Der chronisch Kranke in der Verkehrsmedizin - Regionalforum Stuttgart 21. Mai 2011
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Rechtsgrundlagen -FeV, Fahrerlaubnisverordnung - EU-Richtlinie 91/439/EWG, 01.01.1999 - regelt die Zulassung von Personen im Straßenverkehr zum Schutz Dritter - § 11 und Anlagen 4, 5 und 6, Gruppe 1 und 2 – aktueller Stand! - StGB § 315 c, wer im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge geistiger oder körperlicher Mängel nicht in der Lage ist sicher zu führen, und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, macht sich strafbar. - VDV Schrift 714, Leitlinien für die Beurteilung der Betriebsdiensttauglichkeit in Verkehrsunternehmen - BO Strab – Verordnung über den Bau und Betrieb von Straßenbahnen - BO Kraft - Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen - G 25 - BG Grundsatz für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen bei Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten - EBO: Eisenbahn-, Bau-, und Betriebsordnung - Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung – Interpretationshilfe, kein Gesetz 3
Begriffsbestimmungen Fahrtüchtigkeit - Fahrfähigkeit, Fahrsicherheit - momentane psychische und physische Fähigkeit zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs Fahreignung - Fahrtauglichkeit - generelle psychische und physische Fähigkeit zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs 4
Anforderungsprofil - Physische Fahrzeugbeherrschung - körperliche Funktionalität – Kraft, Koordination, Sensibilität - erlernte Fahrkompetenz - Fahrzeugtechnik, Übung, Beherrschung der Fahrphysik - Meistern von Verkehrssituationen - Wahrnehmung und Erfassen von Situationen - Seh- und Hörvermögen, Wachheit, Aufmerksamkeit, Konzentration - Kommunikation - Zeichengebung, Antizipation - Anpassung an Verkehrsfluss - Geschwindigkeit, Spur, Abstand - Reaktionen zur Gefahrenabwehr 5
Anforderungsprofil - Einflüsse während der Fahrt - Orientierung - selektive Aufmerksamkeit - Komplexe Informationsverarbeitung - Dauerbelastung - Ermüdung - Routenplanung 6
Rahmenbedingungen für Verkehrsbetriebe - Wettbewerbsanforderungen aus EU Recht - Vergabe von Linien , Ausschreibungen - Qualitätsanforderungen an die Unternehmen – durchschnittlich gut geführtes Unternehmen - Verbesserte Gesundheitsraten in den Unternehmen - Änderungen im Deutschen Arbeitsschutzrecht, Verantwortung des Arbeitgebers Demografischer Wandel – zukunftsorientierte Arbeits- und Personalpolitik: „Altersmix“, Rekrutierung bisher nicht erschlossener Personengruppen, Vermeidung unerwünschter Kündigungen, Vermeidung hoher Fluktuation, Alters – und Leistungsgerechter Einsatz - Kompetenzmodell 7
Branchen mit stark belasteten Beschäftigten -Transport- und Verkehrsberufe - einfache Dienstleistungsberufe (Callcenter) - Baugewerbe - Erziehungs- und Beratungsarbeit - Montagetätigkeit - Land- und Forstwirtschaft - Metallindustrie - Berufe in Wechselschicht mit Nachtarbeit - Alten- und Pflegebereich - Berufe mit Lärmexposition Aus: Siegrist, Vortrag VDV Tagung GMS, Münster 18.-19.05.2009 8
