DIE LÖSCHUNG DER MARKE WEGEN ENTWICKLUNG ZUM GATTUNGSBEGRIFF

 
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DIE LÖSCHUNG DER
                                        Eingereicht von
                                        Thomas Herzog

MARKE WEGEN
                                        Angefertigt am
                                        Institut für
                                        Unternehmensrecht

ENTWICKLUNG ZUM                         Beurteiler
                                        Assoz. Univ.-Prof. Dr.

GATTUNGSBEGRIFF
                                        Thomas Wolkerstorfer, LL.B.

                                        November 2021

Diplomarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades

Magister der Rechtswissenschaften
im Diplomstudium

Rechtswissenschaften

                                        JOHANNES KEPLER
                                        UNIVERSITÄT LINZ
                                        Altenberger Straße 69
                                        4040 Linz, Österreich
                                        www.jku.at
                                        DVR 0093696
I. Inhaltsverzeichnis

I.     Eidesstattliche Erklärung........................................................................................................... 2
II.    Inhaltsverzeichnis ...................................................................................................................... 2
III. Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................. 3
IV. Ziel der Diplomarbeit ................................................................................................................. 4
V.     Allgemeines zur Marke.............................................................................................................. 5
A.     Rechtsquellen............................................................................................................................ 5
B.     Definition der Marke .................................................................................................................. 5
C. Arten von Marken ...................................................................................................................... 6
D. Funktionen der Marke ............................................................................................................... 7
1.     Unterscheidungsfunktion........................................................................................................... 7
2.     Herkunftsfunktion ...................................................................................................................... 8
3.     Qualitätsfunktion........................................................................................................................ 8
4.     Kommunikations- und Werbefunktion ....................................................................................... 8
VI. Verlust des Markenrechts ......................................................................................................... 9
A.     Allgemeines zum Markenverlust ............................................................................................... 9
B.     Der Löschungsantrag ................................................................................................................ 9
C. Die Löschung wegen Entwicklung zu einem Freizeichen (§ 33b MSchG) ............................11
1.     Maßgeblicher Zeitpunkt...........................................................................................................12
2.     Gebräuchliche Bezeichnung ...................................................................................................14
a)     Beteiligte Verkehrskreise ........................................................................................................15
b)     Rechtssache „Kornspitz“ .........................................................................................................17
3.     Subjektives Element ................................................................................................................18
a)     Verhalten .................................................................................................................................19
b)     Untätigkeit................................................................................................................................19
c)     Prozessuales ...........................................................................................................................21
4.     Rechtsfolgen ...........................................................................................................................21
5.     Verfahren .................................................................................................................................22
VII. Fazit .........................................................................................................................................23
VIII. Literaturverzeichnis .................................................................................................................25

18. November 2021                                                      Thomas Herzog                                                             2/26
II. Abkürzungsverzeichnis

Abs                  Absatz
bspw                 beispielsweise
bzw                  beziehungsweise
E                    Entscheidung
ecolex               Fachzeitschrift für Wirtschaft
etc                  et cetera
EuGH                 Europäischer Gerichtshof
f                    folgende, und der, die
gem                  gemäß
hA                   herrschende Ansicht
idR                  in der Regel
iSd                  im Sinn des, - der
IR-Marken            international registrierte Marken
iZm                  im Zusammenhang mit
Marken-RL            Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments
                     und des Rates vom 16.12.2015 zur Angleichung der
                     Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken
MR                   Medien und Recht
MSchG                Markenschutzgesetz 1970
MSchG-Nov 1992       Markenschutzgesetz-Novelle 1992
NA                   Nichtigkeitsabteilung
ÖBl                  Österreichische Blätter für gewerblichen Rechtsschutz
                     und Urheberrecht
OGH                  Oberster Gerichtshof
OLG                  Oberlandesgericht
OPM                  Oberster Patent- und Markensenat
PBl                  Österreichisches Patentblatt
RdW                  Österreichisches Recht der Wirtschaft
Rsp                  Rechtsprechung
sog                  sogenannt, -e, -er, -es
usw                  und so weiter
zB                   zum Beispiel

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III. Ziel der Diplomarbeit

Die Diplomarbeit thematisiert die Entwicklung eines als Marke registrierten Zeichens
zum Gattungsbegriff sowie die in Frage kommenden Löschungstatbestände.

Das Ziel der Diplomarbeit ist eine umfassende Darstellung sämtlicher Kriterien
derjenigen Löschungstatbestände, welche wegen der Entwicklung einer Marke zum
Freizeichen maßgeblich sein können.

Dies führt zu folgenden Forschungsfragen: Welche Kriterien müssen bei einer Marke
allgemein erfüllt sein, damit diese zu einem Gattungsbegriff wird? Welche
Möglichkeiten hat der Markeninhaber, um den Verlust seiner Marke zu verhindern?
Wie wird die Löschung einer Marke gegenüber dem Markeninhaber gerechtfertigt?
Welche Löschungstatbestände sind einschlägig und wie sind diese auszulegen?

Insbesondere soll die Diplomarbeit durch die Einbeziehung von Judikatur und Literatur
bloßes Lehrbuchwissen deutlich überschreiten und auch besser veranschaulichen.

Da in Lehrbüchern das Thema eher kurzgehalten wird, obwohl die Entwicklung von der
Marke zum Freizeichen ein enormes Diskussionspotential in sich birgt, ist eine
umfassende Erörterung umso wichtiger. Zudem handelt es sich dabei um ein sehr
präsentes Thema, wie die laufenden Prozesse der LEGO Juris A/S zeigen. In diesen
Prozessen geht es darum, ob die Marke LEGO weiterhin schutzwürdig ist oder sich der
Begriff „LEGO“ zu einem Gattungsbegriff für sämtliche Klemmbausteine entwickelt hat.

Zum besseren Verständnis soll eine kurze Einführung in das allgemeine Markenrecht
einen Überblick über Grundlegendes vermitteln. Im Anschluss daran wird der Verlust
der Marke behandelt. Auch hier soll zunächst ein allgemeiner Überblick Klarheit über
die einzelnen Arten des Markenverlustes verschaffen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf
dem Löschungsantrag und dem einschlägigen Löschungsgrund wegen Entwicklung
zum Freizeichen. Es folgt eine Erörterung der einzelnen Tatbestandsmerkmale.
Beispiele aus der Judikatur sollen veranschaulichen, wie Gerichte und Behörden diese
auslegen.       Den   Abschluss bildet eine   Zusammenfassung    der   wesentlichsten
Erkenntnisse, sowie ein persönliches Statement.

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IV. Allgemeines zur Marke

Zunächst soll ein Überblick über die relevanten Rechtsquellen, was allgemein unter
dem Begriff der Marke zu verstehen ist, welche unterschiedlichen Arten der Marke
auftreten können sowie die wesentlichsten Funktionen der Marke, als Einführung in die
Materie dienen.

A. Rechtsquellen

Die     zentrale    Rechtsquelle   für   das    Markenrecht       in   Österreich   stellt   das
Markenschutzgesetz 1970 (MSchG) dar. Das österreichische Markenrecht ist jedoch
stark vom Unionsrecht geprägt, da durch die Markenrechtsnovelle 2019 eine
Anpassung an die Marken-RL erfolgte, zu deren Umsetzung sich Österreich, aufgrund
des Beitrittes zur Europäischen Union, verpflichtet hat. Dies hat zur Folge, dass die
österreichischen Gerichte zur richtlinienkonformen Interpretation verhalten sind.
Darunter ist zu verstehen, dass sich die Gerichte bei der Auslegung von unbestimmten
Gesetzesbegriffen, welche sowohl das MSchG als auch die Marken-RL enthält,
vorrangig an der Marken-RL zu orientieren haben.1 Bei der Definition der Marke
handelt es sich um solch einen Begriff, der in beiden Rechtsvorschriften enthalten ist,
daher wird in weiterer Folge die Markendefinition richtlinienkonform interpretiert.

