Dezentrale Steuerverwaltung und interregionaler Wettbewerb im deutschen Finanzföderalismus
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IWH, Wirtschaft im Wandel, Jg. 19 (5), 2013, S. 91-95 Dezentrale Steuerverwaltung und interregionaler Wettbewerb im deutschen Finanzföderalismus Martin Altemeyer-Bartscher, Götz Zeddies Ein optimal ausgestalteter Steuervollzug sollte die gesamtwirtschaftliche Effizienz des Steuersystems sicherstellen. In einem föderalen Staat stellt sich daher auch die Frage, in welchem Verantwortungsbereich die Finanz- verwaltung angesiedelt sein sollte, um dieser Funktion möglichst gerecht zu werden. Es wird verdeutlicht, dass es im deutschen Finanzföderalismus unter Berücksichtigung des gegenwärtig geltenden Finanzausgleichsgesetzes einen eindeutigen komparativen Vorteil weder für eine Finanzverwaltung in Verantwortung des Bundes noch für eine solche in Verantwortung der Länder gibt. Ansprechpartner: Martin Altemeyer-Bartscher (Martin.Altemeyer-Bartscher@iwh-halle.de) JEL-Klassifikation: H77, H11, H21, H26 Schlagwörter: Länderfinanzausgleich, Steuervollzug, Föderalismusreform, interregionaler Wettbewerb Die Steuerverwaltung liegt seit Bestehen der Bundes- nige Argumente dafür, an der dezentralen Steuer- republik überwiegend im Verantwortungsbereich verwaltung festzuhalten. Im Folgenden sollen zu- der Bundesländer. Als Dienstherren der Finanz- nächst die problematischen Wirkungen des deut- ämter können die Bundesländer durch eine be- schen Länderfinanzausgleichs dargestellt werden, stimmte Schwerpunktsetzung bei der Wahrnehmung aus denen sich die Forderung nach mehr Zentrali- der Aufgaben beziehungsweise durch die Bestim- sierung ableitet. Im Anschluss daran wird aufge- mung der spezifischen Personal- und Sachausstat- zeigt, welche Wirkungen sich demgegenüber selbst tung einen wesentlichen Einfluss auf die Intensität im bestehenden Ausgleichssystem aus einem Wett- und Qualität der Steuerprüfung nehmen. 1 In den bewerb zwischen den Ländern im Bereich des letzten Jahren wurde auf politischer Bühne aller- Steuervollzugs ergeben. dings wiederholt über eine Zentralisierung des Steuervollzugs nachgedacht. Als Argument hierfür Steuerverwaltung und Finanzföderalismus in wird vorgebracht, dass der Länderfinanzausgleich Deutschland sowohl für Geber- als auch für Nehmerländer die Durch den vierstufigen Länderfinanzausgleich, der Anreize mindert, Steuern einzutreiben, weil sie ei- Finanzkraftunterschiede zwischen den Ländern stark nen Großteil der zusätzlichen Steuereinnahmen so- nivelliert, verbleibt nur ein geringer Teil der Mehr- fort wieder abgeben müssen. 2 Schätzungen zufolge einnahmen, die aus einem verbesserten Steuervoll- entgehen dem deutschen Staat aufgrund der da- zug resultieren, im betreffenden Bundesland. Bereits durch hervorgerufenen Ineffizienzen in der Steuer- auf der ersten Stufe des Finanzausgleichs führt die verwaltung Jahr für Jahr über zehn Mrd. Euro an Steuerzerlegung bei einigen Bundesländern dazu, Steuereinnahmen. 3 Gleichwohl sprechen auch ei- dass ein Teil der Einnahmen aus wichtigen Ge- meinschaftssteuern an andere Länder zurückgege- 1 Vgl. hierzu Bönke, T.; Jochimsen, B.; Schröder, C.: Fiscal ben werden muss. 4 Zudem wird beim Umsatz- Federalism and Tax Administration – Evidence from steuervorwegausgleich ein Teil des den Ländern Germany. DIW Discussion Paper No. 1307, 2013. zustehenden Umsatzsteueraufkommens (maximal 2 Vgl. Bönke, T.; Jochimsen, B.; Schröder, C.: Fiscal Equali- 25%) nach Bedürftigkeit an die Länder verteilt. zation and Regions’ (Un)Willingness to Tax: Evidence from Germany. Economics Working Paper No. 2011/06. Christian-Albrechts-Universität zu Kiel: Kiel 2011. 4 Im Rahmen der Steuerzerlegung werden die Einnahmen der 3 Vgl. Bundesministerium der Finanzen: Monatsbericht Länder aus der Lohn- und der Körperschaftsteuer gemäß März 2007, 75-86. dem Wohn- bzw. Betriebsstättenprinzip neu zugeordnet. Wirtschaft im Wandel, Jg. 19 (5), 2013 91
