DENKMALWEITER Bambergs vergessene Denkmäler - Schutzgemeinschaft Alt ...
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Heft 9 - Ausgabe 1/2017 Heft 9 - Ausgabe 1/2017 DENKMALWEITER . . . Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. Bambergs vergessene Denkmäler Kreiswehrersatzamt - abreißen oder erhalten? Eine unbekannte Welt: Das Konversionsgelände
DENKMALWEITER . . . Editorial Denkmalpflege für die Zukunft Seit mehreren Jahren schwelt ständnis, ihre Kriterien und ihre obrigkeitsstaatlichen eine Debatte um Nutzen, Zie- Verfahren umstritten, vor allem weil das Handeln der le, Inhalte und Instrumente des amtlichen Denkmalpflege oft beliebig, nicht nachvoll- Denkmalschutzes. Immer wieder ziehbar und intransparent erscheint. Ohne öffentliche hört man Fragen wie „was kann Bewusstseinsbildung und bürgerliches Engagement und muss die heutige Denkmal- ist aber eine wirkungsvolle Denkmalpflege heute nicht pflege für die Stadt der Zukunft mehr denkbar. leisten?“. Oder „wodurch können Unser Verein sieht sich daher weiter in der Verantwor- öffentliche Bewusstseinsprozesse tung, Denkmalpflege und Denkmalschutz ins öffent- über Denkmäler und zivilgesell- liche Bewusstsein zu rücken. Wir sehen es deshalb schaftliches Engagement für ih- als unsere Aufgabe an, dass Denkmäler nicht verges- ren Erhalt gefördert werden?“. sen werden und es Sinn und Zweck des bayerischen Auch unser Verein stellt sich diese Fragen immer wie- Denkmalschutzgesetzes ist, dass auch Behörden hier der. ihren Beitrag leisten bzw. Eigentümer von Denkmä- lern, die diese vernachlässigen, auf dem Denkmalwert Oft haben wir den Eindruck, dass die an Denkmal- und die Notwendigkeit der Denkmalpflege hinweisen. schutz und Denkmalpflege beteiligten Institutionen Denkmalpflege und Denkmalschutz bleiben nicht ste- angesichts der rasanten und tiefgreifenden Verän- hen, sie entwickeln sich weiter. Was vor wenigen Jah- derungen der Städte überfordert wirken. Das zeigte ren nicht beachtet oder links liegen gelassen wurde, sich beispielsweise am Quartier an den Stadtmauern; mag heute oder in der Zukunft als besonders prägen- nur durch immenses bürgerschaftliches Engagement des Beispiel für eine Epoche und einen zeitgemäßen konnten die Notwendigkeit von Denkmalschutz und Baustil dienen und so zum Denkmal werden. Deshalb der Denkmalwert des Quartiers beim Eigentümer ins werden wir uns heute und in Zukunft Gedanken da- Bewusstsein gerückt werden, so dass nun ein, auch rüber machen, was die Denkmalpflege für die Stadt für die im Bereich des Denkmalschutzes tätigen Ver- von morgen leisten kann und muss. Wir werden hier eine und die hier engagierten Personen, akzeptables Impulse geben. Ergebnis zu erwarten ist. Dr. Jörg Händler Es geht aber beim Denkmalschutz und bei der Denk- 1. Vorsitzender malpflege nicht nur um mehrere 100 Jahre alte Bauten oder Gebäude um die Jahrhundertwende. Insbeson- dere Bauten der 1950-er bis 1970-er Jahre werden mit zeitgemäßen Ansprüchen an Effizienz, Behinder- teneignung und Nachhaltigkeit konfrontiert; solche Bauten genießen wenig Wertschätzung, finden aber heute mit ihren ästhetischen und städtebaulichen Inhalt Qualitäten bei jüngeren Generationen zunehmende Editorial 2 Akzeptanz. Allerdings sind diese Bauten besonders in Stadtzentren einem immer stärker werdenden Titelthema: Bambergs „Rote Liste“ 3 ökonomischen Verwertungsdruck ausgesetzt. Dabei Titelthema: Vergessene Denkmäler 6 bleiben die kulturelle Identität und das soziale Gefüge der Stadt oft auf der Strecke. Hier wird der Denkmal- Die U.S.-Kaserne - eine unbekannte Welt 10 schutz für Aufwertungs- und Verdrängungsprozesse Gärten und Parks in Berlin und Potsdam 14 missbraucht: Nur deshalb konnte es zu der Diskussion um den Abriss des Kreiswehrersatzamtes kommen, Ein Park in Bamberg: Der Harmoniegarten 18 welches nach Auffassung vieler nicht zu der umge- Die neuen Bamberger Gespräche 21 benden Bebauung passt und eine „Bausünde“ darstel- le (siehe Seite 22). Oft zählt der Anmutszauber der Zur Diskussion ums Kreiswehrersatzamt 22 Geschichte mehr als die ethische, politische und auch Prof. Dr. Fischer: Vom Bauen in der Politik 24 kritische Dimension. Rückblick auf die Herbstvortragsreihe 2016 25 Heute stellen sich darüber hinaus Fragen nach der sozialen Verantwortung oder dem Verhältnis von Dr.-Ingo-Fessmann-Preis 2016 26 Migration und Kulturerbe. Die Diskussionsgrundla- Denkmal des (Halb-)Jahres 27 gen werden erweitert. Denkmalämter drängen auf Termine / Mitgliedsantrag 28 Kompetenzerweiterungen. Allerdings sind Selbstver- 2 Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Lokschuppen Gundelsheimer Straße Untere Königstraße 13/15 Untere Königstraße 17 Mittelstraße 72 Traurige Bilanz der Stadt Bambergs „Rote Liste“ der bedrohten Denkmäler Hellerstraße 13 / Rückgebäude Nebinger Hof 25 Auf dieser Seite sehen Sie jene 18 Denkmäler, die aus Sicht des Bau- referates aktuell besonders gefährdet sind, verloren zu gehen. Wir begrüßen, dass ein Augenmerk auf diese Entwicklung gelegt wird. Ebenso teilen wir die Auffassung, dass diese Bauten erhaltens- würdig sind. Und doch, halten wir diese Liste auch deswegen für sehr aufschluss- reich, weil sie viel über die Sichtweise der Stadtverwaltung offenbart. Hainstraße 11 Denn zum einen übersieht sie eine ganze Reihe von ähnlich bedroh- Letzengasse 3 ten historischen Bauten, die wir in dieser Ausgabe gerne ergänzen. Zum anderen stellt die traurige Tatsache, dass der Großteil bereits 2006 in dieser Aufzählung stand, die Frage, ob man diese Liste bis- her tatsächlich ausreichend als Aufforderung zum zügigen und en- gagierten Handeln begriffen hat. Doch lesen wir auf der nächsten Seite zunächst den ausschlagge- benden Artikel im Fränkischen Tag vom 09.01.2017... Erba-Wasserturm/Batteurhalle Koppenhofgasse 1 Oberer Stephansberg 42 Gaustadter Hauptstraße 31 Siechenstraße 23 Moosstraße 46 Judenstraße 1 Buger Hauptstraße 4 Siechenstraße 8 Obere Sandstraße 20 Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017 3