B. Definition der Marke

§ 1 MSchG enthält eine Legaldefinition der Marke. Jedoch enthält auch die Marken-RL
eine Definition der Marke. Bei der Auslegung des Markenbegriffs haben sich die
österreichischen Gerichte also vorrangig an der Marken-RL zu orientieren. Es ist
jedoch anzumerken, dass die Definitionen der beiden Rechtsvorschriften wortident
sind.
Nach § 1 MSchG kommt als Marke jedes Zeichen in Betracht, insofern es geeignet ist,
sich von Waren und Dienstleistungen anderer Unternehmen zu unterscheiden und im
Markenregister dargestellt werden kann. Die Definition wird sehr allgemein formuliert,
weshalb der Markenbegriff als besonders weit gefasst zu verstehen ist. Dies wird
dadurch verdeutlicht, weil es im Wesentlichen auf lediglich zwei Elemente ankommt,

1Grünzweig, Praxiskommentar zum Markenschutzgesetz13 (2021) § 1 Rz 1; OGH 4 Ob 145/99y
ecolex 1999, 352.

18. November 2021                                 Thomas Herzog                                    5/26
nämlich einerseits die Unterscheidungskraft und andererseits die Darstellung des
Zeichens im Markenregister.2
Was wiederum unter einem „Zeichen“ zu verstehen ist, darüber schweigt sowohl das
MSchG als auch die Marken-RL. Der Begriff wird vom Gesetzgeber vorausgesetzt. Um
diesen unbestimmten Gesetzesbegriff auszulegen, muss auf die Geschichte des
Markenrechts zurückgegriffen werden. Mit Hilfe der historischen Interpretation gelangt
man zu dem Ergebnis, dass unter einem „Zeichen“ jede, durch die Sinne
wahrnehmbare, äußerliche Erscheinungsform zu verstehen ist. Dabei ist zu beachten,
dass ein Zeichen vom Objekt, das es kennzeichnet, zumindest gedanklich trennbar
sein muss. Ein „Zeichen“ zeigt auf etwas. Es ist also etwas Selbstständiges und kann
deshalb nicht schlichtweg aus der gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung
bestehen.3
Die umfassende Definition der Marke ermöglicht es einer Vielzahl an Markenarten den
Registerschutz zu erlangen. Durch die Marken-RL werden die bereits bestehenden
Marken durch weitere Markenformen ergänzt (zB Multimediamarken, Mustermarken),
weshalb im nächsten Unterkapitel ein kurzer Überblick über die einzelnen Markenarten
gegeben wird.4

C. Arten von Marken

Zum besseren Verständnis sollen die einzelnen Markenarten mit jeweils einem Beispiel
im Überblick dargestellt werden:

    •    Wortmarken (zB Red Bull)
    •    Bildmarken (zB die vier Ringe für Audi)
    •    Wortbildmarken (zB Lacoste: Krokodil und Schriftzug)
    •    Formmarken (zB die Form des Lindt Osterhasen)
    •    Positionsmarken (zB roter Streifen an der Unterseite des Absatzes in Schuhen
         der Marke Lloyd)
    •    Mustermarken (zB Monogram-Muster von Louis Vuitton)
    •    Farbmarken (zB das Milka-lila)
    •    Klangmarken (zB das Knallen eines Sektkorkens der Henkell & Co.)
    •    Bewegungsmarken (zB der Türbewegungsablauf bei Lamborghini)
    •    Multimediamarken (zB der brüllende Löwe von MGM)

2 Grünzweig, Markenschutzgesetz13 § 1 Rz 3.
3 Kucsko in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 (2020) § 1 Rz 20.
4 Grünzweig, Markenschutzgesetz13 § 1 Rz 2.

18. November 2021                                   Thomas Herzog                        6/26
•    Hologrammmarken (zB Plante System France)

Dabei handelt es sich keinesfalls um eine erschöpfende Aufzählung. Es sind weitere
Markenarten denkbar, zB Geruchsmarken. Jedoch entsprechen diese weder durch
eine     chemische      Formel     noch     durch     eine     Wortbeschreibung        oder    eine
Probenhinterlegung den Ansprüchen der Darstellung im Markenregister. 5 Verstößt ein
Zeichen gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten ist es von Anfang an nicht
schutzfähig und kann somit nicht ins Markenregister eingetragen werden. Dasselbe gilt
für Zeichen, die bereits von Anfang an zur Irreführung geeignet sind, sowie allgemein
für amtliche Zeichen. Dreidimensionale Zeichen sind dann von der Eintragung
ausgeschlossen, wenn bereits die Form der Ware ihr ihren Wesensgehalt verleiht oder
für eine technische Wirkung maßgeblich ist. 6 Darunter ist zu verstehen, dass zB die
runde Form eines Balles nicht eintragungsfähig ist, da das maßgebliche Kriterium
eines Balles, nämlich seine runde Form, der Ball als die Ware selbst darstellt.

D. Funktionen der Marke

Eine Marke erfüllt grundsätzlich mehrere Funktionen, wobei zwischen rechtlichen und
wirtschaftlichen Funktionen zu unterscheiden ist. Entscheidend werden die Funktionen
bei Markenrechtsverletzungen, wobei nur die rechtlichen als Maßstab dienen können.
Für Auslegungsfragen des Markenrechts sind die Markenfunktionen unumgänglich.7

1. Unterscheidungsfunktion

Die Unterscheidungsfunktion wird auch Kennzeichnungsfunktion genannt und lässt
sich bereits aus der Definition der Marke ableiten. Demnach muss die Marke ja
geeignet sein, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen
anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die mit der Marke gekennzeichneten Waren
oder Dienstleistungen sollen sich also durch eine individuelle Eigenschaft von Waren
oder Dienstleistungen anderer Hersteller loslösen und damit ihre Zugehörigkeit zu
einem bestimmten Unternehmen signalisieren. Sie gehört zu den Grundfunktionen,
sowie den Voraussetzungen der Markenrechtsfähigkeit.8

5 Feiler/Schmitt, MSchG – Markenschutzgesetz in Leitsätzen (2020) 20; EuGH C-273/00 ÖBl 2003, 106.
6 Koppensteiner, Markenrecht – Österreichisches und Europäisches Wettbewerbsrecht4 (2012) 16.
7 Müller/Höller-Prantner, Markenrecht kompakt2 (2021) 8.
8 Grünzweig, Markenschutzgesetz13 § 1 Rz 16.

