STATUS QUO IN DER PSORIASIS-THERAPIE

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Ausgabe 03 | FEBRUAR 2012

NEWSLETTER DER INITIATIVE FÜR ALLGEMEINMEDIZIN UND GESUNDHEIT

STATUS QUO
IN DER PSORIASIS-THERAPIE
Univ.-Prof. Dr. Peter Wolf, Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie, Universitätsklinikum - LKH Graz
Dr. Erwin Rebhandl, Arzt für Allgemeinmedizin und Univ.-Lektor für Allgemeinmedizin, Haslach

Die Psoriasis betrifft annähernd 2 % der kaukasischen                                Psoriasis-Patienten mit schweren Verläufen wird ein er-
Bevölkerung (Friedewald et al., 2008) und stellt somit eine der                      höhtes Risiko für kardiovaskuläre Folgeerkrankungen wie
häufigsten chronisch und schubhaft verlaufenden exanthe-                             Herzinfarkt und Schlaganfall sowie eine erhöhte Mortalität
matischen Dermatosen dar. Aus pathogenetischer Perspek-                              angenommen (Gelfand et al., 2007). Insgesamt verkürzt sich die
tive ist sie eine multifaktorielle Erkrankung, bei der gene-                         Lebenserwartung um etwa drei bis vier Jahre bei Patienten
tische Faktoren und Umwelteinflüsse (Infekte, Rauchen,                               mit schwerer Psoriasis-Erkrankung.
Einnahme bestimmter Medikamente) in der Pathogenese
zusammenwirken.
                                                                                     PSORIASIS: KLINIK & SCHWEREGRADE
Selbst bei milden Verläufen führt die Erkrankung zu schwer-
wiegenden Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betrof-                            Die klinischen Manifestationsformen der Psoriasis sind aus-
fenen. So berichten 80 % der Patienten über einen enorm                              gesprochen heterogen, und verschiedene morphologisch von-
negativen Einfluss auf ihr Leben (Friedewald et al., 2008). Für die                  einander unterscheidbare Ausprägungen können abgegrenzt
Betroffenen bedeutet die Psoriasis eine meist jahrzehn­te­                           werden.
lange Beeinträchtigung vieler Aspekte des täglichen Lebens,
                                                                                     Die häufigste Manifestationsform der Psoriasis ist die Plaque-
teilweise erhebliche Stigmatisierung und soziale Ausgren-
                                                                                     Psoriasis. Ihr klinisches Erscheinungsbild ist durch meist
zung. Der Einfluss der Psoriasis auf die gesundheitsbezogene
                                                                                     runde, scharf begrenzte, meist nicht-juckende Herde unter-
Lebensqualität ist ebenso groß wie jener anderer schwerer
                                                                                     schiedlicher Größe mit Infiltration und charakteristischen
Erkrankungen (Rapp et al., 1999).
                                                                                     silbrig-weißen Schuppen gekennzeichnet. Diese für die Pso-
Als systemische Erkrankung umfasst die Psoriasis neben                               riasis typischen Effloreszenzen werden auch als erythemato-
den kutanen Effloreszenzen eine mögliche Gelenksbeteiligung,                         squamöse Plaques bezeichnet und finden sich besonders häu-
die etwa bei jedem fünften Patienten zu diagnostizieren ist                          fig an den Streckseiten der oberen und unteren Extremitäten,
(Reich et al., 2009), sowie eine Reihe charakteristischer Komor-                     am Capillitium sowie im Sakralbereich.
biditäten: Diese sind chronisch entzündliche Darmerkran-
                                                                                     Bei mechanischer Entfernung der Schuppen (beispielsweise
kungen, metabolische Veränderungen wie Dyslipidämie,
                                                                                     mit dem Holzspatel) bei Plaque-Psoriasis werden drei Phäno-
Diabetes(neigung), Adipositas, arterielle Hypertonie (Augustin
                                                                                     mene unterschieden, die diagnostisch relevant sind:
et al., 2010; Mrowietz et al., 2006; Mallbris et al., 2004; Gelfand et al., 2006;
2007; Sommer et al., 2006; Gisondi et al., 2007) sowie Gefäßverände-                 1. Zu Beginn zeigt sich silbriges Schuppenmaterial wie Ker-
rungen (v. a. Atherosklerose der Koronararterien) (Ludwig et                            zenwachs (Kerzenwachsphänomen)
al., 2007), wobei möglicherweise überlappende Krankheits­
                                                                                     2. Bei weiterem Reiben an der Psoriasisläsion lassen sich
mechanismen vorliegen.
                                                                                        tiefere Zelllagen in einem Stück entfernen (Phänomen des
Dem atherosklerotischen und psoriatrischen Plaque scheinen                              letztes Häutchens)
vergleichbare entzündliche Pathomechanismen zugrunde zu
                                                                                     3. Schließlich kommt es so zu punktförmigen Blutungen (blu-
liegen; Hinweise, denen zufolge sich auch bei Psoriasispati-
                                                                                        tiger Tau; Auspitzphänomen).
enten letztlich entzündliche Gefäßerkrankungen entwickeln
könnten – der so genannte „psoriatische Marsch“– häufen                              Sonderformen der Psoriasis sind die Psoriasis inversa,
sich (Boehncke et al., 2011a). Derzeit wird angenommen, dass für                     bei der die Hautveränderungen an den Intertrigostellen,
diese systemischen Veränderungen die Freisetzung von Ent-                            Genitoanal­regionen, Handflächen und Fußsohlen auftreten,
zündungsfaktoren wie TNF-alpha und vor allem Interleukin                             die Nagelpsoriasis sowie als besonders schwerwiegende Ver-
17 und -23 verantwortlich ist. Insbesondere bei jüngeren                             laufsformen die psoriatische Erythrodermie (Befall des Ge-
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STATUS QUO IN DER PSORIASIS-THERAPIE

