DER KAMPF UM LAND UND WASSER IN AMAZONIEN - Belo Monte, Odebrecht und die Luxemburg-Connection - Action Solidarité Tiers Monde
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DER KAMPF UM
LAND UND WASSER
IN AMAZONIEN
Belo Monte,
Odebrecht und
die Luxemburg-Connection
© Adrian Rheinländer
1
INHALT
Einleitung 1
Herausgeber: Der Belo Monte-Staudamm im brasilianischen Amazonasgebiet 2
ASTM / Klima-Bündnis Lëtzebuerg Wer steckt hinter Belo Monte? 4
Redaktion: Nadine Haas, Dietmar Mirkes
www.astm.lu, www.klimabuendnis.lu Odebrecht vor der brasilianischen und der internationalen Justiz 5
Luxemburg, im Oktober 2018
Die Verbindungen des Odebrecht-Konzerns nach Luxemburg 7
Titelfoto: Brandrodung im Zuge der
Bauarbeiten am Belo Monte-Staudamm
Odebrecht in Luxemburg: Finanzierte Projekte 10
© Adrian Rheinländer Schlussbemerkungen 12
Quellen 13
Diese Veröffentlichung wurde im Rahmen des Projekts „Change the Power – (Em)Power
to Change: Local Authorities towards the SDGs and Climate Justice“ mit finanzieller
Unterstützung der Europäischen Union hergestellt. Für den Inhalt dieser Veröffentlichung
ist allein ASTM/Klima-Bündnis Lëtzebuerg verantwortlich; der Inhalt kann in keiner Weise
als Standpunkt der Europäischen Union angesehen werden.
© Atossa Soltani/Amazon Watch/Spectral Q
Im Juni 2012, kurz vor der UN-Konferenz über nach-
haltige Entwicklung (Rio+20) besetzten 300 Indigene,
Bauern, Fischer und Anwohner die Belo Monte-Bau-
EINLEITUNG
stelle und bildeten die Wörter „Pare Belo Monte“
(„Stoppt Belo Monte“). Sie entfernten ein Teilstück des
aufgehäuften Dammes, um das Wasser wieder durch-
zulassen und den Xingu „zu befreien“.
„P are Belo Monte“ – „Stoppt Belo Monte“, „No a Chadín
2“ – „Nein zu Chadín 2“, ... Immer wieder werden wir
mit Losungen von Bürgerinitiativen, indigenen Völkern und
oder Minen immer wieder als schier aussichtslosen Kampf
von David gegen Goliath erscheinen, der aus der Defensive
heraus geführt wird.
sozialen Bewegungen in Lateinamerika konfrontiert, die
So nötig unsere Unterstützung auch ist, so möchten wir doch
sich gegen bestimmte Entwicklungsprojekte in ihrer Region
nicht nur reagieren, sondern die globalen Handlungszusam-
richten. Sie wenden sich an die breite nationale und globale
menhänge besser verstehen, transparenter machen und
Öffentlichkeit, um sie auf geschehenes oder drohendes
zeigen, welche Akteure hier in Europa sitzen und wie wir hier
Unrecht aufmerksam zu machen, in der Hoffnung auf
unserer Verantwortung als Weltbürger durch aktives Einmi-
Unterstützung für ihre Anliegen und Rechte.
schen gerechter werden können.
Durch unsere jahrzehntelange Zusammenarbeit mit Organi-
Der Staudamm Belo Monte im brasilianischen Amazonas
sationen der Zivilgesellschaft in Lateinamerika verfügen wir,
becken dient hier als Fallbeispiel; wir könnten Hunderte an-
die Action Solidarité Tiers Monde (ASTM), über eine gewisse
dere aufzählen. Und in vielen Fällen sitzen beteiligte Firmen
Erfahrung, um solche Bewegungen besser einschätzen zu
ausgerechnet hier bei uns in Luxemburg...
können. Und als Nord-Süd-Koordination des Klima-Bündnis
Lëtzebuerg sind wir (neben dem Schutz des Weltklimas) dem
Schutz der Regenwälder und seiner Bewohner verpflichtet.
Oft können wir ihnen juristische, finanzielle oder kommuni-
kative Hilfe anbieten, aber das Ausmaß der Verletzungen von
Umwelt- und Menschenrechten läßt den Widerstand solcher
Bewegungen gegen große Infrastrukturprojekte, Ölfelder
1
DER BELO MONTE-
STAUDAMM IM D er Belo Monte-Staudamm in
Brasilien soll nach Fertigstellung
BRASILIANISCHEN
mit einer geplanten Leistung von
11.200 MW der drittgrößte Staudamm
der Welt werden. Die Bauarbeiten haben
AMAZONASGEBIET
2011 begonnen. Insgesamt besteht der
Komplex aus drei Staudämmen, einem
Kanal und einem Staubecken von über
500 km2. Die „große Flussschleife“ (volta
grande) des Xingu, eines der großen
Nebenflüsse des Amazonas, wird hierbei
durch einen Kanal umgeleitet und
aufgestaut. Betroffen sind insgesamt
rund 300.000 Menschen, darunter
20.000 Anwohner der Stadt Altamira,
deren Stadtviertel geflutet wurden,
und die indigenen Dörfer der Juruna
und Arara, da der Flussbereich, an dem
sie leben, trockengelegt wurde. 2016
wurden die ersten Turbinen in Betrieb
genommen. Das Projekt soll 2019
fertiggestellt werden.
Die ersten Pläne für den Staudamm
stammen aus den 1970er Jahren. Da-
mals hieß das Projekt noch Kararaô und
sollte bedeutend größer werden. Doch
nach massiven Protesten indigener
Gruppen wurde das Projekt verkleinert
und dabei in Belo Monte umbenannt.
