DER KUNDE GEWINNT Wie digitale Tools den Einkauf erleichtern - EINBLICKE - Metro AG
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Ausgabe 02 – September 2018 METRO HANDELSBRIEF EINBLICKE DER KUNDE Den Plastic-Footprint verkleinern GEWINNT INTERVIEW Gemeinsam für Artenvielfalt Wie digitale Tools den Einkauf erleichtern DAS GUTE ESSEN Mit Arne Anker
EINBLICKE DEN PLASTIC-FOOTPRINT VERKLEINERN Im Handel wird Plastik nicht nur bei der Einkaufstüte reduziert. Die Zahlen sind alarmierend: Jährlich „Reduce, Recycle, Renew“ landen bis zu 13 Millionen Tonnen Plas- tikmüll in den Weltmeeren. Setzt sich Das beginnt bei der Produktverpa- WENIGER PLASTIK dieser Trend fort, werden im Jahr 2050 ckung: Bis Ende 2018 überprüfen 11 IN DER LIEFERKETTE mehr Plastikabfälle als Fische in den METRO Länder mehr als 10.000 Eigen- Weltmeeren schwimmen. markenprodukte auf Optimierungs- und Einsparpotenziale nach dem 3R-Prinzip VON DER „Take, Make, Waste“ („Reduce, Renew, Recycle“). Umwelt- VERPACKUNG … freundlichere Kunststoffe sollen PVC, Die Aufgabe ist klar: Der Einsatz von PVDC und EPS ersetzen, hochwertige, •U mweltfreundlichere Kunststoffe Plastik muss reduziert, die Attitüde des recycelbare Materialien und kompos- • Recycelbare Materialien „Take, Make, Waste“ (Rohstoffe nehmen, tierbare Verpackungen genutzt werden. • Kompostierbare Verpackungen Produkte erschaffen, nutzen und Seit 2014 konnten über 400 Tonnen wegschmeißen) dringend überdacht Verpackungsmaterial eingespart wer- werden. Der Handel weiß um seine den. Und bereits heute sind bei Verantwortung und setzt entlang der METRO Deutschland 100 % der Tetra- gesamten Lieferkette auf Reduktion. pak- und SIG-Getränkeverpackungen im ... ÜBER DEN Verkauf FSC-zertifiziert (Forest TRANSPORT ... Es geht um mehr als die Plastiktüte Stewardship Council®). •M ehrfach verwendbare Folien Die Einkaufstüte ist wohl das bekann- Plastikreduktion im Markt ... und Transportsäcke teste Beispiel zur Plastikmüllbekämp- fung. 2017 hat METRO Deutschland Im Markt selbst wird klar, dass Plastik auch an anderen Stellen eine große Rolle spielt. Zur effizienten Distribution durch Logistiker müssen Paletten ... BIS IN Ziel der EU-Plastikstrategie: optimal gesichert werden – dies DEN MARKT. Ab 2030 sollen alle Kunststoff- geschieht meist mithilfe eines Folien- verpackungen auf dem EU- verbunds, der im Markt aufgeschnitten •M ehrwegtaschen und entsorgt wird. METRO Österreich • Mehrwegnetze Markt recyclingfähig sein. und METRO Ungarn testen zurzeit • Neue Konzepte für verpackungs- Alternativen wie mehrfach verwend freies Einkaufen bare Folien und Transportsäcke, die die Einwegtüten an den Kassen durch Paletten wie eine große Einkaufstüte nachhaltige Mehrweg-Tragetaschen aus ummanteln. Ein Blick in das Obst- und recycelten Plastikflaschen ersetzt. Gemüsesortiment der Markthalle Kre- Plastikmüll nur gemeinschaftlich zu feld zeigt weitere Reduktionsmöglich- lösen sind. METRO steht im Dialog mit Auch Real verzichtet seit 2017 komplett keiten: Als Alternative zu den Plastik- der Verpackungsindustrie, Gesetzge- auf Plastiktüten. So werden 49 Millionen Knotenbeuteln bietet der Hypermarkt bern, Entsorgern und Nichtregierungs- Plastiktragetaschen jährlich eingespart Mehrwegnetze an. Zudem werden organisationen, um neue Lösungswege – das