samtinteguments) sowie die Psoriasis pustulosa palmoplan-               und Kopfhaut) sowie die Nägel untersucht, die Erkrankungs-
taris oder generalisata (Typ Zumbusch), wobei Letztere die              dauer berücksichtigt und im Sinne der Früherkennung auch
schwerste, sogar lebensbedrohliche Krankheitsmanifestation              eine mögliche Gelenksbeteiligung abgeklärt werden. Nur in
darstellt; eine Gelenksbeteiligung (Psoriasis arthropathica)            Ausnahmefällen muss eine Biopsie mit histologischer Unter-
findet sich je nach Literaturangabe bei 5–30% der Patienten.            suchung die klinische Verdachtsdiagnose bestätigen.

Die Leitsymptome Schuppung, Induration und Rötungen kön-                Es ist eine Vielzahl potentieller Auslöse- bzw. Triggerfaktoren
nen abhängig vom betroffenen Körperareal variieren. Die Läsi-           für die Entstehung einer Psoriasis bekannt wie z. B. gewisse
onen variieren in Form von Papeln, Plaques unterschiedlicher            Medikamente einschließlich -Blocker, Lithium o. a. (Tabelle 1).
Größe oder Pusteln, und ihre Ausdehnung reicht von gering bis
zur Beteiligung der gesamten Körperoberfläche.                           TABELLE 1:
                                                                         Potentielle Trigger- und Risikofaktoren der Psoriasis
Die Psoriasis kann episodisch rezidivierend und/oder chronisch-
stationär verlaufen und geht in ihrer erythrodermatischen                   Klimatische Bedingungen (kalt, trocken)
oder pustulösen Erscheinungsform oftmals auch mit schwe-                    Stressfaktoren (Angst, Depressionen)
ren extrakutanen Allgemeinsymptomen einher, die Fieber und                  Traumata wie Hautverletzungen, mechanischer Druck
Schwellung der hautnahen Lymphknoten umfassen.                              oder Sonnenbrand (isomorpher Reizeffekt oder Köbner-
                                                                            Phänomen)
Der Schweregrad der Erkrankung wird nach prozentualem
                                                                            Bakterielle oder virale Infektionen (Streptokokken, HIV)
Anteil der betroffenen Körperoberfläche (Body Surface Area,
                                                                            Medikamente (Chloroquin, ACE-Hemmer, -Blocker,
BSA) in leichte ( 2 % der Körperoberfläche), mittelschwe-
                                                                            Progesteron, Lithium, NSAR, orale Corticosteroide
re (2–10 %) oder schwere Verlaufsformen ( 10 %) unterteilt.
                                                                            (Rebound nach Absetzen)
Ein standardisiertes Bewertungsschema stellt der „Psoriasis
                                                                            Rauchen und exzessiver Alkoholkonsum
Area and Severity“-Index (PASI) (Fredriksson & Pettersson, 1978) dar,
in den neben der Ausdehnung auch Erythem, Induration und                                            Huerta et al., 2007; Wolkenstein et al., 2009
Schuppung der Psoriasisherde (Ashcroft et al., 1999) einfließen. Der
theoretisch berechenbare maximale PASI beträgt 72, eine
                                                                        THERAPIE DER PSORIASIS
mittelschwere bis schwere Ausprägung liegt jedoch bereits ab
einem PASI von 10 vor.                                                  Neben der Art der Psoriasis, deren Ausbreitung und Krank-
