"DER ZEITPLAN IST SEHR AMBITIÖS." - PWC
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
31. August 2021 Leader Martina Walt: «Der Zeitplan ist sehr ambitiös.» Die Rheintalerin Martina Walt ist Partne- rin bei der PwC Schweiz/Liechtenstein und leitet das regionale Team Ostschweiz. Sie ist Steuerexpertin und Spezialistin für interna- tionales Steuerrecht. tel. +41 41 531 22 15 www.pressrelations.ch Clipping-Seite 1/5
31. August 2021 Leader •• •• l FFundamentale undamentaleÄnderung Änderung Bei der Umsetzung der Steuerreform der OECD muss die Schweiz ihre Attraktivität für Unternehmen verteidigen. PwC-Steuerxpertin Martina Walt hält dafür Massnahmen wie die Senkung der Lohn- nebenkosten und Vergünstigungen zur Förderung der Attraktivität des Standort Schweiz für geeignet. Auch für eine ausgewiesene Steuerexpertin wie Martina Walt anderen die neue Gewinnallokation, mit der heutige digitale sind die von der OECD beschlossenen Neuerungen alles Wirtschaftsrealitäten abgebildet werden sollen. Walt ver- andere als Routine. «Wir erleben gerade eine fundamentale weist auf die Transferpricing-Regeln der OECD, die bisher Änderung in der Besteuerung der globalen Wirtschaft», sagt klären, welcher Gewinn in welchem Land steuerbar ist. «Diese die aus dem St.Galler Rheintal stammende PwC-Partnerin, Regeln basieren auf der physischen, funktionalen und risiko- «als Steuerberaterin hat man selten Gelegenheit, so viele basierten Präsenz eines Unternehmens - wo hat es Fabrikati- Wechsel in einer Karriere mitzuerleben.» onsanlagen, wo lokale Vertriebseinheit, wo Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen, wo werden Patente und Lizenzen Nun geht es schnell verwaltet? Daraus ergibt sich die Gewinnverteilung.» Eine Denn was nun ansteht, ist nicht der erste wesentliche Wechsel historische Betrachtungsweise, die durch die Digitalisierung in der Besteuerung. «Die ganze Geschichte fing schon früher immer weniger stimmig ist. an», erläutert Martina Walt. 2013 präsentierte die OECD auf Anregung der G20-Staaten einen 15-teiligen Aktionsplan gegen internationale Gewinnverlagerung und Verminderung der Bemessungsgrundlagen («Base Erosion & Profit Shifting», «Die Steuerbehörden kurz BEPS). Dieser Aktionsplan, BEPS 1.0 genannt, wurde haben gesehen, dass man inzwischen umgesetzt. Bald zeigte sich aber, dass die Mass- nahmen für die digitale Welt zu wenig greifen: «Andersrum da noch mehr reinholen kann.» gesagt: Die Steuerbehörden haben gesehen, dass man da noch mehr reinholen kann.» Vor allem die Hochsteuerstaaten hätten ein Interesse daran, mehr Steuern in ihr Land zu holen, Eine digitale Operation braucht kaum lokale Mitarbeiter, erklärt Walt. darum kann das Unternehmen seine Immaterialgüter, die den Die Mindeststeuer komme nicht überraschenderweise von weltweiten Umsatz generieren, an einem - steuergünstigen heute auf morgen, es habe sich beim BEPS 1.0 abgezeichnet, Ort zusammenziehen. Vor diesem Hintergrund haben etliche dass die Diskussion in diese Richtung weitergehe. Grossen Länder individuelle Digitalsteuern eingeführt, diese sollen nun Schub habe es gegeben, weil nun die USA auf den Zug aufge- aber mit dem ersten Pfeiler von BEPS 2.0 ersetzt werden. «Die sprungen ist und sich für die Mindestbesteuerung ausgespro- Gewinnallokation wird von der physischen Substanz gelöst. chen hat. «Das hat das Momentum gegeben», sagt Martina Neu zählt auch, wo die Umsätze erzielt werden», erklärt Walt. Walt, «was viele überrascht hat ist, dass es wirklich so schnell «Ein Teil des Gewinns wird künftig auf die Länder verteilt, wo geht. Der Zeitplan ist sehr ambitiös.» der Umsatz anfällt.» Neue Pfeiler: Mindestbesteuerung und Gewinnallokation Eine Reform nach der anderen Also gedieh das Projekt BEPS 2.0. Dieses hat zwei Pfeiler, Als Schweizer Steuerexpertin hat Martina Walt zwischen den zum einen die Mindestbesteuerung von wohl 15 Prozent, zum beiden BEPS-Reformen der OECD miterlebt, wie die Schweiz tel. +41 41 531 22 15 www.pressrelations.ch Clipping-Seite 2/5