Der Widerstand der Flussanwohner ließ
jedoch nicht nach, denn die negativen
Folgen von Belo Monte auf Mensch und
Umwelt sind massiv: Rodung und Über-
flutung des Regenwaldes, Verlust der
Biodiversität, Zerstörung der saisonalen
Wasserführung des Xingu, Verlust der
Lebensgrundlage für Flussanwohner,
Zwangsumsiedlungen, usw.
Durch den Zuzug von Arbeitern wuchs
die Stadt Altamira in zwei Jahren von
100.000 auf 160.000 Anwohner. Zahl-
reiche Anwohner wurden in neu ge-
Überfluteter Regenwald und baute Stadtteile umgesiedelt. Die
trockengefallene Flussabschnitte bestehende soziale Struktur wurde
© Adrian Rheinländer
oberhalb und unterhalb der Belo dadurch zerstört, Gewalt und Kriminali-
Monte-Staumauer
tät nahmen zu. Nachdem die Jobs mit
2
„Es kann nicht sein, dass
man die Menschheit, den
ganzen Planeten, das Leben
zerstört, nur damit sich einige
Kriminelle bereichern.“
(Antônia Melo)
© Adrian Rheinländer
Durch die Umleitung des Flusses ging das Wasservorkommen an der „großen Schleife“
des Xingu um 80% zurück – mit schwerwiegenden Folgen für die dort lebenden Juruna
und Arara.
© International Rivers
Die Menschenrechtsaktivistin
und Umweltschützerin Antônia
Melo setzte sich jahrelang gegen
Belo Monte ein. In der von ihr ge-
dem Ende der Hauptbauarbeiten 2015 von brasilianischen Gerichten mehrfach gründeten Widerstandsbewegung
wieder verschwanden, stiegen Armut Baustopps verhängt wurden (wegen Xingu Vivo Para Sempre (etwa:
und Arbeitslosigkeit. Altamira wurde Verstößen gegen Umweltauflagen und „Lebendiger Xingu für immer“)
zur gewalttätigsten Stadt Brasiliens und Beeinträchtigung des Fischfangs), gin- vereinte sie indigene Gruppen,
erreichte eine Mordrate von 124,6 pro Flussanwohner und Bewohner der
gen die Arbeiten an Belo Monte weiter.
100.000 Einwohner (im Vergleich zu 23,4 Stadt Altamira und organisierte
in Rio de Janeiro und 13,5 in São Paulo). Bereits 2009 hatten brasilianische Demonstrationen, Kampagnen,
Wissenschaftler aufgezeigt, dass Belo Petitionen und sogar eine Beset-
Die indigene Bevölkerung des Xingu Monte weder finanzierbar noch wirt- zung der Belo Monte-Baustelle.
wurde vor Baubeginn nicht zu Belo schaftlich sei, und dass nur ein Teil der Aufgrund ihres Einsatzes wurde sie
Monte konsultiert. Dieser klare Verstoß Opfer von Verfolgungen, Rufmord-
geplanten Leistung erreicht werden
gegen die ILO-Konvention 169 wur- kampagnen und Morddrohungen.
könnte. Sie warnten zudem vor den so-
de 2011 von der Interamerikanischen Trotz des massiven Widerstandes
zialen Folgen und den zu erwartenden
Menschenrechtskommission bestätigt, wurde Belo Monte mittlerweile ge-
Umweltschäden. Greenpeace bezeich-
welche Brasilien aufforderte, den Bau baut. Doch Antônia Melo kämpft
net Belo Monte als den „ineffizientesten
zu stoppen und den Schutz der lokalen weiter gegen geplante Staudamm-
indigenen Bevölkerung zu gewähr- Damm Brasiliens“, da er während der
projekte in Brasilien. 2017 erhielt
leisten. Diese Forderungen wurden von drei bis fünf Monate langen Trocken
sie für ihr Engagement für Men-
der brasilianischen Regierung jedoch periode nur rund 10% der geplan-
schenrechte und den Erhalt der
ignoriert. Ende 2015 eröffnete die- ten Leistung liefern kann. Trotz aller Umwelt den Menschenrechtspreis
selbe Menschenrechtskommission ein Warnungen und Proteste wurde Belo der US-amerikanischen Alexander
Untersuchungsverfahren gegen die Monte gebaut, und es ist eine Unzahl Soros Foundation.
brasilianische Regierung wegen Men- an weiteren Dämmen mit Wasserkraft
schenrechtsverletzungen. Obwohl auch werken im Amazonasgebiet in Planung.
3
WER STECKT HINTER
Baufirmen wie Andrade Gutierrez,
Camargo Corrêa und Odebrecht.
Darüber hinaus waren eine ganze
Reihe europäischer Konzerne direkt
BELO MONTE?
oder indirekt an Belo Monte beteiligt;
als Zulieferer z. B. Siemens sowie die
multinationalen Technologiekonzerne
Alstom mit Sitz in Frankreich und
Andritz aus Österreich.
