DENKMALWEITER Bambergs vergessene Denkmäler - Schutzgemeinschaft Alt ...

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DENKMALWEITER Bambergs vergessene Denkmäler - Schutzgemeinschaft Alt ...
Heft 9 - Ausgabe 1/2017
                                                                     Heft 9 - Ausgabe 1/2017

                          DENKMALWEITER . . .
Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V.

                           Bambergs vergessene Denkmäler
Kreiswehrersatzamt - abreißen oder erhalten?  Eine unbekannte Welt: Das Konversionsgelände
DENKMALWEITER Bambergs vergessene Denkmäler - Schutzgemeinschaft Alt ...
DENKMALWEITER . . .

Editorial                      Denkmalpflege für die Zukunft
                                Seit mehreren Jahren schwelt                      ständnis, ihre Kriterien und ihre obrigkeitsstaatlichen
                                eine Debatte um Nutzen, Zie-                      Verfahren umstritten, vor allem weil das Handeln der
                                le, Inhalte und Instrumente des                   amtlichen Denkmalpflege oft beliebig, nicht nachvoll-
                                Denkmalschutzes. Immer wieder                     ziehbar und intransparent erscheint. Ohne öffentliche
                                hört man Fragen wie „was kann                     Bewusstseinsbildung und bürgerliches Engagement
                                und muss die heutige Denkmal-                     ist aber eine wirkungsvolle Denkmalpflege heute nicht
                                pflege für die Stadt der Zukunft                  mehr denkbar.
                                leisten?“. Oder „wodurch können
                                                                                  Unser Verein sieht sich daher weiter in der Verantwor-
                                öffentliche Bewusstseinsprozesse
                                                                                  tung, Denkmalpflege und Denkmalschutz ins öffent-
                                über Denkmäler und zivilgesell-
                                                                                  liche Bewusstsein zu rücken. Wir sehen es deshalb
                                schaftliches Engagement für ih-
                                                                                  als unsere Aufgabe an, dass Denkmäler nicht verges-
                                ren Erhalt gefördert werden?“.
                                                                                  sen werden und es Sinn und Zweck des bayerischen
     Auch unser Verein stellt sich diese Fragen immer wie-                        Denkmalschutzgesetzes ist, dass auch Behörden hier
     der.                                                                         ihren Beitrag leisten bzw. Eigentümer von Denkmä-
                                                                                  lern, die diese vernachlässigen, auf dem Denkmalwert
     Oft haben wir den Eindruck, dass die an Denkmal-
                                                                                  und die Notwendigkeit der Denkmalpflege hinweisen.
     schutz und Denkmalpflege beteiligten Institutionen
                                                                                  Denkmalpflege und Denkmalschutz bleiben nicht ste-
     angesichts der rasanten und tiefgreifenden Verän-
                                                                                  hen, sie entwickeln sich weiter. Was vor wenigen Jah-
     derungen der Städte überfordert wirken. Das zeigte
                                                                                  ren nicht beachtet oder links liegen gelassen wurde,
     sich beispielsweise am Quartier an den Stadtmauern;
                                                                                  mag heute oder in der Zukunft als besonders prägen-
     nur durch immenses bürgerschaftliches Engagement
                                                                                  des Beispiel für eine Epoche und einen zeitgemäßen
     konnten die Notwendigkeit von Denkmalschutz und
                                                                                  Baustil dienen und so zum Denkmal werden. Deshalb
     der Denkmalwert des Quartiers beim Eigentümer ins
                                                                                  werden wir uns heute und in Zukunft Gedanken da-
     Bewusstsein gerückt werden, so dass nun ein, auch
                                                                                  rüber machen, was die Denkmalpflege für die Stadt
     für die im Bereich des Denkmalschutzes tätigen Ver-
                                                                                  von morgen leisten kann und muss. Wir werden hier
     eine und die hier engagierten Personen, akzeptables
                                                                                  Impulse geben.
     Ergebnis zu erwarten ist.
                                                                                                                           Dr. Jörg Händler
     Es geht aber beim Denkmalschutz und bei der Denk-
                                                                                                                            1. Vorsitzender
     malpflege nicht nur um mehrere 100 Jahre alte Bauten
     oder Gebäude um die Jahrhundertwende. Insbeson-
     dere Bauten der 1950-er bis 1970-er Jahre werden
     mit zeitgemäßen Ansprüchen an Effizienz, Behinder-
     teneignung und Nachhaltigkeit konfrontiert; solche
     Bauten genießen wenig Wertschätzung, finden aber
     heute mit ihren ästhetischen und städtebaulichen
                                                                                      Inhalt
     Qualitäten bei jüngeren Generationen zunehmende                                  Editorial                                        2
     Akzeptanz. Allerdings sind diese Bauten besonders
     in Stadtzentren einem immer stärker werdenden                                    Titelthema: Bambergs „Rote Liste“                3
     ökonomischen Verwertungsdruck ausgesetzt. Dabei                                  Titelthema: Vergessene Denkmäler                 6
     bleiben die kulturelle Identität und das soziale Gefüge
     der Stadt oft auf der Strecke. Hier wird der Denkmal-                            Die U.S.-Kaserne - eine unbekannte Welt         10
     schutz für Aufwertungs- und Verdrängungsprozesse                                 Gärten und Parks in Berlin und Potsdam          14
     missbraucht: Nur deshalb konnte es zu der Diskussion
     um den Abriss des Kreiswehrersatzamtes kommen,                                   Ein Park in Bamberg: Der Harmoniegarten         18
     welches nach Auffassung vieler nicht zu der umge-                                Die neuen Bamberger Gespräche                   21
     benden Bebauung passt und eine „Bausünde“ darstel-
     le (siehe Seite 22). Oft zählt der Anmutszauber der                              Zur Diskussion ums Kreiswehrersatzamt          22
     Geschichte mehr als die ethische, politische und auch                            Prof. Dr. Fischer: Vom Bauen in der Politik    24
     kritische Dimension.
                                                                                      Rückblick auf die Herbstvortragsreihe 2016     25
     Heute stellen sich darüber hinaus Fragen nach der
     sozialen Verantwortung oder dem Verhältnis von                                   Dr.-Ingo-Fessmann-Preis 2016                   26
     Migration und Kulturerbe. Die Diskussionsgrundla-                                Denkmal des (Halb-)Jahres                      27
     gen werden erweitert. Denkmalämter drängen auf
                                                                                      Termine / Mitgliedsantrag                      28
     Kompetenzerweiterungen. Allerdings sind Selbstver-

 2   Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
DENKMALWEITER Bambergs vergessene Denkmäler - Schutzgemeinschaft Alt ...
Lokschuppen Gundelsheimer Straße   Untere Königstraße 13/15              Untere Königstraße 17                             Mittelstraße 72

                                   Traurige Bilanz der Stadt
                                   Bambergs „Rote Liste“
                                   der bedrohten Denkmäler
Hellerstraße 13 / Rückgebäude                                                                                             Nebinger Hof 25

                                   Auf dieser Seite sehen Sie jene 18 Denkmäler, die aus Sicht des Bau-
                                   referates aktuell besonders gefährdet sind, verloren zu gehen.
                                   Wir begrüßen, dass ein Augenmerk auf diese Entwicklung gelegt
                                   wird. Ebenso teilen wir die Auffassung, dass diese Bauten erhaltens-
                                   würdig sind.
                                   Und doch, halten wir diese Liste auch deswegen für sehr aufschluss-
                                   reich, weil sie viel über die Sichtweise der Stadtverwaltung offenbart.

Hainstraße 11
                                   Denn zum einen übersieht sie eine ganze Reihe von ähnlich bedroh-                      Letzengasse 3
                                   ten historischen Bauten, die wir in dieser Ausgabe gerne ergänzen.
                                   Zum anderen stellt die traurige Tatsache, dass der Großteil bereits
                                   2006 in dieser Aufzählung stand, die Frage, ob man diese Liste bis-
                                   her tatsächlich ausreichend als Aufforderung zum zügigen und en-
                                   gagierten Handeln begriffen hat.
                                   Doch lesen wir auf der nächsten Seite zunächst den ausschlagge-
                                   benden Artikel im Fränkischen Tag vom 09.01.2017...

