DIALOG GLOBAL HAUPTSTADT DES FAIREN HANDELS 2019 Dokumentation | Nr. 58
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2 Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) Telefon +49 228 20717-670 info@service-eine-welt.de www.service-eine-welt.de Dialog Global – Schriftenreihe der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW), Heft 58 Inhaltlich verantwortlich: SKEW, Dr. Stefan Wilhelmy Projektleitung: Richard Klasen Interviews und Texte: Jürgen Anton und Philipp Taudien (IKU_Die Dialoggestalter) Redaktion: Richard Klasen und Philipp Taudien Titelfoto: Jörg Loeffke Druck: Bonifatius GmbH 100% Recyclingpapier, Vivus 89 Druck mit mineralölfreien Farben, CO2-kompensiert Bonn, September 2020 Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit vorheriger Genehmigung des Herausgebers. Die Reihe „Dialog Global“ wird finanziell gefördert durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie die Bundesländer Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Um die Lesbarkeit zu vereinfachen, sind in der vorliegenden Publikation die zur Gleichstellung der Geschlechter gebräuchlichen Schreibweisen nicht durchgängig verwendet worden. Sofern sich aus dem Kontext nicht explizit anderes ergibt, sind bei allen geschlechtsbezogenen Bezeichnungen selbstverständlich immer alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen. Dieses Druck-Erzeugnis wurde mit dem Blauen Engel ausgezeichnet. www.blauer-engel.de/uz195 · ressourcenschonend und umweltfreundlich hergestellt · emissionsarm gedruckt · überwiegend aus Altpapier RG 4
INHALT 1. Vorworte .................................................................................................... 5 2. Der Wettbewerb „Hauptstadt des Fairen Handels“ 2019 .............................. 7 2.1. Die Jury ................................................................................................................. 9 2.2 Die Bewerber – ein kurzer Überblick .................................................................... 13 3. Die Preisverleihung in Köln ........................................................................ 14 4. Preisträger 2019 ........................................................................................ 17 4.1 Erster Platz: Neumarkt in der Oberpfalz .................................................................................. 17 4.2 Zweiter Platz: Bad Säckingen .............................................................................. 19 4.3 Zweiter Platz: Münster ....................................................................................... 20 4.4 Dritter Platz: Nürnberg ....................................................................................... 21 4.5 Vierter Platz: Leipzig .......................................................................................... 22 4.6 Dinslaken ............................................................................................................ 23 4.7 Gotha .................................................................................................................. 24 4.8 Hamburg ............................................................................................................. 25 4.9 Lübeck ................................................................................................................ 26 4.10 Westerstede ....................................................................................................... 26 5. Fair begegnen – Fair gestalten: So bunt war der Kongress der Ideen und Taten! ......................................... 28 6. Wieso am Wettbewerb teilnehmen? ......................................................... 30 6.1 Durch Lospreise zusätzliche Unterstützung der Kommunen ............................. 30 6.2 Weitere Angebote der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt ................... 33 7. Verwendung der Preisgelder 2017 .............................................................. 34 7.1 Hauptpreise ........................................................................................................ 34 7.2 Sonderpreise ....................................................................................................... 38 8. Kontaktdaten der Bewerberkommunen ..................................................... 42
1. VORWORTE Das muss sich dringend ändern! Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen weist uns dabei den Weg. 5 Wir alle, sei es in Politik, Ehrenamt oder Rathaus, müssen für eine Welt eintreten, in der Unter- nehmen, aber auch Verbraucherinnen und Verbraucher Menschenrechte achten und Umwelt- zerstörung vermeiden. Die öffentliche Hand kann dabei enorm viel bewegen. Das jährliche Beschaffungsvolumen liegt hier bei mindestens 500 Milliarden Euro. Dieses Potenzial müssen wir nutzen! Ob Bettwäsche im städtischen Krankenhaus oder der Kakao in der Kita: Ein nachhaltiges Beschaffungswesen muss zum Standard werden. Dr. Gerd Müller © Michael Gottschalk/Photothek.net Liebe Leserinnen und Leser, zwischen Niebüll und Füssen, Guben und Aachen übernehmen immer mehr deutsche Kommunen Dr. Gerd Müller Verantwortung für die EINE WELT. Und bereits zum neunten Mal fand der Wettbewerb „Hauptstadt Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenar- des Fairen Handels“ statt. 100 Kommunen haben beit und Entwicklung mitgemacht. Mit dieser Dokumentation wollen wir zeigen, wie viele Ideen, Wissen und Spaß in unserer bun- desweiten Aktion stecken. Wir wollen auch kurz Bilanz ziehen, Anregungen geben und nach vorne schauen: 2018 erreichte der Handel mit fairen Waren in Deutschland einen Rekordumsatz von 1,7 Milli- arden Euro. Im Vergleich zu 2017 entspricht das einer Steigerung von 15 Prozent. Allein innerhalb der letzten fünf Jahre hat sich der Umsatz im Fairen Handel mehr als verdoppelt! Das ist ein enormer Erfolg, von dem die meisten Branchen nur träumen können. Und dennoch: Gerade mal jede 20. Tasse Kaffee, die wir in Deutschland trinken, ist Fairtrade-zertifi- ziert. Und insgesamt liegt der Anteil von Produkten aus fairen Lieferketten nur bei ca. einem Prozent.
VORWORTE Liebe Leserinnen und Leser, am Wettbewerb „Hauptstadt des Fairen Handels“ haben 2019 erneut 100 Kommunen teilge- nommen. Damit kann der Wettbewerb sein hohes Teilnahmeniveau halten. Erstmalig waren Kom- 6 munen aus 15 Bundesländern vertreten. Das zeigt: Das Thema Faire und Kommunale Beschaffung geht in die Fläche. Auch die Qualität der Bewerbungen nimmt weiter zu. An dieser Stelle möchte ich stellvertretend für viele andere exzellente Bewerbungen auf den diesjährigen Sieger Neumarkt in der Oberpfalz verweisen. Die Kommune mit ihren 40.000 Ein- wohnerinnen und Einwohnern begeistert seit 2005 Dr. Stefan Wilhelmy © Martin Magunia die Jurymitglieder des Wettbewerbs. Nach einem 2. Platz im Jahr 2017 war in diesem Durchgang der 1. Platz „fällig“. Mit ein Grund für die diesjäh- Noch nie kamen in Deutschland so viele Menschen rige Auszeichnung war die Verzahnung von Fairem zum Thema zusammen. Daran möchte wir als Handel und Fairer Beschaffung mit anderen Nach- Servicestelle anknüpfen und Sie einladen: Wir haltigkeitsfeldern wie Umwelt, Klima und kommu- stehen Ihnen beim Thema Fairer Handel und Faire nale Partnerschaften mit dem Globalen Süden. Beschaffung beratend zur Seite. Werden Sie Teil einer wachsenden Lerngemeinschaft und bei sich Zu Recht kürte die Jury daher nach Marburg im vor Ort für die Eine Welt aktiv! Jahr 2009 wieder eine Mittelstadt zur Hauptstadt des Fairen Handels. Der Siegerscheck von diesmal 2021 geht der Wettbewerb in Neumarkt in der 70.000 Euro geht damit zum ersten Mal nach Oberpfalz in seine zehnte Runde. Lassen Sie sich Bayern. Auch den anderen Siegern gratuliere von der vorliegenden Ausgabe der Dialog Global ich herzlichst: Sie dürfen sich auf den Rest des inspirieren: Es würde mich freuen, Sie und Ihre 250.000 Euro starken Preisgelds und Lospreise Kommune im Bewerberfeld begrüßen zu dürfen in Form von Fairen Koch-Shows und Strategie- und gemeinsam mit Ihnen diese Welt gerechter Workshops freuen. und fairer zu machen! Die Preisverleihung erfolgte im Rahmen des Kon- gresses „Fair begegnen – Fair gestalten“, den wir als Servicestelle erstmalig zusammen mit TransFair Deutschland organisiert haben: Vom 18. bis zum Dr. Stefan Wilhelmy 20. September 2019 trafen sich in Köln rund 1.000 engagierte Menschen aus Kommunen und der Bereichsleiter der Servicestelle Kommunen in der Zivilgesellschaft, aus Deutschland, aber auch aus Einen Welt/Engagement Global Kenia, Indien oder Dänemark. Sie bereicherten sich gegenseitig mit ihrer Expertise und Erfahrung, aber auch mit ihrer Neugierde. Und sie infor- mierten sich über aktuelle Entwicklungen zu den Themen Fairer Handel und Faire Beschaffung.
