Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose - Deutsche Borreliose-Gesellschaft e. V.
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Deutsche Borreliose-Gesellschaft e. V. Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose April 2008 A il 2008
Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose Stand: Februar 2008 Inhaltsverzeichnis 1 Vorbemerkung............................................................................................................................. 1 2 Diagnostik der Borreliose ........................................................................................................... 1 2.1 Die tägliche Praxis ............................................................................................................... 1 2.2 5BSymptome der Borreliose .................................................................................................... 2 2.2.1 9BSymptome der Borreliose im Frühstadium ............................................................... 2 2.2.2 10BSymptome der chronischen Borreliose ..................................................................... 2 2.3 6BLabordiagnostik ................................................................................................................... 4 2.3.1 1BDirekte Nachweisverfahren ...................................................................................... 4 2.3.2 12BIndirekte immunologische Nachweisverfahren ........................................................ 5 2.3.3 13BForderungen der Borreliose-Gesellschaft zur Labordiagnostik der Borreliose ........ 6 3 Antibiotische Therapie der Borreliose ...................................................................................... 6 3.1 Monotherapie ....................................................................................................................... 6 3.2 Kombinationstherapie.......................................................................................................... 7 4 Gegen Borrelien wirksame Antibiotika..................................................................................... 7 5 Anmerkungen .............................................................................................................................. 8 6 Literaturverzeichnis .................................................................................................................... 9 7 Mitglieder der Arbeitsgruppe .................................................................................................. 10 Alle Angaben in dieser Broschüre beruhen auf dem neuesten Stand von Wissenschaft und Forschung. Sie ersetzen jedoch keine professionelle Beratung und Behandlung durch eine(n) Arzt/Ärztin. Für den Erfolg bzw. die Richtigkeit der Anwendungen in je- dem Einzelfall kann die Deutsche Borreliose-Gesellschaft keinerlei Gewähr überneh- men. Die Deutsche Borreliose-Gesellschaft e. V. führt keine Patientenberatun- gen durch. Hierzu wenden Sie sich bitte an die beiden großen Selbsthilfeorganisa- tionen „Borreliose und FSME Bund Deutschland e. V“ www.borreliose-bund.de oder „Bundesverband Zecken-Krankheiten e. V.“ www.bzk-online.de. Deutsche Borreliose-Gesellschaft e. V. Geschäftsstelle Dr. Margot Eul Brandsberg 6 53797 Lohmar Tel.: (0 22 05) 90 10 6-85 Fax: (0 22 05) 90 10 6-88 www.borreliose-gesellschaft.de margot.eul@borreliose-gesellschaft.de Juni 2008 Printed in Germany Druck: Häuser KG, Köln
1 1 Vorbemerkung rem Zeckenstich“ stets die Borreliose differential- diagnostisch zu berücksichtigen. Diese Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose wurden 2006 von einer Ar- Die Veranlassung einer sofortigen serologischen beitsgruppe der Deutschen Borreliose-Gesellschaft Untersuchung ist nur sinnvoll, wenn es sich um ei- entwickelt. Der Arbeitsgruppe gehörten folgende nen Zeckenstich während einer beruflichen Tätigkeit Mitglieder an: (Ausschluss einer bereits früher erfolgten Borrelien- Infektion) oder um Patienten mit Borrelioseanam- R. von Baehr, W. Berghoff, H. Bennefeld, nese handelt. H.-P. Gabel, F. Hartmann, W. Heesch, G. Herrmann, P. Hopf-Seidel, B.-D. Huismans, W. Klemann, Falls die Zecke zur Verfügung steht, besteht die U. Neubert, A. Roczinski, A. Schwarzbach, Möglichkeit, mittels Borrelien-PCR nachzuweisen, B. Weitkus, C. Uebermuth, J. Viebahn, P. Voss. ob es sich um eine infizierte Zecke handelt. Eine un- bedingte Notwendigkeit besteht für diese Untersu- Anschließend wurden diese Empfehlungen den Teil- chung nicht, da auch ein negatives PCR-Ergebnis nehmern der Jahresversammlungen 2006 und 2007 Borrelien nicht 100%ig ausschließt und bei einer po- der Borreliose-Gesellschaft vorgestellt. Hieraus re- sitiven PCR eine Übertragung der Borrelien nicht er- sultierende kritische Hinweise und Ergänzungen folgt sein muss (11). Wenn der Arzt diese Untersu- wurden in diese Empfehlungen eingearbeitet. chung empfiehlt, wird er bei einem positiven Tester- gebnis nicht umhin können, eine antibiotische Be- Die vorliegende Fassung entspricht dem Stand der handlung wie bei einem manifesten Frühstadium der Diskussion von Februar 2008. Diese Empfehlungen Borreliose zu verordnen, da eine Borrelieninfektion werden weiter diskutiert und aktualisiert werden. erfolgt sein könnte. Mit