                                                                        heitsdynamik sowie deren Lokalisation beeinflusst eine Viel-
Neben der Ausdehnung der Hautbeteiligung wird der qualita-
                                                                        zahl von Faktoren die Wahl und Effektivität des therapeuti-
tive Schweregrad der Erkrankung heute auch im Hinblick auf
                                                                        schen Managements der Psoriasis (siehe Tabelle 2).
die Krankheitsaktivität, das Nicht-Ansprechen auf vorange-
gangene Therapieversuche und psychosoziale Faktoren wie                  TABELLE 2:
Lebensqualität und Leidensdruck des Patienten beurteilt.                 Die Wahl der Psoriasis-Therapie richtet sich nach:
Für die Indikationsstellung biologischer Therapien kann die so
                                                                            Schweregrad der Erkrankung/Ausmaß der Hautbeteili-
genannte „Rule of Ten“ hilfreich sein. Sie besagt, dass eine Sys-
                                                                            gung
temtherapie indiziert ist, wenn mindestens ein PASI von 10, ein
                                                                            Form der Psoriasis
BSA von 10 % oder ein DLQI (Dermatology Life Quality Index)
                                                                            Leidensdruck
von 10 vorliegt. Ausschlaggebend für den Therapiebedarf ist
                                                                            Früheren Psoriasis-Therapien (Wirksamkeit,
aber auch die Lokalisation der therapierefraktären Läsionen.
                                                                            Verträglichkeit, Kontraindikationen, Dosierung)
                                                                            Lebensalter
                                                                            Gebärfähigem Alter bzw. möglicher Schwangerschaft
DIAGNOSTIK
                                                                            Komorbiditäten bzw. Komedikationen
Die Diagnose Psoriasis vulgaris wird beinahe ausschließlich                 Ausmaß der Einschränkung der Alltagsaktivitäten
durch die typische Morphologie der Effloreszenzen bestimmt.                 Patientenzielen und -erwartungen
Bei Vorliegen der typischen psoriatischen Plaques ist die klinische         Akzeptanz und Zufriedenheit mit dem therapeutischen
Diagnostik ausreichend: Durch Schaben kann die Schuppung                    Regime (Anwendungsfreundlichkeit)
der erythemato-squamösen Plaques entfernt werden und mit-                   Patientencompliance
tels 1. Kerzenwachsphänomen, 2. Phänomen des letzten Häut-
chens und 3. Phänomen des blutigen Taus (Auspitz-Phänomen)              Die Basistherapie der Psoriasis vulgaris umfasst die topische
die Diagnose bestätigt werden. Bei der klinischen Erfassung             Anwendung von wirkstofffreien Salbengrundlagen sowie to-
sollten die Prädilektionsstellen der Haut (Streckseiten der obe-        pische Zubereitungen von Harnstoff und Salicylsäure. Diese
ren und unteren Extremitäten, Bauchnabel, sakral, perianal              Basistherapeutika stellen in der begleitenden Behandlung
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STATUS QUO IN DER PSORIASIS-THERAPIE