2. DER WETTBEWERB „HAUPTSTADT DES FAIREN HANDELS“ 2019 7 Bereits zum neunten Mal kamen Vertrete- Millionenstadt ist. Es zählen ausschließlich die rinnen und Vertreter von Kommunen aus ganz innovativen Projekte und Maßnahmen, die die Deutschland am 18. September zusammen, um Themen Fairer Handel und Faire Beschaffung gemeinsam die Preisverleihung zur „Hauptstadt unterstützen. Das können einzelne Aktionen oder des Fairen Handels“ zu erleben und sich mitein- langfristig angelegte Projekte sein. ander auszutauschen. 2019 kämpften 100 Städte und Gemeinden mit insgesamt 804 Einzelpro- jekten um die begehrten Trophäen und Preisgelder in Höhe von 250.000 Euro. Zu gewinnen gab es fünf Haupt- und fünf Sonderpreise. Zudem wurden erstmalig 30 Lospreise vergeben. Die feierliche Preisverleihung erfolgte im Kölner E-Werk. Rund 1.000 Menschen trafen sich in Köln, um sich zu Fairem Handel und Fairer Beschaffung auszutauschen © Jörg Loeffke „Der Hauptstadtwettbewerb ist für das BMZ ein wunderbares Instrument, denn die Idee des Fairen Handelns wird an die Kommu- Großer Andrang bei der Anmeldung © Jörg Loeffke nen weitergetragen; und zwar nicht nur in Deutschland, sondern auch in die Welt.“ An den beiden Folgetagen fand im E-Werk und Dr. Bernhard Felmberg, Abteilungsleiter im benachbarten Palladium der Kongress „Fair Bundesministerium für wirtschaftliche begegnen – Fair gestalten” statt. Es war der bisher Zusammenarbeit und Entwicklung größte Kongress zum Fairen Handel in Deutsch- land. Spannende Podiumsdiskussionen, Vorträge und Fachgespräche dienten dem Ideen- und Erfah- Die Preisverleihung fand während der Fairen Woche rungsaustausch, dem Wissenstransfer sowie der statt, der bundesweiten Aktionswoche des Fairen Vernetzung. Rund 1.000 Teilnehmende kamen zu Handels. Schirmherr des Wettbewerbs war auch in Kongress und Preisverleihung. diesem Jahr der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller. Den Wettbewerb gibt es seit 2003. Er zeichnet Die bisherigen Preisträger des begehrten Titels deutsche Städte und Gemeinden aus, die durch waren: Köln (2017), Saarbrücken (2015), Rostock eigene Aktivitäten den Fairen Handel zusammen (2013), Bremen (2011), Marburg (2009), Düsseldorf mit anderen Akteurinnen und Akteuren unter- (2007) und Dortmund (2003 und 2005). stützen. Dabei spielt es keine Rolle, ob eine Bewerberin eine sehr kleine Gemeinde oder eine
D E R W E T T B E W E R B „ H A U P T S TA DT D E S FA I R E N H A N D E L S “ 2 0 1 9 Los ging es 2003 mit einem Preisgeld von insge- 2019 haben sich 30 Kommunen erstmalig beim samt 5.000 Euro. Inzwischen kann die Service- Wettbewerb beworben. Von diesen Erstbewerbern stelle Kommunen in der Einen Welt 250.000 Euro befanden sich sieben gleich in der engeren Auswahl Preisgeld an die glücklichen Gewinnerinnen und für einen Preis. Auffallend bleibt die hohe Betei- Gewinner vergeben. Durch die Auszeichnungen ligung von Kommunen mit weniger als 100.000 trägt der Wettbewerb maßgeblich dazu bei, den Einwohnerinnen und Einwohnern: Sie machen fast 8 Einsatz von Gemeinden und Städten in den drei Viertel aller Bewerbungen aus. Das zeigt: Auch Bereichen Fairer Handel und Faire Beschaffung auf mit kleineren Verwaltungsstrukturen lässt sich viel lokaler und regionaler Ebene für die Öffentlichkeit erreichen und ein Beitrag zur kommunalen Ent- sichtbar zu machen. Auf diese Weise motiviert der wicklungszusammenarbeit leisten. Wettbewerb auch andere Kommunen, sich stärker zu engagieren und den Vorbildern nachzueifern. Mehr als 5.000 Projekte wurden insgesamt seit 2003 beim Wettbewerb von den Bewerberkom- Die Zivilgesellschaft spielt eine zentrale Rolle in munen eingebracht. Wer neugierig geworden ist, diesem Bestreben. Das ehrenamtliche Engage- kann sich die seit 2013 eingereichten Projekte ment von Bürgerinnen und Bürgern ist in vielen unkompliziert online anschauen. Die Projektda- Kommunen ein Treiber des Fairen Handels. Die tenbank des Wettbewerbs „Hauptstadt des Fairen Beiträge zum Wettbewerb verdeutlichen, dass Handels“ ist unter dem Link https://skew.engage- Kommunen, in denen die Projekte gemeinsam ment-global.de/projektdatenbank-hauptstadt-des- von Zivilgesellschaft, Stadtspitze, Ratsmitgliedern fairen-handels.html zu finden. Rund 4.000 Projekte sowie von Stadtverwaltungen getragen werden, am sind dort gesammelt. Die Datenbank bietet den erfolgreichsten sind. Akteurinnen und Akteuren aus Kommunen und Zivilgesellschaft ein informatives Servicetool, in Faires Handeln schafft einen direkten Bezug zu dem die eingereichten Projekte als konkrete Bei- Fragen der Globalisierung. Diese scheinen auf den spiele vorgestellt werden. Diese können als Anre- ersten Blick sehr weit weg und sind doch direkt gungen für die eigenen Aktivitäten genutzt werden. mit dem Leben in Deutschland verbunden. Denn was wir vor Ort in Deutschland konsumieren, wird oftmals an anderen Orten der Welt zu mitunter „Die größte Herausforderung ist, dass Faire menschenunwürdigen Bedingungen produziert. Beschaffung rechtlich noch immer freiwillig Hier setzen Fairer Handel und Faire Beschaffung ist. Für viele Akteurinnen und Akteure, die an: Etwa mit der Zusicherung von existenzsi- sich vor Ort dafür einsetzen, ist es schwierig, chernden und geschlechtergerechten Löhnen, von die nötige Zustimmung zu erhalten. Die Über- Arbeitssicherheit oder vom Verbot ausbeuterischer zeugungsarbeit bedarf fundierter Informati- Kinderarbeit im Globalen Süden. onen: Warum ist Faire Beschaffung sinnvoll? Und Überzeugungsarbeit braucht oftmals Inzwischen ist der faire Gedanke ganz oben in einen langen Atem. Wichtig ist für Aktive, da- vielen Rathäusern der Kommunen angekommen. bei die Motivation aufrechtzuerhalten. Wenn Faires Engagement wird zunehmend zur Chef- die Faire Beschaffung rechtlich verankert sache. Immer mehr Bürgermeisterinnen und wäre, wäre die Umsetzung leichter.“ Bürgermeister treiben den Fairen Handel und die Michael Marwede, Abteilungsleiter Servicestelle Faire Beschaffung in ihren Kommunen voran. Kommunen in der Einen Welt Dabei überschneiden sich Fairer Handel und Faire Beschaffung unter dem Stichwort „bewusster Konsum“ mit Themen wie Klimawandel, Umwelt- Auch in einem anderen Bereich wird der Wettbe- schutz und der Stärkung regionaler Märkte: Wer werb „Hauptstadt des Fairen Handels“ digital: 2021 ein Bewusstsein für Fairness beim Kauf etwa von soll es die papierlose Bewerbung geben. Der kom- Kaffee entwickelt, ist oftmals auch bereit, für regi- plette Bewerbungsprozess wird online erfolgen. onale Milch einen angemessenen Preis zu zahlen. Der Wettbewerb geht dann auch in seine zehnte Auf diese Weise profitieren auch die Menschen vor Runde: In Neumarkt in der Oberpfalz findet 2021 Ort vom kommunalen Engagement im Bereich also nicht nur die nächste Preisverleihung statt, Fairer Handel und Faire Beschaffung. sondern es wird auch ein kleines Jubiläum gefeiert.