DENKMALWEITER . . . Fränkischer Tag vom 09.01.2017: 4 Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Die „Rote Liste“ - nur die halbe Wahrheit Eine Aufforderung zum Handeln! Ein trauriges Zeugnis: In zehn Jahren hat sich die Anzahl in der Rettung ihrer Traumhäuser, die Verwaltung würde der stark bedrohten Denkmäler kaum verringert. Umso ihre Aufgabe erfüllen, dieses Erbe zu erhalten. beschämender, da diese Liste die Misere nicht vollstän- 3. Durch Förderung: dig erfasst. Tatsächlich zeigt sie bislang nur die halbe Nicht zuletzt ist neben der Beratung und Vermittlung eine Wahrheit. Es fiel uns leicht, sie auf die doppelte Länge zu spürbare finanzielle Unterstützung wichtig. Diese gab es erweitern. Bislang fehlen jene gefährdeten historischen bereits. Das „Bamberger Modell“ zur unbürokratischen Gebäude, die entweder bewohnt sind oder zwar denk- Hilfe für private Denkmalbesitzer wurde zurecht weit malwürdig wären, aber (noch) nicht als Einzeldenkmal über die Stadtgrenzen hinaus gerühmt. In den 1970er aufgenommen wurden - etwa die stadteigene ehemalige Jahren schüttete die Stadt oft noch über 500.000 Euro Gärtnerei Rost in der Färbergasse, die Kunstgärtnerei am aus, einzelne Vorhaben erhielten so durchaus fünfstelli- Michelsberg oder eines der ältesten Häuser Gaustadts in ge Hilfen. Der Stadtbaudirektor Hans Rothenburger, der der Flößergasse. Wir bieten gerne unser Hilfe an und ver- das Modell einst ins Leben gerufen hatte, wurde von OB suchen, die Liste in dieser Ausgabe etwas zu vervollständi- Röhner mit den Worten in den Ruhestand verabschie- gen. Eine lückenlose Erfassung ist der erste Schritt, um die det: „Schon von vielen Kommunen werde diese vorbildli- Lage wirklich angehen und verbessern zu können. che Bezuschussung praktiziert, die eine unbürokratische Im übrigen stellt sich das Baureferat hilfloser dar, als es Hilfe im Sinne einer effektiven Denkmalpflege darstelle“. wirklich ist. Die Aussage, es gebe kaum Möglichkeiten Dieser erwiderte die Würdigung mit der Erkenntnis: „Da- auf Denkmalbesitzer einzuwirken, stimmt nicht. Zur Ret- mals ist mir das Einfachste eingefallen, und das muss ei- tung einzigartiger Schätze vor „schwarzen Immobilien- nem auch einfallen, wenn man eine Stadt wie Bamberg schafen“ sieht das Bayerische Denk- retten will.“ (FT vom 31.12.1982). malschutzgesetz sogar Mittel bis Das „Bamberger Modell“ Diesem so einfachen wie erfolgrei- zur Enteignung vor (Art. 18 DSchG). wurde ausgetrocknet. chen Projekt hat Bamberg wesent- Dazu braucht es freilich Mut. Dass lich seinen heutigen Welterbestatus dies möglich ist, zeigt ein Blick nach Die Satzung der Stiftung zu verdanken. Im Bewusstsein dieser Kulmbach. Dort wurde erst kürzlich Weltkulturerbe muss wieder Bedeutung, wurde auf Anstoß von die Enteignung eines verwahrlosten auf die ursprüngliche Fas- OB Lauer 2003 die Stiftung Weltkul- Wohnhauses (ein Werk des Bamber- sung zurückgeführt werden. turerbe ins Leben gerufen. Sie sollte ger Architekten Chrysostomus Mar- das „Bamberger Modell“ dauerhaft tin) beschlossen. finanziell absichern. Dazu waren ca. Glücklicherweise sind diese Spekulanten laut dem FT- 80% der jährlichen Ausschüttung für die Unterstützung Artikel in Bamberg in der Minderheit, so dass man kaum privater Denkmalbesitzer vorgesehen. Eine fatale Sat- mit diesem letzten Ausweg drohen müsste. Wenn man zungsänderung im Jahr 2011 stutzte diese Summe radikal sich zu Sanktionen gezwungen sieht, ist es meist ohnehin auf 30%. Seitdem fließt ein Großteil der Fördergelder in schon zu spät. Im Vordergrund muss daher eine enga- prestigeträchtige Leuchtturmprojekte der Stadtverwal- gierte und offensive Unterstützung stehen: tung (Nürnberger Straße 2, Villa Schröppel, Tabakscheu- ne), während Privatleute in deren Schatten stehen und 1. Durch Beratung: klagen, sie müssten lange warten, um schließlich mit ge- Hier gibt sehr kluge Ansätze der Stadt, wie die im Ar- radezu lächerlichen Beträgen abgespeist zu werden. Das tikel erwähnte Zusammenarbeit mit Studierenden „Bamberger Modell“ wurde ausgetrocknet. Die entspre- der Denkmalpflege im Fall der Koppenhofgasse 1. chende Änderung der Satzung der Welterbestiftung war Dieser Weg hat eine Intensivierung verdient! Mit dem ein massiver Fehler und sollte vom Stadtrat dringend auf Lehrstuhl für Denkmalpflege, hervorragenden Fachleu- die ursprüngliche Fassung zugunsten der Bürger und dem ten und spezialisierten Handwerkern vor Ort, könnten Erhalt wertvoller Bausubstanz zurückgeführt werden. die Voraussetzungen günstiger kaum sein. Noch ist es nicht zu spät für eine Rückbesinnung ... doch 2. Durch Vermittlung: mit jedem Zögern rückt die Unrettbarkeit von Bambergs Wenn die Objekte leer stehen oder die bisherigen Eigen- meist bedrohten Denkmälern näher. tümer selbst sich nicht in der Lage sehen, die zugegebe- nermaßen große Aufgabe einer Sanierung anzugehen, Auf den folgenden Seiten stellen wir ihnen 18 weitere, au- dann kann die Vermittlung an vertrauenswürdige und genscheinlich gefährdete, denkmalwürdgie Gebäude vor, bereitwillige Käufer eine Alternative sein. An uns treten die auf der offiziellen Liste unerwähnt blieben. Sie tragen immer wieder Interessenten heran, die auf unserer Inter- ebenso zum Wert unserer Stadt bei und benötigen Un- netseite die Liste der gefährdeten Bauten sehen und ihre terstützung bei ihrem Erhalt. Hilfe anbieten. Wir verweisen stets an die Denkmalbe- hörde im Baureferat und würden uns sehr freuen, wenn Auch diese Liste ist sicher nicht allumfassend. Wir sind sie dort die verdiente Unterstützung erhielten. Damit dankbar für Ihre Meldungen weiterer gefährdeter Denk- wäre allen gedient - die bisherigen Besitzer bekämen mäler in unserer schönen Stadt, die ebenso unsere Auf- eine Bürde abgenommen, die Sanierer fänden Erfüllung merksamkeit verdienen. Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017 5
DENKMALWEITER . . . Beispiele von unerwähnt gebliebenen, sanierungsbedürftigen denkmalwürdigen Gebäuden: Vergessene Denkmäler - die andere Hälfte der Wahrheit Unser Titelbild: Riegelhof, Concordiastraße 11 Mittelstraße 65 Färbergasse 28 6 Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Kleberstraße 17 Siechenstraße 74 Egelseestraße 25 Sonnenplätzchen 2 Koppenhofkaserne Flößergasse 6 Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017 7
DENKMALWEITER . . . Frauenstraße 21 Frauenstraße 24 Frauenstraße 27 und 29 Vorderer Graben 36 Judenstraße 16 8 Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Mittlerer Kaulberg 17 Michelsberg 25 Schillerplatz 12 Die Besitzer dieser mehr oder weniger gefährdeten weite- ren Denkmäler brauchen ebenso die Aufmerksamkeit und Unterstüzung wie zahllose weitere Bambergerinnen und Bamberger, die gerne ihre Fassade, ihre historischen Fens- Elisabethenstraße 1 ter und Türen, ihre Keller und Gärten erhalten möchten - unsere Altstadt braucht das Bamberger Modell! Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017 9
