Frauen in Führungspositionen - Was Unternehmen wissen sollten
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Claudia Peus, Isabell M. Welpe | Frauen in Führungspositionen | Reflexion Frauen in Führungspositionen Was Unternehmen wissen sollten Die Förderung des Frauenanteils in Führungspositionen von Unternehmen ist seit längerer Zeit ein wichtiges Anlie gen von Politik und Wirtschaft. Dieser Artikel zeigt aus Forschungssicht auf, welche Gründe sich für die aktuelle An- zahl von Frauen in Führungspositionen in wissenschaftlichen Arbeiten als besonders bedeutsam identifizieren lassen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Forschung diskutieren wir, welche konkreten Maßnahmen Unternehmen ergreifen könnten, um den Anteil an Frauen in Führungspositionen nachhaltig zu erhöhen und liefern entsprechende Praxis- beispiele aus dem In- und Ausland. Ausgangslage ge, warum Frauen in Führungspositionen nach wie vor so we- Obwohl sich die Anzahl von Frauen im Management in den nig vertreten sind und was Unternehmen dagegen tun könn- letzten 30 Jahren verdoppelt hat, sind Frauen in Führungsposi ten. Anschließend werden einige Praxisbeispiele von Unter tionen der Wirtschaft weltweit nach wie vor unterrepräsen- nehmen innerhalb und außerhalb Europas vorgestellt. tiert. Kurz gefasst gilt dabei: Je höher die Führungsebene, desto niedriger der Frauenanteil. In Deutschland sind derzeit ledig- Warum sind Frauen in Führungspositionen lich 2,5 Prozent aller Vorstandsmitglieder und 10 Prozent der unterrepräsentiert? Aufsichtsratsmitglieder der 200 größten deutschen Unterneh- In der wissenschaftlichen Diskussion dieser Frage wird zwi- men Frauen (DIW 2010). Die Situation in den Spitzengremien schen Faktoren auf der Ebene der Person, der Organisation und hat sich in den letzten Jahren insgesamt (trotz schlagzeilen- des übergeordneten Systems (also gesellschaftlich vorherrschen trächtiger Ausnahmen) kaum geändert. Die Bundesarbeitsmi- der Grundannahmen und Strukturen) unterschieden. Im Fol nisterin verkündete daher Mitte Januar 2011, sie schließe «eine genden stellen wir zentrale Einflussfaktoren auf jeder dieser gesetzliche Regelung über einen Mindestanteil von Frauen in Ebenen vor. Führungspositionen von Unternehmen nicht mehr aus» (Spie gel online 19.1.11). Gründe auf der Ebene der Person Die Unterrepräsentation von Frauen in Führungspositionen Selbstvertrauen/Selbstdarstellung der Wirtschaft ist aus einer Reihe von wirtschaftsrelevanten Eine Reihe von Studienergebnissen deutet darauf hin, dass weib Gründen nicht zufrieden stellend (vgl. Peus und Traut-Mat liche Führungskräfte sich selbst insgesamt meist kritischer se tausch 2007): Erstens wird der Talentpool qualifizierter Perso- hen als ihre männlichen Kollegen sich sehen. Beispielsweise nen nicht ausgeschöpft, zweitens wird der Großteil der Kauf- nannten in einer Studie, in der über 100 weibliche Führungs- entscheidungen von Privathaushalten von Frauen getroffen, kräfte hinsichtlich förderlicher und hinderlicher Faktoren für deren Perspektive in den Spitzengremien der Unternehmen ihre Karriereentwicklung befragt wurden, über 50 Prozent der aber bisher nicht ausreichend repräsentiert ist, drittens haben befragten Frauen mangelndes Selbstvertrauen als ein schwer- geschlechtshomogene Gruppen weniger innovatives Potenzial wiegendes Hindernis für ihre Karriereentwicklung (Mallon und als geschlechtsgemischte Gruppen und viertens ist die Unter- Cassell 1999). Überdies gibt es Hinweise darauf, dass Manage- repräsentation von Frauen in Führungspositionen gerade vor rinnen ihre Erfolge mit geringerer Wahrscheinlichkeit auf ihre dem Hintergrund der sinkenden Bevölkerungszahlen und des Fähigkeiten und eher auf äußere Umstände oder Glück zu- damit verbundenen zukünftigen Fachkräftemangels ein Nach- rückführen als ihre männlichen Kollegen. Schließlich zeigen teil für die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland. einige Studien, dass Frauen dazu tendieren, ihre Leistungen Schließlich gibt es Hinweise darauf, dass Unternehmen mit ei und Fähigkeiten eher zu unterschätzen, was häufig auch für nem größeren Anteil von Frauen in Führungspositionen mehr Frauen mit außergewöhnlicher Fachkompetenz und nachge- finanziellen und strategischen Erfolg haben (z.B. Desvaux, wiesenen Spitzenleistungen gilt (Heilman, Simon und Repper Devillard und Sancier-Sultan 2009). Es stellt sich also die Fra- 1987). Die Tendenz zur bescheideneren Selbstdarstellung führt OrganisationsEntwicklung Nr. 2 |2011 47