31. August 2021 Leader mit STAF (Steuerreform und AHV-Finanzierung) ein eigenes Lohnnebenkosten senken Projekt stemmte. STAF nahm Forderungen der EU und Punkte Die Ostschweizer Kantone werden wohl oder übel ihre Unter- aus BEPS 1.0 auf, etwa die Abschaffung der Holdingprivilegien. nehmenssteuern auf 15 Prozent erhöhen und versuchen, im Nun steht der nächste grosse Umbau der Steuermecha- Gegenzug den Unternehmen irgendwelche andere Goodies nismen bevor. Walt Weiss, was das bedeutet: «Steuergesetz- zu geben, um die Standortattraktivität zu erhalten. «Da wird änderungen geben grundsätzlich Arbeit», sagt sie mit einem sich in den nächsten Monaten zeigen, welche Massnahmen Lächeln im Gesicht - ihr Know-how wird noch gefragter wer- akzeptiert werden», gibt Martina Walt zu bedenken. Neben den. Gesetzgeber und Steuerexperten überall auf der Welt Subventionen für Forschung und Entwicklung, die alle Stand- müssen die politische Einigung in praktikable Mechanismen orte vermehrt ausreizen werden, schlägt Walt vor, auch beim übersetzen. Denn so klar es scheint, dass die Mindeststeuer für Schweizer Lohnniveau anzusetzen: «Unsere Löhne sind im Gewinne kommen wird: «Die Basis, auf welcher die Minimal- Verhältnis sehr hoch, wir haben aber auch gute, qualifizierte steuererhoben wird, ist einer der grossen Diskussionspunkte», Mitarbeiter, sie sind effizienter und fallen weniger aus. Eine erklärt Walt. Die Zeit drängt, schon im Steuerjahr 2023 sollen Idee wäre deshalb, die Lohnnebenkosten zu senken.» Kosten die neuen Spielregeln Anwendung finden, «bis im Oktober für Sozialversicherungen oder Bewilligungen, die im Ausland muss einiges an Arbeit geleistet werden.» als hoch angeschaut werden, könnten gesenkt, Ausfälle durch Absehbar ist jetzt schon, dass die beiden Pfeiler der Steu- die höheren Steuereinnahmen ausgeglichen werden. Einfach erreform zu noch mehr Komplexitäten führen werden. «Wenn ist auch dieser Ansatz, kantonal unterschiedliche Steuersätze man die Regeln anwenden will, muss man weltweit sehr detail- über Bundesabgaben auszugleichen, nicht. lierte Daten aus der Buchhaltung aufbereiten können, um die entsprechenden Deklarationen pro Land machen zu können», sagt Walt. «Da wird sich in den nächsten Zähneknirschendes Mitmachen Monaten zeigen, welche Mass- Dafür wäre ein weltweit einheitlich aufgesetztes finanziel- les Buchführungs-und Reportingsystem ideal. «Das ist aber nahmen akzeptiert werden» Wunschdenken», hält Martina Walt fest, «In der Realität haben wir drei, vier unterschiedliche Systeme.» Die benötigten kon- solidierten Daten können also nicht einfach auf Knopfdruck Der Kreativität werden auf jeden Fall Grenzen gesetzt wer- aus dem System geholt werden. Die Steuerreform wird vorerst den. «Die OECD hat schon angedeutet, dass sie genau darauf einmal viel Handarbeit mit sich ziehen. achten wird, welche Abzüge toleriert werden.» Subventionen würden tendenziell akzeptiert, man müsse aber darauf achten, dass man nicht in verbotene staatliche Beihilfen gerate, sagt Martina Walt. Sie geht davon aus, dass der Standortwettbe- «Viele KMU machen werb noch schärfer werden wird; es wird intransparenter, wel- ihre Umsätze mit che Goodies angeboten werden. «Wir sind ja heute schon im Wettbewerb mit Irland, den Niederlanden, dem Vereinigten internationalen Konzernen.» Königreich oder Singapur.» Der Steuersatz sei ein wichtiges Element in diesem Wettbewerb. Daneben spielen aber Fak- toren wie die Verfügbarkeit von Talenten, die Qualität und die Die Schweiz wird eigene Vorschläge in die globale Diskus- Effizienz der Arbeitnehmer oder die Rechtssicherheit im Land sion einbringen, wie die künftige Steuerbasis, die «GloBE», eine