Die berühmte Kasuistik der Elephantiasis des George Southam anno 1847 - Thieme Connect

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Die berühmte Kasuistik der Elephantiasis des George Southam anno 1847 - Thieme Connect
Medizingeschichte

Die berühmte Kasuistik der Elephantiasis des George Southam anno 1847

Zusammenfassung                                  Bein“ [7, 8]. Über die Ursache der Krankheit
                                                 war nichts Genaues bekannt, doch sah man
Die Elephantiasis galt zu allen Zeiten der       Zusammenhänge damit, dass die Eingebo-
Menschheit als beeindruckende Krankheit,         renen ganze Tage und Nächte im sumpfigen
die nicht nur Angst und Mitleid, sondern         Morast auf der Jagd nach Vögeln verbrach-
auch ein gewisses Schauern ausgelöst hat.        ten [1, 7]. Die Geschwulst befällt auch die
Die Abbildung eines betroffenen Patienten        Gelenke. Die Muskeln verlieren ihre Kraft, und
in Büchern und Zeitschriften durfte sich da-     so schleppt der Kranke zuletzt das zu einem

                                                                                                                                                                      Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.
her eines allgemeinen Interesses gewiss          unförmigen Klumpen ausgeartete, gelähmte
sein. Ein solcher Fall des Londoner Chirurgen    Glied wie eine fremde Last mit sich herum. In
George Southam anno 1847 wurde über die          therapeutischer Hinsicht haben sich Blutent-
Grenzen hinaus bekannt. In Deutschland           ziehungen durch Scarification, Vesicatoren und
haben Esmarch und Kulenkampff ihre               Cauterien als schädlich erwiesen. Die besten
Monografie Die Elephantiastischen Formen         Erfahrungen brachten Einwickelungen des
anno 1885 mit hervorragenden Bildtafeln          Beins. Die Amputation war mit aller Vorsicht
ausgestattet. Das Werk beginnt sogleich          anzuwenden [8].
mit der Southam’schen Kasuistik. Dabei               Neben diesen tropischen Formen der
erscheint es aus medizinhistorischer Sicht       Elephantiasis mit endemischem Charakter
interessant, den Gedankengängen zur              wurden anfangs des 19. Jahrhunderts auch
                                                                                                              ▶ Abb. 1 Elephantiasis des Beines nach
Pathogenese des Lymphödems von Sout-             im nördlichen Europa entsprechende                           Southam und Curling. Erklärung s. Text.
ham bis Rudolf Virchow zu folgen.                Kasuistiken beschrieben, jedoch mit solitä-                  Aus der Monografie von Esmarch und
                                                 rem Auftreten. In Deutschland hat sich                       Kulenkamff, Tafel II [1]. Archiv Hach.
                                                 besonders Virchow damit befasst [11].
Schlüsselwörter                                  Eine der berühmtesten Krankengeschich-
                                                                                                             In der Familie waren keine besonderen
Elephantiasis, Lymphödem, Phlegmasia             ten stammt von George Southam aus Eng-
                                                                                                          Krankheiten bekannt. Die Patientin selbst
alba dolens, Erysipel, Barbados-Bein             land. Das Bildnis seiner Patientin, ein Holz-
                                                                                                          berichtete lediglich von der frühen Meno-
                                                 stich, wurde über alle Grenzen hinweg
                                                                                                          pause und einer Unterkühlung als mögli-
Die extreme Elephantiasis an einer Extremi-      reproduziert und demnach weltbekannt
                                                                                                          che Ursache der Elephantiasis. Die Haut
tät oder an einem Körperteil erregte zu al-      [9] (▶ Abb. 1).
                                                                                                          war am erkrankten Bein feucht und zeigte
len Zeiten der Menschheit Aufmerksamkeit                                                                  auf Fingerdruck nicht die geringste Eindel-
und Ärzte haben nach Erklärungen und                                                                      lung. Mit einer Lupe konnte man Flüssig-
Möglichkeiten der Behandlung gesucht. Jo-        Southams Kasuistik anno 1847
                                                                                                          keit austreten sehen. An den Rändern
hann Nepomuk Rust (1775–1840), der ers-          Die unverheiratete 38-jährige Patientin                  bildeten sich dicke Krusten. Nur die Fuß-
