Datenschutz ist Chefsache - SACHSEN-ANHALT Handreichung für die Geschäftsleitung von Unternehmen
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Datenschutz ist Chefsache Handreichung für die Geschäftsleitung von Unternehmen SACHSEN-ANHALT Landesbeauftragter für den Datenschutz
Datenschutz ist Chefsache – Handreichung für die Geschäftsleitung von Unternehmen Auflage: 1. Auflage, Februar 2015 Herausgeber: Der Landesbeauftragte für den Datenschutz Sachsen-Anhalt Inhalt 1 Schutz von personenbezogenen Daten.......................................................... 2 2 Pflichten der verantwortlichen Stelle ............................................................. 4 3 Datenschutzmanagement ................................................................................. 6 4 Der betriebliche Datenschutzbeauftragte .................................................... 8 5 Auftragsdatenverarbeitung ............................................................................ 10 6 Maßnahmen zur Datensicherheit ................................................................. 12 7 Kunden und Geschäftspartner ....................................................................... 14 8 Beschäftigtendatenschutz ............................................................................... 16 9 Videoüberwachung ........................................................................................... 19 10 Das Unternehmen im Internet ....................................................................... 20 Anhang A Auswahl datenschutzrelevanter Vorschriften ........................................... 22 B Informationsquellen.......................................................................................... 23
Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser, Sie sind Unternehmer, Geschäftsführer, gehören dem Vorstand eines Unternehmens an oder befinden sich in einer ähnlich verantwortlichen Position? Dann sind Sie Ansprechpartner zum Thema „Datenschutz ist Chefsache“. Datenschutz ist ein komplexes Thema, das jedes Un- ternehmen betrifft. Oftmals wird sich mit dem Thema Datenschutz zu spät oder nur unzureichend auseinandergesetzt. Datenschutz ist Grundrechtsschutz! Die Verantwortung zur Einhaltung der Normen zum Daten- schutz trägt die Geschäftsleitung, auch wenn die Umsetzung notwendiger Maß- nahmen durch entsprechende Mitarbeiter ausgeführt wird. Sie als Mitglied der Geschäftsleitung sind dafür verantwortlich, dass in Ihrem Un- ternehmen der Datenschutz Beachtung findet, eingehalten und umgesetzt wird. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz Sachsen-Anhalt unterstützt und berät Sie dabei gern. Er ist Aufsichtsbehörde für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich. Datenschutz scheint Kosten zu verursachen, führt jedoch grundsätzlich zu erhebli- chen Vorteilen. Denn Datenschutz schafft Vertrauen bei Kunden und Geschäfts- partnern sowie bei den Beschäftigten. Dies schafft positive Öffentlichkeitswirkung, stärkt die Kundenbindung und trägt zur Wettbewerbsfähigkeit Ihres Unterneh- mens bei. Diese Handreichung soll Ihnen als Orientierungshilfe bei der Durchführung not- wendiger Maßnahmen zur Umsetzung von Datenschutz und Datensicherheit sowie als Leitfaden zur Selbstüberprüfung dienen. Die Broschüre wird Ihnen nicht den Blick in das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) oder vorrangige Gesetze, die besondere datenschutzrechtliche Sachverhalte regeln, ersparen. Im Gegenteil: Die Handreichung soll Sie animieren, sich dem Datenschutz offensiv zu widmen und zu prüfen, welche Vorschriften speziell in Ihrem Unter- nehmen zu beachten und umzusetzen sind. Letztlich zum Wohle Ihres Unterneh- mens. Dr. Harald von Bose Landesbeauftragter für den Datenschutz Sachsen-Anhalt In der Broschüre werden am Seitenrand die zutreffenden Paragrafen aus den jeweils an- zuwendenden Gesetzen angezeigt. Die Lesart der Abkürzung „§ 1 II 3 BDSG“ lautet „Para- graf 1 Absatz 2 Satz 3 des Bundesdatenschutzgesetzes“. 1
1 Schutz von personenbezogenen Daten Welche Ziele hat der Datenschutz? Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sichert jedermann das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu. Dazu gehört das Grundrecht auf in- formationelle Selbstbestimmung. Jeder kann über Preisgabe und Verwen- dung seiner persönlichen Daten grundsätzlich selbst entscheiden. Zweck § 1 I BDSG des Bundesdatenschutzgesetzes ist es, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in sei- nem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird. Datenschutz gewährleistet insofern, dass nur zulässige Daten natürlicher Personen auf sparsame Weise für die vorgesehenen (Geschäfts-)Zwecke sicher verwaltet werden. Was sind personenbezogene Daten? Personenbezogene Daten sind alle Einzelangaben über persönliche oder § 3 I BDSG sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Für den Umgang mit besonderen Arten personenbezogener Daten gelten § 3 IX BDSG zusätzliche Beschränkungen. Diese sind Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische § 28 VI-IX BDSG Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualle- ben. Was ist Datenverarbeitung? Automatisierte Verarbeitung ist die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung § 3 II BDSG personenbezogener Daten unter Einsatz von IT-Systemen. Erheben ist das § 3 III BDSG Beschaffen von Daten über den Betroffenen. Verarbeiten ist nach dem § 3 IV BDSG Erheben das Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren und Löschen personenbezogener Daten. Speichern ist das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren personenbezogener Daten auf einem Datenträger zum Zweck ihrer weiteren Verarbeitung oder Nutzung. Verändern ist das in- haltliche Umgestalten gespeicherter personenbezogener Daten. Übermit- teln ist das Bekanntgeben gespeicherter oder durch Datenverarbeitung gewonnener personenbezogener Daten an einen Dritten, sodass die Daten entweder weitergegeben werden oder zur Einsicht oder zum Abruf bereit- 2
