FORSCHUNG UND GESELLSCHAFT | 13 - DIREKTE DEMOKRATIE EINE ZUKUNFTSLÖSUNG? - SICHTWEISEN AUS DER SCHWEIZ UND ÖSTERREICH - Österreichische ...
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WWW.OEAW.AC.AT FORSCHUNG UND GESELLSCHAFT | 13 DIREKTE DEMOKRATIE EINE ZUKUNFTSLÖSUNG? – SICHTWEISEN AUS DER SCHWEIZ UND ÖSTERREICH
DIREKTE DEMOKRATIE EINE ZUKUNFTSLÖSUNG? – SICHTWEISEN AUS DER SCHWEIZ UND ÖSTERREICH PODIUMSDISKUSSION AM 19. MÄRZ 2018 ORGANISATION DER PODIUMSDISKUSSION UNTER MITARBEIT VON: ÖAW 1
INHALTSVERZEICHNIS INHALT EDITORIAL Oliver Jens Schmitt ........................................................................................................................................................................... 5 VORWORT Magdalena Pöschl ............................................................................................................................................................................. 7 PODIUMSDISKUSSION BEGRÜSSUNG Anton Zeilinger ................................................................................................................................................................................. 11 Walter Haffner ................................................................................................................................................................................... 12 DISKUSSION: DIREKTE DEMOKRATIE EINE ZUKUNFTSLÖSUNG? – SICHTWEISEN AUS DER SCHWEIZ UND ÖSTERREICH Oliver Jens Schmitt (Moderation) ................................................................................................................................................... 14 Andreas Auer .................................................................................................................................................................................... 15 Franz Merli ........................................................................................................................................................................................ 17 Zoltán Tibor Pállinger ...................................................................................................................................................................... 18 Adrian Vatter ..................................................................................................................................................................................... 20 Ewald Wiederin ................................................................................................................................................................................ 22 RESÜMEE Magdalena Pöschl ............................................................................................................................................................................. 33 ÖAW 3
EDITORIAL EDITORIAL OLIVER JENS SCHMITT Geistes- und Sozialwissenschaften für eine informierte, wissenschafts betreiben intensive Forschungsar basierte Erörterung eines der wich beit. Diese dient dem Fortschritt der tigen Themen der gegenwärtigen Wissenschaft. Die dabei erzielten Er politischen Debatte zur Verfügung kenntnisse ermöglichen aber auch der stellen. Gesellschaft in grundlegenden Fragen eine faktenbezogene Orien tierung. Einsichten aus der wissenschaftlichen Arbeit und die Einordnung komple xer Sachverhalte bei einer kontrovers ausgetragenen öffent lichen Debatte zu bieten, war das Ziel der Veran staltung, deren Ergebnisse hier in ge Oliver Jens Schmitt ist Professor für Ge- druckter Form