DIGEOTALISIERUNG - EIN STRATEGIEPAPIER DER DVW PROJEKTGRUPPE DIGITALISIERUNG - GEODAESIE.INFO

Die Seite wird erstellt Niels-Arne Zimmer
 
WEITER LESEN
DIGEOTALISIERUNG - EIN STRATEGIEPAPIER DER DVW PROJEKTGRUPPE DIGITALISIERUNG - GEODAESIE.INFO
Fachbeitrag               Seuß et al., DiGEOtalisierung – ein Strategiepapier der DVW‑Projektgruppe Digitalisierung

          DiGEOtalisierung – ein Strategiepapier der
          DVW‑Projektgruppe Digitalisierung
                 Robert Seuß (Leiter der PG), Jörg Blankenbach (Leiter der PG),
                 Christian Clemen, Ulrich Gruber, Bernhard Hasch, Dieter Heß, Christoph Kany,
                 Monika Przybilla, Andreas Richter, Jens Riecken, Martin Scheu, Ulrich Schmidt,
                 Bruno Schön, Markus Seifert und Hermann Stollenwerk

Zusammenfassung                                                    1 Einleitung
Die Zielsetzung des vorliegenden Strategiepapiers »DiGEO-
talisierung« ist die berufspolitisch motivierte Definition         Die Digitalisierung stellt einen globalen Megatrend dar,
des geodätischen Beitrags zur digitalen Transformation in          der zu einem grundlegenden Wandel in zahlreichen Be‑
Deutschland aus Sicht des DVW e. V. Als Beitrag zur gesamt-        reichen von Gesellschaft, Wirtschaft sowie Verwaltung
konzeptionellen Thematisierung der Digitalisierung innerhalb       führt und auch von der Politik als eines der zentralen
der Geodäsie richtet sich das vorliegende Papier insoweit zu-      Handlungsfelder der Zukunft angesehen wird (BMWi
nächst an Geodätinnen und Geodäten, um den Digitalisie-            2019a, BMWi 2019b, Bundesregierung 2018). Getrieben
rungsbeitrag anhand ausgewählter Beispiele fachintern zu           durch den technologischen Fortschritt, bringt die Digita‑
schärfen. Das Strategiepapier zeigt die Kernkompetenzen von        lisierung neue Konzepte, Methoden und Anwendungen
Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement in der Digi-           hervor, die sich in zahlreichen Schlagworten bzw. Be‑
talisierung auf, aus denen sich Erkenntnisse für den Beitrag       griffen, u. a. Cloud Computing, Internet of Things (IoT),
der Geodäsie zum digitalen Wandel ableiten.                        Machine Learning, Big Data, Crowd Sourcing, Digitale
Anhand von vier Beispielen in den Anwendungsbereichen              Infrastrukturen, Digitales Bauen, Smart Cities, E‑Govern‑
Innovativer Staat und Digitale Wirtschaft werden die Tech-         ment und Industrie 4.0 widerspiegeln. Der damit einher‑
nologie erläutert sowie die Kompetenz und die Manage-              gehende digitale Wandel ist jedoch in den verschiedenen
mentfähigkeit des Geodäten benannt. Abschließend werden            Fachdisziplinen und Branchen bislang sehr unterschied‑
Erkenntnisse formuliert und Handlungsempfehlungen für den          lich vorangeschritten (Accenture 2015, BMWi 2017,
Berufsstand gegeben.                                               Techconsult 2019).
Das Strategiepapier ist das Diskussionsergebnis einer Projekt-         Digitalisierung bedeutet im Kern die informations‑
gruppe, die sich aus Mitgliedern der DVW-Arbeitskreise und         technische Vernetzung vielfältiger Ressourcen der realen
den DVW-Landesvereinen zusammensetzt.                              oder virtuellen Welt (Menschen, Maschinen, Wissen) zu
                                                                   jeder Zeit an jedem Ort im Hinblick auf konkrete Anwen‑
Summary                                                            dungen. Nahezu jede der Ressourcen hat einen direkten
The objective of this strategy paper »DiGEOtalisierung« is to      oder indirekten Bezug zu einer auf die Erde bezogenen
define the role of Geodesy in the digital transformation in        Position (Standort) oder zu einem geografischen Gebiet.
Germany from the point of view of DVW e. V. As a contribu-         Gerade diese Verortung von Objekten, Phänomenen oder
tion to a strategical policy debate, the present paper initial-    Prozessen ist das zentrale Bindeglied zwischen allen in
ly addresses surveyors in order to sensitize for the geodetic      der Geodäsie beruflich Tätigen und eine zentrale Kern‑
contribution based on selected aspects. The paper shows the        kompetenz des Geodäten (Kutterer 2019). Geoinforma‑
core expertise of geodesy, geoinformation and land manage-         tion wird durch diese Basisfunktion zu einem elementa‑
ment in digitization, from which insights for the contribu-        ren Baustein der digitalen Gesellschaft.
tion of geodesy to digital change are derived.                         Die Geodäsie selbst erscheint in vielen Bereichen be‑
Based on four examples in the application fields of Innova-        reits nachhaltig von der Digitalisierung durchdrungen,
tive State and Digital Economy, the technology as well as          wie es sich beispielsweise bei der Verwaltung, Pflege so‑
the competence and management capability of geodesists             wie Bereitstellung von Geobasisdaten oder bei der An‑
are described. Finally, guiding principles are formulated and      wendung von Geoinformationssystemen und dem Auf‑
recommendations for action are given.                              bau von Geodateninfrastrukturen zeigt. Dem wird auch
The strategy paper is the result of a discussion of a project      durch die Anpassung der Berufsbilder (z. B. der »Geo­
group consisting of members of the DVW working groups and          matiker«) oder dem Entstehen neuer Berufsbilder (z. B.
the DVW regional associations.                                     der »Geodatenmanager« (Caffier et al. 2017)) Rechnung
                                                                   getragen.
Schlüsselwörter: Digitalisierung, Digitaler Wandel, Kompe-
tenz, Management, Strategie, Technologie

