Die DGUF-Tagung 2020 "Wollen und brauchen wir mehr Archäologie der Moderne?" - Anlass und Zielsetzung der Tagung

 
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Die DGUF-Tagung 2020 „Wollen und brauchen wir mehr Archäologie
                  der Moderne?“ – Anlass und Zielsetzung der Tagung

                                                                                                Diane Scherzler & Frank Siegmund

Zusammenfassung – Der vorliegende Beitrag skizziert die Genese und die inhaltlichen Ziele der Jahrestagung 2020 der DGUF. Die Ta-
gung sollte dazu dienen, die seit ca. 2015 eher im Kreis von Spezialisten selbstreferenziell debattierte Thematik „Ausbau der Archäologie
der Moderne“ (AdM) einem fachlich breiten Hintergrund zu öffnen: Protagonisten der AdM sollte die Möglichkeit geboten werden, dem
Fach in seiner ganzen Breite die Notwendigkeit eines Ausbaus der AdM zu begründen, Kritikern die Gelegenheit, ihre Einwände oder
Anregungen mit den Spezialisten zu debattieren. Ziel der veranstaltenden DGUF war es, die Tagung im Optimalfall mit einem breiten,
tragfähigen Konsens und konkreten Plänen zur Umsetzung von gemeinsamen Anliegen und Plänen schließen zu können.

Schlüsselwörter – Archäologie; Ur- und Frühgeschichte; Archäologie der Moderne; AdM; DGUF Tagung 2020

Title – DGUF Conference 2020 “Do we want and need more contemporary archaeology?” – Motivation for and objective of the conference

Abstract – This article outlines the genesis and the objectives of the DGUF Conference 2020. The conference aimed to open up the
subject of “Expansion of Contemporary Archaeology (AdM)”, which had been a topic of self-referential debate since 2015 among specialist
archaeologists, to a broad range of archaeologists from other disciplines: Protagonists of AdM were to be offered the opportunity to explain
the necessity of expanding AdM to the profession in all its disciplines, and critics the opportunity to debate their objections or suggestions
with the experts. The aim of the DGUF as the organising body was to be able to close the conference in the best case scenario with a
broad, mutually acceptable consensus and definite plans to realise solutions to shared concerns.

Key words – archaeology; pre- and protohistory; contemporary archaeology; DGUF conference 2020

Anlass der Tagung                                                         gen für einen Ausbau der AdM könnte neben
                                                                          Frustration bei den Protagonisten der AdM zu
Seit 2015 waren immer wieder Stimmen zu einer                             dem Eindruck einer kollektiven Erstarrung füh-
Archäologie der Moderne (AdM) zu vernehmen,1                              ren, oder auch dazu, dass in den Archäologien
die dazu aufforderten, diesem Thema deutlich                              selbst, bei Forschungsförderern wie auch in einer
mehr Gewicht im Kanon der Archäologien zu ge-                             weniger informierten Fachöffentlichkeit der Ein-
ben und auch deutlich mehr Ressourcen als bis-                            druck entsteht, ‚das Fach‘ wolle geschlossen tat-
her zuzuführen. Dabei wurde die AdM stets als                             sächlich mehr Archäologie der Moderne, komme
Separatum beschrieben. Eine Arbeitsgruppe des                             damit aber nicht voran.
Deutschen Verbandes für Archäologie (DVA)2                                    Anlass der DGUF-Tagung 2020 waren die
formulierte „Leitlinien zu einer Archäologie der Mo-                      vielen Hintergrunddebatten im Nachgang der
derne“ und stellte diese in der DVA-Zeitschrift                           Publikation der „Leitlinien“, insbes. über deren
„Blickpunkt Archäologie“ vor (Arndt u. a., 2018).                         Forderungen nach einem Mehr an AdM u. a. im
Deren Anspruch, ein abgestimmtes Votum der                                Bereich Bodendenkmalpflege, Universität3 und
gesamten deutschen Archäologie zu sein, blieb                             Drittmittelforschung. Die Grundfrage, die das
jedoch uneingelöst; weitere erkennbare Handlun-                           Papier für die gesamte Archäologie in Deutsch-
gen des DVA zur Stärkung der AdM sind nicht                               land aufwarf, findet sich im Tagungstitel der
erfolgt. Der bisherige Gang der Dinge war da-                             DGUF wieder: Wollen und brauchen wir mehr
durch charakterisiert, dass eine Gruppe seriö­ser                         Archäo­ logie der Moderne? Wobei „wir“ nicht
und anerkannter Wissenschaftlerinnen und Wis-                             allein den Kreis der Spezialisten für eine AdM
senschaftler, denen ein Mehr an AdM sehr am                               meint, sondern alle Fachkolleginnen und Fach-
Herzen liegt, das Thema forcierte und in die Öf-                          kollegen, die in der Archäologie tätig sind. Denn
fentlichkeit trug, während die Vertreterinnen und                         angesichts der Tatsache, dass – zumindest nach
Vertreter anderer Archäologien darauf mehrheit-                           Erfahrung und Sicht der Tagungsorganisatoren
lich nicht reagierten – zumindest nicht öffent-                           – nach derzeitiger gesamtgesellschaftlicher Lage
lich. Diese Asymmetrie der Kommunikation bei                              ein umfassendes Wachstum für die Archäolo-
gleichzeitigem Ausbleiben konkreter Handlun-                              gie nicht zu erwarten ist, ist die Forderung nach