vorliegen. Die Diskus schichte Südosteuropas an der Universität sion über direkte Demokratie führte Wien. 2011 wurde er zum wirklichen Mit- an der Österreichischen Akademie glied der ÖAW gewählt. Seit 2017 ist er der Wissenschaften die Expertise von Präsident der philosophisch-historischen Staats- und Verwaltungsrecht und Klasse. Politikwissenschaft zusammen. Die Leserin/der Leser kann in der vorlie genden P ublikation dem Verlauf der Debatte folgen und erhält im Schluss wort eine zusammenfassende Deu tung des Gesagten. In diesem Sinne möchte diese Veröffentlichung einer breiteren Öffentlichkeit Grundlagen ÖAW 5
VORWORT VORWORT MAGDALENA PÖSCHL Direkte Demokratie ist in Österreich solchen Volksbegehren Rechnung ein heikles Thema. Während die e inen zu tragen. Zum zweiten waren zwar leidenschaftlich mehr Plebiszite for Gesamtänderungen der Verfassung dern, in der Hoffnung, diese würden dem Volk obligatorisch zur Abstim die Demokratie beleben, warnen die mung vorzulegen, sonstige Verfas anderen vehement vor den Gefahren: sungsänderungen und ein fache Ge- Volksentscheide seien vielfach nicht setze hingegen nur, wenn National- von Sachargumenten, sondern von rat beziehungsweise Bundesrat dies Emotionen getragen oder gar von wünschten. Diese Zurückhaltung ge Kampagnen finanzkräftiger Akteure genüber direktdemokratischen Instru gelenkt; allzu oft seien sie zudem menten wurde schon damals mit den minderheitenfeindlich und auch sonst Erfahrungen in der Schweiz begrün illiberal. det. Dort habe sich die konservative Magdalena Pöschl ist Professorin für Eine gewisse Skepsis gegenüber Tendenz von Volksabstimmungen Staats- und Verwaltungsrecht an der Plebisziten ließ von Anfang an auch gezeigt; zudem seien solche Abstim Universität Wien. 2012 wurde sie zum das österreichische Bundes-Verfas mungen ein retardierendes Moment, wirklichen Mitglied der Österreichischen sungsgesetz (B-VG) erkennen. Als dem man im Interesse einer raschen Akademie der Wissenschaften gewählt. diese Verfassung im Jahr 1920 be Gesetzgebung nicht zu viel Raum ge schlossen wurde, entschied man sich währen wollte. bewusst dafür, Österreich als parla An dieser reservierten Grundlinie mentarische Demokratie einzurich der österreichischen Verfassung hat ten und direktdemokratische Instru sich bis heute wenig geändert. Zwar mente nur sparsam einzusetzen: Zum ergänzte das B-VG das Volksbe einen durfte das Volk nach dem B-VG gehren und die Volksabstimmung Gesetzesvorschläge machen, doch im Jahr 1988 um das Instrument der stand es dem Parlament völlig frei, Volksbefragung, wie die Volksab ÖAW 7
VORWORT stimmung kann aber auch sie nur kratie“ an, mit einer tief greifenden dem Gegenvorschlag des Parlaments „von oben“, also von staatlichen Or Neuerung: Volksbegehren, die von – dem Volk zur Abstimmung vorge ganen, initiiert werden, was kaum 900.000 Stimmberechtigten unter legt. Derartige Volksinitiativen wer je geschieht. So fanden bislang erst stützt werden und die das Parlament den in der Schweiz immer wieder eine Volksbefragung (2013 zur Wehr nicht in Jahresfrist „entsprechend“ beschlossen; einige von ihnen sind pflicht) und zwei Volksabstimmun umsetzt, sollen – gegebenenfalls ge auch über die Landesgrenzen hinaus gen statt, eine fakultativ (1978 zum meinsam mit einem Gegenvorschlag bekannt, weil sie völkerrechtswidrig Atomkraftwerk Zwentendorf), die des Nationalrates – einer Volksab und daher schwer umzusetzen sind. andere obligatorisch (1994 zum EU- stimmung unterzogen werden. Da Das gilt für die Anti-Minarett-Ini Beitritt). Nur