Welterbe Olympiapark Stadtratshearing der Landeshauptstadt München am 29. November 2017 - muenchen.de

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Welterbe Olympiapark Stadtratshearing der Landeshauptstadt München am 29. November 2017 - muenchen.de
Lokalbaukommission | Denkmalschutz

                    Welterbe Olympiapark
                    Stadtratshearing der Landeshauptstadt München am 29. November 2017
Welterbe Olympiapark Stadtratshearing der Landeshauptstadt München am 29. November 2017 - muenchen.de
Impressum

Hearing Welterbe Olympiapark
am 29. November 2017

Herausgeber:
Landeshauptstadt München,
Referat für Stadtplanung
und Bauordnung

Sitzungsprotokoll:
Direktorium-Stadtratsprotokolle,
Frau Niedermayer, Herr Strzelczyk,
Frau Bauert

Dokumentation:
Büro Baumeister, München

Fotos:
LH München, Michael Nagy,
Leonie Baumeister, Ewald Glesmann,
Benjamin Schmidt (Hearing)

Grafik: Studio Rio, München

Druck: RT Reprotechnik.de GmbH,
München

München, Januar 2018
Welterbe Olympiapark Stadtratshearing der Landeshauptstadt München am 29. November 2017 - muenchen.de
Inhalt                                                            Hearing Welterbe Olympiapark am 29. November 2017

Vorwort		                                             4   Statements und Diskussion                             25
Christine Strobl, Dritte Bürgermeisterin
der Landeshauptstadt München                              Dr. Andreas Baur, Ministerialrat, Leiter des          25
                                                          Referats für Denkmalschutz und Denkmalpflege
                                                          im Bayerischen Staatsministerium für Bildung
Anlass und Zielsetzung                                5   und Kultus, Wissenschaft und Kunst
Prof. Dr.(I) Elisabeth Merk, Stadtbaurätin
der Landeshauptstadt München                              Marion Schöne, Geschäftsführerin der Olympiapark      26
                                                          München GmbH

Exkurs: Richtlinien für die Durchführung              6   Josef Schmid, Zweiter Bürgermeister                   27
des Übereinkommens zum Schutz des Kultur-                 der Landeshauptstadt München
und Naturerbes der Welt
                                                          Dr. Andreas Baur, Ministerialrat                      27

Teilnehmende		                                        7   Gert Pfafferodt, Verein „Aktion Welterbe              28
                                                          Olympiapark e. V.“

Begrüßung 		                                          8   Christine Strobl, Dritte Bürgermeisterin              29
                                                          der Landeshauptstadt München
Josef Schmid, Zweiter Bürgermeister                   8
der Landeshauptstadt München                              Jutta Koller, Stadträtin                              30

Prof. Dr.(I) Elisabeth Merk, Stadtbaurätin           10   Prof. Dipl.-Ing. Mathias Pfeil, Generalkonservator    30
der Landeshauptstadt München                              des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege

Dr. Hans-Jochen Vogel, Altoberbürgermeister          12   Prof. Dipl.-Ing. Jörn Walter, ehemaliger Leiter       30
der Landeshauptstadt München                              der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen,
                                                          Hansestadt Hamburg

Gründe für die Aufnahme des Olympiaparks             14   Dr. Hans-Jochen Vogel, Altoberbürgermeister           31
als Weltkulturerbe; Anforderung der UNESCO                der Landeshauptstadt München
Prof. Dipl.-Ing. Mathias Pfeil, Generalkonservator
des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege              Josef Schmid, Zweiter Bürgermeister                   32
                                                          der Landeshauptstadt München

Erfahrungen aus der deutschen Welterbe-              18
stadt Hamburg                                             Stellungnahmen                                        33
Prof. Dipl.-Ing. Jörn Walter, ehemaliger Leiter
der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen,
Hansestadt Hamburg                                        Materialien der Landeshauptstadt                      35
                                                          zum Olympiapark München

Erfahrungen aus der deutschen Welterbe-              20
stadt Berlin
Dr. Dagmar Tille, Leiterin der Obersten Denkmal­
schutzbehörde Berlin

Weltkulturerbe Olympiapark                           23
aus der Sicht von ICOMOS
Prof. Dr. Michael Petzet, Ehrenpräsident des
Internationalen Rates für Denkmalpflege (ICOMOS)

                                                                                                                  3
Welterbe Olympiapark Stadtratshearing der Landeshauptstadt München am 29. November 2017 - muenchen.de
Vorwort

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

jeden Tag fällt am Morgen mein erster Blick auf den
Olympiapark. Für mich ist der Park ein wichtiger Teil
meiner Heimatstadt München. Er gehört zur Stadt, wie
die Frauenkirche oder der Englische Garten. Was ihn
so einzigartig macht, ist unter anderem die integrale
Verbindung von Landschaft und Architektur, die „Archi-
tekturlandschaft“, die für die Olympischen Spiele 1972
in genialer Art und Weise geschaffen wurde.

Es gilt, dieses Erbe als lebendigen Park zu bewahren
und weiterzuentwickeln. Für viele Münchnerinnen und
Münchner ist der Park ein Ort der Erholung, des Sports
und der Veranstaltungen. Die Sportnutzungen, die Frei-
zeit- und Erholungsnutzungen entsprechen der Idee
seiner Schöpfer, nämlich einen demokratischen Park für
alle zu schaffen. Das immaterielle Erbe des Olympia-
parks, der auf dem Schuttberg des zu 80 % zerstörten
Münchens gebaut wurde, steht auch für die Überwin-
dung von Terror und Zerstörung nach dem 2. Weltkrieg
und für eine neue, freiheitliche Auffassung von Gesell-
schaft und Demokratie.

Sollte der Park in die Liste des UNESCO-Weltkultur­erbes
aufgenommen werden, bin ich überzeugt, dass das alle
Beteiligten noch weiter motivieren wird, den Park und
seine Bauwerke als kulturelles Erbe zu schützen und
sensibel weiterzuentwickeln. Fast 50 Jahre nach seiner
Entstehung ist der Olympiapark immer noch lebendig,
von zeitloser Modernität und Schönheit, ja: Schönheit!
Er ist und bleibt ein einzigartiger Ort, der die Reihe der
UNESCO-Weltkulturerbestätten nur bereichern kann.

Christine Strobl, Dritte Bürgermeisterin
der Landeshauptstadt München

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Welterbe Olympiapark Stadtratshearing der Landeshauptstadt München am 29. November 2017 - muenchen.de
Anlass und Zielsetzung                                       Hearing Welterbe Olympiapark am 29. November 2017

Der Münchner Olympiapark von 1972 steht für das
nahezu kongeniale Miteinander von Architektur, Land-
schaftsarchitektur und Public Design. Er wurde in der
Intention realisiert, ein neues demokratisches Deutsch-
land zu repräsentieren und bildete die Bühne für die
XX. Olympischen Spiele mit dem Leitmotiv „heiteres
Fest der Musen und des Sports“.

Die Urheber des Olympiaparks, insbesondere Günter
Behnisch und Günther Grzimek, stellten in jeder Pla-
nungsebene – vom Städtebau bis zur Detailausformung –
den menschlichen Maßstab in den Vordergrund. Die
gewaltigen Dimensionen der Sportstätten wurden ohne
jegliche monumentale Wirkung derart geschickt mit der
neu gestalteten Parklandschaft verwoben, dass ein ein-
zigartiges bauliches und landschaftliches Ensemble von
außergewöhnlicher Raffinesse und gleichzeitig großer
Klarheit entstand. Der Kernbereich des Olympiaparks mit
seinen Sportstätten ist von allerhöchster architektoni-
scher Qualität. Seine Bauwerke sind beispielhafte Doku-
mente der europäischen Baukultur des 20. Jahrhunderts.

Seit Jahren wird in der Fachwelt und Öffentlichkeit an-
geregt, den Olympiapark in die Liste des UNESCO-Welt-
kulturerbes aufzunehmen. Allen voran die Initiativen des
Vereins „Aktion Welterbe Olympiapark e. V.“ und der her-
ausragende Einsatz seines Schirmherrn, Herrn Altober-
bürgermeister Dr. Hans-Jochen VogeI. Ebenso zu nennen
ist die „Einwohner-Interessengemeinschaft Olympisches
Dorf e. V.“, die sich sehr für eine Nominierung zur Auf-
nahme in die UNESCO-Welterbeliste einsetzt.

Der Olympiapark ist seit 1998 als Denkmalensemble
und das Olympiastadion, die Olympiahalle, die Olympia-
Schwimmhalle, der Fernsehturm sowie seit 2011 das
Ökumenische Kirchenzentrum des Olympischen Dorfes
als Einzelbaudenkmäler in die Denkmalliste aufgenom-
men. Der Park mit seinen Bauten wird seit seiner Entste-
hung intensiv genutzt, für zahlreiche Veranstaltungen und
als offener Park für die Münchnerinnen und Münchner
und die Besucher der Stadt.