   138    zfv   3/2019 144. Jg.                  © Wißner-Verlag                                  DOI 10.12902/zfv-0261-2019
DIGEOTALISIERUNG - EIN STRATEGIEPAPIER DER DVW PROJEKTGRUPPE DIGITALISIERUNG - GEODAESIE.INFO
Seuß et al., DiGEOtalisierung – ein Strategiepapier der DVW‑Projektgruppe Digitalisierung       Fachbeitrag

2 Zielsetzung und Vorgehensweise                                dinate) zu dem jeweiligen Flurstück, dem Gebäude oder
                                                                zu einem in einer Rechtsvorschrift definierten Gebiet
Das vorliegende Strategiepapier »DiGEOtalisierung« ver‑         aufzunehmen ist« (BfJ 2013 EGovG § 14). Nur so gelingt
folgt das Ziel, den geodätischen Beitrag zur digitalen          es, die Einordnung von Verwaltungssachverhalten und
Transformation aufzuzeigen. Es ist ein Ergebnis einer           Prozessen nach räumlichen Kriterien zu unterstützen.
arbeitskreisübergreifenden Projektgruppe des DVW, die           Schon aus diesem Grund sind Geodaten ein bedeutender
sich mit der Digitalisierung innerhalb der Geodäsie aus‑        Rohstoff der Digitalisierungsprozesse sowohl in der Ver‑
einandergesetzt hat. Es richtet sich zunächst an Berufs‑        waltung als auch in der Wirtschaft. Geodäten sind Bereit‑
kolleginnen und Berufskollegen, um den geodätischen             steller dieses Rohstoffs.
Digitalisierungsbeitrag anhand ausgewählter Aspekte
fachintern zu veranschaulichen. Anhand von vier Bei‑            Technologie
spielen in den Anwendungsbereichen Innovativer Staat
und Digitale Wirtschaft werden die zugrunde liegen‑             Der Verwaltung selbst, hier den Vermessungs- und Geo‑
de Technologie erläutert und die Kompetenz sowie die            informationsverwaltungen, fällt die Aufgabe zu, die
Managementfähigkeit des Geodäten benannt. Die daraus            Grundlagen für diese Georeferenzierung in bundesweit
abgeleiteten Stärken und Kompetenzen von Geodäsie,              einheitlicher Form zu liefern. Klassische geografische
Geoinformation und Landmanagement im Thema Digi‑                Identifikatoren zur Georeferenzierung sind die Flur­
talisierung führen schließlich zu einer berufspolitischen       stücks­bezeichnungen, Lagebezeichnungen mit Straßen‑
Empfehlung für strategische Leitlinien.                         namen und Hausnummern (kommunale Adressdaten),
                                                                geografische Bezeichnungen und administrative Schlüs‑
                                                                sel von Verwaltungseinheiten, wie sie insbesondere in
3 Innovativer Staat                                             den Informationssystemen der Geobasisdaten der Ver‑
                                                                messungs- und Geoinformationsverwaltungen flächen‑
Raumbezogene Informationen in Form von Produkten                deckend mit hoher Qualität nachgewiesen werden. Zur
wie »Karten« nehmen seit jeher eine elementare Rolle in         konkreten Umsetzung bietet sich der von Bund und Län‑
Verwaltungsverfahren ein: Liegenschaftskataster, Bau‑           dern gemeinsam aufgebaute Geokodierungsdienst an. Der
leitplanung, Straßenplanung, Flurneuordnung, Umwelt‑            Grundstein für die technische Realisierung des Geokodie‑
monitoring usw. sind ohne Geodaten nicht denkbar. In            rungsdienstes wurde bereits 2014 mit einem Plenumsbe‑
digitaler Form können Geodaten zu einem wichtigen               schluss der AdV gelegt. Dort ist vorausblickend geregelt,
Rohstoff der digitalen Verwaltung werden, der im Zuge           dass die von den Ländern für den Geokodierungsdienst
des digitalen Wandels weit abseits der rein grafischen          bereitgestellten Daten in Behörden, die elektronische Re‑
Präsentation in amtlichen Karten und der rechtssiche‑           gister nach § 14 EGovG aufzubauen haben, kostenfrei
ren Dokumentation in Registern in völlig neu gestalteten        genutzt werden können. Gleichlautende Regelungen gel‑
Geschäftsprozessen nutzbar wird und in denen die Geo‑           ten für entsprechend beauftragte Landesbehörden.
daten nicht nur als »Karte« wahrgenommen werden.                   Lieferte der Geokodierungsdienst seit 2016 eine
                                                                deutschlandweit einheitliche Geokodierung bezüglich der
3.1 Beispiel 1: Georeferenzierung von Registern                 Adressdaten und der Geonamen, wurde der Umfang der
                                                                nutzbaren geografischen Identifikatoren mittlerweile auf
Im Zuge von Digitalisierungsvorhaben innerhalb der Ver‑         die Flurstückskoordinate erweitert. Der Bund und meh‑
waltung rückt der Aspekt der Georeferenzierung zuneh‑           rere Länder testen aktuell die dafür aufgebaute Lösung.
mend in den Fokus. So verlangen das E‑Government-Ge‑               In jedem Fall wird es möglich sein, nicht nur für ein‑
setz des Bundes aus dem Jahr 2013 und die Gesetze der           zelne Verwaltungssachverhalte, sondern auch für den
Länder, dass beim Aufbau oder der Überarbeitung elek‑           Massenmarkt die dafür bereitgestellten Geodienste, spe‑
tronischer Register, welche Angaben mit Bezug zu in‑            ziell WFS (Web Feature Service) oder WFS‑G (Web Fea‑
ländischen Grundstücken enthalten, »eine bundesweit             ture Service Gazetteer), nach dem Prinzip in Abb. 1 zu
einheitlich festgelegte direkte Georeferenzierung (Koor‑        nutzen.
                                                                                                                            BKG 2014

