Die Karte im Kopf - Concept Maps im Wirtschafts-unterricht
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x WISSENSCHAFT Die Karte im Kopf – Concept Maps im Wirtschafts- unterricht Visualisierung wirtschaftlicher Zusammenhänge mit Begriffsnetzwerken ASS.-PROF. MAG. DR. ELISABETH RIEBENBAUER Institut für Wirtschaftspädagogik Karl-Franzens-Universität Graz elisabeth.riebenbauer@uni-graz.at Abstract Demnach sind Lehrende gefordert, adäquate Darstellungsformen im Lehrenden stellt sich oft die Frage, wie komplexe Zusammenhänge im Wirt- Unterricht zur Verfügung zu stellen, um Lernprozesse zu unterstüt- schaftsunterricht angemessen visualisiert werden können. Concept Maps zen und um die hierarchische Organisation von neuen Informationen bieten eine Möglichkeit, wirtschaftliche Sachverhalte und ihre Strukturen in im Gehirn zu erleichtern. Form eines Netzwerks darzustellen bzw. selbst von den Lernenden erarbeiten ”Concept Maps are graphical tools for organizing and representing zu lassen. Ähnlich wie bei Mind Maps werden zentrale Begriffe zu einem knowledge.“ (NOVAK & CANAS 2006, S. 1) Concept Maps wurden in Thema gesammelt, die bei Concept Maps jedoch auch mit beschrifteten Pfeilen den 1970er-Jahren von einem Forschungsteam um NOVAK entwi- verbunden werden, sodass deren Beziehungen und Hierarchien klar sichtbar ckelt, basierend auf der Assimilationstheorie des bedeutungsvollen werden. Das so entstandene Begriffsnetzwerk gibt Aufschluss, wie umfassend Lernens nach AUSUBEL (1968). Ziel war es, mit der Methode des ein Zusammenhang oder unterschiedliche Prinzipien verstanden wurden. Die Concept Mappings Unterschiede im Wissenszuwachs von Lernenden Karte im Kopf wird sozusagen zu Papier gebracht und zeigt das theoretische im naturwissenschaftlichen Unterricht zu analysieren und Lern- Verständnis bzw. eventuelle Misskonzepte der Lernenden. In diesem Beitrag schwierigkeiten zu diagnostizieren. Daraus entstand die Idee, Wissen sollen das Konzept der Concept Map sowie seine Potenziale und Limitationen von Lernenden in Form von Concept Maps darzustellen (vgl. NOVAK vorgestellt und auf Basis empirischer Ergebnisse aus der Lehr-Lern-Forschung 1990, S. 938; NOVAK 2010, S. 23). Concept Map kann mit Begriffsland- analysiert werden. Dazu werden verschiedene Einsatzmöglichkeiten und karte bzw. noch treffender mit Begriffsnetzwerk übersetzt werden. didaktische Variationen für den Wirtschaftsunterricht anhand konkreter Concept Maps zeigen das Begriffsverständnis, d. h., durch diese Form Beispiele aus der Lehr- bzw. Unterrichtspraxis an Universität, berufsbildenden der Visualisierung von Sachverhalten mit ihren Strukturen und Ver- mittleren und höheren Schulen sowie Berufsschulen präsentiert und kritisch netzungen wird die Karte im Kopf zweidimensional dargestellt. Nach diskutiert. FÜRSTENAU (2011, S. 46) bieten Concept Maps aus theoretischer Sicht folgende Vorteile für Lernende: Sie repräsentieren Wissen ähnlich 1. Einführung Concept Map wie semantische Netzwerke und sie unterstützen durch eine Kom- Was hat die Ertragskraft eines Unternehmens mit dem Cashf low bination von bildhaften und verbalen Informationen eine effiziente zu tun? Welchen Einf luss haben Inf lation, Zinssatz und Arbeits- kognitive Verarbeitung. Folglich werden Umkodierungsprozesse losigkeit aufeinander? Wie hängen