te Chirurg an der Berliner Universitätsklinik,   mit phlegmatischem Temperament kam                       sohle blieb frei.
unterschied anno 1832 – wie auch andere          erstmals im Herbst 1843 zur Behandlung.                     Bis vor wenigen Wochen konnte die
Autoren der Zeit – die griechische von der       Damals bestand die Krankheit aber                        Patientin noch ihre Hausarbeit verrichten.
arabischen Form [1, 8, 11]. Darüber hinaus       schon 20 Jahre lang. Sie begann in ihrem                 Sie verstarb am 21. November 1847 infol-
wurden von Rust einzelne Fälle in nördli-        18. Lebensjahr mit mehreren Schmerzat-                   ge Dysenterie. Wenige Tage zuvor hatten
chen Gegenden wie in Halle gesehen [8].          tacken im Bereich des Fußrückens und                     die Urinsekretion auf 8 Pints/24 Stunden
                                                 mit Fieberschüben. Das Ödem blieb beste-                 (1 Pint = ½ l) und auch die Lymphsekretion
                                                 hen und dehnte sich langsam über das                     am Bein erheblich zugenommen [9].
Die Elephantiasis                                ganze Bein bis in die Leiste aus. Trotzdem
im 19. Jahrhundert                               war die Patientin in den ersten 8 Jahren                 Sektionsbefunde
                                                 nur wenig beeinträchtigt. Dann wiederhol-
Die Elephantiasis Graecorum entsprach der                                                                 Bei der Obduktion fand sich im subkuta-
                                                 ten sich die Erysipele häufiger. Aus den
Lepra nodosa. Das Gesicht des Kranken                                                                     nen Bereich des kranken Beins eine specki-
                                                 Anschwellungen sickerte klare wässrige
wurde durch Knoten in so arger Weise ent-                                                                 ge Substanz mit eingelagertem Fettgewe-
                                                 Flüssigkeit hervor und verwandelte sich zu
stellt, daß die Krankheit den Namen Leontia-                                                              be. Knochen, Gelenke und Muskeln
                                                 Inkrustationen mit eitrigen Ansammlun-
sis beigelegt hat. An den unteren Extremi-                                                                erschienen normal. Jedoch waren die
                                                 gen. Anfangs traten die Schmerzen nur in
täten war vom Elephantenfuß die Rede [8].                                                                 Venen deutlich erweitert und die Arterien
                                                 Intervallen auf und konnten durch Blut-
    Die Elephantiasis Arabum kam in den Län-                                                              eher schmal. Zu den Venen schrieb Sout-
                                                 egel und Kompressen beherrscht werden,
dern Vorderasiens, in Indien und auf den                                                                  ham: From the local nature of the pathologi-
                                                 aber nach ein paar Jahren blieben sie kons-
Westindischen Inseln endemisch vor. Man                                                                   cal changes, the deposit found in the veins
                                                 tant und erforderten Opiate.
sprach vom „Barbados-Bein“ oder „Cochin-                                                                  would appear not to have been formed

8                                                                 Hach W. Die berühmte Kasuistik… Phlebologie 2021; 50: 8–12 | © 2021. Thieme. All rights reserved.
Die berühmte Kasuistik der Elephantiasis des George Southam anno 1847 - Thieme Connect
immediatly from the blood, but from the                          Eine weitere Form der Elephantiasis, die
effusion and consolidation of lymph in their                 Rose der „deutschen Schriftsteller aus frü-
coats, the coagulation of the blood in the                   herer Zeit“, bezeichnete Virchow als lym-
folds of the flocculi contributing to fill up the            phatisches Erysipel. Hierbei spielten die
caliber of the vessels [9].                                  erbliche Disposition bzw. die lymphatische
                                                             Konstitution eine wichtige Rolle. Als
Southams Gedanken zur                                        sekundäre Ursachen kamen auch die
Pathogenese der Elephantiasis                                Phlegmasia alba oder eiternde Bubonen in
Die Ursache der Elephantiasis lag – nach                     Betracht. Virchow schrieb dazu: Die venöse
Southams Obduktion – also an einer                           Stauung führt von der venösen Hyperämie