Erba-Wasserturm/Batteurhalle                                                                                               Koppenhofgasse 1

Oberer Stephansberg 42             Gaustadter Hauptstraße 31             Siechenstraße 23                                  Moosstraße 46

Judenstraße 1                      Buger Hauptstraße 4                   Siechenstraße 8                                   Obere Sandstraße 20

                                                                Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017   3
DENKMALWEITER Bambergs vergessene Denkmäler - Schutzgemeinschaft Alt ...
DENKMALWEITER . . .
    Fränkischer Tag vom 09.01.2017:

4   Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
DENKMALWEITER Bambergs vergessene Denkmäler - Schutzgemeinschaft Alt ...
Die „Rote Liste“ - nur die halbe Wahrheit
Eine Aufforderung zum Handeln!
Ein trauriges Zeugnis: In zehn Jahren hat sich die Anzahl         in der Rettung ihrer Traumhäuser, die Verwaltung würde
der stark bedrohten Denkmäler kaum verringert. Umso               ihre Aufgabe erfüllen, dieses Erbe zu erhalten.
beschämender, da diese Liste die Misere nicht vollstän-
                                                                  3. Durch Förderung:
dig erfasst. Tatsächlich zeigt sie bislang nur die halbe
                                                                  Nicht zuletzt ist neben der Beratung und Vermittlung eine
Wahrheit. Es fiel uns leicht, sie auf die doppelte Länge zu
                                                                  spürbare finanzielle Unterstützung wichtig. Diese gab es
erweitern. Bislang fehlen jene gefährdeten historischen
                                                                  bereits. Das „Bamberger Modell“ zur unbürokratischen
Gebäude, die entweder bewohnt sind oder zwar denk-
                                                                  Hilfe für private Denkmalbesitzer wurde zurecht weit
malwürdig wären, aber (noch) nicht als Einzeldenkmal
                                                                  über die Stadtgrenzen hinaus gerühmt. In den 1970er
aufgenommen wurden - etwa die stadteigene ehemalige
                                                                  Jahren schüttete die Stadt oft noch über 500.000 Euro
Gärtnerei Rost in der Färbergasse, die Kunstgärtnerei am
                                                                  aus, einzelne Vorhaben erhielten so durchaus fünfstelli-
Michelsberg oder eines der ältesten Häuser Gaustadts in
                                                                  ge Hilfen. Der Stadtbaudirektor Hans Rothenburger, der
der Flößergasse. Wir bieten gerne unser Hilfe an und ver-
                                                                  das Modell einst ins Leben gerufen hatte, wurde von OB
suchen, die Liste in dieser Ausgabe etwas zu vervollständi-
                                                                  Röhner mit den Worten in den Ruhestand verabschie-
gen. Eine lückenlose Erfassung ist der erste Schritt, um die
                                                                  det: „Schon von vielen Kommunen werde diese vorbildli-
Lage wirklich angehen und verbessern zu können.
                                                                  che Bezuschussung praktiziert, die eine unbürokratische
Im übrigen stellt sich das Baureferat hilfloser dar, als es       Hilfe im Sinne einer effektiven Denkmalpflege darstelle“.
wirklich ist. Die Aussage, es gebe kaum Möglichkeiten             Dieser erwiderte die Würdigung mit der Erkenntnis: „Da-
auf Denkmalbesitzer einzuwirken, stimmt nicht. Zur Ret-           mals ist mir das Einfachste eingefallen, und das muss ei-
tung einzigartiger Schätze vor „schwarzen Immobilien-             nem auch einfallen, wenn man eine Stadt wie Bamberg
schafen“ sieht das Bayerische Denk-                                                    retten will.“ (FT vom 31.12.1982).
malschutzgesetz sogar Mittel bis
                                             Das „Bamberger Modell“                   Diesem so einfachen wie erfolgrei-
zur Enteignung vor (Art. 18 DSchG).
                                               wurde ausgetrocknet.                   chen Projekt hat Bamberg wesent-
Dazu braucht es freilich Mut. Dass
                                                                                      lich seinen heutigen Welterbestatus
dies möglich ist, zeigt ein Blick nach       Die Satzung der Stiftung                 zu verdanken. Im Bewusstsein dieser
Kulmbach. Dort wurde erst kürzlich         Weltkulturerbe muss wieder                 Bedeutung, wurde auf Anstoß von
die Enteignung eines verwahrlosten          auf die ursprüngliche Fas-                OB Lauer 2003 die Stiftung Weltkul-
Wohnhauses (ein Werk des Bamber-           sung zurückgeführt werden.                 turerbe ins Leben gerufen. Sie sollte
ger Architekten Chrysostomus Mar-
                                                                                      das „Bamberger Modell“ dauerhaft
tin) beschlossen.
                                                                                      finanziell absichern. Dazu waren ca.
Glücklicherweise sind diese Spekulanten laut dem FT-              80% der jährlichen Ausschüttung für die Unterstützung
Artikel in Bamberg in der Minderheit, so dass man kaum            privater Denkmalbesitzer vorgesehen. Eine fatale Sat-
mit diesem letzten Ausweg drohen müsste. Wenn man                 zungsänderung im Jahr 2011 stutzte diese Summe radikal
sich zu Sanktionen gezwungen sieht, ist es meist ohnehin          auf 30%. Seitdem fließt ein Großteil der Fördergelder in
schon zu spät. Im Vordergrund muss daher eine enga-               prestigeträchtige Leuchtturmprojekte der Stadtverwal-
gierte und offensive Unterstützung stehen:                        tung (Nürnberger Straße 2, Villa Schröppel, Tabakscheu-
                                                                  ne), während Privatleute in deren Schatten stehen und
1. Durch Beratung:
                                                                  klagen, sie müssten lange warten, um schließlich mit ge-
Hier gibt sehr kluge Ansätze der Stadt, wie die im Ar-
                                                                  radezu lächerlichen Beträgen abgespeist zu werden. Das
tikel erwähnte Zusammenarbeit mit Studierenden
                                                                  „Bamberger Modell“ wurde ausgetrocknet. Die entspre-
der Denkmalpflege im Fall der Koppenhofgasse 1.
                                                                  chende Änderung der Satzung der Welterbestiftung war
Dieser Weg hat eine Intensivierung verdient! Mit dem
                                                                  ein massiver Fehler und sollte vom Stadtrat dringend auf
Lehrstuhl für Denkmalpflege, hervorragenden Fachleu-
                                                                  die ursprüngliche Fassung zugunsten der Bürger und dem
ten und spezialisierten Handwerkern vor Ort, könnten
                                                                  Erhalt wertvoller Bausubstanz zurückgeführt werden.
die Voraussetzungen günstiger kaum sein.
                                                                  Noch ist es nicht zu spät für eine Rückbesinnung ... doch
2. Durch Vermittlung:
                                                                  mit jedem Zögern rückt die Unrettbarkeit von Bambergs
Wenn die Objekte leer stehen oder die bisherigen Eigen-
                                                                  meist bedrohten Denkmälern näher.
tümer selbst sich nicht in der Lage sehen, die zugegebe-
nermaßen große Aufgabe einer Sanierung anzugehen,
                                                                  Auf den folgenden Seiten stellen wir ihnen 18 weitere, au-
dann kann die Vermittlung an vertrauenswürdige und
                                                                  genscheinlich gefährdete, denkmalwürdgie Gebäude vor,
bereitwillige Käufer eine Alternative sein. An uns treten
                                                                  die auf der offiziellen Liste unerwähnt blieben. Sie tragen
immer wieder Interessenten heran, die auf unserer Inter-
                                                                  ebenso zum Wert unserer Stadt bei und benötigen Un-
netseite die Liste der gefährdeten Bauten sehen und ihre
                                                                  terstützung bei ihrem Erhalt.
Hilfe anbieten. Wir verweisen stets an die Denkmalbe-
hörde im Baureferat und würden uns sehr freuen, wenn              Auch diese Liste ist sicher nicht allumfassend. Wir sind
sie dort die verdiente Unterstützung erhielten. Damit             dankbar für Ihre Meldungen weiterer gefährdeter Denk-
wäre allen gedient - die bisherigen Besitzer bekämen              mäler in unserer schönen Stadt, die ebenso unsere Auf-
eine Bürde abgenommen, die Sanierer fänden Erfüllung              merksamkeit verdienen.

                                                           Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017   5
DENKMALWEITER Bambergs vergessene Denkmäler - Schutzgemeinschaft Alt ...
DENKMALWEITER . . .