entspricht 940 Tonnen Kunststoff. zurzeit neue Konzepte für verpackungs- zu finden. Auch die Mitarbeiter spielen freies Einkaufen getestet. hierbei eine entscheidende Rolle. Am Auch jenseits der Kassen arbeitet Weltmeerestag 2018 hat METRO eine METRO an der Reduktion von Kunst- ... und darüber hinaus interne Aufmerksamkeitskampagne stoff und Verpackungsmüll: Vom gestartet und informiert ihre Mit- Produktdesign der Eigenmarken über Alle Akteure der Lieferkette sind sich arbeiter seitdem unter dem Hashtag den Warentransport bis zur Obst- und bewusst, dass komplexe Herausfor #METROPlasticFighters über Möglich- Gemüsetheke – es wird alles optimiert. derungen wie die Eindämmung von keiten zur Reduktion von Kunststoff. 2
SCHWERPUNKT WIE DIGITALE INNOVATIONEN DEN EINKAUF VERÄNDERN Effizienter, personalisierter, übersichtlicher – digitale Technologien verändern zunehmend das Einkaufserlebnis im Handel. Und das nicht nur online, sondern auch im stationären Geschäft – vom Einkaufszettel bis zur Kasse. „Digitalisierung des Handels“ – wer das hört, denkt vor allem an Online-Shop- ping. Doch auch im stationären Handel profitieren die Kunden von digitalen Lösungen. Und das beginnt schon vor dem Betreten des Marktes: Wenn Ho- teliers, Restaurantbesitzer oder Caterer (kurz HoReCa) einkaufen, dann ist die Liste für gewöhnlich umfassender als bei einem privaten Wochenendeinkauf. Um ihnen die Planung von Menüs und den Einkauf zu erleichtern, hat METRO den Online-Shop „M|SHOP“ entwickelt. Dort können Gastronomen künftig direkt aus ihrem Restaurant heraus auf das METRO Sortiment zugreifen und ihre Einkaufslisten portionsgenau erstellen. Ein klarer Mehrwert und eine wertvolle Zeitersparnis für die METRO Profikunden. Virtual Reality für die Entstehung eines neuen Marktformats METRONOM, das Softwareunternehmen Alles im Blick: Bei dem Pilotprojekt „Instore Navigation“ kartographiert eine 360°-Kamera den der METRO, geht mit digitalen Lösungen METRO Markt, um Kunden die Orientierung im Markt zu erleichtern. wie Virtual Reality, Künstlicher Intel- ligenz und Blockchain-Technologie Planung des Marktes aufgenommen.“ METRO Sortiment von mehreren neue Wege, um das Einkaufserlebnis So wurde beispielsweise der Eingangs- zehntausend Produkten eine Herausfor- der METRO Kunden zu optimieren. So bereich, den Kundenwünschen entspre- derung für Kunden sein. Wenn ein Markt konnten Kunden bei der Entwicklung chend, ähnlich einer Lounge gestaltet, zudem noch modernisiert wurde, des neuen Marktkonzeptes „Compact die zum Austausch bei einem Kaffee verlieren sie auch mal den Überblick. Store“ in Frankreich den Markt mithilfe einlädt. „Wir haben gelernt, dass der Das war im METRO Großmarkt von Virtual Reality noch vor dem ersten persönliche Kontakt im Markt nicht Nürnberg-Buch der Fall: „Nach dem Spatenstich mitgestalten. Isabel Rudolf- wegzudenken ist, und haben das im Umbau ist den Kunden die Orientierung Staubach, die die Entstehung des neuen Design des Marktes berücksichtigt“, nicht immer leichtgefallen“, erinnert Konzepts als Head of Innovation & erklärt Isabel Rudolf-Staubach. sich Geschäftsleiter Thomas Peinert. Customer Experience begleitet hat, er- klärt, wie das funktionierte: „Wir haben Das Navigationssystem für den Deshalb regte das METRO Team in den Markt mit seiner