Volksbegehren werden bei wird der Vorschlag, den das Volk tiative, die den Bau von Minaret „von unten“, also vom Volk, initiiert. mehrheitlich annimmt, zum Gesetz. ten untersagt, ebenso wie für die Das passiert deutlich häufiger; letzt Ist dies der Vorschlag des Volksbe Ausschaffungsinitiative, nach der lich verlaufen Volksbegehren jedoch gehrens, entsteht ein Gesetz also Ausländerinnen und Ausländer, die meist im Sand, weil sich der Natio ohne, ja eigentlich gegen den Willen wegen bestimmter Delikte verurteilt nalrat mit ihnen nur beschäftigen, sie des Nationalrates. Damit würde eine werden, automatisch auszuweisen aber nicht umsetzen muss. Volksgesetzgebung eingeführt, die sind. Umsetzungsprobleme bereitet So schwach die direkte Demokratie das B-VG so grundlegend änderte, auch die Initiative gegen Massenein in Österreich ausgeprägt ist, so viel dass sie – neben einer Verfassungs wanderung, nach der die Zuwande wird über sie diskutiert, und je grö mehrheit im Nationalrat – ihrerseits rung selbst aus EU-Staaten zu kon ßer die allgemeine Unzufriedenheit einer Volksabstimmung bedürfte. tingentieren ist. Völlig friktionsfrei mit dem Zustand der Demokratie Als Vorbild für diese Reform wird oft sind die Schweizer Volksinitiativen ist, desto lauter wird ein Ausbau die Schweiz genannt, und das nicht also offenbar nicht. der direkten Demokratie verlangt. von ungefähr. Ihre Verfassung stellt Der Reformvorschlag der österreichi In den letzten Jahren gingen sol eine Fülle direktdemokratischer In schen Regierung und sein Schweizer che Forderungen teils sogar von der strumente bereit, darunter auch die Vorbild werfen Fragen auf: Was Parlamentsmehrheit aus („Demo sogenannte „Volksinitiative“. Mit ihr spricht aus Schweizer Sicht für und kratiepaket“ 2013), teils von einzel kann das Schweizer Volk eine Verfas gegen die Volksinitiative, ist sie wirk nen Parteien, namentlich von den sungsänderung lancieren, zu der die lich vergleichbar mit dem Volksge Grünen und der FPÖ. Keiner dieser Regierung und das Parlament Stel setz, das der österreichischen Re Vorschläge wurde jedoch umgesetzt. lung nehmen können und das Parla gierung vorschwebt, und kennt die Ergebnislos verlief auch das Volksbe ment zudem einen Gegenvorschlag Schweizer Verfassung noch andere gehren „Demokratie jetzt!“. Das ak erstatten kann. Bleiben die Initianten direktdemokratische Instrumente, tuelle Regierungsprogramm kündigt dennoch bei ihrem Vorschlag, wird die in das österreichische System abermals eine „Stärkung der Demo er – gegebenenfalls gemeinsam mit transferiert werden könnten? Allge ÖAW 8
VORWORT meiner gefragt: Welche Chancen und Risiken birgt die direkte Demokratie und wie muss man direktdemokra tische Instrumente ausgestalten, um die Chancen zu maximieren und die Risiken zu minimieren? Darü ber haben in der Akademie der Wis senschaften am 19. März 2018 drei Schweizer Demokratieexperten und zwei österreichische Staatsrechtsleh rer diskutiert. ÖAW 9
VORWORT ÖAW 10
PODIUMSDISKUSSION PODIUMS DISKUSSION BEGRÜSSUNG ANTON ZEILINGER Veranstaltung heute ist ja eine Ko operation mit der Botschaft der Ich darf Sie alle sehr herzlich hier Schweizerischen Eidgenossenschaft. in der Österreichischen Akademie In ihrer neuen Funktion dürfen wir der Wissenschaften zu einem T hema heute zum ersten Mal die Präsiden begrüßen, das in Österreich ganz tin des Verfassungsgerichtshofs, Frau aktuell diskutiert wird. Unser Klas Dr. Brigitte Bierlein, begrüßen, sie ist senpräsident Oliver Schmitt hat die ebenfalls Mitglied des Senats unserer Frage an der ÖAW