D E R W E T T B E W E R B „ H A U P T S TA DT D E S FA I R E N H A N D E L S “ 2 0 1 9 2.1. Die Jury 9 Die Jury des Wettbewerbs 2019 mit SKEW-Mitarbeitenden. © Hagen Hoppe/Engagement Global 100 Bewerberkommunen und 804 eingereichte Die diesjährige Jury bestand aus den folgenden Projekte: Die Zahlen des Wettbewerbs 2019 sind zehn Expertinnen und Experten aus dem Bereich beeindruckend. Dazu kommt die Qualität und Fairer Handel und kommunale Beschaffung: Detailfülle der Bewerbungen. Für die Jurymit- glieder war es keine leichte Aufgabe, über die ÆÆ Georg Abel, Verbraucher Initiative e.V. Preisträger 2019 zu entscheiden. Und so war die ÆÆ Deliana Bungard (Juryvorsitzende), Deutscher Jurysitzung am 14. August 2019 in Köln geprägt Städte- und Gemeindebund von intensiven Diskussionen über die Projekte und ÆÆ Ruben Enxing, Forum Fairer Handel e.V. über die Preiswürdigkeit der Bewerberkommunen. ÆÆ Miriam Feldmann, Stadt Köln (Hauptstadt des Fairen Handels 2017) Die folgenden Kriterien legten die Jurymitglieder ÆÆ Nadine Gerks, Verband kommunaler Unternehmen dabei an: e.V. ÆÆ Teresa Hoffmann, Brot für die Welt e.V. ÆÆ Abdeckung der fünf Handlungsfelder (siehe Seite ÆÆ Dieter Overath, TransFair e.V. 11/12) ÆÆ Uwe Prüfer, Verbund Entwicklungspolitischer ÆÆ Innovationsgrad der Projekte Nichtregierungsorganisationen Brandenburgs ÆÆ Erreichte Zielgruppen und Kooperationen (VENROB) e.V. ÆÆ Einbindung der Thematik in andere kommunale ÆÆ Felix Reifschneider, Bundesministerium für wirt- und entwicklungspolitische Handlungsfelder schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ÆÆ Unterstützung des Themas durch Zivilgesellschaft (BMZ) und Verwaltung ÆÆ Axel Welge, Deutscher Städtetag ÆÆ Gesamteindruck der eingereichten Bewerbung
D E R W E T T B E W E R B „ H A U P T S TA DT D E S FA I R E N H A N D E L S “ 2 0 1 9 2.1.1 Interview mit der Juryvorsitzenden Sie haben in Ihrer Rede gesagt, dass die Bewer- Deliana Bungard, Deutscher Städte- und bungen und Aktivitäten sehr vielfältig waren. Was Gemeindebund ist bei Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben? Sie haben in Ihrer Rede bei der Preisverleihung „Besonders im Gedächtnis geblieben sind deutlich gemacht, dass es sehr viele und sehr die vielen Projekte, die in der frühen Bildung 10 hochwertige Bewerbungen gab. Was macht für Sie ansetzen. In vielen Bewerbungsbögen war zu eine gute Bewerbung aus? lesen, dass die Aktivitäten in der frühkindli- chen Bildung ansetzen, um ein langfristiges „Ich freue mich immer über gute Beispiele, die nachhaltiges Denken anzuregen. Denn die zeigen, dass Kommunen aktiv sind und etwas Kinder von heute sind die Erwachsenen von bewegen. Das erleichtert auch meine Arbeit morgen. Daher habe ich mich auch besonders beim Deutschen Städte- und Gemeindebund gefreut, dass wir heute einige Kinder bei der als Schnittstelle zwischen Kommunen und Mi- Preisverleihung gesehen haben. nisterien. Ich kann die vielen guten Beispiele einbringen und auch namentlich nennen. Ein weiterer Aspekt: Die Projektbögen haben viele Einzelmaßnahmen aufgezeigt, die eine Menge bewegt haben. Es gab eine Vielzahl von Aktionen, die sehr viele Menschen mitge- nommen haben. Das ist mir besonders auf- gefallen. Es müssen nicht immer die großen Projekte, die Leuchttürme, sein, um Großes zu bewegen.” Wie schwer fiel der Jury in diesem Durchgang die Entscheidung über die Preisträger? „Ich muss sagen, bei der Vergabe des Haupt- stadttitels waren wir uns schon ziemlich einig. Weil es in Neumarkt in der Oberpfalz eine Kontinuität des Engagements gibt. Die Akteurinnen und Akteure vor Ort arbeiten Die Vorsitzende der Jury, Deliana Bungard vom Deutschen Städte- seit Langem daran, das Thema Fairer Handel und Gemeindebund © Jörg Loeffke nachhaltig zu verankern. Sie haben nicht aufgegeben, das Angebot kontinuierlich auf- Wichtige Aspekte für gute Beispiele sind und ausgebaut und damit die Wirkung vor aus Sicht meiner kommunalen Arbeit: Ist Ort gesteigert.” das Thema als Chefsache in der Verwaltung verankert? Wie funktioniert die Kooperation Und wie war das bei den anderen Preisen? mit den gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren? Ist die lokale Wirtschaft eingebun- „Wir haben viel diskutiert. Denn es ist im den? Und eine sehr wichtige Frage betrifft Grundsatz so, dass alle Jurymitglieder ihre die Transferwirkung: Ist das entsprechende Vorschläge kundtun. Bei so vielen Bewerbun- Projekt auf andere Kommunen übertragbar, gen gab es natürlich auch unterschiedliche und wie ist die Vernetzung untereinander? Einschätzungen. Wir haben dann offen unsere Argumente ausgetauscht, welches Verankerung, Kooperation und Übertragbar- Projekt gut und preiswürdig ist. Über manche keit sind die drei Kriterien, die für mich eine Projekte haben wir sehr viel diskutiert. Bei gute Bewerbung ausmachen. Daran habe anderen waren wir uns von Anfang an einig. ich mich orientiert bei der Auswahl und bei Der Austausch hatte eine positive Eigendyna- meinen Empfehlungen in der Jury.” mik, die uns zu einem gemeinsamen Ergebnis gebracht hat.“
D E R W E T T B E W E R B „ H A U P T S TA DT D E S FA I R E N H A N D E L S “ 2 0 1 9 Was würden Sie den Bewerberinnen und Bewer- bern im nächsten Wettbewerbsdurchgang mit auf den Weg geben? „Ich finde, alle sind auf einem guten Weg. Es geht darum, das Engagement beizubehalten und weiter auszubauen. Beispielsweise zu 11 versuchen, Gruppen anzusprechen, die man noch nicht mitgenommen hat. Und einen lan- gen Atem zu bewahren, denn es sind durch- aus langfristige Prozesse.” 2.1.2 Verteilung der Bewerbungen auf die Handlungsfelder Die Grafik verdeutlicht, dass die eingereichten Projekte im Hauptstadtwettbewerb 2019 recht ausgeglichen die fünf verschiedenen Handlungsfelder berücksichtigen. Der Schwerpunkt liegt bei Informationsarbeit und Marketing.