Reflexion | Frauen in Führungspositionen | Claudia Peus, Isabell M. Welpe häufig dazu, dass die Leistung und das Potenzial von Frauen gen wurden, schwer, eine eigene Karrierestrategie zielorien- unterschätzt werden, was sich negativ auf ihre Karriere- tiert zu planen bzw. eine solche gegenüber anderen Personen entwicklung auswirkt. Andererseits wird Frauen, die sehr auf- zu vertreten. Einige Autoren sehen darin die entscheidende gabenorientiert und selbstbewusst auftreten, häufig eine nied Barriere für die Karriereentwicklung von Frauen im Manage- rigere soziale Kompetenz zugeschrieben bzw. sie werden ein- ment, da nach außen der Eindruck entsteht, sie würden ihre fach nicht gemocht (Carli, LaFleur und Loeber 1995), was po- Karriere nicht ernsthaft verfolgen. tenziell ebenfalls negative Konsequenzen für die Karriereent- wicklung hat. Gründe auf der Ebene der Organisation Vorbilder Kommunikationsstil Im Rahmen einer europaweiten Befragungsstudie (Catalyst Untersuchungen der Linguistin Deborah Tannen (1990) zeigen, 2002), an der über 500 weibliche und männliche Führungs- dass der für Frauen typische Kommunikationsstil dazu führen kräfte mittlerer bis oberster Hierarchieebene teilnahmen, zeig kann, dass sie weniger Anerkennung für ihre Leistungen und te sich, dass ein Mangel an weiblichen Rollenvorbildern über- Beiträge bekommen als Männer. Dies liegt einerseits daran, einstimmend als Barriere für die Karriereentwicklung von Frau dass Frauen tendenziell eher in der Wir-Form sprechen, wenn en in Führungspositionen betrachtet wird. Gerade weil es Un von ihren Leistungen die Rede ist, wogegen Männer eher «ich» terschiede zwischen den für Männer und Frauen als angemes- benutzen. Andererseits neigen Frauen dazu, viele Fragen zu sen angesehenen Verhaltensweisen gibt und sich eine Kopie stellen und ihre Vorschläge im Konjunktiv zu formulieren, was männlicher Verhaltensweisen für Frauen mindestens genauso von Männern missverständlich als Unsicherheit interpretiert schädlich auswirken kann wie stereotyp weibliches Verhalten, werden kann. Zudem praktizieren Männer häufig «rituelle Op sind weibliche Rollenvorbilder wichtig. Ihr Mangel kann darü- position», d.h. sie fordern Argumente und Ideen der Kollegen ber hinaus den Eindruck entstehen lassen, Frauen seien in be heraus, damit diese auf ihre Stichhaltigkeit und Tauglichkeit stimmten Positionen unerwünscht, was wiederum leicht die überprüft werden. Frauen interpretieren dieses Verhalten laut Motivation potenzieller weiblicher Führungskräfte beinträch- Tannen allerdings häufig als Kritik ihrer Beiträge oder sie be- tigen kann. trachten es gar als einen persönlichen Angriff. Die Befunde zum Kommunikationsstil zeigen, dass nicht ein Netzwerke Im Rahmen von Catalysts Umfragen in den USA, Kanada und Europa zeigte sich, dass der Ausschluss aus informellen Män- «Frauen sprechen eher in der Wir-Form, nernetzwerken zu den am häufigsten genannten Barrieren für wenn von ihren Leistungen die Rede ist.» die Karriereentwicklung weiblicher Führungskräfte zählt. Dies liegt daran, dass Netzwerke überwiegend nach dem Prinzip der Stil besser ist als der andere, sondern dass ein eher typisch Ähnlichkeit gebildet werden und zum Teil sogar offiziell Frauen männlicher oder eher typisch weiblicher Stil vom jeweils an- ausschließen. Insgesamt zeigt die bisherige Forschung, dass deren Geschlecht häufig anders und damit missverständlich Frauen nicht weniger stark in Netzwerke investieren als Män- interpretiert wird. Da Führungspositionen nach wie vor zu- ner, sie aber meist über weniger statushohe und mächtige Kon meist von Männern besetzt sind und daher ein maskuliner takte verfügen als ihre männlichen Kollegen. Kommunikationsstil in Organisationen dominiert, kann sich der für Frauen typische Kommunikationsstil negativ auf ihre Mentoren Karriereentwicklung auswirken. Ähnlich wie bei Netzwerken scheint es für Frauen zwar eben- so leicht zu sein, Mentoren im Unternehmen zu finden wie für Karriereplanung Männer, allerdings haben sie öfter weniger einflussreiche Füh Eine weitere Erklärungsmöglichkeit für den geringeren Frauen rungskräfte als Mentoren. Einflussreiche Mentoren verfügen anteil im Management besteht darin, dass Frauen ihre Karriere aber wiederum über zahlreichere und bessere Ressourcen, um oftmals weniger strategisch planen als Männer. Allerdings be- die Karrieren von Protegés zu fördern. steht über die Gründe Uneinigkeit: Während einige Forscher anführen, dass die weniger fokussierte Karriereplanung von Gründe auf der Ebene des Systems Frauen möglicherweise in Zusammenhang mit ihrem teilweise Rollenerwartungen und Stereotype geringeren Selbstvertrauen steht, argumentieren andere For- Ein hohes Hindernis für den Aufstieg von Frauen stellen Rollen scher, dass Mädchen traditionell oft nicht explizit zu berufli- erwartungen bezüglich ihres Verhaltens dar, denn diese beein chen Karrieren ermutigt werden. Deshalb fällt es vor allem flussen die Bewertung der Leistung und des Potenzials von Frauen, die entsprechend klassischer Rollenerwartungen erzo Frauen. Die Stereotypenforschung zeigt, dass der «typische 48 OrganisationsEntwicklung Nr. 2 |2011