Personalmanagement, Perso- vermieden und Lernprozesse durch die Präsentation in Bild und Text nalverrechnung und Personalentwicklung zusammen? Zentrale erleichtert bzw. die Behaltensleistung verbessert. Auch für Lehrende Herausforderung des Wirtschaftsunterrichts ist die Förderung eines ergeben sich beim Einsatz von Concept Maps einige Vorteile: Zum Verständnisses von ökonomischen Zusammenhängen und die Wei- einen verdeutlichen sie nicht nur das Wissen und die Vernetzun- terentwicklung von ökonomischem zu systemischem Denken und gen, sondern sie bringen auch Wissenslücken, Fehlkonzepte und Handeln (vgl. TRAMM 2014, S. 113). Beispielsweise zielt auch der neue Lernschwierigkeiten der Lernenden zutage. Zum anderen helfen sie Lehrplan der Handelsakademie darauf ab, dass die Absolventinnen den Lehrenden bei der Unterrichtsplanung, insbesondere bei der und Absolventen in der Lage sind, ihr umfassendes und vernetztes Identifizierung von zentralen wirtschaftlichen Zusammenhängen, Wirtschaftswissen in beruf lichen wie in privaten Lebenssituationen die im Fokus des Unterrichtsgeschehens stehen sollen. einsetzen sowie Vernetzungen zu anderen Bereichen herstellen zu können (vgl. BMBF 2014, S. 1). Das Verstehen komplexer Sachver- 2. Erstellung einer Concept Map als kognitiver Prozess halte setzt bei den Lernenden eine bewusste Auseinandersetzung Concept Maps bestehen aus Begriffen bzw. Knoten (concepts) und mit der Struktur und den Beziehungen der Inhaltsbereiche voraus. beschrifteten Verbindungen (links). Aus mehreren Begriffen und Aus konstruktivistischer Sicht gilt Lernen als aktiver Prozess, bei Relationen entstehen Propositionen, die als sinnvolle Aussagen ver- dem Lernende mit ihrem bereits vorhandenen Wissen und Können standen werden (vgl. NOVAK & CANAS 2006, S. 1). Die Erarbeitung durch die interne Verarbeitung von Einf lüssen, Informationen oder einer Concept Map ist ein kognitiver Prozess, bei dem das mentale Erfahrungen neue Wissensstrukturen auf bauen (vgl. TERHART 2009, Konzept eines Sachverhalts in einer realen Grafik visualisiert wird. S. 36f). Beim Lernen und vor allem beim Umgang mit Komplexität Erst wenn mehrere Konzepte miteinander verbunden werden bzw. sind Lernende – häufig mangels Strukturierungshilfen, Visualisie- in Beziehung stehen, kann die Bedeutung klar und ein komplexer rungsstrategien oder Elaborationstechniken – überfordert. Beim Zusammenhang verstanden werden. Die Erstellung einer Concept 8. Österreichischen Wirtschaftspädagogik Kongress in Innsbruck Map kann anhand der folgenden Schritte beschrieben werden bezeichnete AFF „Unterricht als einen Tummelplatz des Geistes“. (vgl. NÜCKLES et al. 2004, S. 17f; NOVAK & CANAS 2006, S. 10–12): wissenplus 5–13/14 33
x Forschungsbeiträge WISSENSCHAFT 1 Reduktion: Zuerst werden (anhand einer Kernfrage) zu dem gewählten Inhaltsbereich Schlüsselbegriffe fixiert, d. h., das Thema wird auf das Wesentliche reduziert. Abb. 1 skizziert zentrale Begriffe zum Thema Volkswirtschaft, die als Knoten dargestellt werden. Die Fragestellung dazu lautet: Was verbindet die einzelnen Akteure/Akteurinnen in einer Volkswirtschaft? Volkswirtschaft Privatpersonen Staat Löhne/Gehälter Haushalte Waren/ Dienstleistungen Abb. 3: Elaboration der Beziehungen zwischen den Begriffen1 Unternehmen Steuern Concept Maps sind genauer und