Beispiele von unerwähnt gebliebenen, sanierungsbedürftigen denkmalwürdigen Gebäuden:

           Vergessene Denkmäler
           - die andere Hälfte der Wahrheit

Unser Titelbild: Riegelhof, Concordiastraße 11

Mittelstraße 65                                                                             Färbergasse 28

       6   Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
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Kleberstraße 17                   Siechenstraße 74

Egelseestraße 25                  Sonnenplätzchen 2

Koppenhofkaserne                  Flößergasse 6

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Frauenstraße 21                                       Frauenstraße 24                                    Frauenstraße 27 und 29

Vorderer Graben 36                                                                      Judenstraße 16

       8   Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
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Mittlerer Kaulberg 17                 Michelsberg 25

                                      Schillerplatz 12

                                   Die Besitzer dieser mehr oder weniger gefährdeten weite-
                                   ren Denkmäler brauchen ebenso die Aufmerksamkeit und
                                   Unterstüzung wie zahllose weitere Bambergerinnen und
                                   Bamberger, die gerne ihre Fassade, ihre historischen Fens-
Elisabethenstraße 1
                                   ter und Türen, ihre Keller und Gärten erhalten möchten -
                                   unsere Altstadt braucht das Bamberger Modell!

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DENKMALWEITER Bambergs vergessene Denkmäler - Schutzgemeinschaft Alt ...
DENKMALWEITER . . .
     Einblicke in ein potenzielles Denkmal

     Die Kaserne - eine unbekannte Welt

                                                                                       Ehemaliges „Head-Quarter“, nun Teil der Polizeischule

     Bambergs Osten wurde von der Landwirtschaft, von                             Das Gebiet wird vor allem als Spielball der großen Poli-
     der Industrie, aber nicht zuletzt auch vom Militär                           tik von Bund und Land zwischen Flüchtlingsunterkunft
     entscheidend geprägt. Beginnend mit der heutigen                             und Bundespolizeischule wahrgenommen - darüber
     Lagardekaserne, noch zu königlich-bayrischer Zeit im                         hinaus als begehrtes Spekulationsobjekt für dringend
     19. Jahrhundert, spiegeln sie auf einer unübersehba-                         benötigte Wohnungen und Gewerbeflächen. Was da-
     ren Fläche die Geschichte von über einhundert Jahren                         bei unter die Räder zu geraten droht, ist das Erhal-
     der Stadtentwicklung wieder. Nirgends lassen sich die                        tenswerte, an dem die Historie ablesbar bleibt. Das
     prägenden Episoden des vergangenen Jahrhunderts                              betrifft die Struktur als Ganzes ebenso wie die De-
     besser ablesen: den Ersten Weltkrieg (etwa am Ku-                            tails - vom Offizierskasino der Panzerkaserne bis zum
     gelfang in Kramersfeld), die Zeit der Entmilitarisierung                     zweisprachigen Straßenschild. Es wäre ein Jammer,
     der Weimarer Republik (an der zu Produktionsstätten                          wenn wir in Jahrzehnten vor einer abgeschlossenen
     umfunktionierten Munitionsanstalt „MUNA“), die Auf-                          Konversion stehen, die kaum mehr hinterließ als eine
     rüstung im „Dritten Reich“ und den Zweiten Weltkrieg                         ges(ch)ichtslose Fläche.
     (z.B. an der Panzerkaserne an der äußeren Zollner-
     straße), nicht zuletzt die vergangenen siebzig Jahre, in                     Wie konkret diese Gefahr ist, kann man an der MUNA
     denen sich die U.S.-Army von Besatzern zu befreun-                           gut erkennen, an der die Planung eines Gewerbege-
     deten Verbündeten entwickelte (gut erkennbar an                              bietes die vorhandene Geschichte völlig ausblendet.
     „Klein Amerika“ in der Flynn-Area). Genau das macht                          Ein hundertjähriges Areal wird behandelt wie leeres
     den hohen Stellenwert dieser Gebäude als (künftiges)                         Ackerland. So werden beispielsweise Gebäude über-
     Denkmal aus.                                                                 plant, in denen die Anfänge des Luftfahrtpioniers
                                                                                  Messerschmitt liegen, als wären sie nicht vorhanden.
     Diese Bedeutung lenkt den Blick der Schutzgemein-
     schaft Alt Bamberg auf dieses Areal. Man mag sich                            Auch die ehemalige Panzerkaserne gibt Grund zur
     wundern, denn es liegt weit weg vom Welterbe der                             Sorge. Zu Beginn des Konversionsprozesses versprach
     Altstadt, nur ein Bruchteil des Bestands steht unter                         man eine Öffnung des so lange abgeschotteten Areals,
     Denkmalschutz, viele Bamberger haben nie einen Fuß                           neue Durchfahrtswege von Nord nach Süd und eine
     in dieses abgeschottete Gelände gesetzt und würden                           Aufwertung des traditionell eher stiefmütterlich behan-
     daher (vermeintlich) nichts vermissen. Doch gerade                           delten Stadtteils Bamberg-Ost. Neue Wohnquartiere,
     deshalb, droht vieles verloren zu gehen. Denn ge-                            Gewerbe, Parks - Ideen, die in diversen „Arenen“ mit
     nau diese Rolle als „Terra incognita“ macht es so ver-                       großer Bürgerbeteiligung erarbeitet und angepriesen
     lockend, das Vorhandene zu ignorieren und, falls es                          wurden. Die Nachbarn in der Gartenstadt und am Sta-
     Planungen im Weg steht, einfach zu tilgen.                                   dion freuten sich auf diese ersehnte blühende Zukunft.

10   Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Einer von vielen spannenden Plätzen. Links, der in Planungen vorgesehene Standort der Montessori-Schule.

Die geweckten Erwartungen wurden nun bitter ent-                men können, ohne die vorhandene Bausubstanz stö-
täuscht. Der Bund nutzt das Areal auf unabsehbare               ren oder gar zerstören zu müssen. Dennoch ist der
Zeit als Ausbildungszentrum der Bundespolizei und               Planungsstand noch früh und böse Überraschungen
belässt die Umzäunung aus militärischen Zeiten bei.             immer denkbar. Wir wollen den Konversionsprozess
Man darf fragen, ob eine Polizeischule tatsächlich              daher mit offenen Augen begleiten, denkmalwertes
genauso durch Anschläge gefährdet ist oder ebenso               herausarbeiten, mithelfen, gute Konzepte und Kom-
viele Gründe für eine Geheimhaltung birgt wie eine              promisse zu erarbeiten. Auch das Zwanzigste Jahr-
Kaserne. Die Begründung für diese Ausgrenzung der               hundert braucht seine Denkmäler, damit unsere Zeit
Bürger und die Verweigerung, wenigstens Passagen                und die unserer Eltern und Großeltern Spuren für die
zu ermöglichen, erscheint uns nicht schlüssig. So               Zukunft hinterlässt.
bleibt das Areal ein Fremdkörper, der wie ein breiter           Ein erster Schritt, den Denkmalwert einschätzen zu
Riegel den Osten der Stadt durchtrennt.                         können, ist das Kennenlernen dieser Welt, welche die
Nicht zuletzt aus denkmalpflegerischer Sicht wirft die-         meisten Bürgern unserer Stadt bislang nie sehen durf-
se Entwicklung Fragen auf, denn solange das Gebiet              ten. Mit einigen biespielhaften Bildern auf diesen und
in staatlicher Hand bleibt, ist nicht nur der Einfluss der      den folgenden Seiten möchten wir daher einen exklu-
Bürger in Form des Stadtrats und der Stadtverwaltung,           siven Einblick in diese verborgene Welt gewähren.
sondern auch der Denkmalbehörden nahezu blo-
ckiert. Immerhin werden die Gebäude vorläufig ähn-
lich genutzt, wie zu miltärischen Zeiten, so dass ein Er-
halt nicht akut gefährdet scheint. Doch schon morgen
könnte der Bund neue Ideen für das Areal entwickeln
und größere Umbauten oder Abrisse planen.
Diese Beispiele lassen erahnen, wie dringend eine
fachkundige Fürsprache sein wird. Nicht zuletzt
auch bei der Lagarde-Kaserne, die kürzlich von
der Stadt erworben wurde und nun als erstes Areal
entwickelt werden soll. Dies ist der älteste und sen-
sibelste Teil der Kaserne. Bisherige Planungen sehen
erfreulicherweise einen weitgehenden Erhalt vor.                In der Lagarde haben sich
Sie bietet genug Flächen, die Neubauten aufneh-                 reizvolle Details erhalten, wie
                                                                Halterungen zum Anbinden
                                                                der Pferde.

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DENKMALWEITER . . .

