Die Pandemie: Erfahrungen und Lernfelder - | kindergruppen.at

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Die Pandemie: Erfahrungen und Lernfelder - | kindergruppen.at
Nr. 93
                                                                 Juni 2021

frische
                                                                   Euro 6,–

Bundesverband Österreichischer Elternverwalteter Kindergruppen

                                                                         Christoph Milek

Die Pandemie:
Erfahrungen und Lernfelder
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frische BÖE 93: Rezensionen

Neues für Leseratten

Die Wette
Antje Damm
    Moritz Verlag, Frankfurt/Main 2020               Matschen und Gatschen                             Ein Tag im Schnee
                                                     Hanna Schwarz, Irene Persché                      Ezra Jack Keats
    In ihrem neuen Buch kommen die jungen                                                              Carl-Auer Verlag GmbH , Heidelberg 2020
    und älteren Leser*innen wieder in den Ge­        Damit schon die Jüngsten zu Hause, in der
    nuss von Antja Damms liebevoll gestalteten       Kindergruppe oder im Kindergarten mit ein­        Als Peter eines Morgens aufwacht, liegt drau­
    Bildern, bei denen sie Szenen und Personen       fachen Materialien und Farben matschen            ßen überall Schnee. Peter ist ganz aufgeregt.
    aus Karton baut. Hein ist Gärtner und sollte     können, erstellten die Pädagogin Hanna            Er steht auf und geht die weiße Welt erkun­
    daher wissen, was Pflanzen brauchen, um          Schwarz und die Grafikerin Irene Persché ein      den. Den ganzen Tag lang experimentiert
    zu gedeihen. Das sind seiner Meinung nach        schön gestaltetes kleines Büchlein. Es ist im     er mit diesem wunderbaren neuen Stoff.
    ausreichend Wasser und Sonne. Lilo hinge­        handlichen Querformat, 50 Seiten stark und        Er zieht Fußspuren, baut Schneeengel und
    gen findet, Pflanzen brauchen Liebe und Auf­     mit Spiralbindung gefertigt. Im Fokus stehen      formt Schneebälle. Als er nach Hause kommt,
    merksamkeit. Sie erzählt ihrer Pflanze Gute­     dabei die Bedürfnisse des Kindes und die För­     fragt er sich: Wird der Schnee morgen im­
    nachtgeschichten und spielt ihnen auf der        derung der Körperwahrnehmung nach der             mer noch da sein? Aber er ist beruhigt: Er hat
    Flöte vor. Kein Wunder, dass Lilo die Wette      Theorie der Sensorischen Integration.             Schnee für morgen in die Tasche gesteckt ...
    gewinnt! Ab 5 Jahren.                            Mehr dazu: www.sensorischeintegration.at          Eine Geschichte, schon für die Allerkleins­
                                                                                                       ten. Die farbenfrohen und ausdrucksstarken
                                                                                                       Papier­collagen im reduzierten Stil bieten
                                                                                                       Raum zum Nachdenken. Ab 3 Jahren.

Wir bauen eine Hütte
Bernadette Vermeij, Gitte Spee                       Sveas Wanderung
    Moritz Verlag, Frankfurt/Main 2021               Carole Aufrank
                                                     Carl-Auer Verlag GmbH , Heidelberg 2021
    Freundschaft geht auch ohne viele Worte
    Häschen hat schöne, lange und weiche Ohren.      Svea und Heiko sind beste Freunde. Doch als
    Doch er kann mit ihnen nicht hören. Häschen      sie sich eines Tages beim Beerenpflücken aus
    möchte mit seinen Freunden eine Hütte im         den Augen verlieren, ist Svea plötzlich allein.
    Wald bauen. Alle sind von der Idee begeistert    Wie soll sie sich ohne Heiko im Wald              Das große Buch der Collagen
    und machen mit. Doch wenn sie etwas zu           zurechtfinden? Um ihren Freund wiederzu­          Maria Rivans
    ihm sagen, versteht Häschen nichts. Deshalb      finden, begibt sie sich auf eine lange            Midas Verlag, Zürich 2021
    fragt er ständig: „Was hast du gesagt?“ Den­     Wanderung, die am Ende nicht nur zurück zu
    noch versteht er, was alle meinen, denn sie      Heiko, sondern auch zu ihr selbst führt. Die      Ein Buchtipp eher für Schulkinder, die in
    umarmen ihn ja, schenken ihm etwas oder          Erzählung von Svea zeigt, dass die Freund­        den Ferien kreativ werden wollen: Im neuen
    drücken ihm einen Kuss auf die Wange. Und        schaft zu anderen genauso wichtig ist wie         Buch der britischen Künstlerin Maria Rivans
    schließlich bauen sie zusammen eine feine        die Freundschaft zu uns selbst. Vertrauen         finden sich nicht nur über 1.500 Objekte zum
    Hütte aus Ästen und Blättern. Als die Tiere      und Zuversicht in die eigene innere Stärke in     Ausschneiden und Kombinieren, sondern
    schlafen gehen, fiept Maus leise im Schlaf vor   Situationen, in denen wir auf uns gestellt        auch einige Seiten an Inspiration, Tipps für
    sich hin und Fuchs fängt ganz furchtbar zu       sind, sind der Schlüssel, gerade auch dann,       Werkzeug und schrittweise Anleitungen. Der
    schnarchen an. Nur Häschen stört das nicht,      wenn man sich wie Svea anfangs gar nicht          Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
    denn er hört ja nichts … Ab 5 Jahren.            so fühlt. Ab 3 Jahren.                                                             Julia Neider

2
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Editorial

Inhalt

Rezensionen                                                                                                         2              Liebe Leserin, lieber Leser!

                                                                                                                                    D
Editorial und Impressum                                                                                             3
Neuigkeiten aus dem BÖE -Büro und den Bundesländern                                                                 4
                                                                                                                                                er Sommer steht vor der Tür und
Die Pandemie: Erfahrungen und Lernfelder                                                                                                        die Sehnsucht nach einer Art
                                                                                                                                                von Normalität ist wohl bei den
COVID 19 – Risiko und Chance für unsere Kinder                                                                                      meisten Menschen groß. Viele unserer
Tina Neururer                                                                                                      9               Kindergruppenkinder hatten das Glück,
                                                                                                                                    in der geschützten Umgebung einer
Die Pandemie und der Föderalismus                                                                                                   Kleingruppe verhältnismäßig wenig von
Grete Miklin und Julia Neider                                                                                     12               den pandemiebedingten Belastungen
                                                                                                                                    mitzubekommen. Dafür sind wir besonders
Ein Jahr Pandemie: Betrachtungen aus den elementaren Betreuungseinrichtungen                                                        dankbar und bringen daher in dieser
quer durch die Bundesländer. Acht Pädagoginnen berichten                                                          14               Ausgabe Berichte von acht Pädagoginnen,
                                                                                                                                    die dies wie viele andere auch möglich
Gretes Kolumne                                                                                                    19               machten.
                                                                                                                                         Doch wie inzwischen allgemein
Die Kinder sind meine Normalität                                                                                                    bekannt ist, gab und gibt es Kinder,
Interview mit zwei Kinderkrippenpädagoginnen                                                                     20                Jugendliche, Erwachsene und Familien
                                                                                                                                    in großer Zahl, die im vergangenen Jahr
BÖE -Abschlussarbeit: Der Betreuungsschlüssel und die Betreuung in der Corona-Krise                                                 Belastungen ausgesetzt waren und
Marta Parrainer                                                                                                   22               weiterhin sind, die nicht einfach weg­-
                                                                                                                                    gesteckt werden können und uns als
sturm BÖE                                                                                                         24               Gesellschaft noch über Jahre beschäftigen
                                                                                                                                    werden. Sich damit auseinanderzusetzen
                                                                                                                                    und Lösungen zu finden, muss nun
                                                                                                                                    vordringliche Aufgabe von Politik und
                                                                                                                                    Gesellschaft sein. Die Voraussetzungen
                                                                                                                                    dafür, belastende Situationen unbeschadet
                                                                                                                                    zu überstehen, erläutert Tina Neururer
                                                                                                                                    in ihrem Beitrag ab Seite 8.
                                                                                                                                         Mit Spannung erwarteten wir die
                                                                                                                                    Rückmeldungen aus acht Bundesländern
                                                                                                                                    auf unsere Fragen zum Umgang mit Kinder­
                                                                                                                                    betreuungseinrichtungen und den Bestim­
                                                                                                                                    mungen zu COV I D -19. Die Fragen und
                                                                                                                                    Antworten finden Sie auf unserer Webseite,
                                                                                                                                    unsere Überlegungen dazu ab Seite 11 sowie
                                                                                                                                    in Gretes Kolumne auf Seite 17.
                                                                                                                                         Mit großer Freude können wir in dieser
                                                                                                                     Julia Neider