Spezifische Belastungen im ÖPNV - Schichtdienst – geringe Ruhezeiten zwischen den Diensten - Zeitdruck - Wegfall von Wendezeiten - technische Störungen (Weichen, Türen) - hohe Verantwortung - Bedrohung durch Fahrgäste - Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer - Mangelnde Anerkennung durch Vorgesetzte, Kunden , Öffentlichkeit - Arbeitsplatzunsicherheit - Beeinträchtigung des Familienlebens - Beeinträchtigung der Freizeitaktivitäten - Bewegungsmangel - Soziale Isolierung - Hygienische Bedingungen 9
Berufliche Gratifikationskrisen – Modell ( J. Siegrist, 1996) Belohnung Belohnung Verausgabung - Lohn, Gehalt - Wertschätzung extrinsisch: - Arbeitsplatzsicherheit - Anforderungen - Aufstiegschancen - Verpflichtungen intrinsich: - Kontrollbestrebungen - Distanzierungsmangel 10
Einschränkung der Fahreignung - Alter - Körperliche Erkrankungen - Psychische Erkrankungen -(„Bis zum Jahr 2020 werden Depression und Koronare Herzerkrankung weltweit die führenden Ursachen vorzeitigen Todes und durch Behinderung eingeschränkter Lebensjahre sein.“ Murray und Lopez 1996) - Einnahme von Arzneimitteln - Persönlichkeit, persönliche Ausprägungen 11
Arbeitsplatzergonomie Fahrerarbeitsplätze U – Bahnfahrerarbeitsplatz Busfahrerarbeitsplatz Straßenbahnfahrerarbeitsplatz ► BG Modell : standardisierter Fahrerarbeitsplatz im Linienbus 12
Einsatz leistungsgewandelter MitarbeiterInnen - Ziel ist der längst mögliche Erhalt der Fahrtauglichkeit des Mitarbeiters - detaillierte Kenntnis der betrieblichen Verhältnisse sind unbedingt notwendig - in Klein- und Mittelbetrieben stark begrenzte Möglichkeiten - Schichtdienstpläne – verschiedene Modelle nutzen - Einsatz an verschiedenen betrieblichen Standorten - Mischarbeitsplätze - befristete Befreiung vom Fahrdienst mit Personenbeförderung 13
Hilfen für den Betriebsarzt - Abstimmung bei stufenweiser Wiedereingliederung § 74, SGB V, „Hamburger Modell“ - Übermittlung von Arbeitsplatzdaten (Arbeitsplatzanforderungen) - Kontakte mit externen Fachärzten, Therapeuten, Kliniken … (nach Befreiung von der Schweigepflicht) - Schriftliche Begründung, falls Arbeitskraft nicht akzeptiert werden kann (z,b, bei Zweifeln an der attestierten Arbeitsfähigkeit) - Berufsbezogene Rehabilitation (stationäre/amb. Reha) initiieren, WEB-Reha - Betriebsärztliche Untersuchung vor Arbeitsaufnahme 14
Hilfen für den Betriebsarzt § 84, (2) SGB IX : “Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 93, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement). Soweit erforderlich wird der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen.“ ☺ aktive Mitarbeit des Betriebsarztes ist gewünscht! 15
Soziale Beratung und Unterstützung - Schuldnerberatung - Betriebskindergarten - Arbeitszeitregelungen bei familiären Problemen - Familiäre Pflegefälle - Partnerschaftliches Verhalten 16
Fahreignung bei kardiovaskulären Erkrankungen Relevant sind Erkrankungen mit der Gefahr der plötzlich eintretenden Fahruntüchtigkeit! - Quelle: Positionspapier : Fahreignung bei kardiovaskulären Erkrankungen, Kardiologie 2010, H.H. Klein u.a. - Eintrittswahrscheinlichkeit zwischen 0,15 und 3,4 % aller Unfälle - nur bei 25 % der betroffenen Fahrer sind Herzerkrankungen vorher nicht bekannt, i.d.R. sind sie bekannt und behandelt 17