Abb. 1: Geokodierung von Massendaten über eine Geokodierungsanwendung

                                                                © Wißner-Verlag               144. Jg. 3/2019   zfv   139
DIGEOTALISIERUNG - EIN STRATEGIEPAPIER DER DVW PROJEKTGRUPPE DIGITALISIERUNG - GEODAESIE.INFO
Fachbeitrag             Seuß et al., DiGEOtalisierung – ein Strategiepapier der DVW‑Projektgruppe Digitalisierung

       Abb. 2 zeigt am Beispiel einer Adressliste der Thü‑         kodierungstabelle dargestellt (Abb. 2 (2)) . Rot eingerahmt
    ringer ÖbVI die Funktionsweise der Geokodierung unter          sind hier die durch die Geokodierung hinzugekommenen
    Nutzung des GeoCoders des Bundesamtes für Kartogra‑            Werte. Die Kartengrafik (Abb. 2 (3)) zeigt das Geokodie‑
    phie und Geodäsie (BKG).                                       rungsergebnis unter Nutzung eines WMS.
       Nach dem Hochladen der zu geokodierenden Daten                 Darüber hinaus können u. a. demografische Daten
    erfolgt die Zuordnung zu den Geokodierungsparametern           über die Adresse georeferenziert, datenschutzkonform in
    (Abb. 2 (1)). Das Ergebnis der Zuweisung ist in der Geo‑       kleinräumigen Gliederungen aggregiert und nach fach‑
                                                                   lichen Fragestellungen visualisiert sowie ausgewertet
1                                                                  werden. Durch die Integration zeitlicher Auswerteme‑
                                                                   thoden gewinnt eine solche Anwendung weiter an Wert,
                                                                   insbesondere für Monitoringzwecke und Entscheidungs‑
                                                                   prozesse.

                                                                   Abb. 2:
                                                                   Geokodierungsablauf am Beispiel:
                                                                   1) Zuweisung der Geokodierungsparameter
                                                                   2) Geokodierungstabelle
                                                                   3) Visualisierung der Ergebnisse

2

3

      140    zfv   3/2019 144. Jg.               © Wißner-Verlag
DIGEOTALISIERUNG - EIN STRATEGIEPAPIER DER DVW PROJEKTGRUPPE DIGITALISIERUNG - GEODAESIE.INFO
Seuß et al., DiGEOtalisierung – ein Strategiepapier der DVW‑Projektgruppe Digitalisierung        Fachbeitrag

Kompetenzen

Geodäten sind unter anderem Spezialisten für die Ver­
ortung (Georeferenzierung) von raumbezogenen Objek‑
ten und deren Attributen. Durch die Georeferenzierung

                                                                                                                             GD
                                                                                                                               I-DE 2015
(z. B. administrative Gebietseinheiten, postalische An‑
schriften, Objektkennzeichen) von Verwaltungssachver‑
halten und Prozessen werden diese in einen räumlichen
Kontext gestellt.
    Bei der Georeferenzierung von Registern wendet der
Geodät seine Kernkompetenzen durch die Nutzung stan‑
dardisierter Webtechnologien an, um einen breiten Nut‑
zerkreis, der von der Umsetzung der beschriebenen ge‑
setzlichen Vorgaben betroffen ist, zu erreichen und zu
unterstützen.                                                   Abb. 3: Prozesse in der digitalen Verwaltung

Management                                                      Technologie

In erster Linie besteht die Managementaufgabe darin, die        Die Digitalisierung verändert grundlegend die traditio‑
bereitgestellten Technologien in jene Verwaltungsprozes‑        nellen Erhebungs-, Führungs- und Bereitstellungsprozes‑
se, die zukünftig eine Georeferenzierung verlangen, ein‑        se für Geodaten wie auch deren Nutzungsprozesse in den
zubinden. Dies muss so einfach gestaltet werden, dass           Verwaltungsverfahren der Zukunft.
der neue Arbeitsschritt den Gesamtprozess nicht überlädt        pp Erhebung: Die Erhebung von Geodaten der Verwal‑
und binnen kurzer Zeit beherrscht werden kann.                     tung geht einher mit der zunehmenden Einbeziehung
   Daher fällt den Vermessungs- und Geoinformations‑               der Bürgerinnen und Bürger in die Erfassung amtlicher
verwaltungen eine weitere wichtige Rolle zu, nämlich               Daten (VGI – Volunteered Geographic Information),
das Wissen zur Nutzung des Geokodierungsdienstes den               die mit ihrem lokalen Wissen und mit GNSS-fähigen
Interessenten auf dem Schulungsweg zu vermitteln. Hier             Smartphones räumliche Veränderungen in der Geo‑
konnten bei der Nutzung des Geokodierungsdienstes für              topografie (z. B. neue Wege, andere Straßen­bezeich­
Adressen und Geonamen bereits Erfahrungen gewonnen                 nungen) genauso wie Umweltbeobachtungen (z. B.
werden, auf die nach der Freischaltung des Geokodie‑               Ambrosia-Standorte, vogelkundliche Zählungen) der
rungsdienstes für die Flurstücke zurückgegriffen wer‑              Verwaltung übermitteln. Diese Informationen werden
den kann.                                                          von der Verwaltung in medienbruchfreien Workflows
   Abschließend hat das Management dafür zu sorgen,                qualifiziert, um die amtlichen Datenbestände zu ver‑
dass die bereitgestellten Geodatendienste ausfallsicher            vollständigen und mit höherer Aktualität führen zu
und performant möglichst 24/7 zur Verfügung stehen.                können.
                                                                pp Führung: Die bislang in großen Teilen in anderen Ver‑
                                                                   waltungsbereichen, außerhalb der Vermessungs- und
3.2 Beispiel 2: Digitalisierung von Verwaltungs­                   Geoinformationsverwaltung, noch analoge Daten‑
    prozessen                                                      basis ist konsequent in objektstrukturierter Form zu
                                                                   digitalisieren, um durchgängig automatisierte Ver‑
Geodaten der öffentlichen Verwaltung bilden eine nach              waltungsverfahren zu gestalten (E‑Government). Das
dem Schlüsselmerkmal des Raumbezugs multifunktional                Geodatenmanagement der Verwaltung erlaubt die har‑
auswertbare Geodatenbasis, bestehend aus anwendungs‑               monisierte Führung der Geodaten auf Grundlage von
neutral ausgerichteten Geobasisdaten von Landesvermes‑             Standards in skalierbaren Clouds der Verwaltung oder
sung und Liegenschaftskataster sowie den vielfältigen              in Kooperation mit der Wirtschaft (public vs. private
anwendungsspezifischen Geofachdaten anderer Fach‑                  clouds). Mit der massenhaften Verarbeitung in Geo‑
disziplinen (siehe Abb. 3). Einen besonderen Stellenwert           informationssystemen oder cloudbasierten Applikatio‑
nimmt insoweit die Digitalisierung in der Vermessungs-             nen (Hosted Processing) wird die Verarbeitungsintelli‑
und Geoinformationsverwaltung ein, die mit den Geo‑                genz für umfangreiche Geodaten (Big Data) in vielen
basisdaten die grundlegenden Kernkomponenten einer                 Verwaltungsbereichen verfügbar. Mit innovativen
interoperablen Geodateninfrastruktur bereitstellt, in der          Techniken der Digitalisierung werden Datensicherheit,
Geodaten auf Knopfdruck vernetzt werden.                           Datenintegrität und Transparenz durchgreifend ge‑
                                                                   währleistet.
                                                                pp Bereitstellung: Geodaten der Verwaltung werden mit‑
                                                                   tels standardisierter Datendienste der Geodateninfra‑
                                                                   struktur (z. B. Darstellungs- und Downloaddienste)