                                                                                                                                    Ausgabe den Start eines neuen Lehrgangs
                                                                                                                                    bekannt geben. Nach arbeitssamen Monaten,
                                                                                                                                    in denen wir unser altbewährtes Konzept
                                                                                                                                    überarbeiteten und ergänzten, kam am
Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz / Impressum: Medieninhaber, Herausgeber, für den Inhalt verantwortlich:                         15. Juni 2022 der Bescheid der Stadt Wien.
Verein »Bundesverband Österreichischer Elternverwalteter Kinder­g rup­pen« (BÖE) · Neustiftgasse 119/6, 1070 Wien                   Unser nächster Lehrgang startet im Februar
· Tel.: 01 409 66 40 · E-Mail: boe@aon.at · Obfrau: Stephanie Koppitz · Grundlegende Richtung: Informationszeitschrift              2022 in Wien. Details dazu auf Seite 5 bzw.
zum »Anderen Umgang« mit Kindern · Redaktion / Konzeption: Julia Neider · Grete Miklin · Layout / Grafik:                           auf unserer Webseite www.kindergruppen.at
Irene Persché, www.irenepersche.at · Fotos & Zeichnungen: wenn nicht anders angegeben: Kindergruppe                                      Ich wünsche Ihnen erholsame Wochen,
Kulturmosaik, Nancy Cao, Archiv frische BÖE , privat, Verlage · Lektorat: Inga Herrmann · Druck: Druckerei                          sonnige Tage und eine gute Lektüre der
Moser, Voitsberg · Verlagsort: Wien · Erscheinungsform: Einmal im Jahr. Namentlich gekennzeichnete Beiträge                         frischen BÖE.
                                                        müssen nicht die Meinung der Redaktion wiedergeben.
                                                       Alle Urheberrechte liegen bei den Autor*innen. Der BÖE                       Ihre Julia Neider,
                                                       wird gefördert aus Mitteln des Bundeskanzleramts.                            Redaktion frische BÖE
Die Pandemie: Erfahrungen und Lernfelder - | kindergruppen.at
frische BÖE 92: Neues aus dem BÖE -Büro und den Bundesländern

Neuigkeiten aus                                    Weitere wichtige Vernetzungsarbeit fin­           wirtschaft Österreich erarbeitete im Winter

dem BÖE -Büro                                      det über „Auftrag Bildung. Trägerinitiative
                                                   Kinderbetreuung“ statt, einem Zusammen­
                                                                                                     2021 ein Positionspapier für die Übernahme
                                                                                                     der Kosten bei Freistellung schwangerer
                                                   schluss bundesweit bzw. länderübergrei­           Mitarbeiterinnen wegen Zytomegalie. Der
    Seit Juni 2021 ist der BÖE nun auch in Wien    fend tätiger, gemeinnütziger Träger privater      BÖE und die Landesverbände setzen sich
    zertifizierter Lehrgangsanbieter! Wir freuen   Kinder­bildungs-  und Betreuungseinrichtun­       intensiv in allen wichtigen Gremien für das
    uns sehr, dass unser Konzept angenommen        gen. Ziel dieser Initiative ist es, praktisches   Thema ein.                      Grete Miklin
    wurde. Im Zuge dessen begrüßen wir einige      Know-how und fachliche Inputs gezielt
    neue Referent*innen, die im Sinne des An­      einzubringen. Die wichtigsten Anliegen
    deren Umgangs potentielle Kindergruppen­       sind: Fachkräftemangel, nachhaltige Ver­
    betreuungspersonen und Tageseltern ausbil­     besserung der pädagogischen Qualität, die
    den werden. Als Kooperationspartner für die    Gestaltung österreichweiter, den wissen­
    Praktika konnten wir das Hilfswerk und die     schaftlichen Erkenntnissen angepasster Rah­
    Nicolausstiftung gewinnen.                     menbedingungen sowie die Durchforstung
        Der BÖE war in den letzten zwölf Mo­       des Förderdschungels. Im letzten Jahr fand
    naten intensiv in das Rebranding und die       ein guter Austausch und Hilfestellung über
    Neuausrichtung von EduCare involviert.         die Landesgrenzen hinweg statt.
    EduCare ist ein überparteilicher österreich­       Sowohl EduCare als auch die Trägerin­
    weiter Verein, der sich aus einem Netzwerk     itiative wurden in den Bildungsbeirat be­
    von Vertreter*innen elementarer Bildung        stellt. Dieser wurde im Herbst 2020 vom Bil­
    zusammensetzt. Die Begegnung von Pra­          dungsministerium ins Leben gerufen, mit
    xis und Wissenschaft ist Grundlage für         dem Ziel, die Rahmenbedingungen in der
    den umfassenden Gedankenaustausch mit          Elementarpädagogik anzuheben und öster­            BÖE -Ausbildungslehrgang
    dem Ziel, dass jedes Kind in Österreich in     reichweite Mindeststandards einzuführen.           2022 – 2023 für Kindergruppen­
    seiner elementaren Bildungseinrichtung             Das Thema Zytomegalie erhielt im ver­          betreuungspersonen und
    bestmögliche Anregung und Begleitung           gangenen Jahr aufgrund der Bestimmun­              Tagesmütter oder Tagesväter
    erfährt. EduCare bietet verschiedene For­      gen und Freistellungen von Schwangeren
    men der Mitgliedschaft, sowohl für Einzel­     wegen COV I D -19 eine Verschnaufpause.            Beginn am 26. Februar 2022,
    personen als auch Institutionen. Die Vor­      Leider hat sich daher sowohl auf Bundes-           Ende im März 2023
    teile einer Mitgliedschaft finden sich unter   als auch Landesebene diesbezüglich in den
    www.edu-care.at                                letzten Monaten nichts bewegt. Die Sozial­         Der BÖE -Ausbildungslehrgang führt als
                                                                                                      berufsbegleitende Ausbildung innerhalb
                                                                                                      von 13 Monaten zum Abschluss mit dem
    Fasching in der Kindergruppe: Die selbstgemachten Masken passen zu jeder Verkleidung.             Zertifikat des BÖE .
                                                                                                          Er berechtigt in den Bundesländern
                                                                                                      Wien, Niederösterreich, Kärnten, Tirol
                                                                                                      und Vorarlberg, als pädagogische Fach­
                                                                                                      kraft im Kinderbetreuungsbereich zu
                                                                                                      arbeiten.
                                                                                                          Des Weiteren sichert der BÖE -Lehr­
                                                                                                      gang die Qualität der Betreuungseinrich­
                                                                                                      tungen und hilft, sie weiterzuentwickeln.
                                                                                                          Dafür ist die Unterstützung von Wis­
                                                                                                      senserwerb genauso wichtig wie das
                                                                                                      Ermöglichen von Erfahrungsaustausch,
                                                                                                      Praxisreflexion und Selbsterfahrung.
                                                                                                      Die Workshops finden an Wochenenden
                                                                                                      statt.
                                                                                                      Information & Anmeldung:
                                                                                                      BÖE-BZ : Julia Neider, Grete Miklin,
                                                                                                      T 01 409 66 40, boe@aon.at
                                                                                                      www.kindergruppen.at

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Die Pandemie: Erfahrungen und Lernfelder - | kindergruppen.at
Neues aus                                                   Betreuungsformen neben den öffentlichen

Vorarlberg                                                  Einrichtungen nicht aus der Bildungsland­
                                                            schaft verschwinden – also dass die Vielfalt
                                                            an Kindergruppen, Spielgruppen, Waldgrup­
Mehr Kontakt zu den (neuen) politisch Ver­                  pen, Montessori-  oder Waldorfgruppen etc.,
antwortlichen im Elementarbereich und                       die Vorarlberg bis jetzt ausgezeichnet haben,
mehr Gehör für die Anliegen und Bedürfnisse                 erhalten und für Eltern leistbar bleibt.
der privaten Träger haben wir uns vom nun
zuständigen Ressort „Elementarpädagogik,                    Zu Corona
Schule und Gesellschaft“ gewünscht, und die                 Die Umfrage des Familienministeriums Ende
eine und andere Tür hat sich auch geöffnet.                 letzten Jahres hat auch in Vorarlberg sichtbar
    Der Landesverband ist Teil der Arbeits­                 gemacht, dass die Herausforderungen auf­
gruppe, die sich mit dem Kinderbildungs-                    grund von Corona vielfach auf den Schultern
und -betreuungsgesetz auseinandersetzt                      der Träger lasten – egal welche Themen es
und wird zu den – aus aktuellem Anlass                      betrifft: finanzielle, zwischenmenschliche
regelmäßig stattfindenden – elementar­                      oder organisatorische – und dass hier eine