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2. Herkunftsfunktion

Als wesentlichste Funktion der Marke ist nach ständiger Rsp des OGH und des EuGH
die    Herkunftsfunktion          gesetzlich    anerkannt.9   Darauf      wird    bereits     in    den
Erwägungsgründen            der      Marken-RL      ausdrücklich       Bezug      genommen.         Die
Herkunftsfunktion soll dem Endabnehmer den Ursprung der Ware oder Dienstleistung
verdeutlichen und dabei eine mögliche Verwechslungsgefahr zu Waren oder
Dienstleistungen         anderer      Produzenten     ausschließen.10       Dadurch        soll    auch
gewährleistet werden, dass die Erzeugnisse, welche mit der Marke versehen sind,
einem           bestimmten           Unternehmen         zugerechnet             werden.           Diese
Unternehmenszurechnung hat weiters die Funktion, dass das Unternehmen für seine
Produkte die Verantwortung übernehmen soll.11

3. Qualitätsfunktion

Durch die Qualitäts- bzw Garantiefunktion wird gewährleistet, dass der Endabnehmer
einer bestimmten Ware oder Dienstleistung stets zumindest gleichbleibende Qualität
erwarten kann. Dadurch kann der Markeninhaber die Qualität seiner Waren oder
Dienstleistungen nicht beliebig verändern. Aufgrund dieser Eigenschaften kann die
Qualitätsfunktion, neben der Herkunftsfunktion, als selbstständige Markenfunktion
betrachtet werden.12

4. Kommunikations- und Werbefunktion

Diese ermöglichen einer Marke als Kommunikations- bzw Werbemittel eingesetzt zu
werden und auch rechtlich als solche anerkannt zu werden. Dabei fungiert die Marke
gleichzeitig auch ökonomisch, da durch Kommunikation bzw Werbung idR potentielle
Abnehmer zu Käufen motiviert und von der Marke überzeugt werden sollen. Dabei
können sich beide Funktionen überschneiden, dennoch sind beide getrennt
voneinander         zu   betrachten.13    So    ist meist die         Kommunikationsfunktion         der
Werbefunktion vorgelagert. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass Werbeslogans
eigenständige Markenrechtsfähigkeit besitzen und somit als selbstständige Marken
auftreten können.14

9
  Müller/Höller-Prantner, Markenrecht2 8.
10
   Feiler/Schmitt, MSchG 7.
11 OGH 4 Ob 167/97f.
12 Grünzweig, Markenschutzgesetz13 § 1 Rz 34.
13 Müller/Höller-Prantner, Markenrecht2 8.
14 Grünzweig, Markenschutzgesetz13 § 1 Rz 35.

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V. Verlust des Markenrechts

Im Kern der Arbeit geht es um den Verlust des Markenrechts, weshalb zunächst ein
Überblick über die einzelnen Verlustmöglichkeiten geboten erscheint. In weiterer Folge
wird       auf      den   Löschungsantrag       näher      eingegangen,        sowie    auf    dessen
Löschungsgründe.            Der   Schwerpunkt      liegt   beim         Löschungstatbestand     wegen
Entwicklung zum Freizeichen. Hier werden die einzelnen Tatbestandsmerkmale
umfassend           beleuchtet    und   unter    Heranziehung            von   Beispielen     aus   der
Rechtsprechung erörtert.

A. Allgemeines zum Markenverlust

Verliert man als Markeninhaber das Recht an der Marke, so sieht das MSchG für
diesen Fall die Löschung vor. Die zentrale Bestimmung für den Verlust der Marke ist
§ 29 MSchG. Demnach kann eine Marke aus folgenden Gründen gelöscht werden:
       •   auf Antrag ihres Inhabers,
       •   wenn die Registrierung nicht rechtzeitig erneuert wird,
       •   wenn das Markenrecht aus anderen als den beiden erst genannten Gründen
           erloschen ist,
       •   auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung, mit der eine Registrierung wegen
           eines Widerspruchs aufgehoben wurde oder
       •   auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung, mit der einem bei der
           Nichtigkeitsabteilung gestellten Löschungsantrag stattgegeben wurde.
Gem § 29 Abs 2 MSchG ist die Löschung im Markenregister einzutragen und zu
veröffentlichen. Nach hA kommt der Eintragung jedoch nur deklarative, also zu
Beweiszwecken relevante, Wirkung zu.15 Die hier dargestellte Aufzählung ist taxativ, dh
das österreichische Markenrecht kennt lediglich diese fünf Gründe, wodurch es zum
Verlust der Marke kommen kann.16 Die weiteren Ausführungen beschränken sich auf
den Markenverlust aufgrund der erfolgreichen Stellung eines Löschungsantrages.

B. Der Löschungsantrag

Die Löschung nach den §§ 30 ff MSchG kann nicht von Amts wegen wahrgenommen
werden, sodass ein entsprechender Antrag vorausgesetzt wird. Der Antrag ist bei der

15   Eilmansberger/Pöchhacker/Riede, Gewerblicher Rechtsschutz4 (2019) 197.
16   Grünzweig, Markenschutzgesetz13 § 29 Rz 5a.

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Nichtigkeitsabteilung des Patentamtes einzubringen und ermöglicht die Löschung einer
bereits registrierten Marke. Die Löschung wirkt ex tunc oder ex nunc, wobei auf den
einschlägigen Löschungsgrund abzustellen ist.17 Die konkreten Rechtswirkungen
sollen jedoch in einem eigenen Kapitel besprochen werden. IR-Marken werden von der
Nichtigkeitsabteilung nicht gelöscht, sondern lediglich für das Bundesgebiet unwirksam
erklärt, da die Marke außerhalb von Österreich weiterhin bestehen bleibt. 18
Bei den Löschungsgründen ist zwischen absoluten und relativen zu unterscheiden.
Diese Unterscheidung ist vor allem für die Antragslegitimation von Bedeutung. So
können relative Löschungsgründe nach dem Wortlaut des § 30 Abs 1 MSchG nur vom
Inhaber einer früher gemeldeten Marke geltend gemacht werden. Bei den absoluten
Löschungsgründen ist jedermann antragsberechtigt, weshalb man auch von der
„Popularklage“ spricht.19 Es folgt eine Übersicht sowie eine Zuordnung der einzelnen
Löschungsgründe.

Zu den relativen Löschungsgründen zählen:
     •   die Kollision mit einer älteren Marke (§ 30 MSchG)
     •   die Kollision mit älteren, nicht registrierten Zeichen (§ 31 MSchG)
     •   die Kollision mit Unternehmensbezeichnungen (§ 32 MSchG)
     •   die        Kollision   mit   älteren   geschützten     Ursprungsbezeichnungen       oder
         geografischen Angaben (§ 31a MSchG)
     •   die Kollision mit Urheberrechten (§ 32b MSchG)
     •   die Kollision mit Geschmacksmustern (§ 32c MSchG)
     •   die Agentenmarke (§ 30a MSchG)

Zu den absoluten Löschungsgründen zählen:
     •   die Löschung aus von Amts wegen wahrzunehmenden Gründen (§ 33 MSchG)
     •   die Löschung wegen Nichtbenutzung (§ 33a MSchG)
     •   die Löschung wegen Entwicklung zu einem Freizeichen (§ 33b MSchG)
     •   die Löschung wegen Irreführungseignung (§ 33c MSchG)
     •   die Löschung wegen Bösgläubigkeit bei der Markenanmeldung (§ 34 MSchG)

Das MSchG beinhaltet eine abschließende Aufzählung der Löschungsgründe.20
Spezielle Tatbestände finden sich in den §§ 66 f MSchG über die Löschung von

17
   Müller/Höller-Prantner, Markenrecht2 98.
18 Kernthaler in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 29 Rz 13.
19 Grünzweig, Markenschutzgesetz13 § 29 Rz 5.
20 Engin-Deniz, MSchG – Markenschutzgesetz und weitere kennzeichenrechtliche Bestimmungen3 (2017)

642.