Beispiele für die Bewertung der Tauglichkeit- tachykarde Rhythmusstörungen -AV KnotenReentry Tachykardien und ektope atriale Tachykardien: ☺ liegen keine Bewusstseinseinschränkungen vor, liegt keine Einschränkung der Fahreignung vor ☺ bestanden Präsynkopen/Synkopen: 3 Monate nach Therapie (wegen der Rezidivwahrscheinlichkeit) keine Fahrtätigkeit, danach ja -WPW-Syndrom: ☺ asymptomatisch: - es besteht Fahrtauglichkeit ☺ - einen Tag nach Ablation ebenfalls ☺ - Empfehlung zur Ablation für Busfahrer: ja, wegen der Häufigkeit von Synkopen ☺ - für Taxifahrer wegen des geringeren Risikos: Ablation nicht notwendig ☺ bei Vorliegen von Synkopen bei WPW: 1 Monat nach Ablation besteht wieder Fahrtauglichkeit 18
Beispiele für die Bewertung der Tauglichkeit tachykarde Rhythmusstörungen - Vorhofflimmern und Vorhofflattern - häufigste Rhythmusstörung bei Erwachsenen! ☺ wenn keine Synkopen vorgelegen haben, besteht keine Einschränkung der Fahrtauglichkeit ☺ Patienten mit Synkope bei Vorhofflimmern sind zu behandeln, wie Patienten mit einer Synkope bei Sinusrhythmus 19
Bradykarde Rhythmusstörungen - Patienten ohne klinische Symptomatik sind uneingeschränkt tauglich zum Fahren der Gruppen 1 und 2 - Bradyarhythmien , wie z.B. AV Knoten Blockierungen II. und III. Grades können immer zu plötzlicher Bewußtlosigkeit führen und bedingen Fahruntauglichkeit bis zur Versorgung mit einem Schrittmacher - Patienten mit implantierten Herzschrittmachern: ☺ asymptomatische, bradykarde Patienten können eine Woche nach Schrittmacherimplantation wieder fahren ☺ Patienten mit Symptomen ( Synkopen) können nach 3 Monaten wieder ihre Fahrtauglichkeit erlangen - Ventrikuläre Herzrhythmusstörungen ☺ ohne wesentliche strukturelle Herzerkrankung (z.B. LVEF, KHK): keine Einschränkungen ☺ asymptomatische Patienten mit nicht anhaltenden VT ( 30 Sek. Ohne ICD (implantierbarer Kardioverter): keine Einschränkungen 20
Beispiele für die Bewertung der Tauglichkeit- bei struktureller Herzerkrankung -Patienten mit struktureller Herzerkrankung ☺ besteht eine eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunktion (LVEF) und eine anhaltende oder nicht anhaltende VT, ist das Risiko für einen Bewußtseinsverlust erhöht > Einzelfallbetrachtung sinnvoll! ☺ Patienten mit KHK, LVEF nicht geeignet ☺ Patienten mit LVEF > 40% und komplexen VES > geeignet ☺ entscheidend ist, ob eine Synkope vorlag oder nicht und ob eine Indikation für einen ICD besteht oder nicht ☺ Patienten mit einem ICD sollen trotzdem über ihr Verhalten aufgeklärt werden, da der Schutz vor einer Bewusstlosigkeit nicht sicher ist, insbesondere bei Hinweisen auf Schwindel , Ohnmachtsgefühle und bei Anzeichen einer Bewusstlosigkeit muss das Fahrzeug angehalten werden 21
Beispiele für die Bewertung der Tauglichkeit- Synkopen Grundlage ist die Framingham Studie: -Menschen zwischen 20 und 96 Jahren haben eine Wahrscheinlichkeit von 6,2 auf 1000 Patientenjahre, eine Synkope zu erleiden Ursachen: - vasovagal – 21,2 % - kardial – 9,5 % - orthostatisch – 9,4 % - neurologisch – 9,0% ☺ - nicht weiter klassifizierbar – 36,6% - nach einer Nachbeobachtung von 17 Jahren blieben 78,4 % rezidivfrei - 17,6 % erlebten eine zweite Synkope - 4,0 % erlebten 2 oder mehr Synkopen - Bei Synkopen beim Fahren erlebten 86 % Prodromie wie : Schwitzen, Schwindel, Übelkeit, Luftnot, Palpitationen 22