ins Gespräch Akademie. Anton Zeilinger ist em. o. Professor der gebracht, lange ehe diese aktuelle Ganz herzlich begrüße ich die Ehren Physik an der Universität Wien. 1998 Debatte in Österreich wieder auf mitglieder unserer philosophisch- wurde er zum wirklichen Mitglied der gebracht wurde. Das ist ein reiner historischen Klasse, Frau Professor ÖAW gewählt. Seit 2013 ist er Präsident Zufall, wie fast alles Wichtige im Irmgard Griss sowie Herrn Profes der ÖAW. Leben. sor Clemens Jabloner, zudem Herrn Ich darf einige Persönlichkeiten na Dr. Claus Raidl, den Präsidenten der mentlich begrüßen: Herrn National Österreichischen Nationalbank. ratspräsidenten Sobotka, der auch Nicht zuletzt möchte ich alle an der Vorsitzende des Senats der Öster wesenden Parlamentarierinnen und reichischen Akademie der Wissen Parlamentarier herzlich willkommen schaften ist, sowie Seine Exzellenz, heißen. Ich hoffe, dass Sie aus der den Schweizerischen Botschafter heutigen Veranstaltung viel Interes Walter Haffner, und Gattin – diese santes mitnehmen können. ÖAW 11
PODIUMSDISKUSSION Mit besonderem Dank für ihre Mit vorgeschlagen und dann gewählt In diesem Raum haben einige der wirkung begrüße ich schließlich wird. Von außen gibt es keine Ein ersten Versammlungen im Zuge der unsere Podiumsgäste: Herrn Profes flussmöglichkeiten. Revolution 1848 stattgefunden, da sor Andreas Auer, Herrn Dr. Zoltán Die zweite Säule sind unsere Insti her wurde dieses Gebäude letztlich Pállinger, Herrn Professor Adrian tute. Wir haben 28 Institute verschie für die Studenten gesperrt. Nach Vatter, unser wirkliches Mitglied denster Richtungen. Sehr bekannt ist einigen Jahren wurde es der Akade Professor Ewald Wiederin und Herrn zum Beispiel das IMBA, das sich mit mie der Wissenschaften übergeben, Professor Franz Merli. Klassenpräsi molekularer Biologie und molekula übrigens einige Zeit bevor das neue dent Schmitt wird Sie später noch im rer Medizin befasst. Und der Bogen Gebäude der Universität am Ring in Einzelnen vorstellen. spannt sich jenseits der Life Sciences Betrieb genommen werden konnte. Ich möchte, ehe ich das Wort an weiter über Mathematik, Weltraum Das bedeutete für die Universität Herrn Botschafter Haffner übergebe, forschung und Materialwissenschaf einiges Ungemach. zwei, drei Worte sagen – nicht zum ten bis hin zu zahlreichen Instituten Ich möchte aber an dieser Stelle Ihre heutigen Inhalt, das werden andere in den Sozial-, Geistes- und Kultur Geduld nicht länger strapazieren und tun. Ich darf jedoch die Gelegenheit wissenschaften. nunmehr an Sie, Herr Botschafter nutzen und Ihnen die Akademie der Dieser Raum ist unser Festsaal, ur Haffner, übergeben, den Mitveran Wissenschaften ganz kurz vorstellen. sprünglich der Festsaal der Universi stalter unserer heutigen Diskussion. Unsere Akademie besteht im Wesent tät Wien, unter Maria Theresia erbaut, lichen aus zwei getrennten Säulen, in einer Bauzeit von nur drei Jahren. die sozusagen nur durch den Präsi Sie sehen in der Mitte des Decken WALTER HAFFNER denten zusammengehalten werden. freskos Maria Theresia und Franz Das eine ist die Versammlung un Stephan von Lothringen. Die vier Sei Ich freue mich sehr, dass die Schwei serer Mitglieder, die Gelehrtenge ten zeigen jeweils Darstellungen der zerische Botschaft einen kleinen sellschaft. Wir haben Mitglieder aus vier Fakultäten der klassischen Uni Beitrag zu dieser in Österreich auf nahezu allen Fächern der Wissen versität. Gerade vor Ihnen die Philo gekommenen Diskussion über die schaften und quer durch alle Felder, sophie, die