komplexer als Mind Maps, weil Abb. 1: Reduktion auf wesentliche Begriffe die alleinige Aufzählung von Begriffen, wie dies in einer Mind Map erfolgt, für ein Verständnis von komplexen Sachverhalten nicht 2 Strukturierung und Visualisierung: Das Strukturieren und Visuali- ausreicht. Erst durch die Identifizierung korrekter Beziehungen wird sieren der ausgewählten Begriffe läuft synchron ab. Die verschie- die Komplexität eines Sachverhalts bewältigt, was sich an der Anzahl denen Begriffe werden dabei nach ihren Relationen räumlich und Detailliertheit der Verbindungslinien und Hierarchien zeigt (vgl. angeordnet, indem sie auf einem Blatt, mit Moderationskarten HARDY & STADELHOFER 2006, S. 177). Je detaillierter eine Map aus- bzw. Post-its oder mithilfe einer entsprechender Computersoft- gearbeitet ist, desto tiefer wird das Verständnis der Zusammenhänge ware gegliedert werden. Die Gruppierung der Schlüsselbegriffe sein und desto nachhaltiger kann neues und bestehendes Wissen zeigt die Hierarchie und die Stärke des Zusammenhangs, wie in verknüpft und im Gedächtnis gespeichert werden. Zu beachten ist, Abb. 2 anhand der über-, unter- oder nebeneinander bzw. weit dass Concept Maps niemals wirklich vollendet sind, da stets weitere oder nahe aneinander gereihten Begriffe zur Volkswirtschaft Begriffe und Verbindungen ergänzt werden können. Mit zunehmen- veranschaulicht ist. dem Umfang verringert sich jedoch die Übersichtlichkeit. Privatpersonen 3. Einsatzmöglichkeiten von Concept Maps im Wirt- schaftsunterricht Haushalte Concept Maps werden sowohl in der schulischen und universitären Lehre als auch in der didaktischen Forschung genutzt. Für Lehr-Lern- Löhne/Gehälter Waren/ Dienstleistungen Situationen können grundsätzlich vier verschiedene Einsatzmöglich- keiten identifiziert werden. Concept Maps können als Strukturierungs- Volkswirtschaft hilfe insbesondere bei der Curriculumerstellung, der Jahresplanung und der Planung einzelner Unterrichtsblöcke verwendet werden, Unternehmen da sie Denk- und Entwicklungsprozesse gezielt fördern. Concept Staat Maps dienen als Lehrmittel bei der Wissensvermittlung und werden ähnlich einem Informationsblatt eingesetzt. Sie fungieren hier als Steuern Organisationshilfe (advance organizer), indem sie die Strukturierung von Inhalten und somit die Integration neuer Inhalte in vorhandenes Abb. 2: Strukturierung und Visualisierung der gewählten Begriffe Wissen erleichtern. Concept Mapping kann zudem als Lernstrategie betrachtet werden, weil neue Inhalte aktiv bzw. vertieft bearbeitet 3 Elaboration: Zwischen den angeordneten Begriffen werden nun werden, insbesondere dann, wenn Inhalte selbst strukturiert und Pfeile bzw. Linien gezeichnet. Diese Verbindungen werden zusammengefasst werden. Letztendlich eignen sich Concept Maps danach mit einem Wort oder einer Phrase beschriftet, um die auch zur Wissensdiagnostik, weil bestehendes Wissen zu einem be- Beziehung zueinander deutlich zu machen. Am Ende soll noch stimmten Zeitpunkt oder die Veränderung von Wissen über einen geprüft werden, ob zentrale Zusammenhänge klar visualisiert Zeitraum gemessen werden kann. Diese Diagnoseergebnisse können sind, ob Lücken zu erkennen sind und ob ein guter Überblick bei der weiteren Unterrichtsplanung wertvolle Hinweise liefern (vgl. entstanden ist. Die elaborierte Concept