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Verbandsmarken und Gewährleistungsmarken.21 Der Antragsteller ist nicht auf
einzelne Löschungsgründe beschränkt, sodass sich dieser auf mehrere gleichzeitig
stützen kann.22 Bezüglich des Umfanges bleibt festzuhalten, dass nur die gänzliche
Löschung einer Marke beantragt werden kann. Daraus folgt, dass die Anfechtung
einzelner Bestandteile einer Marke unzulässig ist. Teillöschungen sind jedoch im
Bereich des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses möglich.23

C. Die Löschung wegen Entwicklung zu einem Freizeichen
   (§ 33b MSchG)

Ursprünglich konnten einmal registrierte Marken nicht nachträglich aufgrund der
Entwicklung zu einem Freizeichen wieder ihren Schutz verlieren, denn dafür gab es
keine Rechtsgrundlage. Dies hat auch der OPM in seiner langjährigen Rsp vertreten.24
Der Löschungstatbestand des § 33b MSchG fand erst mit der MSchG-Nov 1992,
wodurch eine Anpassung an die Marken-RL25 durchgeführt wurde, Eingang ins
österreichische Markenrecht. Dies führte dazu, dass der OGH erstmals im Jahr 1999 in
der sehr bekannten „Sony-Walkman“-E eine registrierte Marke für verlustig erklärt
hat.26
Hinter      diesem    Löschungstatbestand         steht    eine     Interessenabwägung   des
Unionsgesetzgebers. Einerseits sollen die Schutzinteressen des Markeninhabers mit
den Interessen seiner Mitbewerber an der Verfügbarkeit der Marke gegeneinander
abgewogen werden.27 Daher ist auch jedermann antragslegitimiert und somit
berechtigt, den Antrag mit dem entsprechenden Löschungsgrund einzubringen. Die
Markenlöschung kann insbesondere dadurch gerechtfertigt werden, dass die
Endverbraucher keine alternativen Begriffe für die Marke verwenden können. Aufgrund
der Vielzahl an ähnlichen Angeboten und durch bestimmte Merkmale der Ware bzw
Dienstleistung ist es möglich, dass sich durch langfristige Gewohnheiten ein gewisser
Begriff für eine Marke etabliert. Die Marke wird in weiterer Folge ausschließlich unter
diesem Begriff im alltäglichen Sprachgebrauch verwendet. Mitbewerbern ähnlicher
Waren oder Dienstleistungen wird dadurch keine Möglichkeit gegeben, ihre Produkte
am Markt zu etablieren.28 So ist es mittlerweile gängige Praxis, dass wenn bspw nach

21 Kernthaler in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 29 Rz 15.
22 Grünzweig, Markenschutzgesetz13 § 29, Rz 7; NA Nm 91/76 ÖBl 1981, 7.
23 Kernthaler in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 29 Rz 16.
24
   OPM Om 4/96 ÖBl 1997, 232.
25
   Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken
26 Grünzweig, Markenrecht13, § 33b Rz 1; OGH 4 Ob 121/99v RdW 1999, 790.
27 Schwarzenbacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 33b Rz 1.
28 Feiler/Schmitt, MSchG 452.

18. November 2021                                   Thomas Herzog                              11/26
einem „Tempo“ gefragt wird, darunter nicht lediglich Taschentücher der Marke „Tempo“
gemeint sind, sondern allgemein Taschentücher. Dies gilt für eine Vielzahl an Marken
(zB „Labello“ als Überbegriff für Lippenpflegestifte, „LEGO“ als Überbegriff für
sämtliche Klemmbausteine, „UHU“ als Überbegriff für sämtliche Alleskleber, usw).
Natürlich      soll   die    Interessenabwägung         nicht     ausschließlich    zulasten       des
Markeninhabers ausschlagen, sodass die Marke nur dann wegen Entwicklung zum
Gattungsbegriff zu löschen ist, wenn dies dem Markeninhaber zuzurechnen ist.
§ 33b MSchG enthält also nicht bloß einen objektiven Tatbestand, sondern setzt die
Zurechnung des Markeninhabers als subjektives Element voraus.29 Diese subjektive
Zurechnung kann einerseits durch eine Tätigkeit, andererseits auch durch eine
Unterlassung erfolgen. Dadurch soll der Blick des Markeninhabers nicht bloß auf der
wirtschaftlichen Erfolgsquote seiner Marke liegen, sondern er wird vielmehr auch dazu
angehalten, allfällige Markenrechtsverletzungen zu beobachten und gegen die
Schädiger tätig zu werden, um den fortdauernden Bestand seiner Marke zu sichern. Es
kann sich daher bezahlt machen, durch etwaige Zeichen wie zB durch das „®“ auf das
bestehende Markenrecht aufmerksam zu machen. Selbst Vertriebshändler sollten
jedenfalls dazu angehalten werden, da widrigenfalls bereits eine schuldhafte
Unterlassung des Markeninhabers vorliegen kann.30
§ 33b MSchG umfasst jedoch nicht geografische Herkunftsbezeichnungen. Dabei
handelt es sich um Zeichen, die zur Bezeichnung der geografischen Herkunft von
Waren oder Dienstleistungen dienen können.31 Der Oberste Gerichtshof hat bspw
entschieden, dass die spätere Entwicklung des Zeichens „St. Zeno“ zu einem Ortsteil
eines bekannten Tiroler Fremdenverkehrsortes den Bestand einer älteren Marke nicht
berühre.32

1. Maßgeblicher Zeitpunkt

Bei der Stellung des Löschungsantrages spielt der Zeitpunkt, in welchem die Marke
zum Gattungsbegriff wurde, eine wesentliche Rolle. Denn je nach Zeitpunkt wird der
Löschungsantrag        auf    unterschiedliche    Löschungsgründe         gestützt.    So    ist   zu
unterscheiden, ob die Marke von Anfang an, also bereits zum Zeitpunkt der
Registrierung, ein Freizeichen war. In diesem Fall war die Marke von Anfang an nicht
registrierungsfähig.        Der   Eintragung     ins    Markenregister      steht     ein   relatives
Eintragungshindernis entgegen.33

29
   Müller/Höller-Prantner, Markenrecht2 117.
30 Feiler/Schmitt, MSchG 452 f.
31 Schwarzenbacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 33b Rz 8.
32 OGH 4 Ob 45/04b St. Zeno ÖBl 2004, 271.
33 Feiler/Schmitt, MSchG 453.

18. November 2021                                      Thomas Herzog                                     12/26
Der Löschungstatbestand aus von Amts wegen wahrzunehmenden Gründen
(§ 33 MSchG) ist einschlägig. Es handelt sich hierbei um einen Paragrafenverweis, da
die konkreten Löschungsgründe in den §§ 4, 5 und 7 MSchG normiert sind. Dabei wird
entgegen dem Wortlaut des Gesetzes ein Antrag vorausgesetzt, da das Patentamt
nicht von Amts wegen die Löschung der Marke veranlassen kann. Antragsberechtigt ist
auch hier jedermann. Der Zeitpunkt, zu welchem die Voraussetzungen der Eintragung
überprüft werden, ist der sog Prioritätszeitpunkt.34 Hat die Marke jedoch bis zu jenem
Zeitpunkt, zu welchem der Löschungsantrag eingebracht wurde, Verkehrsgeltung
erlangt, so regelt § 33 Abs 2 MSchG, dass die Marke nicht zu löschen ist. Die
Beweislast für die Frage, ob ein Eintragungshindernis vorliegt, hat der Antragsteller zu
erbringen.          Der     Nachweis,    dass   die     Marke     im      Prioritätszeitpunkt   bereits
Verkehrsgeltung erlangt hat, ist vom Markeninhaber zu erbringen.35
§ 4 Abs 1 Z 5 MSchG nimmt Zeichen von der Registrierung aus, die ausschließlich aus
Zeichen oder Angaben bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den
redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Ware oder
Dienstleistung üblich sind. Hintergrund dieser Bestimmung ist das Freihaltebedürfnis
der übrigen Mitbewerber.36 Die Beurteilung des Zeichens hat konkret zu erfolgen. Das
bedeutet, dass ein Zeichen nur für jene Gattungen von Waren und Dienstleistungen,
welche es im geschäftlichen Verkehr allgemein bezeichnet, nicht als Marke registriert
werden kann. Zur besseren Veranschaulichung, wann von vornherein eine
Gattungsbezeichnung und somit ein Eintragungshindernis vorliegt, folgen einige
Beispiele aus der Judikatur.37