                                                              Auf Schritt und Tritt begegnen
                                                             einem Zeugnisse einer lebendi-
                                                             gen Gemeinschaft und deutsch-
                                                              amerikanischer Freundschaft.
                                                                    Wie lange noch?

                                                               Von oben: J.-F.-Kennedy-Hall
                                                              Geburtsstätte des Bamberger
                                                              Basketballs, U.S.-Adler an der
                                                            ehemaligen Schule, Mulitkonfes-
                                                             sionelle Kapelle, zweisprachiges
                                                            Straßenschild, ein Abschiedsgruß,
                                                                       Skating-Platz.

12   Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Architektonisch wie geschichtlich besonders wertvoll: Das ehemalige Offiziersheim der Panzerkaserne.
Später unter anderem Ort für Empfänge und Bälle der U.S.-Army. Nun Teil des Geländes der Bundespolizei.
                              Aus unserer Sicht unbedingt denkmalwürdig!

                                              Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017   13
DENKMALWEITER . . .

     Fachexkursion Gartendenkmalpflege
     Unterwegs mit Dr. Klaus-Henning von Krosigk in Berlin und Potsdam

                                                      Der „Gläserne Berg“ und das Brunnenparterre von Schloss Sanssouci

     Dieses Angebot konnte die Schutzgemeinschaft nicht                           des berühmten Architekten Hermann Muthesius, der
     abschlagen:                                                                  für Landhausgärten um 1900 steht.
     Nach seinem Vortrag über Gartendenkmalpflege im                              Max Liebermanns Villa am Wannsee, bestes Sommer-
     Rahmen der Herbstvortragsreihe 2015 machte uns Dr.                           wetter und eine exklusive Gartenführung - das bleibt
     Klaus-Henning von Krosigk, ehemaliger stellvertre-                           in angenehmster Erinnerung! Das Gebäude teilt das
     tender Landeskonservator von Berlin, den Vorschlag,                          Grundstück in einen straßen- und einen seeseitigen
     mit einem Bus voll interessierter Bambergerinnen und                         Teil und bildet so den Mittelpunkt des ca. 0,7 ha gro-
     Bamberger nach Berlin zu kommen. Er werde uns die                            ßen Grundstücks. Der Großteil des Gartenabschnitts
     schönsten Plätze und Gärten Berlins zeigen.                                  an der Straße wurde erst in jüngster Zeit rekonstruiert,
                                                                                  da sich dort in den Nachkriegsjahren ein unschöner
     Sein vollständig ausgearbeitetes Programm hatte es
                                                                                  Parkplatz ausgedehnt hatte. Den Abschluss üppig be-
     in sich! Am Anreisetag war der Nachmittag angefüllt
                                                                                  pflanzter und von Buchs umsäumter Beete bildet eine
     mit Besichtigungen des Tiergartenparks, des Kolonna-
                                                                                  sog. „Lindenhochhecke“, die so geschnitten ist, dass
     dengartens auf der Museumsinsel und einigen städte-
                                                                                  sie den Blick auf die Architektursprache des Hauses
     baulich hochinteressanten Plätzen. Nach einer Kaffee-
     pause am Engelbecken des Luisenstädtischen Kanals
     - hier wurde die ehemalige Teilung Berlins besonders
     deutlich - besichtigten wir den Körnerpark - ein Ort,
     der uns mehr als überraschte! Inmitten des dicht be-
     bauten Stadtteils Neukölln liegt dieses 3,6 ha große,
     neubarocke Gesamtkunstwerk, entstanden um 1910 in
     einer ehemaligen Kiesgrube und durch die Privatiniti-
     ative des früheren Besitzers Franz Körner. Er übergab
     das Areal der Stadt mit der Maßgabe, hier einen öf-
     fentlichen Park anzulegen. Durch die Tiefe der Grube
     von ca. 8 Metern entstand so eine außergewöhnliche
     Grünanlage, die heute eine wahre Oase im hektischen
     Stadtleben ist.
     Der zweite Tag begann mit dem Besuch hochwertiger
     Privatgärten, die in der Regel nicht öffentlich zugäng-
     lich sind. Beeindruckt vom opulenten, expressionis-
     tischen Garten der Villa Konschewski (angelegt um
     1922), der sich mit einer imposanten Kombination aus
     Orangerie und Nymphaeum zum Hundekehlensee
     hin öffnet, besichtigten wir anschließend zwei Gärten

14   Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Bild rechts:
Birkenweg im Garten
der Villa Liebermann

Bild rechts außen:
Die Orangerie und das
Nymphaeum der Villa
Kosnchnewski

         nicht verdeckt, sondern diese unterstreicht. Im hinter      Peter Joseph Lennés, dem bedeutendsten Garten- und
         der Villa gelegenen Gartenabschnitt führte uns Dr. von      Städteplaner der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
         Krosigk zunächst durch die seitlich angeordneten, mit       Wer Berlin begreifen möchte, kommt nicht umhin, sich
         Hecken gesäumten und mit Rosen bepflanzten „Kabi-           mit Lenné zu beschäftigen. Herr von Krosigk hat dies
         nette“. Zurück schlenderten wir über den sog. Birken-       im Laufe seiner langjährigen Tätigkeit in Berlin aus-
         weg, der durch Liebermanns Gemälde weltberühmt              führlich getan und konnte unserer Gruppe die Weit-
         geworden ist. Der Künstler selbst hatte mit seinem          sichtigkeit Lennés anhand vieler Beispiele aufzeigen.
         Freund Alfred Lichtwark, einem Gartenreformer, die
                                                                     Den Abend verbrachten wir auf Einladung des Ehe-
         Ideen für seinen Garten geliefert. In seinem „Schloss
                                                                     paars Dr. Ingo und Angelika Fessmann, Mitglieder
         am See“, wie er es nannte, entstand ab 1909 sein um-
                                                                     unseres Vereins und Stifter des jährlichen Dr.-Ingo-
         fangreiches Spätwerk.
                                                                     Fessmann-Preises. In ihrer Berliner Stadtwohnung
         Im Pleasureground von Klein-Glienicke, Teil des Welt-       wurde unsere Gruppe herzlich empfangen und sehr
         kulturerbes „Schlösser und Gärten von Berlin-Pots-          gastfreundlich bewirtet. Zuvor, auch das sollte nicht
         dam“, erläuterte uns Dr. von Krosigk die hohe Kunst         unerwähnt bleiben, hatte uns Dr. von Krosigk spontan
                                                                     ein Gläschen Sekt in seiner Wohnung kredenzt.
                                                                     Erste Station des Sonntags in Potsdam war natürlich
                                                                     der Park von Sanssouci, dessen markanteste Gestal-
                                                                     tungselemente wie der sog. „Gläserne Berg“ auf die
                                                                     Vorstellungen und Wünsche Friedrichs des Großen
                                                                     zurückgehen.
                                                                     Im klassizistischen Schlösschen Charlottenhof beka-
                                                                     men wir Einblick in die Welt des Kronprinzen Friedrich
                                                                     Wilhelm und seiner Frau, Elisabeth Ludovika von Bay-
                                                                     ern, ab 1840 König und Königin von Preußen. Dieses
                                                                     Schlossareal am Rand der Parkanlage von Sanssouci
                                                                     entstand durch Umbauten eines vorhandenen Guts-
                                                                     hofes nach Plänen, die der Architekt Karl Friedrich
                                                                     Schinkel verfasst hatte. Natürlich verfügt es ebenfalls
                                                                     über einen herrlich gestalteten Garten. Hier wurde un-
                                                                     ser abschließendes Gruppenfoto „geschossen“ (bitte
                                                                     umblättern...).

                                                                     Bild links:
                                                                     Die Straßenseite der Villa, davor die Lindenhochhecke

                                                              Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017   15
DENKMALWEITER . . .

     Angefüllt mit einer schier unermesslichen Menge an                           Unser herzlicher Dank geht auf diesem Wege noch-
     Informationen, geführt von einem immer gut gelaun-                           mals an Dr. Klaus-Henning von Krosigk und an das
     ten Dr. von Krosigk, dessen fachlich fundierte Ausfüh-                       Ehepaar Dr. Ingo und Angelika Fessman.
     rungen höchst interessant und dennoch kurzweilig
     waren, und voll von Bildern, gespeichert in unseren
     Köpfen und auf den Chipkarten der unentwegt ge-
     zückten Fotoapparate traten wir die Heimreise an.