                                                                © Wißner-Verlag                144. Jg. 3/2019   zfv   141
DIGEOTALISIERUNG - EIN STRATEGIEPAPIER DER DVW PROJEKTGRUPPE DIGITALISIERUNG - GEODAESIE.INFO
Fachbeitrag             Seuß et al., DiGEOtalisierung – ein Strategiepapier der DVW‑Projektgruppe Digitalisierung

   über Behörden verschiedenster Fachdisziplinen hin‑              reiche und schaffen Möglichkeiten für eine qualifizier‑
   weg umfassend nutzbar. Hinzu treten Prozessierungs‑             te Datenanalyse in der Verwaltung.
   dienste, die Geodaten spezifisch weiterverarbeiten und       pp Sie stellen die Daten auf Grundlage von Normen und
   statt der Geodaten nur noch das Prozessierungsergeb‑            Standards anwendungsgerecht in der Verwaltung und
   nis passgenau für das Verwaltungsverfahren aufberei‑            darüber hinaus bereit. Sie fördern hierzu die Model‑
   tet bereitstellen (z. B. Geokodierungsdienst). Durch die        lierung und Standardisierung von Geodaten und den
   Geodateninfrastruktur können die Geodaten und Pro‑              Datenaustausch.
   zesse über das Internet vernetzt und für eine Vielzahl       pp Sie wirken mit bei der interdisziplinären Gestaltung
   an Menschen erschlossen werden. Eine offene Daten‑              digitaler Verwaltungsprozesse, in denen Geodaten als
   politik der öffentlichen Verwaltung (Open Geodata)              grafische Präsentation oder als automatisiert auswert‑
   schafft die Grundlage für neue Geschäftsmodelle in              bares Datum nutzbar werden.
   der Wirtschaft und eine verlässliche Forschungsbasis
   für die Wissenschaft.                                        Management
pp Nutzung: Digitale Beteiligungsprozesse zu raumre‑
   levanten Planungen und Maßnahmen innerhalb der               Die digitale Verwaltung erfordert zahlreiche Manage‑
   Verwaltung, sei es die lokale Bauleitplanung oder die        mentaufgaben, die von Geodäten übernommen werden.
   Umsetzung von großräumigen Bauprojekten der öf‑              Beispiele hierfür sind:
   fentlichen Hand, werden durch die Nutzung von Geo‑           pp Identifikation raumbezogener Verwaltungsprozesse
   daten »auf Knopfdruck« durchgreifend gefördert. Im           pp Re-Design raumbezogener Verwaltungsprozesse
   Zuge eines proaktiven Open Governments kann durch            pp Schulung der Geokompetenz in der Verwaltung
   digitale Mittel das partnerschaftliche Zusammen‑
   wirken von Staat und Bürgern neu gestaltet werden.           Geodaten mit amtlichem Anspruch sind eine ­elementare
   Damit werden Transparenz, Partizipation und Koope‑           Grundlage für das E- und Open Government (GEO-­
   ration praktisch und bürgernah umgesetzt. Mobile             Govern­ment), die durch weitere (Geo)Daten von Wirt‑
   Applikationen machen Geodaten der Verwaltung an              schaft und Wissenschaft zu einer umfassenden Geo‑
   jedem Ort zu jeder Zeit so nutzbar, dass sie von den         datenbasis ergänzt werden. Der Schritt zur digitalen
   Bürgerinnen und Bürgern als selbstverständliche Res‑         Verwaltung und einer umfassenden intelligenten Ver‑
   source wahrgenommen werden. Die Geodatenbasis der            netzung kann nur im gemeinsamen Dialog von Politik
   öffentlichen Verwaltung wird damit zu einer grund‑           und Verwaltung mit Wissenschaft, Wirtschaft und Ge‑
   legenden Quelle für die Exploration von Big Geodata          sellschaft gelingen. Gerade die Geodäten leisten insoweit
   durch Wirtschaft und Wissenschaft.                           einen zentralen Beitrag für die interdisziplinär aufzu‑
                                                                bauende digitale Verwaltung der Zukunft.
Kompetenzen