DENKMALWEITER . . . Einblicke in ein potenzielles Denkmal Die Kaserne - eine unbekannte Welt Ehemaliges „Head-Quarter“, nun Teil der Polizeischule Bambergs Osten wurde von der Landwirtschaft, von Das Gebiet wird vor allem als Spielball der großen Poli- der Industrie, aber nicht zuletzt auch vom Militär tik von Bund und Land zwischen Flüchtlingsunterkunft entscheidend geprägt. Beginnend mit der heutigen und Bundespolizeischule wahrgenommen - darüber Lagardekaserne, noch zu königlich-bayrischer Zeit im hinaus als begehrtes Spekulationsobjekt für dringend 19. Jahrhundert, spiegeln sie auf einer unübersehba- benötigte Wohnungen und Gewerbeflächen. Was da- ren Fläche die Geschichte von über einhundert Jahren bei unter die Räder zu geraten droht, ist das Erhal- der Stadtentwicklung wieder. Nirgends lassen sich die tenswerte, an dem die Historie ablesbar bleibt. Das prägenden Episoden des vergangenen Jahrhunderts betrifft die Struktur als Ganzes ebenso wie die De- besser ablesen: den Ersten Weltkrieg (etwa am Ku- tails - vom Offizierskasino der Panzerkaserne bis zum gelfang in Kramersfeld), die Zeit der Entmilitarisierung zweisprachigen Straßenschild. Es wäre ein Jammer, der Weimarer Republik (an der zu Produktionsstätten wenn wir in Jahrzehnten vor einer abgeschlossenen umfunktionierten Munitionsanstalt „MUNA“), die Auf- Konversion stehen, die kaum mehr hinterließ als eine rüstung im „Dritten Reich“ und den Zweiten Weltkrieg ges(ch)ichtslose Fläche. (z.B. an der Panzerkaserne an der äußeren Zollner- straße), nicht zuletzt die vergangenen siebzig Jahre, in Wie konkret diese Gefahr ist, kann man an der MUNA denen sich die U.S.-Army von Besatzern zu befreun- gut erkennen, an der die Planung eines Gewerbege- deten Verbündeten entwickelte (gut erkennbar an bietes die vorhandene Geschichte völlig ausblendet. „Klein Amerika“ in der Flynn-Area). Genau das macht Ein hundertjähriges Areal wird behandelt wie leeres den hohen Stellenwert dieser Gebäude als (künftiges) Ackerland. So werden beispielsweise Gebäude über- Denkmal aus. plant, in denen die Anfänge des Luftfahrtpioniers Messerschmitt liegen, als wären sie nicht vorhanden. Diese Bedeutung lenkt den Blick der Schutzgemein- schaft Alt Bamberg auf dieses Areal. Man mag sich Auch die ehemalige Panzerkaserne gibt Grund zur wundern, denn es liegt weit weg vom Welterbe der Sorge. Zu Beginn des Konversionsprozesses versprach Altstadt, nur ein Bruchteil des Bestands steht unter man eine Öffnung des so lange abgeschotteten Areals, Denkmalschutz, viele Bamberger haben nie einen Fuß neue Durchfahrtswege von Nord nach Süd und eine in dieses abgeschottete Gelände gesetzt und würden Aufwertung des traditionell eher stiefmütterlich behan- daher (vermeintlich) nichts vermissen. Doch gerade delten Stadtteils Bamberg-Ost. Neue Wohnquartiere, deshalb, droht vieles verloren zu gehen. Denn ge- Gewerbe, Parks - Ideen, die in diversen „Arenen“ mit nau diese Rolle als „Terra incognita“ macht es so ver- großer Bürgerbeteiligung erarbeitet und angepriesen lockend, das Vorhandene zu ignorieren und, falls es wurden. Die Nachbarn in der Gartenstadt und am Sta- Planungen im Weg steht, einfach zu tilgen. dion freuten sich auf diese ersehnte blühende Zukunft. 10 Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Einer von vielen spannenden Plätzen. Links, der in Planungen vorgesehene Standort der Montessori-Schule. Die geweckten Erwartungen wurden nun bitter ent- men können, ohne die vorhandene Bausubstanz stö- täuscht. Der Bund nutzt das Areal auf unabsehbare ren oder gar zerstören zu müssen. Dennoch ist der Zeit als Ausbildungszentrum der Bundespolizei und Planungsstand noch früh und böse Überraschungen belässt die Umzäunung aus militärischen Zeiten bei. immer denkbar. Wir wollen den Konversionsprozess Man darf fragen, ob eine Polizeischule tatsächlich daher mit offenen Augen begleiten, denkmalwertes genauso durch Anschläge gefährdet ist oder ebenso herausarbeiten, mithelfen, gute Konzepte und Kom- viele Gründe für eine Geheimhaltung birgt wie eine promisse zu erarbeiten. Auch das Zwanzigste Jahr- Kaserne. Die Begründung für diese Ausgrenzung der hundert braucht seine Denkmäler, damit unsere Zeit Bürger und die Verweigerung, wenigstens Passagen und die unserer Eltern und Großeltern Spuren für die zu ermöglichen, erscheint uns nicht schlüssig. So Zukunft hinterlässt. bleibt das Areal ein Fremdkörper, der wie ein breiter Ein erster Schritt, den Denkmalwert einschätzen zu Riegel den Osten der Stadt durchtrennt. können, ist das Kennenlernen dieser Welt, welche die Nicht zuletzt aus denkmalpflegerischer Sicht wirft die- meisten Bürgern unserer Stadt bislang nie sehen durf- se Entwicklung Fragen auf, denn solange das Gebiet ten. Mit einigen biespielhaften Bildern auf diesen und in staatlicher Hand bleibt, ist nicht nur der Einfluss der den folgenden Seiten möchten wir daher einen exklu- Bürger in Form des Stadtrats und der Stadtverwaltung, siven Einblick in diese verborgene Welt gewähren. sondern auch der Denkmalbehörden nahezu blo- ckiert. Immerhin werden die Gebäude vorläufig ähn- lich genutzt, wie zu miltärischen Zeiten, so dass ein Er- halt nicht akut gefährdet scheint. Doch schon morgen könnte der Bund neue Ideen für das Areal entwickeln und größere Umbauten oder Abrisse planen. Diese Beispiele lassen erahnen, wie dringend eine fachkundige Fürsprache sein wird. Nicht zuletzt auch bei der Lagarde-Kaserne, die kürzlich von der Stadt erworben wurde und nun als erstes Areal entwickelt werden soll. Dies ist der älteste und sen- sibelste Teil der Kaserne. Bisherige Planungen sehen erfreulicherweise einen weitgehenden Erhalt vor. In der Lagarde haben sich Sie bietet genug Flächen, die Neubauten aufneh- reizvolle Details erhalten, wie Halterungen zum Anbinden der Pferde. Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017 11
DENKMALWEITER . . . Auf Schritt und Tritt begegnen einem Zeugnisse einer lebendi- gen Gemeinschaft und deutsch- amerikanischer Freundschaft. Wie lange noch? Von oben: J.-F.-Kennedy-Hall Geburtsstätte des Bamberger Basketballs, U.S.-Adler an der ehemaligen Schule, Mulitkonfes- sionelle Kapelle, zweisprachiges Straßenschild, ein Abschiedsgruß, Skating-Platz. 12 Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Architektonisch wie geschichtlich besonders wertvoll: Das ehemalige Offiziersheim der Panzerkaserne. Später unter anderem Ort für Empfänge und Bälle der U.S.-Army. Nun Teil des Geländes der Bundespolizei. Aus unserer Sicht unbedingt denkmalwürdig! Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017 13
