Die Meinungsmacht der Intermediäre

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Die Meinungsmacht der Intermediäre
Dieter Dörr                                                   2019-06-14T19:15:03

Seit Wochen diskutiert halb Deutschland über das Rezo-Video, über die Reaktion
von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und die Frage, ob sie damit
der Zensur im Internet das Wort redet Leider geht die ganze Diskussion am
Kern der wirklichen Probleme vorbei. Diskussionswürdig ist nicht, dass das
Video von Rezo von der Meinungsfreiheit geschützt ist und neue Regeln
für solche Äußerungen in Wahlkampfzeiten entschieden abzulehnen sind.
Vielmehr gilt es darüber nachzudenken, wie der potenziellen Meinungsmacht der
Intermediäre, also YouTube, Facebook, Instagram, Google & Co, begegnet und der
diskriminierungsfreie Zugang zu den Plattformen gesichert werden kann.

Meinungsfreiheit
Videos wie das von Rezo ausgestrahlte fallen selbstverständlich unter den
Schutz der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG, das in den Worten des
Bundesverfassungsgerichts zu den „vornehmsten Menschenrechten überhaupt“
zählt. Das Rezo-Video mit seiner jugendgerechten Sprache und seiner vielfach
belegten Kritik, die man teilen oder auch ablehnen kann, stellt im besten Sinne
einen Beitrag zum „Kampf der Meinungen“ mit geistigen Mitteln dar, der das
Lebenselement einer freiheitlichen Demokratie bildet.

Wie alle Meinungsäußerungen unterliegen auch solche Videos den „allgemeinen
Gesetzen“ im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG. Insoweit ist selbstverständlich auch
das Internet kein rechtsfreier Raum, wie manche gelegentlich glauben machen
wollen. Aber kein allgemeines Gesetz verbietet es einem YouTuber oder der Presse,
sich politisch zu positionieren und sich für oder gegen eine oder mehrere Parteien
auszusprechen. Etwas anderes gilt nur für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der
gemäß § 11 Abs. 2 RStV die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der
Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit seiner Angebots
zu berücksichtigen hat.

Die Presse und der öffentlich-rechtliche sowie der private Rundfunk haben
zudem nach Maßgabe der Pressegesetze bzw. des § 10 RStV noch die
journalistischen Sorgfaltspflichten zu beachten. Gegenstand journalistischer
Sorgfaltspflichten sind allerdings lediglich Tatsachenbehauptungen, nicht aber
Meinungsäußerungen. Zu den journalistischen Sorgfaltspflichten gehören etwa
die Pflicht zur sorgfältigen Recherche, zur Zitattreue, einen Mindestbestand an
Beweistatsachen zusammenzutragen und Quellen zu überprüfen und ggfs. weiter zu
recherchieren. Für Telemedien, zu denen die über YouTube ausgestrahlten Videos
gehören, gilt dies nur, wenn diese journalistisch-redaktionell gestaltet sind, was
bei solchen Videos regelmäßig nicht der Fall ist. Man kann durchaus diskutieren,
ob auch für Laien und Influencer im Netz journalistische Sorgfaltspflichten gelten
sollten. Aber selbst, wenn dies in Zukunft der Fall wäre, hätte Rezo mit seinem

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Video nichts zu befürchten. Er hat sorgfältig recherchiert und seine Quellen
dokumentiert. Daher wäre eine Verletzung von Sorgfaltspflichten im konkreten Fall
ausgeschlossen.