gehalten werden. Sperren ist das Kennzeichnen gespeicherter personen- § 3 IV BDSG bezogener Daten, um ihre weitere Verarbeitung oder Nutzung einzu- schränken. Löschen ist das Unkenntlichmachen gespeicherter Daten. Anonymisieren ist das Verändern personenbezogener Daten derart, dass § 3 VI BDSG die Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse nicht mehr oder nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft einer bestimmten oder bestimmbaren natürli- chen Person zugeordnet werden können. Pseudonymisieren ist das Erset- § 3 VIa BDSG zen des Namens und anderer Identifikationsmerkmale durch ein Kennzei- chen zu dem Zweck, die Bestimmung des Betroffenen auszuschließen oder wesentlich zu erschweren. Wer ist verantwortlich? Jedes Unternehmen, das personenbezogene Daten insbesondere automa- tisiert erhebt, verarbeitet und nutzt, hat die Bestimmungen zum Daten- schutz einzuhalten und ist verantwortliche Stelle im Sinne des Gesetzes § 3 VII BDSG bei der Anordnung und Umsetzung von Datenschutzmaßnahmen und deren Kontrolle. Zugleich sind auch die Beschäftigten, die mit der Verar- § 5 BDSG beitung der personenbezogenen Daten betraut sind, in gewissem Maße mitverantwortlich. Wer kontrolliert die Einhaltung? Der Betroffene als Träger des Grundrechts auf informationeller Selbstbe- stimmung übt im Rahmen der Eigenkontrolle seine Rechte aus, indem er § 34 BDSG Auskunft über seine Daten beantragt und Berichtigung, Sperrung oder § 35 BDSG Löschung seiner Daten erwirkt. Das Unternehmen trägt im Rahmen der Selbstkontrolle die Verantwor- § 4f BDSG tung, organisiert den Datenschutz, bedient sich dabei gegebenenfalls des betrieblichen Datenschutzbeauftragten und schützt die personenbezoge- nen Daten entsprechend den gesetzlichen Vorgaben, insbesondere des Bundesdatenschutzgesetzes. Der Landesbeauftragte berät die Unternehmen in Datenschutzfragen. Als § 38 I BDSG Aufsichtsbehörde überprüft er im Rahmen der Fremdkontrolle die Einhal- § 38 V BDSG tung der Datenschutzvorschriften, unterbindet unzulässige Verfahren und §§ 43, 44 BDSG kann Bußgelder verhängen oder Strafanträge stellen. 3
2 Pflichten der verantwortlichen Stelle Generell haben Unternehmensleitungen darauf zu achten, dass der ge- samte Umgang mit personenbezogenen Daten rechtmäßig ist. Dazu sind besonders wichtige Grundsätze einzuhalten. Zulässigkeit Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten ist § 4 I BDSG nur zulässig, wenn der Betroffene eingewilligt hat oder eine Rechtsvor- schrift dies erlaubt. Soweit keine Erlaubnisvorschriften aus speziellen Ge- setzen angewendet werden können, sind die des Bundesdatenschutzge- setzes zu prüfen. Ein Umgang mit Daten, der weder durch Rechtsvorschrif- ten noch durch eine Einwilligung erlaubt wird, ist unzulässig. Datensparsamkeit Es sind so wenig personenbezogene Daten zu erheben, zu verarbeiten oder § 3a BDSG zu nutzen, wie zur Durchführung der Unternehmenstätigkeiten benötigt werden. Wenn möglich, sind Daten zu anonymisieren oder pseudonymi- sieren. Daten, die nicht mehr gebraucht werden, müssen gelöscht werden, § 35 II BDSG wenn dem keine Aufbewahrungsfristen entgegenstehen. Zweckbindung Der Grundsatz der Zweckbindung soll gewährleisten, dass Daten nur für den Zweck verarbeitet werden, für den sie erhoben worden sind. Daher ist die anlasslose Sammlung personenbezogener Daten auf Vorrat unzulässig. Der Zweck der jeweiligen Datenerhebung ist festzustellen und sollte aus Beweisgründen schriftlich dokumentiert werden. Eine Verarbeitung ab- § 4a BDSG weichend vom ursprünglichen Zweck ist möglich, wenn eine Einwilligung des Betroffenen vorliegt oder das Gesetz es ausdrücklich zulässt. In der § 28 II BDSG Praxis ist Vorsicht immer dann geboten, wenn unterschiedliche Bestände von personenbezogenen Daten verknüpft werden sollen. Direkterhebung § 4 II BDSG Personenbezogene Daten sind mit wenigen Ausnahmen direkt beim Be- troffenen selbst zu erheben. 4
Informationspflichten Datenschutz erfordert Transparenz. Daher legt das Bundesdatenschutzge- setz Informationspflichten an unterschiedliche Adressaten fest. Im Fall der Direkterhebung ist der Betroffene über die verantwortliche Stelle und den § 4 III BDSG Zweck der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung zu unterrichten. Häufig ist der Betroffene unverzüglich zu informieren, wenn seine Daten un- rechtmäßig übermittelt oder auf sonstige Weise Dritten zur Kenntnis § 42a BDSG gelangt sind und dadurch schwerwiegende Beeinträchtigungen für seine Rechte oder schutzwürdige Interessen drohen. In diesen Fällen ist zusätz- lich der Landesbeauftragte für den Datenschutz zu informieren, insbeson- dere auch über im Unternehmen getroffene Abhilfemaßnahmen. Auskunftsanspruch des Betroffenen Auf Verlangen des Betroffenen ist sein allgemeiner Auskunftsanspruch zu beachten. Danach hat die verantwortliche Stelle unentgeltlich Auskunft zu § 34 BDSG erteilen über die zu seiner Person gespeicherten Daten und weitere im Gesetz näher ausgeführte Umstände, wie den Datenempfänger und den Speicherungszweck. Berichtigung, Löschung und Sperrung Personenbezogene Daten sind zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. Zu § 35 BDSG löschen sind sie insbesondere dann, wenn sie für die Erfüllung des Zwecks der Speicherung nicht mehr erforderlich sind und keinen Aufbewahrungs- § 257 HGB pflichten unterliegen. Daten, die für den ursprünglichen Zweck nicht mehr erforderlich sind, aber nicht gelöscht werden dürfen, müssen gesperrt werden. Leistung von Schadensersatz Das Bundesdatenschutzgesetz enthält eine eigenständige Haftungsnorm, § 7 BDSG die neben vertraglichen und anderen gesetzlichen Haftungsnormen gilt. § 823 BGB Sie setzt eine unzulässige oder unrichtige Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten voraus. Die Ersatzpflicht trifft die verantwortliche Stelle. Sie entfällt, wenn diese darlegen und ggf. beweisen kann, dass sie kein Verschulden trifft. 5