die gesamten Geistes- und direkte Demokratie leisten darf, und von der Medizin und den techni Naturwissenschaften umfasst, bei der ich möchte mich beim Präsidenten schen Wissenschaften über mein Ge Philosophie sehen Sie zum Beispiel der Akademie für diese Gelegenheit biet, die Physik, bis weit hinein in die zwei Teleskope. Links von Ihnen die bedanken. Direkte Demokratie ist Geisteswissenschaften oder etwa die Theologie. Hinter Ihnen die Medizin ebenso Teil der Schweizer Identität, Philosophie. Wir haben in Österreich mit der Darstellung einer Sektion; wie dies die Neutralität oder der etwa 450 Mitglieder und im Ausland eine Abbildung, die viel früher nicht Gotthard-Tunnel sind, und alle drei etwa 300 Mitglieder. Mitglied kann möglich gewesen wäre. Und hier auf haben eines gemeinsam: Sie wur nur werden, wer von Mitgliedern der Seite die Jurisprudenz. den den Schweizerinnen und den ÖAW 12
PODIUMSDISKUSSION Schweizern nicht von Gottes Gnaden 2018 für die Beibehaltung der geschenkt, sondern sind Teil einer Radio- und Fernsehgebühren des langen historischen Entwicklung. öffentlichen Rundfunks stimmen. Die direkte Demokratie ist eben Wie erwähnt entscheidet das Stimm keine genetische Gegebenheit, die volk zuweilen anders, als es die Re den Schweizerinnen und Schwei gierung und das Parlament empfeh zern innewohnt, und im Gegensatz len. So geschah es im Jahr 2017 bei zu „Ricola“ haben die Schweizer sie zwei wichtigen Abstimmungen: der auch nicht erfunden. Steuerreform für Unternehmen und Zusammen mit dem Föderalismus der Pensionskassenreform. In bei hat die Schweiz ein politisches den Fällen entsprachen die Abstim System der direkten Demokratie ent mungsresultate nicht den Empfehlun wickelt, das auf Ausgleich, auf Kom gen von Regierung und Parlament, promiss und auf stabile Mehrheiten und somit erteilte das Stimmvolk der abzielt. Die Bürgerinnen und Bürger Bundesregierung den Auftrag, neue können im Zentrum dieses Systems Vorlagen auszuarbeiten. selber bestimmen, und zwar auf allen Ist dies für die direkte Demokratie Ebenen der Politik. gut? Und wie effizient ist es? Sind die Für das Verhältnis zwischen Bürger Prozesse langsam oder zu langsam? und Staat heißt das: Der Staat soll Hat das Volk etwa immer recht? Wo dem Bürger dienen. Der Bürger sei liegen die Gefahren und Grenzen Walter Haffner ist Schweizerischer Bot- nerseits ist verantwortlich für die der direkten Demokratie? Wie geht schafter in Österreich. Entscheide dieses Staates. Grund man mit Entscheiden um, die wider sätzlich folgen die Bürger häufig den sprüchlich wirken oder teilweise so Vorgaben und Empfehlungen von gar widersprüchlich sind? Lässt sich Regierung und Parlament. Manch der Erfolg der Schweiz, eines der mal entscheiden sie sich aber auch reichsten und innovativsten Länder anders. In jedem Fall müssen sie weltweit, zum Teil auch mit der die Konsequenzen ihrer Entscheide direkten Demokratie begründen? Mit tragen: zum Beispiel, wenn sie eine Blick auf die künftige Entwicklung Initiative ablehnen, die ihnen eine der direkten Demokratie ist die Dis Woche mehr Ferien geben würde – kussion über diese Fragen zwischen dies war vor einigen Jahren der Experten aus Österreich und aus der Fall – oder wenn sie wie, am 4. März, Schweiz besonders begrüßenswert. ÖAW 13