DENKMALWEITER . . . Fachexkursion Gartendenkmalpflege Unterwegs mit Dr. Klaus-Henning von Krosigk in Berlin und Potsdam Der „Gläserne Berg“ und das Brunnenparterre von Schloss Sanssouci Dieses Angebot konnte die Schutzgemeinschaft nicht des berühmten Architekten Hermann Muthesius, der abschlagen: für Landhausgärten um 1900 steht. Nach seinem Vortrag über Gartendenkmalpflege im Max Liebermanns Villa am Wannsee, bestes Sommer- Rahmen der Herbstvortragsreihe 2015 machte uns Dr. wetter und eine exklusive Gartenführung - das bleibt Klaus-Henning von Krosigk, ehemaliger stellvertre- in angenehmster Erinnerung! Das Gebäude teilt das tender Landeskonservator von Berlin, den Vorschlag, Grundstück in einen straßen- und einen seeseitigen mit einem Bus voll interessierter Bambergerinnen und Teil und bildet so den Mittelpunkt des ca. 0,7 ha gro- Bamberger nach Berlin zu kommen. Er werde uns die ßen Grundstücks. Der Großteil des Gartenabschnitts schönsten Plätze und Gärten Berlins zeigen. an der Straße wurde erst in jüngster Zeit rekonstruiert, da sich dort in den Nachkriegsjahren ein unschöner Sein vollständig ausgearbeitetes Programm hatte es Parkplatz ausgedehnt hatte. Den Abschluss üppig be- in sich! Am Anreisetag war der Nachmittag angefüllt pflanzter und von Buchs umsäumter Beete bildet eine mit Besichtigungen des Tiergartenparks, des Kolonna- sog. „Lindenhochhecke“, die so geschnitten ist, dass dengartens auf der Museumsinsel und einigen städte- sie den Blick auf die Architektursprache des Hauses baulich hochinteressanten Plätzen. Nach einer Kaffee- pause am Engelbecken des Luisenstädtischen Kanals - hier wurde die ehemalige Teilung Berlins besonders deutlich - besichtigten wir den Körnerpark - ein Ort, der uns mehr als überraschte! Inmitten des dicht be- bauten Stadtteils Neukölln liegt dieses 3,6 ha große, neubarocke Gesamtkunstwerk, entstanden um 1910 in einer ehemaligen Kiesgrube und durch die Privatiniti- ative des früheren Besitzers Franz Körner. Er übergab das Areal der Stadt mit der Maßgabe, hier einen öf- fentlichen Park anzulegen. Durch die Tiefe der Grube von ca. 8 Metern entstand so eine außergewöhnliche Grünanlage, die heute eine wahre Oase im hektischen Stadtleben ist. Der zweite Tag begann mit dem Besuch hochwertiger Privatgärten, die in der Regel nicht öffentlich zugäng- lich sind. Beeindruckt vom opulenten, expressionis- tischen Garten der Villa Konschewski (angelegt um 1922), der sich mit einer imposanten Kombination aus Orangerie und Nymphaeum zum Hundekehlensee hin öffnet, besichtigten wir anschließend zwei Gärten 14 Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Bild rechts: Birkenweg im Garten der Villa Liebermann Bild rechts außen: Die Orangerie und das Nymphaeum der Villa Kosnchnewski nicht verdeckt, sondern diese unterstreicht. Im hinter Peter Joseph Lennés, dem bedeutendsten Garten- und der Villa gelegenen Gartenabschnitt führte uns Dr. von Städteplaner der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Krosigk zunächst durch die seitlich angeordneten, mit Wer Berlin begreifen möchte, kommt nicht umhin, sich Hecken gesäumten und mit Rosen bepflanzten „Kabi- mit Lenné zu beschäftigen. Herr von Krosigk hat dies nette“. Zurück schlenderten wir über den sog. Birken- im Laufe seiner langjährigen Tätigkeit in Berlin aus- weg, der durch Liebermanns Gemälde weltberühmt führlich getan und konnte unserer Gruppe die Weit- geworden ist. Der Künstler selbst hatte mit seinem sichtigkeit Lennés anhand vieler Beispiele aufzeigen. Freund Alfred Lichtwark, einem Gartenreformer, die Den Abend verbrachten wir auf Einladung des Ehe- Ideen für seinen Garten geliefert. In seinem „Schloss paars Dr. Ingo und Angelika Fessmann, Mitglieder am See“, wie er es nannte, entstand ab 1909 sein um- unseres Vereins und Stifter des jährlichen Dr.-Ingo- fangreiches Spätwerk. Fessmann-Preises. In ihrer Berliner Stadtwohnung Im Pleasureground von Klein-Glienicke, Teil des Welt- wurde unsere Gruppe herzlich empfangen und sehr kulturerbes „Schlösser und Gärten von Berlin-Pots- gastfreundlich bewirtet. Zuvor, auch das sollte nicht dam“, erläuterte uns Dr. von Krosigk die hohe Kunst unerwähnt bleiben, hatte uns Dr. von Krosigk spontan ein Gläschen Sekt in seiner Wohnung kredenzt. Erste Station des Sonntags in Potsdam war natürlich der Park von Sanssouci, dessen markanteste Gestal- tungselemente wie der sog. „Gläserne Berg“ auf die Vorstellungen und Wünsche Friedrichs des Großen zurückgehen. Im klassizistischen Schlösschen Charlottenhof beka- men wir Einblick in die Welt des Kronprinzen Friedrich Wilhelm und seiner Frau, Elisabeth Ludovika von Bay- ern, ab 1840 König und Königin von Preußen. Dieses Schlossareal am Rand der Parkanlage von Sanssouci entstand durch Umbauten eines vorhandenen Guts- hofes nach Plänen, die der Architekt Karl Friedrich Schinkel verfasst hatte. Natürlich verfügt es ebenfalls über einen herrlich gestalteten Garten. Hier wurde un- ser abschließendes Gruppenfoto „geschossen“ (bitte umblättern...). Bild links: Die Straßenseite der Villa, davor die Lindenhochhecke Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017 15
DENKMALWEITER . . . Angefüllt mit einer schier unermesslichen Menge an Unser herzlicher Dank geht auf diesem Wege noch- Informationen, geführt von einem immer gut gelaun- mals an Dr. Klaus-Henning von Krosigk und an das ten Dr. von Krosigk, dessen fachlich fundierte Ausfüh- Ehepaar Dr. Ingo und Angelika Fessman. rungen höchst interessant und dennoch kurzweilig waren, und voll von Bildern, gespeichert in unseren Köpfen und auf den Chipkarten der unentwegt ge- zückten Fotoapparate traten wir die Heimreise an. Bild unten: Arkadien am Jungfernsee - Schlosspark Klein-Glienecke 16 Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Die Gartenfassade der Villa Hermann Muthesius Gebanntes Zuhören im Garten Neuhaus, eine Gesamtkomposition aus (Architekt, 1861 - 1927), erbaut 1912 Landhaus und Gartenvon Hermann Muthesius, 1906 entstanden Schloss und Garten Charlottenhof Blick hinunter auf das Rasenparterre des Körner-Parks, im Hintergrund die Kaskade Bild links: Dr. von Krosigk im Rosengarten der Villa Liebermann Bild unten: Kaffeepause am Engelbecken des Luisenstädter Kanals Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017 17