M ehrere brasilianische Präsidenten
– darunter Lula Da Silva, der
2010 mit seiner Unterschrift unter den
Belo Monte gehört mehreren Anteilseig-
nern, die sich in dem Betreiber-Verbund
Norte Energia zusammengeschlossen
Ursprünglich sollte Belo Monte 3,7 Mil-
liarden € kosten, daraus wurden bis jetzt
fast 7 Milliarden €. Darin enthalten sind
Vertrag den Startschuss für den Bau haben. Der brasilianische Stromkonzern auch Schmiergeldzahlungen für die bra-
gab, und Dilma Roussef, die einen Eletrobras mit zwei seiner Tochterunter- silianische Arbeiterpartei PT (der ehema-
Teilbereich des Staudamms 2016 nehmen hält darin knapp 50% der An- ligen Präsidenten Lula Da Silva und Dil-
einweihte – haben Belo Monte stets teile, brasilianische Rentenfonds weitere ma Roussef) und für die Demokratische
als brasilianisches Prestigeprojekt 20%. Durch Beteiligungen an Unterneh- Bewegung PMDB (des aktuellen Präsi-
dargestellt, das „saubere und men des Eigentümer-Konsortiums sind denten Temer), die nach Absprachen
nachhaltige“ Energie für den etwa 10% der Anteile in Händen multi- jeweils 0,5% der Bausumme erhielten.
wirtschaftlichen Boom des Landes nationaler Konzerne und Fonds, wie Die korrupten Netzwerke rund um Belo
liefern soll. Der Betreiber bewirbt die US-amerikanische Bank JP Morgan Monte und andere Infrastrukturprojekte
das Projekt als „100% brasilianisch“. Chase. Nachdem die Weltbank ihre Fi- kamen in der „Lava Jato“-Korruptions-
Am Projekt waren jedoch nicht nur nanzierung aufgrund von Protesten zu- affäre ans Tageslicht. Darin verwickelt
brasilianische Unternehmen und rückgezogen hatte, wurde das Projekt in waren vor allem die erwähnten brasilia-
Geldgeber beteiligt, auch internationale erster Linie durch Kredite brasilianischer nischen Baufirmen, an erster Stelle Ode-
Investoren und multinationale Staatsbanken finanziert. brecht, die den brasilianischen Parteien
Unternehmen haben Geld mit dem Belo Gebaut wurde das Megaprojekt durch „Wahlkampfspenden“ als Ausgleich für
Monte-Damm verdient. ein Konsortium von brasilianischen überhöhte Bauaufträge zahlten.
„Ein Komplott gegen die Umwelt“ (Erwin Kräutler) Erwin Kräutler war bis 2015 Bischof
der Diözese Xingu. Der ursprünglich
aus Österreich stammende Geistliche
lebt seit Anfang der 1980er Jahre im
Amazonasgebiet und kämpft seit
Jahrzehnten gegen Belo Monte und
andere Staudammprojekte. Auch er er-
hielt aufgrund seines Einsatzes Mord-
drohungen und überlebte 1987 einen
Mordanschlag. Kräutler kritisiert die
Geheimhaltungspolitik der brasiliani-
schen Regierung, die keinerlei Infor-
mationen über Belo Monte herausgab
und keinen Dialog mit der betroffenen
Bevölkerung führte. Für ihn handelt es
sich hier um ein regelrechtes Netzwerk
aus Korruption und geheimen Ab-
sprachen unter Politikern und Unter-
nehmern, die große Infrastrukturpro-
jekte wie Belo Monte gegen jeglichen
© Adrian Rheinländer Widerstand umsetzen – ein Komplott
gegen die Umwelt.
4
ODEBRECHT VOR DER Die Korruptionsaffäre
BRASILIANISCHEN
„Lava Jato“
Die „Operação Lava Jato“
(Operation Autowäsche) hat ihren
UND DER
Namen von einer Tankstelle mit
Autowäsche in Brasilia, in der auch
Geldwechsel und -überweisungen
getätigt wurden. Einer der dort
INTERNATIONALEN
Angestellten, Alberto Youssef,
stand wegen des Verdachts
auf Geldwäsche vor Gericht. In
seinen Aussagen nannte Youssef
JUSTIZ
zahlreiche Namen, unter anderem
den von Paulo Roberto Costa,
eines Managers des brasilianischen
Ölkonzerns Petrobras. Die
Ermittlungen ergaben, dass
Petrobras Aufträge zu überhöhten
D er Odebrecht-Konzern ist in den
größten Korruptionsskandal der
brasilianischen Geschichte verstrickt,
In diesem Prozess wurde die internatio-
nale Dimension des durch Odebrecht ge-
schaffenen Korruptionsapparates deut-
Preisen an Baufirmen vergeben
hatte, darunter Odebrecht. Die
die sogenannte „Operação Lava lich. Neben den in Brasilien gezahlten Mehreinnahmen teilten sich die
Jato“ (siehe Kasten). Im Zuge der Bestechungsgeldern hat Odebrecht über Bauunternehmer mit Petrobras-
„Lava Jato“-Ermittlungen wurde der einen Zeitraum von 15 Jahren Politiker Mitarbeitern und Politikern. Im
Konzernvorsitzende Marcelo Odebrecht in 10 weiteren lateinamerikanischen Zuge der umfangreichen „Lava
im Juni 2015 verhaftet und im März Ländern sowie in Angola und Mosambik Jato“-Ermittlungen zeigten sich
2016 wegen Korruption, Geldwäsche bestochen. Ziel war es dabei, die dann weitreichende Verwicklungen
und Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen, der politischen Klasse Brasiliens,
Organisation zu einer Freiheitsstrafe vor allem großer Energie- und
unter anderem zu fünf ehemaligen
von 19 Jahren und 4 Monaten verurteilt. Infrastrukturprojekte, zu beeinflussen.
Präsidenten des Landes sowie
Marcelo Odebrecht entschloss sich Viele dieser Projekte stehen wegen
daraufhin, mit den Justizbehörden Menschenrechtsverletzungen und zu dem aktuellen Präsidenten
zusammenzuarbeiten und umfassend negativer Folgen für die Umwelt in Michel Temer.
auszusagen, woraufhin seine Strafe auf der Kritik.