                                                                                                             Hanna Schwarz
pädagogischen Gipfelgesprächen zu Coro­                     entsprechende Müdigkeit deutlich wird.
na-Themen hinzugezogen. Das ist die gute                        Positiv: Eine finanzielle Entlastung gab
Nachricht.                                                  es für die Eltern, durch die Förderung der
    Gehört werden ist das eine, entsprechen­                Elternbeiträge durch die L RG und Gemein­
de Verbesserungen zu erreichen, das andere.                 den. Die privaten Träger bleiben leider auf                lies Pichler nach 14 Jahren Kassiertätigkeit
Mitunter reicht die direkte Kommunikation                   nicht eingeplanten Mehrkosten sitzen und                   für den Landesverband. An dieser Stelle ein
mit den politisch Verantwortlichen noch                     leisten unbezahlte Mehrstunden für die                     großes Dankeschön an Marlies Pichler und
nicht aus und die Medien und Eltern müssen                  Organisation und Administration. Eine ent­                 die besten Wünsche für die Zukunft.
zur Unterstützung miteinbezogen werden.                     sprechende Förderung sei nicht vorgesehen,                     „2035 ist Vorarlberg der chancenreichste
    Aktuelles Beispiel: die Streichung der                  ließ der Fachbereich der L RG wissen.                      Lebensraum für Kinder“ wirbt die Landes­
Förderung der Elternbeiträge für Vier-  und                     Für die Corona-Gefahrenzulage gab es                   regierung mittels einer großangelegten
Fünfjährige in privaten Betreuungseinrich­                  schlussendlich doch eine Förderung durch                   Image-Kampagne für die neue Marke
tungen. Träger standen vor dem Aus, und                     Land und Gemeinden – allerdings nur für                    Vorarlberg.
Eltern, die ihre Kinder bereits für das nächs­              das Personal, das in der Personalkostenför­                    Wir versprechen, dass wir die L RG mit
te Betreuungsjahr angemeldet hatten, vor                    derung aufscheint.                                         vollen Kräften darin unterstützen und
der Situation, ihre Kinder nicht mehr in die                    Für Zivildiener, Praktikantinnen oder                  sie darüber informieren werden, welche
Betreuungseinrichtung ihres Vertrauens                      integrative Mitarbeitende mussten die                      Rahmen­bedingungen Kinder, Eltern, Päda­
schicken zu können, weil das nicht mehr                     Träger die Corona-Prämie zur Gänze selbst                  goginnen / Pädagogen und Träger für einen
leistbar war.                                               übernehmen.                                                chancenreichen Lebensraum benötigen. In
    Die Streichung wurde nun von der Lan­                                                                              diesem Sinne krempeln wir die Ärmel hoch
desregierung um ein Jahr, auf Herbst 2022,                  Und dann sind da noch …                                    und nehmen uns als Erstes die offenen Bau­
verschoben, um Einrichtungen und Eltern                     … alte Baustellen, die durch Corona in den                 stellen vor ...        Bea Madlener-Tonetti
mehr Zeit zu geben, sich neu organisieren                   Hintergrund gerieten: keine einheitliche
zu können. Der Landesverband und die                        Personalkostenförderung durch die Gemein­
privaten Träger möchten sich in diesem Jahr                 den, Schlechterstellung der Spielgruppen, zu               Tirol
vor allem dafür einsetzen, dass alternative                 wenig Vorbereitungszeit für die Pädagogin­
                                                            nen/Pädagogen in Spiel- und Kindergruppen,                 Novelle Tiroler Kinderbildungs-
                                                            kaum Leitungsstunden, Nichtanerkennung                     und -betreuungsgesetz
                                                            von Ausbildungen …                                         Wir sind derzeit sehr mit der Novelle des Tiro­
                                                                Der Vorstand des Landesverbandes hat                   ler Kindebildungs-  und -betreuungsgesetzes
                                                            in den nächsten zwei Jahren alle Hände                     beschäftigt. Das Gesetz soll im Oktober im
                                                            voll zu tun. Bei der Generalversammlung                    Landtag verabschiedet werden, aber bis jetzt
                                                            am 19. 1. 2021 wurden Bea Madlener-Tonetti                 gibt es noch keine Gesetzesvorlage. Da der
                                                            und Angelika Hagspiel als Obfrau und Ob­                   Dachverband derzeit die Rolle des Sprechers
                                                            frau-Stellvertreterin bestätigt. Christl Hack­             der Plattform Kinderbetreuung Tirol inne­
                                                            spiel und Manuela Lehner-Künz bleiben dem                  hat, wurden wir in die Vorverhandlungen
                                                            Verband als Beiräte und Julia Meusburger                   einbezogen. Wir haben zwei Jahre Vorarbeit
                                                            als nunmehrige Kassiererin erhalten. Neue                  geleistet und hoffen, dass wir unsere Ideen
                                                            Unterstützung erhält der Vorstand durch                    und Vorstellungen in den Arbeitssitzungen
                                                            Natalie Zuderell (Schriftführerin), Yvonne                 gut erklären können (und damit auch unser
                                                            Antretter-Wiedl und Birgit Schuler (Beiräte).              Gegenüber überzeugen können). Wir gehen
                                            Hanna Schwarz

                                                                Verabschiedet aus dem Vorstand haben                   davon aus, dass es eine „große“ Novelle wird,
                                                            sich Martina Gächter und Markus Herbur­                    die die Weiterentwicklung von Tirols Kinder­
                                                            ger als Beiräte nach zwei Jahren und Mar­                  betreuungslandschaft sehr prägen wird.
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frische BÖE 93: Neues aus den Bundesländern

    Aufbaulehrgang für Assistentinnen                  einsmitglied oder als pädagogische / r Mit­
    Ein freudiges Ereignis hat im Mai stattgefun­      arbeiter*in für die private Kinder­bildung und
    den: Es ist uns gelungen, für unseren BZ -Lehr­    -betreuung in den letzten 30 Jahren einge­
    gang für Assistent*innen in Kindergärten,          setzt haben: Wir sagen „Danke!“ für 600.000
    Kinderkrippen und Horten einen Aufbau­             ehrenamtliche Stunden. Durch den persönli­
    lehrgang zu organisieren: Alle Teilnehmer*         chen Einsatz von so vielen wurden besondere
    innen schließen diesen BZ -Aufbaulehrgang          Orte des Wachsens und Lernens für Kinder
    mit einem Zertifikat ab, das ihnen erlaubt, als    und Erwachsene geschaffen. Aufgrund dieses
    Pädagogin / Pädagoge in der Kinderkrippe zu        Engagements gibt es eine vielfältige, profes­
    arbeiten. Im Mai fand das erste Modul dieses       sionelle private Kinderbetreuung in Tirol.
    Lehrgangs statt. Alle teilnehmenden Assis­                                        Birgit Scheidle
    tent*innen sind sehr motiviert und freuen                                                            für die Kinder gibt. Dies stößt natürlich bei
    sich über diese Möglichkeit der Fortbildung.                                                         den Eltern und Pädagoginnen / Pädagogen
    In Zukunft wird nach Bedarf dieser Auf­            Niederösterreich                                  auf die Frage: Wenn wir alle Steuern zahlen
    baulehrgang ca. alle zwei Jahre organisiert                                                          und dies von Steuergeldern finanziert wird,
    werden.                                            In Niederösterreich ist trotz Corona in den       warum gibt es diese Tests nicht auch in den
                                                       Kindergruppen wieder der Alltag eingezo­          Tagesbetreuungseinrichtungen? Auf Nach­
    30 Jahre Dachverband Selbstorga-                   gen. Es sind (fast) alle Kinder da und diese      fragen vom N EK an das Land NÖ kommt
    nisierte Kinderbetreuung Tirol                     werden professionell betreut. Die verschie­       immer die gleiche Antwort: Die Kinder­
    Der Dachverband wurde letztes Jahr 30 Jahre        denen Lockdown-Bestimmungen sind uns              gärten und Privatkindergärten haben eine
    alt. Wir konnten Corona-bedingt leider nicht       allen (halbwegs) vertraut und wir kennen          Weisung, Tagesbetreuungseinrichtungen
    feiern. Und auch heuer mussten wir unser           uns (meistens) aus. Die Kinder und Pädago­        bekommen „nur“ eine Empfehlung. Dass
    Fest verschieben. Anlässlich dieses Jubiläums      ginnen / Pädagogen arbeiten gemeinsam an          diese Empfehlung und die Kommunikation
    gibt der Dachverband eine Broschüre über die       Themen, die die Gruppen beschäftigen, und         über Medien den Druck auf uns durch die
    Entwicklung der letzten Jahre heraus – ein         sind froh, dass das Zusammenleben wieder          Elternschaft erhöht, die die Sicherheit ihrer
    paar Zahlen aus dem Folder: Heute sind 35 %        (halbwegs) normal funktioniert.                   Kinder gefährdet sieht, ist hier der logische
    aller Tiroler Kinder unter drei Jahren, die eine        Trotzdem fällt uns immer wieder auf,         Schluss. Dass bei Kosten von 9,– € pro Test
    Kinderbetreuungseinrichtung besuchen, in           dass es durch die Corona-Pandemie zu ei­          für ein Kind und drei Tests die Woche hier
    unseren Kinderkrippen, Kindergruppen und           nem Ungleichgewicht kommt oder, genauer           schnell viel Geld zusammenkommt, ist klar;
    Spielgruppen angemeldet! Insgesamt be­             gesagt, dieses mehr ins Auge fällt als bisher.    dass sich Gruppen, die gemeinnützig und
    treuen unsere Mitglieder in 155 Einrichtun­        Da haben wir einerseits Familien, in denen        mit einem ausgeglichenen Budget arbeiten,
    gen ca. 3.500 Kinder! Unser Dank geht an alle,     zum großen Teil die Mütter die meiste Ar­         dies nicht leisten können, auch. Doch dass es
    die sich als ehrenamtlicher Vorstand, als Ver­     beit machen, und dies oft neben dem Home­         in Niederösterreich auch anders geht, sehen
                                                       office. Es wird von den Eltern erwartet, dass     wir jeden Tag: Es gibt viele Testmöglichkei­
                                                       die Mehrfachbelastungen und Sorgen ein­           ten, die für die Pädagoginnen / Pädagogen
                                                       fach durchgestanden werden und alles läuft        kostenlos sind. Die Pädagoginnen / Päda­
                                                       wie vor der Pandemie. Dass es nicht möglich       gogen, die impfen gehen wollten, sind in
                                                       ist, Kinder zu betreuen und gleichzeitig zu       Niederösterreich geimpft. Auch dies hat rei­
                                                       arbeiten, ist jeder Mutter und jedem Vater        bungslos funktioniert. Wieso funktioniert
                                                       spätestens seit dem ersten Lockdown klar.         es also beiden Jungen nicht? Hier braucht
                                                            Leider gibt es in Niederösterreich ins­      es unserer Meinung nach dringend eine
                                                       titutionelle Unterschiede. So hat der N EK        Gleichbehandlung der verschiedenen Insti­
                                                       vom Land NÖ immer wieder die Rückmel­             tutionen, denn unsere Kinder und Jugend­
                                                       dung bekommen, dass F F P 2-Masken, Tests         lichen sind in Hinblick auf ihre Gesundheit,
                                                       für Pädagoginnen / Pädagogen (bevor es            aber auch in anderer Sicht Leidtragende. Im­
                                                       die flächendeckenden Massentests gab)             merhin wurde ihnen von einem Tag auf den
                                                       und Tests für die Kinder, hier besonders die      anderen das soziale Umfeld entzogen, und
                                                       Schulkinder in der Ferienbetreuung, Träger­       das für einen langen Zeitraum.
                                                       sache sind und nicht Aufgabe des Landes               Immer wieder wird in Studien und
                                                       Niederösterreich. Gleichzeitig wird in den        durch die Medien darauf hingewiesen, dass
                                                       Medien berichtet, dass es in allen Kinder­        unsere Jüngsten leiden. Doch da Kinder und
                                                       gärten und Privatkindergärten Lollipoptests       Jugendliche keine Lobby haben, wurde es