Intermediäre
Wenn man sich ernsthaft mit der massenhaften Verbreitung bildlicher Äußerungen
und deren regulatorischer Relevanz beschäftigt, ist es unerlässlich, die
Intermediäre und deren Markt- und Meinungsmacht in den Blick zu nehmen.
Unter „Intermediären“ versteht man Dienstetypen, die durch Aggregation,
Selektion und Präsentation Aufmerksamkeit für von Dritten erstellte, aber auch
gelegentlich für eigene Inhalte erzeugen. Deren besondere Rolle hängt mit den
dramatischen Veränderungen zusammen, die die Digitalisierung auch und gerade
für den Medienbereich mit sich bringt. Diese Veränderungen sind zu einem
nicht unbeachtlichen Teil technikgetrieben. So ist es in der digitalen Welt für den
Einzelnen möglich geworden, Äußerungen jedweder Art massenhaft zu verbreiten
und Zugang zu allen verbreiteten Informationen zu erhalten. Dazu genügt, um nur
ein Beispiel zu nennen, bereits ein handelsübliches Headset bzw. Mikrofon und eine
Webcam, um aus dem eigenen Wohnzimmer per Videostream zu senden oder die
Aufnahmen als Video on demand auf Abruf zur Verfügung zu stellen.

Dies hat zur Folge, dass jedenfalls quantitativ die Informationsangebote um ein
Vielfaches größer sind als in den Zeiten, als das lineare öffentlich-rechtliche
Fernsehen dominierte. Es gibt längst nicht nur wesentlich mehr Fernseh- und
Hörfunkprogramme. Mit dem Siegeszug des Internets sind elektronische Angebote
der Printverlage, Blogs und eben auch User Generated Content hinzugetreten.
Den Bürgerinnen und Bürgern steht eine nahezu unübersehbare Angebotsfülle zur
Verfügung, die auch ohne Schwierigkeiten, meist mit einem Klick, zugänglich ist.

Entscheidend dafür sind aber die „Intermediäre“, die eine massenhafte Verbreitung
und einen algorithmengesteuerten Zugang zu Inhalten und Informationen gleich
welcher Art überhaupt erst möglich machen. Sie vermitteln zwischen den Angeboten
und den Nutzern. Dabei handelt es sich in der Regel um fremde Inhalte und
Informationen. Es ist aber keineswegs ausgeschlossen, dass Intermediäre auch
eigene Inhalte und Informationen produzieren, verbreiten und dazu den Zugang
vermitteln. Ohne die Intermediäre wäre die Flut von den im Internet vorhandenen
Angeboten für die Nutzer nicht zu bewältigen. Dabei bedienen sich die Intermediäre
Algorithmen, also Computerprogrammen, um ihre Selektionsleistungen erbringen
zu können. Damit bestimmen Intermediäre ganz wesentlich über die Reichweite
und die Auffindbarkeit der im Internet vorhandenen Angebote, also wirken sich
entscheidend darauf aus, welche Themen, Meinungen und Inhalte von den Nutzern
wahrgenommen und für relevant gehalten werden. Diese Entwicklung erhält
für das Medienrecht eine besondere Bedeutung, wenn die betreffenden Inhalte
meinungsrelevant sind bzw. sein können.

Bei den Intermediären kann man mit den Landesmedienanstalten zwischen
Sozialen Netzwerken, Videoportalen, Instant Messengern und Suchmaschinen
unterscheiden. Für diese Unterscheidung spricht insbesondere, dass das

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Marktforschungsinstitut Kantar TNS im Auftrag der Landesmedienanstalten seit
2016 eine bevölkerungsrepräsentative Befragung in Deutschland durchführt und
in den vier Kategorien 19 Intermediäre namentlich abfragt. Dadurch werden für die
vier Kategorien jeweils eigene Daten ausgewiesen. Unter einem sozialen Netzwerk
wird ein Dienst verstanden, der die Möglichkeit zu einem Informationsaustausch
und Beziehungsaufbau bietet. Die dadurch entstehende Online-Community
kommuniziert und interagiert entsprechend der Möglichkeiten der jeweiligen
Plattform im virtuellen Raum. Die bekanntesten und am weitesten verbreiteten
sozialen Netzwerke sind Facebook, Instagram, Snapchat, Twitter sowie Google+.
Bei den Videoportalen, mit deren Hilfe der Einzelne eigene Videos einem globalen
Markt kostengünstig und nahezu ohne Zugangshindernisse zugänglich machen
kann, ist YouTube mit Abstand am populärsten. Instant Messenger sind Dienste,
die eine Kommunikationsmethode anbieten, bei der sich zwei oder mehr Teilnehmer
per Textnachrichten unterhalten. Der mit großem Abstand in Deutschland wichtigste
Instant-Messenger-Dienst ist WhatsApp. Der rasante Zuwachs an Angeboten in
der digitalen Welt geht zudem mit einem erheblichen Verlust an Übersichtlichkeit
einher. In dieser Situation gewinnen die Suchmaschinen an Bedeutung. Sie bringen
– jedenfalls auf den ersten Blick – Ordnung in das digitale Chaos und machen
in der digitalen Welt Inhalte überhaupt erst zugänglich und damit wahrnehmbar
und nutzbar. Dabei bedienen sich die Suchmaschinen bei Anfragen der Nutzer in
Algorithmen festgeschriebenen abstrakten Kriterien, die nicht auf die „inhaltliche
Vielfalt der Meinungen“ sondern auf die „Relevanz“ eines Angebots abstellen.