Borreliose ist im Folgenden immer die Lyme- Situation 2 Borreliose gemeint. Der Patient schildert Symptome, die durch Früh- manifestationen einer Borrelieninfektion hervorge- 2 Diagnostik der Borreliose rufen sein könnten. Ein Erythema migrans oder ähnliche Hautbefunde sind eine Indikation für Zielstellung der Diagnostik ist die möglichst frühe eine sofortige Behandlung. Erkennung und Behandlung der Borreliose sowie die Kontrolle des Therapieerfolges. Sonst. Anamnese: Kontakt mit Haus- oder Wildtie- ren?1 Aufenthalt im Hausgarten oder in der freien 2.1 Die tägliche Praxis Natur? Zeckenstich?2 Saugakt über welchen Zeit- raum? Veränderungen der Einstichstelle (Juckreiz, In der täglichen Praxis kommen in der Regel 3 ver- Brennen, Rötung, Schwellung, kreisförmige Rö- schiedene Situationen vor: tung,3 tastbare Schwellung oder weitere Farb- oder Konsistenzveränderungen)? Situation 1 Der Patient kommt mit festgesaugter Zecke oder Eine Frühborreliose kann bereits vermutet werden, unmittelbar nach Entfernung einer Zecke in die Pra- wenn etwa 10 bis 14 Tage nach einem Zeckenstich xis. Es ergeben sich folgende notwendige Hinweise grippeähnliche Symptome,4 erhebliche Müdigkeits- an ihn: oder Erschöpfungsgefühle eventuell mit migrieren- • Den Ort des Zeckenstiches mindestens 4 Wochen den flüchtigen Arthromyalgien (neu) auftreten. (maximal 6 Wo.) beobachten und bei Auftreten ei- ner Rötung (Erythem) sofort wieder vorstellen! Die Körperstelle des Zeckenstichs ist wegen mögli- • Das Gleiche gilt für das Auftreten von Fieber ohne cher Folgen der Borrelieninfektion in unmittelbarer Rötung! Nachbarschaft des Zeckenstiches wichtig: • Für andere Symptome, wie z. B. Cephalgien, • Kopf- und Halsregion > frühe neurologische Kom- Arthromyalgien, radikuläre Schmerzsyndrome u. plikationen a., die bei dem Patienten neu auftreten, gilt eine • Bei Gelenknähe > arthritische Zeichen bzw. Nachbeobachtungszeit von mindestens 12 Mona- Schmerzen im betreffenden Gelenk. ten. Da Erstmanifestationen einer Borreliose auch nach einem noch längeren Zeitraum auftreten kön- Sprechen Anamnese und Symptome für eine Früh- nen, ist bei einer „unklaren Erkrankung nach frühe- manifestation der Borreliose, ist eine Ganzkörperin- spektion der Haut notwendig. Nur so sind diskrete
2 multiple Erytheme oder ein Lymphozytom (beson- • Kognitionsstörungen, psych. Veränderungen sowie ders bei Kindern an Ohrläppchen, Mamillen und • fokale Encephalitiden (sehr selten). Genitalien) zu finden. Uncharakteristische Allgemeinsymptome wie Bei Situation 2 ist eine Labordiagnostik (Borrelien „Grippegefühl“, subfebrile Temperaturen, Mü- IgG/IgM-ELISA und Immunoblot) der Borrelienin- digkeit und Erschöpfung, depressive Stim- fektion immer indiziert. Bei klinischem Verdacht auf mungslage, diffuse Schmerzsyndrome können in eine Neuroborreliose ist eine Liquorpunktion u. a. allen Stadien der Borreliose vorhanden sein. mit Untersuchung auf borrelienspezifische Antikör- Bei Situation 3 ist eine serologische Labordiagnostik per indiziert. und bei Verdacht auf Neuroborreliose eine Liquor- untersuchung (Borrelien IgG- und IgM-ELISA; IgG- Nur bei einem typischen Erythema migrans kann zu- und IgM-Immunoblot) der Borrelieninfektion immer nächst auf eine serologische Untersuchung verzich- indiziert. Bei unklaren serologischen Befunden und tet werden, diese sollte dann aber nach ca. 6 Wo- als Ausgangsbefund für die Therapie-Verlaufskon- chen erfolgen, um einen Ausgangsbefund für den trolle ist der LTT-Borrelien zu empfehlen. (Weiteres weiteren Verlauf zu erhalten. (Weiteres unter „La- unter „Labordiagnostik“) bordiagnostik“) Besondere Probleme bereitet die Borreliose bei älte- Für einige Berufsgruppen (u. a. Land- und Forst- ren Patienten, da differentialdiagnostisch oft zahlrei- wirte, Tierärzte) sind die Folgen von Zeckenstichen che andere Erkrankungen (Multimorbidität) mit in die Liste der entschädigungsfähigen Berufskrank- Überschneidungen der Symptomatik zu beachten heiten von den Berufsgenossenschaften aufgenom- sind. men worden. Für die Anerkennung solcher Leis- tungsansprüche sind eine besonders sorgfältige Do- 2.2 5BSymptome der Borreliose kumentation der Anamnese, der klinischen und der Laborbefunde durch den behandelnden Arzt sowie 2.2.1 Symptome der Borreliose im 9B Tagebuchaufzeichnungen und Fotos von Hautverän- Frühstadium derungen durch die Betroffenen selbst dringend zu empfehlen. Das Frühstadium ist charakterisiert durch das Ery- thema migrans, das in etwa 40-60% der Fälle beo- Situation 3 bachtet wird (12). Gleichzeitig kommt es oft zu ei- Der Patient kommt mit Symptomen, die durch nem grippeähnlichen Krankheitszustand. Auch kön- Spätmanifestationen einer Borrelieninfektion be- nen bereits im Frühstadium die folgenden Symp- dingt sein könnten. tome bzw. Erkrankungen auftreten: • migrierende Arthromyalgien, flüchtige Arthritiden, Anamnese: Zeckenstiche, Risikoberuf, Erytheme, • Myositiden, Bursitiden, frühere und aktuelle Symptome. • Enthesitiden, • radikuläre Schmerzsyndrome, Körperliche Untersuchung: unter anderem Haut- • Cephalgie, veränderungen? Gelenkveränderungen? Neurologi- • Erkrankung von Hirnnerven (insbes. Facialispa- sche Auffälligkeiten? rese), • Sensibilitätsstörungen sowie Bei Spätmanifestationen der Borreliose sind weniger • Herzrhythmusstörungen: AV-Überleitungsstörun- häufig typische Symptome und Befunde zu erwar- gen, ventrikuläre Erregungsausbreitungsstörungen ten. Diese sind: (RSB, LSB). • Acrodermatitis chronica atrophicans inkl. Vorstu- fen (pathognomisch für eine Borreliose), 2.2.2 Symptome der chronischen Borre- 10B • Morphaea, liose • mono- oder asymmetrische Oligoarthritiden der großen Gelenke sowie Die Borreliose ist eine Multiorganerkrankung. • chronische Enthesitiden. Deshalb kann die Untersuchung auf nur einem Fachgebiet zu Fehlern bei der Diagnosestellung füh- Zeichen der chronischen Neuroborreliose sind: ren. Dieser Gefahr kann nur durch eine interdiszip- • Periphere Neuropathien, diffuse Schmerzsyn- linäre Zusammenarbeit bei der Erfassung mög- drome, lichst vieler Informationen und deren diagnostischer
3 Analyse entsprechend einer Multiorganerkrankung • atemabhängige Brustkorbschmerzen, v. a. verur- begegnet werden. sacht durch schmerzhafte Rippen-Brustbeinge- Patienten mit chronischer Borreliose geben meist lenke, folgende Hauptbeschwerden an: Gesteigerte Müdig- • nachts betonte LWS/BWS-Schmerzen sowie keit und Erschöpfung, „wandernde“ muskulo-ske- • Kiefergelenksschmerzen, Kiefergelenksknacken. lettale Schmerzen, Cephalgie, Hirnleistungsstörun- Neurologische Symptome gen und psychische Veränderungen. Erkrankung der Hirnnerven: Folgende Symptome können bei einer chronischen • Geruchsveränderungen (N. olfactorius), Borreliose auftreten (meist mehrere aus verschiede- • Sehstörungen mit Verschwommensehen oder Ge- nen Organgruppen gleichzeitig) (21): sichtsfeldeinschränkungen (N. opticus); cave: MS, • Pupillenstörungen auf Licht mit Mydriasis und Vegetative Symptome Anisokorie, schmerzhafte Augenbewegungen, • Müdigkeit, Erschöpfbarkeit (Fatigue), Doppelbilder (N. oculomotorius, N. abducens, N. • Schweißausbrüche, v. a. nachts und ohne körperli- trochlearis), che Anstrengung, sowie Hitzewallungen, • „Zahnschmerzen“ und Zungenbrennen sowie Sen- • Frösteln und Frieren, sibilitätsstörungen des Gesichtes durch Irritationen • Lymphknotenschwellungen, v. a. axillär und in- im Versorgungsgebiet des N. trigeminus, guinal, oft auch in der Nähe der Primärinfektion, • Gesichts- und Lidschlusslähmungen, meist einsei- • Fieberschübe, tig, sehr selten auch beidseitig, Ohrenschmerzen, • geringe körperliche Belastbarkeit, diffuses Krank- Geräuschüberempfindlichkeit, Augentrockenheit heitsgefühl (sich nie mehr richtig fit fühlen) sowie durch Tränensekretionsstörung, Geschmacksstö- • neue Nahrungsmittel- (und Alkohol)unverträglich- rung für süß, salzig und sauer (N. facialis), keiten. • Tinnitus, Hörsturz, Schwindel (N. stato-acusticus), • Geschmacksstörungen, Schluckstörungen, einsei- Kardiale Symptome tige Halsschmerzen, Zungengrundschmerzen (N. • Herzrhythmusstörungen (v. a. nächtliche Tachy- glossopharyngeus), kardien, Palpitationen, Extrasystolen), • Heiserkeit, Stimmlosigkeit, Schluckstörung und • Erregungsleitungsstörungen mit passagerem AV- parasympathische Symptome wie Bradykardie (N. Block I. bis III. Grades, Linksschenkel- und vagus), Rechtsschenkelblock, • Schulterhebung und Kopfdrehung beeinträchtigt • Myo- und/oder Perikarditis sowie (N. accessorius) sowie • dilatative Kardiomyopathie. • Zungenbeweglichkeitsstörung mit Phonationsstö- rung (N. hypoglossus). Magen-Darm-Symptome • Übelkeit, Magendruck und Magenschmerzen, Auf- Störungen des zentralen Nervensystems: stoßen, • Nackenschmerzen und -steife, • diffuse Bauchschmerzen mit Blähungen sowie • häufige und heftige Kopfschmerzen, diffus oder • häufig Durchfälle, selten Verstopfung. halbseitig auch stirnbetont, die kaum auf Analge- tika ansprechen, Muskulo-skelettale Beschwerden • Störungen des Gedächtnisses, der Konzentration, • Gelenkschmerzen, meist in den großen Gelenken der Auffassungsgabe, des Lesens, Lernens, Spre- mit wechselnder Lokalisation, chens mit häufigen Versprechern und Wortfin- • Muskelschmerzen wie bei Muskelkater oder plötz- dungsstörungen, lich einschießende messerstichartige Schmerzen, • Schlafstörungen, • Steifheitsgefühle der Muskulatur, • Stimmungsschwankungen, Depressionen, Gereizt- • Schienbein- oder Fersenschmerzen im Liegen, heit, Aggressivität, • Nacken- und/oder Kopfschmerzen mit Ausstrah- • Panikattacken und diffuse Angstgefühle sowie lung in die Schulterregion, • ADS-Symptomatik, Tics, v. a. bei Kindern. • Sehnenschmerzen mit und ohne Schwellungen v. a. der Achillessehnen, Symptome wie bei Karpal- Periphere Nervenstörungen: tunnel-Syndrom, Fußsohlenschmerz durch Plantar- • Kribbelparästhesien, Brennschmerzen, „Elektrisie- fasziitis, ren“ oder stichartige Schmerzzustände, meist in • rezidivierende Schwellungen der Finger, Zehen, den Extremitäten, gelegentlich am Rumpf, Hande, • einhergehend mit Veränderungen der Oberflächen- • Epicondylopathie („Tennisarm“) und Bicepstendi- sensibilität (meist Hyperpathien/Hyperalgesien), nopathie („Schulter-Arm-Syndrom“),