Map zum Thema Volks- STRACKE 2004, S. 27f; FÜRSTENAU 2011, S. 46 ff.). wirtschaft ist in Abb. 3 dargestellt. Je nach Zielsetzung ergeben sich für den konkreten Einsatz von Concept Maps im Unterricht verschiedene Vorgehensweisen, da insbesondere der Grad der Eigentätigkeit der Lernenden, die Sozialform und die Art der Ausgestaltung der Map variiert werden können. Unterschiedliche didaktische Variationen für den Wirt- 1 Zur Veranschaulichung der Erstellung einer Concept Map wurde eine Map zum Thema Volkswirtschaft unter Verwendung der kostenlosen Software CmapTools schaftsunterricht, die unabhängig vom Schultyp oder der Studienart (http://cmap.ihmc.us) konstruiert. in jeder Altersstufe angewandt werden können, sollen in der Folge 34 wissenplus 5–13/14
x WISSENSCHAFT vorgestellt werden (vgl. BRINKMANN & BORYS 2013, S. 168–170; die Lernenden schon über ein gewisses Alltags- oder Erfahrungs- STRACKE 2004, S. 27–29): wissen verfügen, ist es sinnvoll, dieses oftmals unterschiedliche »» Überblick mit Expertinnen-/Experten-Maps: Wenn Concept Vorwissen vor Beginn der vertiefenden Lernphase zu erfassen. Maps schon im Rahmen der Unterrichtsvorbereitung von den Aus ersten Praxiserfahrungen oder aus Gesprächen mit Eltern Lehrenden angefertigt werden, spiegeln sie die didaktische und Freunden könnten Jugendliche beispielsweise schon einiges Reduktion wider, d. h., sie reduzieren die Inhalte auf das We- zur Personalverrechnung wissen. Begriffsnetzwerke zeigen rasch sentliche, das von allen verstanden bzw. gelernt werden soll. auf, welche Fachinhalte schon vorhanden sind und wo z. B. noch Diese Maps geben als sogenannte Master- oder Referenz-Maps korrekte Fachwörter fehlen. eine gute Übersicht über einzelne Lehrplanbereiche oder Lern- »» Darstellung des eigenen Lernfortschritts: Concept Maps felder, z. B. eine Concept Map zu einem fächerübergreifenden illustrieren einen Vorher-Nachher-Effekt, wenn sie am Beginn Thema wie Unternehmensgründung, Vertragsabschluss oder der Lerneinheit erstellt und am Ende dieser Einheit ergänzt Geschäftsanbahnung. werden. Arbeiten die Lernenden dabei mit unterschiedlichen »» Interpretation von Experteninnen-/Experten-Maps: Fertige Con- Farben, verstärkt sich dieser Effekt und der Lernfortschritt wird cept Maps können auch erst am Ende einer Lerneinheit vorgelegt noch deutlicher. werden, um zentrale Vernetzungen nochmals zu betonen oder »» Zusammenfassung des Themas oder der Lerneinheit: Gut eignen um sie von den Lernenden lesen und interpretieren zu lassen. sich Concept Maps bei der zusammenfassenden Wiederholung Zum einen liegt so den Lernenden nachhaltig eine zweidimensi- oder der Unterrichtsertragssicherung, wenn die zentralen Er- onale Zusammenfassung vor, zum anderen erkennen Lehrende, kenntnisse am Ende einer Lernphase gefestigt werden sollen. ob Wissen bereits ausreichend gefestigt wurde oder ob noch In diesem Zusammenhang können Concept Maps auch in der Lücken oder Unsicherheiten bestehen. Ref lexionsphase am Ende eines Projekts oder einer Case Study »» Ergänzung von Lücken-Maps: Die Lernenden erhalten als gezeichnet werden. Abb. 4 zeigt die Lernlandkarte einer Schü- Arbeitsauftrag eine unvollständige Concept Map, in der sie lerin der Handelsakademie, die das für sie Wichtige zu den fehlende Begriffe, Verbindungen und Beschriftungen