                                                                                  Bild unten:
                                                                                  Arkadien am Jungfernsee - Schlosspark Klein-Glienecke

16   Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Die Gartenfassade der Villa Hermann Muthesius          Gebanntes Zuhören im Garten Neuhaus, eine Gesamtkomposition aus
(Architekt, 1861 - 1927), erbaut 1912                  Landhaus und Gartenvon Hermann Muthesius, 1906 entstanden

Schloss und Garten Charlottenhof                       Blick hinunter auf das Rasenparterre des Körner-Parks,
                                                       im Hintergrund die Kaskade

                                                       Bild links:
                                                       Dr. von Krosigk im Rosengarten der Villa Liebermann

                                                       Bild unten:
                                                       Kaffeepause am Engelbecken des Luisenstädter Kanals

                                                Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017   17
DENKMALWEITER . . .

     Der Harmoniegarten ...
     „Freundliche Übernahme“ durch die Stadtsparkasse Bamberg?
     Der Harmoniegarten wird als Gartendenkmal mit der                            Zierbrunnen mit Fontäne. Wohl 1957 wurde der kleine
     Nummer D-4-61-000-791 geführt. Es handelt sich um                            Park erneut leicht überformt und mit zwei Figuren des
     den einzigen öffentlichen Park innerhalb der ehema-                          Bamberger Bildhauers Hans Leitherer bestückt, einem
     ligen Stadtummauerung. Auf dem farbigen Plan von                             Laute spielenden Buben und einem Mädchen mit
     Petrus Zweidler sind an dieser Stelle bereits Gärten zu                      Tamburin. Zu späterer Zeit legte das Stadtgartenamt
     erkennen, die zwischen der Gebäudereihe entlang des                          einen Spielplatz im nördlichen Abschnitt an.
     Zinkenwörths (heute Schillerplatz) und einer Häuser-
                                                                                  2006, als das Theater mit neuen Bauten und Park-
     reihe direkt an der Stadtmauer lagen. 1730 besaß der
                                                                                  platzerweiterung den Harmoniegarten weiter de-
     Domherr Jobst Bernhard von Aufseß hier vier Häuser,
                                                                                  zimierte, wurden diese Skulpturen einmal mehr zu
     von denen er zwei abbrechen ließ, um Platz für einen
                                                                                  „Randfiguren“ degradiert. Im Harmoniegarten wird
     repräsentativen Garten zu schaffen. Dieser Garten bil-
                                                                                  zwar die nötige Pflege der Vegetation und der Wege
     dete lt. Inventar „Stadtdenkmal Bamberg“ gewisser-
                                                                                  durchgeführt, doch zum Verweilen lädt die innerstäd-
     maßen die Keimzelle des späteren Harmoniegartens.
                                                                                  tische Grünfläche kaum ein; vielmehr fungiert sie als
     Der Name geht auf eine bereits Ende des 18. Jahrhun-                         Durchgang von und zur Richard-Wagner-Straße. Was
     derts gegründete, bürgerliche Gesellschaft und ihr                           die Details angeht, besteht seit vielen Jahren Hand-
     am Zinkenwörth gelegenes Gesellschaftshaus mit an-                           lungsbedarf, denn der momentane Zustand erinnert
     gebautem Theater zurück. Auf der Uraufnahme von                              an manchen Stellen eher an einen unaufgeräumten
     1822 ist eine formale, also geradlinige, Gestaltung zu                       Hinterhof. Da auch die Zeitschicht der 50er-Jahre noch
     erkennen. Der Planausschnitt von 1904 zeigt die Um-                          sehr deutlich zu erkennen ist, hätte dem Gartendenk-
     gestaltung in einen Park mit geschwungenen Wegen,                            mal eine behutsame Auffrischung gut getan.
     bepflanzten Inseln und einem fast mittig gelegenen
                                                                                  Vergangenes Jahr kam jedoch „Bewegung in den Gar-
                                                                                  ten“. Auf Initiative der Willy-Aron-Gesellschaft wurden
                                                                                  Stelen mit Büsten der Widerstandskämpfer Willy Aron,
                                                                                  Hans Wölfel und Claus Schenk Graf von Stauffenberg
                                                            Langgasser Tor        aufgestellt.

                                                            Bereich heutiger Harmoniegarten
                                                            Bereich Harmoniesäle und Theater
                                                            Stadtmauer
                                                                                  Die Stelle scheint gut gewählt, befindet sie sich doch
                                                                                  am Rand des Harmoniegartens und führt zu keiner
                                                                                  großen Beeinträchtigung des Gartendenkmals.
                                                                                  Ein Artikel im Fränkischen Tag vom 20.9.2016 über
                                                                                  die nach Bayerischer Bauordnung vorgeschriebenen
                                                                                  Spielplatzflächen am „Quartier an den Stadtmauern“
                                                                                  lässt uns nun aufhorchen:

                                                           Stadtmauer

                                                           Harmoniegarten

                                                           Bereich Harmonie-
                                                           säle und Theater

     Kartenausschnitte: links oben: Petrus Zweidler, 1602 - links unten: Uraufnahme, 1822 - rechts unten: Extraditionsplan 1904
     Quellen: Stadtdenkmal Bamberg Band 1

18   Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Die Bauherrin, also die Sparkasse Bamberg, wird da-             Der Spielbereich am benachbarten Schillerplatz wurde
rin zitiert, dass diese Spielplatzfläche sich im Quartier       vor Jahren zurückgebaut, vermutlich wegen Fehlplat-
„nicht abbilden“ ließe, weshalb der Stadt angeboten             zierung und mangelnder Nutzung.
wurde, für 70.000 Euro die Fläche des Spielplatzes im
                                                                Es ist auch fraglich, ob die künftigen Bewohner des
Harmoniegarten zu verdoppeln, u. a. Spiel- und Ru-
                                                                Quartiers an den Stadtmauern ihre Kinder wirklich
hepodeste um mehrere Bäume sowie einen größeren
                                                                in den Harmoniegarten schicken werden. Auch be-
Kletterbereich zu errichten. Weitere 70.000 Euro wür-
                                                                fürchten wir, dass die Spuren der 1950er-Jahre (Fotos
den für den laufenden Unterhalt in den kommenden
                                                                s. nächste Seite) der „Generalüberholung“ zum Opfer
20 Jahren vonseiten der Sparkasse investiert.
                                                                fallen werden.
Eine Win-Win-Situation also? So sicher sind wir uns
                                                                Eines scheint aber sicher - die Betreiber der Gastro-
da nicht.
                                                                nomie im Bamberger Hof wird‘s freuen: Eltern können
Gab es eine denkmalpflegerische Voruntersuchung?                in Ruhe ihren Kaffee genießen, während die Kinder im
Ist die Vergrößerung des Spielplatzes wirklich denk-            Nahbereich ausgiebig Beschäftigung finden…
malverträglich?
In der Vergangenheit hat es sich herausgestellt, dass
innerstädtische Spielplätze oft „verwaisen“.

Reste der spätmittelalterlichen Stadtmauer aus dem              Blick auf den Spielbereich im nördlichen Abschnitt
15. Jahrhundert an der Ostgrenze des Gartens

Spielplatz mit Steinfigur, Aufstellungsdatum nicht bekannt      Neugestaltung 2016 am Eingang zum Harmoniegarten:
                                                                Die Büsten der Bamberger Widerstandskämpfer

                                                         Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017   19
DENKMALWEITER . . .