neuen Architektur, Großmarkt Nürnberg-Buch an, die Kundenorien- sämtlichen Produkten und digitalen tierung und das Erlebnis im Markt zu Angeboten in Virtual Reality gebaut. Mit Dank des M|SHOP wissen Kunden verbessern. Die Innovationsexperten unseren Kunden vor Ort sind wir in diese künftig, welche Produkte auf dem um Isabel Rudolf-Staubach schlugen virtuelle Welt eingetaucht und haben ihre Einkaufszettel stehen. Doch wo sie daraufhin ein Navigationssystem für Verbesserungsvorschläge direkt in die im Markt zu finden sind, kann beim den Großmarkt vor. 3
SCHWERPUNKT Im nächsten Schritt startete im METRO Die „Leichtgewichte“, die dann doch keine Sackgasse mehr. Die Daten kön- Großmarkt Nürnberg-Buch das Test im Einkaufswagen Platz finden, können nen sicher und schnell ausgewertet und projekt „Instore Navigation“. „Dabei sind schon beim Einpacken mit einem mobi- zur Analyse genutzt werden“, erklärt Roboter mit einer 360°-Kamera durch len Scanner registriert werden. So kann Daniel Köhnen, Domain Owner bei die Regalreihen gefahren, um die der Kunde an der Kasse Zeit sparen und METRONOM. An die Stelle herkömm- Warenstandorte zu kartographieren“, einfach die Selbstbedienungskasse oder licher Archivspeicher soll künftig ein berichtet Thomas Peinert. Aktuell werden die letzten technischen Checks durchgeführt. Wenn diese erfolgreich Künstliche Intelligenz wird sämtliche Bereiche bei METRO abgeschlossen sind, können sich die beeinflussen, ob im Markt, online mit Chatbots oder bei Kunden bald per App durch den Markt der Lieferung an den Gastronomen. zum gewünschten Produkt navigieren lassen. Dabei können sie entscheiden, Timo Salzsieder was bei ihrer Route durch den Markt im Vordergrund steht: die Einkaufsliste besonders schnell abzuarbeiten, eine den Bezahlautomaten benutzen. Auch Cloud-Speicher treten, der unter Einsatz möglichst preisgünstige Produktaus- eine mobile Bezahlung per Handy ist der Blockchain-Technologie Manipula wahl oder eine besonders große Inspira- möglich. Durch den schnelleren Ein- tionen verhindert. tion durch Produktneuheiten. Natürlich kaufs- und Bezahlprozess bleibt dem können sie sich bei Bedarf in der App Gastronomen mehr Zeit für das persön- Datenschutz first auch individuelle Produktinformationen liche Gespräch mit dem Kundenberater anzeigen lassen. – und für seine Gäste im Restaurant. „Digital first, Bedenken second“ ist keine Option beim vertrauensvollen Umgang Zeit sparen durch Innovation Intelligente Zweitverwertung mit mit Kundendaten. So wurde bei der Blockchain METRO im Zuge der Datenschutz- Die Einkaufsliste abarbeiten heißt auch, grundverordnung (DSGVO) ein kon- dass sich der Wagen auf dem Weg Aber auch an den klassischen Kassen zernweites Projekt aufgesetzt, um die durch den Markt immer weiter füllt. werden digitale Fortschritte gemacht. neuen Regelungen zum sicheren Um- Im französischen „Compact Store“ METRO kooperiert dafür mit dem gang mit Daten in allen Konzerngesell- kann der Kunde seine zu Hause bereits jungen Hamburger IT-Unternehmen schaften umzusetzen und das Bewusst- vorbereitete digitale Einkaufsliste mit Deepshore und setzt neueste Techno- sein für Datenschutz intern zu stärken. einem mobilen Scanner schnell ab logien für Kassendaten ein. In Zeiten arbeiten. Der Clou: Besonders schwere von