PODIUMSDISKUSSION DIREKTE DEMOKRATIE EINE ZUKUNFTSLÖSUNG? – SICHTWEISEN AUS DER SCHWEIZ UND ÖSTERREICH OLIVER JENS SCHMITT Akademie der Wissenschaften, mit gelöst wurden, dass die Debatte stark dieser Podiumsdiskussion die Pers konzentriert wurde auf das Element Ich bin Historiker von Profession, pektive der Wissenschaft einzubrin des Plebiszits. also der Fachfremdeste heute Abend. gen, konkret jener Disziplinen, die Was wir hier versuchen, ist eine Kon Ich darf Sie durch diesen Diskus sich hier kompetent äußern können. textualisierung, eine Einordnung die sionsabend führen und zuerst noch Das ist auf der einen Seite das Staats ser Debatte. Bei der Vorbereitung der ergänzend einige Worte des Dankes recht und auf der anderen Seite die Veranstaltung haben wir uns auch für die ausgezeichnete Zusammenar Politikwissenschaft. Und so ist auch Gedanken gemacht über mögliche beit an die Schweizer Botschaft rich die Runde des heutigen Abends zu Untertitel. Es stand einmal auch „di ten – insbesondere an Frau Guitar sammengesetzt. Es geht um einen rekte Demokratie – Allheilmittel oder und Herrn Coduri – und dann auf wissenschaftlichen Blick zu einer Gottseibeiuns?“ zur Diskussion. Man der österreichischen Seite Herrn Diskussion, die versucht, eine Art hatte zeitweise den Eindruck, dass Professor Franz Merli und unseren Auslegeordnung zu bieten. Wissen es dazwischen eigentlich gar nichts Mitgliedern Ewald Wiederin und schaft bedeutet auch den Versuch mehr gebe. Bei der Vorbereitung Manfred Burgstaller danken, die sich einer systematischen Erfassung und dieser Debatte konnten wir auch unterstützend eingebracht und bei auch einer gewissen Entemotionali einiges lernen, was das Verhältnis der Konzeption entscheidend mitge sierung. Sie hören es meinem Zun von Wissenschaft und der Dynamik wirkt haben. genschlag an, es hat eine gewisse öffentlicher Debatten anlangt. Als Was war eigentlich der Ausgangs Rolle gespielt, dass ich als Schwei wir begannen, die Veranstaltung zu punkt dafür, dass wir dieses Thema zer, in Österreich lebend, zumindest konzipieren, war zumindest in der gewählt haben? Eine Diskussion, einen Teil der Debatte als überspitzt österreichischen Debatte ein Spre die den meisten von Ihnen bekannt empfunden habe. Bei mir ist der Ein chen über direkte Demokratie im ist, die sich in den letzten Monaten druck entstanden, dass einzelne Ele Zusammenhang mit der Regierungs in Österreich auch intensiviert und mente, die die direkte Demokratie bildung politisch relativ eindeutig zugespitzt hat. Hier versucht die ausmachen, aus dem Kontext heraus interpretierbar. Mittlerweile hat sich ÖAW 14
PODIUMSDISKUSSION dieses Meinungsspektrum sehr er tie auch anstrengend ist und für den ANDREAS AUER weitert. Ich denke hier zum Beispiel Stimmbürger einen erheblichen intel an das Volksbegehren zum Nichtrau lektuellen Aufwand bedeutet. Ich möchte eine kurze Vorbemer cherschutz oder an die Reaktionen in Ich darf ganz kurz die Teilnehmer auf kung anbringen. Ich fühle mich hier Österreich auf die Volksabstimmung dem Podium vorstellen. als Wissenschaftler, als Staatsrechtler. in der Schweiz, in der sich fast Andreas Auer ist Begründer des Zen Ich habe nichts zu verkaufen. Ich bin drei Viertel der Bevölkerung für trums für Demokratie und hat lange nicht hier, um Propaganda zu betrei ein gebührenfinanziertes öffentliches als Lehrstuhlinhaber an den Uni ben für das Schweizer System der di Medienwesen, Fernsehen und Rund versitäten Genf und Zürich gewirkt. rekten Demokratie, sondern wir ver funk, entschieden haben. Franz Merli ist Professor am Institut suchen das, was wir in der Schweiz Direkte Demokratie ist also doch für Staats- und Verwaltungsrecht erleben, wissenschaftlich zu durch nicht so eindeutig parteipolitisch der Universität Wien. Zoltán Tibor leuchten und hier