aller akuten Psoriasis-Schweregrade sowie in der Intervall-      Gemäß EKO-Verordnung ist die Indikations-
therapie einen international anerkannten Therapiestandard        stellung für Biologika folgendermaßen formu-
dar (AWMF, 2011).                                                liert:
                                                                 Die Behandlung mit Etanercept, Infliximab oder Adalimumab
                                                                 ist angezeigt bei mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis
Topische Therapien
                                                                 erwachsener Patienten bei Versagen, Unverträglichkeit oder
Leichte Formen der Psoriasis können mit topischen Therapi-       Kontraindikation gegenüber systemischen Therapien wie Ciclo­
en gut behandelt werden. Mit höchstem Evidenzgrad werden         sporin, Methotrexat oder PUVA bzw. bei aktiver und progres-
empfohlen:                                                       siver Psoriasis-Arthritis bei Erwachsenen bei Versagen von
                                                                 mindestens zwei anderen DMARDs (disease-modifying anti-
   Glukokortikosteroide
                                                                 rheumatic drugs) inklusive Methotrexat (Infliximab dann nur in
   Vitamin-D3-Analoga (Calcipotriol und Tacalcitol)
                                                                 Kombination mit Methotrexat). Die Erstverordnung und eng­
Früher ebenfalls übliche topische Therapien wie Dithranol        maschige Kontrolle müssen durch einen Dermatologen bzw.
bzw. Teerpräparate haben zwischenzeitlich an klinischer Be-      durch einen Facharzt mit Additivfach Rheumatologie oder durch
deutung verloren. Die jeweiligen topischen Ansätze können        Zentren, die berechtigt sind, solche auszubilden, erfolgen.
durch allgemeine Behandlungsmaßnahmen wie Feuchtig-
                                                                 Ustekinumab ist indiziert bei mittelschwerer bis schwerer
keitscremes und -salben, Salben mit Keratolytika (Salizylsäu-
                                                                 Plaque-Psoriasis bei Versagen, Unverträglichkeit oder Kon-
re), Sole-, Ölbäder sowie klimatische Veränderungen (Sonne,
                                                                 traindikation gegenüber systemischen Therapien einschließ-
Totes Meer) ergänzt werden.
                                                                 lich Ciclosporin, Methotrexat oder PUVA. Die Diagnosestel-
                                                                 lung, Erstverordnung und engmaschige Kontrollen müssen
                                                                 durch eine entsprechende Fachabteilung bzw. -ambulanz bzw.
Systemische Therapien
                                                                 durch FachärztInnen mit Erfahrung in der Behandlung der
Für Patienten, bei welchen topische Therapien nicht oder nicht   mittelschweren bis schweren Plaque-Psoriasis erfolgen. Die
allein ausreichend Linderung verschaffen, steht eine Rei-        Entscheidung über eine Behandlungsverlängerung nach 28
he wirksamer systemischer Therapeutika wie Phototherapie         Wochen muss durch die Fachabteilung bzw. -ambulanz oder
(UVB, PUVA), Ciclosporin (Ciclosporin A), Fumarsäureester,       durch Dermatologen mit Erfahrung in der Behandlung der
Methotrexat und Retinoide sowie Biologika wie TNF-a-Anta-        mittelschweren bis schweren Plaque-Psoriasis erfolgen. Die
gonisten und anti-IL-12/23-Antikörper zur Verfügung.             Behandlung mit Ustekinumab darf nur bei PatientInnen ver-
                                                                 längert werden, die auf die Therapie angesprochen haben. Die
Je nach individuellem Verlauf werden die Präparate als Dauer-
                                                                 PatientInnen sollen in ein entsprechendes Psoriasis-Register
therapie oder mit behandlungsfreien Intervallen verabreicht,
                                                                 aufgenommen werden (z. B. Psoriasis-Register Graz, für De-
wobei die Langzeitanwendung mancher Substanzen aufgrund
                                                                 tails siehe: https://psoriasis-therapieregister.at oder http://
teils erheblicher Nebenwirkungen (Ciclosporin: Nephrotoxizi-
                                                                 www.meduni-graz.at/13818).
tätsrisiko; Methotrexat: Hepatotoxizität; PUVA: Hautalterung
und Hautkrebsrisiko) limitiert ist.                              Golimumab ist nur zur Behandlung der aktiven progressiven
                                                                 psoriatischen Arthritis zugelassen. Die Verordnungsbedin-
 SYSTEMISCHE THERAPIEN                                           gungen gemäß EKO entsprechen jenen von Etanercept, Infli-
                                                                 ximab oder Adalimumab.
    Phototherapie und Photochemotherapie
    • Breitband- und Schmalband-UVB
    • PUVA (Psoralen und UVA-Strahlung)
    Fumarsäureester
    Methotrexat
    Retinoide
    Ciclosporin
    TNF-a-Antagonisten
    • Etanercept
    • Infliximab
    • Adalimumab
    • Golimumab (nur für psoriatische Arthritis zugelassen)
    anti-IL-12/23-Antikörper
    • Ustekinumab (nur für Plaque-Psoriasis zugelassen)
AUSGABE 3 | FEBRUAR 2012

