Der Weg - Schwerpunkt: Vernetzte Kommunikation - SBV-FSA

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Der Weg - Schwerpunkt: Vernetzte Kommunikation - SBV-FSA
der Weg
                Mitgliedermagazin der nationalen Selbsthilfeorganisation
                blinder und sehbehinderter Menschen

                März 2019 • Nr. 1

Schwerpunkt:
Winterfreuden

Schwerpunkt:
Vernetzte
Kommunikation

                                             Mit Leser-
                                            wettbewerb
Der Weg - Schwerpunkt: Vernetzte Kommunikation - SBV-FSA
Inhaltsverzeichnis

Editorial                                  3    Braille bleibt unerlässlich!               14
                                                Nutzen und Tücken der sozialen
Forum                                  4        Netzwerke – eine Auslegeordnung            16
Ärgernis neuer SBB-Doppelstockzug      4        Software "Fusion": Behutsam vom
ICC 2019 im britischen Hereford        4        Visuellen zum Auditiven                    19
Neues Leitbild "Leben mit Behinderung"
des Kantons Solothurn                  5        Verbandsleben                            20
                                                Standpunkt: Arno Tschudi                 20
Menschen                                 6      Sektionenratspräsident Gabriel Friche
Karin Huber Hurni: Trotz fortschreitender       im Interview                             21
Netzhautdegeneration als Juristin               IV-Assistenzbeitrag: Pfeiler tragfähiger
beruflich aktiv bleiben                  6      Autonomie                                22
                                                Veranstaltungen                          24
Schwerpunkt                               10
Mitgliedermagazin: Nahe am Alltag               SBV-Intern                                 28
der Verbandsmitglieder                    10    Neue Strategie 2019–2022                   28
Informiert sein mit VoiceNet und der            Delegiertenversammlung 2019                30
E-Kiosk-App                               12    Leserwettbewerb                            30

Impressum
Mitgliederzeitschrift des Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverbands SBV
im 106. Jahrgang. Sie erscheint viermal im Jahr in Grossdruck, in Braille, als Daisy-CD,
im Elektronischen Kiosk und im Web sowie auf Bestellung per E-Mail (ohne Fotos) und
auf VoiceNet (031 390 88 88, Rubrik 2 5 1) in Deutsch und Französisch ("Clin d'œil").

Herausgeber:        Schweizerischer Blinden- und Sehbehindertenverband SBV,
                    Könizstrasse 23, Postfach, 3001 Bern, www.sbv-fsa.ch
Redaktion:          SBV, 3001 Bern, 031 390 88 00, redaktion@sbv-fsa.ch,
                    Roland Erne (rer), Alfred Rikli (ar), Hervé Richoz (hr)
Übersetzungen:      USG Ittigen, Jolanda Schönenberger
Foto Titelbild:	Hilfreiche Unterstützung: Low-Vision-Experte Christoph Galli
                 empfiehlt seiner Klientin Karin Huber Hurni in der SBV-Beratungs-
                 stelle Zürich ein testweise erprobtes Kleinlesegerät für die Zeitungs-
                 lektüre. Foto: Sibylle Meier
ISSN-Nummern:       1422-0490 (Print), 2296-2018 (Braille), 2296-2026 (Audio)
Layout und Druck: Ediprim AG, Biel/Bienne
Braille:            Hanni und Hans Ueli Wüthrich, Anton Niffenegger
Audio:              Markus Amrein, Bern
Abonnement:         In SBV-Mitgliedschaft inbegriffen. Für Nichtmitglieder: CHF 28.– (Inland),
                    CHF 34.–. Der Abonnementsbetrag wird von Ihrer Spende abgezogen.
Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe: Freitag, 3. Mai 2019

                                            Druck auf umweltfreundliches
2                                           FSC-Papier
Der Weg - Schwerpunkt: Vernetzte Kommunikation - SBV-FSA
Editorial

Liebe Leserinnen und Leser
Im angebrochenen Jahr sind auch
schon wieder einige Wochen ver-
strichen, der Winter verabschiedet sich
nach und nach. Nach vielen erlebnis-
reichen Tagen im Schnee bei Sonne,
Wind und Wetter sind meine Langlauf-                              Corinne Aeber-
skis denn auch bereits im Keller ver-                             hard, Mitglied
sorgt. Der Frühling zieht ins Land, und                           des Verbands-
mit ihm die Zugvögel. Ich freue mich,                             vorstands.
ihren Stimmen wieder zuhören zu                                   Foto: SBV
können und fernab des Zivilisations-
lärms allenfalls eine Tonaufnahme zu        schem Anspruch nach aussen getra-
machen draussen in der Natur – auch         gene Informationen oder im Austausch
wenn mir die Kenntnis der heimischen        mit Mitgliedern und Sektionen, ob Mit-
Vogelarten fehlt. Mir geht es um ihren      gliedermagazin in Grossdruck, Braille,
Gesang und ihr Kommunizieren.               als Daisy-CD, auf VoiceNet oder im
In diese Jahreszeit fallen auch die         E-Kiosk, ob Website-Auftritt oder Prä-
vermehrten Aktivitäten der Sektionen,       senz in den sozialen Medien: All diese
neben jenen im Zeichen des gesell-          Kommunikationsmittel stehen im Dienst
schaftlichen Beisammenseins insbe-          der gelebten Selbsthilfe und unserer
sondere die Generalversammlungen –          gestärkten Autonomie. Lesen Sie dazu
da und dort auch Haupt-, Jahres- oder       auch das Porträt von Karin Huber
Mitgliederversammlung genannt. Die          Hurni, von der SBV-Beratungsstelle
einen Sektionen haben sie schon hinter      Zürich unterstütztes Verbandsmitglied.
sich, bei anderen steht sie noch an.        Weitere Beiträge dieses Hefts sind
Ich durfte auch wieder an General-          der Zukunft der Sektionen, dem bisher
versammlungen teilnehmen und so             zu wenig genutzten IV-Assistenz-
einzelne Sektionen besuchen, verbun-        beitrag und dem Strategieprozess des
den mit wertvollen Erfahrungen unter-       SBV gewidmet. Ebenso wenig fehlt die
schiedlicher Kommunikation. Damit ist       Ausschreibung der DV 2019 und ein
auch das Stichwort zum Schwerpunkt-         weiterer Leserwettbewerb mit aber-
Thema dieser Ausgabe gefallen: die          mals attraktivem Preis.
verbandseigenen Kommunikations-             Auf jeden Fall wünsche ich Ihnen viel
kanäle, abgestimmt auf die Bedürfnisse      Freude beim Lesen dieser Ausgabe –
der Mitglieder und die auf die Sensibili-   in welcher Form auch immer!
sierung der Öffentlichkeit fokussierten
Anliegen des SBV. Ob auch mit politi-       Corinne Aeberhard

                                                                                3
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Forum

Neuer SBB-Doppelstockzug: Inclusion Handicap
zieht vor Bundesgericht

Für den Dachverband der Schweizer           geforderten maximal 12 Prozent –
Behindertenorganisationen ist unver-        betragen darf. Nach eingehender
ändert klar: Die neuen Doppelstock-         Prüfung des Urteils ist Inclusion Handi-
züge (FV-Dosto) der SBB brechen das         cap im Januar 2019 denn auch zum
Behindertengleichstellungsgesetz            Schluss gekommen, dass ein Weiter-
(BehiG), dessen Bestimmungen vor-           zug ans Bundesgericht in 9 von 11
sehen, dass der öffentliche Verkehr         Punkten unausweichlich ist, zumal die
(öV) für Menschen mit Behinderungen         autonome Nutzung des öV – wie im
ab 2023 hindernisfrei zugänglich ist.       BehiG festgeschrieben – mit den bis
Die entsprechende Beschwerde von            etwa 2060 verkehrenden SBB-Doppel-
Inclusion Handicap hatte das Bundes-        stockzügen keineswegs gewährleistet
verwaltungsgericht Ende November            sei. Namentlich ungenügend ist die
2018 nahezu vollumfänglich abgewie-         Sicherheit von Menschen mit einer
sen. Nur in einem Punkt bekam der           Sehbeeinträchtigung im Bereich der
Dachverband damals recht: Die neuen         Treppen zwischen erstem und zwei-
Züge des kanadischen Konzerns               tem Stock, der Anbringung und Mar-
Bombardier müssen jeweils über              kierung der Türöffnungstasten sowie
mindestens eine Einstiegsrampe              mangels fehlender akustischer Signale
verfügen, deren Neigung nicht mehr          und Haltegriffe bei gewissen Wagen-
als 15 Prozent – statt der eigentlich       übergängen.                         rer