Die Geodäsie leistet einen wichtigen Beitrag zur Digi­
talisierung der Verwaltung, indem sie verschiedene              4 Digitale Wirtschaft
Schlüsselkompetenzen einbringt. Dabei sind Geodäten
die Spezialisten, die mit ihrer zentralen Geo-Kompetenz         Unternehmen und Ingenieurbüros, die auf dem Gebiet
verbunden mit IT- und Managementkompetenzen we‑                 der Geoinformation und Ingenieurvermessung tätig sind,
sentlich die Erhebungs-, Führungs-, Bereitstellungs- und        können ihre Leistungen mit digitalen Technologien effi‑
Nutzungsprozesse von Geodaten in den verschiedenen              zienter erbringen und neue Geschäftsmodelle entwickeln
Verwaltungsbereichen gestalten (Geodatenmanagement,             (Kany et al. 2018). Doch der Einsatz von moderner Tech‑
Caffier et al. 2017)).                                          nologie muss der Marktsituation gerecht werden. Das
pp Sie schaffen und betreiben in der Vermessungs- und           Fachwissen der Mitarbeiter der Unternehmen muss ge‑
   Katasterverwaltung die geodätischen Referenzsysteme          nutzt werden, um den Wandel zur digitalen Welt fach‑
   zur Verortung von Objekten im Raum (direkte Geo‑             gerecht und nachhaltig zu gestalten.
   referenzierung, indirekte Georeferenzierung, vgl. Bei‑
   spiel 1: Georeferenzierung von Registern).
pp Sie definieren die geodätischen Aufnahmemethoden             4.1 Beispiel 3: Digitales Bauen
   für die Erhebung von Geobasis- und Geofachdaten auf
   Grundlage der amtlichen geodätischen Referenzsys‑            Auf dem Bauwesen lastet ein enormer Innovationsdruck.
   teme, indem sie das für den Einzelfall technisch und         Die Gesellschaft erwartet, dass Bauvorhaben zukünftig
   wirtschaftlich passende Mess- und Auswerteverfahren          schneller, preiswerter und ressourcenschonender durch‑
   konzipieren und umsetzen.                                    geführt werden. Dem gegenüber steht eine Reihe von
pp Sie gestalten eine leistungsfähige IT‑Infrastruktur für      öffentlichen Großbauprojekten, bei denen es zu erheb‑
   große und komplexe Geodatenbestände sowie das                lichen Kosten- und Terminüberschreitungen gekommen
   übergreifende Datenmanagement der Verwaltungsbe‑             ist. Aber auch die negativen Erfahrungen vieler privater

   142   zfv   3/2019 144. Jg.                © Wißner-Verlag
DIGEOTALISIERUNG - EIN STRATEGIEPAPIER DER DVW PROJEKTGRUPPE DIGITALISIERUNG - GEODAESIE.INFO
Seuß et al., DiGEOtalisierung – ein Strategiepapier der DVW‑Projektgruppe Digitalisierung       Fachbeitrag

Bauherren mit vermeidbaren Baumängeln und Nach‑                    bach 2015). Detaillierung und Genauigkeit variieren je
tragsforderungen zeigen, dass in diesem Sektor ein hoher           nach Kunde und Anwendungsfall.
Innovationsbedarf besteht.                                      pp Baubegleitende Vermessung vermittelt zwischen digi‑
   Geodäten können mit moderner digitaler Technologie,             taler Planung und realer Tätigkeit auf der Baustelle.
Kompetenz und Unternehmergeist hier proaktiv gestalten             Mit modernen Erfassungsmethoden können der Bau‑
(Becker et al. 2017, DVW 2018, BMVI 2015, BMVI 2013).              fortschritt dokumentiert und die Bauabnahme unter‑
                                                                   stützt bzw. die Planung in die Örtlichkeit übertragen
Technologie                                                        werden.
                                                                pp Am Ende der Baumaßnahme steht der zeitnahe Rück‑
Im Zentrum des »Digitalen Bauens« steht der digitale In‑           lauf der Daten in amtliche und betriebliche Geodaten‑
formationsaustausch. Die während des Planens, Bauens               banken, soweit diese für den Zweck der öffentlichen
und Betreibens von Bauwerken erfasste Information soll             Verwaltung bzw. den Betrieb des Bauwerkes notwen‑
über den gesamten Lebenszyklus zweckmäßig genutzt                  dig sind.
und medienbruchfrei zwi‑
schen unterschiedlichen Soft‑
waresystemen       ausgetauscht
                                                                                                               Welt
werden.                               Die Welt
   Building Information Mo‑         beschreiben
deling (BIM) ist eine Me‑                                     Vermessung            Geobasisdaten              Land
thode der optimierten, soft‑
wareunterstützten      Planung,
                                                                                                               Stadt
Ausführung und Bewirtschaf‑
tung von Bauvorhaben, ba‑
sierend auf der aktiven Ver‑                                                                                 Bauwerk
netzung (Kollaboration) aller
am Bau Beteiligten. Kernbe‑
                                                                                                              Raum
standteil ist in der Regel das
digitale 3D‑Modell, das bau‑
teilstrukturiert geometrische                         Planen              Bauen            Betreiben          Bauteil
Daten, topologische Daten und         Die Welt
Sachdaten (z. B. physikalische,      verändern
                                                                                                          Konstruktion