Cloud-basierten Big Data werden Auch für METRO Kunden aus der oder sperrige Produkte lassen sich vor- beispielsweise Rechnungen so effizient HoReCa-Branche war die DSGVO eine ab an einem separaten Terminal bestel- archiviert, dass sie auch für hochperfor- immense Herausforderung: Vor dem len und später abholen oder direkt nach mante Auswertungen genutzt werden Inkrafttreten der Verordnung mussten Hause liefern. können. „So ist das Archiv zukünftig eine Vielzahl von Zugriffsrechten, DATEN: EINE UNVERZICHTBARE RESSOURCE Ergebnisse einer Bitkom-Umfrage: Wie nutzen Unternehmen personenbezogene Daten? 46% 40% 80% 62% als Grundlage des zur Verbesserung von Pro- für die Bestands- zur Akquise Geschäftsmodells dukten und Dienstleistungen kundenpflege neuer Kunden Weitere Ergebnisse der Umfrage finden Sie hier: http://bit.ly/2u00GKW 4
SCHWERPUNKT METRO INTERNATIONAL: BULGARIEN Wenn es um Tomaten geht, trifft man in Bulgarien auf eine Beson- derheit: die rosa Tomate, eine alte bulgarische Züchtung aus heimi- schem Anbau. Das Nachtschatten- gewächs ist besonders wichtig für die Küche des Balkanlands, denn neben Gurken und Sirene-Schafs- käse ist sie wichtiger Bestandteil des traditionellen bulgarischen Shopska-Salates. Man kann die rosa Tomate auf regionalen Wo- Zeit sparen mit METRO Scan: In den neuen „Compact Stores“ in Frankreich können die Kunden chenmärkten finden, im familien- mit Scannern den Einkaufsprozess beschleunigen. eigenen Garten pflücken oder – seit 2017 – in METRO Märkten Einwilligungen und Löschkonzepten Chatbots oder bei der Lieferung an den kaufen. erstellt werden. Auf der konzerneigenen Gastronomen.“ Internetseite „Digitales Hauptstadtbüro“ Auch über die rosa Tomate hin- unterstützte METRO ihre Partner mit Digitalpolitik braucht Weitblick aus bieten 11 Märkte von METRO Hinweisen und Ratschlägen zum Thema. Bulgarien 150 Obst- und Gemüse In Zukunft wird dieser Austausch von Schon vor dem Bau eines Marktes kön- produkte direkt aus der Region Know-how immer wichtiger werden. nen Kunden mithilfe von Virtual Reality des südosteuropäischen Landes. mitgestalten; dank „Instore Navigation“ Dabei arbeitet der Großhändler mit Wie dürfen Daten genutzt werden? und M|SHOP können sie ihren Einkauf über 200 kleinen lokalen Landwir- besser organisieren und mithilfe von di- ten in der Initiative „Nurtured with Der richtige Umgang mit Daten braucht gitalen Kassensystemen Zeit sparen. Die Care in Bulgaria“ zusammen. Die einen rechtlichen Rahmen. Es darf Zukunft ist also effizienter dank digitaler Landwirte können ihre Ware direkt aber nicht überreguliert werden – denn Innovationen. Auch Verwaltungs- vom Feld an METRO und somit an Daten sind für digitale Innovationen un- aufgaben im Nachgang des Einkaufs HoReCa-Kunden verkaufen und verzichtbar. Mit ihnen werden Prozesse werden durch Blockchain und KI er- versorgen so Hotels, Restaurants optimiert oder kundenspezifische An- leichtert. Der Handel digitalisiert sich und Caterer mit lokalen Produkten, gebote ermöglicht. Die Zahlen sprechen vom Einkaufszettel bis zur Kasse und ohne den Umweg über Zwischen- für sich: In einer Studie des Digitalver- darüber hinaus. händler gehen zu müssen. METRO bands Bitkom (Mai 2018) gab fast jedes ist in Bulgarien damit nicht nur 2. Unternehmen (46 %) an, dass per- Umso