Ziel des Stadtratshearings ist die Klärung der Fragen, was
bedeutet der Welterbetitel für München und welche
Konsequenzen und möglichen Veränderungen entstehen
mit dem Welterbetitel für die Weiterentwicklung des
Olympiaparks. Die Beiträge der Referenten und der Mei-
nungsaustausch sollen den Stadtrat in seinem Entschei-
dungsprozess unterstützen.

Prof. Dr.(I) Elisabeth Merk, Stadtbaurätin
der Landeshauptstadt München

                                                                                                             5
Welterbe Olympiapark Stadtratshearing der Landeshauptstadt München am 29. November 2017 - muenchen.de
Exkurs

Richtlinien für die Durchführung               außergewöhnlichem universellem         Güter des Kultur- und Naturerbes wer-
des Übereinkommens zum Schutz                  Wert und daher als des besonderen      den in dem am 16. November 1972
des Kultur- und Naturerbes der Welt            Schutzes gegen die ihnen immer         von der UNESCO verabschiedeten
                                               stärker drohenden Gefahren würdig     „Übereinkommen zum Schutz des
Die „Richtlinien für die Durchführung          betrachtet werden.                     Kultur- und Naturerbes der Welt“ de-
des Übereinkommens zum Schutz                                                         finiert. Im Sinne dieses Übereinkom-
des Kultur- und Naturerbes der Welt“        —— In dem Bemühen, nach Möglichkeit       mens gelten gemäß Artikel 1 als
(Richtlinien der UNESCO) der Organi-           Erfassung, Schutz, Erhaltung und       Kulturerbe:
sation der Vereinten Nationen für Bil-         Präsentation des Welterbes in ange-
dung, Wissenschaft und Kultur und des          messener Weise zu sichern, haben      —— Denkmäler: Werke der Architektur,
Zwischenstaatlichen Komitees für den           die Mitgliedstaaten der UNESCO           Großplastik und Monumental-
Schutz des Kultur- und Naturerbes der          1972 das Welterbe-Übereinkommen          malerei, Objekte oder Überreste
Welt bilden die Grundlage aller Anfor-         angenommen. Das Übereinkom-              archäologischer Art, Inschriften,
derungen und Regularien für beabsich-          men sieht die Einrichtung eines          Höhlen und Verbindungen solcher
tigte und bestehende Welterbestätten.         „Komitees für das Erbe der Welt“          Erscheinungsformen, die aus ge-
                                               und eines „Fonds für das Erbe            schichtlichen, künstlerischen oder
Auszüge aus der Endfassung                     der Welt“ vor. Komitee und Fonds         wissenschaftlichen Gründen von
vom 02.07.2017                                 haben 1976 ihre Tätigkeit aufge-         außergewöhnlichem universellem
                                               nommen.                                  Wert sind;
I. A „Ziel der Richtlinien für die Durch-
führung des Übereinkommens zum              —— Seit der Annahme des Übereinkom-      —— Ensembles: Gruppen einzelner
Schutz des Kultur- und Naturerbes der          mens im Jahre 1972 hat sich die          oder miteinander verbundener Ge-
Welt (im Folgenden als „Richtlinien“           internationale Staatengemeinschaft       bäude, die wegen ihrer Architektur,
bezeichnet) ist es, die Durchführung           das Konzept der nachhaltigen             ihrer Geschlossenheit oder ihrer
des Übereinkommens zum Schutz                  Entwicklung zu eigen gemacht.            Stellung in der Landschaft aus ge-
des Kultur- und Naturerbes der Welt            Der Schutz und die Erhaltung des         schichtlichen, künstlerischen oder
(im Folgenden als „Welterbe-Überein-           Natur- und Kulturerbes sind ein be-      wissenschaftlichen Gründen von
kommen“ oder „Übereinkommen“                   deutender Beitrag zur nachhaltigen       außergewöhnlichem universellem
bezeichnet) zu erleichtern, indem sie          Entwicklung.                             Wert sind;
die Verfahren festlegen für
                                            —— Ziel des Übereinkommens sind          —— Stätten: Werke von Menschenhand
a) die Eintragung von Gütern in die            Erfassung, Schutz, Erhaltung und         oder gemeinsame Werke von
Liste des Erbes der Welt und die Liste         Präsentation des Kultur- und Natur-      Natur und Mensch sowie Gebiete
des gefährdeten Erbes der Welt;                erbes von außergewöhnlichem uni-         einschließlich archäologischer
                                               versellem Wert sowie dessen Wei-         Stätten, die aus geschichtlichen,
b) den Schutz und die Erhaltung von            tergabe an künftige Generationen.        ästhetischen, ethnologischen oder
Welterbegütern;                                                                         anthropologischen Gründen von
                                            —— Die Kriterien und Bedingungen            außergewöhnlichem universellem
c) die Gewährung internationaler Unter-        für die Eintragung von Gütern in         Wert sind.
stützung im Rahmen des Fonds für das           die Liste des Erbes der Welt sind
Erbe der Welt;                                 entwickelt worden, um den außer-
                                               gewöhnlichen universellen Wert        Außergewöhnlicher universeller
d) die Mobilisierung innerstaatlicher          von Gütern zu beurteilen und den      Wert
und internationaler Unterstützung für          Vertragsstaaten beim Schutz und
das Übereinkommen.                             der Verwaltung der Welterbegüter      Der außergewöhnliche universelle
                                               als Orientierung zu dienen.           Wert bezeichnet eine kulturelle und /
I. B Das Welterbe-Übereinkommen                                                      oder natürliche Bedeutung, die so
                                            —— Ist ein in die Liste des Erbes der    außergewöhnlich ist, dass sie die
—— Das Kulturerbe und das Naturerbe            Welt eingetragenes Gut von ern-       nationalen Grenzen durchdringt und
   zählen zu den unschätzbaren und             sten und spezifischen Gefahren        sowohl für gegenwärtige als auch für
   unersetzlichen Gütern nicht nur             bedroht, erwägt das Komitee, es in    künftige Generationen der gesamten
   jedes Volkes, sondern der ganzen            die Liste des gefährdeten Erbes der   Menschheit von Bedeutung ist. Aus
   Menschheit. Der Verlust eines               Welt aufzunehmen. Ist der außer-      diesem Grund ist der dauerhafte
   dieser höchst kostbaren Güter               gewöhnliche universelle Wert des      Schutz dieses Erbes von größter Be-
   durch Verfall oder Untergang stellt         Gutes, der seine Eintragung in die    deutung für die gesamte internationale
   eine Schmälerung des Erbes aller            Liste des Erbes der Welt begründet    Staatengemeinschaft. Das Komitee
   Völker der Welt dar. Teile dieses           hat, zerstört, erwägt das Komitee,    bestimmt die Kriterien für die Eintra-
   Erbes können wegen ihrer außerge-           das Gut aus der Liste des Erbes der   gung von Gütern in die Liste des
   wöhnlichen Eigenschaften als von            Welt zu streichen.                    Erbes der Welt.

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Welterbe Olympiapark Stadtratshearing der Landeshauptstadt München am 29. November 2017 - muenchen.de
Teilnehmende                                                              Hearing Welterbe Olympiapark am 29. November 2017

Das Hearing beginnt als öffentliche     Fachleute
Sitzung am 29. November 2016 um         (in alphabetischer Reihenfolge)
9:30 Uhr und endet um 12:00 Uhr.
Neben berufsmäßigen und ehren-          Prof. Dipl.-Ing. Fritz Auer,
amtlichen Mitgliedern des Münchner      Auer Weber Architekten, Stuttgart
Stadtrats nehmen als vortragende        und München
Referenten und Fachleute folgende
Persönlichkeiten an dem Hearing teil:   Dr. Andreas Baur,
                                        Ministerialrat, Leiter des Referats
                                        für Denkmalschutz und Denkmalpflege
                                        im Bayerischen Staatsministerium
                                        für Bildung und Kultus, Wissenschaft
Vortragende                             und Kunst
(in Reihenfolge der Vorträge)
                                        Prof. Dipl.-Ing. Regine Keller,
Josef Schmid,                           Keller Damm Kollegen Landschafts­
Zweiter Bürgermeister der               architekten Stadtplaner, München,
Landeshauptstadt München                Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur
(Moderation)                            und öffentlichen Raum, TU München

