichts einzutragen. Die      unserer Auffassung damit auch trans*Personen die Option ein,
                                                       Lösung, eine Eintragung bei Menschen ohne binär definierbares     einen neuen Geschlechtseintrag vornehmen zu können.
                                                       Geschlecht schlicht nicht vorzunehmen, widerspricht laut dem                                                                         HOW TO ... DRITTE OPTION
                                                       aktuellen Urteil des BVerfG allerdings der Identität stiftenden
                                                       und ausdrückenden Wirkung, die dem Geschlecht durch                                                                                  Zur Dritten Option bringt PROUT AT WORK 2018 einen wei­
                                                       das bisherige Bestehen auf dessen Eintragung beigemessen          WAS BEDEUTET DAS FÜR                                               teren Band der neuen Informationsreihe HOW TO … heraus.
                                                       wurde. Nun ist die Bundesregierung verpflichtet, bis Ende des     UNTERNEHMEN?                                                       Dieser erscheint nach Beendigung des Gesetzgebungspro­
                                                       Jahres 2018 das Personenstandsgesetz so zu modifizieren,                                                                             zesses als kostenloser Download auf unserer Homepage
                                                       dass eine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz geschaffen wird.      Die kommende Änderung des Personenstandsgesetzes ist               www.proutatwork.de. Hier berichten wir auch fortlaufend
                                                       Dafür hat sie die Möglichkeit, Eintragungen ins Personen­         nicht die einzige Konsequenz aus dem Urteil des BVerfGs.           aktualisiert über den Gesetzesprozess.2
                                                       standsregister ganz abzuschaffen oder eine Ergänzung der          Im arbeitsrechtlichen Kontext sind weit mehr als 150 Normen
                                                       zwei Geschlechterkategorien „männlich“ und „weiblich“ um          von der Kategorie Geschlecht betroffen, z. B. das Entgelttrans­
                                                       eine dritte Option vorzunehmen. Leider hat das BVerfG keinen      parenzgesetz, die Regelung zur räumlichen Trennung von
                                                       Vorschlag dazu veröffentlicht, wie eine konkrete Umsetzung        Sanitäranlagen, Umkleidekabinen etc. oder auch die Quoten­
                                                       der dritten Option aussehen könnte und in welchem Maße die        regelung. Sich mit den Verpflichtungen von Arbeitgeber_innen
                                                                                                                                                                                            1
                                                                                                                                                                                              https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-11/
                                                       Neuerungen über das Personenstandsgesetz hinausgehen              in diesem Zusammenhang auseinanderzusetzen, ist natürlich
                                                                                                                                                                                               bundesverfassungsgericht-fuer-drittes-geschlecht-im-geburtenregister
                                                       müssen, weil andere Gesetze tangiert werden.                      hauptsächlich eine juristische Aufgabe.                            2
                                                                                                                                                                                               www.proutatwork.de/einfuehrung-der-dritten-option/
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