selbst- Rechnungsabgrenzungen im Rahmen der Vorbereitung auf die ständig – mit oder ohne zusätzliche Informationsmaterialien – Reifeprüfung festgehalten hat. Interessant ist z. B., dass sie im erarbeiten sollen. Als weitere Hilfe könnte eine Liste mit den Vergleich zu üblichen Strukturbildern zu Rechnungsabgrenzun- passenden Wörtern bzw. Phrasen zur Verfügung stehen. gen auch Verbindungen zu Bewertungsgrundsätzen und zum »» Bestimmung des individuellen Vorwissens: Vor allem bei Ausweis im Jahresabschluss herstellt. spiralförmig gestalteten Lehrplänen und bei Themen, bei denen Abb. 4: Concept Map zu Rechnungsabgrenzungen wissenplus 5–13/14 35
x Forschungsbeiträge WISSENSCHAFT »» Erstellung anhand vorgegebener Begriffe: Gibt die Lehrperson strukturiertes Lehren und Lernen sowie eine intensive Beschäftigung bestimmte Begriffe vor, so steuert sie das aktive Nachdenken mit besonders relevanten wirtschaftlichen Zusammenhängen zu über Zusammenhänge dementsprechend. Alternativ können die unterstützen. In welcher Form Concept Maps letztendlich im Un- Begriffe auch gemeinsam mit den Lernenden erarbeitet werden, terricht zum Einsatz kommen, hängt einerseits von der verfolgten zum Beispiel wenn in einer Supplierstunde eine Vertretung den Zielsetzung und andererseits von der erwarteten Lernwirksamkeit ab. Unterricht hält und direkt an die vorige Stunde anschließen möchte. Alternativ kann die Steuerung auch mit einer Frage er- 4. Befunde zur Lernwirksamkeit von Concept Maps folgen, die in Form einer Concept Map beantwortet werden soll. Im Bereich der Wirtschaftspädagogik ist der Einsatz von Concept Beispielsweise: Wie ist es zur Finanzkrise gekommen? Maps bisher wenig erforscht. Die meisten empirischen Ergebnisse »» Weiterentwicklung anhand konkreter Fragestellungen: Wurden zu Concept Maps kommen aus der naturwissenschaftlichen Lehr- zunächst von den Lernenden ganz frei Concept Maps erstellt, Lern-Forschung. Die Metaanalysen von HORTEN et al. (1993) und können sie mithilfe von vorgegebenen Fragen (prompts) weiterent- von NESBIT & ADESOPE (2006) geben einen ersten Überblick über wickelt bzw. verbessert werden. Diese Fragen dienen als kognitive verschiedene Studien, die generell einen positiven Einf luss von oder metakognitive Hinweise und sollen produktive Lernaktivi- Concept Maps auf die Lernleistung zeigen, wenngleich die Effekte täten anregen (vgl. HILBERT et al. 2008, S. 121). Zur Map über die unterschiedlich stark ausfallen. Einige ausgewählte Ergebnisse, die Finanzkrise könnte die weiterführende, kognitive Frage wie folgt mit Blick auf den Wirtschaftsunterricht relevant erscheinen, werden lauten: Welche Rolle spielte die USA bei der Finanzkrise? Meta- in der Folge diskutiert. kognitive Fragen sind z. B.: Hat Ihre Concept Map noch Lücken? Lernende mit geringerem Vorwissen und geringeren verbalen Sind Sie mit der räumlichen Anordnung der Begriffe zufrieden? Fähigkeiten profitieren stärker als andere von der Arbeit mit Con- »» Erstellung einer Team-Map: Kooperative Formen, wie die Erstel- cept Maps, insbesondere bei vorstrukturierten Maps (vgl. NESBIT lung in Partner/innen- oder Gruppenarbeit, fördern zusätzlich & ADESOPE 2006, S. 433; RYSSEL & FÜRSTENAU 2011, S. 118 f.). kommunikative Fähigkeiten. Entweder wird gleich eine Concept Demnach können größere Effekte in Fächern mit hoher