grosse Rolle. möglichst fair und einfach ermittelt werden kann. In Arbeits- Für Massenproduktionen seien Schweizer Arbeitskräfte gruppen des Bundes speisen PwC und andere Unternehmen im Vergleich zu teuer, «da können wir im Wettbewerb nicht über Verbände wie Swissholdings oder Economiesuisse ihre mithalten. Aber wenn es darum geht, hochspezialisierte For- Ideen ein. «Es ist richtig, dass die Schweiz (zähneknirschend schungsabteilungen anzusiedeln, wenn es um präzise Spezi- mitmacht>, wie es Bundesrat Ueli Maurer formulierte, so haben alanfertigungen oder internationale Headquarterfunktionen wir einen Platz am Tisch der OECD und können mitreden für Führung und Strategie geht, da kann die Schweiz in der und versuchen, so attraktiv wie möglich zu bleiben.» Mitte von Europa extrem punkten.» Als globales Unternehmen hat PwC den Vorteil, sich intern austauschen zu können. «Wir kennen die Ideen der Amerika- KMU können profitieren ner oder der Deutschen, die eine andere Steuergesetzsyste- Die meisten Schweizer KMU sind nicht Ziel der neuen Rege- matik und -politik haben und eine andere Perspektive mit an lungen. Natürlich wollen diese Firmen erst recht nicht, dass den Verhandlungstisch bringen: Sie sind Hochsteuerländer der Steuersatz raufgeht. «Viele KMU machen ihre Umsätze und auch grosse Märkte - die Interessen sind sehr unter- mit internationalen Konzernen, die fahren im Fahrwasser schiedlich», sagt Walt. «Die Schweiz wird natürlich versuchen, der Grossen», gibt Martina Walt zu bedenken. Headquarter, die Standortattraktivität der Schweiz hochzuhalten und am Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen und andere Schluss eine Lösung zu finden, die ins Schweizer Steuer- spezialisierte Einheiten von Grossen würden immer auch system passt.» viele kleine lokale Zulieferer, Dienstleister, Spezialisten tel. +41 41 531 22 15 www.pressrelations.ch Clipping-Seite 3/5
31. August 2021 Leader anziehen:«Wenn wirden Standortfürdie internationalen Kon- Kleine Schweizer Unternehmen, die nur im Inland tätig zerne attraktiv halten, können wir die Wirtschaft insgesamt sind, werden von den Neuerungen vielleicht wenig spü- stützen und den Markt für Zulieferer behalten. Das kommt ren, vor allem dann, wenn ein Kanton die Mindeststeuer nur unseren KMU zugute.» für Umsätze ab 750 Millionen Euro einführen würde. Doch Wenn die OECD-Regelungen klarere Konturen haben, schon wenn ein Ostschweizer KMU in Vorarlberg und Baden muss die Schweiz Änderungen im Steuergesetz vornehmen. Württemberg tätig ist, dürften sich einige lokale Vorschriften «Ich nehme an, es wird eine intensive Debatte um die beglei- ändern - und der bürokratische Aufwand für die Steuererklä- tenden Kompensationsmassnahmen geben», sagt Walt. Bei- rung steigen. spielsweise, wenn mehr Arbeitsbewilligungen für ausländische Jene 21 Ostschweizer Unternehmen und weit über 100 Spezialisten ermöglich werden sollten, «gibt sicher einige poli- Tochterfirmen internationaler Konzerne, die überder Schwelle tische Sensibilitäten.» von 750 Millionen Euro liegen, müssen sich ohnehin darauf vorbereiten, sehr viel mehr Daten aus ihren Geschäftsab- Wichtige Steuerzahler schlüssen für die Behörden aufzubereiten. «750 Millionen Die grosse Mehrheit der Unternehmen, die von der OECD ins Euro ist die gleiche Grenze, die man heute schon beim Coun- Visier genommen werden, sind ausländische Konzerne, die try-by-Country-Reportaus dem B EPS 1.0 kennt, da muss man in der Schweiz grosse operative Betriebe oder Headquarter bereits gewisse Daten pro Land aufarbeiten», sagt Martina unterhalten. «Das sind jene Unternehmen, dir bis vor Kurzem Walt. «Was nun kommt, geht aber massiv weiter. Die heutigen noch Privilegien hatten», betont Walt, «diese Unternehmen Daten reichen nicht für das, was man beim BEPS2.0 braucht.» sind auch relativ mobil. Es ist wichtig, dass