3 Datenschutzmanagement Datenschutz als Führungsaufgabe In allen Wirtschaftsunternehmen – unabhängig von Größe und Branche – stellt sich die Frage, ob die Wahrnehmung der Aufgaben des Datenschut- zes intern so organisiert und geregelt ist, dass die gesetzlichen Vorgaben des Datenschutzes eingehalten werden. Bei den Unternehmensleitungen § 3 VII BDSG liegt die Gesamtverantwortung. Datenschutz ist insoweit Führungsaufga- be und damit Chefsache. Zu klärende Einzelfragen sind z. B.: • Sind die Zuständigkeiten im Unternehmen in Bezug auf Datenschutz und Datensicherheit geklärt? • Muss oder sollte ein betrieblicher Datenschutzbeauftragter bestellt § 4f BDSG werden? Kann die Aufgabe ein Unternehmensangehöriger wahrneh- men oder muss ein externer Datenschutzbeauftragter bestellt werden? • Ist sichergestellt, dass die gesetzlich geforderten Dokumentationen erstellt und vorgehalten werden? • Ist sichergestellt, dass die Beschäftigten, die mit Datenverarbeitung § 5 BDSG befasst sind, auf das Datengeheimnis verpflichtet wurden und sind sie für ihre Aufgabe ausreichend geschult? • Sind ausreichende Kontrollmechanismen implementiert? Meldepflicht und Verfahrensverzeichnis Verfahren automatisierter Verarbeitungen sind vor Inbetriebnahme der § 4d BDSG Aufsichtsbehörde zu melden. Die Einzelangaben der Meldepflicht ergeben § 4e BDSG sich aus dem Bundesdatenschutzgesetz. Diese Meldepflicht kann in Kleinstbetrieben oder bei Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbe- auftragten entfallen. Allerdings muss das Unternehmen in diesem Fall die § 4g II BDSG Angaben dem betrieblichen Datenschutzbeauftragten vorlegen. Dieses Verfahrensverzeichnis dient der internen Selbstkontrolle und soll dem Datenschutzbeauftragten seine Prüf- und Kontrolltätigkeiten erleichtern. Außerdem ermöglicht es ihm, wesentliche Angaben für jedermann auf Antrag verfügbar zu machen. 6
Datengeheimnis Das Datengeheimnis beinhaltet das Verbot für die bei der Datenverarbei- § 5 BDSG tung beschäftigten Personen, unbefugt personenbezogene Daten zu erhe- ben, zu verarbeiten oder zu nutzen. Unternehmensleitungen haben dafür zu sorgen, dass dieser Personenkreis bei der Aufnahme seiner Tätigkeit auf das Datengeheimnis verpflichtet wird. Dies sollte zu Beweiszwecken schriftlich erfolgen. Auch Personen, die personenbezogene Daten lediglich zur Kenntnis nehmen können, sollten verpflichtet werden. Risikoanalyse und Schutzbedarf Wichtig ist, dass ein Unternehmen sich der eigenen Risiken bzgl. des Um- gangs mit personenbezogenen Daten bewusst wird. Dazu ist eine Risiko- analyse erforderlich, die zunächst feststellt, in welchen Bereichen des Unternehmens mit welchen personenbezogenen Daten umgegangen wird. Anschließend muss ermittelt werden, wie die Daten geschützt sind. Bedarf das Unternehmen zur Feststellung der Gefährdungspotenziale der fachlichen Unterstützung oder kann es sie selbst feststellen? Ist der be- stehende Schutz ausreichend oder sind weitere technische und organisa- torische Maßnahmen erforderlich? Bergen automatisierte Verarbeitungen besondere Risiken für die Rechte § 4d V BDSG und Freiheiten der Betroffenen, so ist vor Beginn der Verarbeitung in der Regel eine rechtliche und technische Vorabkontrolle durchzuführen. Dies gilt unter anderem bei besonderen Arten personenbezogener Daten. Interne Regelungen Jedes Unternehmen hat eigene Geschäftsabläufe und Strukturen und verfügt über unterschiedliche personenbezogene Daten. Dafür sollten Unternehmensleitungen zur Konkretisierung gesetzlicher Vorgaben Rege- lungen treffen, die für die Mitarbeiter verbindlich sind und eindeutig den Umgang mit personenbezogenen Daten bestimmen. Aufgaben und je- weilige Verantwortlichkeiten sollten genau dokumentiert werden. Derar- § 77 BetrVG tige Regelungen können durch Betriebsvereinbarungen unterstützt wer- den. 7
4 Der betriebliche Datenschutzbeauftragte Bestellung § 4f I BDSG Unternehmen müssen einen Datenschutzbeauftragten bestellen, wenn personenbezogene Daten durch mindestens 10 Personen automatisiert oder durch mindestens 20 Personen auf andere Weise erhoben, verarbei- tet oder genutzt werden. Unterliegen Verfahren einer Vorabkontrolle, ist ebenfalls ein betrieblicher Datenschutzbeauftragter zu bestellen. Dies gilt auch, wenn personenbezogene Daten geschäftsmäßig zum Zweck der Übermittlung, der anonymisierten Übermittlung oder für Zwecke der Markt- oder Meinungsforschung automatisiert verarbeitet werden. In jedem Fall hat die Bestellung schriftlich zu erfolgen und nicht später als § 43 I Nr. 2 BDSG einen Monat nach Aufnahme der Tätigkeit. Wer diese Frist versäumt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Fachkunde Zum betrieblichen Datenschutzbeauftragten darf nur bestellt werden, wer § 4f II BDSG die erforderliche Fachkunde für diese Aufgabe besitzt. Er muss also das Bundesdatenschutzgesetz, die einschlägigen speziellen datenschutzrecht- lichen Regelungen und die Spezialvorschriften seines Fachbereichs kennen und sicher anwenden können. Außerdem sollte er über grundlegende Kenntnisse über die Unternehmensorganisation und Informationstechnik verfügen. Diese Mindestkenntnisse müssen bereits bei seiner Bestellung vorliegen. Der betriebliche Datenschutzbeauftragte hat Anspruch auf § 4f III BDSG Fortbildung. Interessenkonflikte Der betriebliche Datenschutzbeauftragte ist Kontrollinstanz im Unter- nehmen und zugleich zur Verschwiegenheit verpflichtete Vertrauensper- son als „Vermittler“ zwischen den Interessen der Geschäftsleitung, der Beschäftigten und der Betroffenen. Diese Funktion kann kaum wahrgenommen werden, wenn der Daten- schutzbeauftragte auch noch Aufgaben auf den Gebieten Personalverwal- tung, Informationstechnik oder Verarbeitung besonders sensibler perso- 8