Prof. Dr.(I) Elisabeth Merk,             Gert Pfafferodt,
Stadtbaurätin der Landeshauptstadt       Gründer und Vorsitzender des Vereins
München                                 „Aktion Welterbe Olympiapark e. V.“

Dr. Hans-Jochen Vogel,                  Marion Schöne,
Altoberbürgermeister der                Geschäftsführerin der Olympiapark
Landeshauptstadt München                München GmbH

Prof. Dipl.-Ing. Mathias Pfeil,         Dr. Elisabeth Spieker,
Generalkonservator des Bayerischen      Behnisch Architekten, Stuttgart
Landesamts für Denkmalpflege

Prof. Dr. Michael Petzet,
Ehrenpräsident des Internationalen
Rates für Denkmalpflege (ICOMOS)

Prof. Dipl.-Ing. Jörn Walter,
ehemaliger Leiter der Behörde
für Stadtentwicklung und Wohnen,
Hansestadt Hamburg

Dr. Dagmar Tille,
Leiterin der Obersten Denkmal­
schutzbehörde Berlin

Christine Strobl,
Dritte Bürgermeisterin der
Landeshauptstadt München

                                                                                                                          7
Welterbe Olympiapark Stadtratshearing der Landeshauptstadt München am 29. November 2017 - muenchen.de
Begrüßung

Josef Schmid,                             Ein herzliches Grüß Gott an die zahl­      und die Zeltdach-Konstruktion ist ein-
Zweiter Bürgermeister der                 reichen Stadträtinnen und Stadträte,       zigartig in der Dimension, der Transpa-
Landeshauptstadt München                  die großes Interesse haben, heute zu-      renz und der Gestaltung. Der Olympia-
                                          sätzliche Informationen zu gewinnen.       park ist ein hervorragendes Beispiel
Meine sehr geehrten Damen und                                                        für ein einzigartiges Zusammenspiel
Herren!                                   Seit Jahren gibt es Anträge aus der        eines architektonischen und landschaft­-
                                          Öffentlichkeit und der Fachwelt für        lichen Ensembles.
Ein herzliches Grüß Gott zum heutigen     eine Bewerbung zur Aufnahme auf
Stadtratshearing „Welterbe Olympia-       die Deutsche Vorschlagsliste, die          Welche Ziele verfolgen wir mit dem
park“. Ich darf Sie von Oberbürger­       Tentativliste der UNESCO-Welterbe-         heutigen Hearing? Es geht darum,
meister Reiter sehr herzlich grüßen. Er   stätten.                                   alle Informationen zu erhalten und
ist leider verhindert.                                                               uns über folgende Fragen auszutau-
                                          2016 stellten die Fraktionen ÖDP und       schen: Was bedeutet ein Welterbe für
Ich begrüße sehr herzlich Christine       DIE LINKE. entsprechende Anträge           unsere Stadt? Wie können künftige
Strobl, die dritte Bürgermeisterin und    und die Fraktion FDP-HUT-Piraten eine      Entwicklungen und Veränderungen
Aufsichtsratsvorsitzende der Olympia­     Anfrage. 2010 wurde die deutsche           im Olympiapark mit Welterbe-Status
park München GmbH. Ich freue mich         Tentativliste fortgeschrieben. In diesem   aussehen? Wir erhoffen uns alle eine
ganz besonders den Münchner Ehren­        Zusammenhang hat das Bayerische            Unterstützung des Stadtrats in dem
bürger und Altoberbürgermeister           Landesamt für Denkmalpflege darauf         Prozess der Entscheidungsfindung.
Dr. Hans-Jochen Vogel begrüßen zu         hingewiesen, zeitgenössische Archi-
dürfen. Er ist einer der Initiatoren      tektur sei unterrepräsentiert. Nach        Als Referent für Arbeit und Wirtschaft
dieser Welterbe Olympiapark-Bewe-         Fachkreisen gehört der Olympiapark         vertrete ich die Position der Olympia-
gung und wird nach der Stadtbaurätin      als Gesamtwerk mit seinen Bauten zu        park München GmbH. Frau Prof. Dr.(I)
ein Statement abgeben. Ich begrüße        den wichtigsten Dokumenten der euro­       Merk wird ihre Position darlegen. Ich
ebenso die zweite Ehrenbürgerin           päischen Baukultur des 20. Jahrhun-        glaube, uns ist allen klar, dass wir hier
Charlotte Knobloch und folgende Red­-     derts. Für eine Aufnahme als Welterbe      eine architektonische Besonderheit
nerinnen und Redner: Generalkon­ser-      müssen ein oder mehrere Kriterien der      allerersten Ranges haben. Das muss
vator Prof. Matthias Pfeil, Oberbau­      UNESCO-Richtlinie erfüllt sein.            gar nicht diskutiert oder in besonderer
direktor a.D. Prof. Jörn Walter, ehema-                                              Weise beleuchtet werden.
liger Leiter der Behörde für Stadtent-    Aus Sicht des Planungsreferats erfüllt
wicklung und Wohnen der Hansestadt        der Olympiapark vor allem folgende
Hamburg, Dr. Dagmar Tille, Leiterin       drei Kriterien: Er ist ein Meisterwerk     Die architektonische Aus­-
der Obersten Denkmalschutzbehörde         der menschlichen Schöpferkraft, ein        ge­staltung der Bauten und die
der Welterbe-Stadt Berlin und Prof. Dr.   bedeutender Meilenstein in der Ent-
Michael Petzet, von ICOMOS.               wicklung der Architektur und Technik
                                                                                     Integration in die Landschaft
                                                                                     sprechen für sich. Der Park ist
                                                                                     ohne Zweifel ein großartiges
                                                                                     olympisches Erbe von 1972
                                                                                     und hat über das Gestalterische
                                                                                     und Architektonische hinaus
                                                                                     eine ganz besondere politische
                                                                                     Bedeutung.

                                                                                     Ich bin sicher, unser Ehrenbürger und
                                                                                     Altoberbürgermeister Dr. Vogel wird
                                                                                     darauf auch in besonderer Weise ein-
                                                                                     gehen.

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Welterbe Olympiapark Stadtratshearing der Landeshauptstadt München am 29. November 2017 - muenchen.de
Hearing Welterbe Olympiapark am 29. November 2017

Ich betone: Das Bewusstsein ist bei          Ich habe gelesen, bereits der Antrag
allen vorhanden, was die Ausrichtung         auf das Weltkulturerbe löst Mit-
der freien, weltoffenen Spiele damals        spracherechte der Organisation aus.
bedeutet hat, und wie die Parkgestal-        Konkrete Veränderungen und Investi-
tung diese demokratischen Spiele             tionen im Park stehen an, aber bis zur
unterstrichen hat. Dieser Wert steht         Aufnahme als Welterbestätte wird es
völlig außer Frage und muss nicht            noch lange dauern. Bis dahin wäre viel-
kontrovers diskutiert werden. Der Park       leicht die eine oder andere Maßnahme
steht wegen seiner Weiterentwicklung         schon abgeschlossen oder zumindest
im Fokus und über anstehende Inve-           auf den Weg gebracht. Ich bitte die
stitionen wird diskutiert. Es gab auch       Experten Stellung zu nehmen, ob die
Investitionen in der Vergangenheit,          Wirkungen schon mit der Antragstel-        Josef Schmid,
wie die Sanierung der Schwimmhalle           lung eintreten oder erst, wenn der Titel   Zweiter Bürgermeister der Landes­
oder die Sanierung des Zeltdaches. An        erteilt wurde?                             hauptstadt München
dieser Stelle möchte ich die Experten                                                   Seit 2014 ist Josef Schmid Zweiter Bürger-
fragen: Kann der Titel Welterbe auch         Von anderen Städten interessieren          meister der Landeshauptstadt München
Fördermittel des Bundes oder des             mich ihre Erfahrungen mit dem Pro-         sowie Leiter des Referats für Arbeit und
Welterbefonds bringen? Das ist auch          zess der Antragstellung. Welche            Wirtschaft, das auch Betreuungsreferat der
eine wichtige Information für die Wei-       Personal- und Sachkosten fallen an?        Olympiapark München GmbH ist.
terentwicklung oder für die Sanierung        Wie viel Personal wird gebraucht?
                                                                                        Von 2002 bis 2014 war er ehrenamtlicher
einzelner Bauwerke.                          Was ist nötig, um einen Antrag erfolg-     Stadtrat der Landeshauptstadt München,
                                             reich stellen zu können? Diese Infor­      von 2007 bis 2014 Vorsitzender der CSU-
Der Park ist ein attraktiver Ort für Ver-    mationen sind für weitere Entschei-        Stadtratsfraktion.
anstaltungen aller Art und aufgrund          dungen des Stadtrats wichtig.
der Enge der inneren Stadt besonders
wichtig. Der Park ist einer der wenigen      Schränkt der Titel Welterbe politische
Orte, an dem die Landeshauptstadt            Entscheidungsträger und die Olym-
vor allem unter freiem Himmel größe-         piapark München GmbH bei der Be-
re Veranstaltungen abhalten kann. Der        spielung und der Weiterentwicklung
Park ist bereits heute weltbekannt.          des Parks ein? Für diese wichtigen
                                             Fragen brauchen wir eine Antwort. Ein
Nacholympisch besuchten den Park             weiterer Aspekt ist die Schutzzone
über 210 Millionen registrierte Besu-        um den Park. Auch hier bitte ich um
cherinnen und Besucher, nicht erfasst        Aufklärung: Was bedeutet Schutzzone?
sind die 2,5 bis 2,8 Millionen Men­-         Wie weit ist der Umgriff einer solchen
schen, die den Park jährlich besuchen.       Schutzzone? Gehören auch Nachbarn
Im letzten Jahr wurde der Park allein an     wie das Olympische Dorf dazu? Welche
176 Tagen auf den Außenanlagen be-           Auswirkungen hätte der Titel für die
spielt und bereits jetzt gibt es ein Leit-   Entwicklung des Olympischen Dorfes?
bild für den Park und seine lang­fristige
Erhaltung. Mich interessieren die Fra-       Es gibt ein Schreiben des BMW-Vor-
gen: Was bringt eine Ernennung zum           standsvorsitzenden Krüger. Er wünscht
Welterbe zusätzlich? Welcher Mehr-           dem heutigen Hearing einen guten
wert könnte entstehen? Was bedeutet          Verlauf und bringt zum Ausdruck, auch
der Begriff der Selbstverpflichtung?         der Nachbar BMW fühle sich zugehö-
                                             rig. Der Park grenzt, getrennt durch
                                             eine Straße, an die Autoproduktion
                                             eines wichtigen Münchner Unterneh-
                                             mens an. Das Schreiben zeigt, dass
                                             Interesse besteht und man sich auch
                                             dort viele Gedanken macht. Ich bin
                                             sehr gespannt, welche Erkenntnisse
                                             die Vorträge und die Diskussion brin-
                                             gen werden.