Synkopen -Busfahrer dürfen 1 Jahr nach einer Synkope nicht mehr fahren - legen die Umstände nahe, dass es sich um eine erklärbare Synkope handelt, z.B. im Zusammenhang mit einer Diarrhoe, und ist das Rezidivrisiko durch Verhaltensänderung und Vorsichtsmassnahmen beeinflussbar, dann kann auch ein Busfahrer ggf. früher wieder zugelassen werden - Taxifahrer können ggf. schon nach Einzelfallprüfung nach 6 Monaten wieder eingesetzt werden - auch nach ungeklärter Synkope kann nach 2 Jahren wieder im Einzelfall Fahreignung begutachtet werden, prognostisch günstig sind das Vorliegen von Prodromie und das Fehlen von strukturellen Herzerkrankungen 23
Beispiele für die Bewertung der Tauglichkeit- Myocardinfarkt - in den ersten 30 Tagen besteht keine Fahrtauglichkeit - Fahreignung nach dem 3. Monat nach Infarkt, wenn die LV Funktion (EF) normal ist und keine Kammertachykardien vorliegen - wenn im Rahmen des Infarktes eine klinisch manifeste Herzinsuffizienz bestand oder die EF < 40 % lag, besteht auch nach 3 Jahren immer noch ein deutlich erhöhtes Risiko des plötzlichen Herztodes, so dass dauerhaft Ungeeignetheit besteht 24
Beispiele für die Bewertung der Tauglichkeit- KHK / Hypertonie - Stabile KHK mit EF > 50 % besteht keine Einschränkung - KHK mit EF zwischen 40- 50 % und Diabetes, Nikotinabusus und Gabe von Diuretika und Digitalis, besteht keine Fahreignung, da das Risiko eines plötzlichen Herztodes deutlich erhöht ist -Arterieller Hypertonus ist ein wesentlicher Risikofaktor für weitere Erkrankungen: - KHK - Herzinsuffizienz - Hirninfarkt - Niereninsuffizienz - plötzlicher Herztod - Aortenaneurysma 25
- Ruheblutdruck über 180 systolisch/ 110 mmHg diastolisch mit cerebraler Symptomatik: nicht geeignet bis zur effektiven medikamentösen Einstellung - Probanden mit einem asymptomatischen Blutdruck systolisch bis 200 und diastolisch bis 110 mmHg sind fahrgeeignet, sollen aber einer suffizienten Therapie zugeführt werden, - der Nachweis soll über eine LZ RR Messung erfolgen 26
Diabetes mellitus Anlage 4 FeV: Einsatz für Gruppe 2 : ► Diät, orale Antidiabetika, mit Insulin behandelt: untauglich; nur ausnahmsweise ja, bei guter Stoffwechselführung ohne Unterzuckerung über etwa 3 Monate Beurteilung der Stoffwechseleinstellung: Anamnestische Angaben: Medikamente, Hypoglykämiefrequenz objektive Parameter: Diabetes Pass, Diabetes Tagebuch, HbA1C – Wert Untersuchungsbefunde: Hinweise auf Folgeerkrankungen wie Neuropathie, Angiopathie, Retinopathie, !Füße ansehen Ziel: normnahe HbA1c-Werte: 6,6 – 7,5 (%) entspricht 7,8 – 9,5 mmol/l Risiko für Typ 2 Diabetiker: (für Personen, die zuvor keinen HI erlitten hatten) Herzinfarkt 20%, Schlaganfall 10% Kardiovas. Tod 15% 27
Metabolisches Syndrom – Definition (Raven-Syndrom, Syndrom X) Leitbefunde: Adipositas (BMI > 30 kg/m²) Hyper- und Dyslipoproteinämie Trigl >150mg/dl HDL 102cm [m] >88cm [w] erhöhte Arteriosklerose Inzidenz Fettleber Cholelithiasis 28