10 Jahre reduziert wurde. Die Aussagen
von Marcelo Odebrecht und von
77 weiteren leitenden Angestellten des
Odebrecht-Konzerns haben aufgedeckt,
dass zahlreiche brasilianische Politiker in
die Korruptionsaffäre verwickelt waren.
Vor einem New Yorker Gericht wurde
ein Prozess gegen Odebrecht einge-
leitet in Zusammenarbeit mit Justiz
instanzen aus Brasilien und der Schweiz.
In diesem Verfahren kam es im Dezem-
ber 2016 zu einem aufsehenerregenden
Urteil: Odebrecht wurde eine Geldstrafe
von 2,6 Milliarden US$ auferlegt, die
höchste je von einem Unternehmen
akzeptierte Geldstrafe. Dies wegen
Korruptionszahlungen in Höhe von
788 Millionen US$, die zwischen 2001
und 2016 geflossen sind.
5
MEXIKO
10,5 Millionen US$
KOLUMBIEN mindestens
11 Millionen US$ 439 Millionen US$
an Schmiergeldern
außerhalb von Brasilien
Außerhalb von Brasilien zahlte
Odebrecht zwischen 2001 und
2016 mindestens 439 Millionen US$ BRASILIEN
an Schmiergeldern, wodurch sie
Einnahmen von 1,4 Milliarden US$
erzielten. Die Zahlungen gingen an
Amtsträger oder Politiker mit dem Ziel,
sich Vorteile bei Ausschreibungen zu
PERU
verschaffen. 29 Millionen US$
Mittlerweile wurde die kolumbia-
nische Justiz aktiv: Ein ehemaliger
Transportminister und ein Ex-Parla-
mentarier sitzen im Gefängnis.
• In Peru wurden insgesamt Beste-
© Thcerbedo/WikiCommons
chungsgelder in Höhe von 29 Millio-
nen US$ gezahlt, aus denen sich Ein-
nahmen im Wert von 143 Millionen
ARGENTINIEN US$ ergaben. Betroffen sind in erster
35 Millionen US$ Linie das Wasserkraftprojekt Alto Piu-
ra, ein Eisenbahnprojekt in Lima, so-
wie die Autobahn Interoceánica Nor-
te Sur. Diese Autobahn kostete statt
der geplanten 850 Millionen US$ am
Ende 2,1 Milliarden US$ – darin ent-
• In Mexiko hat Odebrecht Schmiergel- halten eine Bestechungssumme von
der in Höhe von 10,5 Millionen US$ 20 Millionen US$ an den ehemaligen
© Jeso Carneiro
an Beamte gezahlt, unter anderem peruanischen Präsidenten Alejandro
für die Vergabe des größten Petro- Toledo, der mittlerweile von der
chemie-Projekts Lateinamerikas, peruanischen Justiz per interna-
Etileno XXI. tionalem Haftbefehl gesucht wird.
Auch die ehemaligen peruanischen
• In Argentinien flossen zwischen 2007
Präsidenten Alan García, Ollanta Hu-
und 2014 35 Millionen US$ für die
mala, Pedro Pablo Kuczynski sowie
Vergabe verschiedener Bauprojekte
die ehemalige Präsidentschaftskan-
(Gasleitungen, Trinkwasseraufberei-
© Jeso Carneiro
didatin Keiko Fujimori werden mit
tung, Eisenbahntunnelbau).
Odebrecht-Korruptionszahlungen in
• In Kolumbien waren es 11 Millionen Verbindung gebracht. Odebrecht ist
US$, unter anderem für die Auto- es mittlerweile untersagt, in Peru an
Firmensitze von Odebrecht in bahn Ruta del Sol und den Ausbau öffentlichen Ausschreibungen teilzu-
Lateinamerika der Schiffbarkeit des Río Magdalena. nehmen.
6
DIE VERBINDUNGEN
DES ODEBRECHT-KONZERNS
NACH LUXEMBURG
D er brasilianische Konzern Odebrecht SA teilt sich in
zahlreiche Tochterunternehmen auf, darunter der
an der New Yorker Börse notierte Petrochemie-Konzern
Braskem und die Construtora Norberto Odebrecht SA, der
größte Baukonzern Lateinamerikas. Die Tochterfirmen sind
wiederum in zahlreiche Subunternehmen in 25 Ländern auf
4 Kontinenten untergliedert.
In Luxemburg sind derzeit fünf Odebrecht-Unternehmen
registriert: Odebrecht Financing International, Odebrecht
International Participations, Odebrecht Latin Finance,
Odebrecht Latinvest und Odebrecht Services. Ein sechstes
©ASTM Unternehmen, Odebrecht Mining Services Investments,
war bis Anfang 2016 in Luxemburg registriert, bevor es
Adresse der fünf luxemburgischen Odebrecht-Filialen auf dem
nach Österreich verlegt wurde. Alle diese Firmen wurden
Kirchberg-Plateau der Stadt Luxemburg, wo viele multinatio- zwischen 2013 und 2017 gegründet und haben ihren Sitz
nale Konzerne, Banken und EU-Institutionen ihren Sitz haben. an der gleichen Adresse (37A, Avenue John F. Kennedy).
Nach Recherchen der luxemburgischen Zeitschrift Revue
von Anfang 2017 gibt es an der genannten Adresse nur vier
Mitarbeiter: eine Sekretärin, eine Rezeptionistin und zwei
Manager. Die Manager der luxemburgischen Odebrecht-
Filialen verwalten gleichzeitig mehrere Firmen des Konzerns
in Luxemburg und in anderen Ländern. Welche Aktivitäten
diese Unternehmen tatsächlich in Luxemburg haben und
warum sie sich im Großherzogtum angesiedelt haben,
ist aufgrund der intransparenten Firmenstruktur, der
unübersichtlichen Verflechtungen und ständiger Namens-
und Teilhaberwechsel nur schwer zu durchschauen.