Nach der Rsp gilt von Anfang an als Gattungsbezeichnung:
     •   Die Verwendung des Begriffs „Kodex“ für Gesetzessammlungen.38
     •   Die Verwendung des Begriffs „Interhospitaltransfer“ für Krankentransporte.39
     •   Die        Verwendung des        Begriffs    „Spielefest“      für   die   Veranstaltung von
         Spieleabenden, sowie Spielemeisterschaften und Turnieren und Testen von
         Spielen.40

Hingegen gilt nicht als Gattungsbezeichnung:
     •   Die Verwendung des Begriffs „Coyote“ bzw „Coyote Ugly“.41 Dabei handle es
         sich       nicht    um   eine   gebräuchliche      Bezeichnung         für   ein   bestimmtes

34 Müller/Höller-Prantner, Markenrecht2 108.
35
   EuGH C-217/13 und C-218/13.
36
   OGH 17 Ob 13/08y Spielefest.
37 Müller/Höller-Prantner, Markenrecht2 33.
38 OGH 17 Ob 17/07k Kodex.
39 OGH 17 Ob 29/07z Interhospitaltransfer.
40 OGH 17 Ob 13/08y Spielefest.

18. November 2021                                       Thomas Herzog                                     13/26
Gastronomiekonzept. Diese Meinung vertritt das OLG Wien, obwohl ein Teil der
         angesprochenen Verkehrskreise offensichtlich mit dem Film „Coyote Ugly“
         vertraut ist.42
     •   Die Verwendung des Begriffs „Schutzbrief“. IZm diversen Dienstleistungen für
         Fahrzeuge wie Pannenhilfe, Kfz-Abschleppdienst etc, wird „Schutzbrief“ nicht
         als Gattungsbezeichnung verstanden, trotz Zitierung im Duden.43
     •   Die Bildmarke „Wollsiegel“ stellt ebenfalls keine Gattungsbezeichnung für
         Bügelgeräte dar, da „Wollsiegel“ im allgemeinen Sprachgebrauch keine übliche
         Bezeichnung von Bügelgeräten ist.44

Welche Bedeutung den Argumenten der Gerichte bezüglich den beteiligten
Verkehrskreisen oder der Zitierung in Wörterbüchern zukommt, wird im folgenden
Kapitel näher erörtert.
Steht der Markenregistrierung kein Eintragungshindernis entgegen und wird die Marke
erfolgreich im Markenregister eingetragen und veröffentlicht und entwickelt sie sich in
weiterer Folge zu einem Gattungsbegriff, so ist der Löschungstatbestand wegen
Entwicklung zu einem Freizeichen nach § 33b MSchG heranzuziehen.

2. Gebräuchliche Bezeichnung

Nach dem Gesetz kann jedermann die Löschung der Marke begehren, wenn diese im
geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung geworden ist.
In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass sich eine bereits registrierte Marke
nachträglich zu einer Gattungsbezeichnung entwickelt. Unter dem Begriff der
„Gattungsbezeichnung“ ist die im geschäftlichen Verkehr übliche Bezeichnung einer
Ware oder Dienstleistung zu verstehen. Wenn sich eine Marke nun zu einem
Gattungsbegriff entwickelt hat, dann wird sie zu einem Freizeichen. Das Freizeichen
kann von jedermann verwendet werden, daran gibt es keine Markenrechte. Dies hat
zur Konsequenz, dass die bisherigen Markenrechte des Markeninhabers erlöschen, da
an Freizeichen ein Freihaltebedürfnis der Allgemeinheit besteht.45
Bei der Entwicklung zum Freizeichen kommt es insbesondere darauf an, wie das
Zeichen nach der allgemeinen Verkehrsauffassung wahrgenommen wird. Wird das
Zeichen unmittelbar als die Ware oder Dienstleistung empfunden, welche es
kennzeichnet, so ist die Entwicklung zum Freizeichen zu bejahen. Das Zeichen kann
41
   Wolfsberger/Zauner, Von Skihelmen, "Coyoten“ und "JÖs“ – Status quo der Werbefunktion und ihre
Rezeption in der österr Rechtsprechung, ÖBl 2021, 148.
42 OLG Wien 33 R 33/19d Coyote Ugly.
43 OLG Wien 34 R 98/14b Schutzbrief
44 OLG Wien 34 R 17/14s Wollsiegel.
45 Grünzweig, Markenrecht13 § 33b Rz 2.

18. November 2021                                    Thomas Herzog                                  14/26
sich in weiterer Folge niemand mehr aneignen.46 Dabei ist jedoch zugunsten des
Markeninhabers und der Erhaltung der Marke ein besonders strenger, auf alle
beteiligten         Verkehrskreise    abzustellender      Beurteilungsmaßstab           anzusetzen47.
Demnach darf für die Umwandlung in eine Gattungsbezeichnung nur noch ein völlig
unerheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise das Zeichen als Herkunftshinweis
verstehen.48
Die    Frage,        wann   sich     ein    Zeichen    nun    konkret     nach    der    allgemeinen
Verkehrsauffassung zu einem Gattungsbegriff entwickelt hat, ist besonders schwierig
zu beantworten. Es kann bereits genügen, wenn das Zeichen bei einem Teil der
maßgeblich beteiligten Verkehrskreise als Allgemeinbegriff verwendet wird. Als
Beurteilungsmaßstab kann der allgemeine Sprachgebrauch oder die redlichen und
ständigen Verkehrsgepflogenheiten herangezogen werden. Als Indiz für die weite
Verbreitung eines Zeichens kann auf die Zitierung in wissenschaftlichen Werken oder
Wörterbüchern zurückgegriffen werden. Es ist jedoch zu betonen, dass eine solche
Zitierung lediglich als          Indiz dient. Für den Beweis, dass tatsächlich eine
Gattungsbezeichnung vorliegt, ist dies zu wenig.49

a) Beteiligte Verkehrskreise
Maßgeblicher Einfluss für die Entwicklung zu einer sprachgebräuchlichen oder
verkehrsüblichen Bezeichnung kommt den beteiligten Verkehrskreisen zu. Dabei
kommt es auf deren Verkehrsauffassung an. Es ist also darauf abzustellen, wie die
angesprochenen Verkehrskreise das Zeichen wahrnehmen und verwenden.50 Selbst
ursprünglich         erfundene     Wörter    können    sich    durch     die   sprachgebräuchliche
Verwendung           nach    Anschauung       der     Verbraucher       zur    Gattungsbezeichnung
entwickeln.51 An dieser Stelle kommt den Funktionen der Marke eine bedeutende Rolle
zu, denn wenn die Marke zur Gattungsbezeichnung geworden ist, dann ist sie nicht
mehr geeignet, ihre Funktion als Herkunftshinweis zu erfüllen. 52 In weiterer Folge ist es
auch unbeachtlich, ob es für die Ware oder Dienstleistung gegebenenfalls eine
alternative Bezeichnung gibt.53
Woraus sich die Verkehrskreise nun konkret auseinandersetzen, kann nicht einheitlich
beantwortet werden. Es kommt dabei auf die Zielgruppen der Waren oder
Dienstleistungen an. Richten sich Waren oder Dienstleistungen an die Allgemeinheit,

46 Feiler/Schmitt, MSchG 454 f.
47 OGH 4 Ob 128/04h Memory ÖBl 2005, 121.
48
   Koppensteiner, Markenrecht4 142.
49
   Feiler/Schmitt, MSchG 454 f; NA Nm 15/00 Talalay PBl 2003, 187; OLG Wien 34 R 98/14b Schutzbrief.
50 Müller/Höller-Prantner, Markenrecht2 19.
51 OGH 4 Ob 90/20.
52 Müller/Höller-Prantner, Markenrecht2 117.
53 EuGH C-409/12 Kornspitz.