                                                                                                                                  9
Welterbe Olympiapark Stadtratshearing der Landeshauptstadt München am 29. November 2017 - muenchen.de
Prof. Dr.(I) Elisabeth Merk,                Gleichzeitig ist die Stadt gewachsen,
Stadtbaurätin der Landeshauptstadt          das wissen besonders die Mitglieder
München                                     des Planungsausschusses. Die Stadt
                                            haben wir um den Park weitergebaut.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,           Das hat eine Bedeutung, weil die Wei-
sehr geehrter Herr Dr. Vogel,               terentwicklung des Parks als Sportstät-
meine sehr verehrten Damen                  te und als demokratischer Park – wie
und Herren!                                 Günther Grzimek es benannt hat – als
                                           „Gebrauchspark“ oder als „Gebrauchs-
Ich werde als Untere Denkmalschutz-         landschaft“ erhalten ist. Er ist kein
behörde eine Stellungnahme für den          Museum, sondern offen für alle, ein
Denkmalschutz im Olympiapark abge-          lebendiges Erbe. Im Jargon des Welt-      Prof. Dr.(I) Elisabeth Merk,
ben. Wir haben im Zusammenhang mit          erbes heißt es „Living Heritage“.         Stadtbaurätin der Landeshauptstadt
der Bewerbung für die Olympischen                                                     München
Winterspiele einen Management-Plan         Die Weiterentwicklung und Sportnut-        Prof. Dr.(I) Elisabeth Merk leitet das Referat
aufgestellt, der viele Dinge des Welter-   zung müssen unbedingt im Plan des          für Stadtplanung und Bauordnung der Lan-
bestatuts heute schon berücksichtigt.      Olympiaparks erhalten bleiben. Darüber     deshauptstadt München in zweiter Amts-
                                           hinaus steht der Park für ein immateri-    zeit seit 2007. Sie ist Honorarprofessorin
Ich möchte mich auf vier Bemerkun-         elles Erbe der Olympischen Idee.           an der Hochschule für Technik in Stuttgart
                                                                                      und Mitglied in zahlreichen Gremien, unter
gen beschränken: Das baukulturelle Er-
                                                                                      anderem im Internationalen Rat für Denk-
be und die einzigartige Landschaftsar-                                                malpflege (ICOMOS) sowie im Kuratorium
chitektur werden zu Recht als Gesamt-      Die ursprüngliche Idee von Olym-           Nationale Stadtentwicklungspolitik.
kunstwerk gesehen. Wir bemühen uns         pia, die sich in München auf eine
heute schon, den Park wie ein Welt-
kulturerbe zu behandeln. Die Stadt hat
                                           ganz besondere Art und Weise
mit sehr viel Geld ermöglicht, dass der    manifestiert hat, spielt bei der
Park 45 Jahre nach den Olympischen         weltweiten Bedeutung des Parks
Spielen noch so gut in Schuss ist.         eine große Rolle. Es ist nicht die
                                           Architektur allein, so sehr ich als
Aus Sicht der Stadtentwicklung             Architektin von dieser Architektur
war der Park damals ein großer             begeistert bin. Es ist ein En-
Motor. Vieles, was wir heute               semble, das nach Zerstörung und
in der Stadtstruktur haben, ba-            Terror auf dem Schuttberg ent-
siert auf diesem Entwicklungs-             standen ist und für den Aufbruch
schub und auf der ideellen Kraft,          der Gesellschaft, für Frieden und
die dieser Park ausstrahlt. Heute          Freiheit steht.
ist der Olympiapark ensemble-
geschützt, die Bauten sind
                                           Diese übergeordnete Botschaft hat
Einzeldenkmäler. Dieser Status
                                           der Park. Ich gehe mit allen kritischen
verändert sich nicht mit dem               Stimmen einher, die sagen, Weltkultur-
Weltkulturerbe.                            erbe sei kein Labeling für Tourismus.
                                           So ist es auch nicht gedacht. München
                                           braucht kein Labeling für Tourismus.
                                           Es geht aus meiner Sicht um die
                                           übergeordnete Idee. Als Stadtbaurätin
                                           finde ich es gut, wenn wir einen Prüf-
                                           auftrag für die Entwicklung eines An-
                                           trags zum Weltkulturerbe bekommen.
                                           Ich stehe auch dazu, dass der Park auf
                                           keinen Fall ein Museum, eine Käse-
                                           glocke sein darf. Ich gebe aber auch
                                           zu, dass die denkmalschutzrechtlichen
                                           Anforderungen immer wieder schwie-
                                           rig sind. Bisher haben wir aber immer
                                           gute Lösungen gefunden, und werden
                                           sie auch künftig finden.

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Hearing Welterbe Olympiapark am 29. November 2017

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Dr. Hans-Jochen Vogel,                    Es wird niemanden überraschen, dass       Die Speicherstadt in Hamburg und die
Altoberbürgermeister der Landes-          ich von Anfang an die Initiative, dem     Hufeisensiedlung in Berlin sind der
hauptstadt München                        Stadion und dem Olympiapark den           beste Beweis dafür: Es sind keine Mu-
                                          Titel Weltkulturerbe zu verleihen, un-    seen, in denen nichts mehr geändert
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,          terstützt habe. Ich freue mich über die   werden darf – viel mehr gibt es dort
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,    vielen positiven Äußerungen, auch         Änderungen, die der Eigenart Rech-
sehr verehrte Anwesende!                  über die positive Äußerung von BMW.       nung tragen. Asphaltierungen des Sta-
                                                                                    dions würden in München künftig nicht
Aus alters- und aus gesundheitlichen      Es ist überzeugend dargestellt worden,    mehr möglich sein. Möglich wären
Gründen kann ich an Veranstaltungen       dass der Park und das Stadion die Vor-    aber andere sinnvolle Entwicklungen,
dieser Art nur noch in Ausnahmefällen     aussetzung für den Titel Weltkulturer-    die der Eigenart Rechnung tragen.
teilnehmen. Heute ist für mich ein sol-   be erfüllen. Das Stadion mit dem Zelt-
cher Ausnahmefall.                        dach ist ein architektonisches Kunst-     Ich beschränke mich auf drei persön-
                                          werk von Weltrang. Der Titel darf aber    liche Aspekte zur geschichtlichen
                                          nicht zu einer musealen Konservierung     Bedeutung des Parks und des Stadi-
Die Bewerbung für die Olym-               des Parks und des Stadions führen.        ons: Das war eine Antwort auf den
pischen Spiele 1972, die Vorar-           Er darf einer behutsamen Weiterent-       Missbrauch der Olympischen Idee
                                          wicklung, die deren Eigenart bewahrt,     von 1936. Es war ein Zeichen für ein
beiten, die Bauten, die Spiele            in keiner Weise entgegenstehen.           anderes, ein besseres München, für
und der Anschlag vom 05. Sep-
tember 1972 – der in diesem
Zusammenhang immer erwähnt
werden muss – haben eine be-
sondere Rolle in meinem Leben
gespielt. An vielen Dingen war
ich aufgrund meines Amtes per-
sönlich beteiligt.