Claudia Peus, Isabell M. Welpe | Frauen in Führungspositionen | Reflexion Abbildung 1 Gründe für die Unterrepräsentation von Frauen in Führungspositionen — Faktoren auf der Ebene der Person, der Organisation und des übergeordneten Systems Die Ebene der Person Die Ebene der Organisation Die Ebene des Systems Geringeres Selbstvertrauen/Selbstdarstellung Mangel an Vorbildern Einfluss von Rollenerwartungen Unterschiedlicher Kommunikationsstil Weniger mächtige Netzwerke Mangelnde Vereinbarkeit Familie und Beruf Unzureichende Karriereplanung Mangel an mächtigen Mentoren Mann» als durchsetzungsstark, an Leistung und Wettbewerb rischen Untersuchungen. Beispielsweise beurteilten Manager orientiert, unabhängig und selbstbewusst charakterisiert wird. (weiblich und männlich) einer Finanzinstitution die Lebens- Die «typische Frau» wird dagegen mit Attributen wie nachgie- läufe von fiktiven Personen dahingehend, ob sie die Person für big, empathisch, abhängig, sozial und fürsorglich charakteri- die Einstellung in einer anderen Finanzinstitution empfehlen siert. Problematisch ist daran, dass das Stereotyp eines Man- würden und ob sie das Potenzial besäße, zu einer höheren nes mit dem Stereotyp einer Führungskraft gut übereinstimmt Führungsposition aufzusteigen. Wie erwartet zeigte sich, dass («think-manager-think-male»-Phänomen), das Stereotyp einer bei Vorliegen exakt gleicher Lebensläufe Männer auf beiden Frau jedoch nicht mit Führungseignung assoziiert ist. Diese Dimensionen höher eingeschätzt wurden als Frauen (Marlo- mangelnde Übereinstimmung hat zwei Konsequenzen: Erstens we et al. 1996). Weitere Hinweise darauf, dass die (oft unbe- wird das Führungspotenzial von Frauen im Vergleich zu Män- wusste) Annahme, dass Führungspotenzial mit Maskulinität nern per se geringer eingeschätzt, da es nicht zu den bei Frauen korreliert, die Beurteilung von Bewerbungsunterlagen beein- erwarteten Eigenschaften gehört. Zweitens wird das tatsächli- flusst, erbrachten die Studien von Sczesny und Kollegen che Führungsverhalten von Frauen deutlich kritischer bewer- (2006). In zwei Experimenten zeigten sie, dass fiktiven Perso- tet. Wenn Frauen einen durchsetzungsstarken (stereotyp männ nen aufgrund ihrer Unterlagen eine höhere Führungskompe- lichen) Führungsstil zeigen, weichen sie von den Verhaltens- tenz zugeschrieben wurde, wenn sie ein maskulines Erschei- weisen ab, die von ihnen aufgrund ihres Geschlechts erwartet nungsbild hatten. Hinweise für die nicht bewusste Abwertung werden, was ihnen zum Vorwurf gemacht werden und ihnen von Weiblichkeit im Hinblick auf Führungspotenzial erbrach- Nachteile einbringen kann. Verhalten sich Frauen dagegen in ten Sczesny et al. (2006) auch, indem sie Versuchspersonen Übereinstimmung mit den Erwartungen an sie (z.B. nachgie- Bewerbungsunterlagen vorlegten, die mit typisch männlichen big, kooperativ, empathisch) werden sie schnell als nicht ge- bzw. typisch weiblichen Parfums besprüht worden waren: Wie eignet für eine Führungsrolle angesehen. Die Herausforderung erwartet zeigte sich, dass Personen, deren Unterlagen mit ty- für weibliche Bewerber für Führungspositionen besteht daher pisch maskulinem Parfüm behandelt worden waren, mit hö- darin, dass sie gleichzeitig als gute Führungskräfte (d.h. bei- herer Sicherheit zur Einstellung empfohlen wurden und ihr spielsweise durchsetzungsstark) und sympathische Frauen (d.h. Führungspotenzial als höher eingeschätzt wurde als Personen beispielsweise freundlich und empathisch) wahrgenommen mit typisch femininem Parfüm. werden müssen, um Erfolg zu haben. Häufig stehen sie daher Nun könnte aufgrund dieser Befundlage angenommen wer vor dem Dilemma, sich teils «wie Männer» verhalten zu müs- den, dass ein maskulines, dominantes und selbstsicheres Auf- sen, um in Führungspositionen zu gelangen, gleichzeitig aber treten in Bewerbungs- und Führungssituationen für Frauen för für dieses Auftreten abgewertet und kritisiert werden. derlich ist. Demgegenüber zeigen erste wissenschaftliche Ex- Wie stark vorherrschende Stereotype die Aufstiegsmöglich- perimente, in denen die Verhaltensweisen von Männern und keiten von Frauen behindern, zeigt sich in zahlreichen empi- Frauen anhand von Videos beurteilt wurden, dass bei Frauen OrganisationsEntwicklung Nr. 2 |2011 49