DENKMALWEITER . . . Der Harmoniegarten ... „Freundliche Übernahme“ durch die Stadtsparkasse Bamberg? Der Harmoniegarten wird als Gartendenkmal mit der Zierbrunnen mit Fontäne. Wohl 1957 wurde der kleine Nummer D-4-61-000-791 geführt. Es handelt sich um Park erneut leicht überformt und mit zwei Figuren des den einzigen öffentlichen Park innerhalb der ehema- Bamberger Bildhauers Hans Leitherer bestückt, einem ligen Stadtummauerung. Auf dem farbigen Plan von Laute spielenden Buben und einem Mädchen mit Petrus Zweidler sind an dieser Stelle bereits Gärten zu Tamburin. Zu späterer Zeit legte das Stadtgartenamt erkennen, die zwischen der Gebäudereihe entlang des einen Spielplatz im nördlichen Abschnitt an. Zinkenwörths (heute Schillerplatz) und einer Häuser- 2006, als das Theater mit neuen Bauten und Park- reihe direkt an der Stadtmauer lagen. 1730 besaß der platzerweiterung den Harmoniegarten weiter de- Domherr Jobst Bernhard von Aufseß hier vier Häuser, zimierte, wurden diese Skulpturen einmal mehr zu von denen er zwei abbrechen ließ, um Platz für einen „Randfiguren“ degradiert. Im Harmoniegarten wird repräsentativen Garten zu schaffen. Dieser Garten bil- zwar die nötige Pflege der Vegetation und der Wege dete lt. Inventar „Stadtdenkmal Bamberg“ gewisser- durchgeführt, doch zum Verweilen lädt die innerstäd- maßen die Keimzelle des späteren Harmoniegartens. tische Grünfläche kaum ein; vielmehr fungiert sie als Der Name geht auf eine bereits Ende des 18. Jahrhun- Durchgang von und zur Richard-Wagner-Straße. Was derts gegründete, bürgerliche Gesellschaft und ihr die Details angeht, besteht seit vielen Jahren Hand- am Zinkenwörth gelegenes Gesellschaftshaus mit an- lungsbedarf, denn der momentane Zustand erinnert gebautem Theater zurück. Auf der Uraufnahme von an manchen Stellen eher an einen unaufgeräumten 1822 ist eine formale, also geradlinige, Gestaltung zu Hinterhof. Da auch die Zeitschicht der 50er-Jahre noch erkennen. Der Planausschnitt von 1904 zeigt die Um- sehr deutlich zu erkennen ist, hätte dem Gartendenk- gestaltung in einen Park mit geschwungenen Wegen, mal eine behutsame Auffrischung gut getan. bepflanzten Inseln und einem fast mittig gelegenen Vergangenes Jahr kam jedoch „Bewegung in den Gar- ten“. Auf Initiative der Willy-Aron-Gesellschaft wurden Stelen mit Büsten der Widerstandskämpfer Willy Aron, Hans Wölfel und Claus Schenk Graf von Stauffenberg Langgasser Tor aufgestellt. Bereich heutiger Harmoniegarten Bereich Harmoniesäle und Theater Stadtmauer Die Stelle scheint gut gewählt, befindet sie sich doch am Rand des Harmoniegartens und führt zu keiner großen Beeinträchtigung des Gartendenkmals. Ein Artikel im Fränkischen Tag vom 20.9.2016 über die nach Bayerischer Bauordnung vorgeschriebenen Spielplatzflächen am „Quartier an den Stadtmauern“ lässt uns nun aufhorchen: Stadtmauer Harmoniegarten Bereich Harmonie- säle und Theater Kartenausschnitte: links oben: Petrus Zweidler, 1602 - links unten: Uraufnahme, 1822 - rechts unten: Extraditionsplan 1904 Quellen: Stadtdenkmal Bamberg Band 1 18 Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Die Bauherrin, also die Sparkasse Bamberg, wird da- Der Spielbereich am benachbarten Schillerplatz wurde rin zitiert, dass diese Spielplatzfläche sich im Quartier vor Jahren zurückgebaut, vermutlich wegen Fehlplat- „nicht abbilden“ ließe, weshalb der Stadt angeboten zierung und mangelnder Nutzung. wurde, für 70.000 Euro die Fläche des Spielplatzes im Es ist auch fraglich, ob die künftigen Bewohner des Harmoniegarten zu verdoppeln, u. a. Spiel- und Ru- Quartiers an den Stadtmauern ihre Kinder wirklich hepodeste um mehrere Bäume sowie einen größeren in den Harmoniegarten schicken werden. Auch be- Kletterbereich zu errichten. Weitere 70.000 Euro wür- fürchten wir, dass die Spuren der 1950er-Jahre (Fotos den für den laufenden Unterhalt in den kommenden s. nächste Seite) der „Generalüberholung“ zum Opfer 20 Jahren vonseiten der Sparkasse investiert. fallen werden. Eine Win-Win-Situation also? So sicher sind wir uns Eines scheint aber sicher - die Betreiber der Gastro- da nicht. nomie im Bamberger Hof wird‘s freuen: Eltern können Gab es eine denkmalpflegerische Voruntersuchung? in Ruhe ihren Kaffee genießen, während die Kinder im Ist die Vergrößerung des Spielplatzes wirklich denk- Nahbereich ausgiebig Beschäftigung finden… malverträglich? In der Vergangenheit hat es sich herausgestellt, dass innerstädtische Spielplätze oft „verwaisen“. Reste der spätmittelalterlichen Stadtmauer aus dem Blick auf den Spielbereich im nördlichen Abschnitt 15. Jahrhundert an der Ostgrenze des Gartens Spielplatz mit Steinfigur, Aufstellungsdatum nicht bekannt Neugestaltung 2016 am Eingang zum Harmoniegarten: Die Büsten der Bamberger Widerstandskämpfer Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017 19
DENKMALWEITER . . . Spuren der 1950er-Jahre im Harmoniegarten oben: zeittypische bossierte Natursteineinfassungen zum Abfangen von geringen Höhenunterschieden unten: zwei Skulpturen des Bamberger Bildhauers Hans Leitherer, links Bübchen mit Laute, rechts Mädchen mit Tamburin 20 Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Die neuen Bamberger Gespräche Am 23.01.2017 fand die neue, von der Stadt Bamberg initiierte Gesprächsrunde mit dem Titel „Bamberger Ge- spräche“ statt. Bamberger Gespräche? Viele werden sich noch daran erinnern, dass unser Verein ehemals eine äußerst bemerkenswerte Veranstaltungs- reihe ins Leben rief, die diesen Titel trug und dazu führte, dass Bamberg zum Forum und zur Diskussionsplattform der bundesweiten Denkmalpflege wurde. Im September 1973 fand das erste Bamberger Gespräch auf der Alten- burg statt, zu welchem die Schutzgemeinschaft einge- laden hatte; Bürgerinitiativen für Denkmalpflege der ge- samten Bundesrepublik, Landesämter für Denkmalpflege, Vertreter der Bundesministerien und Landesvertreter aus München waren geladen. Bis 1979 fanden insgesamt vier Wenigen bekannt: Das Festsaalgebäude von St. Getreu Bamberger Gespräche statt. Nun führt also die Bamberger Stadtverwaltung Bamber- als Grundstruktur des Geländes eine Zweistufigkeit, die ger Gespräche und lud Vertreter der im Denkmalschutz beibehalten werden soll. tätigen Bürgervereine, die Heimatpflege und Vertreter Darüber hinaus wird die Stadtbau GmbH das Anwesen des Landesdenkmalrates ein, um frühzeitig einen trans- St.