Ich möchte heute drei Namen in Er-
innerung rufen, denn ich werde mich
öffentlich nicht mehr häufig zu den
Olympischen Spielen äußern können.
Mit dieser Erinnerung verbinde ich
auch einen großen Dank an Willy
Daume: Ohne ihn wären der Anstoß
für die Spiele und der Erfolg der Be-
werbung nicht zustande gekommen.

Weiterhin an Alfons Goppel: Der Bay-
erische Ministerpräsident hat innerhalb
weniger Tage – für die Bewerbung
hatten wir nur 60 Tage Zeit – das Ja
des Freistaat Bayerns erklärt und die
Bewerbung unterstützt.

Und nicht zuletzt an Ludwig Erhard:
Der damalige Bundeskanzler hat ge-
gen den Widerstand seiner Berater,
insbesondere von Herrn Westrick, bei
der entscheidenden Besprechung Ja
gesagt. Die Beteiligung des Bundes
war damals auch wegen der Ost-West-
Situation und der Situation in der DDR
eine mutige Entscheidung.

12
Hearing Welterbe Olympiapark am 29. November 2017

ein anderes, ein besseres Bayern und       Zwischen dem Stadion und der Münch-
für ein anderes, ein besseres, ein frei-   ner Bürgerschaft besteht ein beson-
heitlicheres, ein offeneres, ein fried-    ders emotionales Verhältnis. Das kam
licheres Deutschland. Im Nachhinein        zum Ausdruck, als ein zerstörerischer
betrachtet war es auch ein Schritt auf     Umbau des Stadions drohte. Dieser
dem Weg zur Deutschen Einheit. Be-         Plan scheiterte bereits in der Stadtrats-
deutsam ist in diesem Zusammenhang         sitzung, weil die Architekten ihn für
auch die Erinnerung an den Anschlag        undurchführbar erklärt hatten. Der Plan
und an die Gefahren, die uns heute in      löste sofort die Vorbereitung für ein
neuer Art besonders bedrohen.              Bürgerbegehren aus, an dem ich auch
                                           beteiligt war. Dieses wurde überholt
Es war ein Objekt, das aus einer           durch das Bürgerbegehren, das sich          Dr. Hans-Jochen Vogel,
Münchner Initiative selbst hervorge-       für Fröttmaning als Fußballstadion          Altoberbürgermeister der Landeshaupt-
gangen ist. Und zwar erstmals seit         entschied. Damit war die Zerstörung         stadt München
dem Alten Rathaus, wenn ich die            des Olympiageländes endgültig beisei-       Hans-Jochen Vogel prägte als Ober­bürger-
Geschichte richtig im Blick habe. Alle     tegelegt.                                   meister von 1960 bis 1972 München sowie
anderen Bauten verdankt München                                                        im Anschluss die sozialliberale Koalition als
im Wesentlichen den Wittelsbachern,        Die Bemühungen um den Titel wären           Bau- und Justizminister (1972 bis 1981).
vor allem aber Ludwig I.                   auch ein Zeichen der Dankbarkeit            In seine Zeit als Münchner Stadtoberhaupt
                                                                                       fiel der Zuschlag für die Olympischen
                                           für diejenigen, die den Park und das
                                                                                       Sommerspiele 1972. Später war er Regie­
                                           Stadion geschaffen haben: Ich nenne         render Bürger­meister von West-Berlin,
                                           Günter Behnisch, Fritz Auer und die         SPD-Kanzlerkandidat und Parteivorsitzender,
                                           anderen Mitarbeiter des Büros. Ich          den Fraktionsvorsitz übernahm er 1983 von
                                           nenne Frei Otto, ohne den das Zelt-         Herbert Wehner.
                                           dach nicht zustande gekommen wäre.
                                           Sonst hätte nach der Entscheidung
                                           der Jury eine andere Dachlösung ak-
                                           zeptiert werden müssen. Ich nenne
                                           Egon Eiermann, den Vorsitzenden der
                                           Jury. Es gab 104 Bewerbungen für das
                                           Stadion. Der Vorschlag von Behnisch
                                           und Auer wäre fast aussortiert worden.
                                           Eiermann gewann aber immer mehr
                                           Befürworter, sodass der erste Preis
                                           gegen eine Stimme und bei einer Ent-
                                           haltung diesem Objekt zuteilwurde.
                                           Ich nenne auch Günther Grzimek für
                                           die landschaftliche Gestaltung und Otl
                                           Aicher für das äußere Erscheinungsbild.
                                           Dankbarkeit verdient auch Carl Mertz,
                                           der als Hauptgeschäftsführer der
                                           Olympiabau-Gesellschaft der eigent-
                                           liche Baumeister war. Er sorgte dafür,
                                           dass alle Bauten und die Geländege-
                                           staltung rechtzeitig fertig wurden. Das
                                           ist heute keine Selbstverständlichkeit
                                           mehr, dabei denke ich an Projekte
                                           außerhalb Münchens. Das Olympiage-
                                           lände war sogar vorzeitig fertig. Ich bin
                                           heute noch erfreut darüber, dass ich
                                           diese öffentlichen Bauten an meinem
                                           vorletzten Arbeitstag, am 29. Juni 1972,
                                           der Öffentlichkeit übergeben durfte.
                                           Vielen Dank.

                                           Der Olympiapark 1972

                                                                                                                                 13
Gründe für die Aufnahme
des Olympiaparks als Weltkulturerbe;
Anforderung der UNESCO

Prof. Dipl.-Ing. Mathias Pfeil,           spricht dem Dreifachen der Cheops-           Der Olympiapark wurde als Denkmal­
Generalkonservator des                    Pyramide. Das wissen die wenigsten.          ensemble 1998 eingetragen. Es gibt
Bayerischen Landesamts für                In diesen Schutt eine Olympiade mit          auch einige Einzeldenkmäler. Durch
Denkmalpflege                             einer ganz anderen Idee zu bauen, ist        einen Welterbestatus wird es rechtlich
                                          außergewöhnlich. Weltweit gibt es            nicht schlimmer. Auch jetzt ist es nicht
Die Eintragung als Weltkulturerbe hat     das nicht noch einmal.                       schlimm, dieser Schutz des Parks ist
keine größeren rechtlichen Auswir­                                                     gut beherrschbar. Der Olympiapark ist
kungen als der bestehende Denkmal-        Damals sollte das Wettbewerbsmo-             ein lebendiges Denkmalensemble, in
status Ensemble und Einzeldenkmal.        dell, Herr Dr. Vogel hat darauf hinge-       dem Veränderungen möglich sind. Der
                                          wiesen, gar nicht prämiert werden.           Geschichtswert begründet die Denk-
Ich möchte nun – wie Altoberbürger-       Die Zeltdachkonstruktion bestand im          malwürdigkeit des Olympiaparks, die
meister Dr. Vogel – das Besondere         Modell noch aus aufgespannten Da-            einzelnen Denkmäler sind als herausra-
des Olympiaparks darstellen: Es ist die   menstrümpfen, keiner wusste, wie es          gende Architektur schutzwürdig. Dabei
geschichtliche, die städtebauliche und    konstruktiv zu bewältigen war. Damals        ist der Denkmalwert der Einzelgebäu-
die baukünstlerische Bedeutung. Zum       hat man unheimlich viel Mut gezeigt,         de weniger bedeutend, wichtiger ist
UNESCO-Verfahren darf ich mich aus        heute wäre eine solche Vorgehens-            dessen Gesamtheit.
eigener Erfahrung äußern, ich hatte       weise unvorstellbar. Das zeigte sich
2012 für das Markgräfliche Opernhaus      auch im Planungsprozess, der genial          Die Realisierung dieser Planungsauf-
den Antrag auf das Weltkulturerbe mit     vorbereitet war und entsprechend gut         gaben zeugt von dem geschichtlichen
betreut.                                  gelaufen ist. Die leichte Konstruktion       Wert: Es wurde bewusst in den Trüm-
                                          der Zeltdächer und die Materialwahl          merschutt hinein gebaut, man wollte
                                          sollten genau das Frische, Neue und          eine neue Gesellschaft darstellen und
Der Olympiapark ist etwas                 den Kontrast zu der Olympiade von            so einen Kontrapunkt zu dem gerade
Besonderes, weil er eine der              1936 darstellen. Diese geschichtliche        überwundenen Zweiten Weltkrieg
                                          Aussage ist wirklich sehr relevant.          schaffen. Hier wird aufgezeigt, wohin
größten Denkmallandschaften               Es sollte ein Symbol für Frieden und         man gesellschaftlich wollte. Mit die-
in Bayern und eine idealtypische          Demokratie sein. Die Entscheidung            sem neuen Leitmotiv sind auch einige
Kombination aus Architektur               für diesen Entwurf war ein Wagnis,           innovative Gedanken umgesetzt wor-
und Landschaft ist.                       man wusste noch nicht einmal, wie er         den. Das gibt es heute fast gar nicht
                                          umgesetzt werden konnte. Damals              mehr. Wo werden heute wirklich neue
                                          hat man sich noch etwas getraut. Es          Gedanken, neue Ideen realisiert? Es ist
                                          zeigt, wie außerordentlich wichtig das       ganz klar das architektonische Konzept
Die Demokratie wurde damals be-           für die Gesellschaft war.                    und die bautechnische Leistung.
wusst in einer Weise dargestellt, wie
sie sein könnte. Der idealistische An-
satz von 1972 war der einer neuen
Gesellschaft. Der Zweite Weltkrieg
war noch nicht lange vorbei. Die Idee
der Olympischen Sommerspiele und
die Bewerbung Münchens waren ge-
prägt von der Idee, die letzten Olympi-
schen Spiele in Deutschland von 1936
in Berlin zu überwinden. Altoberbür-
germeister Dr. Vogel hat es so schön
dargestellt: Die Bewerbung galt einer
Olympiade im Grünen und der kurzen
Wege unter dem Motiv ungezwun­
gener junger Menschen. Diese Idee
hat das alles geprägt. Der Bauplatz
war der alte Flughafen Oberwiesen-
feld, was dabei von einer enormen
geschichtlichen Bedeutung ist. Auf
diesem Bauplatz lag auch der Schutt-
berg, in den das Olympiaareal hinein
modelliert wurde. Er steht als größte
Enddeponie des Trümmerschutts
der Landeshauptstadt München aus
dem Zweiten Weltkrieg symbolhaft          Briefmarkenserie anlässlich der Olympischen Spiele
für diese Zeit, sein Rauminhalt ent-      München 1972