Klar ist aber, dass zumindest zwei der luxemburgischen
Unternehmen direkte Verbindungen zu dem brasilianischen
Mutterkonzern haben: Odebrecht Energy Luxembourg
unterstand zeitweise (von April bis Juli 2014) direkt der
brasilianischen Mutterfirma Odebrecht SA, bevor die Anteile
an eine weitere Firma der Gruppe überschrieben wurden;
Odebrecht International Participations ist seit Ende 2017 eine
100%ige Tochterfirma des brasilianischen Bauunternehmens
Construtora Norberto Odebrecht, die im Zentrum des
Korruptionsskandals „Lava Jato“ (siehe S. 5) steht.
©ASTM
7
DER MULTINATIONALE
ODEBRECHT-KONZERN:
VERBINDUNGEN ZWISCHEN
BRASILIEN UND LUXEMBURG
1. 5.
Als Erstes gründete im Februar 2013 und über die mutmaßlich die Zahlung von Im Oktober 2016 gründet die
die brasilianische Odebrecht Energia Bestechungsgeldern abgewickelt wurde. brasilianische Odebrecht Engenharia
SA die Odebrecht Energy Luxembourg e Construção Participações SA in
SARL mit einem Startkapital von 20.000
US$. Innerhalb von sieben Monaten 3. Im März 2015 gründete die
brasilianische Odebrecht Participações
e Investimentos SA in Luxemburg das
Luxemburg das Unternehmen Odebrecht
Services SARL mit einem Kapital von
vervielfachte sich das Firmenkapital auf 12.000 €. Die Gründungsfirma übertrug
236 Millionen US$. Ein halbes Jahr später Unternehmen Odebrecht Africa Fund der Tochter daraufhin 100% der Anteile
wurden alle Anteile der Firma an das SARL mit einem Startkapital von 50.000 an der österreichischen Odebrecht
Mutterhaus Odebrecht SA überschrieben €. Dieses hat sich bis Ende des Jahres 2016 Services GmbH, sodass bereits Ende
auf 12,6 Millionen vervielfacht. 2016 wird 2016 das Firmenkapital von 12.000 € auf
und der Name in Odebrecht Latin Finance
der Name des Unternehmens geändert in 108 Millionen € angestiegen war.
SARL geändert. Vier Monate später
Odebrecht International Participations
wurden die Anteile wiederum übertragen,
6.
SARL; Ende 2017 werden alle Anteile an die Die bisher letzte Firmengründung in
diesmal an die brasilianische SA Odebrecht
brasilianische Firma Construtora Norberto Luxemburg erfolgte im August 2017
Participações e Investimentos. Ende 2016
Odebrecht übertragen. mit Odebrecht Financing International
belief sich das Firmenkapital auf 585
SARL (20.000 US$ Kapital). Das
4.
Millionen US$. Im September 2015 wurde die
luxemburgische Gründungsunternehmen
Odebrecht Mining Services
2. Im März 2015 gründete die Odebrecht International Participations
Investments SARL (Kapital 11,8 Millionen
luxemburgische Filiale der SARL überträgt bereits einen Tag nach der
US$) von den Cayman Islands nach
Consultingfirma Intertrust das Gründung alle Anteile der brasilianischen
Luxemburg verlegt. Ein Jahr später
Unternehmen Luxembourg Investment Firma Odebrecht Participações e
wurden alle Anteile an die brasilianische
Company 68 SA, dessen Name ein Investimentos. Über Odebrecht Financing
Odebrecht Participações e Investimentos
Jahre später in Odebrecht Latinvest International werden im Lauf des Jahres
SA übertragen, wieder einen Monat
SA geändert wurde. Das Firmenkapital später dann an die luxemburgische SARL 2017 über 2,3 Milliarden US$ zwischen
betrug zu dem Zeitpunkt 35.000 US$; Odebrecht Africa Fund. Wieder einen Odebrecht-Schwestergesellschaften hin
ein Jahr später hatte sich das Kapital auf Monat später wurde das Unternehmen, und her geschoben.
82 Millionen US$ erhöht. Das Unternehmen dessen Kapital sich in der Zwischenzeit
ist mittlerweile eine 100%ige mehr als verdoppelt hatte, nach
Tochtergesellschaft der brasilianischen Österreich verlegt. Odebrecht Mining
Odebrecht Participações e Investimentos Services Investments SARL finanziert
SA. Es vergibt Darlehen an andere Minenaktivitäten in Afrika. So haben sie
Unternehmen der Gruppe, zum Beispiel an zum Beispiel Millionenkredite an eine
Odebrecht Latinvest Peru SAC und an die angolanische Tochterfirma des Konzerns
auf den Bahamas angesiedelte Offshore- (Odebrecht Angola Projectos e Serviços
Firma ODB International Corporation – eine Lda) vergeben und sie kontrollieren 50%
von 17 Odebrecht-Offshore-Firmen, die der Sociedade de Desenvolvimento
auch in den Paradise Papers auftauchen Mineiro de Angola SARL.
8Odebrecht
SA
weitere
Konzerntöchter
Sitz in Brasilien Construtora
Norberto Braskem
Sitz in Luxemburg Odebrecht
SA
temporäre
finanzielle Kontrolle
(100% Anteile)
OPI SA
finanzierte Aktivitäten
Odebrecht Odebrecht
Odebrecht Participações e Engenharia e
Intertrust SARL Energia SA Investimentos Construção
SA Participações SA
3.
Odebrecht
Africa Fund SARL /
Odebrecht
International
Participations SARL
2.
Luxembourg 1. 4. 6.