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akzeptiert. Dies sehen wir sehr kritisch, da
es unsere Arbeit und die der Pädagoginnen /
Pädagogen maßgeblich beeinflusst.
    Jugendliche, die sich in der Zeit des Auf­
bruchs von zu Hause befinden, werden seit
über einem Jahr dort „geparkt“. Schulkinder,
die immer gejammert haben, dass sie nicht
in die Schule wollen, freuen sich nun, wieder
mal normal in diese gehen zu dürfen. Kinder
und Jugendliche, die gerne Sport betreiben,
wurden lange Zeit daran gehindert, da es
kein Angebot geben durfte. Außerdem wur­
den sie stattdessen oftmals vor dem Fern­
seher oder sonstigen Geräten geparkt. Dies
geschieht, da die Erziehungsberechtigten in
einem ständigen Zwiespalt sind, denn sie
müssen arbeiten und sollen gleichzeitig die
Schule vertreten. Dies führt zu noch mehr
Bewegungsmangel. Doch nicht nur der Ver­
such, Homeoffice mit Homeschooling zu            Diesem Ungleichgewicht in der Gleichbe­           ist es auch wichtig, dass die Pädagoginnen /
vereinbaren, führt oft zu einem mehr an          rechtigung und der Erfüllung der Bedürfnisse      Pädagogen ihre Rolle reflektieren.
Medienzeit. Schulkinder müssen nun ihren         versuchen wir in den Gruppen durch unsere              Da die Pädagoginnen / Pädagogen situa­
Unterricht am PC absolvieren und sitzen oft      Grundhaltung entgegenzuwirken, indem              tionsorientiert arbeiten und die Impulse der
bis zum Nachmittag durchgehend am Lap­           wir die Kinder befähigen, Grenzen zu akzep­       Kinder in ihre Arbeit aufnehmen, können so
top und loggen sich von einer Onlinestunde       tieren, Verantwortung zu übernehmen, mit          auch die notwendigen Freiräume geschaf­
zur nächsten ein.                                Erfolg und Misserfolg umzugehen sowie ei­         fen werden, die Kinder brauchen. Durch
    Eltern, die Angst haben, dass sich ihre      gene Stärken und Schwächen wahrnehmen             die Auswirkungen der Corona-Pandemie
Kinder anstecken könnten oder nicht wol­         zu können. Die Pädagoginnen/Pädagogen             werden wir hier in nächster Zeit genauer
len, dass sie getestet werden, lassen diese      stießen im letzten Jahr vermehrt auf Kinder,      hinschauen müssen, um die Kinder dort ab­
zu Hause. Ich habe vor kurzem mit einer          die von der Pandemie aus der Bahn geworfen        zuholen, wo sie gerade sind, und auch even­
Mutter geredet, die ihr Kind seit Beginn         wurden.                                           tuelle Nachwirkungen dieser krisenreichen
der Pandemie zu Hause hat, und dies unter            Durch den Anderen Umgang, der als             Zeit auszugleichen.
strenger Kontrolle, da der Vater ein Hochri­     Grundhaltung in allen Kindergruppen ge­               Es ist unserer Meinung nach notwendig,
sikopatient ist. Dieses Kind war seit über ei­   lebt wird, kann das Kind Sicherheit, Ent­         dass Politik und Gesellschaft nach der Zeit
nem Jahr nicht mehr mit Gleichaltrigen un­       spannung und Zuversicht erfahren. Dabei           der Krise die angesprochenen Themen auf­
terwegs und dies im vorletzten und letzten       ist es möglich, dass die Kinder auch ihre         arbeitet und sie auch als Chance sehen. In
Kindergartenjahr.                                Grenzen aufzeigen und diese auch akzep­           diesem Text wurden exemplarische Proble­
    Dies alles spiegelt sich dann natürlich      tiert werden. Es ist uns wichtig, dass alle Ge­   me herangezogen und es ist natürlich nicht
in der Betreuung der Kinder wider. Darauf        fühle thematisiert und anerkannt werden.          die volle Bandbreite an Veränderungspoten­
müssen die Pädagoginnen / Pädagogen re­          Dies vor allem in Hinblick auf das Gefühl­        tial berücksichtigt.
agieren und vorbereitet sein.                    schaos, dass derzeit in allen herrscht. Dabei         Der N EK bemüht sich, durch laufende
                                                                                                   Kommunikation mit den verschiedenen Ent­
                                                                                                   scheidungsträgern sowie ein angepasstes
                                                                                                   Fortbildungsprogramm den Pädagoginnen
                                                                                                   / Pädagogen, Eltern und Kindern zu helfen
                                                                                                   und diese zu unterstützen.
                                                                                                                              Stephanie Koppitz

                                                                                                   Wien
                                                                                                   Die Situation zu Beginn der Pandemie im
                                                                                                   März 2020 war für und in den Gruppen
                                                                                                   dramatisch: Durch die gewählten Formulie­
                                                                                                   rungen der Bundesregierung wurden viele
                                                                                                   Eltern und auch Betreuer*innen verunsichert;
                                                                                                   viele Kinder wurden nicht in die Betreuung
                                                                                                   gebracht. Im Mai / Juni formierte sich aus den
                                                                                                   Gruppen aber eine Gegenbewegung, die sehr
                                                                                                   deutlich formulierte, dass Kinder das Recht
                                                                                                   auf soziale Kontakte haben und die Qualität