Spuren der 1950er-Jahre im Harmoniegarten

oben: zeittypische bossierte Natursteineinfassungen zum Abfangen von geringen Höhenunterschieden

unten: zwei Skulpturen des Bamberger Bildhauers Hans Leitherer, links Bübchen mit Laute, rechts Mädchen mit Tamburin

     20   Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Die neuen Bamberger Gespräche
Am 23.01.2017 fand die neue, von der Stadt Bamberg
initiierte Gesprächsrunde mit dem Titel „Bamberger Ge-
spräche“ statt. Bamberger Gespräche?
Viele werden sich noch daran erinnern, dass unser Verein
ehemals eine äußerst bemerkenswerte Veranstaltungs-
reihe ins Leben rief, die diesen Titel trug und dazu führte,
dass Bamberg zum Forum und zur Diskussionsplattform
der bundesweiten Denkmalpflege wurde. Im September
1973 fand das erste Bamberger Gespräch auf der Alten-
burg statt, zu welchem die Schutzgemeinschaft einge-
laden hatte; Bürgerinitiativen für Denkmalpflege der ge-
samten Bundesrepublik, Landesämter für Denkmalpflege,
Vertreter der Bundesministerien und Landesvertreter aus
München waren geladen. Bis 1979 fanden insgesamt vier
                                                                      Wenigen bekannt: Das Festsaalgebäude von St. Getreu
Bamberger Gespräche statt.
Nun führt also die Bamberger Stadtverwaltung Bamber-              als Grundstruktur des Geländes eine Zweistufigkeit, die
ger Gespräche und lud Vertreter der im Denkmalschutz              beibehalten werden soll.
tätigen Bürgervereine, die Heimatpflege und Vertreter
                                                                  Darüber hinaus wird die Stadtbau GmbH das Anwesen
des Landesdenkmalrates ein, um frühzeitig einen trans-
                                                                  St.-Getreu-Straße 2 umbauen und sanieren. Hier ist ins-
parenten Dialog bei städtischen Sanierungsprojekten zu
                                                                  besondere aufgrund eines hohen Salzeintrages eine Fas-
führen und denkmalverpflichtete Organisationen und
                                                                  sadensanierung durchzuführen. Außerdem entspricht die
Vereine frühzeitig dabei einzubinden.
                                                                  derzeitige Raumaufteilung den aktuellen Anforderungen
Die Stadtverwaltung informierte darüber, dass in den              nicht mehr, so dass zukünftig wohl nur zwei Wohnun-
nächsten Jahren zahlreiche Projekte im Bereich von St.            gen in dem Anwesen verbleiben werden, die aber eine
Getreu und St. Michael umgesetzt werden. Insbesonde-              Wohnfläche von ca. 120 Quadratmetern haben werden.
re bei der Klosteranlage St. Michael werden Sanierungs-           Im Ziegelhof soll der bisherige Bestand von Nebenge-
maßnahmen noch bis ins Jahr 2021 erforderlich sein.               bäuden entfernt und stattdessen ein Neubau errichtet
Stattfinden werde eine Sanierung der Fassaden, die sta-           werden; dieser Neubau dient der Erweiterung der Wohn-
tische Instandsetzung der Kirche sowie der Umbau des              fläche der zukünftigen Wohnung im Erdgeschoss sowie
Stiftsladens. Auch wird es notwendig sein, die gesamte            als Terrasse für die Wohnung im Obergeschoss. Die Ge-
Entwässerungsanlage und Elektroinstallation komplett              samtkosten für die Sanierungsmaßnahmen werden ca.
zu erneuern, was insgesamt Kosten von ca. 2.000.000               1.050.000 Euro betragen.
Euro verursachen werde. Die Grünanlagen im Inneren
                                                                  Die Vorstellung der Maßnahme durch die Stadtverwal-
der Anlage sollen wie die historischen Vorbilder gestaltet
                                                                  tung erfolgte äußerst professionell und anhand vorberei-
werden. Der Stiftsladen und das Informationszentrum St.
                                                                  teter Beamer-Präsentationen. Neben Oberbürgermeister
Michael sollen Anziehungspunkt für die Bürger und Be-
                                                                  und Bürgermeister und dem zuständigen Finanz- und
sucher der Stadt Bamberg sein.
                                                                  Stiftungsreferenten waren insgesamt neun Mitglieder der
Außerdem wird die Sanierung von Gebäuden im Bereich               Stadtverwaltung anwesend, welche die Projekte vorstell-
der alten Propstei St. Getreu ( jetzige Musikschule) fort-        ten. Von den eingeladenen Vertretern der Vereine und
gesetzt werden. Die St.-Getreu-Stiftung wird das im hin-          Organisationen wurde grundsätzliche Zustimmung zu
teren Bereich des Geländes gelegene Festsaalgebäude               den Vorhaben geäußert, wobei seitens der Stadtverwal-
generalsanieren und die Gartenanlage neu gestalten. Das           tung auch zugesichert worden war, dass alle Maßnahmen
Festsaalgebäude soll einer denkmalverträglichen Nut-              in enger Abstimmung mit den Denkmalbehörden erfol-
zung zugeführt werden; der Festsaal soll weiter als Saal          gen würden. Zu kritisieren ist allerdings, dass die Vorstel-
und grundsätzlich von der Sozialstiftung genutzt und an           lung der Projekte im Wesentlichen als Präsentation und
die Musikschule für Veranstaltungen vermietet werden.             Vortrag gestaltet waren und für Gespräche wenig Raum
Im Untergeschoss des Gebäudes werden Übungsräume                  war.
für die Musikschule geschaffen. Außerdem werden die
                                                                  Sicherlich konnten Fragen gestellt werden; eine Einbin-
Sanitäranlagen erneuert und ein Aufzug eingebaut. Die
                                                                  dung der Vertreter der Bürgervereine und im Denkmal-
St.-Getreu-Stiftung rechnet mit Gesamtkosten in Höhe
                                                                  schutz tätigen Organisationen in die einzelnen Maßnah-
von ca. 1.600.000 Euro.
                                                                  men erfolgte aber nicht; dies ist auch für die Zukunft
Anschließend soll der östlich vor der Probstei gelege-            nicht zu erwarten. Die durch solche Veranstaltungen
ne Garten neu gestaltet werden. Hier ist lediglich eine           erfolgende Information und die damit einhergehende
Gestaltung im neunzehnten Jahrhundert bekannt; über               Transparenz sind aber zu begrüßen und im Vergleich zu
andere Gestaltungsformen in der Vergangenheit können              früheren Maßnahmen und Verhaltensweisen der Stadt-
nur Vermutungen angestellt werden. Allerdings zeigt sich          verwaltung ein deutlicher Fortschritt.

                                                           Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017   21
DENKMALWEITER . . .

     Abrissreif oder schützenswert?
     Das Kreiswehrersatzamt
     Der Gebäudekomplex an der Promenadenstraße 2a in                             jedoch von der Kubatur ganz passabel in das städtebauli-
     Bamberg, der 1966 als Landratsamt erbaut wurde und                           che Gefüge einpasst, da er die Formen der umgebenden
     seit 1988 bis zur Umstrukturierung der Bundeswehr im                         Gebäude annimmt und die Baulinien einhält, wurde of-
     November 2012 als Kreiswehrersatzamt diente, war in                          fenbar übersehen. Eine Überraschung birgt vor allem der
     den vergangenen Monaten Gegenstand einer Abrissde-                           für viele unbekannte Blick in das Atrium des Gebäudes.
     batte.                                                                       Es überzeugt mit schlichter Eleganz der 60er Jahre.
     Mit der Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht verlor                       Auch wenn das Gebäude in seiner Außenerscheinung
     das Gebäude seine Funktion und teilt somit das Schicksal                     nicht den heutigen ästhetischen Ansprüchen bzw. dem
     mit vielen Bauten, insbesondere denen der 1960er und                         aktuellen Zeitgeschmack entspricht, sollte doch spätes-
     1970er Jahre, die entweder aufgrund ihrer verlorenge-                        tens der Blick in die eigene Geschichte und den Um-
     gangenen Nutzung überflüssig geworden sind, oder als                         gang mit den dort hervorgebrachten architektonischen
     schwer zu unterhalten gelten, und weil sie „in die Jahre                     Leistungen zeigen, dass das ästhetische Empfinden
     gekommen sind“ oftmals einer Sanierung bedürfen. Trotz                       Wandlungen unterlegen ist und sich von Generation zu
     der Abwendung des Abrisses des Kreiswehrersatzamtes                          Generation verschiebt. Insbesondere die heute hoch ge-
     bietet das Thema Anlass zu einer Diskussion über die                         schätzten Bauten der Gründerzeit mussten während des
     Bauten der Nachkriegsjahre, denen ihr schlechtes Image                       Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg vielerorts
     immer wieder zum Verhängnis wird. Ihnen wird oftmals                         den jetzt verpönten modernen Bauten weichen. Diese
     eine (nur vermeintliche) „Wertelosigkeit“ aufoktroyiert;                     Entwicklungen werden heute als Fehlentscheidungen
     sie stehen immer wieder in Verruf, gelten allgemein als                      wahrgenommen und bitter bereut. Wenn nun heute alle
     sog. „Bausünden“ und sind wiederkehrend Gegenstand                           als Bausünden geltenden Bauten der Nachkriegsjahre
     von Abrissdiskussionen. In Bamberg wurde erst in die-                        abgerissen werden, wer garantiert dann, dass Neubau-
     sen Tagen das ehemalige Kreissparkassen-Gebäude in                           ten, die dem heutigen Zeitgeschmack mehr entspre-
     der Langen Straße abgerissen. Wie auch das ehemalige                         chen, in gut 20 Jahren nicht wieder zum Gegenstand der
     Kreiswehrersatzamt besitzen die modernen Bauten nicht                        gleichen Diskussion werden?
     immer einen Denkmalwert, und nicht jedes Gebäude,
                                                                                  Die heute oftmals ungeliebten Bauten sollten von ihrem
     das von Abriss bedroht ist, kann zum Gegenstand einer
                                                                                  Denkmalwert abgesehen doch vielmehr Teil einer Kont-
     Denkmalwerte-Diskussion werden. Es ist aber nicht von
                                                                                  roverse über den nachhaltigen Umgang mit Baustoffen
     der Hand zu weisen, dass es insbesondere der moder-
                                                                                  werden. Laut Aussagen des Architekten Muck Petzet
     nen Architektur der Nachkriegsjahre in großen Teilen der
                                                                                  besitzt nämlich jedes Gebäude einen (wenn auch nicht
     Bevölkerung an einer Lobby fehlt und mögliche kulturel-
                                                                                  unbedingt einen ja rein subjektiven ästhetischen) Wert,
     le Werte ebenso übersehen werden wie die in solchen
                                                                                  da es sog. „graue Energien“ besitzt. Das sind die Ener-
     Gebäuden schlummernden nutzbaren Ressourcen.
                                                                                  gien, die für die Entstehung eines Gebäudes und die
     Von den hiesigen Politikern wurde der Komplex des                            spätere Entsorgung anfallen. Diesen Werten sollten in
     Kreiswehrersatzamtes als „Bausünde“ bezeichnet; Zu                           einer nachhaltig denkenden Gesellschaft doch neben
     dieser Aussage dürften wohl überwiegend ästhetische                          den ästhetischen auch ein Platz eingeräumt werden. Das
     Gründe veranlasst haben, denn der 60er Jahre Bau passt                       Kreiswehrersatzamt wird nun als gutes Beispiel vorange-
     weder vom Stil, noch von den Baumaterialien, die in der                      hen für die Weiterentwicklung vorhandener Bausubstanz
     heutigen Zeit noch dazu oft als billig und hässlich wahr-                    und die Nutzung grauer Energie. Und die zukünftigen
     genommen werden und von minderer Qualität scheinen,                          Bamberger Generationen werden sich vielleicht darüber
     weil sie schlecht altern, in ein Stadtbild, das vom ausge-                   freuen, dass sie noch ein „Relikt“ aus den 60er Jahren in
     henden 19. Jahrhundert geprägt wird. Dass sich der Bau                       ihrer Mitte wissen – diese sind in Bamberg nämlich rar.