25. ICC 2019 in Hereford
Roland Erne, Redaktor "der Weg"

Das Kürzel ICC steht für ein 1993 von       fortwährend weiterentwickelten
den Universitäten Linz und Karlsruhe        Möglichkeiten der Computer- und
etabliertes Erfolgskonzept, das blinde      Hilfsmitteltechnologie vertraut(er) zu
und sehbehinderte Jugendliche im Alter      machen (Teilnahmegebühr: max.
von 16 bis 21 Jahren alljährlich in einem   € 500). Auch die 25. Ausgabe im west-
International Camp on Communication         englischen Hereford (22. bis 31. Juli
and Computers – so die nunmehr              2019) soll mit einmal mehr über 20
offizielle Bezeichnung – zusammen-          Workshops indes nicht nur Türöffner
bringt, um die Teilnehmenden mit den        ins digitale Universum sein, sondern

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Der Weg - Schwerpunkt: Vernetzte Kommunikation - SBV-FSA
Forum

                                                             Die ICC-Workshops
                                                             vermitteln grund-
                                                             legende Anwender-
                                                             kenntnisse der
                                                             Computer- und Hilfs-
                                                             mitteltechnologie.
                                                             Foto: Verein ICC

auch Raum und Zeit für Erfahrungs-         für Mitglieder weiterhin die Reisekosten
austausch und Freizeitspass lassen         und organisiert unentgeltlich Begleit-
(www.icc-camp.info). Davon haben           personen. Weitere Informationen und
bisher über 2000 von rund 1600 Ex-         Anmeldungen (bis 15. April 2019):
perten betreute Jugendliche vorab aus      Marja Kämpfer Ackermann, Leiterin
Europa profitiert, die sich in der Camp-   Direktionssekretariat und stellvertre-
Sprache Englisch verständigen können.      tende Generalsekretärin, 031 390 88 00
Als ICC-Partner übernimmt der SBV          oder marja.kaempfer@sbv-fsa.ch.

Gesetzlich verbindliches Leitbild "Leben mit
Behinderung" des Kantons Solothurn

Nach einem 2004 vom Solothurner            Interessenvertretung der SBV-Sektion
Regierungsrat verabschiedeten Leit-        Aargau-Solothurn. Erklärte Leitbild-
bild und Handlungskonzept für Men-         Ziele sind Massnahmen im Zeichen
schen mit Behinderungen hat das            der Gleichstellung behinderter und
kantonale Amt für soziale Sicherheit       nicht behinderter Menschen, die den
2018 zwecks Erarbeitung eines neuen        Paradigmenwechsel von Integration
Leitbilds "Leben mit Behinderung" eine     zu Inklusion unterstützen und die
Fachkommission eingesetzt, die bis         Sensibilisierung der Gesellschaft
etwa Mitte 2019 gesetzlich verbindli-      stärken, vor allem aber die Umsetzbar-
che Leitsätze formulieren soll. Neben      keit auf institutioneller und politischer
anderen Institutionen der Betroffenen      Ebene gemäss Behindertengleich-
wie Pro Infirmis und diversen Fach-        stellungsgesetz (BehiG), UNO-BRK
experten involviert ist mit Thomas         und kantonalem Sozialgesetz
Biedermann auch die regionale              garantieren.                           rer

                                                                                    5
Der Weg - Schwerpunkt: Vernetzte Kommunikation - SBV-FSA
Menschen

Karin Huber Hurni
"Ich habe lange über vieles hinweggesehen"
Roland Erne, Redaktor "der Weg"

Erst im Alter von vierzig Jahren         den: "Du siehst nicht richtig", wie sich
hat Karin Huber Hurni Gewissheit         Karin Huber Hurni erinnert. Trotz
erfahren – mit der Diagnose einer        Brille, die für sie ohnehin keine
erblichen Netzhautdegeneration.          entscheidende Verbesserung des
Trotz inzwischen erheblich               Sehvermögens mit sich brachte. Ihr
erschwerter Gesichtserkennung            Fazit: "Ich sah immer noch schlecht,
und eingeschränktem Orientierungs-       aber etwas schärfer."
vermögen will sich die studierte         Erst seit 2015 indes hat die 43-jährige
Juristin mit der Unterstützung           Juristin und Mutter von zwei nicht
des SBV auch im Beruf weiterhin          mehr ganz kleinen Töchtern Klarheit
möglichst autonom behaupten.             beziehungsweise eine auch erlösende
Ein Porträt.                             Erklärung für etwas, das sie zuvor
                                         nicht wahrhaben wollte. Intensive
Ein trüber Dezembermorgen in einem       Abklärungen in der Augenklinik des
dezent ausgeleuchteten Büro der          Zürcher Universitätsspitals ergaben
SBV-Beratungsstelle Zürich, nebenan      die Diagnose: Zapfen-Stäbchen-
legt Low-Vision-Experte Christoph        Dystrophie, eine erbliche Netzhaut-
Galli ausgewählte Hilfsmittel bereit:    degeneration, die bereits am Anfang
Wenn Karin Huber Hurni, seine            zu einem starken Verlust der zentralen
Klientin, von ihrer früh erkannten und   Sehschärfe führen kann.
damals schon auch für ihr Umfeld
erkennbaren Sehschwäche erzählt,         Belastende Erfahrungen
wird umgehend glasklar einsichtig,       Im Vorfeld einer Konsultation beim
warum sie heute unmissverständlich       Augenarzt sah sich Karin Huber Hurni
festhält: "Ich habe lange über vieles    damals zunehmend geblendet – mal
hinweggesehen." Ihre bereits im          von der Deckenbeleuchtung im Super-
Schulalter diagnostizierte und beim      markt, mal von einer weissen Tisch-
Optiker korrigierte Kurzsichtigkeit      platte oder einem "flimmernden" Blatt
liess sich jedenfalls keineswegs aus-    Papier. Zehn Jahre zuvor hatte sie
blenden: Da war ihre Mühe etwa mit       sich noch mit der von einem anderen
Hellraumprojektor-Lektionen oder mit     Augenarzt halbwegs gestützten Aus-
Volleyball in Turnstunden – für eine     rede zufriedengegeben, zu stark in die
Freundin auch mal Anlass einzuwen-       Sonne geschaut zu haben, nachdem

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Menschen

sie mit einem abgedeckten Auge nicht      entfernt. Vielmehr erzählt sie lachend
mehr lesen konnte. Inzwischen muss        von auch mal geradezu "tragikomi-
Karin Huber Hurni eine fortschreitende    schen Situationen", etwa beim Über-
Verschlechterung ihres Sehvermögens       ziehen von Schwimmhilfen in der Badi,
akzeptieren.                              einem fremden Kind zugewandt und
Zu schaffen macht ihr insbesondere        von der eigenen Tochter sogleich auf
die fast ganz verschwundene Fähig-        den Irrtum aufmerksam gemacht.
keit, Gesichter zu erkennen – bedingt     Dennoch mag sie ihr massives Handi-
durch ein vermindertes Farb- und          cap nicht beschönigen und spricht
Kontrast-Sehen. Unlängst hat sie          vom Gefühl, in so einem Moment
ihren vom Jogging zurückkehrenden         chancenlos zu sein. "Das ist belastend,
Mann erst aus nächster Nähe erkannt,      auch weil dies für viele nicht vorstell-
auch schon konnte sie eine Tochter        bar ist", so Karin Huber Hurni.
während einer Schulaufführung auf         Zunehmend eingeschränkt ist auch
der Bühne unter all den anderen           ihr Orientierungsvermögen. Zumindest
Kindern nicht mehr identifizieren: "Das   dort, wo sie sich nicht gut auskennt
macht mich traurig." Von Selbstmitleid    – also abseits von ihr vertrauten
ist Karin Huber Hurni gleichwohl weit     "Trampelpfaden" etwa beim oft auch

Hilfsmittel erproben in der SBV-Beratungsstelle Zürich: Karin Huber Hurni
testet von Low-Vision-Experte Christoph Galli empfohlene Lupenbrillen mit
und ohne Farbe, ein Kleinlesegerät für die Zeitungslektüre auf Papier, ein
Tablet zum Lesen eines elektronischen Dokuments sowie ein Monokular.
Fotos: Sibylle Meier