D E R W E T T B E W E R B „ H A U P T S TA DT D E S FA I R E N H A N D E L S “ 2 0 1 9 Handlungsfeld 1 – Strukturelle Maßnahmen Handlungsfeld 3 – Kommunale Beschaffung ÆÆ Verabschiedung von Strategien, Leitbildern und ÆÆ Beschlussfassung zur Beschaffung Fairer Pro- Aktionsprogrammen zu Fairem Handel/Fairer dukte, wie z.B. Kaffee, Tee, Präsentkörbe oder Blu- Beschaffung, wie z.B. kommunale Nachhaltig- men zur Vermeidung ausbeuterischer Kinderarbeit 12 keitsstrategien, Rahmenkonzepte zur und zur Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen. Kommunalen Entwicklungszusammenarbeit, ÆÆ Umsetzung von Fairer Beschaffung/Einbindung Aktionsprogramme zu den UN-Millenniumzielen von sozialen Kriterien in die Auftragsvergabe, oder der Agenda 2030 (SDGs). wie z.B. in den Bereichen Textilien, Natursteine, ÆÆ Finanzierung und Förderung von lokalen Akti- Holzprodukte, IT-Produkte. vitäten und Projekten zu Fairem Handel/Fairer ÆÆ Qualifizierungen zur Umsetzung Fairer Beschaf- Beschaffung, wie z.B. Zuschüsse für Initiativen/ fung, wie z.B. Fortbildungen und Praxisleitfäden Aktionen oder die mietfreie Überlassung von zur Fairen Beschaffung. Räumlichkeiten. ÆÆ Kooperationen und Vernetzungen zu Fairem Han- Handlungsfeld 4 – Vermarktung und Verkauf del/Fairer Beschaffung, wie z.B. die Teilnahme an ÆÆ Zusammenarbeit/Kooperationen mit Weltläden Netzwerken, Bündnissen, Austausch mit anderen und/oder religiösen Gemeinden und Gemeinschaf- Kommunen sowie Partnerinnen und Partnern. ten. ÆÆ Projekte und Partnerschaft mit Bezug zu Fairem ÆÆ Einbindung von Einzelhandel und Gastronomie in Handel/Fairer Beschaffung in Ländern des Aktivitäten zu Fairem Handel/Fairer Beschaffung. Globalen Südens. ÆÆ Einführung/Verkauf von fairen Produkten in kom- munalen Einrichtungen, wie z.B. dem Rathaus, Handlungsfeld 2 – Informationsarbeit und Schulen und Krankenhäusern. Stadtmarketing ÆÆ Vermarktung/Verkauf von fair gehandelten Pro- ÆÆ Konzeption und Durchführung von Veranstaltun- dukten, wie bei z.B. Städtekaffees oder -schoko- gen zu Fairem Handel/Fairer Beschaffung, wie laden. z.B. Aktionstage und -wochen, Ausstellungen, alternative Stadtführungen, Fachgespräche und Handlungsfeld 5 – Globales Lernen Theateraufführungen. ÆÆ Behandlung und Verankerung des Themas Fairer ÆÆ Kampagnen zu Fairem Handel/Fairer Beschaffung, Handel/Faire Beschaffung in Aus- und Weiterbil- wie z.B. Bildungs- oder Stadtkampagnen. dung. ÆÆ Erstellung von Publikationen und Medien/Pres- ÆÆ Außerschulische Sensibilisierung von Kindern und searbeit zu Fairem Handel/Fairer Beschaffung, wie Jugendlichen zu Fairem Handel/Fairer Beschaf- z.B. Einkaufsführer, Radiosendungen, Booklets fung. oder Internetplattformen. ÆÆ Stadtmarketing zu Fairem Handel/Fairer Beschaf- fung, wie z.B. der Einsatz und die Entwicklung von fairen Produkten mit Bildungs- oder kommunalen Vermarktungskonzepten (Präsente, Einkaufsta- schen, T-Shirts).
D E R W E T T B E W E R B „ H A U P T S TA DT D E S FA I R E N H A N D E L S “ 2 0 1 9 2.2 Die Bewerber – ein kurzer Überblick 13
3. DIE PREISVERLEIHUNG IN KÖLN 14 Der Saal im Kölner E-Werk kurz vor der Preisverleihung © Philipp Taudien Voller Erwartung saßen Vertreterinnen und Ver- fünf Hauptpreise, die mit Tüchern verdeckt auf der treter der Bewerberkommunen und zahlreiche wei- Bühne standen. tere Interessierte am Abend des 18. Septembers an ihren Tischen im Kölner E-Werk und blickten auf die Bühne. Die Preisverleihung des Wettbe- „Es ist spannend zu sehen, was andere werbs „Hauptstadt des Fairen Handels“ bildete Schulen und Gemeinden so machen. Und den Auftakt zum Kongress „Fair begegnen – Fair von anderen Handlungsträgern zu hören und gestalten”. zu sehen, was über den eigenen Tellerrand hinaus möglich ist.” Rund 1.000 Besucherinnen und Besucher kamen Matthias Spannrad, Lehrer am Maristen- dafür in die Domstadt. Schon bei der Anmeldung Gymnasium in Furt bei Landshut suchten sie den Austausch mit den anderen Teil- nehmerinnen und Teilnehmern, darunter auch Gäste aus dem Ausland. „Wir wussten, dass wir nicht gewinnen werden. Wir sehen es aber als Chance, neue Impulse für unsere weitere Arbeit in diesem Bereich mitzunehmen. Ich freue mich vor allem auf den Austausch mit anderen Kom- munen.” Annett Fiedler, Land Berlin Die Preisträgerkommunen wussten zwar, dass sie zu den Gewinnerinnen gehören, die genaue Platzierung blieb aber geheim. Entsprechend span- Die Kinder des fairen Projektchores der Kölner Grundschule Iris- weg mit dem Eröffnungssong „Wir machen Fairtrade“ nend waren die Enthüllungen der Ortsschilder der © Jörg Loeffke
DIE PREISVERLEIHUNG IN KÖLN Der faire Projektchor mit rund 30 Kindern der „Unsere Bewerbung ist in enger Zusammen- Kölner Grundschule Irisweg, der 2018 am Cologne arbeit mit der Stadt Leipzig entstanden. Song Contest für den Fairen Handel teilgenommen Motiviert hat uns zu einem großen Teil das hatte, eröffnete die Preisverleihung. Ihr Lied „Wir Preisgeld und auch das Prestige, das dieser machen Fairtrade” ist eine Hymne für den Fairen Wettbewerb mit sich bringt.” Handel und die Faire Beschaffung. Daran knüpften Lisa Marquardt, Eine Welt e.V. Leipzig die Begrüßungsreden an. 15 Dr. Stephan Holthoff-Pförtner, Minister für Bundes- und Europa- Dr. Bernhard Felmberg kurz vor Beginn der Preisübergaben angelegenheiten sowie Internationales des Landes Nordrhein- © Jörg Loeffke Westfalen: Fairtrade geht uns alle an © Jörg Loeffke Dr. Stephan Holthoff-Pförtner, Minister für Bundes- In Vertretung für den Schirmherrn des Wettbe- und Europaangelegenheiten sowie Internationales werbs, Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd des Landes Nordrhein-Westfalen, betonte, dass Müller, begrüßte dessen Abteilungsleiter Dr. Bern- möglichst viele Menschen den Fairtrade-Gedanken hard Felmberg die Gäste: leben und umsetzten müssten, damit viel bewegt werden kann: „Der Wettbewerb ist enorm wichtig für unser Haus und für die Menschen, die sich mit „Jede und jeder Einzelne von uns spielt eine Fairem Handel befassen. Denn die Aktiven Rolle. Jede und jeder kann einen Beitrag merken, dass die Bundesregierung dahinter- leisten für einen gerechten und Fairen steht und dass ihr Engagement in einer gro- Handel. Damit auch kleine Änderungen des ßen Community ankommt: Sie können selbst Konsumverhaltens viel bewirken können, mit guten Beispielen vorangehen und ihre müssen viele Menschen mitmachen. Darum Erfahrungen an andere Kommunen weiterge- ist es so wichtig, dass immer mehr Menschen ben, die Projektideen übernehmen. Und nicht Produkte mit dem Fairtrade-Siegel kaufen. So zuletzt können Kommunen Preise gewinnen, können sie einen sehr wirksamen Beitrag für die hoch dotiert sind.