                                                                                                                                                                Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.
Erkrankung der Venen, deren Wandung                          zum Oedem und damit zu einer gesteigerten
durch Lymphansammlungen aufgetrieben                         Lymphströmung oder, wie man gewöhnlich
erschien. Sie war „die Konsequenz einer                      sagt, zu einer vermehrten Thätigkeit der
Phlebitis als primäre Affektion oder zumin-                  Lymphgefässe. Die letzteren erweitern, ihre
dest als Prädisposition“, hatte jedoch kei-                  Drüsen vergrössern sich. Die ödematösen
nen typhoiden oder purulenten Charakter.                     Theile disponiren in hohem Masse zu erysipe-
Die Venen des Uterus und der Beckenre-                       latösen Entzündungen. Ist der Reiz stark, so
gion könnten ebenfalls – im Rahmen einer                     nimmt dieses Erysipel den phlegmonösen
puerperalen Phlebitis oder einer chroni-                     Charakter an und geht in schlechte Eiterung
schen Phlegmasia alba dolens – der Anlass                    oder Brand über. Bei geringer Reizung dage-
gewesen sein. Das gäbe dann auch die                         gen geschieht etwas ähnliches, wie in den
Erklärung für den frühen Eintritt der                        primär und ursprünglich mit Erysipel auftre-
Menopause [9].                                               tenden Formen [11].
    Southam fasste seine Theorie der venö-                       Wie dem englischen Chirurgen George
sen Pathogenese bei entsprechender Ver-                      Southam fiel auch Virchow die besondere
anlagung folgendermaßen zusammen:                            Beschaffenheit des interstitiellen Gewebes
The albuminous substance, sometimes met                      auf. Es befindet sich fast ganz in dem gal-         ▶ Abb. 2 Elephantiasis dura ulcerosa pe-
in the cellular tissue of infants, presents cha-             lertartigen Zustande des Erysipelas gelatino-       dis. Amputationspräparat von Virchow.
racters somewhat analogous to what is                        sum. Das Bindegewebe steckt voll von albu-          Erklärung s. Text. Aus Virchows 13. Vor-
                                                             minöser Flüssigkeit. Vielleicht hängt dieser        lesung über Die krankhaften Geschwülste
observed in elephantiasis; the congested                                                                         [12]. Archiv Hach.
state of the veins which usually accompanies                 Zustand mit der Störung der Lymphcircula-
it showing, that in all probability it arises                tion zusammen. Virchow zitiert dabei eine
from some morbid alteration in them. It                      Reihe von Beobachtungen, dass der ausge-
                                                                                                              grosses Geschwür mit glattem, harten Grunde
would appear, therefore, that the immediate                  tretene Saft eine milchige Farbe hat und we-
                                                                                                              und hoch aufsteigenden schwieligen Rändern.
cause and pathological changes of elephan-                   sentliche Bestandtheile der Milch, nehmlich
                                                                                                              Schon von der Mitte des Unterschenkels an
tiasis bear an intimate relation to those of                 Butter, Käse und Milchzucker enthält [11].
                                                                                                              verschwindet der Panniculus adiposus in einer
phlegmasia dolens, and the induration of                                                                      weissen, knorpelharten Schwiele, welche von
the cellular tissue in new-born children; the                Virchows Kasuistik anno 1861                     der Haut bis zu den Knochen reicht. Präparat
apparent differences depending on the                        Einen ausgezeichneten Fall der Elephantiasis     No. 148 vom Jahre 1861.
degrees of venous obstruction and on the                     ulcerosa habe ich erst in diesem Winter unter-      Virchows Einordnung dieses Falls unter
remote influences which have originated it                   sucht, ein amputiertes Bein (▶ Abb. 2). Es       die Rubrik „Elephantiasis“ zeigt, dass seine
[9].                                                         handelte sich um einen 17-jährigen, in seiner    Ansichten zur Pathogenese bereits in gro-
                                                             ganzen Entwicklung sehr zurückgebliebenen        ßen Zügen unserer heutigen Vorstellung
                                                             Menschen, der seit seinem 3. Lebensjahre an      ähneln [5].
Virchows Theorie anno 1863                                   mancherlei Knochen- und Gelenkentzündun-
                                                             gen gelitten hatte. Ein Geschwür an der vorde-
Der Berliner Pathologe Rudolf Virchow
(1823–1902) räumte der Elephantiasis
                                                             ren Fläche des Unterschenkels, welches länge-    Behandlung der Elephantiasis
                                                             re Zeit bestanden hatte, war 4 Jahre vor der
anno 1863 im Rahmen seiner Dreißig Vorle-                                                                     im 19. Jahrhundert
                                                             Amputation geheilt. Ein halbes Jahr später
sungen über Die krankhaften Geschwülste
                                                             Verstauchung des Fussgelenkes, seitdem           Die Verhütung der Krankheit gelang nicht,
einen großen Platz ein. Er trennte zu-
                                                             zunehmende Anschwellung und Verdickung.          weil in der Regel mehrere Umstände des
nächst – wie andere Autoren – die tropi-
                                                             Seit 2 Jahren Aufbruch und Ulceration. Die       täglichen Lebens an der Entstehung betei-
schen Formen der Elephantiasis Graecorum
                                                             grösste Ausbildung der Anschwellung ist am       ligt waren [1] (Kasten 1). Für die Behand-
als Lepra und der Elephantiasis Arabum
                                                             Fussrücken und an den Zehen zu finden. Letz-     lung stand immerhin eine Reihe von Maß-
voneinander ab und vermutete, dass hier
                                                             tere sind zu unförmlichen, höckerigen Körpern    nahmen zur Verfügung [1] (Kasten 2).
ein Molluscum contagiosum als Ursache
                                                             ausgewachsen. Am grossen Zehen liegt ein
vorliegen könnte.