wir die halten kön- Die Unternehmen müssen jetzt also ihre Buchhaltungs- nen, denn sie finanzieren den grössten Teil unserer Steuerein- system anpassen und sich fragen, wie sie an die relevanten nahmen und sie bringen Umsätze für unsere lokalen KMU.» Daten rankommen. «So eine Umstellung geht nicht von heute Das Umfeld in der Schweiz müsse deshalb so attraktiv bleiben, auf morgen, darum müssen sie das jetzt überlegen» sagt Walt. dass die Konzerne gute Gründe hätten, hierzu bleiben, auch Man weiss zwar noch nicht genau, wie die Daten aufbereitet wenn sie zwei, drei Prozent Steuern mehr bezahlen. werden müssen, wie die Formulare aussehen werden oder wie tel. +41 41 531 22 15 www.pressrelations.ch Clipping-Seite 4/5
31. August 2021 Leader Das Know-how von Steuerexpertinnen wie Martina Walt wird künftig noch mehr gefragt sein. die «GloBE», die künftige Bemessungsgrundlage, genau aus- Schiedsgericht nötig sehen werden. Aber man ahnt es. Die beiden Pfeiler der kommenden Steuerreform führen Es sei wichtig für ein Unternehmen, das die 750-Millio- dazu, dass die einzelnen Staaten noch vermehrt um dieselben nen-Euro-Umsatzschwelle überschreitet, jetzt aktiv zu wer- Steuererträge rangeln werden. Deshalb sei eine gute Disput- den, sich mit der Problematik auseinanderzusetzen und zu Resolution, ein Schiedsgericht, sehr wichtig. Wenn sich die überlegen, wie man diese Daten effizient von allen Tochter- Länder nicht auf eine Veranlagung einigen können, ein «Nicht- gesellschaften weltweit beschaffen und aufbereiten kann. Ob Einverständnis» vorliegt, «dann muss klar sein, wie die Regeln die Neuerung wirklich schon 2023 eingeführt werde, sei eine angewendet werden. Dieser Mechanismus muss wirklich funk- andere Frage, «mal schauen, ob der Gesetzgebungsprozess tionieren.» dem politischen Tempo hinterherkommt.» Weniger Standorte Für Steuerexpertin Martina Walt ist der Fokus in nächster Zeit «Unternehmen werden sich klar: «Wir sehen unsere Aufgabe darin, einem Unternehmen überlegen, wo sie sonst zu helfen, sein Potenzial auszuschöpfen.» Dabei werde der Blick zuerst auf optimale Zulieferketten und betriebliche Fak- Kosten sparen können.» toren und erst in zweiter Linie auf steuerliche Faktoren gelegt. «Wenn das Unternehmen mehr Steuern zahlen muss, wird deshalb die Gewinnvorgabe nicht kleiner. Darum werden sich Zudem glaubt Martina Walt, dass die bisher üblichen Dop- Unternehmen überlegen, wo sie sonst Kosten sparen können.» pelbesteuerungsabkommen zwischen zwei Ländern durch Dabei würden sich etliche Unternehmen fragen, ob sie multilaterale Abkommen ergänzt werden. «Die Zeit wird gar noch alle heutigen Standorte benötigen: «Man sieht heute nicht reichen, alle notwendigen Anpassungen Land für Land bereits eine gewisse Konsolidierung auf weniger Standorte.» zu machen», erläutert Walt den Trend. «Um sofort gleich lange Überlegungen, die auch durch die Corona-Pandemie weiter Spiesse für alle zu haben, muss man multilaterale Abkommen angeschoben wurden. schliessen.» Wenn sich globale Unternehmen auf weniger Standorte Allen Abkommen und Regeln zum Trotz werde aber am fokussieren, sei das sowohl eine Chance als auch eine Gefahr Schluss jedes Land schauen, dass es für sich optimieren für die Schweiz. Die grossen Konzerne hätten schon seit eini- könne. «Die Finanzminister werden an den Steuereinnahmen ger Zeit permanent ihre globalen Operationen angeschaut gemessen.» und sich überlegt: Bin ich noch am richtigen Ort? «Die Schweiz konnte in den letzten Jahren lernen. Wir wissen, dass wir den Standort dauernd verteidigen müssen», sagt Martina Walt. «Wir haben Übung darin, die Schweiz attraktiv zu halten. Die Text: Philipp Landmark Bilder: Marlies Thurnheer STAF hat sicher einiges dazu beigetragen.» tel. +41 41 531 22 15 Clipping-Nr. 2876071663 www.pressrelations.ch Clipping-Seite 5/5
Sie können auch lesen