“ eine bessere Welt leisten.” Dr. Jens Kreuter, Geschäftsführer von Engagement Aufgefordert seien hier alle: Privatpersonen, Global, unterstrich in seinem Grußwort die Bedeu- Wirtschaftsunternehmen, Organisationen und die tung jedes einzelnen kommunalen Projekts zu Politik auf allen Ebenen – angefangen in Europa Fairem Handel und Fairer Beschaffung, auch für über die Nationalstaaten und Bundesländer bis hin die Arbeit der SKEW selbst. zu den Kommunen. „Die ist nur möglich, weil Sie, die Kommu- nen, sich so engagieren. Vor allem aber ist es für uns eine enorme Herausforderung, denn
DIE PREISVERLEIHUNG IN KÖLN wir wollen natürlich beweisen, dass diese Ressource tatsächlich gebraucht wird, dass sie abgerufen wird. Wir freuen uns, wenn Sie uns mit neuen Ideen, Projekten und auch mit dem Bedarf neuer Förderschienen anspre- chen. Dafür sind wir da. Unser Ziel ist es, Ihr 16 Engagement möglich zu machen. Überall da, wo wir das noch besser tun können, wollen wir das sehr gerne tun. Wir freuen uns über jede Bewerbung. Und mehr noch, wir sind beeindruckt von jeder Bewerbung.” Henriette Reker, Oberbürgermeisterin der Stadt Köln © Jörg Loeffke Als Gastgeschenke überreichte Dr. Bernhard Felmberg der Kölner Oberbürgermeisterin einen fair gehandelten Fußball, der stellvertretend für 99 weitere faire Fußbälle für Schulen in ganz Köln stand, und einen Gutschein für einen „Fair-o- Maten”, einen Automaten, an dem fair gehandelte Süßigkeiten und Snacks erworben werden können. Dieser wird an einen öffentlichen Ort in Köln aufgestellt. Dr. Jens Kreuter, Geschäftsführer von Engagement Global, bei Als letzte Rednerin schilderte die Vorsitzende der seinem Grußwort © Jörg Loeffke Jury, Deliana Bungard vom Deutschen Städte- und Gemeindebund, ihre Eindrücke der Bewerbungs- phase und der Jurysitzung (siehe auch Interview „2019 bewarben sich wieder 100 Kommunen, auf S. 10). so viele wie beim vorherigen Wettbewerb im Jahr 2017. Die Jury hat intensiv um die Plat- Dann wurde es ruhig im Saal. Dr. Bernhard zierungen gerungen. Auffällig waren dieses Felmberg hielt zu jedem der zehn Preisträger eine Mal die Maßnahmen in vielen Kommunen, Laudatio und überreichte die Auszeichnungen um den Fairen Handel und die Faire Beschaf- gemeinsam mit Deliana Bungard, Elfi Scho- fung nachhaltig strukturell zu verankern. Das Antwerpes (Bürgermeisterin der Stadt Köln) und ist sehr erfreulich!“ Dr. Stefan Wilhelmy (Bereichsleiter Servicestelle Michael Marwede, Abteilungsleiter der Kommunen in der Einen Welt/Engagement Global). Servicestelle Kommunen in der Einen Welt Zudem wurden 30 Lospreise vergeben, während sich die Haupt- und Sonderpreisträger vor dem E-Werk für das obligatorische Gruppenfoto trafen Für die gastgebende Kommune und die Hauptstadt und erste Interviews gaben. des Fairen Handels 2017 Köln wandte sich Ober- bürgermeisterin Henriette Reker an die Gäste: „Ich bin natürlich stolz darauf, Sie hier in Köln begrüßen zur dürfen. Der Titel macht uns stolz, und wir haben mit diesem Kon- gress, der mit der Preisverleihung startet, ordentlich was auf die Beine gestellt.”
DIE PREISVERLEIHUNG IN KÖLN 4. PREISTRÄGER 2019 Die Hauptpreisträger Freude bei Oberbürgermeister Thomas Thumann riesengroß: 17 „Ganz ehrlich, wenn man die Preisträger 4.1 Erster Platz: der letzten Jahre gesehen hat, dann habe ich Neumarkt in der Oberpfalz bei unserer Konstellation mit nur 40.000 Einwohnerinnen und Einwohnern nicht da- mit gerechnet. Umso mehr ist das eine tolle Aus der Laudatio auf Neumarkt in der Oberpfalz Auszeichnung für unser Engagement auch im Vergleich mit den vielen anderen ernsthaf- „Wer sich nicht erst seit gestern im Bereich ten Konkurrentinnen und Konkurrenten und kommunale Faire Beschaffung und Fairer Handel den benachbarten und ebenso agierenden bewegt, der ist nicht überrascht, von Neumarkt als Kommunen.“ Gewinnerin des Wettbewerbs zu hören: Die Kom- mune bewirbt sich seit 2005 beim Wettbewerb und konnte seit 2011 immer einen Platz unter den ersten Fünf für sich verbuchen. In diesem Jahr wurde es der erste Platz: Dafür sprachen • die Kontinuität der Arbeit in Neumarkt und die Vielfältigkeit der eingereichten Projekte • die Qualität der Projekte in der Relation auch zu größeren Kommunen • die gelungene Verbindung der Idee des Fairen Handels mit anderen Querschnittsthemen, wie Klima und Umwelt • das stark und breit aufgestellte gesellschaftspoli- tische Engagement in der Stadt Den Titel „Hauptstadt des Fairen Handels“ holte 2019 Neumarkt in der Oberpfalz © Jörg Loeffke • die breite und tiefe, regionale wie thematische Vernetzung der Kommune und schlussendlich: • die starke strategische Verankerung in der Stadt Die Stadt Neumarkt bewirbt sich seit 2005 beim und rund ein Dutzend neue Projekte, die seit dem Wettbewerb und begeisterte die Jury mit ihrem letzten Durchgang 2017 eingeleitet wurden.” breit aufgestellten gesellschaftspolitischen Enga- gement. Neumarkt belegte in der Vergangenheit Dr. Bernhard Felmberg, Abteilungsleiter Bundes- regelmäßig einen Platz auf dem Siegertreppchen. ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit Darauf stießen Thumann und der Rest der Delega- und Entwicklung tion direkt nach der Verkündung an: „Wir waren die erste Fair-trade-Stadt in Neumarkt in der Oberpfalz ist „Hauptstadt des Bayern, die sechste in ganz Deutschland. Wir Fairen Handels“ 2019. Damit ging der Titel haben 2013 den Deutschen Nachhaltigkeits- erstmalig nach Bayern. Als Dr. Bernhard Felm- preis bekommen. Aber der erste Preis beim berg, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Wettbewerb ,Hauptstadt des Fairen Handels‘ wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist die Krönung. Wir sind besonders stolz (BMZ), die Gewinnerin am Nachmittag der Preis- darauf, dass wir mit dem Team die Bürger- verleihung auf der Bühne bekannt gab, war die schaft erreicht haben. Die nächsten zwei Tage