Hach W. Die berühmte Kasuistik… Phlebologie 2021; 50: 8–12 | © 2021. Thieme. All rights reserved.                                                           9
Die berühmte Kasuistik der Elephantiasis des George Southam anno 1847 - Thieme Connect
Medizingeschichte

   Den lokalen Anwendungen kam sowohl
von Seiten der Volksmedizin wie auch als
ärztliche Handlung die größte Bedeutung
zu. Sie reichten von der vertikalen Sus-
pension, den Einwicklungen und dem
Gebrauch von faradischem Strom bis zu
Blutentziehungen, Skarifikationen und
Lymphaderlässen. Die Einreibungen er-
folgten mit Merkur- und Jodsalben. Dazu
gab es eine Milchdiät (s. o.) und Medika-

                                                                                                                                                                     Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.
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     K A ST E N 1 [ 1]
     Auslösende Ursachen der Elephan-
     tiasis
     Wirkung der Schwere
     ▪ Stehen, Umhergehen, schwere
        Arbeit

     Kleine Verletzungen                           ▶ Abb. 3 Elephantiasis pedis. Titeltafel von Esmarch und Kulenkampff [1]. Archiv Hach
     Phlogogene und infectiöse Stoffe
     ▪ Unreinlichkeiten des Patienten
     ▪ Absonderungen auf Geschwüren             scher Chirurg) [1]. Eine Steigerung waren                lenkampff 82 Kasuistiken mit 10 letalen Aus-
                                                die keilförmigen Exzisionen. Anno 1882                   gängen an Pyämie und Gangrän zusammen
                                                exzidierte Johann von Miculicz (1850–                    [1]. Aber es gab auch einzelne Erfolge [4, 6].
                                                1905, Breslau) bei einer 18-jährigen Patien-
                                                tin längs des Mittelfussknochens am media-
     K A ST E N 2 [ 1]
                                                len Fussrande einen 8 cm langen und 2 cm                 Schlussbetrachtung
     Prinzipien der Therapie der Elephant-
                                                breiten Keil und sah danach eine Volumenab-
     hiasis                                                                                              Die ausgeprägten Formen der Elephantia-
                                                nahme des Fusses von 3 cm. Eine entspre-
     Ausschaltung allgemeiner Störungen                                                                  sis gingen mit eindrucksvollen klinischen
                                                chende Operation wurde bereits 1872
     ▪ Herzfehler, Varizen, Fettsucht,                                                                   Bildern einher (▶ Abb. 3). Die Ärzte ver-
                                                von Johann Nepomuk von Nussbaum
        Anämie                                                                                           mochten nur wenig mit ihren geringen
                                                (1829–1890, München) persönlich an
                                                                                                         therapeutischen Möglichkeiten auszurich-
                                                Esmarch mitgeteilt [1].
     Beseitigung chronische Reizzustände                                                                 ten. Die Kasuistik des Dr. Southam ist da-
                                                    Eine ganze Epoche der chirurgischen
     der Haut, Unterhaut                                                                                 für ein klassisches Beispiel. Die Abbildung
                                                Behandlung der Elephantiasis und sehr wi-
     ▪ Geschwüre, Ausschläge,                                                                            seiner Patientin ging um die ganze Welt
                                                dersprüchliche Reaktionen hat die Carno-
        Verwachsungen                                                                                    [1, 2, 12]. Die voluminösen Gewebsverän-