wichtiger ist es, dass Digitalthe- Brückenbauer zwischen Produzen- sonenbezogene Daten die Grundlage men sowohl in Deutschland als auch in ten und HoReCa-Kunden, sondern seines Geschäftsmodells sind. der EU ganz oben auf der politischen garantiert auch faire Preise für die Agenda stehen: Der digitale Binnen- Bauern. Ohne Daten gäbe es auch keine Künst- markt muss vorangebracht werden. In liche Intelligenz (KI). Denn KI wird mit Deutschland können die Einrichtung Um die Produkte in den METRO Daten gefüttert, um von Algorithmen des Kabinettsausschusses für Digitali- Märkten anbieten zu können, berechnete Entscheidungen stetig zu sierung oder der Enquete-Kommission werden die Landwirte und Unter- verbessern. Bei METRO wird KI bereits „Künstliche Intelligenz – Gesellschaftli- nehmer bei der Einhaltung von zum Vorteil von Gastronomen ein- che Verantwortung und wirtschaftliche Qualitäts- und Sicherheitsstan- gesetzt – sie erhalten beispielsweise Potenziale“ dabei nur wesentliche erste dards von METRO partnerschaft- individualisierte Angebote. METRO Schritte sein. lich beraten und unterstützt. So selbst optimiert mit KI die Sortiments- können viele der Landwirte ihr verwaltung und Prozesse entlang der Aber wie auch immer Digitalisierung Obst und Gemüse auch expor- globalen Lieferkette. Timo Salzsieder, in den nächsten Schritten politisch tieren. Damit werden regionale CEO des METRO Softwareunterneh- gestaltet wird: Innovationen brauchen Produkte gefördert und regionale mens METRONOM, erklärt, was uns in Freiraum und erfordern eine Digital- Partner gestärkt – und die rosa Zukunft erwartet: „Künstliche Intelligenz politik mit Weitblick, damit nicht kaputt Tomate aus Bulgarien kann den wird sämtliche Bereiche bei METRO reguliert wird, was noch gar nicht Globus erobern. beeinflussen, ob im Markt, online mit erfunden ist. 5
INTERVIEW GEMEINSAM FÜR ARTENVIELFALT Mit Marion Hammerl und Dr. Peter Rosenkranz sprachen wir über das Bienensterben, die schwindende Artenvielfalt – und den Beitrag von Politik, Handel und Lebensmittel unternehmen zur Biodiversität. „Jeder Insektenforscher „Bestehende Lebensmittel sieht täglich, dass die Lage standards sollten um wirksame dramatisch ist: Den Insekten Biodiversitätskriterien ergänzt in Deutschland geht es immer werden.“ schlechter.“ Marion Hammerl ist Geschäftsführerin und Programmleiterin Dr. Peter Rosenkranz ist Leiter der Landesanstalt für Bienen- der Bodensee-Stiftung. kunde an der Universität Hohenheim. Aufschrei in den Medien: Die Gesamtzahl und Artenvielfalt tensterben zu erhöhen – und für die biologische Vielfalt. der Insekten nimmt ab. Schwarzmalerei oder berechtigter Grund zur Sorge? Rosenkranz: Genau, Naturschutz braucht Emotionen und das Verschwinden der Biene berührt. Es bringt nichts, wenn sich Hammerl: Ein absolut berechtigter Grund zur Sorge. Studien nur Naturschützer und Forscher wegen des Insektensterbens zeigen, dass die Biomasse an Insekten seit 1989 um 75 % sorgen. zurückgegangen ist – in geschützten Gebieten. Da kann man sich denken, wie die Situation in nicht geschützten Gebieten Auch die Debatte um die Ursachen des Insektensterbens ist. wird teilweise emotional geführt: Landwirte gelten oft als Hauptverursacher. Berechtigt? Rosenkranz: Studien braucht es gar nicht zum Verständnis. Es ist