STATUS QUO IN DER PSORIASIS-THERAPIE

VORBEFUNDE UND VERLAUFSKONTROLLE                                   PSORIASIS UND KOMORBIDITÄTEN
VOR EINLEITUNG EINER ANTI-PSORIATI-                                Patienten mit schweren Verläufen verfügen über ein 50 %
SCHEN SYSTEMTHERAPIE                                               höheres Mortalitätsrisiko gegenüber Patienten ohne Psoriasis
                                                                   und versterben im Durchschnitt um 4 Jahre früher; Patien-
                                                                   ten mit mildem Krankheitsverlauf weisen hingegen kein er-
Vorbefunde                                                         höhtes Mortalitätsrisiko auf (Gelfand et al., 2007). Wenngleich der
                                                                   genaue Zusammenhang zwischen Psoriasis und gesteigerter
  Abklärung einer Gelenksbeteiligung (Gelenks- und Wirbel-
                                                                   Mortalität noch nicht aufgeklärt ist, zeigen sich im Rahmen
  säulenstatus), Skelettröntgen
                                                                   der Psoriasis systemische Komorbiditäten wie Übergewicht,
  PASI-Staging und DLQI                                            Hyperlipidämie, Diabetes, Hypertonie und kardiovaskuläre
                                                                   Erkrankungen (Azfar et al., 2008).
  Klinische Chemie (BSG, C-reaktives Protein, Blutbild, SGOT,
  AP, Kreatinin) und Harnstatus                                    Die mit der Psoriasis einhergehenden Komorbiditäten erfor-
                                                                   dern eine vielfältige Komedikation, die insbesondere bei der
  ANA und ev. Hepatitis-Serologie und HIV-Test
                                                                   Auswahl einer systemischen Therapie in Hinblick auf die Ver-
  IGRA (Interferon-gamma-Release-Assay wie Quantiferon             meidung von Arzneimittelinteraktionen zu berücksichtigen ist
  Gold Test oder Elispot), TBC-Anamnese und Thoraxröntgen          (Gerdes & Mrowietz, 2009). Daten sowohl aus der Behandlung der
  zum Ausschluss einer (latenten) Tuberkulose                      Rheumatoiden Arthritis als auch der Psoriasis zeigen, dass eine
                                                                   langfristige adäquate Kontrolle der Krankheitsaktivität auch zu
  Gezielte Malignom-Anamnese
                                                                   einer Reduktion der durch metabolische Komorbiditäten er-
  Herzinsuffizienz-Abklärung, ev. Neurostatus                      höhten kardiovaskulären Komplikationen führt (AWMF, 2011). Es
                                                                   konnte ferner gezeigt werden, dass eine effektive systemische
  Schwangerschaftstest bei Frauen im gebärfähigen Alter
                                                                   Therapie imstande ist, die Mortalität und kardiovaskuläre Er-
  Photodokumentation                                               eignisse bei Patienten mit einer anderen chronisch-inflamm-
                                                                   atorischen Erkrankunge (Rheumatoide Arthritis; Behandlung
  Rheumatologischer Fachbefund und/oder Rücksprache mit
                                                                   mit MTX) zu verringern (Prodanovich et al., 2005; Choi et al., 2002).
  dem Rheumatologen bei Verdacht auf Arthritis
                                                                   Eine Metaanalyse untersuchte die Assoziation zwischen biolo-
                                                                   gischen Therapien und kardiovaskulären Ereignissen anhand
Monitoring                                                         den primären Endpunkten Myokardinfarkt, zerebrovaskuläres
                                                                   Ereignis oder kardiovaskulärer Tod. Im Verlauf der placebo-
  Klinische Chemie und Blutbild sowie PASI-Staging anfangs
                                                                   kontrollierten Behandlungsphase zeigte sich, dass bei Patien-
  alle 4–6 Wochen
                                                                   ten unter den verwendeten Biologika (anti-IL-12/23-Antikörper,
  Klinisch-rheumatologische Dokumentation nach 3, 6 und 12         TNF-a-Inhibitoren) verglichen mit Placebo keine signifikanten
  Monaten                                                          Unterschiede in Hinblick auf die Rate der untersuchten Ereig-
                                                                   nisse zu beobachten waren, wobei die Gesamtanzahl der Er-
  Röntgenbilder relevanter Gelenke jährlich
                                                                   eignisse sehr gering war (Ryan et al., 2011).