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Der Weg - Schwerpunkt: Vernetzte Kommunikation - SBV-FSA
Menschen

online erledigten Einkaufen. Jüngst
hat sie sich in Zürich verlaufen, die
richtige Adresse immerhin aber gerade
noch rechtzeitig gefunden, nachdem
sie ihre Umgebung mit dem zusammen-
faltbaren Signalstock auf ihre Sehbe-
hinderung aufmerksam gemacht hatte.
Die damit verbundene Unsicherheit
ist ihr auch in den Sommerferien auf
einem spanischen Campingplatz
begegnet, insbesondere begleitet von
der Angst, womöglich eine Treppe zu
missachten oder den Rückweg nicht
mehr zu finden. Mehr als unangenehm
ist für sie überdies gleissendes, weil
blendendes Tageslicht, wie am Strand
von Tamarit in diesen Familienferien:
"Richtig entspannen konnte ich mich
jeweils erst nach Sonnenuntergang."
Noch ist Karin Huber Hurni deshalb
lieber unter verhangenem Himmel
oder in der Dämmerung unterwegs
und verlässt sich im Freien auf ihre
Kantenfilterbrille und den immer mit-
geführten Signalstock. Dennoch wolle
sie ihren Sehverlust nicht immer derart
explizit zu erkennen geben, betont
Karin Huber Hurni.                         Im Verkehrsalltag vertraut Karin
                                           Huber Hurni meist auf ihre Kanten-
"Glück im Unglück"                         filterbrille und den zusammenfalt-
Auch wenn sie das Fahrzeuglenken im        baren Signalstock.
Unterschied zum inzwischen ebenfalls       Foto: Sibylle Meier
risikobehafteten Velofahren längst hat
aufgeben müssen und ihr generell           arbeiterin der Schulverwaltung Uster
eine eingeschränkte Lebensqualität         befasst sie sich im Rahmen eines
keineswegs verborgen bleibt, mag sie       60%-Pensums vorab mit Auskünften
nicht hadern. Weit eher zeigt sie sich     und Stellungnahmen von oftmals
dankbar dafür, weiterhin beruflich tätig   datenschutzrechtlicher Dimension.
sein zu können. Als juristische Mit-       Dass sich ihr PC-Arbeitsplatz etwa

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Menschen

mittels elektronisch zugänglicher         auf Papier und beispielsweise den
Dokumente und einer Leseleuchte           Besuch einer "Froschkönig"-
mit regulierbarer Lichtfarbe an ihre      Aufführung im Zürcher Hechtplatz-
Bedürfnisse anpassen lässt, kommt         Theater mit ihren beiden Töchtern
ihr dabei fraglos entgegen. "Das ist      erleichtert. Ein O&M-Training fördert
Glück im Unglück", bilanziert Karin       zudem ihre Autonomie, um sich
Huber Hurni und verweist ohne             möglichst selbstständig und sicher
Umschweife auf andere Berufe wie          fortbewegen zu können.
Goldschmiedin oder Werklehrerin,          Unter diesen Vorzeichen will das mittler-
die sie mit ihrem abnehmenden Seh-        weile erschwerte Auffinden eines An-
vermögen nicht mehr würde ausüben         meldeformulars für die Schulreise
können.                                   einer Tochter – getreu der wieder-
                                          kehrenden Erfahrung "Bin immer
Geschätztes SBV-Coaching                  etwas am Suchen!" – fast schon
Zudem fühlt sie sich vom Team unter-      vernachlässigbar erscheinen. Zumal
stützt, das ihr nach einem "Info-Znüni"   es sich Karin Huber Hurni vor ein paar
mit einem "Mix aus Betroffenheit und      Wochen auch nicht nehmen liess, ihre
Aufmerksamkeit" begegne. Ansonsten        Familie in die Winterferien – zuvor ein
sei es auf beruflicher und privater       "Sorgenthema" – zu begleiten. Selbst
Ebene nicht immer einfach, das            wenn sie nach einer ernüchternden
richtige Mass an Transparenz zu           Erfahrung vor drei Jahren, allein unter-
finden: "Letztlich muss ich Missver-      wegs und abseits der Piste unver-
ständnisse vermeiden und darauf           sehens in Tiefschnee geraten, vom
achten, nicht als unfreundlich oder gar   Skifahren Abschied genommen hat.
arrogant wahrgenommen zu werden",
weiss Karin Huber Hurni.                  Berufliche Perspektiven
Ebenso sehr schätzt sie das "Coaching"    Obgleich sich die weitere Reduktion
der SBV-Beratungsstelle Zürich im         ihres Sehvermögens nicht voraus-
Zeichen einer individuellen Begleitung,   sagen lässt, hegt sie zudem Pläne für
sei es mit Ratschlägen und Tipps der      eine Zusatzausbildung in öffentlichem
Sozialarbeiterin Christine Weber,         Personalrecht. Primärer Grund für ihre
sei es mit Empfehlungen von Low-          vorläufige Zurückhaltung ist der noch
Vision-Trainer Christoph Galli für den    nicht vollzogene Schritt, das Lesen
Einsatz nicht nur berufsrelevanter        zu lassen und stattdessen auf eine
Hilfsmittel wie eines Kleinlesegeräts,    PC-gestützte Sprach-Software zu
einer Lupenbrille oder eines Monoku-      setzen, wie Karin Huber Hurni mit
lars. Letztere haben ihr – gegen Ende     selbstironischer Note bekennt: "Ich
2018 vorerst leihweise erprobt – die      bin halt gut darin, es weniger schlimm
Lektüre von Büchern und Zeitungen         zu machen."

                                                                                 9
Der Weg - Schwerpunkt: Vernetzte Kommunikation - SBV-FSA
Schwerpunkt

Nahe am Alltag der Verbandsmitglieder
Roland Erne, Redaktor "der Weg"

Was aufgreifen? Woran festhalten?          Audioversion auch anstrengt oder gar
Wie gewichten und sich auch künftig        ermüdet. Wie aber ist dieser Auftrag
ausrichten? Wie der fortschreitenden       im Dienst der koordinierten Kommuni-
Digitalisierung begegnen? Ein              kation nach innen einzulösen und
Gespräch zum Wert des Mitglieder-          die "beste Chance, sich auch nach
magazins mit Giuseppe Porcu, seit          aussen zu präsentieren" auf Dauer
Mitte 2018 Mitglied des Verbands-          optimal wahrzunehmen?
vorstands mit dem Referat Interes-
senvertretung und Kommunikation.           Interessenvertretung als Kapital
                                           Für den langjährigen Präsidenten der
Die Bezeichnung Mitgliedermagazin          Sektion Ostschweiz Vorrang haben
verpflichtet: An erster Stelle steht die   Themen nahe am Alltag der seh-
Relevanz der Inhalte für die Verbands-     behinderten und blinden Mitglieder,
mitglieder. Giuseppe Porcu sagt es         also etwa Hilfsmittel oder Dienstleis-
unverblümt so: "Die Lektüre muss sich      tungen des Verbands, die das Leben
lohnen." Zumal das Lesen oder Hören        in grösstmöglicher Autonomie erleich-
insbesondere in Braille und in der         tern. "An den Rändern", sprich in den

                                                             Das Mitglieder-
                                                             magazin liegt auch
                                                             in den Beratungs-
                                                             stellen und den
                                                             Bildungs- und
                                                             Begegnungs-
                                                             zentren (BBZ) des
                                                             SBV auf, wie hier
                                                             im BBZ Bern.
                                                             Foto: Roland Erne

10
Schwerpunkt

Sektionen, interessiere zudem die           die "Classe politique" im Vergleich zur
Frage nach prioritären Projekten des        Behindertenpolitik ungleich öffentlich-
SBV-Generalsekretariats; weniger im         keitswirksamere Interessen wie
Sinne "genialer Schachzüge" als viel-       Energiewandel oder Militär kennt.
mehr im Zeichen verbandsintern-             Ein Beispiel: die aus Behindertensicht
sachlicher Information: "Was läuft?"        ungenügende Ausstattung der neuen
Überdies: Was machen die anderen            Fernverkehr-Doppelstockzüge (FV-
Sektionen? Wie gehen andere Betrof-         Dosto) der SBB, deren Beschaffung
fene mit der Diagnose einer unaufhalt-      einem Debakel gleichkommt (siehe
samen Beeinträchtigung des Seh-             Seite 4). Offensichtliches Versagen ist
vermögens um, und wie lassen sie            für Giuseppe Porcu indes keineswegs
sich vom Verband unterstützen?              einfach hinzunehmen. Nicht ausbleiben
Generell als vordringlich erachtet der      kann da auch der Hinweis auf kanto-
erfahrene Wirtschaftsinformatiker           nalen Wildwuchs und grundsätzliche
ferner "alles, was mit Selbsthilfe zu tun   Defizite im Hoheitsgebiet der Invaliden-
hat". Fraglos ein weites Feld: "Wer         versicherung – nicht zuletzt aufgrund
viel im Zug unterwegs ist, hat andere       eigener Erfahrungen. Aktuelle Themen
Bedürfnisse als jemand, der mit             im Bereich Interessenvertretung sollen
wenigen Schritten den Lift ins Büro         sich demnach zwingend auch künftig
erreicht." Für Giuseppe Porcu hat die       im vierteljährlich erscheinenden
Wahrung der Interessen von Blinden          Mitgliedermagazin – im Kontext der
und Sehbehinderten denn auch zent-          Digitalisierung "ein guter Publikations-
rale Bedeutung – Interessenvertretung       rhythmus" – widerspiegeln, beispiels-
gewissermassen als Kapital, zumal           weise gekoppelt an den bereichs-
"der Einzelne das nicht stemmen             eigenen, monatlich verschickten
kann". Davon zeigt sich der 58-Jährige      Newsticker. Sein Vorschlag: Ent-
mit dem Verweis auf die Umsetzung           sprechende Beiträge liessen sich
gesetzlicher Vorgaben (Stichworte:          etwa im Gespräch mit Fachpersonen
BehiG, UNO-BRK) wie auch auf                anreichern.
politische Realitäten jedenfalls tief       Am Herzen liegt ihm überdies das
überzeugt.                                  Engagement ehrenamtlicher Helfer,
                                            deren nie zu unterschätzendes Wirken
Gehör finden auf politischer Ebene          immer wieder zu würdigen sei. Diesen
Sein elementares Mandat der Interes-        ebenso naheliegenden wie sinnigen
senvertretung sieht er nicht von unge-      Anliegen ist ohne Zweifel gerecht zu
fähr an die unerlässliche Vernetzung        werden, um das Mitgliedermagazin
mit der Politik geknüpft: "Unser Verband    so zu erhalten, wie es für Giuseppe
muss so stark sein, dass er Gehör           Porcu ist: "informativ, reichhaltig,
findet." Auch im Wissen darum, dass         vielfältig."