Empfehlungen zur Abklärung des V.a. OSAS - FeV, Anlage 4: Eignung liegt für Gruppe 2 nur vor, wenn …„keine messbare Auffälligkeit der Tagesschläfrigkeit vorliegt.“ - … und regelmäßige Kontrollen durchgeführt werden - Handlungsempfehlung VDV Schrift 9049 und G 25 - Anamnese erweitern um ESS - Gezielte Fragen zur Schläfrigkeit stellen - Weitere diagnostische Abklärung durch Lungenfacharzt, HNO - Therapie, Wiedereinsatz nach ca. 14 Tagen möglich - Wiedereinsatz auch schneller nach positivem Vigilanztest - Kontrollen nach 1 Jahr oder vorher bei neu aufgetretenen Risikofaktoren ( Hypertonie, Gewichtszunahme von > als 5 kg) 29
Epilepsie Eine Epilepsie wird durch den Nachweis von epileptischen Anfällen diagnostiziert. 30
Faktoren, die die Abstraktion zur syndromtypischen Gestalt unterstützen Beginn Ende Dauer Bewusstsein motorische Muster vegetative Phänomene 31
Klassifikation fokaler Anfälle einfach (bei freiem Bewusstsein) mit motorischem Symptomen mit sensorischen Symptomen mit psychischen Symptomen Komplexe (mit Beeinträchtigungen des Bewusstseins) mit und ohne Automatismen (Sterotypien) mit und ohne Beginn mit einfachen fokalen Symptomen Generalisierte tonische-klonische Anfälle mit fokalem Beginn mit einfach fokalem Beginn mit komplex fokalem Beginn mit einfach fokalem in Komplex fokal übergehenden Beginn 32
Eigenbeobachtung des Patienten Fremdanamnese Eigene Anschauung des Arztes - direkt - Videoaufzeichnung 33
Klassifikation generalisierter Anfälle Infantile Krämpfe (Propulsiv-Petit mal, BNS-Krämpfe) Myoklonische Anfälle der frühen Kindheit Atonische (astatische) Anfälle Tonische Anfälle Absencen, einfach oder mit myoklonischen, tonischen, atonischen, autonomen Komponenten, mit Automatismen Myoklonische Anfälle des Jugendalters Klonische Anfälle Tonisch-klonische Anfälle (Grand mal) 34
Faktoren, die ein Epilepsie-Syndrom bestimmen Ätiologie Erkrankungsalter Anfallstyp tageszeitliche Bindung Frequenzen der Anfälle EEG Prognose Behandelbarkeit 35
Faktoren, die Risiken und Gefahren durch epileptische Anfälle bestimmen Anfallsfrequenz / -freiheit tageszeitliche Bindung Aura Bewusstseinsveränderung Sturz Dauer 36
Alkohol – Drogen – Medikamente und Fahrtauglichkeit - Alkohol steht in der Bedeutung an 1. Stelle - ca. 4 Mio Menschen haben Alkoholprobleme, 2/3 davon sind im Besitz eines Führerscheins - bei > 200 Trinktagen / ano sind das ca 500 Mio Trunkenheitsfahrten/ ano - es kommt zu ca 140.000 Führerscheinentzügen/ ano - US von 300 Patienten im Entzug: - 90 % hatten Führerschein - davon waren 90 % wegen Alkohol da - davon sind aber nur 50 % vor der Entziehung auffällig gewesen! -10-15 % der Männer gebrauchen Alkohol regelmäßig, also jeden Tag 40 g Alkohol (1 l Bier) 37
Alkoholabhängigkeit – Wartezeiten und Kontrollmöglichkeiten - Identifikation: Klinik, Hinweise aus dem Umfeld (Unfälle, Auffälligkeiten im Umgang mit Fahrgästen, Veränderungen im Erscheinungsbild u.a. ) unternehmensinterne Vereinbarungen nutzen - bei Missbrauch: möglich, wenn die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist - bei Abhängigkeit: s.o. und frühestens nach Ablauf eines Jahres nach Therapieende - Diagnose möglichst extern erstellen lassen - Überprüfung der Abstinenz oder des Trennens von Gebrauch und Fahrdienst: - Regelmäßige Blutkontrollen: CDT, ETG als Abstinenzparameter (24 Stunden) - unangekündigte Kontrollen vereinbaren - Interne/externe Beratung dokumentieren lassen - vor Wiederaufnahme der Fahrtätigkeit mit Personenbeförderung gemeinsames Gespräch mit Vorgesetztem, Person des Vertrauens – z.b. Personalrat, Beratern führen 38