darzustellen. zuordenbar. Sie ist nicht nur ein Mit Pállinger hat den Lehrstuhl für Poli Ich komme zu der Eingangsbemer tel populistischer Mobilisierung, sie tische Theorie und Europäische De kung, die Sie aufgegriffen haben. kann vielmehr ein starkes Instru mokratieforschung an der Andrássy Man bekommt häufig das Gefühl, ment in den Händen einer Oppo Universität Budapest inne. Adrian dass repräsentative Demokratie und sition, aber auch die Stimme einer Vatter leitet den Lehrstuhl „Schwei direkte Demokratie zwei ganz ver Zivilgesellschaft sein, wenn sie Ein zer Politik“ an der Universität Bern. schiedene Dinge seien, dass das eine spruch erhebt gegen Maßnahmen Und Ewald Wiederin ist Mitglied mit dem anderen nichts oder nur einer Regierung. Wir haben für die unserer Akademie und lehrt am In sehr wenig zu tun habe. Dabei ist so schriftliche Einladung bewusst ein stitut für Staats- und Verwaltungs wohl die repräsentative als auch die Bild aus der Praxis der direkten De recht der Universität Wien. direkte Demokratie an die jeweils mokratie gewählt. Sie sehen hier pri Die Einladung, die Sie bekommen andere Form direkt gebunden. Die mär Papier. Dieses Papier ist das be haben, enthält bereits Kurzstatem direkte Demokratie fußt ja auf einem rühmte Abstimmungsbüchlein, das ents unserer Podiumsteilnehmer. direkten demokratischen Instrument, Haptische der direkten Demokratie, Ich möchte gerne jeweils Punkte das ist die Volkswahl des Parlaments das heißt Abstimmungsunterlagen, aufgreifen, um überzuleiten zu den und vielleicht der Regierung und Gesetzestexte, mit Erläuterungen, Statements. Herr Auer, Sie haben anderer Behörden. Und die direkte jeweils von Parlaments- und Regie geschrieben: „Direkte Demokratie Demokratie kann ohne repräsenta rungsmehrheit, doch auch mit einer kann nur Ergänzung sein eines reprä tive Demokratie gar nicht sein, denn Darstellung der Gegenargumente. sentativen demokratischen Systems.“ das Volk kann ja eigentlich nur Nein Sie sehen hier auch noch die Stimm oder Ja sagen zu einer Vorlage, die zettel. Allein der Umfang dieser Un ihm von einem anderen Staatsorgan terlagen zeigt, dass direkte Demokra unterbreitet wird. Meistens ist dies ÖAW 15
PODIUMSDISKUSSION das Parlament. Das Parlament, das tie ist nicht für die Bürgerinnen und Volk allein oder die direkte Demo Bürger, denn wenn man ihnen einen kratie für sich allein: Das ist unvor Entscheid zuspricht, wenn sie eine stellbar. Sie hat auch nie, weder in Kompetenz haben, als Staatsorgan der Schweiz noch in den Vereinigten Entscheide zu treffen, dann wissen Staaten, auf Länderebene, auf Staa sie genau, was das bedeutet. Aber tenebene, noch in anderen Ländern die Regierenden wissen nicht immer existiert. genau, was es bedeutet, wenn sie Es gibt natürlich auch verschiedene dem Volk Zuständigkeiten erteilen. Arten. Man spricht von direkter De Wenn die Verfassung sagt, das Volk mokratie, aber es gibt Dutzende von habe jetzt diesen oder jenen Ent direktdemokratischen Instrumenten scheid zu treffen, dann müssen sie rechtsvergleichend. Ich möchte hier lernen, dass sie sich eben gelegent jetzt keine Auslegeordnung anstel lich mit ihren Anliegen nicht durch len, aber es gibt nicht nur ein Instru setzen. ment oder zwei Instrumente. Auch Meine letzte Bemerkung: Wie ich in die Art und Weise, wie diese Instru meinem Kurzstatement gesagt habe, mente organisiert und aufgebaut sind die Entscheide, die vom Volk werden, und ihr Zusammenspiel mit genehmigt werden, nicht besser als anderen staatsrechtlichen Grundsät die Entscheide, die vom Parlament