Eingereicht: 7. Jan. 2021                                                                Archäologische Informationen 43, 2020, 17-22
angenommen: 3. März 2021                                                                                                    CC BY 4.0
online publiziert: 31. März 2021                                     17                      DGUF-Tagung 2020: Archäologie der Moderne
Diane Scherzler & Frank Siegmund

einem Mehr in einem Segment der Archäologie                  Zeit, dass die Argumente des Für und Wider ei-
ehrlicherweise zu verbinden mit einer Aussage                ner stärker vertretenen und stärker finanzierten
dazu, wo genau als entsprechender Ausgleich ein              AdM offen auf den Tisch gelegt und transparent
Weniger für andere Segmente der Archäologie                  ausgetauscht werden; es ist an der Zeit, dass das
zu verkraften wäre. Oder auf welchen Wegen es                ganze Fach zu diesem Thema miteinander redet
gelingen könnte, mehr AdM bei gleichbleibenden               statt übereinander. Die Gesetzgebung zum Denk-
Ressourcen für die anderen Archäologie-Sparten               malschutz, die Umsetzungspraxis der staatlichen
zu realisieren. Mit ihrem Tagungsthema greift                Behörden, die Bedarfe des Arbeitsmarktes ein-
die DGUF einen unter Kolleginnen und Kollegen                schließlich der privatwirtschaftlichen Archäolo-
verschiedener Archäologien aufgekommenen                     gie, die universitäre Ausbildung, die Möglichkeit,
und der DGUF gegenüber in den drei der Tagung                Qualifikationsschriften auf dem Felde der AdM
vorangehenden Jahren als dringlich artikulierten             zu verfassen, der Wettbewerb um Drittmittel,
Gesprächsbedarf auf – der eben auch den Aspekt               die Wahl von Fachgutachtern für die DFG, die
der Ressourcenverteilung einschließt: Es führe               wohlwollende oder weniger wohlwollende Mit-
nicht weiter, wenn lediglich die AdM-Enthu­                  wirkung von Nachbarn an einer AdM wie etwa
siasten ein­ander ihrer Wünsche und Bedürfnisse              Baudenkmalpflege oder Europäischer Ethnologie
versicherten. „Es braucht keinen Insider-Zirkel,             – hier als Beispiele genannt – sind wie kommu-
sondern eine starke neutrale Instanz in der Mitte des        nizierende Röhren miteinander verbunden, wes-
Faches“, es sei nötig, „Alle an einen Tisch zu ho-           halb eine AdM nicht autonom für sich betrachtet
len“. Ihrer langjährigen Rolle entsprechend und              werden sollte.
zu den Bitten bzw. „Aufträgen“ passend, diese                    Die DGUF selbst ist zur Fragestellung „Wollen
Veranstaltung durchzuführen, bot die DGUF mit                und brauchen wir mehr Archäologie der Moderne?“
ihrer Tagung eine Plattform für die von Fachkol-             inhaltlich wertneutral und ergebnisoffen. Als
legen gewünschten und als ebenso wichtig wie                 Vereinigung, die reichlich Erfahrung mit politi-
dringlich erachteten Debatten. So stand im Fokus             schen Entscheidungen hat, mit verfügbaren Mit-
der DGUF-Vorbereitungen dieser Tagung, neben                 teln, mit Nachhaltigkeit und Bürgernähe, wollen