verbaler Map im Team erstellt, oder es wird aus mehreren einzelnen Maps Lernleistung wie auch in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, eine Team-Map aggregiert, natürlich nach einer entsprechenden erwartet werden. In den Metaanalysen von NESBIT & ADESOPE (2006, Diskussion. Eine weitere Variante ist die Erstellung einer Klassen- S. 431 f.) wird die Selbstgeneration von Concept Maps dem Lesen von Map parallel zum eigentlichen Unterrichtsprozess, d. h. dass Texten und dem Besuch von Vorlesungen oder Diskussionen gegen- Lernende während der Unterrichtsstunde an die Tafel kommen über gestellt. Hier ist die Selbstkonstruktion von Maps überlegen. und einzelne Konzepte festhalten und verknüpfen, sodass eine Im Vergleich zu anderen Konstruktionsaufgaben, wie dem Anfer- gemeinsame Map entsteht. tigen von Notizen oder dem Schreiben von Zusammenfassungen, »» Erstellung mit Mapping-Software: Soll auch der IT-Bezug nicht stellen sich jedoch nur geringe Vorteile ein. Auch hinsichtlich des zu kurz kommen, kann eine Concept Map unter Verwendung Grads der Eigentätigkeit der Lernenden ergibt sich ein eindeutiger adäquater Software gezeichnet werden. Beispiele dafür sind CMap Vorteil der selbständigen Erstellung von Concept Maps im Vergleich Tools, Easy-Mapping-Tool, MindMapper, Debategraph. Einige zum Einsatz von vorgefertigten Maps. Auch das Vervollständigen Programme bieten die Möglichkeit, einzelne Begriffe auch mit von Lücken-Maps ist wirksamer als das Studieren von vollständig weiteren Quellen (z. B. mit Bildern, Websites, Videos oder anderen vorgefertigten Maps. Voraussetzung für eine erfolgreiche Selbstkon- Concept Maps) zu verlinken (vgl. NOVAK & CANAS 2006, S. 14). struktion ist allerdings ein vorheriges Erlernen und ausreichendes »» Einsatz zur Wissensüberprüfung: Concept Maps liefern über Üben der Mapping-Technik (vgl. HARDY & STADELHOFER 2006, die grafische Darstellung von Begriffen und Relationen Rück- S. 185; FÜRSTENAU 2011, S. 47 ff.). Bei der Arbeit mit vorgefertigten schlüsse auf das Wissen der Lernenden. Die Nutzung zur Concept Maps kann das Phänomen der Kompetenzillusion auftre- Wissensüberprüfung und folglich auch zur Leistungsbewertung ten. Die Lernenden glauben, dass sie den Zusammenhang schon sollte gut durchdacht sein. Für die Bewertung von Concept Maps verstanden haben, weil ihnen die Map plausibel erscheint. Zu einer sind klare und sinnvolle Kriterien notwendig, z. B. Finden zen- bewussten Verarbeitung der Inhalte kommt es jedoch nicht (vgl. traler Begriffe, Vernetztheit, Hierarchisierung oder detaillierte FÜRSTENAU 2011, S. 47). Beschriftung. Entscheidender Indikator für die Qualität einer Die beiden Metaanalysen betonen auch das große Potenzial Map ist weniger eine hohe Anzahl an Begriffen zu einem Thema von in Gruppen erstellten Concept Maps. Während HORTEN et al. als die Identifizierung korrekter Relationen also umfassende, (1993, S. 102) auf den Vorteil von kooperativ generierten Maps im sinnvolle Verbindungslinien zwischen den Begriffen (vgl. HARDY Vergleich zu individuell ausgearbeiteten Maps hinweisen, unter- & STADELHOFER 2006, S. 182). streichen NESBIT & ADESOPE (2006, S. 431 f.) die hohe Wirkung »» Selbstdiagnose und Metakognition: Concept Maps regen zum einer Kombination aus Gruppen- und Einzelarbeit. Dahinter liegt Nachdenken