irrelevant, ob der Rückgang bei 75 oder 50% liegt. Hammerl: Es gibt viele Gründe, zum Beispiel die fortschrei- Jeder Insektenforscher sieht täglich, dass die Lage drama- tende Urbanisierung oder den Klimawandel. Doch die inten- tisch ist. Den Insekten in Deutschland geht sive Landwirtschaft sehe ich als Hauptver- es immer schlechter. ursacher. Sie ist der größte Landnutzer bei fortschreitender Intensivierung. Es bringt nichts, wenn sich Insbesondere der Biene wird eine düstere nur Naturschützer und Zukunft prognostiziert, das Bienensterben Rosenkranz: Ja, die landwirtschaftliche erhält hohe Aufmerksamkeit. Forscher wegen des Fläche in Deutschland ist groß. Aber die Bienensterbens sorgen. Agrarwirtschaft darf nicht zum Sünden- Rosenkranz: Der Begriff des Bienenster- Dr. Peter Rosenkranz bock gemacht werden. Auch außerhalb bens ist irreführend, denn viele denken der Landwirtschaft, etwa durch den dabei an die Honigbiene. Diese wird aber Wohnungsbau, verschwinden Flächen – durch den Imker geschützt, wildlebende Honigbienenvölker und mit ihnen Biodiversität. gibt es kaum noch. Die Anzahl der Honigbienen ist unter anderem vom Imker und vom Honigpreis abhängig, weniger Demnach sind Pestizid-Verbote nicht ausreichend? Zuletzt von der Umwelt. Allerdings beobachten wir das Aussterben wurden von der EU 3 Neonikotinoide verboten. einer anderen Bienenart – der Wildbienen. Rosenkranz: Zunächst einmal ist die Entscheidung der EU Hammerl: Doch das Bild der bedrohten Honigbiene hat ge- richtig, weil diese Insektizide bienengiftig sind. Allerdings holfen, die Aufmerksamkeit der Verbraucher für das Insek- wird sich die Biodiversität dadurch nicht erholen. Es wäre 6
INTERVIEW kurzsichtig, das als großen Erfolg für die Artenvielfalt zu feiern. Standard oder regionale Qualitätszeichen ihre Anforderungen um effektive Biodiversitätskriterien ergänzen. Auch die Be- Hammerl: Deshalb fordern wir als Naturschützer eine schaffungsrichtlinien der Unternehmen sollten um wirksame Agrarwende in Deutschland und in Europa. Neben weniger Kriterien erweitert werden. Pestizideinsatz brauchen wir mehr Strukturvielfalt auf den Äckern, mehr natürliche und naturnahe Lebensräume sowie Rosenkranz: Mit den ergänzten Standards könnte der Ver- eine Reduktion der Nährstoffeinträge im Boden. Das gelingt braucher erkennen, ob ein Produkt mit Rücksicht auf Arten- beim Biolandbau und bei der Permakultur besonders gut. vielfalt hergestellt wurde oder nicht. Vom Acker zum Supermarktregal: Können Handel und Hammerl: Wobei Biodiversitätskriterien zweierlei berück- Lebensmittelindustrie zur Biodiversität beitragen? sichtigen sollten. Erstens: Wird bei der Produktion biologi- sche Vielfalt gefördert? Werden Hammerl: Aber ja! Sie haben eine Habitate angelegt, stammen die Hebelwirkung. Handel und Lebens- Das „Aktionsprogramm Insektenschutz“ Produkte von strukturreichen mittelindustrie sind die Hauptab- muss sehr ambitioniert sein und auch Ackerflächen? Zweitens: Werden nehmer der Landwirte, können unbequeme Maßnahmen enthalten. negative Auswirkungen der Vorgaben für mehr Biodiversität Marion Hammerl Produktion vermindert? Zum machen und den Konsumenten Beispiel weniger Einsatz von sensibilisieren. An den Kosten soll- Düngemitteln und Pestiziden ten sich alle Akteure der Lebensmittelkette