                                                                                                                            Clemen 2018
technische oder beschreibende
Eigenschaften) des Bauwerks
abbildet. Dies geschieht regel‑
basiert und ist somit einheit‑ Abb. 4 Vermessung und Geodaten im BIM-Informationskreislauf
lich und qualitätsgesichert.
   Auch die geodätischen Leistungen und Produkte, die        pp Die Fortführung und Laufendhaltung der Modelle im
innerhalb des Bauwerkslebenszyklus auftreten, müs‑              weiteren Lebenszyklus des Bauwerks (z. B. für Prozesse
sen zukünftig nach der BIM-Methode realisiert werden            des Facility Managements) erfordert eine kontinuier‑
können (Abb. 4). Dies adressiert insbesondere die ver‑          liche Erfassung der Veränderungen, was hinsichtlich
messungstechnischen Arbeiten, die Einbindung von                der Geometrie und zu mindestens in Teilen hinsicht‑
Geo(basis)daten bzw. die BIM-GIS-­Integration (u. a. Blan‑      lich der Semantik mithilfe geodätischer Messtechnik
kenbach 2015 und 2016, Hijazi und Donaubauer 2017,              erfolgt.
Clemen 2018, DVW 2018):
pp Amtliche, freie und privatwirtschaftliche Geobasis‑       Kompetenzen
   daten werden von spezialisierten Ingenieurbüros so
   aufbereitet, dass sie für Planungszwecke vollstän‑        Die vier Hauptkompetenzen der Geodäsie für das Digitale
   dig, aktuell, technisch belastbar und digital integriert  Planen, Bauen und Betreiben sind:
   (»BIM-ready«) genutzt werden können.                      pp Herstellung eines einheitlichen Raumbezugs aller
pp Geodätische Messtechnik liefert belastbare Informatio‑       Daten zum Bauwerk und seiner Umgebung
   nen, insbesondere über die Geometrie des planungsre‑      pp Datenmanagement und Datenanalyse großer raum‑
   levanten Bestandes, von Bauwerken und der Topogra‑           bezogener digitaler Datenmengen aus heterogenen
   fie. Mit Fernerkundungsdaten und Drohnenbefliegung           ­Quellen
   können massenhaft Oberflächenmodelle erzeugt wer‑         pp Vermessungstechnische Erfassung, Fortführung und
   den. 3D‑Laserscanning und strukturierte Vermessun‑            objektorientierte Modellierung des Bestandes
   gen mit Totalstationen und GNSS-Empfängern liefern        pp Baubegleitende Vermessung zur Absteckung und Do‑
   die Datengrundlage für digitale 3D‑Modelle (Blanken‑          kumentation (Baufortschritt, as-built/as-is)

                                                                © Wißner-Verlag               144. Jg. 3/2019   zfv   143
DIGEOTALISIERUNG - EIN STRATEGIEPAPIER DER DVW PROJEKTGRUPPE DIGITALISIERUNG - GEODAESIE.INFO
Fachbeitrag             Seuß et al., DiGEOtalisierung – ein Strategiepapier der DVW‑Projektgruppe Digitalisierung

                   Management                                                      Technologie

                   Das Digitale Planen, Bauen und Betreiben ist ein Metho‑         Mit Bezug auf geodätische Expertise rücken insbesondere
                   den- und Kulturwandel. Die wesentlichen Management‑             Technologien für genaue sowie verlässliche Positions-
                   aufgaben sind:                                                  und Orientierungsbestimmung und für die Echtzeitver‑
                   pp Identifikation von Anwendungsfällen und Prozess‑             arbeitung von Sensordaten in den Fokus des Interesses.
                      schritten, die mit digitalen Methoden verbessert wer‑        Daraus ergeben sich zentrale Fragen:
                      den können (interne Prozesse, z. B. Planmanagement,          pp Wo genau befindet sich das Fahrzeug und in welche
                      Verbindung von Geometrie- und Sachdaten, sowie                  Richtung bewegt es sich?
                      externe Prozesse, z. B. auf BIM aufsetzende fachliche        pp Welche Geschwindigkeit hat das Fahrzeug?
                      Modellierung, modellbasierte Absteckung mit BIM-             pp Welchen Weg soll das Fahrzeug befahren?
                      Daten, Georeferenzierung von Bauwerksmodellen und
                      GIS-Integration).                                            Diese Aspekte sind in Echtzeit zu beantworten und mit
                   pp Identifikation neuer Geschäftsfelder, die auf geodäti‑       einem permanenten Soll-Ist-Abgleich zu berücksichtigen.
                      schen Kernkompetenzen aufbauen                                  Diese Technologien gewährleisten somit, dass bei‑
                   pp Mitarbeiterschulung und Identifikation von Key-Usern         spielsweise eine landwirtschaftliche Maschine den bisher
                   pp Aufbau und Übernahme von zentralen Rollen im BIM             genutzten Fahrweg auf dem Ackerschlag mit Zentimeter‑
                      als BIM-Koordinator oder BIM-Manager                         genauigkeit einhält, um die Bodenverdichtung zu mini‑
                   pp Beschaffung von Soft- und Hardware, die zukunftssi‑          mieren.
                      cher (offene Schnittstellen) ist und mit der Dienstleis‑        Ebenso können autonome Fahrzeuge zu Pools zu‑
                      tungen bzw. Produkte marktgerecht entwickelt werden          sammengefasst werden. Einem LKW mit Fahrzeugführer
                      können.                                                      könnten zukünftig mehrere unbemannte Fahrzeuge fol‑
                                                                                   gen, die kooperative Fahrmanöver in Fahrzeugschwär‑
                                                                                   men vollautomatisch durchführen.
                   4.2 Beispiel 4: Autonomes Fahren                                   Einen Überblick notwendiger Sensortechnik für auto‑
                                                                                   matisiertes und vernetztes Fahren zeigt die Broschüre
                   Auch die Möglichkeiten des autonomen Fahrens werden             »kompakt² So fahren wir morgen« des BMVI (BMVI 2017).
                   im Kontext des Megatrends der Digitalisierung gesehen
                   und kontrovers diskutiert. Werden also Automaten die            Kompetenzen
                   Aufgaben von Taxifahrern, LKW-Fahrern, Schiffskapitä‑
                   nen, Landwirten oder Triebfahrzeugführern übernehmen?           Geodätische Expertise leistet wichtige Beiträge zur Fahr‑
                   Sind es doch diese Menschen, die heute entscheiden, auf         zeugnavigation als Teilaufgabe des autonomen Fahrens:
                   welchem Weg sie ein Fahrzeug von A nach B bringen.              pp Bestimmung der relativen sowie absoluten Position
                   Gleichzeitig reagieren sie auf unvorhergesehene Ereig‑             und Orientierung von Fahrzeugen und relevanten Ob‑
                   nisse und gewährleisten die Sicherheit der Passagiere und          jekten im Umfeld unter Verwendung verschiedener
                   der transportierten Waren. Bei autonomen Fahrzeugen                Verfahren (u. a. Satelliten, Mobilfunk, Inertialsensoren
                   übernimmt eine vollautomatische Fahrzeugsteuerung                  oder bildgestützte Verfahren)
                   alle Fahrfunktionen. Aktuell wird zwischen fünf Stufen          pp Erfassung und Bereitstellung von Referenzgeometrien
                   der Automatisierung unterschieden. Im Level 0 »­Driver             für Fahrwege
                   only« lenkt und fährt der Fahrer vollkommen ohne                pp Beurteilung der Qualität, insbesondere Genauigkeit und
                   Unterstützung durch Fahrerassistenzsysteme, im Level 4             Zuverlässigkeit, von Daten und Bestimmungsverfahren
                   »Vollautomatisiert« bewegt sich das Fahrzeug fahrerlos,
                   also autonom, fort (siehe Abb. 5). In den Zwischenstufen        Management
                   steigt der Anteil der Fahrfunktionen, die das Fahrzeug
                   übernimmt (Agrarheute 2019, BMW 2019).                      Geodäten sind im Umfeld des autonomen Fahrens vor
                      Geodäten leisten einen wichtigen Beitrag zur Unter‑      allem im Anforderungsmanagement gefordert. Gilt es
                   stützung und Automatisierung von Fahrfunktionen und         doch die anwendungsbedingten Anforderungen an die
                   damit für die Mobilität der Zukunft.                        Genauigkeit und Zuverlässigkeit in der Domäne »Auto‑
                                                                                          nomes Fahren« zu ermitteln und mit den
                                                                                          bekannten Positionierungsverfahren zu ver‑
                                                                                          knüpfen. Eine identische Aufgabe ergibt sich
                                                                                          bei der Wahl der adäquaten Datensätze für
                                                                                          die digitale Referenzgeometrie, hier ist der
Agrarheute 2019