14
Hearing Welterbe Olympiapark am 29. November 2017

Die Zeltdachkonstruktion von
Frei Otto ist genial, denn er hat
hier etwas komplett Neues
geschaffen. Der Landschaftspark
auf den Trümmern des Zweiten
Weltkriegs ist zudem eine ge-
schichtliche Ikone. Auch das
Wohn­konzept des Olympischen
Dorfes stellt mit seiner vertikalen
Trennung von PKW- und Fußgän-
gerverkehr etwas völlig Neues
dar, sein visuelles Erscheinungs-
bild mit inneren Wegeführungen
von Hans Hollein ist zudem bis
heute beispiellos.

Begleitend zum Gestaltungskonzept
der Architekten Behnisch und Auer
griff das Landschaftskonzept von
Günther Grzimek die Geschichtsidee
mit auf und überführte sie in ein dif-
fiziles Gleichgewicht von gestalteter
Landschaft zu einer Architekturland-
schaft. Auch das ist einzigartig. Die
Leitidee von der „Besitzergreifung des
Rasens“ war ebenfalls völlig neu und
sollte demokratisch sein, ohne Schil-
der „Spielen verboten“.

Beim Zeltdach sollten mit einem alles
überspannenden, leichten Element
die Dinge gleichsam zusammenge-
führt werden, es sollte als „Dach des
Lichtes“ den dennoch riesengroßen
Bauten ihre Monumentalität nehmen.
Diese Idee ist einzigartig, schaffen Sie
erst einmal, derartig große Bauten so
leicht zu gestalten, dass Sie sich als     Neuartig war die Leitidee von der „Besitzergreifung des Rasens“
Mensch nicht bedroht fühlen! Das ist
eine riesige Leistung. Die Gebäude
wurden in die künstliche Landschaft
hinein modelliert, verwendet wurden
leichte und transparente Baustoffe.        Erst im Wege der Umsetzung wurde              Vorbild, der Pavillon bei der Weltaus-
Der Übergang von innen nach außen          der durch den Damenstrumpf visua-             stellung in Montreal, war viel kleiner
wurde mit Kleinstein gestaltet, man        lisierte Gedanke durch die statischen         und ist nicht vergleichbar. Hier kamen
wird hinein- und wieder hinaus geführt     Berechnungen von Fritz Leonhard und           architektonische Formensprachen im
und empfindet keine Barrieren.             Wolfhard Andrä realisiert. Ich erinnere       Sinne einer Ingenieursästhetik in ein-
                                           mich, mit elf Jahren war ich im Olym-         maliger Weise zusammen.
Dieses „Dach ohne Schatten“ wur­-          piastadion und hatte das Gefühl, in
de durch eine Stahlseilkonstruktion        einer Landschaft zu sein.                     Otl Aicher hat es darüber hinaus ge-
vorgespannt, die experimentelle Form-                                                    schafft, neben dem Wegekonzept
findung war im Siegerentwurf kon-          Es entstand ein Leichtbau mit einer           mit den Röhren von Hans Hollein ein
struktiv noch nicht gelöst. Das hat        bautechnischen Pionierleistung, die es        bis heute einzigartiges Design mit
dann Frei Otto erst später vollbracht.     zuvor noch nicht gegeben hatte. Das           Piktogrammen von außerordentlicher

                                                                                                                              15
Reduziertheit zu kreieren. Bis heute      So ist ein leichter Park der Muße und
kennen wir diese Piktogramme für ver-     der Kunst, des Sports und der Spiele
schiedene Sportarten. Er formulierte      entstanden, mit einer leichten und lo­
die Gestaltungsrichtlinien dieser Olym-   ckeren Erscheinung und kurzen Wegen,
piade von der Uniform der Polizei bis     die in die Landschaft hinein modelliert
hin zur Eintrittskarte, wodurch diese     sind. Diese künstlich modellierte Land-
Olympischen Spiele ein einzigartiges,     schaft ist auch was den Geschichtswert
einheitliches neues Erscheinungsbild      betrifft grandios. Mountainbike-Fahrer,
bekamen. Die spielerischen und deko-      die heute oben auf diesen Bergen fah-
rativen Elemente fanden sich in Weg-      ren, wissen oft nicht, worauf sie sich ei-
weisern, Logos, Beschriftungen und        gentlich bewegen, es sind die Trümmer
Piktogrammen wieder. Diese reduzier-      des Zweiten Weltkriegs, den man hier         Prof. Dipl.-Ing. Mathias Pfeil,
te Beschreibung der Sportarten ist bis    überwunden hat.                              Generalkonservator des
heute nicht zu toppen.                                                                 Bayerischen Landesamts für
                                           Aber es geht weiter: Das Denkmalen-         Denkmalpflege
Genauso besonders ist das Olym-            semble kann modernisiert und genutzt        Prof. Dipl.-Ing. Mathias Pfeil ist seit März
pische Dorf mit den 5.000 Apparte-         werden, sofern die wichtigsten denk-        2014 Generalkonservator des Bayerischen
ments. Die Wohnanlage von Robert           malfachlichen Aspekte berücksichtigt        Landesamts für Denkmalpflege. Von 2001
Wischer, Werner Wirsing, Günther           werden. Mit dem Erinnerungsort              bis 2006 war er Referatsleiter in der Bay-
                                                                                       erischen Staatskanzlei, ab 2006 Leiter der
Eckert und Erwin Heinle lebt von der      „Attentat“ der Architekten Brückner &
                                                                                       Bayerischen Schlösserverwaltung.
Verbindung größerer Wohnblöcke mit         Brückner ist das sehr gut gelungen.
kleineren Einheiten. Ich kenne keine       Dieser Erinnerungsort stellt auch ge-
Betonbauten, in denen ein Leben so         danklich eine wunderbare Ergänzung zu
klar, deutlich und harmonisch möglich      den ursprünglichen Entwurfsideen des
ist. Das macht die Verbindung ver-         Parks dar.
schiedener Elemente aus. Es ist die
geglückte Umsetzung städtebaulicher       Die Qualität des Olympiaparks offenbart
Forderungen und Wohnvorstellungen         sich auch in seiner gelungenen Nach-
der 60er Jahre. Besseres kenne ich        nutzung. Das Olympische Dorf erlebte
nicht, es hat funktioniert. Auto- und     nach dem Ende der Spiele einen Run
Fußverkehr wurden konsequent ver-         auf die Eigentumswohnungen. Der
tikal voneinander getrennt. Auch hier     Olympiapark hat als lebendiger Ort auch
kenne ich nichts Vergleichbares. So       einige Veränderungen erfahren und war
wird ein funktionierender Planungspro-    die wichtigste Großbaustelle der noch
zess organisiert. Alt-OB und Ehrenbür-    jungen Bundesrepublik Deutschland. Es
ger Dr. Vogel hat bereits gesagt, hier    war der Aufbruch in eine neue Zeit! Es
habe es sehr schnell funktioniert.        war sicherlich der letzte bauliche Höhe-
                                          punkt vor der Wirtschaftskrise. Diese
Für diesen Planungsprozess wurde          Bedeutung des Olympiaparks und sei-
von Heinle, Wischer und Partner ein       ner gestalterischen Qualitäten wird heu-
mehrstufiges Optimierungsverfahren        te auch international so gesehen. Sehr
entwickelt, dessen Systematisierung       aktuell wird der Park mit seinen Bauten
von Entscheidungen zeitgenössischen       international als herausragend präsen-
Bestrebungen nach „objektiven Pla-        tiert, zum Beispiel bei der Ausstellung
nungsmethoden“ und geteilter Verant-      in der Riwaq Gallery in Doha. Ich wollte
wortung entsprach. Es hat geklappt.       mit meinem Vortrag beleuchten, der
                                          Olympiapark ist der Aufbruch in eine
                                          neue Zeit. Er wurde realisiert, gezeigt,
                                          gelebt und funktioniert immer noch. Ich
                                          bedanke mich.