Die übrigen mindestens 75% des den Ländern zu- gleichs wieder verlorengeht. 5 Mit Ausnahme von stehenden Umsatzssteueraufkommens werden nach Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen und der Einwohnerzahl auf die Länder verteilt, wodurch Nordrhein-Westfalen liegen die Grenzbelastungen die Finanzkraft von Ländern mit relativ geringen bei sämtlichen Bundesländern über 85%.6 Pro-Kopf-Einkommen und Pro-Kopf-Konsum- ausgaben nochmals angehoben wird. Fehlanreize des Länderfinanzausgleichs Die Anreize der Landesregierungen, die örtliche Tabelle 1: Steuerprüfung durch Investitionen in die Ausstat- Grenzbelastungen der Bundesländer im Länder- tung der Finanzämter auszubauen, dürften bei ho- finanzausgleich im Jahr 2011 hen Grenzbelastungen relativ gering ausfallen. So - in % - zeigen empirische Analysen, dass die Grenzbelas- Bundesland Lohn- Körper- tung einen signifikant negativen Einfluss auf die steuer schaftsteuer Höhe der Steuereinnahmen hat. 7 Dies wird auf Bayern 72,65 79,01 geringere Anstrengungen der Länder beim Steuer- vollzug zurückgeführt. Baden-Württemberg 71,63 77,49 Eine Auswertung neuerer Daten aus den Steuer- Berlin 90,92 96,9 verwaltungen der Bundesländer untermauert diese Hypothese. Im Rahmen einer Benchmarking- Brandenburg 87,65 92,88 Analyse wurden über einen Zeitraum von fünf Jahren Bremen 88,64 93,74 hinweg vom Land Bremen Daten aller 16 Bundes- länder zu Kosten, Leistungen und der Effizienz Hamburg 68,47 74,95 öffentlicher Aufgabenwahrnehmung in verschie- Hessen 76,84 82,99 denen Bereichen gesammelt und ausgewertet. Für Mecklenburg-Vorpommern 88,15 93,32 die Finanzverwaltung liegen für die Jahre 2004 bis 2008 unter anderem Daten zur Personalausstattung Niedersachsen 88,03 94,47 der Finanzämter, zu Betriebsprüfungen (Prüfungs- Nordrhein-Westfalen 62,15 68,90 turnus für große und mittlere Betriebe, Personal- ausgaben und zur Verfügung stehende Zeit je ge- Rheinland-Pfalz 90,85 97,14 prüftem Betrieb, Ausgaben-Ertragsquote) sowie zu Saarland 88,48 93,70 den Kosten der Steuerverwaltung (in % der Ein- nahmen und je Einwohner) vor. Eine weitergehende Sachsen 86,72 91,96 Analyse der Daten zeigt eine teils signifikante Kor- Sachsen-Anhalt 87,75 92,95 relation zwischen der Grenzbelastung der Bundes- länder im Länderfinanzausgleich und den Leistungs- Schleswig-Holstein 87,24 92,84 Thüringen 87,81 93,00 Quellen: www.laenderfinanzausgleich.com (Universität Würz- 5 Die Berechnungen wurden mit dem Programm „Finanz- burg); Berechnungen des IWH. ausgleich zum Selberrechnen“ durchgeführt. 6 Die Ergebnisse in Tabelle 1 zeigen, dass, anders als häufig Außerdem mindert der Finanzausgleich im en- behauptet, die negativen Anreizwirkungen des Länder- geren Sinne die Anreize der Länder, mehr Steuern finanzausgleichs für die Geberländer geringer sind als für einzutreiben, weil ein Großteil der erzielten Mehr- die Nehmerländer. Dies ist im Wesentlichen darauf zurück- zuführen, dass sich die Ansprüche der Nehmerländer an einnahmen im Rahmen des Finanzausgleichs wie- den Länderfinanzausgleich sowie an die Fehlbetrags- der abgeführt werden muss. Tabelle 1 zeigt die Bundesergänzungszuweisungen im Falle höherer Steuer- Grenzbelastungen der Bundesländer für die Lohn- einnahmen deutlich verringern. 7 Vgl. hierzu Baretti, C.; Huber, B.; Lichtblau, K.: A Tax on und die Körperschaftsteuer im Jahr 2011. Die Grenz- Tax Revenue – The Incentive Effects of Equalizing Trans- belastung gibt an, welcher Anteil einer zusätzlichen fers: Evidence from Germany. CESifo Working Paper No. Million Euro an Steuereinnahmen jedem einzelnen 333, 2000. – Bönke, T.; Jochimsen, B.; Schröder, C.: Fiscal Bundesland im Rahmen des Länderfinanzaus- Equalization and Regions’ (Un)Willingness to Tax: Evi- dence from Germany, a. a. O. 92 Wirtschaft im Wandel, Jg. 19 (5), 2013