4 • Rückenschmerzen und Ischialgien/Brachialgien gischer Zusammenhang mit einer Borrelieninfektion nachts betont (Bannwarth-Syndrom), bei folgenden Dermatosen in Betracht zu ziehen: • Schmerzen der Kopfhaut und der Haarwurzeln • Roseoläres Exanthem, (Schmerzen beim Kämmen, sog. Haarwurzelka- • niedrig-malignes kutanes B-Zell-Lymphom, tarrh), • zirkumskripte Sklerodermien (Syn.: Morphaea), • unwillkürliche Muskelzuckungen, teilweise auch • Lichen sclerosus et atrophicus, Tonuserhöhungen der Muskulatur mit Steifheitsge- • Dermatomyositis, fühlen beim Gehen sowie • noduläre Pannikulitis sowie • plötzlicher Kraftverlust eines Beines mit Abkni- • Granuloma anulare. cken im Kniegelenk und dadurch Fallneigung mit Sturzgefahr. Bemerkung: Unter der Vielzahl der aufgeführten seltenen und häufigeren Symptome gelten nur das Urogenitale Symptome Erythema migrans, das Borrelien-Lymphozytom und • Blasenbrennen und Druck auf der Blase mit Polla- die Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA) als kisurie, krankheitsbeweisend (pathognomisch). • Blasenentleerungsstörungen, Inkontinenz, • Sexuelle Beeinträchtigungen, Libidoverlust, 2.3 6BLabordiagnostik • Potenzstörungen sowie • rezidivierende Schmerzsyndrome (Prostata, Ho- Eine rationale und gezielte Labordiagnostik ist im- den, Ovar, Blase, Vagina). mer dann indiziert, wenn von Patienten Symptome und Beschwerden angegeben oder klinische Anzei- Augen-Symptome chen gefunden werden, die durch eine Borreliose • Sehverschlechterung, Metamorphopsien (Verzerrt- hervorgerufen sein könnten. sehen), Gesichtsfeldverlust/Skotome, Störung des Farbensehens, Augenschmerzen, Störungen der 2.3.1 Direkte Nachweisverfahren Okulomotorik mit binokularen (beidäugigen) Dop- 1B pelbildern, schmerzhafte Augenbewegungen, Die Borreliose ist eine Infektionskrankheit. Unter Schielen unklarer Genese, streng wissenschaftlichen Kriterien (gilt besonders • rezidivierende Entzündungen aller Abschnitte des für Studien als Grundlage für wissenschaftliche Pub- Auges (Konjunktivitis, stromale Keratitis, Iritis, likationen) ist deshalb nur der kulturelle Nachweis Uveitis, Zyklitis, Retinitis, Papillitis, Neuritis nervi von Borrelien beweisend für eine aktive Borrelienin- optici und Retrobulbärneuritis), retinale Gefässent- fektion. Die Sensitivität dieser Methode ist jedoch zündung und Glaskörper-Netzhautentzündungen für die tägliche Praxis zu gering. unterschiedlicher Lokalisation und Lage (Vitritis, retinale Vaskulitis, Periphlepitis, Chorioiditis, Der Nachweis von Borrelien-DNA mittels Polyme- Chorioretinitis, Retinochorioditis) mit/oder ohne rasekettenreaktion (PCR-Borrelien) ist zwar kein Maculabeteiligung, 100%iger Beweis für das Vorhandensein vitaler • Pseudotumor orbitae, periorbitale Ödeme und Borrelien, dennoch von hoher Beweiskraft für eine Hautveränderungen sowie aktive Borrelieninfektion. Die Sensitivität der Bor- • Augendruckerhöhungen als Folge eines entzündli- relien-PCR ist besonders bei Spätmanifestationen chen Sekundärglaukoms. der Borreliose verhältnismäßig gering. Dennoch sollten bei Vorhandensein von Liquor bei Verdacht Hautsymptome auf Neuroborreliose, bei verdächtigen Hautbefun- • Erythema migrans und Borrelien-Lymphozytom, den aus der Hautbiopsie und bei sonstigen Biopsien multiple Erytheme, Erythemrezidive, und Punktaten immer Untersuchungen zum Erreger- • Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA) als ty- pische, bei längerem Bestehen in ein atrophisches nachweis erfolgen. Stadium übergehende entzündliche Hautver- Hinweis: Bei Patienten mit Spätmanifestationen änderung sowie bzw. persistierender Borreliose, besonders vor an- • fleckförmige atrophische Hautpartien (Anetoder- stehenden Gutachten, sollte mehr als bisher versucht mien) als Residuen einer Dermatitis atrophicans maculosa. werden, den Erregernachweis zu führen: Borrelien- Aufgrund einzelner kasuistischer Mitteilungen über PCR und Kultur aus Biopsien der Haut und an- kulturell oder molekularbiologisch gelungene Erre- derer betroffener Gewebe. gernachweise oder serologische Befunde an größe- Die Borrelien-PCR ist zur Zeit noch keine EBM- ren Patientenkollektiven ist im Einzelfall ein ätiolo- Leistung. Der kulturelle Nachweis von Borrelien ist
5 eine EBM-Leistung. Die Sensitivität dieser Metho- • dass gegenwärtig noch keine Prüfungen der Test- den ist zwar relativ gering, die Spezifität und damit chargen mittels eines geeigneten Serumpanels vor Beweiskraft für eine aktive Borrelieninfektion ist je- einer Freigabe durch eine staatlich legitimierte doch sehr hoch, was bei den bekannten Schwierig- unabhängige Prüfeinrichtung durchgeführt werden. keiten im Rahmen von Begutachtungen sehr wichtig sein kann. Ein negativer serologischer Befund kann, beson- ders bei frühen Manifestationen der Borrelienin- 2.3.2 Indirekte immunologische Nach- 12B fektion, eine Borreliose nicht ausschließen. weisverfahren Ein positiver serologischer Befund sagt aus, dass der Nachweis von Antikörpern gegen Borrelien (Bor- Patient zu irgendeinem Zeitpunkt eine Borrelienin- relien-Serologie) fektion erworben hat. Es ist jedoch nicht möglich zu entscheiden, ob diese Infektion zum gegebenen Die Borrelienserologie ist die Basisdiagnostik für Zeitpunkt noch aktiv oder bereits ausgeheilt ist. Die- die Frage, ob eine Borrelieninfektion vorliegen se Entscheidung kann nur der behandelnde Arzt auf könnte. der Grundlage der bei seinem Patienten bestehenden Symptome und Beschwerden treffen. Der Begriff Bei der großen Anzahl auf dem Markt befindlicher „Serumnarbe“ in Verbindung mit einem positiven Testbestecke verschiedener Hersteller besteht für al- serologischen Befund sollte