DIE PREISVERLEIHUNG IN KÖLN nehmen wir am Kongress teil. Heute freuen Neumarkt entwickelt bereits neue Ideen für faire wir uns, dass wir ein so großes Ziel erreicht Projekte. Dazu gehören unter anderem großflä- haben und lassen es uns gut gehen.” chige Werbedrucke mit der Aufschrift „Hauptstadt des Fairen Handels“ 2019 auf einem Stadtbus, Die Jury begründete ihre Entscheidung unter die Einführung von öko-fairen Textilien im neuen anderem mit der Kontinuität der Arbeit und der Schlossbad und eine internetbasierte Plattform 18 Vielfalt der eingereichten Projekte sowie der „Akademie Globales Lernen Neumarkt”. gelungenen Verbindung der Idee des Fairen Han- dels mit anderen Querschnittsthemen wie Klima Oberbürgermeister Thomas Thumann freut sich und Umwelt. Durch die sehr gute Qualität der 57 schon auf seine Gastgeberrolle 2021: „Ich bin eingereichten Projekte könne die Mittelstadt mit gespannt, an wen ich in zwei Jahren den Pokal größeren Kommunen mühelos mithalten. Dazu weitergeben darf.” zählen neben fairen Grundschulen zum Beispiel die „Außenstelle Entwicklungsagentur Faire Metro- polregion Nürnberg“ und die Projektpartnerschaft „Wir wollen die Auszeichnung ‚Hauptstadt mit Drakenstein in Südafrika, einer Mischung aus des Fairen Handels‘ 2019 im Stadtmarketing Klimaschutz, Schüleraustausch und dem Handel einsetzen und entsprechende Werbeplattfor- mit fair gehandeltem Wein. men nutzen. Im Rahmen unserer Klimapart- nerschaft mit der südafrikanischen Gemeinde Drakenstein wollen wir erreichen, dass Drakenstein Fairtrade-Stadt wird. Die öko- faire Arbeitskleidung soll auch in anderen städtischen Betrieben umgesetzt werden. Wir wollen den Fairen Handel verstärkt in der Jugendarbeit einsetzen und vieles mehr.” Ralf Mützel, Leiter des Amts für Nachhaltigkeitsförderung der Stadt Neumarkt in der Oberpfalz „Wir sind inzwischen bei rund 800 Kommu- nen, die schon beim Fairen Handel und der Partnerschaft mit anderen Ländern engagiert sind. Wir wollen noch weitere Schritte tun, Die Delegation aus Neumarkt in der Oberpfalz bei der Preisverlei- um für diese Idee zu begeistern.” hung © Jörg Loeffke Dr. Bernhard Felmberg, Abteilungsleiter im Bundesministerium für wirtschaftliche Oberbürgermeister Thomas Thumann ergänzt: Zusammenarbeit und Entwicklung „Nach einjähriger Vorbereitung haben wir den ganzen Bauhof mit fair gehandelter Be- rufskleidung ausstatten können. Wir haben es geschafft, dass die europäische Metropol- region Nürnberg als erste Faire Metropolre- gion zertifiziert wurde. In der Stadt möchten wir den fairen Gedanken in den Schulen und Kindergärten noch mehr intensivieren, durch viele Mikroprojekte, weil wir dort einfach vie- le Menschen erreichen. Mit einem Preisgeld von 70.000 Euro eröffnet uns das ungeahnte Möglichkeiten.“
DIE PREISVERLEIHUNG IN KÖLN 4.2 Zweiter Platz: Bad Säckingen „Mein Ansporn war diese ‚Geiz ist geil‘- Mentalität. Man muss sich vor Augen führen, wer dafür bezahlt: Arbeitnehmerinnen und Aus der Laudatio auf Bad Säckingen Arbeitnehmer, die zu unzumutbaren Be- dingungen arbeiten, deren Gesundheit und „Dass man auch als relativ kleine Kommune Menschenleben den Konzernen aber auch etwas bewegen kann, beweist Bad Säckin- uns als Konsumenten nicht so viel wert sind, 19 gen eindrücklich: Die Kommune hat nicht oder hart arbeitende, auch örtliche, deutsche nur fast ausschließlich neue, sondern auch Landwirte. Da ist ein Bewusstseinswandel vielseitige und witzige Projekte wie eine dringend nötig. Ich habe gemerkt: So geht es Kaffeewette mit dem Bürgermeister oder ein nicht mehr weiter. Wir brauchen einfach eine öko-faires Bademattenfest eingereicht. neue, eine ökologischere, eine ökonomischere und vor allem auch eine gerechtere Welt.” Für die Größe der Stadt beachtlich ist die strategi- sche Verankerung des Themas Fairer Handel und Willi Moosmann kann durch seine Netzwerkarbeit Faire Beschaffung: mit einer an der Nachhaltig- in Bad Säckingen auf valide Kontakte zurück- keitsstrategie des Landes Baden-Württemberg greifen, die ihm helfen, globale Themen vor Ort ausgerichteten Stadtstrategie und der Einführung zu platzieren. eines nachhaltigen Beschaffungswesens. Ganz besonders gefallen hat der Jury die überre- gionale Vernetzung, die in Bad Säckingen auch an Landesgrenzen nicht Halt macht: So führt die Stadt mit ihrer Schweizer Partnergemeinde Glarus gemeinsame Aktivitäten durch.” Dr. Bernhard Felmberg, Abteilungsleiter Bundes- ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Den zweiten Platz belegten in diesem Jahr gleich zwei Kommunen. Eine davon ist Bad Säckingen. Dort hat das Engagement zum Fairen Handel bereits eine lange Tradition. Angestoßen wurde das Bürgermeister Alexander Guhl (Mitte) und andere Vertreterinnen und Vertreter von Bad Säckingen mit Ortsschild © Jörg Loeffke Thema von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die vor einigen Jahren die Notwendig- keit zum Wandel gesehen haben. Einer der Väter der Initiative ist Willi Moosmann, dem die Verkün- „Einige sind alt, etwa seit 1998/1999 mit den dung des Preises Freudentränen ins Gesicht trieb: Schmidts-Märkten in der Region. Das ist ein Familienbetrieb, der inzwischen 13 Filialen „Ich könnte heulen, das habe ich nie ge- hat und mit denen wir schon seit Jahren Fai- glaubt. Weil da viel Herzblut und Engage- ren Handel betreiben. Wenn wir Projektpart- ment dahintersteckt. Es ist eine Bestätigung ner in unserem ‚Weltlädeli Murg‘ zu Besuch und eine große Freude für mich!” haben, dann gehen wir grundsätzlich zu den Schmidts-Märkten und besuchen die; ganz Mit ihm war auch Bürgermeister Alexander gleich, ob das jetzt der Bananenbauer ist, Guhl zur Preisverleihung nach Köln gekommen. oder der Kaffeeproduzent aus Peru.” Alexander Guhl erklärt, was seine Kommune ange- trieben hat, beim Wettbewerb mitzumachen:
DIE PREISVERLEIHUNG IN KÖLN Für Alexander Guhl sind der Preis und die aktuelle in der Verwaltung, in der Gesellschaft, in Arbeit erst der Anfang: den vielen Gruppen, die sich um das Thema Fairtrade in Münster kümmern.” „Das ist heute eine Momentaufnahme. Es ist eine tolle Bestätigung unserer Arbeit, die Gerhard Joksch betont, dass man noch viel mehr man in vielen Bereichen in der Kommune Kommunen für das Thema gewinnen müsse: 20 leistet. Ich glaube, wir haben so gewaltige Herausforderungen, da muss einfach wesent- „Der Wettbewerb liefert einen guten Beitrag, lich mehr passieren und zwar in ganz vielen um allen deutschen Kommunen deutlich zu Bereichen. Das heute ist nur ein Teilaspekt. machen, wie wichtig das Thema Fairtrade in Aber ein wichtiger, da sind wir auch ganz den Gemeinden ist. Das ist der größere Blick- stolz drauf, und es ist eine tolle Sache.“ winkel: Am Ende müssen wir uns nachhaltig verhalten, und dazu gehört die Fairness in der Gesellschaft, die Fairness gegenüber den 4.3 Zweiter Platz: Münster Menschen in der Kommune, gegenüber allen Partnerinnen und Partnern, mit denen man zusammenarbeitet.“ Aus der Laudatio auf Münster „Münster hat sich mit 15 Projekten bewor- ben. An Münster gefiel der Jury das Nebenei- nander von Kontinuität und neuen Ideen und Aktionen. Zusammen entsteht der Eindruck einer spürbaren positiven Entwicklung inner- halb der letzten Jahre: 6 der 15 eingereichten Projekte wurden in den Jahren 2017 und 2018 gestartet, 5 weitere seit Beginn dieses Jahres. Man spürt: In Münster bewegt sich was! Gleichzeitig reichen andere Aktivitäten bis in das Jahr 2010 zurück und werden bis heute fortgeführt. Besonders würdigt die Jury den Quartiersan- satz in Hiltrup, Münsters erstem fairen Die Delegation aus Münster um Bürgermeister Gerhard Joksch (Mitte) © Jörg Loeffke Stadtteil.” Dr. Bernhard Felmberg, Abteilungsleiter Bundes- Der Gedanke der Fairness sei in Münster kein ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit neuer: und Entwicklung „Wir haben in Münster eine Kultur des Friedens seit 1648. Der Wahlspruch der Auch Münster wurde bei der Preisverleihung mit Stadt Münster lautet: ‚Man beachte immer einem zweiten Platz für das Engagement der Stadt die andere Seite, bevor man eine Entschei- im Fairen Handel belohnt. Im Anschluss an die dung trifft‘. Das ist das Gebot der Fairness, Preisverleihung beantwortete Bürgermeister Ger- und dem fühlen wir uns verpflichtet. Dass hard Joksch die Frage, ob sich die Arbeit und die wir einen Preis gewinnen, bestätigt unsere Mühe ausgezahlt hätten: Bemühungen.” „2017 haben wir teilgenommen, aber keinen Im Vorfeld war zu entnehmen, dass sich die Preis gewonnen. Heute nehmen wir wieder Stadt 2021 mit dem festen Ziel bewerben will, teil und gewinnen einen Preis, sogar einen Hauptstadt des Fairen Handels zu werden. Gerhard der vorderen Plätze. Das freut uns natürlich Joksch erläutert diesen Anspruch: sehr! Und es belohnt die vielen Bemühungen
DIE PREISVERLEIHUNG IN KÖLN „Wir finden, dass die Vernetzungsarbeit zum Das allein reiche aber nicht aus, so Christine Thema Fairtrade in den Quartieren gut funk- Kayser weiter: tioniert. Denn hier sind Bürgerinnen, Bürger und Stadtverwaltung ganz nah beieinander. Wir „Eines ist völlig klar: Die nächsten Jahre möchten den Fairen Handel in Münster über und Jahrzehnte muss der Begriff ‚Fairtrade‘ die Bereiche Verwaltung und öffentlicher Dienst verschwinden und zur Selbstverständlichkeit hinweg ausweiten. Das werden wir in zwei Jah- werden: ein Fairer Handel in der ganzen 21 ren schaffen, und dann schauen wir mal, wie es Welt, verbunden mit sozialen Arbeitsbedin- in Neumarkt mit unserer Bewerbung ausgeht.” gungen, mit ökologischem Umweltschutz und dass wir uns als Eine Welt sehen. Das ist die große Herausforderung dieses Jahrhunderts. 4.4 Dritter Platz: Nürnberg Es ist eine Vision, die in die Welt transpor- tiert werden muss und dafür kämpfen wir.” Aus der Laudatio auf Nürnberg „Vielen ist Nürnberg als Stadt der Menschen- rechte und der Spielzeugmesse bekannt. Die diesjährige Bewerbung fasst beide Aspekte zusammen, das hat die Jury etwa in Form der Fair-Toys Organisation und des Nürnberger Bündnisses Fair Toys überzeugt. Daneben registrierte das Gremium die sehr gute regionale Vernetzung, ein breites Themenspektrum mit Projekten wie Gold oder Milch, innovative Ansätze, gute Strukturen vor Ort und eine promi- nente Verortung des Themas Fairer Handel und Faire Beschaffung im Rathaus und in der Stadt- spitze bei Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly.” Die Repräsentantinnen und Repräsentanten aus Nürnberg, dar- unter Christine Kayser (3.v.r.), freuten sich riesig über den dritten Platz © Jörg Loeffke Dr. Bernhard Felmberg, Abteilungsleiter Bundes- ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Mit der Erfahrung der letzten Jahre wolle Nürnberg laut Christine Kayser anderen Kommunen ein Vorbild sein: Nürnberg schaffte es in diesem Jahr auf Rang drei. Die Frankenmetropole hat rund 520.000 Einwoh- „Die Kommune ist die Keimzelle des Fairen Han- nerinnen und Einwohner und ist seit 2011 jedes dels. Wir müssen das vorantreiben, und zwar Mal beim Wettbewerb dabei. Seit 2013 gewann vor Ort mit den Menschen zusammen, mit unse- Nürnberg dabei immer einen Preis: einmal den rer Wirtschaft und unserer Wirtschaftskraft.“ fünften Platz, zweimal einen Sonderpreis. Die Steuerungsgruppe hat beschlossen, dass das Als ein Mitglied der Delegation war auch Christine Geld unter anderem für das zehnjährige Jubi- Kayser, Stadträtin und umweltpolitische Sprecherin läum Nürnbergs als Fairtrade-Stadt, einen fairen von Nürnberg, ins Rheinland gekommen: Einkaufsführer, einen interaktiven Stadtplan, die Schulmesse „Global Learning” und ein E-Lastenrad „Es fühlt sich super an und ich habe mich eingesetzt werden soll. Ein weiterer Teil des Geldes irrsinnig gefreut, den Preis mit nach Hause soll in die Einrichtung einer Geschäftsstelle für die nehmen zu können. Seit zehn Jahren sind Fair Toys Organisation investiert werden: Damit wir Fairtrade-Stadt. Wir haben in unserer will die Heimat der Nürnberger Spielwarenmesse Verwaltung einen mächtigen Schritt gemacht auf bessere Arbeitsbedingungen in der Spielzeugin- zur Fairen Beschaffung.” dustrie hinwirken.