nenbezogener Daten erfüllt. Es ist vor der Bestellung zu prüfen, ob es zu solchen Interessenkonflikten kommen könnte. Ausstattung Der betriebliche Datenschutzbeauftragte hat, soweit dies für eine ord- § 4f V BDSG nungsgemäße Aufgabenerfüllung erforderlich ist, Anspruch auf geeignete Arbeitsräume, Einrichtungen und Mittel oder deren Mitnutzung. Bei der Ausübung seiner Tätigkeit hat ihn das Unternehmen zu unterstützen. Nach dem Gesetz ist ihm, wenn die Fülle seiner Aufgaben es gebietet, Hilfspersonal zur Verfügung zu stellen. Tätigkeit und Aufgaben Durch Gesetz sind die Aufgaben des betrieblichen Datenschutzbeauftrag- § 4g BDSG ten benannt: Vertrautmachen des Personals mit den einschlägigen daten- schutzrechtlichen Vorschriften und Hinwirken auf die Einhaltung dieser Vorschriften, Überwachung der Datenverarbeitungsprogramme, mit de- nen personenbezogene Daten verarbeitet werden, Vorabkontrolle der für die Rechte der Betroffenen besonders risikoreichen Datenverarbeitungen, Verfügbarmachen des Verfahrensverzeichnisses für jedermann. In daten- schutzrechtlichen Fragen kann er die Unternehmensleitung durch seine gezielte Beratung auch aktiv unterstützen. Dazu sollte der betriebliche Datenschutzbeauftragte von datenschutzrelevanten Planungen des Un- ternehmens rechtzeitig unterrichtet werden. Betroffene können sich je- § 4f V BDSG derzeit an ihn wenden. Verantwortung und Rechte Der betriebliche Datenschutzbeauftragte ist der Unternehmensleitung § 4f III BDSG direkt zu unterstellen und im Rahmen seiner Aufgabenwahrnehmung weisungsfrei. Er kann sich an den Landesbeauftragten wenden, der ihn § 4g I BDSG § 38 I BDSG berät und unterstützt. Er darf wegen seiner Aufgabenwahrnehmung nicht benachteiligt werden. § 4f III BDSG Seine Kündigung ist nur aus wichtigem Grund möglich. 9
5 Auftragsdatenverarbeitung Viele Unternehmen bedienen sich zur Abwicklung des Umgangs mit per- sonenbezogenen Daten externer Dienstleister. Werden solche tätig, sind datenschutzrechtlich zwei Konstellationen möglich. Es handelt sich ent- weder um eine Auftragsdatenverarbeitung oder um eine Funktionsüber- tragung. Wenn dem Dienstleister eigenständige rechtliche Zuständigkeiten zuge- wiesen werden, liegt eine Funktionsübertragung vor. Beispiel: Eigenständi- ge Kundenbefragungen durch Institute. Bei der Funktionsübertragung wird der Dienstleister verantwortliche Stelle im Sinne des Bundesdaten- schutzgesetzes. Der Datenaustausch darf hier nur erfolgen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen einer Datenübermittlung erfüllt sind. Im Auftrag der verantwortlichen Stelle Eine eigentliche Auftragsdatenverarbeitung, die nicht an die hohen Vo- § 11 BDSG raussetzungen einer Datenübermittlung gebunden ist, liegt nur dann vor, wenn der Auftraggeber Herr der Daten bleibt und der Auftragnehmer bzgl. der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der personenbezogenen Daten ausschließlich weisungsgebunden handelt. Der Auftragnehmer darf hier- bei die Daten nicht zu eigenen Zwecken erheben, verarbeiten oder nutzen. Bei der Auftragsdatenverarbeitung bleibt allein der Auftraggeber die ver- § 3 VII BDSG antwortliche Stelle. Beispiel: Archivieren von Daten; Entsorgung von Daten durch Löschen oder Vernichten; Auslagerung der Gehaltsabrechnung. Rahmenbedingungen Im Falle der Auftragsdatenverarbeitung hat der Auftraggeber den Auf- tragnehmer unter besonderer Berücksichtigung der Eignung der von ihm getroffenen technischen und organisatorischen Maßnahmen sorgfältig § 11 II BDSG auszuwählen. Der Auftrag ist schriftlich zu erteilen und muss diverse Fest- legungen enthalten, insbesondere über Umfang und Zweck, den Kreis der Betroffenen, die Schutzmaßnahmen, die Pflichten des Auftragnehmers und die Kontrollrechte des Auftraggebers. Vor Beginn der Datenverarbei- tung und sodann regelmäßig hat der Auftraggeber den Auftragnehmer auf Einhaltung erforderlicher technischer und organisatorischer Maß- nahmen zu kontrollieren. 10
Unternehmen, die Fernwartungsarbeiten durchführen, sind wie Auftrag- § 11 V BDSG nehmer einer Auftragsdatenverarbeitung zu behandeln, soweit der Zugriff auf personenbezogene Daten nicht ausgeschlossen werden kann. Auftragnehmer im Ausland Befindet sich der Auftragnehmer im Ausland, ist zu unterscheiden, ob er sich innerhalb der Europäischen Union (EU) bzw. des Europäischen Wirt- schaftsraumes (EWR) oder in einem sogenannten Drittstaat befindet. § 4b I BDSG Innerhalb der EU bzw. des EWR sind die Vorschriften des Bundesdaten- schutzgesetzes anzuwenden. Bei Auftragsvergabe an Auftragnehmer in § 4b II BDSG Drittstaaten sind besondere Bedingungen zu beachten. Wichtig ist insbe- § 4c BDSG sondere, sicherzustellen, dass in dem Drittstaat ein angemessenes Daten- schutzniveau gewährleistet wird. Cloud Computing als Spezialfall Ein spezieller Fall der Auftragsdatenverarbeitung ist das Cloud Computing, welches eine Bereitstellung von IT-Infrastruktur, wie z. B. Speicherkapazi- tät, und Software als Serviceleistung beinhalten kann. Zu warnen ist insbesondere vor der Nutzung von Cloud-Diensten, die einer breiten Öffentlichkeit ohne individuelle vertragliche Gestaltung zur Verfü- gung stehen und damit keine Möglichkeit eines schriftlichen Vertrags im Sinne der Auftragsdatenverarbeitung eröffnen. Bei Cloud-Anbietern aus Drittstaaten ist oft nicht klar, in welchen Staaten die Server stehen, auf denen die Daten gespeichert sind. Damit ist auch ungewiss, welchem Datenschutzniveau die Infrastruktur unterliegt. Es sollten daher nur Cloud-Anbieter genutzt werden, die verlässliche Aus- kunft darüber geben können, wo der Server steht, sich vertraglich binden und kontrollieren lassen. 11