ohne Kenntnis der je- le Testmethoden (ELISA, Immunfluoreszenz, Im- weiligen Klinik nicht verwendet werden. munoblot) eine eingeschränkte Vergleichbarkeit der Befunde unterschiedlicher Labore. Deshalb sollten Liquoruntersuchungen im Untersuchungsbefund die verwendete Methode Bei klinischem Verdacht auf Manifestationen der und der Hersteller des entsprechenden Testsystems Borreliose im Bereich des zentralen Nervensystems angegeben werden. ist eine Liquoruntersuchung vor und ggf. nach anti- biotischer Behandlung (Therapiekontrolle) indiziert. Die Untersuchung auf das Vorhandensein von bor- Eine Pleozytose, Erhöhung des Eiweißgehaltes und relienspezifischen Antikörpern ist nur mittels Immu- der Nachweis einer intrathekalen Synthese von bor- noblot möglich. Deshalb sollte bei klinischem Ver- relienspezifischen Antikörpern (dafür muss immer dacht auf eine Borrelieninfektion in jedem Fall der eine gleichzeitig gewonnene Blutprobe eingeschickt Immunoblot-Borrelien angefordert werden. werden) werden als beweisend für eine akute Neu- roborreliose angesehen. Bei einer neurologischen Auf dem Überweisungsschein für das Labor sollte Symptomatik im Verlauf der chronischen Borreliose die Anforderung lauten: Borrelienserologie inkl. können diese typischen Liquorbefunde sehr viel Immunoblot-Borrelien, VD: Borreliose. diskreter sein bzw. gänzlich fehlen. Trotz der relativ geringen Sensitivität sollte immer eine PCR-Borre- Das vom RKI empfohlene und von der KV vorge- lien-Untersuchung des Liquors angefordert werden. schriebene Vorgehen, nur bei auffälligem Enzym- immunoassay (oder anderen sog. Suchtesten) den Lymphozytentransformationstest (LTT-Borrelien) Immunoblot als Bestätigungstest durchzuführen (sog. Stufendiagnostik), ist abzulehnen, da auf diese In zahlreichen Publikationen wird die Notwendigkeit Weise bis zu 15% der Patienten serologisch falsch zellulär immunologischer Methoden für die Diag- negativ eingestuft werden können. Ursache dafür ist, nostik und Verlaufsbeobachtung der Borreliose be- dass das im Immunoblot vorhandene Antigenspekt- stritten. Seit mehr als 20 Jahren wird jedoch der LTT rum meist nicht identisch im ELISA-Suchtest als Methode zum Nachweis antigenspezifischer T- enthalten ist. Der Immunoblot ist das spezifischere Helfergedächtniszellen auch bei Patienten mit Bor- und sensitivere Nachweisverfahren für Antikörper reliose eingesetzt. Erst kürzlich sind dazu zwei Ar- gegen Borrelien. beiten erschienen (6, 23). Die Qualität der Borrelienserologie ist durch die Für die Notwendigkeit zellulär immunologischer Einführung rekombinanter Antigene zweifellos ver- Methoden im Bereich der Labordiagnostik der Bor- bessert worden. Zu kritisieren ist jedoch, reliose sprechen folgende Argumente: • dass es bisher keine verbindlichen Vorgaben für 1. Die Sensitivität von Methoden zum Erregernach- die Hersteller von entsprechenden Diagnostika gibt, weis ist für die tägliche Praxis zu gering. welche spezifischen Borrelienantigene im Testbe- 2. Ein positiver serologischer Befund ist allein kein steck vorhanden sein müssen und Beweis für eine aktive Borreliose, da frühe Mani- festationen spontan ausheilen oder durch antibioti-
6 sche Behandlungen beseitigt sein können. Sowohl signifikant vermindert. Nach dieser Studie ist ein IgM-, besonders aber IgG-Antikörper können über Anstieg dieser Zellen als Laborparameter für eine er- Jahre persistieren. Andererseits ist ein negativer se- folgreiche antibiotische Therapie anzusehen. Eine rologischer Befund kein sicherer Ausschluss einer besondere biologische Funktion dieser NK-Zellen bestehenden aktiven Borrelieninfektion, ganz beson- für die Immunabwehr von Borrelien ist bisher nicht ders bei frühen Manifestationen der Borreliose. bekannt. Falls kein positives Ergebnis der Borrelien-Kultur Eine abschließende Bewertung der CD57+ NK-Zel- oder der Borrelien-PCR vorliegt, kann mit dem len als Basis-Labordiagnostikum einer Borreliose LTT-Borrelien ein Hinweis dafür gewonnen werden, kann derzeit aufgrund einer unzureichenden Daten- ob im konkreten Fall eine aktuell aktive Borreliose lage nicht erfolgen. vorliegen könnte. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass ein positives Ergebnis des LTT-Borrelien zwar 2.3.3 Forderungen der Borreliose- 13B sehr verdächtig, aber nicht beweisend (das ist nur Gesellschaft zur Labordiagnostik der positive Erregernachweis) für eine aktive Borre- der Borreliose lieninfektion ist. Voraussetzung für einen solchen hohen Stellenwert des LTT-Borrelien ist jedoch, • Die bisher für gesetzlich Versicherte obligate Stu- dass das ausführende Labor die dafür notwendige fendiagnostik der Borrelienserologie sollte aufgege- hohe Testsensitivität und -spezifität gewährleistet. ben werden. Der LTT-Borrelien ist bereits im frühen Stadium der • Der LTT-Borrelien sollte als Methode zum indi- Borrelieninfektion (auch bei E. migrans) deutlich rekten Nachweis einer aktiven Borreliose auch von positiv und wird in der Regel 4 bis 6 Wochen nach gesetzlichen Krankenkassen vergütet werden. Abschluss einer erfolgreichen antibiotischen Be- handlung negativ, zumindest aber deutlich rückläu- • Die Borrelien-PCR sollte in den EBM aufgenom- men werden. fig sein. Die Indikationen für den LTT-Borrelien sind: 3 Antibiotische Therapie der