Odebrecht Energy Odebrecht Odebrecht 5.
Investment Odebrecht
Company 68 / Luxembourg SARL / Mining Services Financing
Odebrecht Latin Investments International Services SARL
Odebrecht
Latinvest SA Finance SARL SARL SARL
Vergibt u.a. Darlehen Hauptaktionär von
an Odebrecht Latinvest Odebrecht Energía SA
SAC mit Sitz in Peru mit Sitz in Peru sowie © ASTM. Eigene Darstellung basierend auf
sowie an eine mehrerer Staudamm- öffentlich zugänglichen Informationen; ohne
Odebrecht-Offshore Unternehmen in Peru Anspruch auf Vollständigkeit.
auf den Bahamas (z.B. Chadín 2)
9Der Marañón entspringt in
den peruanischen Anden
und ist der Hauptquellfluss
des Amazonas.
ODEBRECHT
IN LUXEMBURG:
FINANZIERTE
©Rocky Contos, International Rivers
PROJEKTE
W arum haben sich diese Energía del Perú, Compañía Energética
©Ministerio de Energía y Minas Peru
Odebrecht-Firmen in Luxemburg del Centro SAC, A.C. Energía SA, Mara-
angesiedelt? Sie haben hier keine ñón Energía SA und Empresa Generaci-
realwirtschaftlichen Aktivitäten, bauen ón Huallaga SA).
hier keine Straßen oder Staudämme,
Ein weiteres Beispiel: Die luxemburgi-
was darauf schließen lässt, dass sie
sche Odebrecht Latinvest SA finanziert
reine Finanzvehikel sind. Öffentlich
das Unternehmen Gasoducto Sur Pe-
zugängliche Unternehmensdokumente
zeigen, dass über Luxemburg andere ruano über die Tochterfirma Odebrecht
Odebrecht-Subunternehmen in Latinvest Austria GmbH. Außerdem
Lateinamerika finanziert werden. vergibt sie Kredite an die peruanische
Odebrecht Latinvest SAC, die Anteile an
Die luxemburgische Odebrecht Latin den Infrastrukturprojekten IIRSA 2, IIRSA
Finance SARL finanziert Projekte im 3 und IIRSA Norte hält (IIRSA: Infrastruk-
Energiesektor in Peru mit Konzessio- turinitiative zur regionalen Integration
nen des peruanischen Energie- und Südamerikas).
Bergbauministeriums (wie die Wasser- 2010 hatten der peruanische Präsident Alan
kraftwerke Río Grande, Belo Horizonte, Bei den genannten Projekten handelt García und der brasilianische Staatschef Lula
es sich vor allem um Staudämme, die Da Silva ein Energieabkommen beschlossen,
Chaglla, Cumba 4 und Chadín 2 in den das den Bau von 20 Staudämmen am Marañón
peruanischen Andenregionen Cajamar- durch Wasserkraft Energie generieren vorsah. Die gewonnene Energie sollte zum
ca und Huánuco; siehe Infographik S. 9). sollen – Energie, die an die Bergbau- großen Teil nach Brasilien exportiert werden.
Das luxemburgische Unternehmen hält industrie geliefert oder nach Brasilien
zudem 99-100% der Anteile weiterer exportiert werden soll. Am Marañón in
Unternehmen in Peru, die Wasserkraft- Peru, dem Hauptquellfluss des Amazo-
werke bauen und betreiben (Odebrecht nas, sind 20 Staudämme in Planung.
10Für zwei dieser geplanten Staudamm- verschiedenen Tierarten, Störung des ßigen Kräfteeinsatz. Darüber hinaus soll
projekte, Chadín 2 und Río Grande, Wasser- und Sedimentsystems) sowie Odebrecht Personen aus anderen Ge-
wurden die von Odebrecht vorgelegten auf die sozio-ökonomischen Bedingun- genden zu den Audienzen transportiert
(umstrittenen) Umweltverträglichkeits- gen vor Ort (Verlust von Agrarflächen, haben, die sich als Anwohner ausgeben
prüfungen 2014 vom peruanischen Schäden für die Fischerei, Änderung von und dem Projekt zustimmen sollten. Es
Staat akzeptiert, sodass bereits die Transportwegen) hätten. sollen zudem ungenaue und lückenhafte
ersten Projektvorbereitungen getroffen Informationen über das Projekt verbrei-
2011 verabschiedete das peruanische
und Zulieferstraßen gebaut wurden. tet worden sein. Der durch die Pläne um
Parlament ein Gesetz über das Recht
Durch diese Projekte sollen knapp 90 Chadín 2 entstandene soziale Konflikt
auf vorherige Konsultation (consulta
km2 überflutet werden, betroffen sind forderte 2015 ein Todesopfer: ein lokaler
rund 4.000 Menschen in 33 Dörfern. previa), das auf der ILO-Konvention
169 über die Rechte indigener Völker Bürgermeister, der sich offen gegen die
Für die Staudämme in dieser abgelege- Projekte aussprach, wurde erschossen.
nen Gegend investierte Odebrecht 4,5 basiert. Demnach muss die Bevölke-
rung, die von bestimmten Gesetzen Der Täter wurde verhaftet; ihm werden
Milliarden US$. Die lokale Bevölkerung
oder Projekten betroffen ist, vor deren Verbindungen zu Odebrecht vorgewor-
wehrt sich seit Projektbeginn gegen
Verabschiedung oder Durchführung fen. Aufgrund der lokalen Proteste und
den Bau der Dämme. Den Flussanwoh-
konsultiert werden. 2013 organisierte des internationalen Korruptionsskandals
nern droht die Zwangsumsiedlung und
die Odebrecht-Tochter A.C. Energía SA rund um das Unternehmen kündigte
Überflutung ihrer Länder und Wälder.