6 Maßnahmen zur Datensicherheit Nachfolgend werden die in der Anlage zum Bundesdatenschutzgesetz § 9 BDSG erwähnten erforderlichen technischen und organisatorischen Mindest- Maßnahmen bei der automatisierten Datenverarbeitung beschrieben. Die Aufzählung ist nicht abschließend. Angesichts der Risiken durch moderne Datenverarbeitung sind weitergehende Sicherheitsmaßnah- men oftmals geboten. Zutrittskontrolle Unbefugten ist der Zutritt zu den Datenverarbeitungsanlagen zu ver- Anl. § 9 Nr. 1 BDSG wehren, z. B. durch den Einsatz von Alarmanlagen, Schließsystemen oder die Überwachung der Räume und ihren Eingangsbereichen. Zugangskontrolle Die unbefugte Nutzung der Datenverarbeitungssysteme ist zu verhin- Anl. § 9 Nr. 2 BDSG dern, z. B. durch die Authentifikation mit sicheren Passwörtern oder biometrischen Merkmalen sowie den Einsatz von Virenschutzlösungen und Firewalls. Die Verschlüsselung von Inhalten und Datenträgern kann die vorgenannten Maßnahmen verstärken. Zugriffskontrolle Nur berechtigte Personen sollen die ihnen freigegebenen personenbe- Anl. § 9 Nr. 3 BDSG zogene Daten verarbeiten und nutzen können, währenddessen Unbe- rechtigte diese Daten weder lesen noch verändern dürfen. Dies wird z. B. erreicht durch das Erstellen von Berechtigungskonzepten, die Verwal- tung der Nutzerrechte von wenigen Systemadministratoren, die Durch- setzung strenger Passwortrichtlinien mit regelmäßigem Passwortwech- sel, den Einsatz von Verschlüsselungsverfahren, die Protokollierung von DIN 66399 Datenzugriffen sowie die sichere Aufbewahrung und Vernichtung von Datenträgern. Weitergabekontrolle Bei der Übertragung und Speicherung dürfen personenbezogene Daten Anl. § 9 Nr. 4 BDSG nicht gelesen, kopiert, verändert oder entfernt werden können. Der Emp- fänger dieser Daten muss jederzeit bekannt sein. Dies wird z. B. erreicht 12
durch den Einsatz von virtuellen privaten Netzwerken (VPN), die Weiter- gabe der Daten in anonymisierter oder pseudonymisierter Form, die Verwendung einer Transport- oder Inhaltsverschlüsselung vor der Über- tragung. Beim Transport von Datenträgern sind sichere Transportbehäl- ter und zuverlässiges Transportpersonal vorzusehen. Eingabekontrolle Die Kontrolle der Eingabe, Veränderung und Entfernung von personen- Anl. § 9 Nr. 5 BDSG bezogenen Daten wird z. B. erreicht durch das Erstellen individueller Benutzerkennungen zusammen mit der Protokollierung aller Lese-, Schreib- und Löschvorgänge in Logdateien. Auftragskontrolle Die Sicherstellung der Auftragsdatenverarbeitung nach Weisung des Anl. § 9 Nr. 6 BDSG Auftraggebers wird z. B. erreicht durch die Prüfung der Dokumentation der getroffenen Sicherheitsmaßnahmen, die Verpflichtung der Mitarbei- § 11 II BDSG ter des Auftragnehmers auf das Datengeheimnis, die Sicherstellung der Datenvernichtung nach Auftragsbeendigung. Verfügbarkeitskontrolle Daten müssen gegen zufällige Zerstörung oder Verlust geschützt wer- Anl. § 9 Nr. 7 BDSG den, z. B. durch den Einsatz von Klimaanlagen, unterbrechungsfreier Stromversorgung, Feuer- und Rauchmeldeanlagen, die Erstellung eines Datensicherungs- und Wiederherstellungskonzepts sowie eines Notfall- plans, die Aufbewahrung von Sicherungskopien an einem geschützten Ort. Nach Möglichkeit sollte redundante IT-Infrastruktur vorgehalten werden. Datentrennung Die Gewährleistung der getrennten Verarbeitung von zu unterschiedli- Anl. § 9 Nr. 8 BDSG chen Zwecken erhobenen Daten wird z. B. erreicht durch physikalisch getrennte Speicherung auf gesonderten Infrastrukturen oder getrennte Datenverarbeitung in mandantenfähigen Umgebungen mit strenger Rechtevergabe im Datenbankmanagementsystem. 13
7 Kunden und Geschäftspartner Kunden und Geschäftspartner haben einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass die Mitarbeiter der Unternehmen die maßgeblichen datenschutz- §§ 27 ff. BDSG rechtlichen Vorschriften kennen, beachten und anwenden. Diese befinden sich vor allem im dritten Abschnitt des Bundesdatenschutzgesetzes. Umgang mit Kundendaten Der Umgang mit personenbezogenen Daten der Kunden ist grundsätzlich immer dann zulässig, wenn und soweit jedes einzelne Kundendatum zur Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses mit dem Kunden im Rahmen der Erfüllung eigener Geschäftszwecke er- forderlich ist. Weitere Möglichkeiten einer zulässigen Verwendung von § 28 I BDSG Kundendaten ergeben sich aus dem Gesetz. Umgang mit Daten von Geschäftspartnern Die Befugnis des Umgangs mit Kundendaten lässt sich nicht gänzlich auf den Umgang mit Daten der Geschäftspartner übertragen. Aber auch jeder § 28 I BDSG weitere Gebrauch personenbezogener Daten, z. B. der Mitarbeiter der Geschäftspartner, muss von einer datenschutzrechtlichen Vorschrift ge- deckt sein. Firmendaten ohne Personenbezug unterliegen nicht dem Da- tenschutz. Werbung Abhängig davon, ob Bestands- oder Neukunden beworben oder ob per Briefpost oder per E-Mail geworben werden sollen, ist eine Vielzahl von Vorschriften zu beachten. Grundsätzlich darf ein Kunde bzw. potentieller Kunde nicht ohne seine § 28 III BDSG Einwilligung zum Zwecke der Werbung angesprochen werden. Die Einwil- ligung sollte schriftlich erfolgen und beweiskräftig dokumentiert sein. Erfolgt sie elektronisch, sollte eine zusätzliche elektronische Bestätigung zur Feststellung der Identität eingeholt werden. Bei listenmäßig oder sonst zusammengefassten Daten einer Personen- § 28 III 2 BDSG gruppe (Name, Adresse, Titel, akademischer Grad, Anschrift, Geburtsjahr, Berufs-, Branchen- und Geschäftsbezeichnung sowie einem hinzu zu spei- 14