                                                chan’sche Ligatur der A. femoralis anno
                                                                                                         derungen der Elephantiasis betrafen vor
                                                1851 ausgelöst [2, 3, 6, 10]. Der amerika-
     Förderung des Abflusses der Säfte                                                                   allem die untere Extremität, kamen aber
                                                nische Chirurg Dr. Carnochan führte den
     und des Blutes                                                                                      auch an den Geschlechtsorganen und an-
                                                Eingriff durch, um durch Reduktion des
     Verminderung der Zuflüsse                                                                           deren Körperteilen vor. In den Tropen lag
                                                einfließenden arteriellen Blutvolumens
     Verkleinerung der Gewebsmassen                                                                      der Krankheit eine bakterielle oder parasi-
                                                die Zirkulation und die Stoffwechselpro-
     ▪ Ausschneidungen, resorbierende                                                                    täre Infektion zugrunde, was auch in den
                                                zesse im Bein zu reduzieren. In seinem Fall,
        Mittel                                                                                           Bezeichnungen Barbados-Bein oder Co-
                                                einem 27-jährigen Einwanderer aus Aa-
                                                                                                         chin-Bein zum Ausdruck kam [7, 8]. Auf
                                                chen, führte die Operation zwar zu schwe-
     Amputationen                                                                                        die kausale Beziehung der Elephantiasis in
                                                ren Komplikationen, war aber zuletzt er-
                                                                                                         unseren Breiten zur erblichen Disposition
                                                folgreich; zufällig lag in diesem Fall auch
                                                                                                         und zum rezidivierenden Erysipel hat
                                                eine vaskuläre Dysplasie vor [2, 4].
Einige Chirurgen führten die tiefe Skarifika-                                                            Rudolf Virchow hingewiesen [11].
                                                    Die Carnochan’sche Methode fand be-
tion durch. Dabei handelte es sich um bis in                                                                 In ihrer eindrucksvollen Monografie Ele-
                                                sonders in Europa eine gewisse Verbreitung,
die Musculatur eindringende und 4–6 Zoll                                                                 phantiasis anno 1885 haben Esmarch und
                                                aber die Erfolgsquote blieb enttäuschend
(1 Zoll = 2,54 cm) lange Einschnitte mit                                                                 Kulenkampff den Patienten und ihrer
                                                [10]. Im Jahr 1869 wurden von Fischer 43
nachfolgenden Umschlägen und Bindenein-                                                                  schlimmen Krankheit ein bemerkenswer-
                                                Kasuistiken dokumentiert, davon 2 Todesfäl-
wickelungen, deren Lisfranc 20–30 machte                                                                 tes Denkmal gesetzt [1]. Anhand der ver-
                                                le [3]. Anno 1885 stellten Esmarch und Ku-
(Jacques Lisfranc, 1790–1848; französi-                                                                  schiedenen, sehr eindrücklichen Bildtafeln