                                                                                                                                                    7
Die Pandemie: Erfahrungen und Lernfelder - | kindergruppen.at
frische BÖE 93: Neues aus den Bundesländern

                                                                                                                          Aktuelle thematische Schwerpunkte im
                                                                                                                          Dachverband betreffen die Finanzierung der
                                                                                                                          Gruppen und die Problematik der Freistel­
                                                                                                                          lung Schwangerer wegen Zytomegalie.
                                                                                                                              Auf Bitte aus dem Büro des Stadtrates
                                                                                                                          Wiederkehr erstellten wir ein Finanzdossier,
                                                                                                                          dessen Ergebnisse wenig bis keine Reaktion
                                                                                                                          aus dem Wiener Rathaus hervorrufen. Wir
                                                                                                                          denken daher, dass wir ins Schwarze getrof­
                                                                                                                          fen haben.
                                                                                                                              Hier ein paar kurze Fakten, detaillierte
                                                                                                                          Informationen gibt es im Büro jederzeit!
                                                                                                                          · ein Platz in einer städtischen Betreuungs­
                                                                                                                            einrichtung ist dreimal höher finanziert
                                                                                                                            als ein Platz in einer privat organisierten,
                                                                                                                            die Stadt stellt allerdings nur ein 1/3 der
                                                                                                                            Plätze
                                                                                                                          · der Vergleich privater Kindergärten und
                                                                                                                            Kindergruppen ergibt, dass ein Platz in

                                                                                                Doris Furrer-Schuchnigg
                                                                                                                            Kindergruppen ca. 100,– € geringer geför­
                                                                                                                            dert wird; umgerechnet auf die Betreu­
                                                                                                                            ungspersonen bedeutet es, dass Pädagog*
                                                                                                                            innen in Kindergärten um ca. 1.300,– €
                                                                                                                            höher gefördert werden
                                                                                                                          · um die Qualität Elternverwalteter Kinder­
                                                                                                                            gruppen in allen Betreuungseinrichtun­
    der Elternschaft nicht von der Entscheidung    testeten dennoch – und testen noch immer.                                gen möglich zu machen, müsste die Förde­
    zu einer Betreuung Außerhaus abgeleitet        Erfolgreich. Auf den Kosten bleiben sie bisher                           rung privater Einrichtungen Zweidrittel
    werden kann. Dadurch erfolgte eine Umkehr      aber leider sitzen und das wird sich erst än­                            der städtischen betragen.
    und eine Rückkehr der Kinder in die Gruppen.   dern, wenn das Narrativ geändert wird….                                                              Eva-Maria Beitel
    Die Testungsmöglichkeiten, die ab Herbst       Viele Gruppen berichten, dass die Situati­
    2020 zur Verfügung standen, entspannten        on das ganze Jahr über nicht einfach war:
    die Lage weiter. Die meisten Kindergruppen     Es gab keine stabile Gruppe, es gab immer
    entwickelten sehr rasch Präventionskon­        wieder längere Ausfälle durch Erkrankun­                                                                                                              Nr. 93
                                                                                                                                                                                                             Juni 2021
                                                                                                                                                                                                                Euro 6,–

    zepte, die eine Clusterbildung verhinderten.   gen und Quarantänezeiten. Die Hoffnung                                       frische        nd Österreichis
                                                                                                                                                                 cher Eltern
                                                                                                                                                                            verwalteter
                                                                                                                                                                                          Kinde   rgruppen
                                                                                                                                                                                                                           Milek

                                                                                                                                 Bundesverba
                                                                                                                                                                                                                            Christoph

    Nicht hilfreich waren die Berichte aus dem     ist, dass das nächste Jahr ein stabileres sein
    Bundesministerium, dass Testungen für          wird.
    Kinder nicht geeignet seien; Kindergruppen

     Ausbildungslehrgang des Bildungsvereins                                                                                             Die Pandem
                                                                                                                                         Erfahrung
                                                                                                                                                    ie:
                                                                                                                                                  en und Le
                                                                                                                                                           rnfelder

     der Wiener Kindergruppen
     Start: 4. Oktober 2021, Ende: 12. Juni 2022                                                                              Das frische BÖE-Abo
     Der Bildungsverein der Wiener Kindergruppen ist von der M A 11 anerkannt und zertifi­                                    inklusive Newsletter!
     ziert. Der Ausbildungslehrgang kann für die Bildungskarenz angerechnet werden.
                                                                                                                              –» e
                                                                                                                                  infach und schnell
     Weiterbildung und Aufschulung                                                                                               im Internet:
     für Kindergruppenbetreuer*innen, Eltern                                                                                     www.kindergruppen.at
                                                                                                                              –» B
                                                                                                                                  estellung per Post
     und alle Interessierten                                                                                                     oder E-Mail:
                                                                                                                                 BÖE , Neustiftgasse 119/6, 1070 Wien
     Der Bildungsverein bietet drei Zertifikatslehrgänge an:                                                                     boe@aon.at
     Partizipationspädagogik, Stadt-Raum-Pädagogik und
     Präventionspädagogik. Zusätzliche können einzelne                                                                        –» Jahres-Abo: 1 Nummer um 6,– Euro
     Weiterbildungsmodule besucht werden.                                                                                     –» Multiplikator-Abo:
                                                                                                                                1 Nummer, je 3 Stk. um 18,– Euro
     Nähere Informationen: www.wiener.kindergruppen.at,                                                                       –» Förder-Abo: 1 Nummer
     office@kindergruppen.at, Telefon: 01 585 72 44                                                                             um 34,– Euro inkl. Förderbeitrag

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Die Pandemie: Erfahrungen und Lernfelder - | kindergruppen.at
COVID 19 – Risiko und Chance
für unsere Kinder
                                                                                                                                  Tina Neururer

Im Rahmen der wöchentlich stattfindenden Vorschulangebote setzen sich die Kinder mit der Welt auseinander.

Seit nunmehr über einem Jahr ist die ganze      Im März 2020 hat uns der erste Lockdown           chentliche Szenarienwechsel. Mittlerweile
Welt mit etwas beschäftigt, das in den min­     getroffen, absoluter Stillstand im Land, alle     sind wir mit dem Abstandhalten und dem
destens letzten 1.000 Jahren so noch nie von    Menschen mussten zu Hause bleiben, auch           Tragen von FFP 2-Masken höchst vertraut, an
Menschen erfahren wurde. Es gab Pestzeiten,     Schulen, Kindergärten und Kinderkrippen           Testungen und Impfungen eh auch schon
die über Länder und Staaten fegten, es gab      wurden geschlossen. Damals empfanden              gewöhnt. Wie geht es den Kindern wohl in
die Spanische Grippe, es gab die Schweine­      viele Familien diese Zeit noch fast wie Urlaub,   dieser Welt?
grippe, Influenza nicht zu vergessen. Jetzt     man konnte viel miteinander sein, der Stress          Auf dem Hintergrund der sieben Grund­
sind wir weltweit von COVID -19 betroffen       hielt sich in Grenzen, das Wetter war wunder­     bedürfnisse (Brazelton & Greenspan 2002;
und setzen uns dementsprechend mit einer        bar, das Gefühl von unglaublicher Ruhe und        Resch & Lehmkuhl 2008), die für Kinder er­
völlig neuen Dimension auseinander. Hät­        Entschleunigung lag in der Luft – und lange       füllt sein sollen, damit sie ihre Resilienz stär­
te uns noch zu Weihnachten 2019 jemand          andauern wird das Ganze ja nicht. Nun ja,         ken können (Bedürfnis nach beständigen
erzählt, wir würden mit Ausgangssperren,        die Geschichte lehrt uns anderes. Nunmehr         und liebevollen Beziehungen, körperlicher
Masken und Hinunterfahren des gesamten          gehen wir ohne Ende in Sicht abwechselnd          Unversehrtheit und Sicherheit, individuel­
öffentlichen Lebens zu tun haben – wir hät­     durch Lockerungen der Maßnahmen, erneute          len Erfahrungen, entwicklungsgerechten
ten wohl darüber gelacht und es als verrückte   Verschärfungen, wieder Lockerungen, sanfte        Erfahrungen, Grenzen und Strukturen, sta­
Geschichte abgetan.                             Lockdowns, ein Hü und ein Hott, oft ein wö­       bilen und unterstützenden Gemeinschaf­