Ethylglucuronid (EtG) – Nachweis von Alkohol HOOC HO O HO OCH2CH3 OH wird ausschließlich in Gegenwart von Ethanol gebildet Zusammenhang hydrophil, sauer (pKa-Wert 3,2) zwischen täglicher negativ geladen bei pH=7,4 → Alkoholaufnahme und geringe Konzentration im Haar der Konzentration an bindet nicht an Haarpigmente → EtG im Haar Konzentration unabhängig von Haarfarbe 39
Urinanalyse versus Haaranalyse – EtG Nachweisfenster ca. 1-5 Tage mehrere Wochen bis Monate Asservierung Sichtkontrolle nicht invasiv, bedingt wiederholbar Manipulation möglich nicht möglich Lagerung kühl oder bei -20°C Raumtemperatur Probencharakteristika 10-100 mL, infektiös, 50-500 mg, nicht in- pH, Farbe, Kreatinin fektiös, Länge, Textur, kosmetische Behandlung Analysenverfahren Immunoassay, Überprü- GC/MS oder LC/MS fung mit GC/MS, LC/MS (EtG, EtS) Analysenkosten moderat (Einzelanalyse) hoch Information Einzelbefund, qualitativ kumulativer Befund, qua- litativ bis semiquantitativ 40
Weitere wichtige Arzneimittelgruppen mit direkter Wirkung auf das Zentralnervensystem Gruppe Bemerkung Antidepressiva Trizyklika: OR 2,3, ↑ bei hohen Dosen und Arzneimittelkombinationen SSRIs: günstiger, Daten unzureichend Antihistaminika Diphenhydramin ↔ Fexofenadin (OR: 0,63), dosisabhängige Sedierung Muskelrelaxanzien Schläfrigkeit, Daten unzureichend Antiepileptika Wechsel, Ausschleichen der Therapie, non-compliance → Anfallsrisiko↑ Mittel gegen Parkinson Tagesmüdigkeit, krankheitsbedingt Opioidanalgetika stabiler Therapieverlauf, guter Allgemeinzustand Antihypertensiva ACE-Hemmer: OR 1,6, ↑ in Verbin- dung mit weiteren Medikamenten zur Behandlung des Bluthochdrucks 41
ICADTS – Kategorisierung von Wirkstoffen (International Council on Alcohol, Drugs and Traffic Safety) I: Effekte sind nicht zu erwarten Antritt der Fahrt erst nach Lesen des Beipackzettels II: geringe bis moderate Nebenwirkungen Antritt der Fahrt nach Konsultation des Arztes III: schwere Nebenwirkungen keine Fahrt - nach Therapieerfolg in Absprache mit dem Arzt x 42
ICADTS Kategorisierung für ausgewählte Medikamentenwirkstoffe Nichtbenzodiazepin- Zolpidem III tranquilizer Zopiclon II Antihistaminika Diphenhydramin III Fexofenadin I Antidepressiva Doxepin, Amitriptylin III Imipramin II Venlafaxin I Schmerzmittel Morphin, Tramadol, Fentanyl III Codein, Oxycodon II Paracetamol, ASS, Ibuprofen I Verster & Mets (2009) Psychoactive medication and traffic safety. Int J Environ Res Publ Health, 6 http://www.icadts.nl/medicinal.html 43