-Getreu-Straße 2 umbauen und sanieren. Hier ist ins- parenten Dialog bei städtischen Sanierungsprojekten zu besondere aufgrund eines hohen Salzeintrages eine Fas- führen und denkmalverpflichtete Organisationen und sadensanierung durchzuführen. Außerdem entspricht die Vereine frühzeitig dabei einzubinden. derzeitige Raumaufteilung den aktuellen Anforderungen Die Stadtverwaltung informierte darüber, dass in den nicht mehr, so dass zukünftig wohl nur zwei Wohnun- nächsten Jahren zahlreiche Projekte im Bereich von St. gen in dem Anwesen verbleiben werden, die aber eine Getreu und St. Michael umgesetzt werden. Insbesonde- Wohnfläche von ca. 120 Quadratmetern haben werden. re bei der Klosteranlage St. Michael werden Sanierungs- Im Ziegelhof soll der bisherige Bestand von Nebenge- maßnahmen noch bis ins Jahr 2021 erforderlich sein. bäuden entfernt und stattdessen ein Neubau errichtet Stattfinden werde eine Sanierung der Fassaden, die sta- werden; dieser Neubau dient der Erweiterung der Wohn- tische Instandsetzung der Kirche sowie der Umbau des fläche der zukünftigen Wohnung im Erdgeschoss sowie Stiftsladens. Auch wird es notwendig sein, die gesamte als Terrasse für die Wohnung im Obergeschoss. Die Ge- Entwässerungsanlage und Elektroinstallation komplett samtkosten für die Sanierungsmaßnahmen werden ca. zu erneuern, was insgesamt Kosten von ca. 2.000.000 1.050.000 Euro betragen. Euro verursachen werde. Die Grünanlagen im Inneren Die Vorstellung der Maßnahme durch die Stadtverwal- der Anlage sollen wie die historischen Vorbilder gestaltet tung erfolgte äußerst professionell und anhand vorberei- werden. Der Stiftsladen und das Informationszentrum St. teter Beamer-Präsentationen. Neben Oberbürgermeister Michael sollen Anziehungspunkt für die Bürger und Be- und Bürgermeister und dem zuständigen Finanz- und sucher der Stadt Bamberg sein. Stiftungsreferenten waren insgesamt neun Mitglieder der Außerdem wird die Sanierung von Gebäuden im Bereich Stadtverwaltung anwesend, welche die Projekte vorstell- der alten Propstei St. Getreu ( jetzige Musikschule) fort- ten. Von den eingeladenen Vertretern der Vereine und gesetzt werden. Die St.-Getreu-Stiftung wird das im hin- Organisationen wurde grundsätzliche Zustimmung zu teren Bereich des Geländes gelegene Festsaalgebäude den Vorhaben geäußert, wobei seitens der Stadtverwal- generalsanieren und die Gartenanlage neu gestalten. Das tung auch zugesichert worden war, dass alle Maßnahmen Festsaalgebäude soll einer denkmalverträglichen Nut- in enger Abstimmung mit den Denkmalbehörden erfol- zung zugeführt werden; der Festsaal soll weiter als Saal gen würden. Zu kritisieren ist allerdings, dass die Vorstel- und grundsätzlich von der Sozialstiftung genutzt und an lung der Projekte im Wesentlichen als Präsentation und die Musikschule für Veranstaltungen vermietet werden. Vortrag gestaltet waren und für Gespräche wenig Raum Im Untergeschoss des Gebäudes werden Übungsräume war. für die Musikschule geschaffen. Außerdem werden die Sicherlich konnten Fragen gestellt werden; eine Einbin- Sanitäranlagen erneuert und ein Aufzug eingebaut. Die dung der Vertreter der Bürgervereine und im Denkmal- St.-Getreu-Stiftung rechnet mit Gesamtkosten in Höhe schutz tätigen Organisationen in die einzelnen Maßnah- von ca. 1.600.000 Euro. men erfolgte aber nicht; dies ist auch für die Zukunft Anschließend soll der östlich vor der Probstei gelege- nicht zu erwarten. Die durch solche Veranstaltungen ne Garten neu gestaltet werden. Hier ist lediglich eine erfolgende Information und die damit einhergehende Gestaltung im neunzehnten Jahrhundert bekannt; über Transparenz sind aber zu begrüßen und im Vergleich zu andere Gestaltungsformen in der Vergangenheit können früheren Maßnahmen und Verhaltensweisen der Stadt- nur Vermutungen angestellt werden. Allerdings zeigt sich verwaltung ein deutlicher Fortschritt. Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017 21
DENKMALWEITER . . . Abrissreif oder schützenswert? Das Kreiswehrersatzamt Der Gebäudekomplex an der Promenadenstraße 2a in jedoch von der Kubatur ganz passabel in das städtebauli- Bamberg, der 1966 als Landratsamt erbaut wurde und che Gefüge einpasst, da er die Formen der umgebenden seit 1988 bis zur Umstrukturierung der Bundeswehr im Gebäude annimmt und die Baulinien einhält, wurde of- November 2012 als Kreiswehrersatzamt diente, war in fenbar übersehen. Eine Überraschung birgt vor allem der den vergangenen Monaten Gegenstand einer Abrissde- für viele unbekannte Blick in das Atrium des Gebäudes. batte. Es überzeugt mit schlichter Eleganz der 60er Jahre. Mit der Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht verlor Auch wenn das Gebäude in seiner Außenerscheinung das Gebäude seine Funktion und teilt somit das Schicksal nicht den heutigen ästhetischen Ansprüchen bzw. dem mit vielen Bauten, insbesondere denen der 1960er und aktuellen Zeitgeschmack entspricht, sollte doch spätes- 1970er Jahre, die entweder aufgrund ihrer verlorenge- tens der Blick in die eigene Geschichte und den Um- gangenen Nutzung überflüssig geworden sind, oder als gang mit den dort hervorgebrachten architektonischen schwer zu unterhalten gelten, und weil sie „in die Jahre Leistungen zeigen, dass das ästhetische Empfinden gekommen sind“ oftmals einer Sanierung bedürfen. Trotz Wandlungen unterlegen ist und sich von Generation zu der Abwendung des Abrisses des Kreiswehrersatzamtes Generation verschiebt. Insbesondere die heute hoch ge- bietet das Thema Anlass zu einer Diskussion über die schätzten Bauten der Gründerzeit mussten während des Bauten der Nachkriegsjahre, denen ihr schlechtes Image Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg vielerorts immer wieder zum Verhängnis wird. Ihnen wird oftmals den jetzt verpönten modernen Bauten weichen. Diese eine (nur vermeintliche) „Wertelosigkeit“ aufoktroyiert; Entwicklungen werden heute als Fehlentscheidungen sie stehen immer wieder in Verruf, gelten allgemein als wahrgenommen und bitter bereut. Wenn nun heute alle sog. „Bausünden“ und sind wiederkehrend Gegenstand als Bausünden geltenden Bauten der Nachkriegsjahre von Abrissdiskussionen. In Bamberg wurde erst in die- abgerissen werden, wer garantiert dann, dass Neubau- sen Tagen das ehemalige Kreissparkassen-Gebäude in ten, die dem heutigen Zeitgeschmack mehr entspre- der Langen Straße abgerissen. Wie auch das ehemalige chen, in gut 20 Jahren nicht wieder zum Gegenstand der Kreiswehrersatzamt besitzen die modernen Bauten nicht gleichen Diskussion werden? immer einen Denkmalwert, und nicht jedes Gebäude, Die heute oftmals ungeliebten Bauten sollten von ihrem