Spezialisten der Gegenwartsarchäologie auch die              wir mit allen Teilnehmenden erörtern, ob es jen-
Stimmen der Kollegen aus anderen Archäologien                seits stets berechtigter, subjektiv gesetzter und
wie z. B. Ur- und Frühgeschichte oder Klassischer            zeitlich befristeter Fokuspunkte in der AdM sy-
Archäologie hinzuzuziehen.                                   stematisch und nachhaltig „mehr Archäologie der
                                                             Moderne“ nach Konsens aller Archäologie-Spar-
                                                             ten braucht, und was konkret das „mehr“ sein soll
Zielsetzung                                                  und kann. Genauso wichtig wie die theoretische
                                                             Fundierung ist uns zumindest die Skizze einer
Wer die zurückliegende DGUF-Tagung 2019 in                   realistischen und auch tatsächlich erfolgenden
Bonn verfolgt hat, erinnert die lebhaften Debat-             Umsetzung: also wie es gelingen kann, dieses
ten zu den unterschiedlichen Aufgaben, Befug-                ggf. kollektive gewünschte und vereinbarte Mehr
nissen und Verantwortungen der verschiedenen                 auch tatsächlich zu erreichen, ohne dass andere
Akteure in der deutschen Archäologie. In Bonn                Archäologie-Sparten Nachteile haben. Denn nur
diskutierten wir, wie Forschung und Ausbildung,              dann können alle Kolleginnen und Kollegen die-
wie Denkmalbehörden, Museen, Fachverbände,                   sen Ausbau mit ganzem Herzen unterstützen,
Privatwirtschaft, Citizen Scientists usw. miteinan-          befürworten und fördern. Nur dann kann er ge-
der verbunden sind. Ein Ergebnis – nicht neu, aber           lingen. Nur dann kann gelingen, was die „Leit-
bekräftigend – war: Die Verspartung der Archäo-              linien“ des DVA sich wünschen und fordern.
logie i. S. v. „jeder kocht sein Süppchen und schert         Unser Ziel für die Tagung war also, einer überfäl-
sich kaum um die Sorgen der Anderen“ ist nicht nur           ligen Debatte aller Parteiungen und Standpunkte
veraltet, sondern die bestehenden Tendenzen zu               den Ort für eine offene Debatte, einen Austausch
allzu einseitigen Spezialisierungen tun dem Fach             und möglichst auch die Basis konkreter weiterer
nicht gut. Gewiss, das immer mal wieder zu hö-               Schritte, z. B. zur Weiterentwicklung archäolo-
rende „wir müssen alle mit einer Stimme sprechen“            gischer Denkmalpflege und universitärer Lehre,
ist angesichts der Realitäten des Fachs ebenfalls in         zu bieten. Die Tagung wollte je nach Beteiligung
vielen Situationen nicht angebracht, denn dass es            und Ausgang, der ja von den Teilnehmerinnen
unterschiedliche Aufgaben und Interessen gibt,               und Teilnehmern selbst bestimmt worden ist,
ist legitim und oft auch notwendig. Aus Sicht des            den Protagonisten einer „Archäologie die Moderne“
DGUF-Vorstandes ist es daher vielmehr an der                 die Gelegenheit bieten, eine Mitte 2018 abgebro-

DGUF-Tagung 2020: Archäologie der Moderne               18
Anlass und Zielsetzung der DGUF-Tagung 2020