Reflexion | Frauen in Führungspositionen | Claudia Peus, Isabell M. Welpe stereotyp männliche Verhaltensweisen wie ein sehr aufgaben- Wie können Unternehmen den Aufstieg von orientiertes non-verbales Verhalten und zielsicheres, dominie Frauen in Führungspositionen fördern? rendes Auftreten in Bewerbungssituationen tendenziell sank Laut einer Befragung der Personalberatung Egon Zehnder In- tioniert und kritisiert wird. ternational strebt circa jedes dritte Unternehmen einen höhe- Neben einer ungünstigeren Bewertung in Auswahlsituatio- ren Frauenanteil an und knapp die Hälfte der Unternehmen nen für Führungspositionen sehen sich Frauen auch der Pro- verfügt bereits jetzt über eine gezielte Frauenförderung. Die blematik gegenüber, dass ihre Leistungen schlechter bewertet meisten firmeninternen Programme zur Förderung von Frau- werden. In einem Experiment von Heilman und Haynes (2005) en in Führungspositionen zielen entweder darauf ab, die Hal- beispielsweise lasen Probanden Beschreibungen der Arbeit tung und das Auftreten von Frauen zu verändern oder ihnen eines gemischt-geschlechtlichen Teams und sollten die bei- bessere Verbindungen zu Vorbildern und Mentoren zu ermög- den Teammitglieder beurteilen. Dabei zeigte sich, dass Frauen lichen. Zu Programmen der ersten Sorte gehören z.B. spezielle als weniger kompetent und einflussreich angesehen wurden Selbstsicherheits- und Selbstdarstellungstrainings oder Work- und ihnen mit geringerer Wahrscheinlichkeit eine Führungs- shops zur Karriereplanung. Weiterhin zählen dazu auch ge- rolle bei der Bewältigung der Aufgabe zugeschrieben wurde. zielte Coachingprogramme, die Frauen auf dem Weg zu einer Auf der anderen Seite zeigten andere Experimente, dass Frauen, Führungsposition begleiten und z.B. auf eine Stärkung ihrer die in einer dem männlichen Stereotyp entsprechenden Rolle Durchsetzungsfähigkeit abzielen. Zur zweiten Sorte gehören erfolgreich waren, als Person abgewertet wurden. Diese Ab- z.B. Vortragsveranstaltungen mit erfolgreichen Frauen inner- wertung als Person führte wiederum dazu, dass sie mit gerin- halb und außerhalb der Organisation (wie z.B. der jährliche gerer Wahrscheinlichkeit für höhere Führungspositionen emp «Leading and Learning Summit», den General Electric mit 150 fohlen wurden. herausragenden weiblichen Führungskräften von Kunden- und Lieferantenorganisationen sowie von General Electric selbst durchführt) oder der Aufbau innerbetrieblicher Frauennetz- «Häufig stehen Frauen vor dem Dilemma, werke und Mentoring-Programme (wie das Münchner Cross- sich wie Männer verhalten zu müssen, um in Mentoring Programm, bei dem Mentees und Mentoren aus Führungspositionen zu gelangen, für dieses un terschiedlichen Großunternehmen einander zugeordnet werden). Auftreten aber kritisiert zu werden.» Der Großteil dieser Programme liefert wichtige Impulse für die persönliche Entwicklung weiblicher (Nachwuchs-)Füh- Vereinbarkeit von Familie und Beruf rungskräfte sowie die Erweiterung ihrer Netzwerke. Allein rei- Die häufig diskutierten Faktoren Haushalt und Kinderversor- chen diese Maßnahmen jedoch nicht aus, da sie nur bei den gung stellen nach wie vor eine Hürde für den Aufstieg von Frauen selbst ansetzen, organisationale Prozesse und Struktu- Frauen in Führungspositionen dar, wobei es für Frauen in ren sowie gesellschaftliche Annahmen aber weitgehend unbe- Deutschland schwieriger ist, eine Karriere im Management mit rücksichtigt lassen. Da die letztgenannten Faktoren für die lang Kindern zu vereinbaren als in anderen Ländern (z.B. Peus und fristige Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen Traut-Mattausch 2008). Wenn Karrierefrauen Mütter werden, aber zentral sind, beschreiben wir nun mögliche Interventions schreibt man ihnen «Wärme» zu (was das zumeist negativ be- maßnahmen auf organisationaler Ebene. setzte Stereotyp der «Karrierefrau» abmildert); jedoch verlie- ren sie als Mütter in der Wahrnehmung anderer an fachlicher Klar strukturierte, offene Rekrutierungs- und Kompetenz (Cuddy, Fiske und Glick 2004). Nachweislich wirkt Beförderungswege sich Elternschaft bei Frauen negativer aus als bei Männern. Eine Maßnahme, die sich nicht nur für Frauen, sondern auch Abele (2002) zeigt z.B. in einer Langzeitstudie, dass Mutter- für die Organisation insgesamt als förderlich und sinnvoll er- schaft den Berufseinstieg eher erschwert, während bei Vater- weist, ist die Einführung klar strukturierter, offener Rekrutie- schaft ein eher gegenteiliger Effekt festgestellt wird. Obwohl rungs- und Beförderungswege. Dabei werden alle Stellen of- berufstätigen Eltern von Personalfachleuten häufig eine Teil- fen ausgeschrieben, die Anforderung für eine Position wird zeitbeschäftigung empfohlen wird, damit die Zugehörigkeit klar