                                                                                  11
Schwerpunkt

Wie sich VoiceNet zu behaupten vermag
Hervé Richoz, Redaktor "Clin d’œil"

Der rasante Wandel unserer visuell       Absprache mitgeholfen, unseren
geprägten Welt, von der ein Gross-       gemeinsam betriebenen "Laden"
teil der Menschen mit einer Seh-         neu einzurichten.
beeinträchtigung ausgegrenzt             Zugegeben, die "Kunden" der ersten
bleibt, ist offensichtlich. Nichts       Stunde haben mitunter den Eindruck,
könnte dies besser illustrieren          es sei "nicht mehr so wie früher" und
als VoiceNet. Seit mittlerweile 26       die Sektionsvorstände würden ande-
Jahren unterliegt das interaktive        res priorisieren, obwohl die Mitglieder
SBV-Hörmedium mit jährlich rund          über das verbandseigene Hörmedium
20’000 Anrufen einer kontinuier-         informiert sein könnten. Doch die
lichen Angleichung an die immer          Mitglieder des SBV wissen, dass es
neuen Formen des Informations-           VoiceNet gibt. Bloss mag der Hörer,
abrufs.                                  wie jeder Mensch, Veränderungen
                                         wie permanente Neuerungen und
"Ähnlich wie ein Quartierladen ist       modifizierte Auslagen samt Kosten-
VoiceNet unentbehrlich und deckt den     senkungen nicht besonders.
Bedarf von Menschen, die sonst leicht
einmal isoliert wären. VoiceNet ver-     220 "Neukunden" im Jahr 2018
sorgt mit essentiellen Informationen     Dennoch erinnern die erfreulichen
aus den Sektionen, über den SBV und      Statistiken daran, dass diese in ihrer
seine Partnerorganisationen, mit Frei-   Art einmalige Dienstleistung des SBV
zeit-Tipps sowie den Radio- und Fern-    einem Bedürfnis entspricht – mit 220
sehprogrammen, aber auch mit Hin-        neuen "Kunden" im Jahr 2018, die wie
weisen auf die Wochenaktionen der        auch alle Stammkunden hoffentlich
Grossverteiler und manchen Über-         immer wieder im "Laden" verweilen.
raschungen. Manchmal vergisst man        Überdies Fakt ist: Mit einer wahren
darüber die Zeit! Im 'Forum' wiederum    Fülle an Informationsplattformen haben
ist zu hören, was andere zu sagen        die sozialen Netzwerke VoiceNet auch
haben und besteht Gelegenheit, sich      jene Hörer "abgeworben", die mit den
selbst einzubringen." So stellt Thomas   neuen Medien vertraut sind. Über ihre
Biedermann augenzwinkernd Voice-         Smartphones können sie sich die
Net vor. Als Mitglied der SBV-Sektion    Inhalte von E-Mails, SMS, WhatsApp-,
Aargau-Solothurn ist er seit einem       Facebook- und anderen Textnach-
Jahr die Stimme der deutschsprachigen    richten vorlesen lassen. Gleichwohl
Ausgabe und hat in gegenseitiger         kehren auch sie zu VoiceNet zurück,

12
Inserat

um etwa den "Newsticker" (Rubrik 8)
abzuhören. Wenn unser "Schaufenster"
so weiterhin zahlreiche "Kunden"
anspricht, dürfte VoiceNet nicht um               Ihre Brille kann lesen
seine Zukunft bangen müssen.
                                           kabellose Version!
Informiert sein mit
der E-Kiosk-App
Mit genutzten Websites von Be-
hörden, Institutionen und Verlagen,
abgerufenen oder gelesenen Smart-
phone-Mitteilungen und zahlreichen
Apps können sich Blinde und Seh-          Lassen Sie sich von Ihrer Brille
                                          Texte vorlesen, das Gesicht Ihres
behinderte informiert fühlen, auch        Gegenüber s , Produkte, Banknoten
wenn die Zugänglichkeit bei Weitem        und Farben erkennen!
nicht gewährleistet ist und die Inhalte   Zeigen Sie ei nfach mit Ihrem
selten vollständig sind. Der vor rund     Finger auf gedruckten Text in
zwanzig Jahren etablierte E-Kiosk         Zeitungen, Zeitschriften, Büchern,
                                          auf Speisekarten, Beschriftungen
aber versorgt die SBV-Mitglieder per      auf Produkten, Bezeichnungen
Computer oder Telefon mit der aktu-       auf Strassenschildern usw.
ellen Tages-, Wochen- und Monats-         OrCam MyEye spricht Ihnen den
presse, genau genommen mit 48             Text über einen kleinen Laut-
                                          sprecher direkt ins Ohr.
Titeln in Deutsch, deren 16 in Fran-
zösisch und 8 in Italienisch. Wobei       OrCam MyEye ist ei ne kleine
                                          Kamera, die am Bügel einer Brille
die tiefgreifenden Veränderungen in       befestigt werden kann.
der Schweizer Medienszene ins-            OrCam MyEye ist neu i n Deutsch,
besondere in der Romandie – etwa          Französisch, Italienisch und
mit dem Verschwinden von "Le Matin"       Englisch erhältlich.
– selbstredend entsprechende An-           Testen Sie OrCam MyEye i n Ihrer
passungen erfordern. Die Gratis-           Beratungsstelle, bei Accesstech
                                           oder i n ei ner der Filialen der
App E-Kiosk für iOS und Android            Stiftung AccessAbility.
ermöglicht zudem den kostenlosen          Informieren Sie sich bei
Zugang zum SBV-Mitgliedermagazin          Stiftung AccessAbility:
"der Weg" bzw. "Clin d’œil". Die          Luzern                    041 552 14 52
übrigen rund 70 Publikationen sind        St. Gallen                071 552 14 52
an ein Jahresabonnement zum               Bern                      031 552 14 52
SBV-Sondertarif von 100 Franken           Neuchâtel                 032 552 14 52
gebunden.                           hr   www.accessability.ch   info@accessability.ch

                                                                                         13
Schwerpunkt

Braille bleibt unerlässlich!
Roland Erne, Redaktor "der Weg"

Obwohl Sehenden weit mehr technische Neuerungen zur Verfügung
stehen, wird die Berechtigung ihrer Schrift mit keiner Silbe in Frage
gestellt. Im Unterschied zu Braille, deren Zukunft seit den Optionen
leistungsfähiger Screenreader regelmässig angezweifelt wird. So fragt
sich Hanni Wüthrich, Expertin, Kursleiterin und Ausbildnerin, zu Recht:
"Warum muss ich mich für meine Schrift immer wieder rechtfertigen?"
Für sie ist jedenfalls klar: "Ich will nicht Braille gegen die moderne Technik
ins Feld führen: Ich brauche beides!"