22   Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Der wohl größte Schatz
des Gebäudes: ein
eindrucksvoller, großzü-
giger Innenraum, der die
Ruhe und Klarheit der
1960er ausstrahlt.
Er sollte der Umnutzung
zum neuen Rathaus
nicht zum Opfer fallen.

                           Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017   23
DENKMALWEITER . . .

     Vom Bauen in der Politik
     Architektur-Metaphern in der öffentlichen Sprache
     Ein Gastbeitrag von
     Prof. Dr. Manfred F. Fischer
     In Politik und Öffentlichkeit muss man überzeugen
     oder überreden, also immer auch viel sprechen.
     Staubtrocken oder gelehrt darf die Sprache dabei
     nicht sein, sondern mitreißend oder gewinnend, sei
     es in streitbarer oder erfreuender Rede, immer auch
     bildhaft und konkret. Aristoteles unterscheidet in sei-
     ner berühmten „Rhetorik“, also der Theorie der Be-
     redsamkeit, die unterschiedlichen Sprachebenen, die
     man hier beachten muss. Zu den Überzeugungsme-
     thoden gehört dabei vor allem die Fähigkeit, die Hö-
     rer in eine gewisse Stimmung zu versetzen.
     Alle erfolgreichen Politiker bedienen sich bei öffent-
     lichen Auftritten daher einer plastischen Sprache mit
     Metaphern des Vergleiches, um etwas Abstraktes kon-
     kret und verständlich zu machen, aus einem Instinkt
     heraus, der in der Natur liegt. So haben viele von ih-
     nen eine ganz spezifische, ihnen eigentümliche Rede-
     weise angenommen. Die Art ihrer Metaphern gehört
     zu dem Bereich ihres Wesens, in dem persönliche
     Erfahrungswelten und Vorlieben den Stil bestimmen.
     Unseren früheren bayerischen Ministerpräsidenten
     etwa erkannte man an seiner Vorliebe für Metaphern
     aus der Welt des Sports, vor allem des Fußballs. An-
     dere Prominente lieben eher die Welt der Fauna und
                                                                                  Vom Bauablauf übernimmt ebenfalls mancher die Me-
     der Flora, oft auch der Musik.
                                                                                  taphern in andere Lebensbereiche. Da werden in den
     Von all diesen Bilderwelten in unserer Sprache sind                          Parteiprogrammen Grundsteine gelegt zu künftigem
     aber die aus dem Feld der Architektur und des Bauens                         Handeln, jemand vollzieht den ersten Spatenstich von
     die am häufigsten gebrauchten. Bedeutet doch ein                             etwas, es entstehen also allenthalben gebaute politi-
     Haus, ein Gebäude das Bergende schlechthin für den                           sche Produkte.
     Menschen, sei es öffentlich oder privat, als Sicherheit
                                                                                  Dem Überwinden politischer Hindernisse dient dabei
     bietender Schutz. Die Architektur liefert immer ein-
                                                                                  stets die Metapher von der Brücke, die den Vorteil des
     gängige Bilder, deren Sprache sehr wirksam ist. Dies
                                                                                  Verbindenden, Ausgleichenden hat. Dort, wo man
     auch deshalb, weil sie in der Regel einen Plan, ein Ar-
                                                                                  Brücken schlägt, oder Brücken baut, gibt es Hoffnung,
     beitsprogramm voraussetzt, so wie die Politik Pläne,
                                                                                  gibt es die Möglichkeit, Gegensätze aufzulösen und
     Programme, Grundsätze und Ziele definieren und in
                                                                                  Einigkeit, zumindest Duldung zu erzielen.
     der Tat umsetzen muss, wenn sie erfolgreich sein will.
                                                                                  Am häufigsten wird beim Bauen das Feld der Konst-
     Betrachten wir einige Beispiele für diese Bildsprache:
                                                                                  ruktion, also das der einzelnen Teile und Schritte am
     Schon im Neuen Testament wird mit dem Bild des
                                                                                  Bau bemüht, als Sinnbild für alles gestaltend formen-
     Hüttenbauers (Math. 17.4) das Seßhaftwerden und
                                                                                  de, zusammenfügende Handeln, also das Schöpfe-
     Ansiedeln schlechthin angesprochen. Man bezeich-
                                                                                  rische Tun, das bei der Baukunst als der dienenden
     net einen erfolgreichen Politiker rückblickend gerne
                                                                                  und erfreuenden, ja dann auch bergenden Kunst die
     als einen Architekten des in seiner politischen Arbeit
                                                                                  passendsten Bilder findet.
     Erreichten oder als den Baumeister eines Werkes von
     Bestand und Bedeutung, dieses gleichsam als ein ge-                          Eine wichtige und erfolgreiche Entscheidung in der
     bautes Gebilde vorstellend. Aus dem Handwerk im                              Politik markiert dann einen Eckpfeiler für künftiges
     Bauwesen kommen die einprägsamsten Bilder, deren                             Handeln, ein Programmpunkt wird zur Säule oder zur
     Herkunft viele heute schon gar nicht mehr wahrneh-                           Stütze von Entscheidungen. Grundsätzliches nennt
     men: Das trifft den Nagel auf den Kopf oder man muss                         man meist die Basis für zukünftige Politik. Zusammen-
     eben ein dickes Brett bohren sind umgangssprachlich                          fassendes oder Visionäres wird geäußert im Sinne des
     gewordene, für jedermann sofort verständliche Aus-                           Bogens, der gespannt wird.
     drücke.