chernden Datum) ist die Nutzung und Weitergabe insbesondere für Brief- § 28 III 6 BDSG werbung auch ohne Einwilligung möglich, solange der Empfänger nicht widerspricht oder der Werbung seine schutzwürdigen Interessen entge- § 28 IV 2 BDSG genstehen. Auf das Widerspruchsrecht ist der Kunde spätestens bei der Ansprache zur Werbung hinzuweisen. Widerspricht der Kunde der Verar- § 28 IV 1 BDSG beitung oder Nutzung seiner Daten für Zwecke der Werbung oder der Markt- oder Meinungsforschung, ist diese unzulässig. Werbung per E-Mail und Telefax wird grundsätzlich als „unzumutbare § 7 II UWG Belästigung“ eingestuft und ist daher nur mit ausdrücklicher Einwilligung erlaubt. Eine Ausnahme besteht im Falle der E-Mail-Werbung, wenn Be- § 7 III UWG standskunden für eigene ähnliche Produkte beworben werden. Sie müssen bei Erhebung und jeder Verwendung der E-Mail-Adresse auf ihr Wider- spruchsrecht hingewiesen werden und dürfen nicht schon widersprochen haben. Werbung per Telefon gegenüber Verbrauchern ist ausschließlich zulässig § 7 II UWG bei vorheriger ausdrücklicher Einwilligung. Telefonate zu Zwecken der Markt- und Meinungsforschung dürfen nicht mit der Frage nach der Ein- willigung in die Telefonwerbung verbunden werden. Kundenrechte Wenn ein Unternehmen personenbezogene Daten über potentielle Kun- den ohne ihre Kenntnis, z. B. im Adresshandel, speichert, ist es in der Regel § 33 I BDSG verpflichtet, den Kunden darüber zu benachrichtigen. Weitere Kunden- § 34 BDSG rechte sind das Recht auf Auskunft und das Recht auf Berichtigung, Lö- § 35 BDSG schung und Sperrung. Bonitätsanfragen Bonitätsanfragen zu (potentiellen) Kunden bzw. Geschäftspartnern an § 28 I BDSG eine Auskunftei müssen für ein konkretes Geschäft erforderlich sein. Ihr Gegenstück, die Weitergabe von Kundendaten über eine nicht erfüllte Forderung an Auskunfteien, ist nur zulässig, soweit die geschuldete Leis- § 28a I BDSG tung trotz Fälligkeit nicht erbracht wurde, die Übermittlung zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich ist und weitere im Gesetz genannte Voraussetzungen erfüllt sind. 15
8 Beschäftigtendatenschutz § 32 BDSG Die grundlegende gesetzliche Regelung zum Umgang mit Beschäftigten- daten findet sich im Bundesdatenschutzgesetz. Betriebsvereinbarungen § 77 BetrVG sind ein wichtiges ergänzendes Instrument zur Ausgestaltung des gesetz- lichen Rahmens der Beschäftigtendatenverarbeitung. Eine Einwilligung des Beschäftigten zum Umgang mit seinen Daten kann in wenigen Fällen zugrunde gelegt werden, wenn sie auf einer freien Entscheidung beruht. § 4a BDSG Die Entscheidungsfreiheit ist wegen der existenziellen Bedeutung des Arbeitsverhältnisses jedoch oft nicht gegeben. Die Einwilligung kann nur dann wirksam sein, wenn dem Mitarbeiter für den Fall der Versagung der Einwilligung keine Nachteile drohen und kein „Druck“ ausgeübt wird. Rechtsgrundlagen der Datenverarbeitung Die Begründung, Durchführung oder Beendigung von Beschäftigungsver- § 32 I BDSG hältnissen erfordert eine begrenzte Datenverwendung. Allgemein erlaubt ist die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Daten von Bewerbern oder Beschäftigten als Grundlage der Personalverwaltung und Personal- wirtschaft. § 28 VI BDSG Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung besonderer Arten personenbe- § 3 IX BDSG zogener Daten, z. B. Gesundheitsdaten, ist nur in engen Grenzen zulässig. Erforderlichkeit der Daten Die Erforderlichkeit ergibt sich aus einer umfassenden Abwägung der legitimen Interessen des Arbeitgebers und der schutzwürdigen Interessen des Arbeitnehmers. Zulässig ist die Datenverwendung für eigene Zwecke § 32 I BDSG des Arbeitgebers zur Erfüllung des konkreten Arbeitsverhältnisses. Der Zweck wird u. a. bestimmt durch den Arbeitsvertrag, Tarifregelungen und gesetzliche Anforderungen. Vom Fragerecht des Unternehmers an einen Bewerber ausgeschlossen sind unspezifische Fragen nach strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Fragen nach Verurteilungen wegen Straßenverkehrsdelikten wären zuläs- sig, wenn ein Kraftfahrer gesucht wird. Fragen nach Vermögensdelikten in Bezug auf einen Einsatz als Kassierer wären ebenfalls zulässig. Daten zum Bewerber oder Beschäftigten dürfen nur bedingt bei Dritten erhoben wer- 16
den. Die Erkundigung bei ehemaligen Arbeitgebern kann unter besonde- ren Voraussetzungen zulässig sein. Recherchen in sozialen Netzwerken sind dagegen zumeist bedenklich. Daten können erhoben, verarbeitet und genutzt werden für Entgeltbe- rechnungen, Leistungsbeurteilungen oder zur Feststellung von Krankheits- tagen, Eingruppierungen, Umsetzungen oder im Rahmen weiterer sozia- ler, personeller, organisatorischer bzw. betrieblicher Maßnahmen. Ein legitimes Anliegen des Arbeitgebers kann unter Umständen eine nach Ankündigung erfolgte stichprobenartige Leistungskontrolle zur Qualitäts- sicherung sein. Nicht vom Verarbeitungszweck erfasst sind in der Regel telefonische Auskünfte zu Personaldaten an Verwandte, Freunde und Bekannte oder die Nutzung der Privatanschrift des Mitarbeiters für Wer- bung. Veröffentlichung von Mitarbeiterdaten Vor der Veröffentlichung von Mitarbeiterdaten im Internet sollte der Be- troffene die Möglichkeit erhalten, persönliche Belange dagegen vorzutra- gen. Denn die Konsequenzen einer weltweiten Veröffentlichung sind für den Einzelnen nicht immer absehbar. Grundsätzlich gilt, dass Daten von Mitarbeitern der Leitungsebene und von Mitarbeitern mit Außenkontak- ten im dafür erforderlichen Maße veröffentlicht werden dürfen. Diese Daten umfassen in der Regel den Namen, die Funktion sowie betriebliche Telefonnummer und E-Mail-Adresse. Persönliche Daten wie z. B. der beruf- liche Werdegang und insbesondere Fotos dürfen dagegen grundsätzlich nur mit Einwilligung des Betroffenen veröffentlicht werden. Bei Fotos gilt § 22 KunstUrhG das Recht am eigenen Bild. Ermittlungen Ermittlungstätigkeiten des Arbeitgebers sind nur begrenzt zulässig. Die § 32 I 2 BDSG Erhebung bzw. Verarbeitung von Beschäftigtendaten ist möglich, wenn der Beschäftigte aufgrund zu dokumentierender tatsächlicher Anhalts- punkte einer Straftat im Beschäftigungsverhältnis verdächtig ist. Das Vor- gehen des Arbeitgebers muss insgesamt verhältnismäßig sein. Dies gilt insbesondere für präventive Kontrollvorhaben, die mit betroffenen Persön- lichkeitsrechten abzuwägen sind. 17