chene Debatte wieder aufzunehmen und erfolg-               die DGUF rege dazu an, über eine „Abschaffung“
reich Resonanz in allen Sparten der Archäo­logie           der AdM zu debattieren. Beides war und ist na-
für ihr Anliegen zu gewinnen.                              türlich mitnichten der Fall und durch keine Äuße-
                                                           rung der DGUF gestützt. Ebenso wurde nach Pu-
                                                           blikation der Tagungsskizze zu Beginn des Jahres
Reaktionen im Vorfeld der Tagung                           2020 hie und da von Vertretern einer AdM bestrit-
                                                           ten, dass von ihnen je ein Mehr an Ressourcen für
„Wieso schert sich die DGUF um dieses Thema?“,             die AdM gefordert worden sei. Auch diese Aus-
wurden wir während der Planung zu dieser Ta-               sage geht fehl, wie eine Lektüre der „Leitlinien“
gung gelegentlich gefragt. Teilweise neugierig,            im Blickpunkt Archäologie 4/2017 zeigt. Auch
teilweise irritiert oder sogar verärgert. Wollten          wenn die Formulierungen z. T. „weich“ sind: auf
wir unsere Kraft nicht lieber auf „unser Thema“            den S. 239, 242 und 243 wird ein Ausbau der AdM
Ur- und Frühgeschichte fokussieren? Erlauben               für die Universitäten gefordert, S. 241 und 243 für
Sie uns hierzu über unsere Gedanken zu den                 die Bodendenkmalpflege, S. 243 für die physische
kommunizierenden Röhren hinaus ein paar                    Anthropologie, und nicht zuletzt S. 244 in den
grundlegende Worte zu unserer Rolle: Die DGUF              „Thesen des Deutschen Verbandes für Archäologie
ist eine Fachgesellschaft und gleichzeitig eine von        (DVA) zur Archäologie der Moderne“, die darüber
persönlichen, nicht institutionellen Mitgliedern           hinaus eine Schwerpunktsetzung auf die AdM
geprägte NGO – d. h. eine zivilgesellschaftlich            seitens der Forschungsförderung wünschen. Ein-
gegründete Institution, fern von staatlichen Ver-          zelne Zuschriften an die DGUF im Vorfeld der Ta-
pflichtetheiten, mit dem selbst gewählten Auf-             gung betonten – auch nach Klarstellung der oben
trag, eine starke Archäologie zu fördern. In dieser        beschriebenen Ziele und auch nach unserem Hin-
Rolle denkt die DGUF seit ihren Anfängen 1969              weis auf die Postulate in den „Leitlinien“ –, wie
weit über die Ur- und Frühgeschichte i. e. S. hi-          nebensächlich die Fragestellung sei, eigentlich
naus. Beispielsweise denken und fragen unsere              keiner Tagung wert. Die „Leitlinien“ seien ja ei-
Wahlprüfsteine – also Fragensets an Parteien vor           gentlich nur ein Denkanstoß gewesen, eine Ideen­
einer Wahl – die Archäologie in all ihren Sparten,         skizze. Man könnte jedoch gerne die Gelegenheit
oft sogar die Baudenkmalpflege einschließend.              nutzen, den an der Tagung teilnehmenden Ur-
Wird die DGUF eingeladen, die Novellierung                 und Frühgeschichtlern und Klassischen Archäo-
eines Denkmalschutzgesetzes (DSchG) zu kom-                logen anhand von Beispielen die Leistungen der
mentieren, gilt unser Blick ebenfalls der gesamten         AdM zu verdeutlichen. Aber es gehe nicht um
Archäologie in all ihren Ausprägungen. So unter-           Ressourcenkampf! Andere Kollegen betonten
stützen wir beispielsweise bei der Novellierung            wiederum, wie „traumatisiert“ (sic) manche Ver-
des DSchG Nordrhein-Westfalen 2020/2021 den                treterinnen und Vertreter der AdM seien, ständig
expliziten Einschluss der AdM in das Gesetz. Das           rechtfertigen und verteidigen zu sollen, woran
heißt, im Erfolgsfall unserer Bemühungen pro-              sie forschen. Die DGUF erhielt einige begeister-
fitierte und profitiert die AdM längst und ganz            te Meinungsäußerungen, gelegentlich verbunden
konkret vom Engagement der DGUF. Die AdM                   mit dem Wunsch, auf folgenden Tagungen ande-
ist gewollt und real vertreten in unseren Publika-         re Zeitstellungen und Themenbereiche verglei-
tionen: unserer Zeitschrift, unseren beiden Mo-            chend zu diskutieren, die ebenfalls dringend des
nografienreihen und in unserem Newsletter. Auf             Ausbaus bedürfen, z. B. das Mesolithikum. – Dies
unseren Tagungen ziehen wir – außer das Thema              alles verdeutlicht bestehende Empfindlichkeiten,
selbst gäbe es vor – keine Grenzen zu anderen              vorhergegangene Konflikte und Interessenlagen
Sparten der Archäologie. Die AdM mag also et-              in Kollegenkreisen.
was sein, was die DGUF nicht in ihrem Namen
trägt und wozu der jeweils amtierende Vorstand
selbst keine Expertise im engeren Sinne haben              Was uns im Vorfeld der Tagung nicht
mag, aber sie ist in der DGUF immer präsent und            gelungen ist
thematisch willkommen.
    Im Umfeld der DGUF-Tagung 2020 wurde bis-              Den Auftrag, „alle an einen Tisch zusammenzuholen“
weilen das stets gesetzte Fragezeiten hinter dem           konnten wir nicht vollends umsetzen, obwohl wir
Tagungstitel überlesen und die Forderung nach              uns über sehr berufene und kluge Vortragende
„mehr Archäologie der Moderne“ der DGUF zuge-              und ein recht großes Auditorium freuen durf-
schrieben. Auch entstand andernorts durch das-             ten. Trotz intensiver Bemühungen der DGUF wie
selbe Überlesen die umgekehrte Wahrnehmung,                auch des Arbeitskreises, der diese Tagung mit uns