das von Abriss bedroht ist, kann zum Gegenstand einer Denkmalwert abgesehen doch vielmehr Teil einer Kont- Denkmalwerte-Diskussion werden. Es ist aber nicht von roverse über den nachhaltigen Umgang mit Baustoffen der Hand zu weisen, dass es insbesondere der moder- werden. Laut Aussagen des Architekten Muck Petzet nen Architektur der Nachkriegsjahre in großen Teilen der besitzt nämlich jedes Gebäude einen (wenn auch nicht Bevölkerung an einer Lobby fehlt und mögliche kulturel- unbedingt einen ja rein subjektiven ästhetischen) Wert, le Werte ebenso übersehen werden wie die in solchen da es sog. „graue Energien“ besitzt. Das sind die Ener- Gebäuden schlummernden nutzbaren Ressourcen. gien, die für die Entstehung eines Gebäudes und die Von den hiesigen Politikern wurde der Komplex des spätere Entsorgung anfallen. Diesen Werten sollten in Kreiswehrersatzamtes als „Bausünde“ bezeichnet; Zu einer nachhaltig denkenden Gesellschaft doch neben dieser Aussage dürften wohl überwiegend ästhetische den ästhetischen auch ein Platz eingeräumt werden. Das Gründe veranlasst haben, denn der 60er Jahre Bau passt Kreiswehrersatzamt wird nun als gutes Beispiel vorange- weder vom Stil, noch von den Baumaterialien, die in der hen für die Weiterentwicklung vorhandener Bausubstanz heutigen Zeit noch dazu oft als billig und hässlich wahr- und die Nutzung grauer Energie. Und die zukünftigen genommen werden und von minderer Qualität scheinen, Bamberger Generationen werden sich vielleicht darüber weil sie schlecht altern, in ein Stadtbild, das vom ausge- freuen, dass sie noch ein „Relikt“ aus den 60er Jahren in henden 19. Jahrhundert geprägt wird. Dass sich der Bau ihrer Mitte wissen – diese sind in Bamberg nämlich rar. 22 Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Der wohl größte Schatz des Gebäudes: ein eindrucksvoller, großzü- giger Innenraum, der die Ruhe und Klarheit der 1960er ausstrahlt. Er sollte der Umnutzung zum neuen Rathaus nicht zum Opfer fallen. Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017 23
DENKMALWEITER . . . Vom Bauen in der Politik Architektur-Metaphern in der öffentlichen Sprache Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Manfred F. Fischer In Politik und Öffentlichkeit muss man überzeugen oder überreden, also immer auch viel sprechen. Staubtrocken oder gelehrt darf die Sprache dabei nicht sein, sondern mitreißend oder gewinnend, sei es in streitbarer oder erfreuender Rede, immer auch bildhaft und konkret. Aristoteles unterscheidet in sei- ner berühmten „Rhetorik“, also der Theorie der Be- redsamkeit, die unterschiedlichen Sprachebenen, die man hier beachten muss. Zu den Überzeugungsme- thoden gehört dabei vor allem die Fähigkeit, die Hö- rer in eine gewisse Stimmung zu versetzen. Alle erfolgreichen Politiker bedienen sich bei öffent- lichen Auftritten daher einer plastischen Sprache mit Metaphern des Vergleiches, um etwas Abstraktes kon- kret und verständlich zu machen, aus einem Instinkt heraus, der in der Natur liegt. So haben viele von ih- nen eine ganz spezifische, ihnen eigentümliche Rede- weise angenommen. Die Art ihrer Metaphern gehört zu dem Bereich ihres Wesens, in dem persönliche Erfahrungswelten und Vorlieben den Stil bestimmen. Unseren früheren bayerischen Ministerpräsidenten etwa erkannte man an seiner Vorliebe für Metaphern aus der Welt des Sports, vor allem des Fußballs. An- dere Prominente lieben eher die Welt der Fauna und Vom Bauablauf übernimmt ebenfalls mancher die Me- der Flora, oft auch der Musik. taphern in andere Lebensbereiche. Da werden in den Von all diesen Bilderwelten in unserer Sprache sind Parteiprogrammen Grundsteine gelegt zu künftigem aber die aus dem Feld der Architektur und des Bauens Handeln, jemand vollzieht den ersten Spatenstich von die am häufigsten gebrauchten. Bedeutet doch ein etwas, es entstehen also allenthalben gebaute politi- Haus, ein Gebäude das Bergende schlechthin für den sche Produkte. Menschen, sei es öffentlich oder privat, als Sicherheit Dem Überwinden politischer Hindernisse dient dabei bietender Schutz. Die Architektur liefert immer ein- stets die Metapher von der Brücke, die den Vorteil des gängige Bilder, deren Sprache sehr wirksam ist. Dies Verbindenden, Ausgleichenden hat. Dort, wo man auch deshalb, weil sie in der Regel einen Plan, ein Ar- Brücken schlägt, oder Brücken baut, gibt es Hoffnung, beitsprogramm voraussetzt, so wie die Politik Pläne, gibt es die Möglichkeit, Gegensätze aufzulösen und Programme, Grundsätze und Ziele definieren und in Einigkeit, zumindest Duldung zu erzielen. der Tat umsetzen muss, wenn sie erfolgreich sein will. Am häufigsten wird beim Bauen das Feld der Konst- Betrachten wir einige Beispiele für diese Bildsprache: ruktion, also das der einzelnen Teile und Schritte am Schon im Neuen Testament wird mit dem Bild des Bau bemüht, als Sinnbild für alles gestaltend formen- Hüttenbauers (Math. 17.4) das Seßhaftwerden und de, zusammenfügende Handeln, also das Schöpfe- Ansiedeln schlechthin angesprochen. Man bezeich- rische Tun, das bei der Baukunst als der dienenden net einen erfolgreichen Politiker rückblickend gerne und erfreuenden, ja dann auch bergenden Kunst die als einen Architekten des in seiner politischen Arbeit passendsten Bilder findet. Erreichten oder als den Baumeister eines Werkes von Bestand und Bedeutung, dieses gleichsam als ein ge- Eine wichtige und erfolgreiche Entscheidung in der bautes Gebilde vorstellend. Aus dem Handwerk im Politik markiert dann einen Eckpfeiler für künftiges Bauwesen kommen die einprägsamsten Bilder, deren Handeln, ein Programmpunkt wird zur Säule oder zur Herkunft viele heute schon gar nicht mehr wahrneh- Stütze von Entscheidungen. Grundsätzliches nennt men: Das trifft den Nagel auf den Kopf oder man muss man meist die Basis für zukünftige Politik. Zusammen- eben ein dickes Brett bohren sind umgangssprachlich fassendes oder Visionäres wird geäußert im Sinne des gewordene, für jedermann sofort verständliche Aus- Bogens, der gespannt wird. drücke. 