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Hearing Welterbe Olympiapark am 29. November 2017

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Erfahrungen
aus der deutschen Welterbestadt
Hamburg

Prof. Dipl.-Ing. Jörn Walter,               Das Wichtigste und Bedeutend-              Drittens gibt es mit dem Eintrag eine
ehem. Leiter der Behörde für                ste ist der Antrag. Dabei muss             Berichtspflicht. Jährlich muss berich-
Stadtentwicklung und Wohnen,                                                           tet werden, was getan wurde und
Hansestadt Hamburg
                                            klar sein, man geht eine Selbst-           wie der Zustand des entsprechenden
                                            verpflichtung gegenüber der                Denkmals ist. In Deutschland ist das
Verehrter Herr Bürgermeister,               UNESCO ein, dieses Erbe sorg-              allerdings etwas kompliziert, was mit
verehrter Herr Dr. Vogel, sehr verehrte     fältig zu verwalten, zu sichern            der Länderzuständigkeit für die Kultur
Stadträtinnen und Stadträte!                                                           zu tun hat. Es ist ein mehrstufiger
                                            und auch bei Neubaumaßnah-                 Verfahrensweg, weil es über die Kul-
Wenn Sie erlauben, gestatte ich mir ei-     men zu gewährleisten, dass es              tusministerkonferenz und das Außen­
ne kleine Vorbemerkung. Ich bin Nicht-      im Kerngehalt nicht maßgeblich             ministerium an die UNESCO geht.
münchner und komme aus Hamburg.                                                        Diese Berichtspflicht gibt es und sie
                                            verändert wird. Diese Erklärung,
Als Bürger dieses Landes sage ich, das                                                 ist eine wichtige Grundlage.
Olympiastadion ist etwas Besonderes.        die beim Eintrag in das Welterbe
Es erfüllt nicht nur die Münchner oder      erfolgt, ist das eigentlich ent-           Viertens: Es gibt auch eine präventive
Bayern, sondern jeden Bürger dieses         scheidende Referenzdokument                Berichtspflicht. Wenn man weiß, es
Landes mit großem Stolz. Es gibt kein                                                  stehen Veränderungen über Neubau-
anderes Bauwerk in diesem Land, das
                                            für alles Weitere, was in der              maßnahmen oder innerhalb des Welt-
das Thema eines neuen, offenen und          Fortentwicklung des Olympia­               kulturerbes an, ist man verpflichtet,
demokratischen Deutschland so sehr          geländes oder in Hamburg bei               frühzeitig die UNESCO zu unterrichten.
auf den Punkt gebracht hat wie das          der Speicherstadt oder des                 Auch dafür gibt es einen mehrstufigen
Olympiagelände.                                                                        Verfahrensweg. Förmlich ist das nicht
                                            Kontor­hausviertels von Bedeu-             ganz unkompliziert, frühzeitige Abstim-
Wird es Welterbe, also zum außer-           tung ist. Es ist der Maßstab.              mungen in verschiedenen Gremien
gewöhnlichen universellen Erbe der                                                     wie dem ICOMOS-National-Committee
Menschheit erklärt, verbindet sich für                                                 müssen genutzt werden.
die Verantwortlichen damit die Sorge,       Deswegen ist es wichtig, diese Erklä-
dass man einen Dritten dabei hat, der       rung eines „lebenden Denkmals“ im          In Hamburg haben wir gerade drei ak-
mitredet. Das ist so. Wenn man einen        Antrag auch gegenüber der Prüfungs-        tuelle Beispiele, deren Ausgang noch
Antrag stellt, muss man sich darauf ein-    kommission deutlich zu formulieren. Es     nicht ganz entschieden ist. Wir bemü-
lassen. Man kann dies auch mit einer        muss klar sein, wir haben es mit einem     hen uns darum, es mit der UNESCO
Offenheit tun, wie das dem Gelände          Erbe zu tun, das den Freizeit-, Veran-     und ICOMOS auf einen guten Weg zu
entspricht. In Hamburg haben wir mit        staltungs- und Erholungscharakter lang-    bringen. Bei uns geht es um die vier
der Unterschutzstellung der Speicher-       fristig wahren muss. Es werden künftig     City-Hof-Hochhäuser am Bahnhof.
stadt und des Kontorhausviertels ein        aber gerade deshalb auch Umbaumaß-         Dabei stellt sich die Frage: Dürfen sie
Erbe, das sich in Nutzung befindet. Das     nahmen im Inneren des Kernbereichs         abgerissen und was darf neu ge-
Kontorhausviertel ist in Privatbesitz, es   und auch für die Wohnbauten benötigt.      baut werden? Wir haben dazu einen
sind große Gebäude, die erhalten und        Das Erbe liegt zudem auch mitten           Wettbewerb durchgeführt und alle
umgenutzt werden müssen. Besonders          in der Stadt, wo rundherum weitere         im gesamten Wettbewerbsverfahren
gilt dies für die Speicherstadt, für die    Veränderungen erfolgen werden. In          miteinbezogen.
wir keine originäre Speichernutzung         Hamburg liegt es zwischen Hafen-City
mehr haben. Wir werden auch künftig         und der Innenstadt, wo natürlich auch      Jetzt sind wir bei der Weiterentwick-
vor der Herausforderung stehen, die         weitere Veränderungen nötig sein wer-      lung und der Herstellung des Bau-
Speicherstadt in ihrer Nutzung ständig      den. Das ist der erste wichtige Punkt,     rechts. Dabei wägen wir auch alle
ändern zu müssen.                           auf den es zu achten gilt.                 Belange des Weltkulturerbes ab.
                                                                                       Daneben steht der Sprinkenhof, der
Die entscheidende Frage ist: Wie wird       Das Zweite ist der Managementplan:         Teil des Kernensembles ist.
das in ein Verfahren eingebracht?           Sie wissen, es wird ein Handlungs-
                                            konzept erarbeitet und der UNESCO
                                            vorgelegt. In München gibt es dafür
                                            gute Grundlagen. Der Management-
                                            plan ist die Erklärung über das, was
                                            kommen wird und was an Veränderun-
                                            gen zu erwarten ist. Das muss offen
                                            kommuniziert und mit allen Beteiligten
                                            abgestimmt werden. Dieser Plan ist
                                            im Vorfeld wichtig und gibt allen Betei-
                                            ligten Hinweise für die Zukunft.