Die Intermediäre besitzen also bei der massenhaften Verbreitung von textlichen oder
bildlichen Äußerungen, die von Einzelnen stammen und zur öffentlichen Meinungs-
und Willensbildung beitragen können, also bei der Verbreitung von User Generated
Content, eine zentrale Bedeutung. Zudem spielen sie auch für das Auffinden dieser
Inhalte die entscheidende Rolle.

Wer sieht denn noch fern?
Aus der Befragung der Kantar TNS ergibt sich, dass sich 2018 bereits über ein
Drittel der deutschen Bevölkerung, nämlich 34,2 Prozent, an einem Durchschnittstag
über mindestens einen Intermediär über das Zeitgeschehen informierte, wobei allein
25,2 Prozent auf eine Suchmaschine, also ganz überwiegend auf Google, entfielen.
17,8 Prozent nutzten ein oder mehrere soziale Netzwerke zu diesem Zweck und
lediglich 7,4 Prozent einen Instant Messanger, wobei 4,1 Prozent auf WhatsApp
entfallen, der sich zwar hoher Beliebtheit erfreute, aber meist der persönlichen
Kommunikation mit Freunden und Bekannten diente.

Unter den Angeboten spielten die über YouTube verbreiteten Videos inzwischen
auch für die öffentliche Willensbildung eine ganz erhebliche Rolle. Zwar ist
einzuräumen, dass sich darunter neben Brisantem auch Banales findet, das keine
publizistische Relevanz besitzt. Auch die Klickzahlen von ca. 15 Millionen, die
das für die öffentliche Willensbildung brisante Rezo-Video erzielte, belegen allein
noch nicht, wie viele Personen sich dahinter verbergen und wie viele das Video nur
angespielt, aber nicht zu Ende gesehen haben. Aber die Landesmedienanstalten
ermitteln in ihrem Vielfaltsbericht verlässlich, in welchem Umfang die von

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Intermediären verbreiteten Angebote zur Information genutzt werden. Dabei kam
YouTube bei der Gesamtbevölkerung im Jahr 2018 auf einen täglichen Anteil von
6,7 Prozent, wenn es um die Information über das Zeitgeschehen geht. Es lohnt sich
aber, einen besonderen Blick auf die 14 bis 29-Jährigen zu werfen, weil dies eine
Prognose für die künftige Entwicklung ermöglicht. Danach informierte sich bereits
mehr als jeder Fünfte (21,6 Prozent) dieser Altersgruppe an einem Durchschnittstag
über dieses Videoportal, wobei die Tendenz stark steigend ist. In dieser Altersgruppe
befinden sich zudem Google und Facebook auf Augenhöhe mit dem klassischen
Fernsehen bzw. haben dieses schon überflügelt.

Die durch Intermediäre massenhaft verbreiteten Äußerungen in Text, Bild oder Ton,
die von Einzelnen, etwa Influencern und ihren „Followern“ stammen, wirken sich
auch auf die Berichterstattung in den klassischen Medien, also in der Presse und
im Rundfunk aus und bestimmen teilweise die Themen. Dies machen etwa das
Beispiel des von Rezo verbreiteten Videos und die darauf erfolgenden Reaktionen
der klassischen Medien deutlich. Es findet also ein Zusammenspiel zwischen den
durch die Intermediäre massenhaft verbreiteten Inhalten und der Berichterstattung in
den klassischen Medien statt.