Borre- • Nachweis einer aktiven Borrelieninfektion bei liose vieldeutiger Klinik, • Therapiekontrolle 4 bis 6 Wochen nach Beendi- 3.1 Monotherapie gung der antibiotischen Behandlung sowie • Verlaufskontrolle bei klinischem Verdacht auf ein Zur chronischen Borreliose und zu deren antibioti- Rezidiv der Borrelieninfektion. scher Behandlung liegen bisher keine evidenzba- sierten Studien vor. Es kann lediglich auf (10, 14, Von einigen Laboren werden für die Beantwortung 15, 16, 17) verwiesen werden mit limitierten Be- dieser Fragestellungen andere Methoden zum handlungsdauern und widersprüchlichen Ergebnis- Nachweis einer borrelienspezifischen Aktivierung sen. von T-Lymphozyten wie z. B. der ELISPOT-Test angeboten. Dabei wird die Induktion der Zytokin- Die Leitlinien Innere Medizin 2007/2008, Abschnitt synthese auf zellulärer Ebene gemessen. (24) Der „Lyme-Borreliose“, führen das Krankheitsbild der Vorteil dieses Testes würde darin bestehen, dass ein chronischen Lyme-Borreliose mit Ausnahme der Untersuchungsergebnis bereits nach 2 Tagen (beim chronischen Neuroborreliose nicht auf. Daraus folgt, LTT sind es 6 Tage) vorliegt. Die Borreliose-Gesell- dass jede, also auch antibiotische Behandlung der schaft kann jedoch diesen Test gegenwärtig noch chronischen Lyme-Borreliose einen Off-Label-Use nicht bewerten, da ihr im Unterschied zum LTT- darstellt, wenn diese Leitlinien zugrunde gelegt wer- Borrelien von den entsprechenden Laboren noch den. Andererseits belegen zahlreiche wissenschaftli- keine Daten über die Spezifität und Sensitivität so- che Arbeiten die Existenz der chronischen Lyme- wie Verlaufsuntersuchungen zur Kenntnis gegeben Borreliose, siehe z. B. (1, 2, 7, 9, 8, 13, 20). Über wurden. Es wird außerdem empfohlen, Parallelun- den Off-Label-Use muss der Patient informiert wer- tersuchungen mit Immunoblot, ELISPOT- und LT- den. Test durchzuführen. Bei Kindern und untergewichtigen Patienten sollte CD57+ NK-Zellen die Dosis der Antibiotika gewichtsadaptiert erfolgen. CD57+ NK-Zellen sind eine Subpopulation der NK- Die Behandlung mit Cephalosporinen der dritten Zellen. Nach (22) sind insbesondere bei Patienten Generation ist nach einer zunächst kontinuierlichen mit Neuroborreliose die CD57+ NK-Zellen im Blut Therapie (anschließend) auch in Form der gepulsten
7 Therapie sinnvoll; dabei werden die Medikamente Bei antibiotischer Behandlung der Lyme-Borreliose, an drei bis vier Tagen der Woche eingesetzt, Cef- insbesondere bei längeren Behandlungszeiten und triaxon 2-4g/Tag, Cefotaxim 3 x 4 g/Tag. synchroner Kombinationstherapie sollte zum Schutz der Darmflora und zur Unterstützung des Immun- Borreliose im Frühstadium systems mikrobiologisch behandelt werden (z. B. Minocyclin 2 × 100 mg tägl. Perenterol 250, Mutaflor, Omniflora). Bei Auftreten Doxycyclin 400 mg tägl. einer gastrointestinalen Mykose sollte über den ge- Azithromycin 500 mg tägl. samten Behandlungszeitraum und darüber hinaus für Amoxicillin 3000 mg tägl. etwa einen Monat antimykotisch behandelt werden. Cefuroxim 500 mg tägl. Bei der oralen und genitalen Mykose sollten die üb- Clarithromycin 2 × 500 mg tägl. lichen antimykotischen Medikamente zum Einsatz kommen. Dauer: abhängig vom klinischen Verlauf, mind. 4 Wochen, bei fehlender Effizienz des Antibiotikums 3.2 Kombinationstherapie hinsichtlich EM höchstens 2 Wochen (dann wech- seln) Bei der Auswahl von Antibiotika-Kombinationen zur Behandlung einer chronischen Borreliose sollten Chronische Borreliose Plasmahalbwertzeit, intrazelluläre Wirksamkeit, Cefotaxim 3×4g Wirksamkeit auf zystische Formen und Liquorgän- Ceftriaxon 2-4 g gigkeit beachtet werden, siehe Kapitel 4. In der Benzathin-Penicillin G 1,2 Mio 2 × wöchtl. Wirksamkeit ergänzen sich Cephalosporine der 3. Minocyclin 2 × 100 mg tägl. Generation mit Minocyclin (liquorgängig) oder Do- Doxycyclin 400 mg tägl. xycyclin, alternativ Minocyclin (oder Doxycyclin) Azithromycin 500 mg tägl. mit Makroliden unter gleichzeitigem Einsatz von Clarithromycin 2 × 500 mg tägl. Hydroxychloroquin. Metronidazol 1,2 g Metronidazol sollte möglichst für 10 Tage und zwar Hydroxychloroquin 200 mg zum Ende der antibiotischen Behandlung parenteral appliziert werden. Dauer 3-6 Monate abhängig vom klinischen Verlauf, bei Unwirksamkeit Antibiotikum wechseln, frühes- Betalactame/Cephalosporine tens nach 6 Wochen, spätestens nach 8 Wochen. Ceftriaxon 2-4 g tägl. Dauer: Cefotaxim 2-3 × 4 g tägl. generell Metronidazol maximal 10 Tage Tetracycline 2 bis 3 Minocyclin 2 × 100 mg tägl. Monate, Der Einsatz von Cephalosporinen wird von einigen Doxycyclin 400 mg tägl. Ärzten der Borreliose-Gesellschaft kritisch gesehen, Metroni- Makrolide da die Begünstigung des intrazellulären Aufenthaltes dazol ≤10 Azithromycin 500 mg tägl. von Borrelia burgdorferi und der Zystenbildung be- Tage Clarithromycin 2 × 500 mg tägl. fürchtet wird (19, 18). Metronidazol und Hydro- Telithromycin 400 mg tägl. xychloroquin sind in vitro auf Zystenformen wirk- Sonstige sam (3, 4, 5). Metronidazol 1,2 g tägl. (möglichst parenteral) Wöchentliche Kontrolle von kleinem Blutbild, GPT Hydroxychloro- 200 mg tägl. und Kreatinin, im weiteren Verlauf alle zwei bis drei quin Wochen. Bei Ceftriaxon sonographische Kontrolle der Gallenblase alle drei Wochen, bei Makroliden EKG alle zwei Wochen. 4 Gegen Borrelien wirksame Antibio- Bei jeder antibiotischen Behandlung der Borreliose tika unabhängig vom Stadium ist die Gefahr einer Herx- heimer Reaktion zu beachten. Dabei sollten Korti- In der nachfolgenden Tabelle finden sich gegen Bor- koide notfallmäßig (nicht prophylaktisch) parenteral relien wirksame Antibiotika unter Angabe der intra- in Abhängigkeit von der Ausprägung der Reaktion zellulären Wirkung, der Liquorgängigkeit, der Wir- appliziert werden. kung auf zystische Formen und der Wirkdauer