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Diane Scherzler & Frank Siegmund

vorbereitet hat, hat sich keiner der zentralen Au-          fand folglich als Videokonferenz statt, ohne Erhe-
toren der „Leitlinien einer Archäologie der Moderne“        bung einer Tagungsgebühr und wie immer auch
bereitgefunden, diese auf der Tagung zu vertre-             offen für Nichtmitglieder.
ten und vor allem zu konkretisieren. Man könne                  Im Vorfeld hatten alle Vortragenden ihre
das Papier ja nachlesen, und mit ihm sei eigentlich         Beiträge schriftlich ausformuliert; sie wurden
schon alles gesagt, wurde der DGUF freundlich               rechtzeitig vor der Tagung an alle angemeldeten
mitgeteilt. Es haben wichtige zeitspezifische Fach-         Tagungsteilnehmer versandt. Ziel dieser vorab
gesellschaften trotz werbender Anfrage keinen               zirkulierten Artikel war es, allen Vortragenden
Bedarf empfunden, sich für das Thema einzubrin-             und Teilnehmern eine gründliche inhaltliche Vor-
gen. Auch der eigens für die inhaltliche Vorberei-          bereitung zu ermöglichen, auf der Tagung selbst
tung dieser Tagung ins Leben gerufene Arbeits-              den Schwerpunkt vom Halten resp. Anhören von
kreis bestand ausschließlich aus drei – wunderbar           Vorträgen auf das Debattieren der (schriftlich
tatkräftigen und fachlich höchst berufenen – Kol-           vorliegenden) Vorträge zu verlagern, und damit
leginnen mit Schwerpunkten nahe der AdM: Bar-               auch allen Vortragenden die Möglichkeit zu ge-
bara Hausmair, Natascha Mehler und Constanze                ben, dieses Feedback dann in ihren Beiträgen zu
Röhl. Arbeitskreis und DGUF-Vorstand wären                  berücksichtigen, die in den Archäologischen Infor-
um mehr Mitarbeitende froh gewesen, auch mit                mationen nun publiziert werden.
anderen thematischen Schwerpunkten und Netz-                    In der Einladung zur Tagung und beim ak-
werken. Schließlich war gerade auch aus solchen             tiven Einwerben von Vorträgen betonten die Or-
Bereichen des Fachs der Wunsch nach diesem Ta-              ganisatoren stets, dass die Vorträge und die Ta-
gungsthema artikuliert worden. Wir bedauern die             gung insgesamt die inhaltlichen Positionen von
genannten Lücken sehr.                                      Befürwortern, Skeptikern wie Ablehnenden einer
                                                            stärkeren AdM prägnant herausarbeiten sollten.
                                                            Nur dies könne zu einer gemeinsamen Abwä-
Durchführung der Tagung                                     gung der Argumente führen, nur so könne eine
                                                            Konsensfindung angestrebt werden, auf die sich
Die DGUF rief zum Jahresbeginn 2020 für die                 alle Teile des Faches verständigen können. Dazu