                                                                                          Geodät insbesondere als Geodatenmanager
                                                                                          gefordert, um Datensätze hinsichtlich Ver‑
                                                                                          fügbarkeit, Aktualität und weiterer Quali‑
                  Abb. 5: Autonom agierendes Fahrzeug im Bereich der Landwirtschaft       tätskriterien zu beurteilen.

                      144    zfv   3/2019 144. Jg.               © Wißner-Verlag
DIGEOTALISIERUNG - EIN STRATEGIEPAPIER DER DVW PROJEKTGRUPPE DIGITALISIERUNG - GEODAESIE.INFO
Seuß et al., DiGEOtalisierung – ein Strategiepapier der DVW‑Projektgruppe Digitalisierung           Fachbeitrag

Abb. 6: Stärken und Kompetenzen des Geodäten in der Digitalisierung

5 Erkenntnisse und Handlungsempfehlung                          pp Beurteilung von Messergebnissen und deren Genauig‑
                                                                   keit/Zuverlässigkeit
Anhand dieser vier Beispiele zeigt sich, dass die geodä‑        pp Prüfung von Referenzgeometrien (Soll-Ist-Abgleich)
tische Expertise sowie Geodaten in vielen gesellschaft‑
lichen Bereichen von zentraler Bedeutung sind. Der Geo‑         Übergreifende Kompetenzen
dät gestaltet in der Digitalisierung viele Aufgaben und         pp Fachbezogenes Softwareengineering
Prozesse grundlegend mit. Er setzt aktiv die folgenden          pp Informationsmodellierung
eigenen Stärken und Kompetenzen ein (siehe Abb. 6):             pp Change Management
                                                                pp Projektmanagement sowie Konzeption und Umset‑
Georeferenzierung                                                  zung digitaler Prozesse
pp Herstellung einheitlicher Raumbezüge in allen Skalen‑
   bereichen (einzelne Bauwerke – gesamte Erde)                 Der Geodät definiert Systeme für automatisierte Prozesse
pp Absolute und relative Positions- und Orientierungsbe‑        zur Analyse und Entscheidungsunterstützung in der digi‑
   stimmung im Raum (z. B. Autonomes Fahren, Robotik)           talen Gesellschaft. Damit werden zunehmend neue Wert‑
pp Verarbeitung von Sensordaten in Echtzeit                     schöpfungsketten realisiert.
                                                                   Zur Stärkung der Rolle und Kompetenz des Geodäten
Geodatenmanagement                                              in der digitalen Gesellschaft bedarf es strategischer Leit‑
pp Aufbau und Betrieb von raumbezogenen Informa‑                linien (siehe Abb. 7):
   tionssystemen für die Erfassung, Verwaltung, Analyse         p Innovationsbereitschaft bewahren
   und Visualisierung                                           p Aus- und Weiterbildung fördern
pp Vernetzung von Geodaten in Geodateninfrastrukturen           p Strategische Partnerschaften bilden
                                                                p Interdisziplinäre Zusammenarbeit ausbauen
Qualitätssicherung                                              p Integrale Prozesse gestalten
pp Monitoring des Systems Erde in Raum und Zeit
pp Beurteilung der Datenqualität (Genauigkeit, Auflö‑           Der DVW wird diese strategischen Leitlinien weiter ver‑
   sung, Inhalt, Beschreibung/Metadaten)                        folgen und damit die Rolle und Kompetenzen der Geodä‑
pp (Geo-)Datenerfassung mit den passenden Sensoren in           ten in den digitalen Wandel einbringen. Als Handlungs‑
   der notwendigen Genauigkeit in allen Skalenbereichen         empfehlung wird dem Berufsstand empfohlen, sich an
                                                                           diese Leitlinien in der täglichen Praxis anzu‑
                                                                              lehnen.