8 (Plasmahalbwertzeit). Liquorgängigkeit: Liquor/ Menschen von z. B. kleinen Nymphen, die kaum gesehen Serum-Konzentration in Prozent: werden können. Dasselbe gilt für Haustiere, die draußen frei herumlaufen dürfen und mit denen geschmust wird (Kin- der!). Jeder Aufenthalt „im Grünen“ birgt Kontaktrisiken, besonders aber bei Graswuchs und Büschen. Plasmahalbwertzeit wirksam auf zysti- intrazellulär wirk 2 Die häufigste Infektion erfolgt durch die 8-beinigen, im un- gesogenen Zustand 1,2-2mm großen durchsichtigen Nym- Liquorgängig sche Formen Antibiotikum phen, am zweithäufigsten durch die erwachsenen (adulten) Weibchen mit rotem Hinterleib (Männchen sind ganz sam schwarz durch ihren körperbedeckenden Chitinpanzer). 3 Ein Erythema migrans (EM) wird oft auch Wanderröte ge- nannt, da es sich typischerweise mit der Zeit im Durchmesser Betalactame vergrößert und im Zentrum abblasst. Es wird so aber nur bei 40-60% aller Borreliose-Patienten beobachtet (12). Auch Ceftriaxon - 17% - 8 Std kann seine Form stark variieren je nach Ort des EM. So ist es Cefotaxim - + - 1 Std am Haaransatz, zwischen den Zehen, unter der Achsel oder in der Leiste meist nicht kreisrund. Das Erythem oder der Cefuroxim-Axetil - - - 1 Std wandernde Randsaum können livide verfärbt sein oder auch Benzylpenicillin, - + - 40 Min so blass, dass sie kaum sichtbar sind. Ein umschriebenes, Penicillin G stärker gerötetes Knötchen („Zeckenstichlymphozytom“) Benzathin-Penicil- - + - 3 Tage kann im Zentrum des anulären Erythemrings verbleiben. Ge- lin G legentlich wurden hier auch Bläschen oder eine kleine Nek- Phenoxymethylpe- - - - 30 Min rose beobachtet. Brennschmerz oder Juckreiz können Vor- zeichen eines sich entwickelnden EM sein. Die Rötung kann nicillin aber auch die einzige für den Patienten wahrnehmbare Lo- Amoxicillin - - - 1 Std kalreaktion darstellen. Imipenem - - - 1 Std Ein Borrelien-Lymphozytom kann sich statt eines EM, aber Tetracycline auch im Zusammenhang mit diesem oder einer Acroderma- titis chronica atrophicans entwickeln. Es besteht aus einer knotigen Ansammlung von Lymphozyten in einem weichen Doxycyclin + (14%) - 15 Std Gewebe, wie z. B. dem Ohrläppchen bei Kindern (sehr ty- Minocyclin + 40% - 15 Std pisch), der Mamille oder dem Hodensack, aber auch an ande- ren Körperstellen, wie den Oberschenkelinnenseiten oder am Makrolide Nacken, wurde es schon festgestellt. 4 Typischerweise tritt innerhalb von 10-14 Tagen nach der Clarithromycin + - - 4 Std erfolgten Borrelieninfektion eine sogenanntes „Borreliose- 2-5% Grippe“ auf mit allen Symptomen einer Grippe außer den Azithromycin + - - 68 Std üblichen Infektzeichen wie Rhinitis oder Husten. Fieber Gewebs- kann, muss aber nicht mit dabei sein. Meist besteht ein diffu- ses Krankheitsgefühl mit beeinträchtigtem Allgemeinbefin- halb- den, ohne dass eine Krankheit richtig fassbar wird. Auch wertzeit Darmsymptome sind nicht selten und werden dann als Som- Telithromycin + - - 2-3 Std merdarmgrippe diagnostiziert, ohne dass der Zusammenhang Roxithromycin + - - 10 Std zur Borrelieninfektion hergestellt wird. Dies gilt vor allem (n. Gasser (3)) für die Fälle, die kein EM entwickeln. Ab dem Zeitpunkt der Borrelieninfektion werden auch Impfungen, Narkosen oder banale Infekte deutlich schlechter vertragen Gyrase-Hemmer 5 Von den Chinolonen kommt lediglich Gemifloxacin in Be- Gemifloxacin5 + 20% - >12 Std tracht. Allerdings ist es in Deutschland nicht zugelassen, je- Sonstige doch importierbar. Auch in den USA ist die Substanz nicht Metronidazol + + + für die Behandlung der Borreliose zugelassen. Hydroxychloroquin + + + 5 Anmerkungen 1 Die Zeckenbesiedlung von Wildtieren insbesondere Ratten und Rehen ist immens (bis zu 1.000 Zecken/Reh) und die Gefahr besteht beim Berühren toter Tiere (Jäger beim aus der Decke Schlagen!) durch das Überlaufen vom Tier auf den
9 6 Literaturverzeichnis miegebiet. Antikörperprävalenz und klinisches Spektrum. Dtsch. Med. Wschr. 117 (1992) 767-774 (13) R. A. Kalish, R. F. Kaplan, E. Taylor, L. Jones-Wood- (1) E. HAbererH, F. HKoszikH, M. Silberer. Why is chronic lyme ward, K. Workman, A. C. Steere. Evaluation of study pa- borreliosis chronic? Clin. Inf. Dis. 25 Suppl. 1 (1997) 64- tients with Lyme disease, 10-20-year follow-up. J. Infect. 70 Dis. 2001, 183 453-460 (2) E. S. Asch, D. I. Bujak, M. Weiss, M. G. Peterson, A. (14) R. F. Kaplan, R. P. Trevino, G. M. Johnson, L. Levy, R. Weinstein. Lyme disease: an infectious and postinfec- Dornbush, L. T. Hu, J. Evans, A. Weinstein, C. H. tious syndrome. J Rheumatol. 1994 (3) 454-461 Schmid, M. S. Klempner, Cognitive function in post- treatment Lyme disease: do additional antibiotics help? (3) Ø. Brorson, S. H. Brorson. An in vitro study of the sus- Neurology. 