10                                                               Hach W. Die berühmte Kasuistik… Phlebologie 2021; 50: 8–12 | © 2021. Thieme. All rights reserved.
Medizingeschichte

zeigen die Autoren auch, welche Probleme           Literatur                                                   [8] Rust JN. Theoretisch-praktisches Handbuch
der Differenzialdiagnose zu ihrer Zeit                                                                             der Chirurgie mit Einschluss der syphiliti-
                                                                                                                   schen und Augen-Krankheiten. Bd. II, 581;
bestanden haben.                                   [1] Esmarch F, Kulenkampff D. Die elephantiasti-                Bd. VI 158 Enslin in Berlin und Gerold in
                                                       schen Formen. Hamburg: Richter; 1885                        Wien; 1832
     Eine verzweifelte Krank-                      [2] Carnochan JM. Elephantiasis Arabum of the
                                                       right inferior extremity, successfully treated
                                                                                                               [9] Southam G. Case of Elephantiasis. Med
                                                                                                                   Chir Trans 1847; 30: 69–76
     heit will eine verwegene                          by Ligature of the femoral artery. New York            [10] Trendelenburg F. Die ersten 25 Jahre der
     Arznei                                            J Med 1852; 5: 162–169
                                                   [3] Fischer G. Die Behandlung der Elephantiasis
                                                                                                                   Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin :
                                                                                                                   Springer; 1923: S. 139
                                                       Arabum mittelst Ligatur oder Compression               [11] Virchow R. Die krankhaften Geschwülste.
(Altes deutsches Sprichwort)                           der Hauptarterie. Arch Path Anat Physiol Klin               Bd I, 295 Berlin: Hirschwald; 1863
                                                       Med 1869; 46: 328–350

                                                                                                                                                                          Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.
                                                                                                              [12] Vogt H. Das Bild des Kranken. München:
Interessenkonflikt                                 [4] Hach W. Die Carnochan’sche Operation bei                    Lehmann; 1969: S. 72
                                                       der Elephantiasis im 19. Jahrhundert. Gefäss-
                                                       chirurgie im Druck
      Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein   [5] Hach W, Mumme A, Hach-Wunderl V. Venen-                Bibliografie
      Interessenkonflikt besteht.                      Chirurgie. Stuttgart: Schattauer; 2013
                                                   [6] Leisrink H. Unterbindung der Art. cruralis we-         Phlebologie 2021; 50: 8–12
Autorinnen/Autoren                                     gen Elephantiasis cruris. D Zeitschr Chir 1874;        DOI 10.1055/a-1131-4540
                                                       3: 9–16                                                ISSN 0939-978X
                                                   [7] Lendy J, Rollo J. Über die Drüsenkrankheit in          © 2021. Thieme. All rights reserved.
Wolfgang Hach                                          Barbados oder über Wilhelm Hillary’s Ele-              Georg Thieme Verlag KG, Rüdigerstraße 14,
                                                       phantiasis. Aus dem Englischen übersetzt.              70469 Stuttgart, Germany
Korrespondenzadresse                                   Frankfurt am Main: Andreäische Buchhand-
                                                       lung; 1788

      Prof. Dr. Wolfgang Hach
      Tacitusstr. 66
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