Um es vorwegzunehmen: Für Hanni              Unersetzlich ist die Brailleschrift für
Wüthrich ist die 1825 von Louis Braille      Hör-Sehbehinderte. Sie ermöglicht
entwickelte Punktschrift die bisher          respektive erleichtert ihnen das
"genialste Erfindung für Blinde und          Kommunizieren mit der Umwelt. Das
stark Sehbehinderte". Als Braille-           taktile Lesen bedeutet sowohl für
Lehrerin, Kursleiterin des SBV wie           dauernd angestrengte Augen als auch
auch für die Ausbildung weiterer Punkt-      Ohren eine willkommene Entlastung.
schrift-Lehrkräfte tätig, hat sie auch
beruflich täglich mit der Blindenschrift     Tastend lesen und schreiben lernen
zu tun. Sie dient ihr als Leseschrift, für   1984 wurde der erste anerkannte Kurs
Notizen, als Beschriftungsmöglichkeit        für Punktschrift-Lehrkräfte durch-
in Beruf und Haushalt, für Spiele und        geführt, den auch Hanni Wüthrich
Rätsel aller Art, und nicht zuletzt nutzt    besuchte. Heute gilt die Brailleschrift
sie auch die Musiknotenschrift.              als Reha-Fachgebiet, wie etwa O&M.
Generell steht für sie ausser Frage,         In Einzelstunden wird den Lernenden
dass sich Braille-Kenntnisse mit dem         je nach Bedürfnis Braille vermittelt. Die
Aufkommen von Hörbüchern und                 Ziele werden für alle Lernenden indi-
Sprachausgaben keineswegs erledigt           viduell gesteckt. Der eine möchte nur
haben. Im Bewusstsein der prioritären        seine Gewürze oder Ordner beschrif-
Integration in den Arbeitsmarkt zum          ten können, die andere vielleicht die
einen, der elementaren Lesefähigkeit         Jass-Karten kennenlernen. Da reicht
zum anderen. "Wer nicht mehr lesen           es aus, Vollschrift zu lernen. Für die
kann, also kein Schriftbild mehr zur         Buchlektüre indes empfiehlt sich die
Verfügung hat, wird schnell zum              gebräuchliche Kurzschrift. Wer die
Analphabeten", weiss die Punktschrift-       Brailleschrift wiederum vorab im Beruf
Expertin aus eigener Erfahrung.              am Computer verwendet, wird auf eine

14
Schwerpunkt

Braille-Zeile vertrauen und sich somit    voluminösen Bücher können zum
Computerbraille – auch Eurobraille        Glück ausgeliehen werden. Dass der
genannt – aneignen.                       SBV als Selbsthilfeorganisation sein
Grundsätzlich kann jeder die taktile      Mitgliedermagazin, den Jahresbericht
Punktschrift erlernen. Im Alter muss      und die Sektionsunterlagen kosten-
der Tastsinn intensiver geschult          neutral in Braille zugänglich macht, ist
werden. Hanni Wüthrich, die oft auch      für Hanni Wüthrich denn auch eine
mit mehrfach beeinträchtigten Men-        Selbstverständlichkeit. "Alles andere
schen arbeitet, ist überzeugt, dass der   wäre diskriminierend", hält sie unmiss-
Umgang mit Braille eine der besten        verständlich fest. Ihre Kernbotschaft:
Tastschulungen ist. Durch exaktes         Braille bleibt unerlässlich!
Tasten kann auch die Umwelt genauer
erkundet werden.

Gewinnbringende Knochenarbeit
Da Louis Braille ein grossartiger
Mathematiker war, ist sein Schrift-
system sehr logisch aufgebaut und
von daher nicht schwierig zu erlernen.
Allerdings ist es eine Knochenarbeit,
bis man die Punkte richtig ertasten
kann. Fleissiges Üben ist nicht zu
umgehen! Trotzdem können Sehende
wesentlich schneller lesen, da sie mit
den Augen gleich etliche Zeichen zu
erfassen vermögen. Braille-Lesende
müssen hingegen jedes Zeichen er-
tasten. Hanni Wüthrich selbst hält es
so: Sie will weder auf Braille auf
Papier noch auf eine Braille-Zeile,
ebenso wenig auf den Computer, ihr
iPhone oder den multifunktionalen
"Milestone" verzichten.
An weiteren Argumenten für Braille        Blinde und stark sehbehinderte
fehlt es nicht: Hilfreich sind taktile    Verbandsmitglieder wie Daniela
Orientierungsanschriften auf Treppen-     Moser, Mitarbeiterin Interessen-
geländern in Bahnhöfen und in Fahr-       vertretung, schätzen die Braille-
stühlen sowie Angaben in Punktschrift     Version des Mitgliedermagazins.
auf Medikamentenpackungen. Die            Foto: Roland Erne

                                                                                15
Schwerpunkt

Nutzen und Tücken sozialer Netzwerke
Hervé Richoz, Redaktor "Clin d’œil"

Ob man sie ignoriert oder nutzt: Soziale Netzwerke sind aus dem Alltag
der von Sehverlust Betroffenen nicht mehr wegzudenken. Zum einen
halten sie uns auf dem Laufenden, zum anderen distanzieren sie uns von
echter Kommunikation. Bei all den neuen Formen des Austauschs müssen
wir hinnehmen, dass mathematische Algorithmen zunehmend darüber
entscheiden, was gut für uns ist – bis hin zur Beeinflussung der Anzahl
unserer Freunde! Eine Auslegeordnung mit Marie-Pierre Assimacopoulos,
Jean-Marc Meyrat und Christina Fasser.

Eines Abends im "Camp des Jeunes"           ist es unbefriedigend, wenn man ein
für Skisportbegeisterte mit einer Seh-      Foto nicht sehen kann; vor allem
beeinträchtigung in Les Crosets (VS):       dann, wenn der Text dazu nicht viel mit
Die 14-jährige Emilie, die eigentlich       dem Bild zu tun hat.
anders heisst, sagt es unverblümt:
"Facebook ist etwas für die Alten!" Ihre              Das Nützlichste
gleichaltrige Freundin setzt noch eins                WhatsApp ist beliebt, weil es
drauf: "Insta ist viel cooler!" Belustigt             Blinden insbesondere ermög-
und entnervt zugleich, bleibt den an-       licht, schriftliche Mitteilungen und
wesenden Erwachsenen bloss ein ge-          Sprachnachrichten mit Freunden oder
quältes Lächeln, zumal sie mit Whats-       mit einer Gruppe auszutauschen. Ein
App schon ihre liebe Mühe haben.            Beispiel: Der "iPhone Treff" der Apfel-
Ebenso wahr: Die rasante Verbreitung        schule ist ein Musterbeispiel für
der Smartphones hat uns ungeahnte           Selbsthilfe, denn wer vor einem
Kontaktmöglichkeiten eröffnet und zu        scheinbar unlösbaren Problem steht,
neuen sozialen Verhaltensweisen quer        erhält da von der ganzen Gruppe
durch alle Bevölkerungsschichten            meist sogleich Unterstützung, Rat-
geführt, auch in der Gemeinschaft           schläge und Tipps. Welch ein Komfort
unseres Verbands. Integrierte Sprach-       und Zeitgewinn im Zeichen gegen-
ausgaben wie VoiceOver fürs iPhone          seitiger Hilfe! Jean-Marc Meyrat,
erlauben uns, in den sozialen Netz-         verantwortlich für die Romandie,
werken zu navigieren und aktiv zu           betont denn auch die bemerkenswerte
sein. Das kann indes auch frustrierend      Qualität der geteilten Informationen
sein. Denn: In einer voll und ganz auf      innerhalb der Gruppe, samt gegen-
den Augenblick, auf Schnelligkeit und       seitig respektvollem Umgang der rund
auf Bilder ausgerichteten Gesellschaft      60 Westschweizer Mitglieder wie auch

16
Schwerpunkt

                                                            Für viele Blinde
                                                            und Sehbehinderte
                                                            selbstverständlich
                                                            geworden: ange-
                                                            tippte Posts auf
                                                            Facebook. Foto:
                                                            Hervé Richoz

der hilfreichen Option, Fotos hoch-       entgangen, dass Facebook seine
zuladen, um anderen das eigene            Funktion als "offenes Podium" mehr
Problem verständlich zu machen.           und mehr zu verlieren droht. Zumal die
                                          meisten Nutzer per Newsfeed nurmehr
          Das Populärste                  Informationen "teilen", die sie von
          Facebook wiederum ist ein       anderen erhalten haben. Das ist immer-
          von Privatpersonen und Insti-   hin positiv, wenn diese Informationen
tutionen unterhaltener Nachrichten-       Menschen Mut machen sollen, die mit
kanal, der die verschiedenen Inhalte in   einer Sehbehinderung konfrontiert sind.
Form von Texten und Bildern – als mehr    Genau dies will die Seite @LeTyphloFIL
oder weniger lange und interessante       erreichen, die nach nur sechs Monaten
"Posts" – permanent übereinander          schon über 150 Abonnenten zählt und
"stapelt". Sofern man die Einstellun-     innerhalb der Gruppe "Bon plan pour
gen nicht ändert, können diese Posts      aveugles et malvoyants en Romandie"
theoretisch weltweit von allen Nutzern    dem Austausch von Informationen und
gelesen werden. Marie-Pierre Assima-      Anfragen dient. Rekordzahlen dürfte
copoulos, langjähriges Genfer             die Plattform allerdings kaum erzielen,
SBV-Mitglied, etwa wandte sich an         weil der Facebook-Algorithmus nur
ihre "Facebook-Freunde", um für eine      stark kommerzielle Seiten bewirbt und
bestimmte Strecke eine Fahrgemein-        dessen Datensammelwut ferner sehr
schaft zu gründen. Seit sie auf Face-     aufdringlich werden kann.
book überdies einer Psychologie-
Gruppe beigetreten ist, erhält sie in             Das Visuellste
Echtzeit Angebote für Seminare,                   Auch bei Instagram stapeln
Konferenzen etc. Jean-Marc Meyrat                 sich die Meldungen, jedoch
indes ist – neben zunehmend               werden nur Fotos gepostet, mit denen
schrumpfenden Textinhalten – nicht        die Nutzer etwas über sich selbst