Zusammenfassung und Empfehlungen ! Aufklärung des Patienten, Dokumentation ! Das Führen eines Kraftfahrzeuges unter dem Einfluss psychoaktiv wirkender Medikamente kann eine OWi oder eine Straftat darstellen ! Aufklärung über verkehrsrelevante Leistungseinbußen bei - Beginn der Therapie - Änderungen von Dosis / Medikament - schlechtem Allgemeinzustand - entsprechender Ko-Medikation - und Alkoholkonsum ! Therapiekontrolle – Nachfrage zu Verhaltens- und Leistungsänderungen ! Kritische Selbstprüfung des Patienten vor jedem Fahrtantritt 44
Alkohol – Drogen - ein 80 kg schwerer Mann erreicht 2 Promille, wenn er 5l Bier oder 2,5 L Wein trinkt - wenn jemand mit 1,6 Promille im Straßenverkehr angeroffen wird, ist von einer Gewöhnung auszugehen – das ist auch die Grenze für Missbrauch, - ab 1,6 Promille ist die körperliche Wahrnehmung gestört, er registriert zum Beispiel bei 0,5 Promille keine Veränderungen mehr, Anstieg, Abbau und Plateau werden nicht mehr bemerkt, Drogen: Beurteilung schwierig, da die Dosis- Wirkungsbeziehungen nicht ausreichend beschrieben sind - für Haschisch sollte das Abstinenzgebot gelten - Medikamente: ca 1,2 Mio Menschen sind in Deutschland abhängig, davon haben 2/3 einen Führerschein (mehr Frauen als Männer), von denen nehmen ca. 1 Mio regelmäßig unter Medikamenteneinfluss am Straßenverkehr teil 45
Depression - Einsatzmöglichkeiten - bei motivierten Mitarbeitern mit guter complience und bei gutem Kontakt zu behandelnden Ärzten/ Therapeuten – auch in den Kliniken - möglich, - Einsatzzeiten in Abhängigkeit von persönlichem Bedürfnis – hier Einsatz im Spätdienst (morgendliche Anlaufschwierigkeiten), - Vor Einsatz im Fahrdienst mit PB : Wiener Test - regelmäßige NU, z.B. alle 6 Monate - stringente Betreuung und frühzeitige therapeutische Intervention nach erneuten Unfällen/ Übergriffen 46
Eingeschränkte Schichtdiensttauglichkeit Entwurf VDV Schrift 9050 Schichtarbeit und Gesundheit -Gesundheitliche Auswirkungen von Schichtarbeit – unspezifische Belastung, die zu multifaktoriell bedingten Erkrankungen führen kann, dazu gehören Symptome wie: - Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Magen-Darm-Beschwerden, Innere Unruhe, Herz-Kreislaufbeschwerden, Blasenbeschwerden, Nervosität, schnelle Ermüdbarkeit, Übergewicht, depressive Verstimmung - Erkrankungen, die Schichttauglichkeit stark beeinträchtigen oder auch dauerhaft aufheben können: - schwere chronisch-entzündliche Darmerkrankungen - nicht therapierbare, objektivierte Schlafstörungen - schwer einstellbarer Diabetes - Herzerkrankungen mit erheblicher Funktionseinbuße - Multiple Sklerose - chronifizierte psychische Erkrankungen - notwendige Dauertherapie mit zeitgebundener Medikamenteneinnahme 47
Chronischer Schmerpatient - Lösungsvorschlag - Einsatz ohne SE gegenüber behandelnder Therapeutin nicht möglich! - enger Kontakt zwischen allen drei Beteiligten notwendig - Umstellung der Medikation auf Medikamente, die die FT weniger beeinflussen - Kein Antidepressivum, bei Notwendigkeit erneute grundsätzliche Klärung, ob einsetzbar oder AU - zur Einstellungsphase mit Medikamenten AU - vor Wiederaufnahme des Fahrdienstes : Wiener Test, regelmäßige Wiederholung – im ersten Jahr alle drei Monate und von BA nachgehalten - Einsatz im regelmäßigen Frühdienst 48
Kasuistiken entfernt ! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 49
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