DIE PREISVERLEIHUNG IN KÖLN 4.5 Vierter Platz: Leipzig und Akteuren. Diese Menschen würden wir auf der reinen Sachebene vielleicht gar nicht so gut erreichen. Wenn wir dann sagen: Leip- Aus der Laudatio auf Leipzig zig nimmt an einem Wettbewerb teil, und alle können dabei mithelfen, einen Gewinnerplatz „Besonders ins Auge stach der Jury die viel- zu erreichen, dann bekommt das Ganze eine 22 fältige Beschäftigung rund um das Thema positive Konnotation.” Bekleidung; sei es Mode – etwa in Form der ersten Fair Revolution Week und der Fair Revolution Night, sei es in Form von fairer Berufskleidung für die Feuerwehren. Aber auch abseits des Themas Bekleidung fiel der Jury das überdurchschnittliche Gesamtpaket von Maßnahmen auf.” Dr. Bernhard Felmberg, Abteilungsleiter Bundes- ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Leipzig mit seinen 550.000 Einwohnerinnen und Einwohnern belegte den vierten Platz. Eine starke institutionelle Verankerung des Themas Fairer Handel und Faire Beschaffung im Rathaus, eine Die Leipziger Delegation mit Banner © Jörg Loeffke sehr aktive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Kontinuität und Konsequenz, mit der in Leipzig Martin Finke von der Steuerungsgruppe „Leipzig am Thema gearbeitet wird – das alles überzeugte handelt fair” betont, dass insbesondere das Zusam- die Jury. mentreffen mit anderen Teilnehmerkommunen bei der eigenen Entwicklung weiterhilft: Rudolf Pohl, Referent des Dezernats Umwelt, Ordnung und Sport sowie Vertreter der Verwaltung „Ich gebe zu, dass wir von früheren Netz- in der Steuerungsgruppe Fairtrade-Town, war im werktreffen auch Ideen von anderen ‚geklaut‘ Anschluss an die Preisverleihung nicht überrascht: haben. Wir sind bei den Treffen auf Ideen gekommen und konnten auch Nachfragen „Wir haben schon 2015 teilgenommen und stellen: ‚Wie macht man das denn jetzt?‘. Das kannten dadurch bereits die Kriterien. Man war praktisch, und davon haben wir einiges weiß aber natürlich nicht, ob jetzt ein einzel- aufgegriffen. Denn man muss das Rad ja nes Projekt oder das gesamte Vorgehen für nicht immer neu erfinden. Viele andere Städ- die Jury interessant ist. Bei uns war es die te haben sehr gute Ideen. Wir haben geguckt, Gesamtstrategie, die gewürdigt wurde. Darü- was wir in Leipzig haben und was unsere ber freuen wir uns natürlich sehr!” Stärken sind, um diese umzusetzen. Also von woanders etwas lernen, nachmachen und 2011 wurde Leipzig als erste Stadt in Sachsen als die eigene Besonderheit dazumischen, dann Fairtrade-Stadt ausgezeichnet. Seitdem koordiniert kommt dabei was Gutes heraus.” eine Steuerungsgruppe die verschiedenen Akti- vitäten. Vor vier Jahren schaffte es Leipzig schon Herausgekommen ist dabei unter anderem einmal auf Platz vier. Rudolf Pohl erklärt, warum ein Projekt mit fair gehandelten Bällen für die sich Leipzig danach noch einmal beworben hatte: Schulen, die auch Vereine ausleihen und aus- probieren konnten. Am Ende ist nach mehreren „Über den Wettbewerb finden wir immer Veranstaltungen ein neues Projekt entstanden, einen sehr positiven Einstieg in Gespräche, bei dem der Stadtkonzern zusammen mit der sowohl in der Verwaltung als auch in der Sportförderung mehrere tausend Bälle für die Wirtschaft oder zu ähnlichen Akteurinnen
DIE PREISVERLEIHUNG IN KÖLN Jugendmannschaften gekauft und an Vereine Einwohner und ist eine der ältesten Fairtrade- übergeben hat. Martin Finke erklärt, warum das Städte in Deutschland. Die Jury würdigte diese wichtig ist: Kontinuität und das damit verbundene Engage- ment. Den Preis gab es für die Aktivitäten der „Es gibt Themenfelder, in denen öffentliche Stadt zum zehnjährigen Jubiläum als Fairtrade- und faire Beschaffung gar nicht so einfach Stadt. Der stellvertretende Bürgermeister Thomas ist. Man muss dann gucken, inwiefern das Groß erklärt, wie er die Akteurinnen und Akteure 23 überhaupt möglich ist. Bei Bällen ist es in seiner Stadt motiviert: möglich. Es ist ein einzelnes Produkt, es ist fair gehandelt verfügbar, man kann es so „Wir haben eine Stabstelle ‚lokale Agenda‘ ausschreiben und Schulen damit ausstatten. mit einer hauptamtlichen Mitarbeiterin Deswegen wollten wir das gerne machen. eingerichtet, die ausschließlich Vernetzungs- Viele haben schon davon gehört, dass die arbeit für diejenigen Gruppen, Initiativen und Arbeitsbedingungen in der Ballproduktion Einzelpersonen macht, die sich dem Fairen nicht besonders gut sind. Sie suchen hierzu Handel und der Nachhaltigkeit verschrieben eine Alternative. Und man kommt damit auch haben. Ehrenamt braucht die Begleitung mal in die Zeitung und kann die Öffentlich- durch eine gute und professionelle Mitarbei- keit erreichen.” terin, die ein Händchen dafür hat, Gruppen, Verbände, Initiativen und Einzelpersonen immer wieder zu motivieren und mit Ideen zu begleiten.“ Die Sonderpreisträger Zu dem prämierten Projekt „Zehn Jahre Fairtrade- Town” gehörten unter anderem eine faire Tannenbaumaktion, eine „Radtour de fair“, ein 4.6 Dinslaken Rockmusical, ein Fashion-Guide, Videoclips und Der erste Sonderpreis ging an die Stadt Dinslaken Kinoabende. Sie alle fanden von November 2018 in Nordrhein-Westfalen, die mit einer großen Dele- an statt. gation von 17 Personen um den stellvertretenden Bürgermeister Thomas Groß bei der Preisverlei- Doris Regorz vom Eine-Welt-Laden Dinslaken hung vertreten war. erklärt, wie sie für das Jubiläum mit dem Motto „Ich kaufe fair. Und Du?“ vielfältige Aktivitäten und Akteurinnen und Akteure zusammengebracht hat: „In der Steuerungsgruppe arbeiten regelmä- ßig die unterschiedlichsten Akteurinnen und Akteure zusammen. Wir haben gemeinsam überlegt, was wir machen können. Dadurch konnten wir die unterschiedlichen Fähigkei- ten und Netzwerke nutzen. Das ist immer wichtig gewesen, um solch ein Projekt stem- men zu können.“ Die Jury begründet den Sonderpreis für Dinslaken damit, dass durch die Aktionen der örtliche Handel einbezogen, neue Allianzen geschmiedet, die Akzeptanz für das Thema erhöht, die Identifika- In einem großen Tross kamen die Vertreterinnen und Vertreter tion mit der Stadt ausgebaut, neue Zielgruppen aus Dinslaken nach Köln © Jörg Loeffke erschlossen und die Fairtrade-Stadt Dinslaken überregional bekannter gemacht wurde. Seit zehn Jahren bewirbt sich Dinslaken bereits und gewann 2019 zum ersten Mal einen Preis. Mit seinem Preisgeld von 10.000 Euro will Dins- Dinslaken zählt 69.000 Einwohnerinnen und laken unter anderem die Netzwerkarbeit stärken,
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