und Effizienzindikatoren der Finanzverwaltung Konnexität zwischen Steuervollzug und Kosten der (vgl. Tabelle 2). Besteuerung hergestellt. In diesem Fall würden Wie Tabelle 2 entnommen werden kann, sind nämlich die Kosten und Nutzen des Steuervollzugs sowohl die Prüfungsintensität als auch die für die dem in der Verantwortung stehenden Bundesland Prüfungen eingesetzten finanziellen und zeitlichen auferlegt. Im deutschen Föderalismus würde eine Ressourcen umso geringer, je höher die Grenz- Kompetenzzuweisung des Steuervollzugs an den belastung im Länderfinanzausgleich ist. Auch zwi- Bund diese Konnexitätseigenschaft auch nicht er- schen der Effizienz der Betriebsprüfungen insge- füllen. Im Rahmen des vertikalen Finanzausgleichs samt – gemessen über den (finanziellen) Aufwand würde nämlich auch der Bund nicht im vollen Um- in Relation zu den erzielten Mehreinnahmen – und fang von einem auf die Qualität der Steuerverwal- der Grenzbelastung bei der Körperschaftsteuer tung zurückzuführenden Zuwachs bei den Steuer- durch den Länderfinanzausgleich existiert ein signi- einnahmen profitieren. Allerdings würden die fikant negativer Zusammenhang. Die Auswertung Grenzbelastungen des Bundes bei einer Zentra- dieser neueren Daten legt nahe, dass die hohen lisierung der Steuerverwaltung geringer ausfallen Grenzbelastungen des bundesstaatlichen Länder- als gegenwärtig bei den Ländern. finanzausgleichs die Effizienz des Steuervollzugs der Bundesländer beeinträchtigen. Wettbewerb regionaler Finanzverwaltungen Es bleibt die Frage offen, auf welche Art und Weise Tabelle 2: im bestehenden Finanzföderalismus die dezentrale Grenzbelastunga im Länderfinanzausgleich und Steuerverwaltung durch interregionalen Wettbewerb Steuervollzug in den Bundesländern um Standortvorteile geprägt wird. In einem der- Indikator Pearson-Korrelations- t- artigen Wettbewerbsumfeld werden sowohl geringe koeffizientb Statistik effektive Steuerbelastungen als auch niedrige Trans- Ausgaben für die aktionskosten der Besteuerung wichtige Standort- Steuerverwaltung je −0,235* −1,79 faktoren darstellen.8 Allerdings wird die Reagibilität Einwohner einer Standortnachfrage auf eine steuerliche Ver- Prüfungsturnus günstigung maßgeblich von den Steuerinstrumenten −0,163 −1,28 Großbetriebe abhängen, welche den Ländern zur Verfügung ste- hen. Im gegenwärtigen System sind die Bundes- Prüfungsturnus mittlere −0,522*** −4,54 länder de facto nur für den Vollzug der Steuer ver- Betriebe antwortlich. 9 Dementsprechend kann auf der Ebene Personalausgaben je Betriebsprüfung −0,339*** −2,67 der Bundesländer ein Standortwettbewerb um mög- lichst günstige Kosten der Besteuerung aus- zur Verfügung stehende −0,273** −2,11 schließlich über die Intensität der Steuerprüfung Zeit je Prüfung bzw. die Serviceorientierung der Finanzämter ge- Ausgaben-Ertragsquote führt werden. 