18. November 2021                                      Thomas Herzog                                    15/26
dann sind unter den maßgeblichen Verkehrskreisen nach ständiger Rechtsprechung
einerseits      die    durchschnittlich   informierten,    aufmerksamen     und    verständigen
                               54                                     55
Durchschnittsverbraucher            und andererseits der Handel            zu verstehen. Die
Verkehrskreise müssen sich jedoch nicht immer aus diesen zwei Gruppen
auseinandersetzen. So ist es auch möglich, dass nur ein bestimmter Fachkreis als
maßgeblicher Verkehrskreis in Betracht kommt, zB bei seltenen Waren oder hoch
spezialisierten Dienstleistungen.56 Werden Markenwaren vom Hersteller nicht direkt an
die    Verbraucher oder Endabnehmer, sondern zunächst an Zwischenhändler
übergeben, so ist, je nach den Markmalen des Marktes für die betreffenden Waren,
das Verständnis sämtlicher am Vertrieb beteiligten Gewerbetreibender maßgeblich. Dh
es sind neben dem Hersteller und den Abnehmern auch die Zwischenhändler
betroffen.57 Es gibt also Waren und Dienstleistungen, welche lediglich einen speziellen
Verkehrskreis ansprechen und wiederum welche, die auf mehrere Verkehrskreise
abzielen. Dabei sind die unterschiedlichsten Konstellationen denkbar, zB Fachkreise
und Endverbraucher.58 Auch innerhalb einzelner Verkehrskreise können wiederum
unterschiedliche Gruppen angesprochen werden. Denkt man an die Spielwarenmarke
„LEGO“, so werden als Endabnehmer Kinder aber auch Erwachsene erfasst, da die
einzelnen Klemmbausteinsets Altersvorgaben aufweisen. Es gibt sie sowohl für Kinder
jeden Alters als auch für Erwachsene.
Die Frage, welche Auffassung die beteiligten Verkehrskreise von der Marke haben,
stellt grundsätzlich eine Rechtsfrage dar. Es kommt jedoch darauf an, ob die
Erfahrungen des täglichen Lebens zur Beantwortung der Frage ausreichen. Wird dies
verneint, dann handelt es sich um eine Tatfrage und ist in weiterer Folge auch
Beweismitteln zugänglich (zB demoskopische Umfragen).59
Wenn grundsätzlich nur ein Verkehrskreis angesprochen wird, dann ist auch nur die
Verkehrsauffassung dieses Verkehrskreises für die Entwicklung zur gebräuchlichen
Bezeichnung           von   Bedeutung.     Werden         hingegen   mehrere      Verkehrskreise
angesprochen (zB sowohl Fachkreise als auch Endverbraucher), dann kommt es
natürlich vor, dass die Verkehrskreise unterschiedliche Meinungen zu bestimmten
Waren oder Dienstleistungen haben. Es ist also fraglich, auf wessen Verständnis
abzustellen ist. Diese Problematik soll anhand eines Beispiels aus der Rechtsprechung
im folgenden Kapitel erörtert werden.

54 EuGH C-329/02 SAT.1/HABM.
55
   OGH 4 Ob 36/14v Selective/Line.
56
   Müller/Höller-Prantner, Markenrecht2 19.
57 Schwarzenbacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 33b Rz 2; EuGH C-371/02 Bostongurka

wbl 2004, 281.
58 Müller/Höller-Prantner, Markenrecht2 19.
59 OGH 4 Ob 63/15s Kornspitz III.

18. November 2021                                   Thomas Herzog                                  16/26
b) Rechtssache „Kornspitz“
„Kornspitz“ war eine eingetragene Marke des österreichischen Unternehmens
Backaldrin. Bei der mit der Marke gekennzeichneten Ware handelt es sich um
Weizenkleingebäck, welches aus einer bestimmten Backmischung hergestellt wird. Die
Markeninhaberin vertrieb ihre Backwaren nicht direkt an die Konsumenten, sondern
übergab ihren Zwischenhändlern zunächst die Backmischung, woraus die Backwaren
hergestellt wurden. Für die Händler galt „Kornspitz“ stets als geschützte Marke. Die
Konsumenten wiederum sahen „Kornspitz“ als Gattungsbezeichnung und somit nicht
als Herkunftshinweis. Diese Meinung vertrat auch das österreichische Patentamt und
teilte im Herbst 2021 mittels Bescheides der Backaldrin Kornspitz Company mit, dass
aufgrund der Entwicklung zu einem Gattungsbegriff die Marke „Kornspitz“ in Zukunft
nicht mehr markenrechtlich geschützt werden könne. Backaldrin legte gegen den nicht
rechtskräftigen Bescheid Berufung beim Obersten Patent- und Markensenat ein. Der
OPM hatte nun darüber zu entscheiden, auf welche Verkehrsauffassung es ankommt,
wenn mehrere Verkehrskreise beteiligt sind. Kommt es auf den Verkehrskreis der
Zwischenhändler oder auf jenen der Konsumenten an? Diese Frage hat der OPM dem
Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt. Dabei wollte der OPM
auch     wissen,    welche    Rolle   es    spielt,    wenn     den   Verbrauchern     alternative
Bezeichnungen für eine Ware zur Verfügung stehen.60

Die wichtigsten Erkenntnisse des EuGH waren:
     •   Eine Marke kann dann für verfallen erklärt werden, wenn die Waren, welche mit
         der strittigen Marke gekennzeichnet sind, infolge des Verhaltens oder der
         Untätigkeit ihres Markeninhabers aus der alleinigen Sicht der Endverbraucher
         zur gebräuchlichen Bezeichnung geworden sind.
     •   Eine „Untätigkeit“ des Markeninhabers kann bereits dann begründet sein, wenn
         dieser es unterlässt, seine Zwischenhändler dazu zu bewegen, die Marke für
         die Waren zu benutzen, für die die Marke eingetragen ist.
     •   Eine Marke kann unabhängig von der Vorfrage, ob es für die Waren, für die die
         Marke im geschäftlichen Verkehr zur Gattungsbezeichnung geworden ist,
         andere Alternativbezeichnungen gibt, für verfallen erklärt werden.61

Nach der Auslegung bzw Klärung der dem EuGH vorgelegten Rechtsfragen, hat dieser
das Verfahren wieder an die österreichischen Gerichte zurückverwiesen. So entschied
das Oberlandesgericht Wien im Jänner 2015, dass die Marke „Kornspitz“ keinen

60OPM Om 6/12 Kornspitz.
61Engin-Deniz/Lederer, Rechtserhaltende Benutzung einer Marke – „Kornspitz“-Gebäck, MR 2014, 95;
EuGH C-409/12 Kornspitz.