                                                                               17
Schwerpunkt

erzählen. So werden vorab hoch-                   Das Kommentarnäheste
wertige Fotos entsprechender Sujets               Auch Twitter funktioniert nach
eingesetzt – getreu der Devise: Ein               dem Stapelprinzip. Da geht es
Bild sagt mehr als tausend Worte.       um schnelles Reagieren, um Kürze und
Denn wirkt ein Foto nicht attraktiv,    Empörung, um geistreiche oder ätzende
erhält es weniger "Likes". Zudem        Kommentare – mit Tweets und Ret-
interessiert sich der neckische Algo-   weets im eigenen Netzwerk. Twitter ist
rithmus nur für schnellen Austausch.    denn auch das bevorzugte Podium für
Damit ein Foto rund um den Erdball      Politiker à la Donald Trump. Zum Glück
geteilt wird, muss es mit einem "Tag"   nicht nur: Christina Fasser, Präsidentin
(Schlüsselwort) versehen werden,        von Retina International, jedenfalls
dem ein "Hashtag" vorangeht, denn       nutzt die 256 Zeichen für Anmerkungen
nur damit lockt man neue Besucher       zu wissenschaftlichen Publikationen,
an.                                     etwa zur Retina-Forschung.

Inserat

                                  Erste sprechende
                                  und vibrierende
                                  Schweizer Uhr
     ACUSTICA –
     ein Projekt des SZB
                                  www.acustica-watches.ch

18
Schwerpunkt

Behutsam vom Visuellen zum Auditiven
Peggy Preteceille, Beraterin Stiftung AccessAbility

Sehbehinderte mit noch nutzbarem Sehrest wie Christophe Rollinet
können ihre Fähigkeiten mit einer neuen Software erhalten und ausbauen:
"Fusion" koppelt die Vergrösserungssoftware "Zoom-Text" im Wortsinn
an den Screenreader "Jaws". Zuversichtlich erlernt der Vizepräsident der
Sektion Freiburg allmählich den Umgang damit und bereitet sich so auf
den Tag vor, an dem er aufgrund seiner Augenerkrankung gezwungen sein
wird, auditiv statt visuell zu arbeiten. Die vom SBV mitgetragene Stiftung
AccessAbility unterstützt ihn dabei.

Für Sehbehinderte, die noch auf dem                               Erleichterte
Computerbildschirm lesen, ist die Um-                             Computerarbeit:
stellung von "ZoomText" auf "Jaws"                                Christophe
ein grosser, mit Unsicherheit verbun-                             Rollinet nutzt
dener Schritt – herausfordernd wie                                die neue Soft-
der Einsatz eines weissen Stocks. Die                             ware "Fusion".
neu entwickelte Software "Fusion"                                 Foto: Peggy
erleichtert diesen Schritt, wie Christo-                          Preteceille.
phe Rollinet bestätigt. Zuvor habe er
befürchtet, die IT-Tools nicht mehr          Tastatur zu erlernen – auch im Wissen
nutzen zu können, so der seit 2015           darum, dass "ZoomText" nicht alles
von AccessAbility begleitete 45-             vorliest. Ein anforderungsreicher Lern-
Jährige. Eines Tages wieder arbeiten         prozess, insbesondere was die Tasten-
zu können, erschien ihm kaum denk-           befehle betrifft.
bar. Inzwischen hat er wieder eine           In einem zweiten Schritt erfolgt die
Beschäftigung gefunden.                      Umstellung auf "Jaws" mit aus-
                                             schliesslich vorgelesenen Bildschirm-
Anforderungsreicher Lernprozess              inhalten. Betroffene, die sich nicht
Die Umstellung auf einen Screen-             mehr auf Visuelles in starker Ver-
reader erfolgt normalerweise in zwei         grösserung stützen können, lernen, in
Schritten: Zunächst vertrauen Seh-           verschiedensten Dokumenten gewandt
behinderte auf die Sprachfunktion von        zu navigieren. Zumal "Zoom-Text" und
"ZoomText", um sich an die Computer-         "Jaws" mit der auch für eine Entlas-
stimme zu gewöhnen und sich lange            tung der Augen garantierenden Soft-
Texte vorlesen zu lassen sowie die           ware "Fusion" inzwischen optimal
Bedienung des Computers mittels              funktionieren.

                                                                                  19
Verbandsleben

Standpunkt
Arno Tschudi, Sektionspräsident Graubünden

Liebe Leserin, lieber Leser
Anlässlich der Generalversammlung
unserer Sektion in Chur durfte ich am
2. März 2019 das Präsidium von
Monika Koch übernehmen. Gleichzei-
tig hat Edi Farrer meine Nachfolge im
Vorstand angetreten. Ein solch lücken-
loser Übergang ist keineswegs selbst-                            Arno Tschudi.
verständlich. Nach der Anfrage 2014                              Foto: SBV
für eine Mitarbeit im Vorstand ab 2015
habe ich mich jedenfalls gleich gefragt:   verschiedenen Regionen des Sektions-
"Wie viele Stunden Arbeit bedeutet         gebiets durchzuführen. So findet die
das für mich?" Heute kann ich diese        Sektionswanderung dieses Jahr im
Frage gut und einfach beantworten:         Unterengadin statt: auf den Spuren
Die reine Vorstandsarbeit ist über-        von "Schellenursli" von Lavin über
schaubar – mit Sitzungsterminen und        Guarda nach Ardez. Ebenso geplant
Anlässen. Engagiert man sich indes         ist ein Besuch im Oberengadin, wo ich
auch für Sensibilisierungen, ist die       nicht nur Sektionsmitglieder besuchen
Grenze nach oben offen. Für mich ist       möchte, sondern möglichst viele
dieses Engagement äusserst befrie-         Sehbehinderte der Region kennen-
digend. So hoffe ich, auch weiterhin       zulernen hoffe.
genügend Zeit für meine Sensibili-         So ergeben sich immer wieder be-
sierungsarbeit zu finden.                  reichernde Begegnungen, wie ich
Zu meinen Zielen: Als Sektionspräsi-       es schon oft erleben durfte. Im Nach-
dent möchte ich darauf hinarbeiten,        hinein höre ich dann oft: "Du hast
den SBV und sein Tätigkeitsfeld noch       mir sehr geholfen mit deinen Rat-
besser bekannt zu machen und mög-          schlägen." Das stimmt aber nicht
lichst viele neue Mitglieder zu gewin-     ganz, zumal jede Begegnung auch
nen. Wichtig ist mir zudem, den Kontakt    mir jeweils viel bringt – für mich der
mit den Mitgliedern zu pflegen und sie     Inbegriff für Selbsthilfe. Als Vertreter
zu motivieren, an unseren Anlässen         eines Randkantons ist mir überdies
teilzunehmen. Da unsere Sektion            daran gelegen, den Kontakt zu
ziemlich gross ist und in viele Seiten-    anderen Sektionen zu pflegen, damit
täler reicht, ist es mir ein zentrales     wir uns gegenseitig austauschen
Anliegen, unsere Aktivitäten in den        und unterstützen können.