24 Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Wege von Entscheidungen vollziehen sich in Form von Zweckmäßigkeit, bleibt bei allen ästhetischen Fragen Korridoren, durch Türen zu oder Fenstern nach einem aber immer sehr konkret, da stets zweckbestimmt. politischen Ziel. Besonders gerne wird abschließend Ganz im Gegensatz dazu steht aber eine erschrecken- oder übergreifend das Haus als ganzes bemüht, sei es de Dürftigkeit der Sprache immer dann, wenn im öf- beim überwölbenden Lebenswerk oder –leistung, sei fentlichen Leben, und dies nicht nur von Laien, son- es bei der Dachorganisation als politischer Handlungs- dern auch von Fachleuten versucht wird, Architektur ebene. Geht es in der Politik gar über das Land hinaus, selbst zu beschreiben oder zu beurteilen. Hier finden also in übergreifende Bezüge, dann ist auch mit dem sich immer wieder die gleichen stereotypen Ausdrü- Bild vom Hause Europa in keinem Falle fehlgegriffen. cke und Leerformeln. Eine Kirche ist da meist aufstre- Die Bauten selbst oder zumindest ihre Räume als Bilder bend oder hochragend, Sakralbauten sind natürlich finden sich ebenso häufig, sei es bei der Nischenexis- grundsätzlich altehrwürdig, Staatsbauten, Schlösser tenz, der Kellerexistenz, dem Schlupfloch, in dem sich oder Paläste zeigen sich prächtig, alte Straßenzüge jemand befindet, oder durch das er sich dem Zugriff sind heimelig, um nur einige Beispiele zu nennen. entzieht. Politisch Scheiternde stehen schließlich stets Doch dies ist nicht der einzige Mangel, der zu bekla- vor den Trümmern ihrer Hoffnungen oder ihres Tuns. gen ist. Man möchte glauben, bei der Beliebtheit der Wenn auch nicht wörtlich, so doch im übertragenen Welt des Bauens und räumlichen Gestaltens in der öf- Sinne ist diese Erfahrungswelt des Bauens einem brei- fentlichen Rede sei dies auch in der Welt der Entschei- ten Publikum gut vermittelbar. Ihre Symbolik ist geeig- dungen ein wichtiges Anliegen. Aber weit gefehlt: es net bei allem, was in der Gestaltung eingesetzt wird, gibt heute leider kaum einen Bereich des täglichen da nichts ohne räumliches Denken vorstellbar zu sein Lebens, in dem die Ansprüche an Qualität und Schön- scheint: Ideen, logische Gebilde, Pläne, Projekte, gleich heit so niedrig gehalten werden wie in der Architektur. welcher Art und in welchem Gedankenzusammen- Wirklich bemerkenswertes neues Bauen ist so selten hang, sind immer darstellbar durch die Übertragung geworden wie die Rettung des bedrohten Alten im in die Bildersprache des Bauens, des Handwerks und Kampf der Werte. der Architektur. Man muss sich also wieder um die Propagierung von Das hat sicher auch mit der Dauerhaftigkeit, der Ver- Baukultur kümmern. Deren Pflege bedarf aber vor al- bindlichkeit des bergenden Gehäuses beim Bauen zu lem des Rückgrates bei Entscheidungsträgern. Könn- tun. Bauen ist die grundlegendste unter den Künsten, ten wir uns darauf verlassen, dann hätten wir ein soli- es verbindet nach Vitruv die Erwartung von Schön- des Fundament in der öffentlichen Meinung, auf dem heit und Anmut mit der Hoffnung auf Festigkeit und sich aufbauen ließe. Herbstvortragsreihe 2016 Rückblick und Dank an die Referenten Das große Interesse an der ersten Herbstvortragsrei- humorvollen Blicks auf die Kunst und damit auch auf he im Jahr 2015 hat uns dazu bewogen, auch 2016 unsere Denkmäler lautete: „Sehen - Entdecken - Erin- wieder namhafte Referenten für eine vierteilige Reihe nern. Oder: die vogelfreie Kunst?“ Der Verein möch- einzuladen. te mit dieser Vortragsreihe seinem Vereinszweck und Auftrag nachkommen, als Gemeinnützige Vereinigung Den Anfang machte der bekannte Bamberger Archi- zum Schutz Bamberger Kulturdenkmale für die Erhal- tekturfotograf Uwe Gaasch mit seinem Vortrag „Foto- tung und Pflege der Altstadt sowie aller schutzwür- kampagnen: Einblicke in die Vergangenheit - Grundla- diger Bausubstanz in Bamberg zu werben. Informa- gen für die Zukunft“. Es folgte Prof. Dr. Rainer Drewello tionen und das Wissen über Denkmäler sind erste von der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, der über Schritte für das Erkennen und damit das Bewahren Aktuelles aus dem Themenkomplex der Restaurie- unserer Kunstdenkmäler. Im Anschluss an die öffent- rungswissenschaften berichtete. Aus Berlin reiste Prof. lichen Vorträge im Haus der Schutzgemeinschaft lud Dr. Adrian von Buttlar an. Er stellte die Frage „Wem ge- der Verein zum fachlichen Austausch und interessan- hört der Denkmalschutz? - Vom Gebrauch und Miss- ten Gesprächen ein. brauch unseres Architekturerbes“. Wir bedanken uns herzlich bei den Referenten. Die Reihe endete mit einem Vortrag von Professor Manfred F. Fischer, dem früheren Leiter des Denk- Die stets gut besuchte Vortragsreihe möchten wir malschutzamts in Hamburg, der seinen Wohnsitz auch 2017 fortsetzen. Die Termine werden rechtzeitig nunmehr in Bamberg hat. Der Titel seines durchaus bekannt gegeben. Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017 25
DENKMALWEITER . . . Dr.-Ingo-Fessmann-Preis 2016 Zurück zu den Anfängen Mittlerweile ist der von Herrn Dr. Ingo Feßmann initi- Bei der Verleihung des Preises wurde außerdem be- ierte und von ihm unterstützte Förderpreis ein fester rücksichtigt, dass sich Herr Hugel der alten Bausubs- und abwechslungsreicher Bestandteil unserer jährli- tanz behutsam genähert und seine Wohnbedürfnisse chen Hauptversammlung. ihr untergeordnet hat. Bemerkenswert ist hierbei die gelungene Nutzung der Durchfahrt. Eine besondere Anlass für diesen Preis war, dass immer häufiger schö- Herausforderung, da diese nicht – wie sonst üblich – ne (und sinnvolle) Gestaltungsdetails bei der Sanie- quer, sondern längsseits zum Haus verläuft (s. Abb. rung von Denkmälern verschwanden. In erster Linie unten). sind dies Fensterläden oder Verzierungen der Haus- fassade, die oft als unnütz und daher wenig erhaltens- Wir sagen nochmals vielen Dank dem Stifterehepaar wert angesehen werden. Feßmann und Herrn Hugel für den Erhalt eines Stück- chens der unteren Gärtnerei. Mit dieser finanziellen Unterstützung wollen wir als Verein Anerkennung zeigen und die Bemühungen der Hauseigentümer würdigen, die diese Feinheiten eben nicht „weg sanieren“, sondern sich oftmals liebevoll um deren Erhalt bemühen. Außergewöhnlich: Die Einfahrt durchquert das Haus längsseits. So auch bei unserem Preisträger im vergangenen Herbst: Ein Gärtnerhaus in der Münzmeisterstraße 1 in Bamberg. Dieses hat Herr Harald Hugel für sich und seine junge Familie mit sehr viel Engagement und Eigenleistung wieder instand gesetzt, nachdem es viele Jahre unbe- wohnt war. Den Preis verliehen wir für seinen Einsatz beim Erhalt der noch vorhandenen Fensterläden, die er gekonnt aufar- beiten ließ und mit einem neuen Anstrich dezent in die neue Farbgebung der Fassade wieder eingefügt hat. 26 Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
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