definiert und dabei wird erläutert, wie sich die geforder- zum Unternehmen bestehen bleibt, wird diese nicht selten ten Eigenschaften und Fähigkeiten in konkretem Verhalten mit «teilkompetent» gleichgesetzt. äußern. Je stärker diese Aspekte umgesetzt werden, desto Nachdem wir die für den Aufstieg von Frauen in Führungs- weniger sind Nachteile für weibliche Bewerber durch ihren positionen zentralen Barrieren aufgezeigt haben, widmen wir geringeren Zugang zu mächtigen Netzwerken und Mentoren uns der Frage, was Unternehmen tun könnten, um diese zu zu erwarten. Ebenso wird der Einfluss von Stereotypen ver überwinden. ringert, da vor der Interaktion mit Bewerbern um eine Füh- 50 OrganisationsEntwicklung Nr. 2 |2011
Claudia Peus, Isabell M. Welpe | Frauen in Führungspositionen | Reflexion Abbildung 2 Mögliche Interventionsmaßnahmen auf organisationaler Ebene 1. Klar strukturierte, offene Rekrutierungs- und Beförderungswege 2. Schulung der Entscheidungsträger Interventionsmaßnahmen 3. Übertragung herausfordernder Aufgaben an Frauen 4. Flexible Arbeitszeit-/Karrieremodelle 5. Zielvereinbarungen rungsposition genau festgelegt wurde, welche Charakteristika Zweitens sollten Entscheidungsträger lernen, zwischen Beob- erwünscht sind und wie sich diese im Rahmen des Auswahl- achtungen und Urteilen zu trennen. Um Urteilsverzerrungen prozesses erfassen lassen. Durch dieses Vorgehen wird die aufgrund von Rollenerwartungen an Männer und Frau en Wirkung von Stereotypen zwar nicht gänzlich beseitigt, aber («Gender Bias») bei Auswahl- und Beurteilungssituationen ef dennoch deutlich reduziert. Dabei ist von Unternehmensseite fektiv zu vermindern, sollten Entscheidungsträger drittens für zu beachten, dass der Anforderungskatalog an Bewerber dar- Rollenstereotype und deren Wirkung bei der Beurteilung von aufhin überprüft wird, inwiefern er typisch weibliche und ty- Potenzial und Leistung von Männern und Frauen sensibilisiert pisch männliche Attribute enthält oder inwiefern sich eine werden. Geschlechtsstereotype haben unbewusst Einfluss auf Anforderung ggf. im Verhalten von Männern und Frauen un- den Wahrnehmungsprozess, indem zum jeweiligen Stereotyp terschiedlich darstellt. Ebenso ist daran zu denken, dort, wo es passende bzw. nicht-passende Informationen über oder von möglich und sinnvoll ist, Leistungs- und Kompetenztests als Bewerbern selektiv wahrgenommen und verarbeitet werden. Auswahlkriterium einzuführen (Heilman et al. 1987). Da den Die Veränderung bereits verinnerlichter Stereotypen ist nicht Entscheidungsträgern in Auswahl- und Beurteilungsverfahren einfach und lässt sich nur durch länger währende Anstren- eine zentrale Rolle zukommt, ist deren sorgfältige Auswahl so- gungen, die Bereitschaft zu intensiver Selbstreflexion und die wie Schulung für den Erfolg des Verfahrens (mit-) entscheidend. Absicht, die eigene Einstellung verändern zu wollen, wirklich erreichen. Zur diesbezüglichen Schulung von Entscheidungs- Schulung der Entscheidungsträger trägern bieten sich z.B. Maßnahmen an, in denen die Wirkung Die Schulung der Entscheidungsträger sollte idealerweise drei ein und desselben Verhaltens bzw. derselben Aussage von Män- Ziele verfolgen. Erstens sollten sie darin geschult werden, prä- nern und Frauen diskutiert wird. Übungen, bei denen Entschei zise Anforderungsprofile für die zu besetzende Position zu de- dungsträgern (Männern wie Frauen) ihr eigener Bias bewusst finieren und dabei zwischen notwendigen und förderlichen wird sowie Reflexionen über ihr bisheriges Vorgehen bei Aus- Eigenschaften und Fähigkeiten zu unterscheiden. Dabei soll- wahl- und Beförderungsentscheidungen sind dabei in beson- ten sie klar definieren können, wie sich diese Anforderungs- derem Maße geeignet. profile in konkreten Verhaltensweisen ausdrücken und (ggf. mit Unterstützung von Personalabteilung oder Personalbera- Übertragung herausfordernder Aufgaben an Frauen tungen) fest legen, mit welchen Methoden diese Verhaltens- Da eine wichtige Voraussetzung für die Übernahme einer Füh weisen am besten erfasst werden können. rungsposition Erfolge bei wichtigen Aufgaben sowie Erfahrung OrganisationsEntwicklung Nr. 2 |2011 51