über den eigenen Wissenstand an und führen so die Annahme, dass Lernende Konzepte besser verstehen, wenn sie dazu, den eigenen Lernfortschritt selbst zu diagnostizieren. Durch zuerst alleine arbeiten und ihre Ergebnisse danach in Kleingruppen auftretende Probleme beim Mapping oder in der Diskussion mit diskutieren. Bezüglich der Ausgestaltung der Concept Map wirken anderen nehmen die Lernenden ihre Wissensdefizite bewusst animierte Maps besser als statische; unterschiedliche Formen und wahr und dies leitet bestenfalls weitere Lernschritte ein. Impulse Farben verstärken die inhaltliche Aussage (vgl. FÜRSTENAU 2011, und Strategien, die die Ref lexion des eigenen Lernens fördern, S. 47 f.). RYSSEL & FÜRSTENAU (2011, S. 118–120) untersuchten sind für eine nachhaltige Kompetenzentwicklung jedenfalls den Einsatz von Elaborationsstrategien während des Unterrichts mit erforderlich. einem wirtschaftlichen Planspiel. Es konnte kein signifikanter, aber ein tendenzieller Vorteil von ergänzenden Strategien wie Concept Wie die hier angeführten Beispiele zeigen, bietet die Verwendung Mapping, aber auch von Textzusammenfassungen im Vergleich zur von Concept Maps eine Vielzahl an didaktischen Möglichkeiten, alleinigen Ausführung des Planspiels festgestellt werden. Auch hier 36 wissenplus 5–13/14
x WISSENSCHAFT wird auf die zunehmende Bedeutung der Beherrschung von Lern- tigung mit ökonomischen Sachverhalten – insbesondere bei strategien sowie auf adäquate Trainingsmaßnahmen zum Erlernen der Selbstkonstruktion von Concept Maps – verdeutlicht die der Mapping-Technik verwiesen. individuelle Verarbeitung von wirtschaftlichen Inhalten bei den Die vorgestellten empirischen Untersuchungen wurden unter Lernenden. Concept Maps steigern die Aktivität der Lernenden verschiedenen Perspektiven durchgeführt. Nahezu alle Ergebnisse und unterstützen sinnvolles Lernen, weil Komplexität reduziert belegen einen positiven Effekt auf die Leistung der Lernenden, wird und zentrale Vernetzungen klarer visualisiert werden. Wie auch über unterschiedliche Bildungsstufen, Unterrichtsfächer ausgewählte empirische Befunde zeigen, sind aber auch Concept und Settings hinweg. Hinsichtlich der Effektstärke variieren die Maps kein Wundermittel für den Wirtschaftsunterricht. Nichts- Befunde. Da insbesondere die uneingeschränkte Übertragbarkeit destotrotz können Concept Maps durch verschiedene didaktische auf den Wirtschaftsunterricht anzuzweifeln ist, bedarf es weiterer Variationen wertvolle Impulse für das Verstehen von komplexen wirtschaftspädagogischer Forschungen zum Lerneffekt der verschie- Sachverhalten liefern. Die Mapping-Technik dient als Werkzeug denen Concept-Mapping-Varianten. für Lernen, Strukturieren und Organisieren und sollte auch hin- sichtlich metakognitiver Prozesse ausreichend geübt werden. In 5. Resümee diesem Sinne kann dieser Beitrag als Plädoyer für das Visualisieren Ziel des Beitrags war es, darzustellen, wie durch den Einsatz von von zentralen Vernetzungen verstanden werden, damit Lernende in Concept Maps ein umfassendes Verständnis für wirtschaftliche der Wirtschaftslehre keinesfalls Gefahr laufen, das Denken durch Zusammenhänge gefördert werden kann. Die intensive Beschäf- Rechnen oder Buchen zu ersetzen. Y LITERATUR »» AUSUBEL, D. P. 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