inhaltliche Vorbereitung dieser Tagung den ge-              gehöre es auch, explizit die Bereiche zu umrei-
nannten Arbeitskreis ins Leben und lud offen zur            ßen, zu denen es u. U. keinen Konsens gibt. Es
Mitarbeit ein, u. a. über den DGUF-Newsletter               solle ausgelotet werden, ob sich das Fach insge-
mit seinen gut 1.800 Abonnenten. Die DGUF lud               samt auf eine gemeinsame Agenda verständigen
außerdem wie üblich breit und offen auf unter-              könne, die ggf. auch zu einer Neuverteilung und
schiedlichen Kommunikationskanälen zu ihrer                 Umwidmung der (stets knappen) Ressourcen
Jahrestagung ein. Entsprechend der beschrie-                „Personal“, „Zeit“ und „Geld“ führen könne. Aus-
benen Zielsetzung wurden neben Fachkollegen                 drücklich wurde auch zu einer wissenschaftlich
auch die großen Fachgesellschaften (u. a. DArV,             erhärteten quantitativen Argumentation ermun-
DGAMN und Hugo Obermaier-Gesellschaft) an-                  tert, beispielsweise zum anteiligen Fundanfall in
gesprochen und gebeten, sich an der Tagung zu               der Bodendenkmalpflege, zum Stellenpotenzial
beteiligen. Der geplante Ort Kiel und der Termin            z. B. im Grabungswesen, zur Verteilung der Aus-
lehnten sich – statt des üblichen Tagungstermins            bildungsinhalte in den universitären Curricula
der DGUF um Christi Himmelfahrt – bewusst                   oder zum messbaren Interesse der Öffentlichkeit.
an den nur alle drei Jahre stattfindenden „Deut-            Aber im Kern solle es um den historischen Zeug-
schen Archäologie-Kongress“ an, zu dem sich erfah-          niswert und die möglichen Erkenntnisgewinne
rungsgemäß besonders viele Kollegen aus ganz                einer AdM im Vergleich zu anderen Bereichen
Deutschland und seinen Nachbarländern quer                  der Archäologie gehen – also um die Kriterien,
durch alle Sparten versammeln. Durch die Orts-              entlang derer sich sowohl Bodendenkmalpfleger
und Terminwahl sollte DGUF-seitig die Teilnah-              wie auch Forschungsförderer oder Universitäts-
me an der Tagung besonders niederschwellig                  lenker in ihren Gewichtungen orientieren.
ermöglicht und Interessierten eine zusätzliche                  Aus dem Nachteil, keine Präsenztagung
Tagungsreise erspart werden. Die Corona-Pande-              durchführen zu können, machten die Organisa-
mie führte indes am im Mai 2020 zur Absage des              toren einen Vorteil. Da die Teilnahme an einer
DAK als Präsenztagung, einen Schritt, den die               Videokonferenz in praxi mehr Kolleginnen und
DGUF mit Blick auf die Örtlichkeit ihrer Tagung –           Kollegen möglich sein könnte, wurde das „Audi-
den Flandernbunker in Kiel4 – in der Folgewoche             torium“ ermuntert, sich aktiv in die Tagung ein-
ebenfalls vollziehen musste. Die DGUF-Tagung                zubringen und an den Debatten teilzunehmen.