solche öffentlichen Audienzen für das Odebrecht daraufhin an, die Projekt-
Die Projekte würden zudem zu erhöhter
Chadín 2-Staudammprojekt. Dabei ließen vorbereitungen zu unterbrechen. 2018
Luftverschmutzung führen, zu einem
Verlust der Biodiversität, Entwaldung, sich die Odebrecht-Vertreter von einem haben Vertreter der Bevölkerung der
Wassermangel und der Zerstörung von massiven Polizeiaufgebot begleiten. Es betroffenen Provinz Celendín eine Ver-
natürlichen Wassersystemen. Wissen- folgten Auseinandersetzungen zwischen fassungsbeschwerde wegen Chadín 2
schaftliche Studien kommen zu dem Anwohnern und der Polizei, die Tränen- eingereicht. Sie berufen sich auf ihr Recht
Schluss, dass sowohl Chadín 2 als auch gas einsetzte. Die lokale Bevölkerung in einer gesunden Umwelt zu leben und
Río Grande negative Auswirkungen auf kritisierte nicht nur eine erhöhte und fordern den Schutz der Biodiversität am
die betroffenen Ökosysteme (Über- ungerechtfertigte Präsenz von Sicher- Marañón sowie die Ungültigkeitserklä-
flutungen, verhinderte Migration von heitskräften und deren unverhältnismä- rung der Umweltverträglichkeitsprüfung.
Flussanwohner protestieren gegen
das Staudammprojekt Chadín 2 am
Marañón in Peru. Sie fordern, dass
die von Odebrecht (A.C. Energía SA)
durchgeführten öffentlichen Audienzen
– eine Bedingung für die Erteilung der
Baugenehmigung – für ungültig erklärt
werden.
©Infostelle Peru
11SCHLUSSBEMERKUNGEN
W ir können von Europa aus in Zeitlupe zusehen, wie
das Amazonasbecken langsam aber stetig in eine
Monokultur- und Bergbaulandschaft umgewandelt wird. Es ist
hat ein Konzern wie Odebrecht hier in Luxemburg Tochter-
firmen, obwohl er keinen einzigen Staudamm oder Weg hier
baut? Warum finden wir keine großen Firmenschilder an der
die „Große Transformation“ (frei nach Karl Polanyi) einer Region Fassade, sondern nur kleine Klingelschilder und Briefkästen?
von Regenwäldern, die vor allem die Indigenen genutzt und Wie soll ein Bauer vom Marañón, den man ohne Entschädigung
mitgestaltet haben, und in der jetzt alles, was keinen Geldwert von seinem Land vertrieben hat, darauf kommen, dass die
hat, zerstört und in Eigentum und Ware umgewandelt wird. Auftraggeber des Damms in Luxemburg sitzen? Wer aus Eigen-
Denkt man diese „Entwicklung“ zu Ende, erscheint das nutz Firmen eine Gelegenheit bietet, durch undurchschaubare
Panorama einer weiten Steppenlandschaft mit Monokulturen, Firmengeflechte Verantwortlichkeiten zu verschleiern und sich
Bergbau, Staudämmen und Netzen von Bewässerungskanälen; eventuellen Wiedergutmachungsansprüchen zu entziehen,
dazwischen einige Regenwaldinseln mit Indigenen, die dort macht sich mitschuldig an Verstößen gegen Umwelt- und Men-
wie im Wilden Westen in Reservaten „überleben“. schenrechte.
Am Osthang der Anden von Kolumbien über Ecuador und Peru Wir stehen gemeinsam mit den Indigenen in globaler Solidari-
bis nach Bolivien ist ein Staudamm nach dem anderen in Pla-
tät für ein anderes Wirtschafts- und Lebensmodell: für den
nung oder bereits im Bau, um vor allem Brasilien mit „sauberer
Erhalt der Regenwälder als komplexe Ökosysteme und als Le-
erneuerbarer Energie“ aus Wasserkraft zu versorgen. Das trans-
bensraum der Indigenen, für eine dezentrale Versorgung auf
nationale IIRSA-Projekt, die „Infrastrukturinitiative zur regiona-
regionaler Basis mit erneuerbaren Energien, für ein Wirtschaf-
len Integration Südamerikas“, die den Bau zahlreicher Dämme,
ten im Rahmen der Grenzen, die uns die Natur setzt, und für ein
Wasser- und Überlandstraßen beinhaltet, soll die Voraussetzun-
gerechtes globales Wirtschaftssystem ohne den Zwang, immer
gen für das Wirtschaftsmodell des „Extractivismo“ schaffen, das
weiter wachsen zu müssen. Und für eine Sorgfalts- und Rechen-
auf dem Export von Rohstoffen basiert. Und am Südostrand
des Amazonasbeckens, wo in der Savannenregion die brasilia- schaftspflicht der Unternehmen mit Sitz in Luxemburg für ihre
nischen Bundesstaaten Maranhão, Tocantins, Piauí und Bahia Aktivitäten im Ausland.
zusammenstoßen, dringt als sogenanntes „Matopiba-Projekt“
die Soja- und Zuckerrohrfront vor.
Diese „Entwicklung“ hat globale Folgen: Monokulturen redu-
zieren die Artenvielfalt drastisch; sie können viel weniger Koh-
lendioxid aus der Luft aufnehmen und speichern. Staudämme
ersetzen zwar fossile Energie, setzen dafür aber große Mengen
an Methan aus den überschwemmten Regenwäldern frei. Die
angebauten Produkte und abgebauten Rohstoffe werden dann
an die Küsten und anschließend um die halbe Welt transpor-
tiert, mit den entsprechenden Emissionen.