Darüber hinaus sind die großen Intermediäre kampagnenfähig, da sie sich auch
selbst zur Wahrnehmung ihrer Interessen ihres Instrumentariums bedienen können.
Dieser Umstand findet bisher kaum Beachtung.

Schließlich gilt es, sich die immer stärkeren Konzentrations- und
Monopolisierungstendenzen in diesem Bereich vor Augen zu halten, die dazu
geführt haben, dass zwei Unternehmen aus dem Silicon Valley dominieren. Bei den
Suchmaschinen hat ein Anbieter, nämlich Google, eine beherrschende Stellung
inne. Deutlich über 90 Prozent der allgemeinen Suchanfragen werden über Google
Search durchgeführt, so dass die Nutzung einer Suchmaschine in Deutschland, wie
in fast allen europäischen Staaten, gleichbedeutend mit „googeln“ ist. Hinzu kommt
aber, dass Google LL.C mit YouTube als Tochterunternehmen das erfolgreichste
Videoportal betreibt, das für Jüngere ein bedeutendes Informationsportal über das
Tagesgeschehen darstellt und in der Gruppe der 14 bis 29 jährigen mit 21,6 Prozent
täglicher Reichweite eine höhere Relevanz für die Meinungsbildung besitzt als die
Gesamtauflage aller deutschen Tageszeitungen. Das Unternehmen Facebook Inc.
betreibt nicht nur das in Deutschland für die Information über das Zeitgeschehen
bedeutsamste soziale Netzwerk Facebook, das sich bereits auf Augenhöhe mit dem
klassischen Fernsehen befindet. Vielmehr besitzt es mit Instagram ein weiteres
bedeutendes soziales Netzwerk, welches auch das Teilen von Fotos und Videos
ermöglicht, und mit WhatsApp den wichtigsten Instant Messenger. Die potentielle
Meinungsmacht wird noch dadurch verstärkt, dass Facebook Inc. diese Dienste
immer stärker miteinander verknüpft und plant, den Nachrichtenaustausch zwischen
den Diensten technisch zu verbinden.

Vielfalt sichern
Auf diese potenziell erhebliche Meinungsmacht der Intermediäre müssen die
Länder reagieren, da sie nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sind, eine

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Medienordnung zu schaffen, die vorherrschende Meinungsmacht verhindert sowie
die Vielfalt der bestehenden Meinungen vermittelt. Eine vielfältige und umfassende
Information bildet die Grundlage des Kommunikationsprozesses der Bevölkerung
und ist damit, wie die Meinungsfreiheit der YouTuber, ebenfalls Voraussetzung der
durch das Grundgesetz vorgegebenen freiheitlichen Demokratie. Dabei müssen die
Regelungen bei denjenigen ansetzen, die das Instrumentarium zur Verfügung stellen
und beherrschen, also den Intermediären. Die vorgeschlagenen Regelungen in dem
Entwurf eines Medienstaatsvertrags reichen dazu bei weitem nicht aus, auch wenn
dieser eine teilweise Einbeziehung von „Medienintermediären“ in den Staatsvertrag
vorsieht.