0,641*** 6,19 bei Betriebsprüfungen Wie oben bereits dargelegt, werden die Ein- N = 57 nahmeausfälle bei den Steuern, die durch geringe a Prüfungsintensität entstehen, zwar zu einem wesent- Hier wurde die Grenzbelastung bei der Körperschaftsteuer verwen- det. Bei Verwendung der Grenzbelastung bei der Lohnsteuer fallen die lichen Teil durch den Finanzausgleich nivelliert. Es Ergebnisse ähnlich aus. – b Korrelation des jeweiligen Indikators mit ist allerdings fraglich, ob eine Herabsetzung der der Grenzbelastung bei der Körperschaftsteuer. – *: signifikant zum 10%-Niveau; **: signifikant zum 5%-Niveau; ***: signifikant zum Intensität bei Steuerprüfungen tatsächlich einen 1%-Niveau. von Investoren und Haushalten wahrgenommenen Quellen: Benchmarking-Berichte des Landes Bremen, diverse Jahrgänge; Berechnungen des IWH. 8 Vgl. Slemrod, J.; Yitzhaki, S.: Tax Avoidance, Evasion, Hingegen würde in einer Föderation ohne and Administration, in: A. J. Auerbach, M. Feldstein (eds), Handbook of Public Economics, Ed. 1, Vol. 3, Chapter 22, Finanzausgleich, in der die Steuerbasis von Bund 1423-1470. und Ländern vollkommen getrennt wäre, durch 9 Eine Ausnahme stellt die Grunderwerbssteuer dar, deren eine Dezentralisierung der Steuerverwaltung eine Satz von den Ländern bestimmt werden kann. Wirtschaft im Wandel, Jg. 19 (5), 2013 93
Standortfaktor darstellen kann. Zum einen sind Teil dieser Kosten von den Steuerzahlern im Zuge bundeslandspezifische Prüfungsintensitäten für In- der Entrichtung ihrer Steuerschuld getragen. vestoren und Haushalte kaum beobachtbar. Zum Im Allgemeinen setzen sich die auf Seiten des anderen haben die Landesregierungen keine Mög- Steuerzahlers anfallenden Entrichtungskosten aus lichkeit, die Prüfungsintensität als steuerlichen Informationskosten (z. B. zu Strategien der Steuer- Standortfaktor glaubhaft zu kommunizieren. vermeidung), Einigungskosten (z. B. Kosten der Im Gegensatz dazu kann eine Serviceorientie- Mitarbeit in Verbänden) und Vollzugskosten (z. B. rung der Steuerverwaltungen mit Unterstützung ge- Kosten der Erstellung von Steuererklärungen) zu- eigneter Informationsplattformen eine valide Größe sammen. Der Anteil der im privaten Sektor auf- in einem Fremdvergleichswettbewerb darstellen. In tretenden Steuerentrichtungskosten wird wahr- jüngster Zeit spricht einiges dafür, dass die Bun- scheinlich noch einmal gestiegen sein, nachdem im desländer für einen derartigen Fremdvergleichs- Jahr 2006 die Absetzbarkeit von Entrichtungskosten, wettbewerb hinsichtlich der Qualität der Finanz- beispielswiese für Steuerberatungshonorare, ein- verwaltungen bereits sensibilisiert wurden. Ein geschränkt wurde. Zudem beschränken sich die erster Anhaltspunkt ist beispielsweise eine gemein- Entrichtungskosten keinesfalls allein auf gut doku- same Initiative der Länder Bayern, Mecklenburg- mentierte monetäre Größen, wie z. B. Honorar- Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen- zahlungen für Steuerberatung oder Ausgaben für Anhalt und Thüringen, die darauf abzielt, mit Hilfe notwendige Soft- und Hardware zur Steuerdekla- einer Informationsplattform die Leistungen der ration. Ein nicht zu vernachlässigender Anteil der örtlichen Steuerverwaltungen für Außenstehende Entrichtungslasten umfasst nichtmonetäre Größen, transparenter dazustellen.10 Die Bewertungskrite- wie beispielsweise Opportunitätskosten, die mit rien dieses Leistungsvergleichs sind unter anderem dem Sammeln und Ordnen von Steuerbelegen, der die Kundenzufriedenheit und die Wirtschaftlichkeit Erstellung einer Steuerplanung oder der Unterstüt- der Steuerprüfung. Ein Wettbewerb um Standorte zung einer betrieblichen Steuerprüfung verbunden mit geringeren Entrichtungskosten könnte in Zu- sind. Auch nach der Einführung von elektronischen kunft durch eine weitere Verbesserung der Infor- Steuererklärungen und einem umfangreichen Ange- mationslage intensiviert werden. bot an technischen Hilfsmitteln zur Vereinfachung Ein intensiver Wettbewerb, der bei dezentraler der Steuerdeklaration stellen diese Kosten wesent- Steuerverwaltung Ineffizienzen im Steuerverwal- liche Zusatzlasten der Besteuerung dar. tungsprozess verhindert und ein exzessives Über- Während bei einer dezentralen Steuerverwal- wälzen von Lasten des Steuervollzugs auf den