Reflexion | Frauen in Führungspositionen | Claudia Peus, Isabell M. Welpe Praxisbeispiel Praxisbeispiele Umfangreiche Trainingsprogramme zur Schulung ihrer Entscheidungs- Best Buy: Übertragung herausfordernder träger im Hinblick auf Gender Bias in Auswahl- und Beförderungssituatio- Aufgaben nen führen z.B. die University of Michigan sowie die Northeastern Univer- sity in den USA durch. Eine sehr effektive Methode stellt dabei das ein Eine systematische Methode, um Frauen wichtige Verantwortung zu über- gesetzte Multiplikatoren-Konzept dar, bei dem angesehene Professoren tragen, hat z.B. Best Buy installiert. Im Rahmen eines Programms zur För- zunächst für das Phänomen des Gender Bias sensibilisiert werden. In einem derung weiblicher Führungskräfte wird dabei einer ausgewählten Gruppe nächsten Schritt trainieren diese Professoren dann ihre Kollegen im Hin- weiblicher (Nachwuchs-)Führungskräfte (sogenannter WoLF packs — für blick auf die Optimierung von Auswahl- und Beurteilungsprozessen. Da- Women’s Leadership Forum) ein aktuelles wirtschaftliches Problem an- durch, dass kritische Themen von angesehenen wissenschaftlichen Kolle- vertraut, mit dem die Organisation gerade konfrontiert ist. Die Aufgabe gen (und nicht Diversity-Beauftragten oder externen Beratern) vorgetra- der Gruppe ist es dann, eine Lösung für das Problem zu entwickeln und in gen werden, entsteht höhere Akzeptanz und Veränderungsbereitschaft. einer Reihe von Filialen innerhalb von drei Monaten einzuführen. Bei Er- folg der Maßnahme wird diese im Gesamtunternehmen umgesetzt. Quellen: • http://sitemaker.umich.edu/advance/departmental_change_efforts__step_ Quelle: • http://www.northeastern.edu/advance/about_nu_advance/ • http://www.wolfatbestbuy.com/about_wolf/ UniCredit: Mentoring-Initiativen im Bereich der Mitarbeiterführung sind, sollten Unternehmen darauf achten, dass gerade Frauen die Möglichkeit bekom- Die europäische Bankengruppe UniCredit, Mutterkonzern der HypoVer- men, solche Aufgaben zu übernehmen. Häufig werden ihnen einsbank (HVB), hat eine Reihe unterschiedlicher Mentoring-Initiativen weniger wichtige oder weniger herausfordernde Aufgaben entwickelt. Die Mentees werden von ihren Führungskräften für die jeweili- übertragen, so dass ihnen später in der Karriere wichtige Er- gen Programme nominiert, welche Workshops und Netzwerktreffen um- fahrungen fehlen und sie eine geringere Chance hatten, ihr fassen. Nach internen Evaluationen der UniCredit gelingt 50 Prozent aller (Führungs-)Potenzial unter Beweis zu stellen. Auf der anderen Teilnehmerinnen der Mentoring-Programme der Sprung in die nächsthö- Seite wird in der Literatur neben dem Phänomen des «glass here Führungsebene. Zusätzlich werden die Mentees in das internationa- ceiling» auch das «glass cliff» Phänomen diskutiert, das um- le Frauen-Netzwerk der UniCredit (UniCreditWomen’s International Net- schreibt, dass Frauen häufig nur dann hoch verantwortungs- work) aufgenommen. In einer weiteren Initiative begleiten Mitglieder des volle Aufgaben übertragen bekommen, wenn die situationa- HVB Frauenbeirats — dieses Gremium besteht derzeit aus rund 30 heraus- len Bedingungen sehr risikoreich sind und die Erfolgsaussich- ragenden Managerinnen aus unterschiedlichen Unternehmen — als Men- ten gering, so dass es kaum andere Bewerber für die Aufgabe torinnen ausgewählte Frauen aus dem mittleren Management und weibli- gibt. Organisationen sollten also darauf achten, dass Frauen che Nachwuchsführungskräfte der HVB auf ihrem Karriereweg. gerade früh in ihrer Karriere «risikoneutrale» Chancen bekom men, ihr Können nachzuweisen und zu erweitern. Eine effek- Quellen: tive Möglichkeit stellt dabei auch die Übertragung einer her- • http://www.unicreditgroup.eu/en/Careers/Our_people.htm ausfordernden Aufgabe mit gleichzeitiger Begleitung durch • http://www.hvb-frauenbeirat.de einen Mentor oder Coach dar. Flexible Arbeitszeit-/Karrieremodelle Die Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben stellt für El- an Maßnahmen, wie z.B. Telearbeitsplätze, Arbeitszeitkonten, tern im Allgemeinen, nach wie vor aber besonders für Frauen, Zeitsouveränität (Selbstbestimmung der Zeiteinteilung) und eine Herausforderung dar, die allerdings durch gezielte orga- mobile Arbeitsplätze. nisationale Maßnahmen bewältigbarer werden kann. Geeig- nete Konzepte und Instrumente hierbei sind eine flexible Ar- Zielvereinbarungen beitszeit- und Arbeitsortgestaltung einerseits und flexible Kar Eine weitere mögliche Interventionsmaßnahme für Unterneh rieremöglichkeiten inklusive Wiedereinstiegsoptionen nach Aus men besteht darin, Zielvereinbarungen hinsichtlich des Frau- zeiten andererseits. In Unternehmen finden sich eine Reihe enanteils für bestimmte Hierarchieebenen einzuführen. Hinter 52 OrganisationsEntwicklung Nr. 2 |2011