beteiligen. sowie Schutz der Bodenbiodiversität. Rosenkranz: Auf jeden Fall können die beiden Branchen zum Gelingt der Bundesregierung mit dem Eckpunktepapier für Erhalt der Artenvielfalt beitragen. Das geschieht teilweise ein „Aktionsprogramm Insektenschutz“ die Trendwende? schon beim Produktangebot, etwa bei der Heumilch. Hier stehen die Kühe auf artenreichem Grünland, also Wiesen mit Hammerl: Das Papier ist im Grundsatz gut, das Aktionspro- zahlreichen Kräutern und Pflanzen. Solche Produkte kosten gramm muss allerdings sehr ambitioniert sein und auch unbe- etwas mehr, aber Lebensmittel haben schließlich auch einen queme Maßnahmen enthalten. Unter anderem fordern wir die Wert. Reduzierung von Pestiziden und eine Reform für deren Zulassungskriterien. Kann ein neues Produktlabel für Biodiversität dem Konsumenten Orientierung geben? Rosenkranz: Ich halte es für gewagt, von einer Trendwende zu sprechen. Das sind eher kosmetische Eingriffe. Doch jeder Hammerl: Das glaube ich nicht. In Deutschland gibt es über positive Ansatz sollte unterstützt werden. Wir müssen in 100 Lebensmittelstandards, da braucht es kein weiteres vielen Bereichen umdenken, von der Landwirtschaft bis zu Label. Stattdessen sollten bestehende Standards wie der QS- uns Verbrauchern. WÖRTERBUCH würfels (Rubik’s Cube) taucht immer klare Handschrift des Chefkochs. wieder in sozialen Netzwerken auf Es ist das kreative Paradegericht, und ist inzwischen untrennbar mit in dem die kulinarische Philosophie Was bedeutet eigentlich … seinem Namen verbunden. Grolet hat des Koches voll zur Geltung kommt. zahlreiche Preise für seine Kreationen Nicht umsonst ist in der Bezeichnung Signature Dish gewonnen und begeistert über 1 Mil „Signature Dish“ das englische Wort lion Follower auf Instagram. für Unterschrift enthalten. Wer das Wort „Signature Dish“ hört, Sein Signature Dish ist zum denkt an exklusive Sternerestaurants, substantiellen Bestandteil Bei einem Signature Dish ist ausgefallene Molekularküche und seiner Erfolgsgeschichte also die gesamte Begabung und ungewöhnliche Geschmackskombi geworden. Kreativität eines Koches gefragt. nationen, kurz: an moderne Trend Daher finden sich diese kulina- gastronomie. Doch das Signature Grolets Geschichte zeigt: Signature rischen Besonderheiten vor allem auf Dish – auch Paradegericht eines Dishes können für Gastronomen ein den Speisekarten und Menütafeln ge- Gastronomen genannt – hat schon wirkungsvolles Marketing-Instrument hobener Restaurants. Die Vorteile lie- längst die Experimentalküchen dieser sein. Dafür muss das Gericht aber gen auf der Hand: Das Signature Dish Welt verlassen. So zauberte Cédric über das hinausgehen, was man als kann zum Alleinstellungsmerkmal und Grolet, der Chef-Patissier des Pari- Spezialität des Hauses kennt. Für ein Aushängeschild eines Restaurants ser Traditionshotels Le Meurice, vor Signature Dish muss ein Koch mehr werden oder, wie im Falle von Cédric 6 Jahren seinen „Rubik’s Cake“. Das beherrschen als eine gute Zube Grolet, die Initialzündung für eine Dessert in der Optik eines Zauber- reitung. Ein Signature Dish trägt die steile Karriere als Spitzenkoch sein. 7