                                                                                                                                                   9
Die Pandemie: Erfahrungen und Lernfelder - | kindergruppen.at
frische BÖE 93: Die Pandemie: Erfahrungen und Lernfelder 

     ten, einer sicheren Zukunft für die Mensch­     sellschaft essentiell. Das Ich wird zum Ich      Lebenszeit, das würde für einen 50-jähri­
     heit), betrachten wir die derzeit andauernde    am Du (frei zitiert nach Martin Buber).          gen Erwachsenen ein Äquivalent von zehn
     Situation für Kinder.                               Die Erwachsenen schaffen die Rahmen­         Jahren bedeuten, die dieser mit wenigen
         Das Bedürfnis nach stabilen und unter­      bedingungen für die nächste Generation           bis gar keinen realen Kontakten verbrin­
     stützenden Gemeinschaften und das Be­           und damit deren Zukunftssicherung über           gen muss – das Ausmaß der Auswirkun­
     dürfnis nach einer sicheren Zukunft für         Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft.    gen von eingeschränkten oder gar keinen
     die Menschheit sind vielleicht jene, die im     Wie ein junger Mensch seine Einstellung          sozialen Kontakten außerhalb der Familie
     letzten Jahr am meisten unter den Tisch         dazu findet, ob mehr Chaos außerhalb der         für Kinder erlangt demnach um ein Viel­
     gefallen sind. Durch die Einschränkungen im     eigenen Wirksamkeit oder beeinflussbare          faches mehr an Bedeutung. Zudem werden
     öffentlichen und gesellschaftlichen Leben       Ordnung darin liegt, hängt davon ab, wel­        durch das Tragen von Masken den Kindern
     konnten diese Bedürfnisse nicht ausrei­         che Werkzeuge der Persönlichkeitsentwick­        Informationen über die menschliche Mimik
     chend abgedeckt werden. Ab dem Zeitpunkt,       lung ihm von den Erwachsenen mitgegeben          vorenthalten, die sie für die Entwicklung
     wenn die Sozialisierung von Kindern mit         werden.                                          ihrer Emotionen und der Kommunikation
     dem Besuch einer Kinderbetreuungsein­               Wir wissen, dass die Belastungen für         dringend brauchen. Verdeckte Gesichter
     richtung beginnt, wird die Beziehung zu         unsere Kinder groß sind bzw. mit der Dauer       erlauben nicht mehr, das menschliche
     Gleichaltrigen immer bedeutsamer. Das           der Maßnahmen zugenommen haben. Die              Gegen­über zu analysieren. Es fehlen In­
     soziale Lernen hat sein Übungsfeld im Ent­      Lockdowns und das damit einhergehende            formationen darüber, wie Gefühle wahr­
     wickeln und Gestalten von Freundschaften,       Verbot, die Kindergruppe zu besuchen und         genommen und ausgedrückt werden. Die
     im Heraus­f inden, wo ich als Individuum        Freunde zu treffen, ist ein tiefer Einschnitt    sozial-emotionale Kompetenz als Schlüssel
     meinen Platz im sozialen Gefüge finden          in ihre Welt. Da ein Kind erst in die Sozia­     zur gelebten und erfahrenen Sozialität wird
     kann. Soziale Fertigkeiten wie Selbstein­       lität hineinwachsen muss, sind die Auswir­       extrem behindert.
     schätzung und -behauptung, Kompromisse          kungen auf seine Entwicklung entschieden            „Hände geben ist gefährlich“, sagte eine
     eingehen und Rücksicht nehmen können            anders als für einen Erwachsenen. Es hat         Vierjährige in einer Kinderbetreuungs­
     entstehen, wenn es die Möglichkeit gibt,        noch nicht so viel Erfahrung und Übung           einrichtung. Abstand und Distanz zu er­
     sich mit Seinesgleichen zu treffen. Erfah­      darin, sich im kollektiven Leben zurechtzu­      leben, ist im Leben der Kinder heutzutage
     rungen außerhalb des Elternhauses sind          finden. Ein Jahr weniger Kontakt zu ande­        alltäglich Brot. Es stellt sich die Frage der
     für die Persönlichkeitsentwicklung und das      ren Kindern ist für ein fünfjähriges Kind       „Normalität“, denn junge Menschen erleben
     Verständnis des Funktionierens einer Ge­        umgerechnet ein Fünftel seiner gesamten          menschliches Zusammensein heute durch­

     Pflanzzeit in der Kindergruppe.

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Sie übernehmen Verantwortung für ihr Tun
                                                                                                     und vermitteln das Grundgefühl, dass alles
                                                                                                     seinen guten Weg gehen wird.
                                                                                                         Resiliente Kinder empfinden sich als
                                                                                                     kompetent und selbstwirksam. Kinder
                                                                                                     erleben, wie sie aus sich selbst heraus
                                                                                                     aktiv sind und Dinge bewirken können.
                                                                                                     Sie erleben sich in Entscheidungsprozesse
                                                                                                     involviert. Sie wissen, wann sie Hilfe brau­
                                                                                                     chen und nehmen diese auch in Anspruch.
                                                                                                     Begleitende Erwachsene erinnern daran,
                                                                                                     was das Kind schon alles gemeistert hat. Sie
                                                                                                     helfen Kindern dabei, Lösungen selbst zu
                                                                                                     entdecken.
                                                                                                         Alle Erwachsenen können dazu bei­
                                                                                                     tragen, die Resilienz der Kinder zu fördern
                                                                                                     und zu stärken. Sie gestalten Beziehungen
                                                                                                     mit den Kindern, nehmen Kinder in ihren
                                                                                                     Gefühlen ernst und wahr, helfen dabei zu
                                                                                                     erkennen, welche Kompetenzen sie haben
                                                                                                     und dass sie Hilfe in Anspruch nehmen
                                                                                                     können, und unterstützen ihr Streben nach
                                                                                                     Autonomie. Schwierige Zeiten liegen oft­
                                                                                                     mals außerhalb unseres Wirkungskreises,
Auch eine große Schachtel kann eine tolle Malfläche sein.                                            sie geschehen ohne unser Zutun, unsere
                                                                                                     Kinder sind jedoch nicht schutzlos ausge­
                                                                                                     liefert – wenn wir die Grundbedürfnisse
aus anders als noch vor einem Jahr. Durch         schadet zu überstehen. Resiliente Kinder           der Kinder und die Bausteine ihrer Resilienz
die Corona-Krise sind möglicherweise Er­          sind aktiv und suchen sich bei Bedarf Hilfe,       nicht außer Acht lassen, können wir ihnen
wachsene in die Situation geraten, sich über      sie sind neugierig und kreativ, vertrauen auf      wertvolle Werkzeuge mit auf ihren Weg ge­
die Zukunft der Welt Sorgen zu machen. Die        ihre Fähigkeiten, können gern auf Beziehun­        ben, damit sie mit krisenhaften Zeiten in ih­
Sorgen drehen sich um das Gesundbleiben           gen eingehen und verfügen über eine gute           rem Leben umgehen können, ohne daran zu
und aufgrund der wirtschaftlichen Lage            Selbsteinschätzung. Sie lassen sich nicht          zerbrechen. Resiliente Erwachsene sind in
zunehmend um existenzielle Fragen. Spür­          so leicht unterkriegen. Die drei Resilienz­        der Begleitung von Kindern ein guter Schutz
bar ist oft die Angst, die den Alltag begleitet   quellen nach Grotberg sind folgende:               und können Beispiele dafür sein, wie Krisen
und die die Kinder ungefiltert aufnehmen.             Resiliente Kinder können sagen, dass           unbeschadet überstanden werden können.
    Wir sind in einer weltweiten Krise, doch      sie Menschen um sich haben, die sie lieben
wie bei vielem im Leben gibt es auch hier         und die sie selbst lieben können. Sie können       Quellen
zwei Seiten – und eine davon heißt „Chance“.      sich auf diese Menschen verlassen und ver­         Brazelton, T. B ., Greenspan, S. I . (2002):
Die Krise als Erfahrung abspeichern zu kön­       trauen ihnen. Sie fühlen sich unterstützt,         Die sieben Grundbedürfnisse von Kindern.
nen, dass Lernprozesse, Veränderungspro­          um­sorgt und in Sicherheit. Sie wissen, dass       Was jedes Kind braucht, um gesund aufzu-
zesse und Erweiterung des Horizonts ihren         die Menschen im Umfeld sie mit ihren Sor­          wachsen, gut zu lernen und glücklich zu sein.
Platz finden, das ist auch eine Möglichkeit,      gen und Gefühlen wahr- und ernstnehmen.            Beltz Verlag, Weinheim und Basel.
mit der derzeitigen Situation umzugehen.          Sie haben in ihrem Umfeld Regeln und               Grotberg, E. H . (1995): Anleitung zur Förde-
Es gibt beispielsweise die Realität, dass in      Strukturen, die bei der Orientierung und           rung der Resilienz von Kindern – Stärkung
vielen Familien die Väter präsenter sind als      als Schutz vor Gefahren helfen. Begleitende        des Charakters. In: Zander, M . (Hrsg.) (2011):
vor der Krise, dass die Kontakte zum erwei­       Erwachsene unterstützen die Kinder, indem          Handbuch Resilienzförderung. Wiesbaden.
terten Familiensystem wie zu den Groß­            sie offen und kindgerecht über ihre eigenen        51 – 101, S . 55.
eltern – zwar über Telefon und Videochat –        Gefühle sprechen und dem Kind vermitteln,          Resch, F. , Lehmkuhl, U. (2008): Zur Entwick-
regelmäßiger und öfter gestaltet sind, dass       dass es mit seiner Welt nicht alleine ist. Sie     lung der kindlichen Persönlichkeit: Grund-
Solidarität mit den Nachbarn gesucht wird,        agieren als Vorbilder, wie man Situationen         bedürfnisse und Forderungen an die soziale
um beispielsweise Einkäufe zu erledigen.          meistern kann, sie helfen Kindern in die           Umwelt In: Frühe Kindheit. Die ersten sechs
Kinder können mit der richtigen Unterstüt­        Selbständigkeit.                                   Jahre.
zung gestärkt aus der Krise kommen. Durch             Resiliente Kinder wissen von sich, wer
die Vorbilder in ihrem Umfeld lernen sie, mit     und wie sie sind, sie sind sich ihres Selbst be­   Tina Neururer ist Psychologin, akademische
Stress und Krisensituationen umzugehen,           wusst. Sie kennen ihre Stärken und Schwä­          Supervisorin und Theaterpädagogin. Sie ist
um dieses Wissen für ihr weiteres Leben           chen und können damit umgehen. Sie                 seit 2011 als Referentin für den BÖE-BZ tätig
nutzen zu können.                                 haben gelernt, respektvoll zu agieren und          und leitet das Seminar zu „Entwicklungspsy-
    Der Schlüssel dazu liegt in der Resilienz,    zuversichtlich zu sein. Begleitende Erwach­        chologie, Bindung und Trennung“.
einem Verhaltens-  und Persönlichkeits­           sene nehmen das Kind in seinem Sein an,
repertoire, das dazu beiträgt, Krisen unbe­       respektieren und anerkennen sein Wesen.