                                                                                   Abb. 7:
                                                                                   Strategische Leitlinien zur Stärkung der
                                                                                  Rolle und Kompetenz des Geodäten

                                                                © Wißner-Verlag                   144. Jg. 3/2019   zfv   145
DIGEOTALISIERUNG - EIN STRATEGIEPAPIER DER DVW PROJEKTGRUPPE DIGITALISIERUNG - GEODAESIE.INFO
Fachbeitrag                Seuß et al., DiGEOtalisierung – ein Strategiepapier der DVW‑Projektgruppe Digitalisierung

Literatur                                                              BMW (2019): Webseite von BMW: Die fünf Stufen bis zum auto‑
Becker, R., Kaden, R., Blankenbach, J. (2017): Building Information       nomen Fahren. www.bmw.com/de/automotive-life/autonomes-
   Modeling (BIM) – neue Perspektiven für Geodäten // Building            fahren.html, letzter Zugriff 03/2019.
   Information Modeling (BIM) – new perspectives for Geodesists.       BMWi (2017): Monitoring-Report Wirtschaft DIGITAL 2017.
   gis.Business, Heft 5/2017, ISSN 1869-9286, S. 50–57.                   www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Digitale-Welt/
BKG (2014): Geokodierungsdienst der AdV – Technisches Konzept –           monitoring-report-wirtschaft-digital.pdf?__blob=publication
   AG Geokodierungsdienste der AdV. 31.03.2014, S. 14.                    File&v=8, letzter Zugriff 03/2019.
Blankenbach, J. (2015): Bauwerksvermessung für BIM. In: Borr‑          BMWi (2019a): Digitale Agenda. www.bmwi.de/Redaktion/DE/
   mann/König/Koch, Beetz (Hrsg.): Building Information Mo‑               Artikel/Digitale-Welt/digitale-agenda.html,   letzter    Zugriff
   deling – Technologische Grundlagen und industrielle Praxis.            03/2019.
   Springer Verlag, Heidelberg, ISBN 978-3-658-05605-6, S. 343–        BMWi (2019b): www.de.digital, letzter Zugriff 03/2019.
   362.                                                                Bundesregierung (2018): www.bundesregierung.de/Content/DE/_
Blankenbach, J. (2016): Bauaufnahme, Gebäudeerfassung und BIM.            Anlagen/2018/03/2018-03-14-koalitionsvertrag.pdf?__blob=
   In: Freeden/Rummel (Hrsg.): Handbuch der Geodäsie. Sprin‑              publicationFile&v=6, letzter Zugriff 03/2019.
   ger Verlag, Berlin, Heidelberg, ISBN 978-3-662-46900-2, DOI:        Clemen, C.: BIM, Surveying and GIS. In: FIG Workshop G   ­ eoPreVi
   10.1007/978-3-662-46900-2_36-1, 31 Seiten.                             2018 – Geodesy for Smart Cities, Bucharest, 2018. https://
Caffier, A., et al. (2017): Geodatenmanagement. In: zfv 4/2017,           geoprevi.xyz, letzter Zugriff 03/2019.
   S. 201–210. DOI: 10.12902/zfv-0175-2017.                            DVW (2018): Leitfaden Geodäsie und BIM, Version 1.2. DVW-Merk‑
Hijazi, I., Donaubauer, A. (2017): Integration of Building and Urban      blatt 11-2018. www.dvw.de/BIM-Leitfaden.pdf, letzter Zugriff
   Information Modeling – Opportunities and Integration Approa‑           03/2019.
   ches. In: Kolbe/Bill/Donaubauer (Hrsg.): Geoinformationssyste‑      GDI-DE (2015): Nationale Geoinformations-Strategie. www.geo
   me 2017 – Beiträge zur 4. Münchner GI‑Runde.                           portal.de/SharedDocs/Downloads/DE/GDI-DE/Dokumente/
Kany, C., et al. (2018): Wert von Geoinformation. In: zfv 6/2018,         NGIS_V1.pdf?__blob=publicationFile, letzter Zugriff 03/2019.
   S. 390–397. DOI: doi.org/10.12902/zfv-0238-2018.                    Techconsult (2019): Digitalisierungsindex. www.digitalisierungs
Kutterer, H. (2019): Geodäsie – Schlüsseldisziplin für die digitale       index.de, letzter Zugriff 03/2019.
   Gesellschaft. In: Hanke/Weinold: 20. Internationale Geodätische
   Woche Obergurgl 2019. Wichmann Verlag, Offenbach, S. 133–
   144.
                                                                       Kontakt
                                                                       Prof. Dr.-Ing. Robert Seuß
Online                                                                 Leiter PG DiGEOtalisierung
Accenture (2015): Mut, anders zu denken: Digitalisierungsstrate‑       c/o Frankfurt University of Applied Sciences, Labor für
   gien der deutschen Top500. www.accenture.com/_acnmedia/             Geoinformation
   Accenture/Conversion-Assets/DotCom/Documents/Local/de-              Nibelungenplatz 1, 60318 Frankfurt am Main
   de/PDF_3/Accenture-Deutschlands-Top500.pdf, letzter Zugriff         seuss@fb1.fra-uas.de
   03/2019.
Agrarheute (2019): www.agrarheute.com/technik/traktoren/brand          Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jörg Blankenbach
   neu-autonome-traktor-case-ih-526391, letzter Zugriff 03/2019.       Leiter PG DiGEOtalisierung
BfJ (2013): E-Government-Gesetz. Bundesamt für Justiz. www.            c/o Geodätisches Institut der RWTH Aachen University
   gesetze-im-internet.de/egovg, letzter Zugriff 03/2019.              Mies-van-der-Rohe-Straße 1, 52074 Aachen
BMVI (2013): BIM-Leitfaden für Deutschland. 2013. www.bmvi.de/         blankenbach@gia.rwth-aachen.de
   SharedDocs/DE/Anlage/Digitales/bim-leitfaden-deu.pdf, letzter
   Zugriff 03/2019.
BMVI (2015): Stufenplan Digitales Planen und Bauen. 2015.
   www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Publikationen/DG/stufenplan-
   digitales-bauen.pdf, letzter Zugriff 03/2019.
BMVI (2017): kompakt² – So fahren wir morgen. 2017. www.bmvi.
   de/SharedDocs/DE/Publikationen/G/kompakt-automatisiertes-
   fahren.pdf?__blob=publicationFile, letzter Zugriff 03/2019.         Dieser Beitrag ist auch digital verfügbar unter www.geodaesie.info.

   146      zfv   3/2019 144. Jg.                    © Wißner-Verlag
Sie können auch lesen