Claudia Peus, Isabell M. Welpe | Frauen in Führungspositionen | Reflexion Praxisbeispiele Praxisbeispiele Douglas: Flexible Arbeitszeitmodelle Norwegen Der Hagener Parfümerie- und Handelskonzern Douglas fördert die Berufs Norwegen hat im Jahr 2003 als erstes Land der Welt eine Frauenquote von tätigkeit und die berufliche Entwicklung von Frauen (und Männern) durch 40 Prozent für Aufsichtsräte öffentlich gehandelter Unternehmen einge- zeitlich und räumlich flexible Arbeitszeitmodelle auf allen Hierarchieebe- führt. Dies hat in vielen europäischen Ländern eine gesellschaftliche De- nen. Da der Fokus auf der Effizienz — nicht der Präsenz — der Beschäftigten batte ausgelöst. Die Einführung der Quote kann als erfolgreich betrachtet liegt, ist es auch für Führungskräfte möglich, flexible Arbeitszeitmodelle werden, denn im Jahr 2009 waren 42 Prozent der Aufsichtsräte weiblich. und Teilzeitarbeit in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus hat Douglas Allerdings wäre die Umsetzung der Quote ohne die Androhung von Sank- einen Betriebskindergarten und vermittelt Betreuungsangebote für Kin- tionen sicher nicht in diesem Maße erfolgt. Als härteste Sanktion drohte der der Beschäftigten. Unternehmen, die die Quote auch nach vier Jahren nicht erfüllten, die Auf lösung. Die Umsetzung der Quote wurde dadurch unterstützt, dass eine Quellen: Reihe von Datenbanken von geeigneten und an Aufsichtsratsmandaten • http://www.dhag-gb.com/index.php?id=359 interessierten Frauen eingerichtet wurden. Weiterhin schuf der Arbeitge- berverband ein Trainingsprogramm für Frauen, zu dem Unternehmen Mit- arbeiterinnen zur Vorbereitung auf ein Aufsichtsratsmandat schicken konn Deloitte: Individualisierte Karriereplanung ten. Sieben Jahre nachdem die Quote eingeführt wurde, ist sie in Norwegen Die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte hat ein System entwi- weitgehend akzeptiert. Dem Beispiel Norwegens folgend haben 2009 die ckelt, das individuelle Lebenssituationen und Karriereverläufe berücksich Niederlande eine Frauenquote von 30 Prozent für Aufsichtsräte sowie für tigt: die individualisierte Karriereentwicklung oder «Mass Career Customi Vorstände eingeführt. Am 14. Januar 2011 hat Frankreich ein Gesetz verab- zation». Geplante Seitwärts- oder sogar Abwärtsbewegungen sind in die schiedet, nach dem die Verwaltungs- und Aufsichtsräte aller börsennotier sem Modell ebenso möglich wie Wartepositionen oder Auszeiten. Über vier ten Unternehmen sowie aller Unternehmen mit mehr als 50 Millionen Euro Stellschrauben ist eine begrenzte Anzahl von Variationen und Wahlmög- Umsatz und 500 Mitarbeitern in den nächsten drei Jahren mindestens zu lichkeiten hinsichtlich folgender vier Karrieredimensionen denkbar: Ge- einem Fünftel mit Frauen besetzt werden müssen. schwindigkeit der Karriereentwicklung, Arbeitspensum, Arbeitsort/Arbeits Quelle: zeiteinteilung und mit der Position verbundene Verantwortung. Diese Di- • Storvik, A. und Teigen, M. (2010). Das norwegische Experiment — mensionen und deren Ausprägungen sind individuell anpassbar — d.h. dass eine Frauenquote für Aufsichtsräte. Friedrich-Ebert-Stiftung. eine Führungsposition nicht notwendigerweise mit Vollzeitarbeit und ho- hem Reisepensum einhergeht und dass es möglich ist, von einer Führungs Deutsche Telekom position für einige Zeit in eine Position ohne Personalverantwortung zu wechseln, dann aber wieder in eine Führungsposition zurück zu kehren und «Mehr Frauen in Führungspositionen ist (...) vor allem eine handfeste Not- die eigene Karriereentwicklung intensiv voran zu treiben. Diese Flexibilität wendigkeit für unseren Erfolg. Mit mehr Frauen an der Spitze werden wir fehlt in den meisten deutschen Unternehmen und stellt ein bedeutendes einfach besser», begründete Telekom-Chef René Obermann die Entschei- Hindernis für den Aufstieg von Frauen in Führungspositionen dar (vgl. Peus dung des Konzernvorstands, sich zu einer 30 Prozent-Frauenquote im und Traut-Mattausch 2008). Ein weiterer wichtiger Aspekt des Programms mittleren und oberen Management für das Jahr 2015 zu verpflichten. An- von Deloitte ist, dass es vom Top Management getragen wird und dass es lass war für Personalchef Thomas Sattelberger, dass er — als der durch genau wie andere Geschäftsziele gemanagt wird, d.h. dass ein Mitglied des schlagende Erfolg früherer Maßnahmen ausgeblieben war — eingesehen Senior Management dafür verantwortlich ist und die Erreichung der quan habe, dass sich «traditionelle Rollenmuster und etablierte ‘Old-Boys-Netz titativen Zielvorgaben hinsichtlich des Frauenanteils auf bestimmten Füh werke’ nicht durch Mentoren- und Frauenprogramme durchbrechen lie- rungsetagen einen Einfluss auf dessen leistungsbezogene Vergütung hat. ßen». Ziel dieser aktuellen Maßnahme sei es nun, «die Basis von unten her Auch die Tatsache, dass die Erhöhung des Frauenanteils in Führungsposi- zu verbreitern, um auch in Zukunft unter den Besten auswählen zu kön- tionen genau wie andere Unternehmensziele gemanagt wird, ist bisher nen». Bereits nach einem halben Jahr nach Einführung einer Frauenquote eine absolute Seltenheit. meldete die Deutsche Telekom, dass die Zwischenbilanz sehr positiv aus- falle: Der Anteil von Frauen bei der Einstellung von Top-Nachwuchskräften Quelle: von 33 auf 52 Prozent erhöht. Ihr Anteil in Management-Entwicklungspro • Benko, C. & Weisberg, A. (2007). Mass Career Customization: Aligning grammen sei seit 2009 von 18 auf 31 Prozent gestiegen. the workplace with today’s nontraditional workforce. Harvard Business Quelle: School Press. • Deutsche Telekom (2010). Bekanntmachung vom 15.3.2010. OrganisationsEntwicklung Nr. 2 |2011 53