DGUF-Tagung 2020: Archäologie der Moderne              20
Anlass und Zielsetzung der DGUF-Tagung 2020

Ausdrückliches Ziel war es, den Austausch und                          4
                                                                          Siehe dazu: „Der Flandernbunker“ (http://www.mahn-
das Finden neuer Ansätze und Gedanken zu för-                          malkilian.de/flandernbunker.html      [31.3.2021]). Wir
                                                                       danken den Kollegen des Vereins „Mahnmal Kilian e. V.“
dern und dazu anzuregen, dass sich neben den                           herzlich für Ihre großzügige und unkomplizierte Gast-
„üblichen Verdächtigen“ wirklich alle Interessier-                     freundschaft und bedauern es sehr, dass die Tagung dann
ten in diese wichtige Debatte einbringen können.                       Corona-bedingt an diesem dem Thema sehr adäquaten
Daher wurden Interessierte, die evtl. am Veran-                        Ort nicht durchgeführt werden konnte.
staltungstag 20.9. verhindert waren, rechtzeitig
vorher dazu eingeladen, ihnen wichtig erschei-
nende Fragen, Anmerkungen oder Ideen an die                            Literatur
Tagungsorganisatoren und Moderatoren zu über-
mitteln, die diese dann stellvertretend in die Ta-                     Arndt, B., Halle, U., Ickerodt, U., Jungklaus, B.,
gungsdebatten einbringen würden. Dies wurde                            Mehler, N., Müller, U., Nawroth, M., Peine, H.-
recht rege genutzt.                                                    W., Theune, Cl. & Wemhoff, M. (2018). Leitlinien
                                                                       zu einer Archäologie der Moderne. Blickpunkt
                                                                       Archäologie, 4/2017, 236-245. https://www.dvarch.
                                                                       de/fileadmin/redakteure/Blickpunkt_Archaeologie/
Publikation der Tagungsergebnisse                                      PDF/DVA_000031_2018_Leitlinien_zur__
                                                                       Archaeologie_der_Moderne_BLICKPUNKT-
Alle 14 Vortragenden wurden eingeladen, ihre                           ARCHAEOLOGIE-2017-4-01.pdf [31.3.2021].
Vorträge zur Publikation in den Archäologischen
Informationen einzureichen. Dabei waren sie er-                        DVA (2018). Thesen des Deutschen Verbandes für
muntert, ihre Vorab-Thesen entsprechend der                            Archäologie (DVA) zur Archäologie der Moderne.
Anregungen, Gedanken und Erkenntnisse, die                             Blickpunkt Archäologie, 4/2017, 244. https://www.
sich ev. aus den Tagungsdebatten ergeben hat-                          dvarch.de/fileadmin/redakteure/Blickpunkt_
ten (wie auch aus dem üblichen Peer Review),                           Archaeologie/PDF/DVA_000031_2018_Leitlinien_
                                                                       zur__Archaeologie_der_Moderne_BLICKPUNKT-
in ihren Aufsatz einfließen zu lassen. Den Ta-
                                                                       ARCHAEOLOGIE-2017-4-01.pdf [31.3.2021].
gungsteilnehmern, die keinen Vortrag angemel-
det hatten, wurde eine Möglichkeit geboten, sich                       KSKA – Konferenz Schweizerischer
mit einem „Statement“ in die Tagungspublikation                        Kantonsarchäologen und Kantonsarchäologinnen
einzubringen.                                                          (2019). Positionspapier AG Universitäten & Archäologische
   Der vorliegende Band der Archäologischen In-                        Fachstellen (v. 4.3). Basel: KSKA. https://www.
formationen enthält viele, aber leider nicht alle Ta-                  archaeologie.ch/2019_positionspapier.pdf [31.3.2021].
gungsvorträge als Aufsatz. Denn trotz erheblicher
Kraftanstrengungen aller Beteiligten konnten
nicht alle Beiträge rechtzeitig eingereicht werden.                                   Diane Scherzler M.A.
Die Tagungsorganisatoren hoffen, ausstehende                                      PD Dr. Frank Siegmund MCIfA
Beiträge im Jahrgang 2021 dieser Zeitschrift ver-                                      (DGUF-Vorstand)
öffentlichen zu können.                                                                   An der Lay 4
                                                                                      54578 Kerpen-Loogh
                                                                                        vorstand@dguf.de
Anmerkungen
                                                                               https://orcid.org/0000-0002-0555-3451
1
  Siehe z. B. das Themenheft „Archäologie des 20. Jahrhun-                     https://orcid.org/0000-0002-7699-0528
derts“, Blickpunkt Archäologie 3/2015.
2
  „DVA Fachausschuss Archäologie der Moderne“; zu
den weiteren Aktivitäten s. auch die Website des DVA:
https://www.dvarch.de/themen/fachausschuesse/ar-
chaeologie-der-moderne/ [31.3.2021].
3
   Auch die Konferenz Schweizerischer Kantonsarchäolo-
gen und Kantonsarchäologinnen forderte 2019 in einem
Positionspapier ihrer AG „Universitäten & Archäologische
Fachstellen“, „dass an den Schweizer Universitäten weitere
Professuren für Mittelalterarchäologie etabliert werden“, weil
„die Lehre der Archäologie des Mittelalters und der frühen Neu-
zeit […] schweizweit ungenügend vertreten“ sei (KSKA, 2019,
2).

                                                                  21                   DGUF-Tagung 2020: Archäologie der Moderne
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