Mitarbeiterüberwachung Eine permanente Überwachung ist grundsätzlich verboten. Eine Videoüberwachung der Mitarbeiter in öffentlich zugänglichen Räu- § 6b BDSG men kann in engen Grenzen zulässig sein. Ebenfalls in sehr engen Grenzen kann eine Beobachtung in nicht öffentlich zugänglichen Räumen möglich § 28 BDSG sein. Unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips (Überwa- § 32 BDSG chungsdruck, Intensität der Beobachtung) sind in Einzelfällen überwie- gende Arbeitgeberinteressen (Sicherheit, Arbeitsorganisation) denkbar, wenn weniger einschneidende Maßnahmen nicht in Betracht kommen. Eine Beobachtung ist kenntlich zu machen. Ob und vor allem inwieweit eine Lokalisierung von externen Mitarbeitern durch Ortung von Handys oder mittels GPS in Fahrzeugen zulässig ist, hängt vom Arbeitsvertrag, den konkreten Arbeitsbedingungen, besonde- ren Anforderungen (Fahrzeiten und Anwesenheitszeiten für Abrechnun- gen, Transportplanung usw.) und hinreichender Einschränkung zum Schutz der Mitarbeiter (keine Erfassung von Privatem, keine Rundumkon- trolle, nur zeitweise Einschaltung usw.) ab. Eine heimliche Ortung ist un- zulässig. Protokolldaten der Internet- und E-Mail-Nutzung sowie der Anmeldung im § 31 BDSG Netzwerk oder der Arbeit im Dokumentenmanagementsystem dürfen nicht zur Verhaltens- oder Leistungsüberwachung der Mitarbeiter ver- wendet werden. Allerdings ist bei tatsächlich vorliegenden Anhaltspunk- ten für einen Verstoß gegen die Nutzungsgrundsätze eine Kontrolle im Einzelfall möglich. 18
9 Videoüberwachung Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit Videotechnik ist nur § 6b BDSG unter bestimmten Bedingungen erlaubt, damit es nicht zu einer Verlet- zung des Persönlichkeitsrechts des Einzelnen durch eine ständige Be- obachtung kommt. Dabei ist es zunächst unerheblich, ob dabei eine Auf- zeichnung erfolgt. Der öffentlich zugängliche Raum Unter öffentlich zugänglichen Räumen sind nicht nur öffentliche Gebäu- de, Plätze und Straßen zu verstehen, sondern auch Teile von Privatgrund- stücken und -gebäuden, die dafür vorgesehen sind, von beliebigen Perso- nen betreten zu werden, wie z. B. Geschäfte, Banken, Tankstellen, Park- häuser, Hotels, Restaurants, Wartezimmer usw. Dabei ist es unerheblich, ob die Person ein Entgelt zum Betreten zu entrichten hat, z. B. als Gast im Kino. Zu beachten ist, dass Wege, die zu einer Klingel oder einem Briefkas- ten führen, in der Regel als öffentlich zugängliche Räume anzusehen sind. Alle anderen Bereiche eines als solchen erkennbaren Privatgrundstücks oder Firmengeländes, insbesondere Räume hinter geschlossenen Türen, wie z. B. Produktionsstätten, sind keine öffentlich zugänglichen Räume. Zweck, Verhältnismäßigkeit, Kennzeichnung Eine Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume ist nur zur Gel- § 6b I Nr. 2 BDSG tendmachung des Hausrechts oder für konkret festgelegte Zwecke zur § 6b I Nr. 3 BDSG Wahrnehmung eines berechtigten Interesses zulässig, z. B. zum Beweis von Sachbeschädigung oder Diebstahl. Das berechtigte Interesse muss dabei belegbar sein, z. B. durch Nachweis wiederholter Schädigungen. Eine § 6b III BDSG Beobachtung ist nur zulässig, wenn keine milderen Mittel das Schutzziel gewährleisten können. Bei der Einrichtung einer Videoüberwachung ist zudem das Interesse des Betroffenen am Schutz der Privatsphäre gegen- über den verfolgten Zwecken des Beobachters abzuwägen. Bei zulässiger Videoüberwachung hat eine geeignete Kennzeichnung, z. B. durch Hin- § 6b II BDSG weisschilder, unter Benennung der verantwortlichen Stelle zu erfolgen. § 6b V BDSG Aufgezeichnete Videosignale sind umgehend zu löschen, wenn sich keine Erkenntnisse aus den Aufzeichnungen für die verfolgten Zwecke ergeben. Die Beobachtung eines höchstpersönlichen Bereiches wie Umkleidekabi- § 201a StGB nen oder Toiletten ist generell untersagt. 19
10 Das Unternehmen im Internet Die Unternehmenswebseite Viele Unternehmen präsentieren sich mit einer eigenen Webseite im In- ternet. Unabhängig davon, ob nur das Unternehmen beworben wird oder direkt Waren oder Dienstleistungen über das Internet angeboten werden, sind verschiedene rechtliche Vorgaben zu beachten. § 5 I TMG Das auch als Anbieterkennzeichnung bezeichnete Impressum dient dazu, den Nutzer der Webseite über den Anbieter der Webseite zu informieren. Dazu sind unter anderem Name und Anschrift des Unternehmens, bei juristischen Personen zusätzlich die Umsatzsteueridentifikationsnummer, die Rechtsform und der Vertretungsberechtigte zu nennen. Auch Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektroni- schen Post, gehören dazu und sind leicht erkennbar, unmittelbar erreich- bar und ständig verfügbar zu halten. § 13 I TMG Immer dann, wenn über den Internetauftritt personenbezogene Daten erhoben werden, ist eine Datenschutzerklärung erforderlich. Diese muss den Nutzer genau darüber informieren, welche personenbezogenen Daten zu welchem Zweck gespeichert oder verwendet werden. Werden Cookies verwendet, die eine spätere Identifizierung ermöglichen, ist der Nutzer ebenfalls zu unterrichten. Der Inhalt der Unterrichtung muss jederzeit abrufbar sein. Personenbezogene Daten dürfen nur dann erhoben und verwendet werden, wenn dies entweder durch Gesetz ausdrücklich er- § 12 I TMG laubt ist oder der Nutzer eingewilligt hat. Vor der Verwendung externer Links, die auf fremde Internetangebote ver- weisen, sollten diese genau auf strafrechtlich relevante Inhalte geprüft und die Prüfung in regelmäßigen Abständen wiederholt werden. Außer- dem sind externe Links entsprechend zu kennzeichnen, damit der Nutzer § 13 V TMG die Weiterleitung zu einem anderen Diensteanbieter erkennen kann. 20