Reflexion | Frauen in Führungspositionen | Claudia Peus, Isabell M. Welpe fungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC) in den nächs Praxisbeispiel ten zwei Jahren rund 150 Frauen für die Aufsichtsratstätigkeit zu qualifizieren. Zudem wird in Zusammenarbeit mit der Ge- sellschaft für Softwareentwicklung eine Datenbank mit geeig- neten Kandidatinnen aufgebaut. Die Seminare sollen für Teil- Axel Springer Verlag nehmerinnen, die über Führungserfahrung verfügen sollen, ebenso kostenlos sein wie die Kandidatinnen-Abfrage für Un- Nach der Deutschen Telekom hat sich auch der Axel Springer Verlag für ternehmer und Personalberater. die Einführung einer Frauenquote entschieden. Von derzeit 16 Prozent soll die Frauenquote in den nächsten fünf bis acht Jahren auf über 30 Prozent «Interventionsmaßnahmen zeigen nur gesteigert werden. Chief Executive Officer Mathias Döpfner nennt konkre- te Maßnahmen, mit denen er unter anderem die Zielvorgabe erreichen Wirkung, wenn die Unternehmensleitung will: Im Zuge der Nachfolgeregelung sollen immer jeweils ein männlicher sie wirklich unterstützt.» und ein weiblicher Kandidat vorgeschlagen werden. Außerdem sollen die Rahmenbedingungen wie flexible Arbeitszeiten, eine neue Regelung für Insgesamt stehen Unternehmen eine Vielzahl an Maßnahmen die Elternzeit sowie eine Notfallgruppe für die Kinderbetreuung angebo- zur Verfügung, die zur Erhöhung des Frauenanteils in Füh ten werden. Neben einer moderneren Unternehmenskultur und dem rungspositionen beitragen können. Für alle Interventionsmaß Wunsch, Kreativität zu fördern, habe das Förderprogramm auch damit zu nahmen innerhalb einer Organisation gilt dabei, dass sie nur tun, dass Kaufentscheidungen zunehmend von Frauen getroffen werden. dann Wirkung zeigen, wenn die Unternehmensleitung die Maß nahmen wirklich unterstützt. Eine Förderung des Frauenan- Quelle: teils in Führungspositionen ist nicht zuletzt aufgrund der Tat- • Axel Springer Verlag. Nachhaltigkeitsbericht 2009 sache ratsam, dass es zahlreiche Hinweise darauf gibt, dass Un http://www.axelspringer.de/artikel/Ausblick_1318222.html ternehmen mit einem hohen Frauenanteil in Führungspositio nen wirtschaftlich erfolgreicher sind (Desvaux et al. 2007, Des vaux et al. 2010). gedanke dieser Zielvereinbarungen ist es, für einen gewissen Zeitraum Ziele bezüglich der angestrebten Anzahl an Frauen auf bestimmten Führungsebenen zu vereinbaren, um langfris Dr. Claudia Peus tig zu einem Kulturwandel zu gelangen, der Frauen in Führungs Projektleiterin, LMU Center for Leader- ship and People Management, Ludwig- positionen selbstverständlich und die Aufrechterhaltung der Maximilians-Universität München Zielvorgabe somit obsolet macht. Durch die Zielvereinbarun- Kontakt: gen sollen also nicht nur aktuell geeignete Frauen in Führungs peus@psy.lmu.de positionen befördert werden, sondern auch Rollenvorbilder und Mentorinnen sowie vor allem ein Wandel der vorherrschenden Stereotype entstehen, der den Aufstieg zukünftiger weiblicher Führungskräfte ermöglicht und erleichtert. Für eine Zielverein barung spricht aus wissenschaftlicher Sicht, dass solange nur einzelne Frauen auf den Managementebenen oder in Teams vertreten sind, diese einen sogenannten Token-Status (Minder heitenstatus) aufweisen, was oft dazu führt, dass die Beiträge Prof. Isabell M. Welpe Inhaberin des Lehrstuhls für Strategie einzelner Frauen in Führungspositionen oder Teams ignoriert und Organisation, TUM School of werden. Obwohl derartige Zielvereinbarungen häufig – sowohl Management, Technische Universität München von Männern als auch von Frauen – mit Ablehnung begegnet wird, stellen sie die effektivste Methode dar, um den Frauen- Kontakt: welpe@tum.de anteil in Führungspositionen zu erhöhen. Ein in diesem Zusammenhang häufig aufkommender Ein- wand ist, es gäbe nicht genügend geeignete Kandidatinnen. Um dem entgegen zu wirken, plant der Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU) gemeinsam mit der Wirtschaftsprü 54 OrganisationsEntwicklung Nr. 2 |2011
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