tung ein Standortwettbewerb dazu beitragen könnte, Steuerzahler begrenzt, 11 könnte einen wesentlichen Kostensenkungspotenziale zu heben, bleiben diese Einfluss auf die Effizienz des Steuersystems haben. nach einer Zentralisierung durch die fehlende Ver- So werden die Gesamtkosten des Steuervollzugs in gleichsbasis von Kostengrößen im gleichen insti- Deutschland nach einer Studie des Rheinisch- tutionellen Rahmen möglicherweise verborgen. Da Westfälischen Instituts für Wirtschafsforschung die Höhe der Entrichtungskosten maßgeblich von (RWI) aus dem Jahr 2003 auf 4,7% des Steuer- der Ausgestaltung des Steuerrechts und der Struktur aufkommens geschätzt. 12 Dabei wird der größte der verwirklichten Steuertatbestände abhängen, wer- den diesbezüglich internationale Vergleichsstudien 10 Die betreffende Informationsplattform der Länder findet nur bedingt Aufschluss über Potenziale für ent- man unter http://www.leistungsvergleich.de. sprechende Kostensenkungen in Deutschland geben. 11 Eichfelder und Kelgels zeigen, dass die Steuerverwaltun- Nicht zuletzt könnten Verbesserungen der gen einen erheblichen Spielraum haben, bestimmte Verwaltungsaufgaben zur eigenen Arbeitserleichterung auf Serviceleistungen in der Steuerverwaltung neben die Steuerzahler überzuwälzen, vgl. Eichfelder, S.; Kelgels, einer intensiven Steuerprüfung eine wirksame Maß- C.: Shifting the Red Tape – The Impact of Tax Authority nahme gegen Steuerhinterziehung darstellen. So Behavior on Tax Compliance Costs. Working Paper 09-10, Federal Planning Bureau: Brüssel 2010. zeigen neuere verhaltensökonomische Studien, dass 12 Vgl. RWI (Hrsg.): Ermittlung von Tax Compliance Cost: die Steuermoral maßgeblich von der Höhe und Art Gutachten im Auftrag des Bundesministers der Finanzen. der Entrichtungskosten abhängt, mit denen die Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung Steuersubjekte konfrontiert werden. Ein Verwal- e.V.: Essen 2003. 94 Wirtschaft im Wandel, Jg. 19 (5), 2013
tungshandeln in Steuerbehörden, welches dem Steuerzahler möglichst geringe Lasten der Steuer- entrichtung überwälzt, schafft demnach eine soziale Institution, die zu einer erhöhten Steuerehrlichkeit führt. 13 Fazit Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es im deutschen Steuersystem keinen eindeutigen kom- parativen Vorteil für eine Zentralisierung bzw. De- zentralisierung der Steuerverwaltung gibt. Der Bund hätte bei einer Zentralisierung der Steuer- verwaltung im gegenwärtigen Finanzausgleichs- system höhere Anreize für eine intensive Steuer- prüfung. Dies liegt an den im Vergleich zu den Ländern geringen Grenzbelastungen im Finanz- ausgleich, mit denen der Bund konfrontiert sein würde. Ob die Steuerverwaltung besser im Verant- wortungsbereich des Bundes oder der Länder liegen sollte, kann letztlich nicht allein von den Grenzbelastungen des Finanzausgleichs abhängen. So könnte im Rahmen der bestehenden dezentralen Steuerverwaltung bei hinreichender Transparenz ein Wettbewerbsumfeld geschaffen werden, welches zur Begrenzung der relativ hohen Vollzugskosten im deutschen Steuersystem beitragen könnte. Des- weiteren wird in dieser Frage eine Rolle spielen, inwieweit sich Bund und Länder auf einen neu gestalteten Finanzausgleich einigen können, der die oben dargelegten Fehlanreize auf Länderebene besser begrenzt. 13 Vgl. Feld, L. P.; Frey, B. S.: Tax Evasion, Tax Amnesties and the Psychological Tax Contract, in: International Center for Public Policy, Andrew Young School of Policy Studies, Georgia State University in its series International Center for Public Policy Working Paper Series, at AYSPS, GSU, Paper 0729, 2007. Wirtschaft im Wandel, Jg. 19 (5), 2013 95
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