Soziale Netzwerke Soll das Unternehmen in sozialen Netzwerken präsentiert werden, um breitere Kundenkreise zu erreichen, ist jedoch auch hier zu beachten, dass die gesetzlichen Regelungen des Telemediengesetzes und des Bundesda- tenschutzgesetzes eingehalten werden müssen. Das ist insbesondere bei den großen sozialen Netzwerken mit Sitz außerhalb Europas nicht immer möglich. Sogenannte Social Plugins wie der Gefällt-mir-Button von Facebook, der g+1-Button von Google+ oder der Tweet-Button von Twitter sollten nicht direkt in die Unternehmenswebseite eingebunden werden, da hierbei Nutzerdaten auch dann an Facebook, Google und Twitter übermittelt werden, wenn der Nutzer den Button gar nicht anklickt. Deshalb wird empfohlen, eine 2-Klick-Lösung einzusetzen, bei der zunächst deaktivierte Buttons auf der Webseite eingebunden werden, die keinen Kontakt mit den Servern sozialer Netzwerke, wie Facebook und Google+, herstellen. Erst wenn der Nutzer diese aktiviert und damit seine Zustimmung erklärt, werden die Buttons aktiv und stellen die Verbindung her. Eine weitere Möglichkeit ist die Einbindung eigener, individuell gestalteter Buttons, bei denen die Kommunikation mit den sozialen Netzwerken ein auf dem Server des Webseitenbetreibers abgelegtes Skript übernimmt. Erst wenn der Nutzer einen Button betätigt, entsteht eine direkte Verbin- dung und Nutzerdaten werden übertragen. E-Mail und Internet am Arbeitsplatz Es ist auf jeden Fall zu empfehlen, die Nutzung von Internet und E-Mail am Arbeitsplatz intern, z. B. durch eine Betriebsvereinbarung, zu regeln. Dabei sollten die Grundsätze der Nutzung festgelegt werden, vor allem ob die Nutzung nur zu rein betrieblichen oder auch für private Zwecke zulässig ist. Erfahrungsgemäß werden u. a. aus Gründen der Datensicherheit sol- che Nutzungen protokolliert. Bei erlaubter privater Nutzung ist sowohl für die damit verbundene Protokollierung als auch für die Einsichtnahme des § 4a BDSG Arbeitgebers in das E-Mail-Postfach eine schriftliche Einwilligung von den Mitarbeitern einzuholen. 21
A Auswahl datenschutzrelevanter Vorschriften Das Strafgesetzbuch stellt u. a. die Verletzung der Vertraulichkeit und das §§ 201-203 StGB Ausspähen von Daten sowie die Missachtung der Wahrung von Geheim- nissen unter Strafe. Im Bürgerlichen Gesetzbuch wird u. a. die Ausgestaltung allgemeiner Ge- § 305 BGB schäftsbedingungen geregelt. § 35 SGB I Im Sozialgesetzbuch wird u. a. geregelt, dass jedermann einen Anspruch auf Wahrung des Sozialgeheimnisses hat. § 77 BetrVG Das Betriebsverfassungsgesetz benennt die Betriebsvereinbarungen als vertragliche Regelungen zwischen Unternehmen und Betriebsrat mit normativem Charakter. § 7 UWG Im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb wird Werbung per E-Mail und Telefon in der Regel als unzumutbare Belästigung verboten. Das Telemediengesetz regelt u. a. die Einwilligung und das Widerrufsrecht § 13 TMG der Datenerfassung bei der Nutzung von Telemediendiensten. § 88 TKG Das Telekommunikationsgesetz regelt die Wahrung des Fernmeldege- heimnisses bei der Telekommunikation. § 22 KunstUrhG Das Kunsturhebergesetz regelt die Verbreitung und Veröffentlichung von Bildnissen der eigenen Person. Weitere relevante Gesetze, die Regelungen zum Datenschutz enthalten, sind die Abgabenordnung (AO), das Genossenschaftsgesetz (GenG), das Handelsgesetzbuch (HGB), das Personalausweisgesetz (PAuswG), die Sozi- algesetzbücher (insbesondere I und X) sowie das Versicherungsvertrags- gesetz (VVG) u. v. m. 22
B Informationsquellen Internetseiten Der Landesbeauftragte für den Datenschutz Sachsen-Anhalt: http://www.datenschutz.sachsen-anhalt.de Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit: http://www.bfdi.bund.de Virtuelles Datenschutzbüro der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder: http://www.datenschutz.de Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik: https://www.bsi.bund.de Themensammlung der Zeitschrift für Datenschutz: http://rsw.beck.de/CMS/?toc=ZD.120 Arbeitskammer des Saarlandes – Datenschutz im Betrieb: http://www.arbeitskammer.de/publikationen/online- broschueren/datenschutz-im-betrieb-stand-82012.html Broschüren der Bundesbeauftragten für den Daten- schutz und die Informationsfreiheit – BfDI* BfDI-Info 1: Bundesdatenschutzgesetz – Text und Erläuterung, 2014. BfDI-Faltblatt: Datenschutz – meine Rechte, 2014. BfDI-Info 4: Die Datenschutzbeauftragten in Behörde und Betrieb, 2011. BfDI-Info 5: Datenschutz und Telekommunikation, 2013. BfDI: Adresshandel und unerwünschte Werbung. BfDI-Faltblatt: Surfen Am Arbeitsplatz – Datenschutz-Wegweiser, 2013. * auch online verfügbar Orientierungshilfe der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder zur Videoüberwachung http://lsaurl.de/videooh Internet am Arbeitsplatz: http://lsaurl.de/internetoh 23
Eigene Notizen 24
Die Beiträge dieser Broschüre sind sorgfältig recherchiert und entsprechen dem aktuellen Stand. Abweichungen durch seit Drucklegung geänderte Gesetze sind nicht auszuschließen. Impressum Herausgeber: Der Landesbeauftragte für den Datenschutz Sachsen-Anhalt Leiterstr. 9, 39104 Magdeburg PF 1947, 39009 Magdeburg Tel. (0391) 81803-0 Fax (0391) 81803-33 www.datenschutz.sachsen-anhalt.de poststelle@lfd.sachsen-anhalt.de Druck: Der Landtag von Sachsen-Anhalt PDF-Version: http://lsaurl.de/chefsache
Diese Handreichung ist eine Orientierungs- hilfe für Unternehmen bei der Umsetzung von Datenschutz und Datensicherheit sowie ein Leitfaden zur Selbstüberprüfung. www.datenschutz.sachsen-anhalt.de poststelle@lfd.sachsen-anhalt.de
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