2003 Jun. 24; 60 (12) 1916-1922 ceptibility of mobile and cystic forms of Borrelia burgdorferi to metronidazole. APMIS. 1999 Jun; 107 (6) (15) M. S. Klempner, L. T. Hu, J. Evans, C. H. Schmid, G. 566-576 M. Johnson, R. P. Trevino, D. Norton, L. Levy, D. Wall, J. McCall, M. Kosinski, A. Weinstein. Two controlled (4) Ø. Brorson, S. H. Brorson. An in vitro study of the sus- trials of antibiotic treatment in patients with persistent ceptibility of mobile and cystic forms of Borrelia symptoms and a history of Lyme disease. N. Engl. J. burgdorferi to hydroxychloroquine. Int. Microbiol. 2002 Med. (2001) 345 85-92 Mar; 5 (1) 25-31 (16) L. B. Krupp, L. G. Hyman, R. Grimson, P. K. Coyle, P. (5) Ø. Brorson, S. H. Brorson. An in vitro study of the sus- Melville, S. Ahnn, R. Dattwyler, B. Chandler. Study and ceptibility of mobile and cystic forms of Borrelia treatment of post Lyme disease (STOP-LD): a random- burgdorferi to tinidazole. Int. Microbiol. 2004 Jun; 7 (2) ized double masked clinical trial. Neurology. 2003 Jun. 139-142 24; 60 (12) 1923-1930 (6) V. von Baehr, Ch. Liebenthal, B. Gaida, F.-P. Schmidt, (17) E. L. Logigian, R. F. Kaplan, A. C. Steere. Successful R. von Baehr, H.-D. Volk. Untersuchungen zur diagnos- treatment of Lyme encephalopathy with intravenous cef- tischen Wertigkeit des Lymphozytentransformationstes- triaxone. J. Infect Dis. (1999) 180 (2) 377-383 tes bei Patienten mit Borreliose. J. Lab. Med. 31 (3) (2007) 149-158 (18) L. H. Mattman. Cell Wall Deficient Forms: Stealth pathogens. CRC Press Inc. 3rd ed. (2000) (7) B. Binder, H. Kerl und R. R. Müllegger. Differential- diagnose der Acrodermatitis chronica atrophicans unter (19) V. Preac-Mursic, G. Wanner, S. Reinhardt, U. Busch, W. besonderer Berücksichtigung der chronisch-venösen In- Maget. Formation and cultivation of Borrelia burgdorferi suffizienz; Phlebologie 6 (2004) 191-198 spheroplast-L-form variants. Infection 24 (1996) 218-226 (8) R. Dinser, M. Jendro, S. Schnarr, and H. Zeidler. Antibi- (20) V. Preac-Mursic, K. Weber, H. W. Pfister, B. Wilske, B. otic treatment of Lyme borreliosis: what is the evidence? Gross, A. Baumann, J. Prokop. Survival of Borrelia Ann. Rheum. Dis. 64 (4) (2005) 519-523 burgdorferi in antibiotically treated patients with Lyme borreliosis. Infection (1989) 17 (6) 355-359 (9) S. Donta. Late and chronic lyme disease. Medical Clin- ics of North America 86 (2) (2002) 341-349 (21) J. Rubel. Lyme Disease – Symptoms and Characteristics: A Compilation of peer-reviewed Literature Reports. (10) B. A. Fallon, J. G. Keilp, K. M. Corbera K. M. E. http://www.lymeinfo.net/medical/LDSymptoms.pdfH Petkova, C. B. Britton, E. Dwyer, I. Slavov, J. Cheng, J. Dobkin, D. R. Nelson, H. A. Sackeim. A randomized, (22) R. B. Stricker, E. E. Winger. Decreased CD57 lympho- placebo-controlled trial of repeated IV antibiotic therapy cyte subset in patients with chronic Lyme disease. Im- for Lyme encephalopathy. Neurology. 2008 Mar. 25; 70 munol Lett. (2001) 76 (1) 43-48 (13) 992-1003 (23) E. Valentine-Thona, K. Ilsemann, M. Sandkamp. A (11) V. Fingerle, B. Wilske. Abschlußbericht zur im Jahr 2004 novel lymphocyte transformation test (LTT-MELISA®) durchgeführten Studie “Epidemiologische Aspekte zeck- for Lyme borreliosis. Diagnostic Microbiology and In- enübertragener Erkrankungen in Bayern: Lyme-Borre- fectious Disease, Volume 57, Issue 1 (2006) 27-34 liose” im Rahmen der “Gesundheitsinitiative: Bayern ak- tiv”. Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Ge- (24) M. Widhe, S. HJareforsH, C. Ekerfelt, M.H VrethemH, S. sundheit und Verbraucherschutz, München Dez. (2005) Bergstrom, P. Forsberg, J. HErnerudhH. Borrelia-specific In- http://www.stmugv.bayern.de/gesundheit/vorsorge/doc/ terferon-gamma and Interleukin-4 Secretion in Cerebro- borreliose.pdf spinal Fluid and Blood during Lyme Borreliosis in Hu- mans: Association with Clinical Outcome, The Journal of (12) D. Hassler, I. Zöller, M. Haude, H. D. Hufnagel, H. G. Infectious Diseases 189 (2004) 1881-1891 Sonntag. Lyme-Borreliose in einem europäischen Ende-
7 Mitglieder der Arbeitsgruppe Prof. Dr. med. Rüdiger von Baehr FA für Innere Medizin Institut für medizinische Diagnostik, Berlin PD Dr. med. Walter Berghoff FA für Innere Medizin, Rheinbach Dr. med. Harald Bennefeld FA für Neurochirurgie, Sportmedizin, Heinrich Mann Klinik Bad Liebenstein Hans-Peter Gabel FA für Allgemeinmedizin, Wolfenbüttel Prof. Dr. med. Fred Hartmann FA für Innere Medizin, Chefarzt a. D., Ansbach Dr. med. Wolfgang Heesch FA für Innere Medizin, Vellmar Dr. med. Gabriele Herrmann FÄ für Orthopädie, Berlin Dr. med. Petra Hopf-Seidel FÄ für Neurologie und Psychiatrie sowie FÄ für Allgemeinmedizin, Ansbach Dr. med. Bernd-Dieter Huismans FA für Innere Medizin, Umweltmedizin, Crailsheim Dr. med. Wolfgang Klemann FA für Innere Medizin, Pforzheim Dr. med. Uwe Neubert FA für Dermatologie, Dermatologische Klinik LMU München, Akad. Direktor i. R. Dr. med. Andrea Roczinski FÄ für Allgemeinmedizin, Königslutter Dr. med. Armin Schwarzbach FA für Laboratoriumsmedizin, Augsburg Dr. med. Barbara Weitkus FÄ für Kinderheilkunde, Berlin Cord Uebermuth FA für Augenheilkunde, Düsseldorf Dr. med. Jochen Viebahn FA für Allgemeinmedizin, Gummersbach Dr. med. Peter Voss FA für Allgemeinmedizin, Ulm
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