DAS GUTE ESSEN MIT ARNE ANKER Küchenchef des Restaurants Pauly Saal Während eines 5-Fragen-Menüs sprachen wir mit dem Küchenchef des Sternerestaurants Pauly Saal über Regionalität, die Foodie-Stadt Berlin und den digitalen Wandel der Gastronomie. Herr Anker, wir starten das 5-Fragen- liebe es auch, Gewürze aus der ganzen Wir versuchen immer, unsere Arbeits- Menü mit Ihrer Heimat Schleswig- Welt zu verarbeiten. schritte zu optimieren. Es ist uns wich- Holstein: Haben Sie eine kulinarische tig, dass wir unsere Zeit nicht damit ver- Besonderheit nach Berlin mitge- Apropos Trend: Berlin ist die Foodie- bringen, Listen zu schreiben, sondern bracht? Stadt schlechthin, die Gastronomie- stetig daran zu arbeiten, die Gerichte szene riesig und abwechslungsreich. noch runder zu bekommen. Die Liebe zu besonderen Lebens- Herausfordernde Konkurrenz oder mitteln und die Zusammenarbeit mit kreativer Standort? Zum Dessert etwas Politik: Lebens- den lokalen Bauern. mittelampel, veränderte Rezepturen, Ganz klar „kreativer Standort“ – die Viel- staatliches Tierwohllabel – wie Ein Trend in der Küche ist die Rück- falt macht Berlin einzigartig. Woche für politisch sollte Ernährung sein? kehr zu heimischen Produkten. Welche Woche kommen neue spannende Kon- Rolle nehmen Regionalität und zepte hinzu. Das schafft viele gegen Politisches spielt in der Gastronomie Saisonalität bei Ihnen ein? seitige Inspirationsmöglichkeiten. eine große Rolle, beispielsweise die Regelung von Arbeitszeiten, der nach- Für mich spielt Regionalität eine große Der digitale Wandel verändert auch haltige Anbau von Gemüsesorten oder Rolle. Es gibt für einen Koch nichts die Gastronomie. Welchen Mehrwert verantwortungsbewusste Rinderzucht. Schöneres, als direkt mit den Produ- haben digitale Gastro-Tools aus Ihrer Ein gutes Essen mit guten Lebensmitteln zenten zusammenzuarbeiten. Aber ich Sicht für Kunden und Gastronomen? kann man nicht zu Billigpreisen anbieten. LECKER SOLL ES SEIN Eigentlich wollte Arne Anker Bäcker landen sowie „The Jane“ in Belgien. werden – aber die Arbeitszeiten Ankers Kochkunst mag komplex sein, behagten ihm nicht. So wurde er sein Anspruch ans Kochen dagegen Spitzenkoch und ist seit 2015 Küchen- ist bodenständig: Lecker soll es sein. chef des Pauly Saal in Berlin-Mitte. Gelernt hat der 32-Jährige seine Das gilt auch für sein Signature Dish Kunst unter anderem in den Sterne- „Anker als Gelee“: Sauerkraut mit restaurants „Oud Sluis“ in den Nieder- Spitzkohl und Sambal. Zentrale Düsseldorf Konzernbüro Berlin Konzernbüro Brüssel / EU Schlüterstraße 1, 40235 Düsseldorf Charlottenstraße 46, 10117 Berlin 85 Avenue des Nerviens, 1040 Brüssel T +49 211 6886-1442 T +49 30 2088943-0 T +32 2 737-1160 F +49 211 6886 490-1442 F +49 30 2088943-43 F +32 2 230-8497 E politik@metro.de E berlin@metro.de E brussels@metro.de www.metroag.de politik.metroag.de politics.metroag.eu @METRO_News @DasGuteessen @METRO_EU Herausgeber: METRO AG Politik und Außenbeziehungen Schlüterstraße 1, 40235 Düsseldorf Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir bei Bildnachweis: S. 1 Adobe Stock: wavebreak3, S. 3 42dp Verantwortlich: Ivonne Julitta Bollow der Verwendung von Begriffen auf geschlechtsspezifische Labs GmbH, S. 5 METRO AG, S. 6 Marion Hammerl: Redaktionsschluss: 13.8.2018 Doppelnennungen und nutzen die männliche Schreibweise. Bodensee-Stiftung, Peter Rosenkranz, S. 8 Pauly Saal
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