18. November 2021                                     Thomas Herzog                                  17/26
markenrechtlichen Schutz mehr genieße, da es sich dabei um einen Gattungsbegriff
handle, welcher von Konsumenten zur Bezeichnung einer bestimmten Sorte von
Gebäck verwendet wird. Letztendlich sei diese Entwicklung auch auf die Untätigkeit der
Markeninhaberin zurückzuführen, da diese es unterlassen habe, von ihren Abnehmern
eine angemessene Markenpflege zu verlangen.62
Auch gegen dieses Urteil erhob Backaldrin ein Rechtsmittel an den Obersten
Gerichtshof und brachte darin vor, dass die Marke dadurch massiv entwertet werde,
was wiederum eine Verletzung des grundrechtlich gewährleisteten Schutzes des
geistigen Eigentums darstelle.63 Dieser entschied im September 2015 endgültig, dass
„Kornspitz“ zu einem Gattungsbegriff geworden ist und bestätigte somit das Urteil des
OLG Wien.64
Es kann festgehalten werden, dass wenn mehrere Verkehrskreise angesprochen
werden und diese unterschiedliche Verkehrsauffassungen zu einer Marke haben, dann
kann bei der Entwicklung zum Gattungsbegriff allein schon die Anschauung der
Endverbraucher maßgeblich sein. Im konkreten Fall kommt es auf allfällige
Alternativbezeichnungen oder ein Freihaltebedürfnis nicht an.

3. Subjektives Element

Nach dem Wortlaut des § 33b MSchG wird als nächstes Tatbestandsmerkmal ein
Verhalten oder eine Untätigkeit des Markeninhabers normiert.
Bei § 33b MSchG handelt es sich um einen zweigliedrigen Tatbestand, welcher sowohl
objektive als auch subjektive Elemente aufweist. Unter dem subjektiven Element ist
eine Handlung oder Unterlassung des Markeninhabers zu verstehen. Eine Marke kann
nur gelöscht werden, wenn sie ihre Unterscheidungsfähigkeit infolge eines Tuns oder
Unterlassens des Markeninhabers verloren hat. Dadurch wird der Markenverlust dem
Inhaber subjektiv zugerechnet.65 Die Marke kann also wegen der Entwicklung zur
gebräuchlichen Bezeichnung nur dann gelöscht werden, wenn der Markeninhaber
diese Entwicklung verhältnismäßig mitbewirkt hat. Sein Verhalten oder Unterlassen
muss adäquat ursächlich sein.66 Kann dem Markeninhaber jedoch weder ein Verhalten
noch ein Unterlassen vorgeworfen werden und verliert die Marke dennoch ihre

62
   Schumacher, Vorlage an EuGH zur Entwicklung einer Marke zur Gattungsbezeichnung, ecolex 2013,
50.
63 Schumacher, Löschung der Marke KORNSPITZ für Endverbraucherprodukte, ecolex 2015, 1078.
64 OGH 4 Ob 63/15s Kornspitz III.
65 Müller/Höller-Prantner, Markenrecht2 117 f; OGH 4 Ob 45/04b St. Zeno.
66 Grünzweig, Markenrecht13 § 33b Rz 3.

18. November 2021                                   Thomas Herzog                                  18/26
Unterscheidungskraft aufgrund der Tätigkeit eines Dritten, so ist sie weiterhin
schützenswert und verliert den Markenschutz nicht.67

a) Verhalten
Unter dem Begriff „Verhalten“ wird in diesem Zusammenhang der Gebrauch bzw der
Nichtgebrauch       der    Marke      verstanden.       In    weiterer   Folge     muss   der
Gebrauch/Nichtgebrauch dazu führen, dass die Marke nach der allgemeinen
Verkehrsauffassung als Gattungsbezeichnung verstanden wird. Dabei kann es
durchaus vorkommen, dass die Waren oder Dienstleistungen, welche mit der Marke
gekennzeichnet sind, wirtschaftlich derart erfolgreich sind, dass sie mit der Marke
gleichgesetzt werden. Dies wirft die Frage auf, ob bereits ein Verhalten des
Markeninhabers iSd § 33b MSchG vorliegt. Bejahendenfalls würde ein Widerspruch
zum Zweck der Marke vorliegen, weil der Markeninhaber dazu verhalten wäre die
wirtschaftliche Entwicklung seiner Marke am Markt zu unterdrücken. Insofern kann
noch nicht von einem Verhalten iSd § 33b MSchG die Rede sein. Ein Verhalten liegt
vielmehr erst dann vor, wenn dadurch wesentliche Funktionen der Marke besonders
vernachlässigt werden. Setzt der Markeninhaber bewusst seine Marke mit seinen
Waren oder Dienstleistungen gleich und weist er dadurch nicht mehr auf die Herkunft
seiner Produktion hin oder darauf, dass es sich um eine registrierte Marke handelt,
dann verwirklicht er ein Verhalten iSd § 33b MSchG.68

b) Untätigkeit
Vom Begriff der „Untätigkeit“ sind sämtliche Unterlassungen des Markeninhabers
umfasst, wodurch dieser Gefahr läuft die Bewahrung der Unterscheidungskraft seiner
Marke zu verlieren.69 Es handelt sich dabei um eine sehr weitläufige Untätigkeit, denn
nicht nur der Inhaber der Marke soll auf seine Markenrechte entsprechend aufmerksam
machen, sondern auch Produzenten sollen ihre Vertriebspartner dazu bewegen,
entsprechend auf den Markenschutz hinzuweisen. 70 Der Markeninhaber sollte also
stets die Entwicklung und Verwendung seiner Marke beobachten und jedenfalls gegen
allfällige Markenrechtsverletzungen tätig werden. Denn nur so läuft er nicht Gefahr
seine Markenrechte zu verlieren. Wird die Marke nämlich im geschäftlichen Verkehr
zur gebräuchlichen Bezeichnung einer Ware oder Dienstleistung verwendet und wird
dies vom Inhaber beobachtet, so hat er die zivilrechtliche Unterlassungsklage zu

67
   Schwarzenbacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 33b Rz 5; EuGH C-145/05, Levi
Strauss, Rz 19
68 Grünzweig, Markenrecht13 § 33b Rz 3.
69 Schwarzenbacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 33b Rz 6.
70 EuGH C-409/12 Kornspitz.

18. November 2021                                   Thomas Herzog                               19/26
erheben. Unterlässt er die Erhebung rechtlicher Mittel, dann hat er adäquat zur
Entwicklung zum Gattungsbegriff beigetragen und den Löschungstatbestand des
§ 33b MSchG               verwirklicht.    Wehrt     sich      der       Markeninhaber            stets     gegen
Markenrechtsverletzungen, so ist die Marke trotz Entwicklung zum Freizeichen nicht zu
löschen und der Markenschutz bleibt aufrecht.71

Beispiele aus der Rechtsprechung:
     •   Der Begriff „Walkman“ hat sich sowohl im Handel als auch allgemein zu einem
         Gattungsbegriff für tragbare Kassettenspieler mit Kopfhörern entwickelt. Bei
         dem Begriff „Walkman“ handelt es sich um einen Markenbestandteil der Marke
         „Sony Walkman“. Bei der Umwandlung zur gebräuchlichen Bezeichnung ist ein
         strenger          Maßstab,       unter    Berücksichtigung         sämtlicher          Verkehrskreise,
         anzulegen. In der gegenständlichen Entscheidung hat der OGH einerseits auf
         die gattungsgleiche Verwendung von besonders weitverbreiteten Marken durch
         die Endabnehmer und andererseits auf das Freihaltebedürfnis anderer
         Marktteilnehmer, wenn diesen keine Alternativbezeichnungen zur Verfügung
         stehen, abgestellt. Denn wenn diese keine gleichwertigen Sachbezeichnungen
         verwenden können, dann kann die Kenntnis der Hersteller und Händler von der
         Markenregistrierung den Verfall der Marke nicht verhindern. Nach dem OGH ist
         es         Aufgabe        des    Markeninhabers,          für   die      Etablierung        alternativer
         Bezeichnungen zu sorgen, widrigenfalls riskiert er die Löschung seines
         Zeichens.72 Da dies in weiterer Folge unterlassen wurde und keine
         vergleichbaren              Bezeichnungen         existieren,      ist      es      letztendlich      zur
         Markenlöschung gekommen.73
     •   Für Spiele und Legekartenspiele hat sich die Wortmarke „Memory“ hingegen
         nicht zu einem Freizeichen entwickelt. Die Markeninhaberin hat stets mit einem
         „®“        auf     ihre     Markenrechte     in     Prospekten,          Unterlagen        sowie      auf
         Spielverpackungen hingewiesen. Selbst in Lexika wird der Begriff „Memory“
         unter dem Hinweis auf den eingetragenen Markennamen erklärt. Es existieren
         dazu        auch      mehrere      Alternativbezeichnungen            wie      zB      „Paar     suchen“,
         „Doppelpack“, „Pairs“, „Remember“ oder „Face to Face“. Dadurch können
         Konkurrenzprodukte mit gleichwertigen Alternativbegriffen bestimmt werden.
         Aufgrund           dieser    Umstände      wird     die     Marke        bei     den     maßgeblichen