                                                                                                                                                       11
frische BÖE 93: Die Pandemie: Erfahrungen und Lernfelder 

     Kinderbetreuung, der Föderalismus
     und die Pandemie
                                                                                                                   Grete Miklin und Julia Neider

                                                                                                    teilweise nur am Wochenende bewältigt
                                                                                                    werden konnte.
                                                                                                        Dass in Krisenzeiten alle gefordert sind,
                                                                                                    ist evident, doch nach überstandener Krise
                                                                                                    bzw. in den Monaten, in denen die Pande­
                                                                                                    mie weniger Aufmerksamkeit fordert, ist
                                                                                                    es notwendig und sinnvoll, über die Lehren
                                                                                                    nachzudenken, die aus dieser Zeit gezogen
                                                                                                    werden können.

                                                                                                    Der Rahmen vom Bund,
                                                                                                    den Ländern ihre Kompetenzen
                                                                                                    So macht es durchaus Sinn, dass gewisse
                                                                                                    Kompetenzen bei den Ländern liegen, da
                                                                                                    diese zum Beispiel in der Umsetzung von
                                                                                                    Verordnungen besser auf regionale Gege­
                                                                                                    benheiten eingehen können (beispielswei­
                                                                                                    se strukturelle Unterschiede zwischen der
                                                                                                    Großstadt und dem ländlichen Bereich, auch
                                                                                                    der regionale Bedarf an Kinderbetreuung
     Die Kindergruppenwand wird in ein Malatelier verwandelt.                                       kann von den Ländern bzw. Gemeinden bes­
                                                                                                    ser eingeschätzt werden). Da jedoch jedem
                                                                                                    Kind in Österreich die gleichen Standards,
     Das Kindergarten-  und Hortwesen ist in         unterschiedliche       Rahmenbedingungen       die gleiche hohe pädagogische Qualität oder
     Österreich Ländersache. Somit hat unser         herr­schen, die von den Betroffenen (Eltern,   die gleiche finanzielle Förderung zustehen
     Land neun Kindergarten-  und Tagesbetreu­       pädagogischen Fachkräften, Leitungsperso­      sowie jeder Pädagogin / jedem Pädagogen oder
     ungsgesetze. Folglich gibt es im flächenmäßig   nal) zu Recht als ungerecht wahrgenommen       Assistentin / Assistenten das gleiche Gehalt
     kleinen Österreich unterschiedliche Modelle     werden.                                        für gleiche Arbeit, muss es ein Bundesrah­
     und Rahmenbedingungen in der Betreu­                Einiges ist bei der Bewältigung der neu­   mengesetz geben, das über die aktuellen
     ung von Kindern im Alter von null bis sechs     en Aufgaben gut gelaufen, wie auch die Be­     Vereinbarungen von Artikel 15a des Bundes­
     Jahren. Direkte Vergleiche sind grundsätz­      fragungen jener zuständigen Stellen zeigen,    verfassungsgesetzes hinausgeht. In diesem
     lich schwierig zu ziehen, da die Betreuungs­    mit denen der BÖE in Kontakt war. Auf dem      sollen die oben erwähnten sowie andere
     formen in den einzelnen Bundes­ländern zum      Weg vom Gesundheits- bzw. Bildungsminis­       Punkte geregelt werden, die für eine ein­
     Teil große Unterschiede aufweisen. Was in       terium zu den Trägern und Einrichtungen        heitliche Kinderbetreuung in Österreich not­
     der Pandemie über Landesgrenzen hinaus          mussten die Inhalte der Verordnungen an­       wendig sind. Ein weiterer Listenpunkt, der in
     deutlich geworden ist, ist die herausragende    gepasst werden. Der Informationsfluss ist in   Folge näher ausgeführt wird, sind die Aus- und
     Bedeutung, die der Kinder­betreuung zu­         den meisten Fällen gut gelaufen. Auch wenn     Weiterbildungen in der Elementarpädagogik.
     kommt. Wie die Berichte der Pädagoginnen
     und Pädagogen (Seite 14 ff.) zeigen, war es
     vielen Familien nicht möglich, junge Kinder
     über einen längeren Zeitraum zu Hause zu        Nun ist es notwendig und sinnvoll,
     behalten. Homeoffice und Homeschooling
     von Kindern ist neben noch nicht schulpflich­
                                                     über die Lehren nachzudenken, die aus
     tigen Kindern kaum möglich.                     der Pandemie gezogen werden können.
         Doch zurück zum eigentlichen Thema:
     Die Zuständigkeit von neun Behörden hat
     in Zeiten von COV I D -19 zu Herausforderun­    Mitteilungen in vielen Fällen zeitlich knapp   Um dies und die Lösung von strukturellen
     gen geführt und gezeigt, dass es im Bereich     versendet wurden, fühlte sich der Großteil     Problemen in der Elementarpädagogik zu
     der Elementarpädagogik einerseits generell      der Betroffenen gut informiert – dies sehen    ermöglichen, muss es eine ausreichende Fi­
     massive strukturelle Probleme gibt (Päda­       auch die zuständigen Behörden als gelun­       nanzierung durch den Bund geben, die an
     gog*innenmangel, generelle Unterbezah­          gen an. Für die einzelnen Gruppen führte       Gemeinden und Träger bzw. Gruppen verteilt
     lung, zu große Gruppen, ein zu hoher Fach­      die Situation zu einer enormen Zusatzbelas­    wird. Wie hat es AMS -Chef Johannes Kopf
     kraft-Kind-Schlüssel etc.) und gleichzeitig     tung sowie einem Mehr an Arbeitszeit, die      vor kurzem in einem Interview mit einer

12
Die Elementarbildung
ist für den weiteren
Bildungsweg der
Mitglieder einer
Gesellschaft von
hoher Bedeutung.

Wiener Wochenzeitung überspitzt formu­
liert: „Nehmt dem AMS 100 Millionen Euro
weg und gebt sie den Kindergärten.“ Ob eine
Erhöhung der finanziellen Mittel aus dem
Budget des AMS entnommen werden sollte
oder andere Umstrukturierungen zweckmä­
ßiger sind, soll an dieser Stelle nicht disku­
tiert werden. Die Aussage von Johannes Kopf
unterstreicht jedoch die hohe Bedeutung,
die der Elementarbildung für den weiteren
Bildungsweg der Mitglieder einer Gesell­
schaft zukommt.