20
Verbandsleben

"Im Strategieprozess werden alle
Beteiligten miteinbezogen"
Hervé Richoz, Redaktor "Clin d’œil"

An der diesjährigen SBV-Delegierten-      werden im Strategieprozess alle Be-
versammlung wird die Strategie des        teiligten miteinbezogen. Wir müssen
Verbands für die Jahre 2019 bis           dafür sorgen, dass unsere Forde-
2022 zur Verabschiedung vorgelegt.        rungen berücksichtigt werden.
Gabriel Friche äussert sich im Vor-
feld zur Mitwirkung des Sektionen-        Was ist mit dem Einfluss auf
rats als amtierender Präsident.           Sektionen oder Mitglieder?
                                          Es gibt keine messbaren Auswirkungen
Gabriel Friche, wie sehen Sie             auf die Sektionen. Der SBV besteht
die Zukunft?                              bekanntlich aus seinen Mitgliedern.
Grundsätzlich bin ich zuversichtlich.     Kernfrage ist: Was benötigen die Mit-
Hauptanliegen bleibt vorerst die          glieder tatsächlich, und welche Infra-
Sanierung der Finanzen. Der SBV           struktur braucht es dafür? Der SBV hat
prüft derzeit Korrekturmassnahmen,        die Bedürfnisse bereits ermittelt und
gestützt auf Ergebnisse der bisher gel-   versucht, diese mit den verfügbaren
tenden Strategie der Jahre 2015–2018.     Mitteln abzudecken. Jedoch frage ich
Es sind noch nicht alle Auswirkungen      mich, ob jene Mitglieder, die Leistungen
dieser Entscheide bekannt. Werden         beziehen, auch diejenigen sind, die am
die Mitglieder unter der Streichung       meisten darauf angewiesen sind.
von Dienstleistungen leiden? Es ist       Anpassungen erscheinen notwendig.
ein langer Sanierungsprozess. Allein
schon das Ausbleiben von Verlusten        Abschliessend?
ist ein Gewinn – wenn möglich nicht       In den Sitzungen des Sektionenrats
zu Lasten der Mitglieder.                 kommen Stärken wie auch Sorgen der
                                          Sektionspräsidenten zur Sprache. Das
Inwieweit kann sich der Sektionenrat      Hauptproblem besteht in der Neu-
im Strategieprozess einbringen?           besetzung von Ämtern in den Vorstän-
Die Strategie für die Jahre 2019 bis      den und im Erhalt bestehender Netz-
2022 wird in den einzelnen Organen,       werke. Das ist eine zentrale Aufgabe
also im Sektionenrat, im Verbands-        des SBV-Mitgliederdienstes und eine
vorstand und in der Geschäftsleitung,     für die Sektionen elementare Dienst-
getrennt ausgearbeitet. Aufgrund der      leistung unseres Verbands, die es
Konsultation auch des Sektionenrats       optimal zu nutzen gilt.

                                                                                21
Verbandsleben

IV-Assistenzbeitrag
Pfeiler tragfähiger Autonomie
Hervé Richoz, Redaktor "Clin d’œil"

Der Assistenzbeitrag der Invalidenversicherung (IV) sieht vor, Menschen
mit Handicap in ihrem Zuhause jene Eigenständigkeit zu garantieren, die
zu Ausgeglichenheit, Unternehmungslust und Lebensqualität verhilft.
Viele Blinde und Sehbehinderte wissen indes gar nichts davon. Nicht so
Isabelle Aymon aus Conthey (VS), die dem Rat ihrer SBV-Sozialarbeiterin
Muriel Clivaz gefolgt ist und seither vom Assistenzbeitrag profitiert. Eine
Erfolgsgeschichte.

Ein Wintertag in der Walliser Weinbau-    ihr machten und ihr halfen, die Tücken
gemeinde, nach und nach erhellt die       des Alltagslebens zu meistern: "All
Morgensonne die Wohnung von Isa-          dies zu koordinieren, war für uns alle
belle Aymon. Die Fünfzigjährige erwar-    kompliziert. Stets galt es vorauszu-
tet freudestrahlend Besuch von Muriel     planen, und bei kurzfristigen Absagen
Clivaz, Sozialarbeiterin der SBV-         kam Panik auf."
Beratungsstelle Sion, die ihr geholfen
hat, bei der IV einen Assistenzbeitrag    Wiedergewonnene Leichtigkeit
zu beantragen. Denn Isabelle Aymon        Seit 2013 kann sich Isabelle Aymon
leidet an einer genetisch bedingten       auf zwei Helferinnen – ihre "Engel-
degenerativen Augenerkrankung. Ihr        chen" – verlassen, die ihr abwech-
verkleinertes Gesichtsfeld hat oft        selnd zur Seite stehen: "Ihre Beglei-
schon für simple Alltagstätigkeiten       tung hat meine doch schon älteren
erhebliche Einschränkungen zur Folge.     Eltern entlastet. Jetzt weiss ich, dass
Umso mehr ist sie inzwischen erleich-     ich grundsätzlich alles Unvorher-
tert und gesteht: "Erst der Hinweis       gesehene meistern kann." Ganz
meiner Sozialbetreuerin, der meine        Dame, weiss sie auch zu schätzen,
Hilflosigkeit nicht entgangen war, hat    dass ihre beiden "Komplizinnen" beim
mich auf die Option einer IV-Unterstüt-   Einkaufen das Richtige für sie erspähen,
zung aufmerksam gemacht. Zuvor            sie diskret darauf hinweisen, wenn
hatte ich davon keine Kenntnis."          Kleidungsstücke Flecken aufweisen
Vor dem IV-Antrag war Isabelle Aymon      oder nicht zusammenpassen. So ist
im Alltag ganz auf ihre Eltern und        Isabelle Aymon ohne weissen Stock in
andere Helfende angewiesen, die sie       ihrer Umgebung mit Leichtigkeit unter-
zum Arzt begleiteten, Besorgungen mit     wegs. Dieser Schritt steht nicht weni-

22
Verbandsleben

gen Klienten von Muriel Clivaz noch
bevor: "Viele glauben weiterhin, sie
müssten ganz allein zurechtkommen
oder hätten keinen Anspruch auf eine
Hilflosenentschädigung, welchen
Grades auch immer."
Für Isabelle Aymon, die ihre Bedürfnisse
heute genau kennt, ist diese Konstel-
lation jedenfalls ideal: Ihre beiden
Betreuerinnen kümmern sich ausser
montags im Wechsel täglich um sie. In
anderen Fällen können auch mehrere
Hilfskräfte zu verschiedenen Zeiten
unterschiedliche Aufgaben über-             Isabelle Aymon (links) kann weiter-
nehmen. "Zu klären sind diverse Fragen      hin auf die hilfreiche Unterstützung
wie die nach der Verfügbarkeit, der         ihrer Sozialbetreuerin Muriel Clivaz
Arbeit auf Abruf oder des Vertrauens,       zählen. Foto: Hervé Richoz
zumal die behinderte Person de facto
zum Arbeitgeber wird und mit dem            den haben. Anstatt immer wieder
Geld der IV ihre Angestellten entlöhnt",    andere bitten zu müssen, ziehen sich
erläutert Muriel Clivaz und fügt hinzu:     viele Menschen mit sensorischen
"Derweil Madame Aymon als frühere           Behinderungen aus dem Leben
Geschäftsführerin mit Personalfragen        zurück, beschränken sich auf das
bestens vertraut ist, fällt es anderen      Notwenigste, geben Hobbys auf und
oft schwer, beispielsweise ein Arbeits-     kapseln sich ab. Muriel Clivaz mahnt:
verhältnis bei Bedarf zu beenden." Das      "Der Assistenzbeitrag ist dafür da,
hat auch Isabelle Aymon erlebt: "Eine       dass Betroffene in den eigenen vier
der Hilfskräfte war wirklich nicht geeig-   Wänden leben können, ohne dass ihr
net, und ich musste die richtigen Worte     Umfeld überstrapaziert wird." Einzige
finden, um mich von ihr zu trennen", er-    Bedingung für den Antrag auf einen
innert sie sich. Seit sie Ersatz gefunden   Assistenzbeitrag ist der Bezug einer
hat, ist alles wieder in Ordnung.           Hilflosenentschädigung. Die IV-
                                            Verantwortlichen prüfen, wie die
Assistenz nutzen                            Antragstellenden ihren Alltag bewälti-
Die nicht ganz einfache Umsetzung           gen und entscheiden danach, wie
einer Assistenz dürfte wohl auch miter-     viele Assistenz-Stunden zu geneh-
klären, warum sich bisher erst wenige       migen sind. Alsbald ist der Weg frei –
von einer Sehbeeinträchtigung Betrof-       für einen neuen Lebensabschnitt auf
fene für diese Hilfeleistung entschie-      solidem Fundament.