71 Müller/Höller-Prantner, Markenrecht2 118; OGH 3 Ob 281/07f.
72 Korn, Tragberer Kasettenspieler, Walky oder doch Walkman? Das Herabsinken einer Marke zur
gebräuchlichen Bezeichnung nach der Walkman II-Entscheidung des OGH, MR 2002, 314.
73
   OGH 4 Ob 269/01i Sony Walkman II.

18. November 2021                                           Thomas Herzog                                            20/26
Verkehrskreisen, sohin Spielwarenhändler, -erzeuger und Verbraucher, nicht
         als Gattungsbezeichnung aufgefasst.74

c) Prozessuales
Nach Klärung der Ausgestaltung des subjektiven Elements drängt sich die
prozessrechtlich schwierige Frage der Beweislast auf. Es geht also darum, wer das
Verhalten oder die Untätigkeit zu beweisen hat. Nach allgemeinen Grundsätzen ist
anzumerken, dass die Beweislast idR beim Kläger oder Antragsteller liegt. 75 Hier
handelt es sich um negative Tatsachen, dh es soll bewiesen werden, dass eine
bestimmte Tatsache nicht eingetreten ist.76 Derjenige, der den Löschungsantrag
einbringt, hat zu beweisen, dass sich der Markeninhaber nicht angemessen gegen
Markenrechtsverletzungen zur Wehr gesetzt und somit den Löschungstatbestand des
§ 33b MSchG durch Unterlassung verwirklicht hat.77 Negative Tatsachen sind in der
Praxis besonders schwierig zu beweisen. Jedoch kommt dem Argument der
schwierigen Beweisführung keine besondere Bedeutung zu.78 In jenen Fällen, in denen
das Gesetz vom Antragsteller den Beweis eines negativen Tatbestandsmerkmals
abverlangt, kann sich dieser auf die bloße Behauptung des Nichtgeschehens
beschränken. Es liegt nun beim Antragsgegner (beim Markeninhaber) zu beweisen,
dass sich dieser sehr wohl gegen sämtliche Markenrechtsverletzungen zur Wehr
gesetzt hat bzw die Freizeichenentwicklung nicht auf ein von ihm gesetztes Verhalten
zurückzuführen ist. Um den Prozess zu gewinnen, muss der Antragsteller den Richter
lediglich     davon   überzeugen,    dass     die     Behauptungen     des    Antragsgegners
unwahrscheinlich sind. Damit der negative Beweis also gelingt, genügt die
Widerlegung, die für den positiven Beweis spricht.79

4. Rechtsfolgen

Hier spielt wiederum die Unterscheidung in relative und absolute Löschungsgründe
eine entscheidende Rolle, denn je nachdem auf welchen Löschungsgrund man sich
stützt, wird die Marke entweder für nichtig oder für verfallen erklärt. Dies hat wiederum
große Bedeutung dafür, ab welchem Zeitpunkt das Löschungserkenntnis zu wirken
beginnt.80

74 Korn, Umwandlung eines Markenzeichens zur Gattungsbezeichnung – „Memory“, MR 2004, 354; OGH
4 Ob 128/04h Memory.
75
   OGH 3 Ob 281/07f.
76
   Rechberger/Klicka, ZPO – Zivilprozessordnung5 (2019) Vor § 266 Rz 11.
77 Engin-Deniz, MSchG3 768.
78 OGH 4 Ob 226/18s.
79 Rechberger/Klicka, ZPO5 Vor § 266 Rz 11; OGH 4 Ob 29/00v BOSS-Brillen EvBl 2000/123.
80 Müller/Höller-Prantner, Markenrecht2 99.

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Gem § 34a Abs 3 MSchG wird eine Marke mit dem Löschungserkenntnis dann für
nichtig      erklärt,   wenn       ein   relativer   Löschungsgrund   oder   die   absoluten
Löschungsgründe aus von Amts wegen wahrzunehmenden Gründen (§ 33 MSchG)
oder wegen Bösgläubigkeit bei der Markenanmeldung (§ 34 MSchG) geltend gemacht
wird. Die Nichtigerklärung der Marke wirkt rückwirkend zum Beginn ihrer Schutzdauer.
Für verfallen wird eine Marke nach § 34a Abs 4 MSchG dann erklärt, wenn sich das
Löschungserkenntnis auf einen anderen absoluten Löschungsgrund stützt, also wegen
Entwicklung zu einem Freizeichen (§ 33b MSchG) oder wegen Irreführungseignung
(§ 33c MSchG). Wird die Marke für verfallen erklärt, dann treten die Rechtsfolgen zum
Zeitpunkt der Antragstellung ein. Mittels Antrages einer Partei besteht jedoch die
Möglichkeit, die Rechtsfolgen des Löschungserkenntnisses bereits zu einem früheren
Zeitpunkt eintreten zu lassen. Dies ist dann möglich, wenn der Verfallsgrund schon vor
der Antragstellung verwirklicht wurde. Die Rückwirkung wird jedoch bei einem
Löschungserkenntnis wegen Nichtbenutzung höchstens bis zum Ablauf des fünften
Jahres nach dem Ende der Benutzungsschonfrist beschränkt.

5. Verfahren

Die Markenlöschung wegen Entwicklung zu einem Gattungsbegriff kann nicht nur
mittels Löschungsantrages geltend gemacht werden. Je nach Verfahren kann auch
eine Einrede oder eine Klage zur Löschung führen. In diesem Kapitel erfolgt ein
verfahrensrechtlicher Überblick.
Im vorherigen Kapitel wurde die Wirksamkeit des Löschungserkenntnisses erörtert.
Das Löschungserkenntnis wegen Entwicklung zum Gattungsbegriff wirkt auf den
Zeitpunkt der Antragsstellung bzw bei entsprechendem Parteiantrag auf das erwiesene
Datum, an dem sich die Marke zum Freizeichen entwickelt hat, zurück. Mittels Einrede
kann die Entwicklung der Marke zum Gattungsbegriff im Löschungsverfahren nach
§ 30 MSchG nicht eingewendet werden. Es ist vielmehr vom Antragsgegner ein
selbstständiger Löschungsantrag einzubringen. In weiterer Folge ist das Verfahren
nach § 30 MSchG wegen Präjudizialität zu unterbrechen.81
Im Verletzungsprozess hingegen kann der Beklagte dem Kläger die einredeweise
Geltendmachung wegen Entwicklung zum Freizeichen entgegenhalten.82 Dabei trägt
der Beklagte die Behauptungs- und Beweislast. Das bedeutet, der Markeninhaber kann
den Anspruch abwehren, wenn er behauptet und nachweist, dass er sich stets gegen

81   OPM Om 12/12 Flüüügel.
82   EuGH C-145/05 Levi Strauss.

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