24   Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
Wege von Entscheidungen vollziehen sich in Form von            Zweckmäßigkeit, bleibt bei allen ästhetischen Fragen
Korridoren, durch Türen zu oder Fenstern nach einem            aber immer sehr konkret, da stets zweckbestimmt.
politischen Ziel. Besonders gerne wird abschließend
                                                               Ganz im Gegensatz dazu steht aber eine erschrecken-
oder übergreifend das Haus als ganzes bemüht, sei es
                                                               de Dürftigkeit der Sprache immer dann, wenn im öf-
beim überwölbenden Lebenswerk oder –leistung, sei
                                                               fentlichen Leben, und dies nicht nur von Laien, son-
es bei der Dachorganisation als politischer Handlungs-
                                                               dern auch von Fachleuten versucht wird, Architektur
ebene. Geht es in der Politik gar über das Land hinaus,
                                                               selbst zu beschreiben oder zu beurteilen. Hier finden
also in übergreifende Bezüge, dann ist auch mit dem
                                                               sich immer wieder die gleichen stereotypen Ausdrü-
Bild vom Hause Europa in keinem Falle fehlgegriffen.
                                                               cke und Leerformeln. Eine Kirche ist da meist aufstre-
Die Bauten selbst oder zumindest ihre Räume als Bilder         bend oder hochragend, Sakralbauten sind natürlich
finden sich ebenso häufig, sei es bei der Nischenexis-         grundsätzlich altehrwürdig, Staatsbauten, Schlösser
tenz, der Kellerexistenz, dem Schlupfloch, in dem sich         oder Paläste zeigen sich prächtig, alte Straßenzüge
jemand befindet, oder durch das er sich dem Zugriff            sind heimelig, um nur einige Beispiele zu nennen.
entzieht. Politisch Scheiternde stehen schließlich stets
                                                               Doch dies ist nicht der einzige Mangel, der zu bekla-
vor den Trümmern ihrer Hoffnungen oder ihres Tuns.
                                                               gen ist. Man möchte glauben, bei der Beliebtheit der
Wenn auch nicht wörtlich, so doch im übertragenen
                                                               Welt des Bauens und räumlichen Gestaltens in der öf-
Sinne ist diese Erfahrungswelt des Bauens einem brei-
                                                               fentlichen Rede sei dies auch in der Welt der Entschei-
ten Publikum gut vermittelbar. Ihre Symbolik ist geeig-
                                                               dungen ein wichtiges Anliegen. Aber weit gefehlt: es
net bei allem, was in der Gestaltung eingesetzt wird,
                                                               gibt heute leider kaum einen Bereich des täglichen
da nichts ohne räumliches Denken vorstellbar zu sein
                                                               Lebens, in dem die Ansprüche an Qualität und Schön-
scheint: Ideen, logische Gebilde, Pläne, Projekte, gleich
                                                               heit so niedrig gehalten werden wie in der Architektur.
welcher Art und in welchem Gedankenzusammen-
                                                               Wirklich bemerkenswertes neues Bauen ist so selten
hang, sind immer darstellbar durch die Übertragung
                                                               geworden wie die Rettung des bedrohten Alten im
in die Bildersprache des Bauens, des Handwerks und
                                                               Kampf der Werte.
der Architektur.
                                                               Man muss sich also wieder um die Propagierung von
Das hat sicher auch mit der Dauerhaftigkeit, der Ver-
                                                               Baukultur kümmern. Deren Pflege bedarf aber vor al-
bindlichkeit des bergenden Gehäuses beim Bauen zu
                                                               lem des Rückgrates bei Entscheidungsträgern. Könn-
tun. Bauen ist die grundlegendste unter den Künsten,
                                                               ten wir uns darauf verlassen, dann hätten wir ein soli-
es verbindet nach Vitruv die Erwartung von Schön-
                                                               des Fundament in der öffentlichen Meinung, auf dem
heit und Anmut mit der Hoffnung auf Festigkeit und
                                                               sich aufbauen ließe.

Herbstvortragsreihe 2016
Rückblick und Dank an die Referenten
Das große Interesse an der ersten Herbstvortragsrei-           humorvollen Blicks auf die Kunst und damit auch auf
he im Jahr 2015 hat uns dazu bewogen, auch 2016                unsere Denkmäler lautete: „Sehen - Entdecken - Erin-
wieder namhafte Referenten für eine vierteilige Reihe          nern. Oder: die vogelfreie Kunst?“ Der Verein möch-
einzuladen.                                                    te mit dieser Vortragsreihe seinem Vereinszweck und
                                                               Auftrag nachkommen, als Gemeinnützige Vereinigung
Den Anfang machte der bekannte Bamberger Archi-
                                                               zum Schutz Bamberger Kulturdenkmale für die Erhal-
tekturfotograf Uwe Gaasch mit seinem Vortrag „Foto-
                                                               tung und Pflege der Altstadt sowie aller schutzwür-
kampagnen: Einblicke in die Vergangenheit - Grundla-
                                                               diger Bausubstanz in Bamberg zu werben. Informa-
gen für die Zukunft“. Es folgte Prof. Dr. Rainer Drewello
                                                               tionen und das Wissen über Denkmäler sind erste
von der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, der über
                                                               Schritte für das Erkennen und damit das Bewahren
Aktuelles aus dem Themenkomplex der Restaurie-
                                                               unserer Kunstdenkmäler. Im Anschluss an die öffent-
rungswissenschaften berichtete. Aus Berlin reiste Prof.
                                                               lichen Vorträge im Haus der Schutzgemeinschaft lud
Dr. Adrian von Buttlar an. Er stellte die Frage „Wem ge-
                                                               der Verein zum fachlichen Austausch und interessan-
hört der Denkmalschutz? - Vom Gebrauch und Miss-
                                                               ten Gesprächen ein.
brauch unseres Architekturerbes“.
                                                               Wir bedanken uns herzlich bei den Referenten.
Die Reihe endete mit einem Vortrag von Professor
Manfred F. Fischer, dem früheren Leiter des Denk-              Die stets gut besuchte Vortragsreihe möchten wir
malschutzamts in Hamburg, der seinen Wohnsitz                  auch 2017 fortsetzen. Die Termine werden rechtzeitig
nunmehr in Bamberg hat. Der Titel seines durchaus              bekannt gegeben.

                                                        Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017   25
DENKMALWEITER . . .

     Dr.-Ingo-Fessmann-Preis 2016
     Zurück zu den Anfängen

     Mittlerweile ist der von Herrn Dr. Ingo Feßmann initi-                       Bei der Verleihung des Preises wurde außerdem be-
     ierte und von ihm unterstützte Förderpreis ein fester                        rücksichtigt, dass sich Herr Hugel der alten Bausubs-
     und abwechslungsreicher Bestandteil unserer jährli-                          tanz behutsam genähert und seine Wohnbedürfnisse
     chen Hauptversammlung.                                                       ihr untergeordnet hat. Bemerkenswert ist hierbei die
                                                                                  gelungene Nutzung der Durchfahrt. Eine besondere
     Anlass für diesen Preis war, dass immer häufiger schö-
                                                                                  Herausforderung, da diese nicht – wie sonst üblich –
     ne (und sinnvolle) Gestaltungsdetails bei der Sanie-
                                                                                  quer, sondern längsseits zum Haus verläuft (s. Abb.
     rung von Denkmälern verschwanden. In erster Linie
                                                                                  unten).
     sind dies Fensterläden oder Verzierungen der Haus-
     fassade, die oft als unnütz und daher wenig erhaltens-                       Wir sagen nochmals vielen Dank dem Stifterehepaar
     wert angesehen werden.                                                       Feßmann und Herrn Hugel für den Erhalt eines Stück-
                                                                                  chens der unteren Gärtnerei.
     Mit dieser finanziellen Unterstützung wollen wir als
     Verein Anerkennung zeigen und die Bemühungen der
     Hauseigentümer würdigen, die diese Feinheiten eben
     nicht „weg sanieren“, sondern sich oftmals liebevoll um
     deren Erhalt bemühen.                                                        Außergewöhnlich: Die Einfahrt durchquert das Haus längsseits.
     So auch bei unserem Preisträger im vergangenen
     Herbst: Ein Gärtnerhaus in der Münzmeisterstraße 1
     in Bamberg.
     Dieses hat Herr Harald Hugel für sich und seine junge
     Familie mit sehr viel Engagement und Eigenleistung
     wieder instand gesetzt, nachdem es viele Jahre unbe-
     wohnt war.
     Den Preis verliehen wir für seinen Einsatz beim Erhalt der
     noch vorhandenen Fensterläden, die er gekonnt aufar-
     beiten ließ und mit einem neuen Anstrich dezent in die
     neue Farbgebung der Fassade wieder eingefügt hat.

26   Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. - Denkmalweiter - Heft 9 - Ausgabe 1/2017
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