Dies alles treibt die globale Überhitzung weiter an und ignoriert
jegliche „Grenzen des Wachstums“; es ist das exakte Gegen-
teil von nachhaltiger Entwicklung. Und es „geschieht“ nicht,
sondern wird gegen den Willen und Widerstand der großen
Mehrheit der betroffenen Anwohner durchgesetzt. Es geht um
die zentralen Fragen: Wer darf das Land nutzen? Und wer das
Wasser?
Doch was geht das uns hier in Luxemburg an?
Die Auswirkungen auf das Klima treffen alle Menschen, die
Rohstoffe mögen sogar unseren materiellen Wohlstand meh-
ren. Aber für Firmen, die für Verletzungen von Umwelt- und
Menschenrechten etwa in Lateinamerika verantwortlich sind,
bieten wir kostengünstige und diskrete Standorte an. Warum
12
© Helen LopesQUELLEN
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Le Monde diplomatique, sept.
2017 (https://www.monde-di-
plomatique.fr/2017/09/VIG-
NA/57836)
Teilnehmer der III. Versammlung Indigener
Völker aus Goiás-Tocantins demonstrieren im
brasilianischen Bundesstaat Tocantins gegen
geplante Verfassungsänderungen (PEC 215),
welche die Grundrechte der Indigenen auf ihr
Land bedrohen.
13Action Solidarité Tiers Monde Seit mehr als 25 Jahren setzen In Luxemburg gründeten 1995 fünf
(ASTM) ist eine luxemburgische sich die Mitgliedsgemeinden Gemeinden zusammen mit ASTM
Nichtregierungsorganisation, des Internationalen Klima- und dem Mouvement Ecologique
die in der internationalen Bündnis für den Schutz des das Klima-Bündnis Lëtzebuerg.
Entwicklungszusammenarbeit Klimas und der Regenwälder mit Aktuell (Stand 2018) sind 38
tätig ist. Seit 1969 unterstützen ihren indigenen Bewohnern ein. Luxemburger Gemeinden Mitglied;
wir die politische, wirtschaftliche Mit über 1.700 Mitgliedern aus zwei von drei Luxemburgern leben
und soziale Emanzipation 26 europäischen Ländern ist das in Klima-Bündnis-Gemeinden. Um
marginalisierter Bevölkerungsteile Klima-Bündnis das weltweit größte die Ziele des Klima-Bündnis zu
im globalen Süden. ASTM wird Städtenetzwerk, das sich diesen erreichen, entwickeln wir Aktionen
von der Überzeugung geleitet, Zielen widmet. Jede Klima-Bündnis- und Sensibilisierungskampagnen
dass wesentliche Hindernisse zu Gemeinde hat sich verpflichtet, in Gemeinden, Schulen und
dieser Emanzipation bei uns, in ihre Treibhausgasemissionen alle Jugendhäusern und tauschen
den Zentren der wirtschaftlichen fünf Jahre um zehn Prozent zu untereinander Erfahrungen aus. Das
und politischen Macht, zu finden reduzieren. Zudem unterstützen die Klima-Bündnis Lëtzebuerg fungiert
sind. Deswegen sind wir in drei Mitgliedsgemeinden auf freiwilliger auch als Sprachrohr der Gemeinden
Bereichen tätig, die sich gegenseitig Basis Projekte von indigenen in Sachen Klima-, Entwicklungs-
ergänzen: Unterstützung Bevölkerungsgruppen. So verbindet und Energiepolitik gegenüber der
von lokalen und regionalen das Klima-Bündnis lokales Handeln nationalen Ebene.
Organisationen der Zivilgesellschaft mit globaler Verantwortung
www.klimabuendnis.lu
in Afrika, Lateinamerika und Asien, und vertritt die Interessen seiner
Information und Aufklärungsarbeit Mitglieder auch auf europäischer und
sowie politische Arbeit als “Stimme internationaler Ebene.
des Südens” in Luxemburg und
www.klimabuendnis.org
zusammen mit europäischen
Partnern in Europa.
www.astm.lu
A ufgrund der Erfahrungen unserer Partnerorganisationen
mit Verletzungen von Umwelt- und Menschenrechten
im globalen Süden hat ASTM die Kampagne „No corporate
• Verbindliche Sorgfaltspflicht für multinationale Unter-
nehmen in Luxemburg: Die Unternehmen müssen in ihrer
gesamten Wertschöpfungskette tatsächliche und poten-
impunity“ gegen die Straffreiheit multinationaler zielle Menschenrechts- und Umweltrisiken identifizieren
Unternehmen lanciert. Damit wollen wir eine Debatte und die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sie zu
anstoßen über die Verantwortung multinationaler verhindern. Sie müssen öffentlich über ihre Analyse und die
Unternehmen in Luxemburg für die Achtung der getroffenen Maßnahmen berichten.
Menschenrechte und der Umwelt entlang ihrer gesamten
Wertschöpfungskette. Als Mitglied der Initiative « Pour • Einrichtung einer unabhängigen Aufsichtsbehörde, die die
un devoir de vigilance », einer Koalition luxemburgischer Umsetzung der Sorgfaltspflicht überwacht.
Organisationen der Zivilgesellschaft, fordern wir Luxemburg • Einrichtung eines Mechanismus, der sicherstellt, dass Opfer
auf, ein Gesetz zu verabschieden, das eine Sorgfaltspflicht von Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen Zugang
für multinationale Unternehmen mit Sitz in seinem zur Justiz und zu Wiedergutmachung haben.
Hoheitsgebiet verbindlich festschreibt. Dieses Gesetz soll
drei Hauptelemente haben: http://nocorporateimpunity.org/Sie können auch lesen