TABELLE 3:
In Österreich zugelassene Biologika und deren Dosierungen

  Wirksubstanz Handelsname Wirkung                 Verabreichung                                     Indikation
                                                   3–5 mg/KG KG i.v., Woche 0, 2, 6                  Plaque-Psoriasis und/oder
  Infliximab      Remicade®       Anti-TNF-AK
                                                   und dann alle 8 Wochen                            psoriatische Arthritis
                                  TNF-Rezeptor-                                                      Plaque-Psoriasis und/oder
  Etanercept      Enbrel®                          25–50 mg s.c. 2x oder 50 mg 1x pro Woche
                                  Fusionsprotein                                                     psoriatische Arthritis
                                                                                                     Plaque-Psoriasis und/oder
  Adalimumab      Humira®         Anti-TNF-AK      80 mg s.c. initial, dann 4 mg jede 2. Woche
                                                                                                     psoriatische Arthritis

  Golimumab       Simponi®        Anti-TNF-AK      100 mg 1x pro Monat                               Psoriatische Arthritis

                                  Anti-IL-12/23-
  Ustekinumab     Stelara®                         45/90 mg Woche 0, 4 und danach alle 12 Wochen Plaque-Psoriasis
                                  AK
AUSGABE 3 | FEBRUAR 2011

STATUS QUO IN DER PSORIASIS-THERAPIE

Die PRISTINE-Studie bewertete einerseits die Wirksamkeit              Die Studie unterstreicht, dass die Präsenz eines metaboli-
und Sicherheit des TNF-a-Blockers Etanercept (plus zusätz-            schen Syndroms, kardiovaskulärer Risikofaktoren und Dia-
licher bedarfsmäßiger topischer Therapie) bei Patienten mit           betes bei Patienten mit Psoriasis einer größeren klinischen
moderater bis schwerer Plaque-Psoriasis (PASI  10 oder               Aufmerksamkeit bedarf und weitere Studien zur Assoziation
BSA   10), andererseits den Einfluss von Etanercept auf              zwischen kardiometabolischen Parametern und kardiovasku-
kardio­metabolische Biomarker (Tsai et al., 2011). Zu Studien­        lären Risikofaktoren bei Psoriasis erforderlich sind.
beginn zeigten insgesamt 30,8% der Studienpopulation eine
                                                                      Phase-IV-Studien des Postmarketing und die Analyse von
Psoriasisarthritis, 9,5% waren von Diabetes, 64% von Hyperto-
                                                                      Patientendaten aus Psoriasisregistern über die Wirksamkeit
nie betroffen; die Prävalenz des metabolischen Syndroms lag
                                                                      der Therapie mit Biologika unter Alltagsbedingungen sollten
mit 42% höher als rezente Schätzungen für die Allgemeinbe-
                                                                      in naher Zukunft klären, ob eine frühzeitige anti-psoriatische
völkerung (Puig et al., 2010). Wenngleich Etanercept keine klinisch
                                                                      Systemtherapie die mit den Komorbiditäten der Psoriasis as-
signifikanten Effekte auf glykämische und kardio­metabolische
                                                                      soziierten Risken senken kann.
Risikofaktoren ausübte, zeigten sich doch signifikante Verbes-
serungen mancher Biomarker (Apolipoprotein B/Apolipopro-
tein A1-Ratio, hsCRP, NT-proBNP).