                                                                                 23
Verbandsleben

Veranstaltungen                                 SBV-Mitglieder und ihre Fami-
                                                lien offen, die Schweizer-
Sektion Aargau-Solothurn                        deutsch verstehen. Eintritt:
13.04.	GV im Hotel "Zofingen", 10 Uhr,         CHF 50.–, Anmeldefrist: 16.03.
       mit schriftlicher Einladung.
       Anmeldung: Rita Mayer,             Stammtisch: 29.03., 26.04., 31.05. im
       056 610 74 03 oder rita-mayer@     Restaurant "Egghölzli" Bern, jeweils
       sbv-bvas.ch, bis 30. März.         18 Uhr. Jolanda Gehri, 079 339 79 89
                                          Showdown-Training: jeweils Donners-
Fitness-Nachmittag – Pilates-Kurs:        tagabend oder Freitagnachmittag.
Klubschule Migros Aarau, jeweils          Dreimal schnuppern gratis, auch für
montags, 14.45 Uhr. Anmeldung/Infor-      Mitglieder anderer Sektionen.
mationen: SBV Bern, 031 390 88 37         Anmeldungen: sektion.be@sbv-fsa.ch
oder kurse@sbv-fsa.ch.Kreativ-Nach-       oder 076 500 63 21 (19 bis 20 Uhr)
mittag: Klubschule Migros Aarau,
jeden Mittwoch, 13.30 Uhr. Kontakt:       VoiceNet: Rubrik 1 3 1 1
Theres Raimondi, 079 288 72 89 oder
theres.raimondi@gmx.ch. Stamm-            Sektion Berner Oberland
tisch/Kaffeetreff: "Aarauerstube"         27.04.	Frühlingsausflug: Brunch auf
Aarau, am zweiten Dienstag jeden                 dem Bauernhof
Monats, 14 Uhr. Kontakt: Kurt Stöckli,
056 621 17 15 oder kurt-stoeckli@sbv-     Kreativgruppe / Kreativgruppe B Thun,
bvas.ch. Englischkurs: Fokus-Plus         Reformiertes Kirchgemeindehaus,
Olten, jeweils freitags, 13.30 Uhr        Frutigenstr. 22, 3600 Thun, 13.30 bis
(Level A2), 14.40 Uhr (Level B2).         16.30 Uhr: jeden zweiten Dienstag.
Kontakt: Bruno Zaugg, 062 797 23 84       Kontakt: Pia Krüger, 031 869 02 03.
oder simbeli98@gmail.com                  Freitagstreff Thun, Bahnhofbuffet
                                          Thun, ab 13.30 Uhr: 26.04., 31.05.
VoiceNet: Rubrik 1 2 2                    Kontakt: Yvonne Albisser,
                                          033 437 25 82.
Sektion Bern                              Kreativgruppe Spiez, Evang. Gemein-
16.03.	GV im Restaurant "Egghölzli"      schaftswerk, Kornmattgasse 8, 3700
       Bern                               Spiez, 13.30 bis 16.30 Uhr: 20.03.,
19.03.	Thermalbad Charmey mit der        03.04., 17.04., 01.05., 12.06., 26.06.
       Sektion Freiburg                   Kontakt: Bettina Stoll, 033 654 94 06.
06.04.	Kultureller Frühlingsanlass mit
       Brunch und anschliessender         Neu: Luftgewehrschiessen für Blinde
       Aufführung "Dormicum" des          und Sehbehinderte, jeweils dienstags
       Komikers Patrick Frey. Für alle    oder nach Vereinbarung in der

24
Verbandsleben

Lachenhalle Thun, ab 16 Uhr. Kontakt:   24./ Festival "Ludimaniak"
Bruno Heimberg, 079 434 42 38.          25.05. 	Estavayer-le-Lac, mit Sensibili-
                                               sierung für Primarschulklassen
VoiceNet: Rubrik 1 3 1 2                18.06.	Ausflug Guggershörnli und
                                               Stiftung Compaterra Guggis-
Sektion Biel – Berner Jura                     berg (BE), Kontakt: Erika von
28.04.	Brunch im Café-Restaurant              Gunten, 079 542 21 12
       Stiftung Battenberg
08.05.	Altstadtbummel mit Führung in   Kontaktgruppen:
       Französisch                      Düdingen: Nelly Falk, 026 493 14 19
15.05. Besuch SZB Lenzburg              Freiburg: Andrea Zullo, 079 554 07 16
21.05.	Tag der offenen Tür             Romont: Jean-Louis Uldry,
       "Chez Louis"                               026 652 40 00
15.06. Sektionsreise nach Brienz        Murten: Beatrice Imoberdorf,
                                                 026 670 85 85
Schachkurs mit B. Holzer im "Al
Capone" Biel: jeweils mittwochs, 14     Aktuelle Informationen auf VoiceNet,
bis 16.30 Uhr, zehnmal, ab 3. April.    Rubrik 1 4 1, und auf http://freiburg.
iPhone-Kurs in französischer Sprache    sektion.www.sbv-fsa.ch/de
im Farelhaus Biel unter Leitung der
Apfelschule, ab 18. April.              Sektion Genf
Anmeldungen und Auskunft:               23.03. GV
Esther Weber, 032 331 25 13,            06.04. Ausflug
weberesther@gmx.ch                      10.04. Frühlingsessen CAD
                                        19.04. Themenabend zum Karfreitag
VoiceNet: Rubrik 1 3 1 3                04.05.	Ausflug Les Grangettes /
                                                Villeneuve
Sektion Freiburg                        17.05. Themenabend
19.03.	Thermalbad Charmey, Kontakt:    18.05.	Führung zur Ausstellung
        Andrea Zullo                            "Historie de l’art", Musée d’art
04.04.	Molières "Amour et Psyché",     01.06. Ausflug
        mit Audiodeskription, Espace    02.06.	Besuch der Ausstellung
        Nuithonie, Villars s/Glâne              "La vague" mit Führung, Musée
30.04.	Arena Avenches, Kontakt:                d’art
        Christophe Rollinet,
        079 253 30 68                   Unterhaltungsnachmittag, Salle de
18.05.	Jahresausflug: Lac Souterrain   Champel: 22.03., 26.04., 24.05.
        Saint-Léonard (VS), Kontakt:    Smartphone-Treffen mit Jean-Marc
        Andrea Zullo                    Meyrat ABA: 02.04., 07.05., 04.06.

                                                                                 25
Verbandsleben

Spaziergänge: 03.04., 01.05., 05.06.            Post" Basel, ab 14 Uhr. Anmel-
                                                dung: Chantal Wilhelm,
VoiceNet: Rubrik 1 4 1                          061 721 57 69 oder chantal.
                                                springinsfeld@bluewin.ch
Sektion Graubünden                       30.03.	Wanderung mit Stefan Schmid,
20.03.	"anderssehen"-Treff:                    061 534 45 02 oder steff.
        Lachyoga-Seminar Chur                   schmid@hispeed.ch
24.04.	"anderssehen"-Treff: Torkel      06.04.	Spieletreff mit Norbert Müller
        Maienfeld                               im "Prima Vista", ab 11 Uhr.
24.05. Sektionsausflug mit dem Car              Anmeldung: Norbert Müller,
29.05.	"anderssehen"-Treff:                    079 639 17 73 oder norbert@
        Nachtwächterführung Mels                norbertmiller.de
                                         27.04. Wanderung mit Beni Karle,
Wandervögel: 13.04., 11.05., 08.06.              061 421 32 03 oder b.karle@
Informationen jeweils 2 Wochen                   irides.ch
vor den Terminen per Mail oder auf       25.05.	Wanderung mit Markus Kaiser,
www.anderssehen.ch.                             076 348 76 86 oder markais@
                                                gmx.ch
Kontakt und Informationen: Monika        26.05. Geburtstag "Prima Vista"
Koch, 079 774 81 90, sektion.gr@sbv-
fsa.ch. Anmeldungen: 078 704 72 24       Stammtisch: jeweils am ersten Freitag
oder kontakt@anderssehen.ch              des Monats im "Klybeck Casino" Basel,
                                         ab 18.30 Uhr
VoiceNet: Rubriken 1 5 1 1 und 1 5 1 2   Sehtreff: jeweils am letzten Donners-
www.sbv-fsa.ch/sektion_graubuenden       tag des Monats im "Prima Vista". An-
                                         meldung: Paolo Fraschina, 079 731 38
Sektion Jura                             81 oder p.a.fraschina@bluewin.ch
06.03. Kartenspiel
28.03.	Theater mit AD (Frida Kahlo)     VoiceNet: Rubrik 1 6 1, 061 303 30 46

VoiceNet, Rubrik 1 5 1                   Sektion Ostschweiz
                                         14.04.	Wanderung "Winzenberg",
Sektion Neuenburg                                weitere Info 14 Tage vorher auf
22.06.	Ausflug der Areuse entlang               VoiceNet
                                         26.04.	Frühlingsanlass "Symphonie-
VoiceNet: Rubrik 1 6 1                           konzert und Lunch in der Ton-
                                                 halle St. Gallen", Anmeldung /
Sektion Nordwestschweiz                          Info in Post, auf VoiceNet und
23.03.	GV im Restaurant "Zur Alten              Website

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