Zunächst ist es notwendig, die Präsenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
im Internet, also seinen Telemedienauftrag, zu stärken. Darauf hat das
Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum Rundfunkbeitrag vom 18. Juli
2018 (Rn. 79 f) unmissverständlich hingewiesen. Es betont, dass die Digitalisierung
der Medien und insbesondere die Netz- und Plattformökonomie des Internet
einschließlich der sozialen Netzwerke bei Anbietern, Verbreitern und Vermittlern
von Inhalten Konzentrations- und Monopolisierungstendenzen begünstigen. Daraus
folgt nach seiner überzeugenden Ansicht, dass angesichts dieser Entwicklungen
die Bedeutung der dem beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk
obliegenden Aufgabe wächst, durch authentische, sorgfältig recherchierte
Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderzuhalten, die Wirklichkeit
nicht verzerrt darzustellen und das Sensationelle nicht in den Vordergrund
zu rücken, vielmehr ein vielfaltsicherndes und Orientierungshilfe bietendes
Gegengewicht zu bilden. Beschränkungen des öffentlich-rechtlichen Auftrags
wie das Verbot presseähnlicher Angebote, die dem Schutz privatwirtschaftlicher
Anbieter vor öffentlich-rechtlicher Konkurrenz dienen, sind zu dieser Zielsetzung
konträr, weil sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der Wahrnehmung seiner
zentralen Funktion als vielfaltsicherndes und Orientierung bildendes Gegengewicht
zu marktwirtschaftlichen Anbietern behindern. Allerdings wird es dem öffentlich-
rechtlichen Rundfunk nur gelingen, wenn er seinen Gemeinwohlauftrag, wie es der
Kommunikationswissenschaftler Christoph Neuberger ausdrückt, „in die Sprache
der sozialen Medien“ übersetzen kann. Dies erfordert eine Gratwanderung zwischen
seriösem Anspruch und der erfolgreichen Ansprache der Nutzerinnen und Nutzer.

Außerdem sind die zwei zu unterscheidenden Elemente der Vielfaltsicherung
zu betrachten, nämlich das Medienkonzentrationsrecht, das vorherrschende
Meinungsmacht verhindern muss (negative Vielfaltsicherung), und die
Auffindbarkeitsregulierung als Teil der positiven Vielfaltsicherung.

Das geltende Medienkonzentrationsrecht, das im Kern in § 26 RStV geregelt ist,
hat nahezu keinen Anwendungsbereich und ist fast ausschließlich fernsehzentriert.
Daher wird es dem Umstand nicht gerecht, dass vorherrschende Meinungsmacht vor
allem auch durch das Zusammenwirken verschiedener Massenmedien entstehen
kann. Daraus folgt, dass es dem verfassungsrechtlichen Gebot, vorherrschende
Meinungsmacht effektiv und vorbeugend zu verhindern, nicht gerecht wird. Aus
diesem Grunde ist eine Novellierung seitens der zuständigen Länder zwingend
geboten. Dabei müssen auch die Intermediäre in die Regelung einbezogen werden.

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Sie sind schon deshalb für die Meinungsbildung relevant, weil sie auch eigene
Inhalte anbieten. Zudem ermöglichen und organisieren sie die massenhafte
Verbreitung von Inhalten Dritter. Schließlich steuern und bestimmen sie mittels
Algorithmen und Personalisierung auch den Zugang zu diesen Informationen mit.
Daher sind sie für die öffentliche Willensbildung in der digitalen Medienwelt von
zentraler Bedeutung und in der Lage, diese in erheblichem Umfang zu beeinflussen.
Vor dem Hintergrund dieser Feststellung sind die Länder berechtigt und im Interesse
einer verfassungsrechtlichen gebotenen effektiven Vielfaltsicherung verpflichtet, ein
medienübergreifendes Vielfaltsicherungsrecht zu schaffen, das die Intermediäre
einbezieht.

Die im Entwurf des Medienstaatsvertrages diskutierten Vorschriften zur Regulierung
von Medienintermediären (Diskriminierungsfreiheit, Transparenz) nehmen
den Grundgedanken zur Auffindbarkeit entsprechend der Plattformregulierung
logisch auf, alle Intermediäre zu erfassen und gerade nicht nur solche, die (auch)
journalistisch redaktionelle Angebote Dritter aggregieren, selektieren und allgemein
zugänglich präsentieren. Auch die Beschränkung des Diskriminierungsverbots
auf „journalistisch-redaktionell gestaltete“ Angebote, „auf deren Wahrnehmbarkeit
die jeweiligen Medienintermediäre potentiell besonders hohen Einfluss haben“,
ist verfehlt. Die vorgeschlagenen Regelungen zur Transparenz und zur
Diskriminierungsfreiheit sollten daher auf alle Intermediäre erweitert und zeitnah
durch die Länder umgesetzt werden.

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