RATIONALE

     Die Psoriasis als chronische, systemische immunme­                 Die Psoriasis stellt einen Risikofaktor für kardiovaskuläre
     diierte Erkrankung verfügt über eine mit anderen chro-             Erkrankungen dar. Die Patienten müssen vom Hausarzt
     nisch-entzündlichen Erkrankungen vergleichbare Krank-              als ersten Ansprechpartner dahingehend beraten wer-
     heitslast (Rapp et al., 1999). Sie geht häufig mit erheblichen     den, vermeidbare additive Risikofaktoren wie Überge-
     Komorbiditäten wie kardiovaskulären Erkrankungen,                  wicht und Nikotinabusus im Sinne einer allumfassenden
     Diabetes, dem metabolischen Syndrom und Depressionen               Lifestyle-Intervention zu eliminieren (Boehncke et al., 2010).
     einher (Farley & Menter, 2011), und ein schwerer Krankheits-
                                                                        Da die kutane Manifestation der Psoriasis der Gelenks-
     verlauf ist ein unabhängiger Risikofaktor für eine erhöhte
                                                                        beteiligung in meisten Fällen um eine Dekade voraus-
     Mortalität (Boehncke et al., 2011b; Prodanovich et al., 2009).
                                                                        geht, nimmt der Arzt für Allgemeinmedizinin in der Früh-
     Im Management der Psoriasis fand in den letzten Jahren ein         erkennung arthritischer Symptome eine entscheidende
     Paradigmenwechsel statt: Die ausschließliche Behand­               Rolle ein (Boehncke et al., 2010).
     lung als Hauterkrankung trat zugunsten einem über-
                                                                        Patienten mit Psoriasis verfügen über ein hohes Risiko zu-
     greifenden Krankheitsmanagement in den Hintergrund,
                                                                        sätzlicher gesundheitlicher Störungen, daher kommt der
     wobei dieser neue Ansatz die wichtige Rolle des Arztes
                                                                        regelmäßigen Überwachung des Blutdrucks, der Herz­
     für Allgemeinmedizin als Koordinator der Behand­lung
                                                                        frequenz, des BMI, der Lipidwerte sowie der Nüchtern­
     zwischen Dermatologen, Rheumatologen und Endokri-
                                                                        glukose ein wichtiger Stellenwert zu (Kimball et al., 2008).
     nologen unterstreicht.
                                                                        Die initiale Diagnostik und Einleitung der Behandlung der
     Die Behandlung einer leichten Psoriasis vulgaris kann
                                                                        Psoriasis der Haut sollten generell durch einen Facharzt
     sowohl durch den Arzt für Allgemeinmedizin als auch den
                                                                        für Dermatologie vorgenommen werden. Bei moderaten
     Dermatologen durchgeführt werden, wobei die Sicherung
                                                                        bis schweren Ausprägungsgraden sollte eine Überwei-
     der Diagnose zumindest bei atypischen Formen wegen
                                                                        sung an spezialisierte Fachärzte oder Zentren für die
     ihrer Tragweite durch den Dermatologen erfolgen sollte.
                                                                        Psoriasisbehandlung erfolgen. Gemäß EKO-Verordnung
     Mittelschwere bis schwere Formen der Psoriasis vulgaris            des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversi-
     sollten aufgrund der größeren Erfahrung und des brei-              cherungsträger sind nur diese dazu befugt, bei Nicht-
     teren Spektrums der angewandten Therapieoptionen                   ansprechen, Unverträglichkeit oder Kontraindikationen
     (z. B. Behandlung mit UV-Licht und Biologika) durch den            von konventionellen systemischen Therapien die Erst-
     Facharzt für Dermatologie unter Beachtung möglicher                verordnung einer Therapie mit einem Biologikum vorzu-
     Komorbiditäten kooperativ behandelt werden.                        nehmen.
AUSGABE 3 | FEBRUAR 2012

STATUS QUO IN DER PSORIASIS-THERAPIE

LITERATUR

[AWMF, 2011] AWMF-Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris Update 2011.           Ludwig RJ, et al. Psoriasis: a possible risk factor for development of coronary artery
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 IMPRESSUM:
                                                                                               MIT FREUNDLICHER UNTERSTÜTZUNG VON:
 AM Plus Initiative für Allgemeinmedizin und Gesundheit
 Dr. Erwin Rebhandl, Univ.-Prof. Dr. Manfred Maier
 Anschrift: Lazarettgasse 19/OG 4, 1090 Wien
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