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Hearing Welterbe Olympiapark am 29. November 2017

Es gibt andere Veränderungen, die
vergleichbar sind mit denen im Olym-
piapark. In der Speicherstadt haben
wir beispielsweise das Miniatur-
Wunderland. Das kennt nicht jeder, es
ist aber mittlerweile Europas größte
Modelleisenbahn-Anlage. Das größte
Hamburger Erfolgsprojekt mit mehr
als einer Millionen Besuchern im Jahr.
Diese Eisenbahn dehnt sich aus, sie
wächst weiter von Kontinent zu Konti-
nent. In den unmittelbar benachbarten      Prof. Dipl.-Ing. Jörn Walter,
Speichern haben wir aber keinen Platz      ehem. Leiter der Behörde für
mehr. Wir müssen über ein Fleet eine       Stadtentwicklung und Wohnen,
kleine Brücke in den nächsten Speicher     Hansestadt Hamburg
bauen, um freie Böden für die Erwei-       Prof. Jörn Walter war bis 2017 als Ober-
terung nach Amerika zu haben. Man          baudirektor Leiter der Behörde für Stadt-
wird gewissermaßen über den Ozean          entwicklung und Wohnen der Hansestadt
fahren, aber es muss für die Eisenbahn     Hamburg. In seiner Amtszeit war er maß-
                                           geblich an der Eintragung der Speicherstadt
eine Brücke gebaut werden, damit
                                           in die Welterbeliste beteiligt. Von 1991
sie hinüber fahren kann und auch den       bis 1999 war er Leiter des Stadtplanungs-
Menschen den Zugang erlaubt.               amtes in Dresden. Seit 2014 hat er eine
                                           Honorarprofessur an der Hafen-City Univer-
Ein drittes Projekt ist unsere Maschi­     sität Hamburg inne.
nenzentralstation, die im Zweiten
Weltkrieg zerstört worden ist und die
wieder aufgebaut werden soll. Ich
möchte andeuten, auch andere Welt-
erbestädte – wir sind es erst seit dem
Jahr 2015 – standen und stehen vor
vielen Veränderungen.

Das positivste Beispiel sind für mich
die großen Altstädte, die über sehr
lange Erfahrungen in einem sehr emp-
findlichen Raum verfügen. Sie sind in
Deutschland oder an anderen Stellen
unter Schutz gestellt. In Graz steht die
gesamte Altstadt unter Schutz.

Es hat aber große Veränderungen im
Rahmen der Kulturhauptstadtbewer-
bung gegeben. Vielleicht kennen Sie
das neue Museum von James Cook:
Dieses fügt sich auf den ersten Blick
nicht unbedingt ein. Aber es macht
doch Mut, dass Vertrauen in die
UNESCO und in deren Vertreter, die
mitdenken, berechtigt sein kann. Auch
die Grazer haben damals im Kern ihrer
Bewerbung, in diesem berühmten
Referenzdokument, deutlich gemacht,
dass das Leben in der Altstadt erhal-
ten werden soll, sie bei all ihrem his­
torischen Wert aber auch weiterent­
wickelt werden muss, um sie erhalten
zu können.

                                                                                                                              19
Erfahrungen
aus der deutschen Welterbestadt
Berlin

Dr. Dagmar Tille,                         Die Schlösser und Parks in               Die Museumsinsel
Leiterin der Obersten Denkmal-            Potsdam und Berlin
schutz­behörde Berlin                                                              Die Museumsinsel ist nicht aufgrund
                                          Die Schlösser und Parks in Potsdam       ihrer Einzelarchitekturen eingetragen,
Meine sehr verehrten Damen und            und Berlin teilen wir uns mit dem        sondern als einzigartiges Ensemble,
Herren, sehr geehrter Herr Schmid,        Land Brandenburg. Sie stellen in ihrer   bestehend aus fünf tempelartigen
sehr geehrter Herr Dr. Vogel!             Gesamtheit eine äußerst reiche und       Museumsbauten. Wichtig bei der
                                          ungewöhnliche Kulturlandschaft dar.      Museumsinsel ist natürlich die Archi­
Über ein Areal, das als Welterbe der      Auf über 2000 Hektar verbinden sie       tektur, aber vor allem die erstmals
UNESCO vorgeschlagen werden soll,         weitläufige Parklandschaften, maje-      öffentlich zugängige Kunstsammlung.
frühzeitig eine öffentliche Debatte,      stätische Alleen und 150 Bauwerke        Mit der Museumsinsel steht die bür-
wie die heutige, zu führen, um alle       aus dem 18. bis 20. Jahrhundert. Ein-    gerliche Forderung nach Teilhabe ma­
Beteiligten bereits im Vorfeld einer      geschlossen sind Teile des Potsdamer     nifest im Stadtraum. 1841 verfügte
Nominierung mitzunehmen, ist sehr         Stadtgebietes, also ein „lebendiges      der preußische König, die ganze Spree-
begrüßenswert. Macht man es nicht,        Welterbe“ und ein Kulturgut von au-      insel hinter dem alten Museum zu
weil man der Annahme ist, dass Einig­     ßergewöhnlicher Qualität.                einer „Freistätte für Kunst und Wis-
keit über die Absicht besteht, kann                                                senschaft“ auszugestalten. Dem
eine Nominierung schnell scheitern.       Diese Welterbestätte wurde 1989 als      1830 von Schinkel erbauten alten Mu-
Der öffentliche Dialog ist ein erster     Residenzlandschaft der preußischen       seum folgten weitere vier Museen,
Schritt im Nominierungsprozess. Und       Schlösser und Gärten in Potsdam          in denen heute weit über 6.000 Wun-
von daher bin ich auch der Einladung      durch die ehemalige DDR vorge-           derwerke der Kunst anzutreffen sind.
zur heutigen Veranstaltung sehr gern      schlagen. Seit 1990 stehen sie auf
gefolgt.                                  der Welterbeliste, ergänzt um die        Die besonderen Werte, die zur Eintra-
                                          Bau- und Garten-Denkmale im benach-      gung der Stätte führten, sind die Ent-
Ich würde zuerst über das Berliner        barten ehemaligen West-Berlin. Die       wicklung des öffentlichen Museums
Welterbe an sich sprechen, anschlie-      historischen Stadtquartiere, royalen     sowie eine Würdigung von 200 Jahren
ßend über Herausforderungen und           Residenzen und wunderschönen Park-       Entwicklung modernen Museums­
Optionen von Welterbestätten und          und Wasserlandschaften haben die         designs, die die Museumsinsel re-
dann über Potenziale und Nominie-         UNESCO zur Eintragung veranlasst.        präsentiert. Außerdem repräsentiert
rungsaussichten.                          Die Bauwerke und Anlagen wurden          sie die Verbindung von Architektur
                                          dank der Pläne von Peter Joseph          und Ausstattungsgegenständen, bei-
Auch Berlin hat Interesse an weiteren     Lenné zu einer Gesamtkomposition         de sind Eintragungstatbestand. Im
Nominierungen. Aber es geht uns           verflochten. Und auch Ideelles kommt     Hinblick auf die stadträumlichen Qua-
nicht um die Menge. Für uns ist es        bei der Begründung zum Tragen: mon-      litäten der Anordnung dieser fünf Mu-
wichtig, über das Welterbe bei Einhei-    archistische Staatsideen und bürgerli-   seen ist auch der besondere urbane
mischen wie Besuchenden Aufmerk-          che Emanzipationsbestrebung auf der      Raum in der historischen Mitte Berlins
samkeit und Wertschätzung für das         einen Seite, auf der anderen Seite die   ein Eintragungstatbestand.
kulturelle Erbe zu erreichen. Authen-     Welterbestätte als Ort der Unterzeich-
tizität, besonderer Wert und Einmalig-    nung des Vier-Mächte-Abkommens im        Die Eintragung orientiert sich an einem
keit begeistern die Leute. Und Stolz      Schloss Cecilienhof 1945.                Masterplan für den Wiederaufbau der
auf die Welterbestätten löst zugleich                                              Museumsinsel, der im Ergebnis eines
Bereitschaft aus, sich für deren Schutz                                            Wettbewerbs entstand. Deshalb ist
und Erhaltung einzusetzen. Mit dem                                                 das gerade im Bau befindliche neue
Gefühl der Ehre nimmt man auch die                                                 Eingangsgebäude der James-Simon-
Verpflichtung gegenüber diesem Welt-                                               Galerie wie auch weitere Ergänzungen
erbe anders wahr.                                                                  des Pergamonmuseums bereits in die
                                                                                   Nominierung impliziert. Die hochkom-
Im Folgenden möchte ich die drei                                                   plizierten Wiederaufbau- und Sanie-
Welterbestätten Berlins kurz vorstel-                                              rungsprojekte laufen aller Voraussicht
len, indem ich darauf eingehe, mit                                                 nach bis 2035. Dieser gesamte Kom-
welchen Werten und Begründungen                                                    plex der Baumaßnahmen, einschließ-
sie eingetragen sind. Denn bereits mit                                             lich der Erweiterung, sind denkmal-
einer präzisen Beschreibung dessen,                                                technisch höchst ambitioniert und im
was außergewöhnlich und universell –                                               Moment Europas größtes kulturelles
also schützenswert – ist, stellt man                                               Investitionsprojekt überhaupt.
die Weichen für die Entwicklung nach
einer erhofften Eintragung.

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