Kleinere Gruppen, gut ausgebilde-
te Betreuungspersonen
Die Pandemie-bedingte Ausdünnung von
Gruppen hat in der Praxis gezeigt, was die
Wissenschaft schon lange fordert und im
Rahmen von elternverwalteter Kinderbe­           Kinder lieben es, große Flächen zu bearbeiten.
treuung ebenfalls bereits gelebt wird: Kleine
Gruppengrößen sowie ein dem Alter ange­
messener Fachkraft-Kind-Schlüssel stehen         senes Einkommen erwarten. Nur so kann
für eine höhere Qualität. Nicht nur kann die     auch dem eklatanten Mangel an pädago­            Grete Miklin ist Geschäftsführerin des BÖE .
Pädagogin/der Pädagoge besser oder über­         gischen Fachkräften entgegengewirkt und          Julia Neider ist BÖE -Bildungsbeauftragte
haupt auf die Kinder und ihre Bedürfnisse        ein niedrigerer Fachkräfte-Kind-Schlüssel        und unter anderem für die Redaktion der
eingehen, auch sind junge Kinder in Groß­        umgesetzt werden.                                frischen BÖE verantwortlich.
gruppen häufig überfordert und zeigen dies           Der BÖE sieht hier den Bund gefordert,
mitunter an auffälligem Verhalten, das spä­      der im Jahr 2020 mit dem Bildungsbeirat
testens in der Schule zu Problemen führt.        Elementarpädagogik ein Gremium einsetz­
    Ein weiterer wichtiger Bereich, in dem       te, das ein breites Handlungsfeld vorfindet:
eine bundesweit einheitliche Gesetzgebung        Dieser muss nun für die oben erwähnten
mehr als wünschenswert ist, ist jener der        Punkte eintreten.
Aus- und Weiterbildung von pädagogischen             Österreich gibt mit 0,6 Prozent des
Fachkräften. Auf der einen Seite soll vom        Brutto-Inlandsprodukts rund ein Viertel
Burgenland bis Vorarlberg und vom Wald­          weniger für Elementarbildung aus als der
viertel bis an die Grenze zu Slowenien eine      Durchschnitt der OECD -Staaten (0,8 Pro­
hohe pädagogische Qualität in den Einrich­       zent). Auch bei der Erfüllung der so genann­
tungen gewährleistet sein, deren Funda­          ten Barcelona-Ziele hinkt Österreich hin­
ment in der Grundausbildung der Betreu­          terher. Die von der EU für 2010 angestrebte
ungspersonen liegt. Andererseits müssen          Betreuungsquote von mindestens 33 Prozent
sich die Bedingungen für die Arbeitneh­          bei den unter Dreijährigen wurde bei der
mer*innen verbessern, da eine hohe Quali­        letzten Erhebung im Jahr 2019 / 2020 mit 27,6
tät eine fundierte Ausbildung bedingt und        Prozent (71.802 von 260.446 Kindern) noch
gut ausgebildete Menschen ein angemes­           immer verfehlt.

                                                                                                                                                 13
frische BÖE 93: Die Pandemie: Erfahrungen und Lernfelder 

     Ein Jahr Pandemie:

 Betrachtungen aus den elementaren
 Betreuungseinrichtungen
     quer durch die Bundesländer
     Im März 2020 bereiteten sich die elementa­                                  jüngsten Mitgliedern unserer Gesellschaft        Krabbelgruppen und Kindertagesstätten
     ren Bildungseinrichtungen vielerorts auf den                                ein stabiles Umfeld in einer noch nie dage­      um einen Rückblick gebeten. Durch die Pan­
     Frühling vor: Ostern und das Aufblühen der                                  wesenen Krise zu schaffen.                       demie ist augenscheinlich geworden, wie
     Natur stand vor der Tür und die Pädagogin­                                     Die Krabbelstuben, Kinderkrippen, Kinder­     wichtig die Elementarpädagogik für das
     nen und Pädagogen planten verschiedene                                      tagesstätten, Kindergruppen und Kinder­          Leben von Familien ist und wie wenig dies
     Projekte: Bohnen sollten mit den Kindern                                    gärten in Österreich leisteten in den vergan­    in den gesellschaftspolitischen Entschei­
     in Gurkengläsern großgezogen werden, um                                     genen vierzehn Monaten Unglaubliches:            dungen und Überlegungen Berücksichti­
     den Keimvorgang gemeinsam zu beobachten                                     Sie waren für die Kinder da, entlasteten die     gung findet. Deutlich wird ebenso, dass in
     und zu erforschen, Ausflüge in den Wald wur­                                Eltern und setzten zum Großteil ihre Arbeit      vielen Einrichtungen ein enger Zusammen­
     den angepeilt und das Osterfest vorbereitet.                                fort, während ein anderer Teil der Gesell­       halt und ein feines Miteinander gelebt wird,
     Der erste Lockdown ab 16. März 2021 traf die                                schaft zwischen Lockdown und Öffnungen           das in dieser Krisenzeit nochmals gestärkt
     Einrichtungen ebenso wie den Großteil der                                   verschiedenen Grades pendelte.                   wurde. Gleichzeitig hätte es ohne ein Mehr
     Bevölkerung unvorbereitet. In den kommen­                                       In den folgenden acht Beiträgen haben        an Arbeit, das hauptsächlich von Frauen
     den Wochen und Monaten war viel Flexibi­                                    wir Elementarpädagoginnen und Leite­             geleistet wird, nicht funktioniert.
     lität, Kreativität und Mut gefordert, um den                                rinnen von Kindergruppen, Kindergärten,

                                                                                 Corona-Infektion waren von April bis Ende        Seit September sind am Vormittag fast alle
                                                                                 August zuhause, eine Mitarbeiterin, die          Kinder anwesend, bei den Schulkindern in
                                                                                 schwanger geworden war, durchgehend bis          den Zeiten mit Homeschooling nur ca. die
                                                                                 zum Beginn ihres Mutterschutzes.                 Hälfte der Kinder.
                                                                                     Die ersten einenhalb Monate des Lock­            In den Tagesbetreuungsgruppen tragen
                                                                                 downs erlebten die verbleibenden drei            wir bis auf einen Zivildiener in der Arbeit mit
                                                                                 Mitarbeiterinnen als eine sehr ruhige, ent­      den Kindern keinen M NS . Das Thema Corona
                                                 alle Fotos von den Autorinnen

                                                                                 schleunigte und entspannte Zeit und erin­        wird von uns nur dann aufgegriffen, wenn
                                                                                 nern sich noch immer gerne an diese Wo­          es von den Kindern angesprochen wird.
                                                                                 chen zurück.                                     Bei den Schulkindern und Schulkindeltern
                                                                                     Die stufenweise Öffnung erfolgte mit         merkten wir, dass die permanenten Verän­
                                                                                 zwei weiteren Gruppen bis Ende August.           derungen sie und ihre Eltern zunehmend
                                                                                 In der ersten Zeit war es sehr turbulent:        mehr herausforderten. Wir beobachteten
                                                                                 Kinder kamen unangemeldet in die Betreu­         Anlaufschwierigkeiten bei der Umstellung
                                                                                 ung, Schulkinder teilweise am Vormittag          von Homeschooling auf den normalen Prä­
     Mag.a Eva Ehn, Leitung Kindergruppe                                         statt erst zu Mittag, Pädagoginnen und           senzunterricht, und viele Kinder waren mit
     Kunterbunt, Niederösterreich                                                Pädagogen lernten während der Betreuung          den Listen an Arbeitsaufträgen überlastet.
                                                                                 Kinder und Eltern aus allen anderen Grup­            Thematisiert haben unsere Kinder die
        Im ersten Lockdown betreuten wir von                                     pen kennen, Krippenkinder wurden zwar            fehlenden sozialen Kontakte in der Frei­
     insgesamt 270 Kindern nur zwischen zehn                                     von einer ihnen gewohnten Pädagogin, aber        zeit. Während der Lockdown-Zeiten waren
     bis zwölf Kinder aus allen Gruppen gemein­                                  in anderen Räumen betreut etc.                   in manchen Klassen nur wenige Kinder in
     sam. Die ersten beiden Wochen nützten                                           Ich bin allen Mitarbeiter*innen, die in      Betreuung. Die Kinder schätzen an der
     manche Teams noch für eine ausgiebige                                       dieser Phase in der Betreuung gearbeitet         Kindergruppe, dass sie während der ganzen
     Gruppen­reinigung bzw. eine Neugestaltung                                   haben, sehr dankbar für ihre Flexibilität, ihr   Corona-Zeit viele Spiel­kameraden haben
     ihrer Gruppe. Dies ist im normalen Betreu­                                  Engagement und den unermüdlichen Ein­            und in der Betreuung Kontinuität herrscht.
     ungsalltag schwer möglich, nur in unserer                                   satz in diesen anstrengenden Monaten! Ich            Für mich als Leitung war die Zeit vom
     Schließwoche im Sommer. Und es wurden                                       habe im Zuge des Artikels für die frische BÖE    ersten Lockdown und die schrittweisen
     alte Resturlaube und Mehrstunden abgebaut.                                  die Rück­meldungen erhalten, dass viele          Öffnungen der einzelnen Gruppen in den
         Bis auf drei Pädagoginnen und ich blie­                                 neue Erfahrungen durch das Zusammenar­           Sommermonaten am schwierigsten. Durch
     ben ab April alle Mitarbeiter*innen zuhause                                 beiten in anderen Teamkonstellationen ge­        die vielen Abmeldungen bzw. Stornos der fix
     in Kurzarbeit. Mitarbeiter*innen mit Vorer­                                 macht wurden und die Mitarbeiter*innen,          vergebenen Plätze drohte für das laufende
     krankungen, einem höheren Lebensalter                                       die in diesen Monaten gearbeitet haben,          Budgetjahr ein Defizit, für das es bis vor
     bzw. mit Ängsten wegen einer möglichen                                      sehr zusammengewachsen sind.                     einigen Wochen keine Förderzusage vom

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