zen, wie rechtsstaatlichen Grund oder von der Regierung kommen. Ich Andreas Auer war Gründer des Zent- sätzen, Grundrechten und so weiter, spreche gar nicht von den Gerichten, rums für Demokratie und Professor an sind von Land zu Land und von Bei die sind sowieso immer die besten. den Universitäten Zürich und Genf (ver- spiel zu Beispiel sehr verschieden. Hier können und sollen wir lernen. storben am 7. Dezember 2018). Unser Herr Botschafter hat bereits Sie sind also nicht besser. Der Unter darauf hingewiesen: Die direkte De schied ist die Legitimität. Im rein mokratie, wenn sie von unten aufge repräsentativen System – ich verein baut und nicht von oben verordnet fache es viel zu sehr, Herr Vatter wird ist, kann zu Resultaten führen – und das viel professioneller darstellen das erleben wir in der Schweiz regel können – entscheidet die Mehrheit mäßig –, dass das Volk eben nicht so im Parlament etwas, und das ist dann abstimmt, wie die Regierenden dies der Beschluss der Mehrheit. Diejeni gerne hätten. Ich sage immer, der gen, die in der Minderheit sind, sind Lernprozess der direkten Demokra da nicht so einverstanden. Die Legiti ÖAW 16
PODIUMSDISKUSSION mität wird natürlich nicht offen infra zugespitzt formuliert, eher eine Un ge gestellt, aber doch angezweifelt. terbrechung oder eine Störung. Das Wenn das Volk aber einmal einen Ent sieht man auch am Gebrauch unserer scheid getroffen hat, ist das anders. Instrumente: Im Bund haben wir ein Man kann natürlich sagen: „Ich bin mal eine Volksabstimmung über eine damit nicht einverstanden, ich hätte sogenannte Gesamtänderung der das lieber anders gesehen.“ Aber die Bundesverfassung erlebt, das war Legitimität des Volksentscheides ist der EU-Beitritt, da war eine Volksab unglaublich größer als die Legitimi stimmung von der Verfassung vor tät der parlamentarischen Entschei geschrieben. Wir haben einmal eine dungsprozesse. Mit anderen Worten: Volksabstimmung über ein einfaches Direkte Demokratie ist so etwas wie Gesetz abgehalten, nämlich über die eine Legitimationsmaschine. Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Zwentendorf. Wir haben einmal eine konsultative Volksbefragung OLIVER JENS SCHMITT durchgeführt, und zwar über die Beibehaltung oder Abschaffung der Wir machen jetzt einen Sprung nach allgemeinen Wehrpflicht. Und es hat Österreich und fragen uns, welche rund 40 Volksbegehren gegeben. Das Instrumente der Legitimation es ist auch nicht so viel, wenn man das denn hierzulande schon gibt. Sie, über die gesamte Zeit des Bestandes Franz Merli ist Professor für Staats- und Herr Merli, haben in Ihrem Eingangs der Bundesverfassung betrachtet, Verwaltungsrecht an der Rechtswissen- statement auf Instrumente hingewie und gerade die Volksbegehren sind schaftlichen Fakultät der Universität sen, die bestehen, aber wenig genutzt manchmal eher als lästige Störung Wien. werden. empfunden worden, wenn ich das einmal so sagen darf. In den Ländern gibt es zwar mehr Möglichkeiten, die FRANZ MERLI aber wenig genutzt werden. Der geringe Gebrauch hängt auch mit Die direkte Demokratie gehört nicht der Ausgestaltung der Instrumente zur Identität Österreichs; das ist an zusammen. Das wichtigste Merkmal ders als in der Schweiz. Sie ist auch ist die große Dominanz der Parla kein normaler Bestandteil des demo mente in den direktdemokratischen kratischen Lebens, sondern, etwas Prozessen. Die direkte Demokratie ÖAW 17
PODIUMSDISKUSSION ist nicht nur eine Ergänzung der re rungswechsel die P ositionen stärker wählter politischer Eliten, aber auch präsentativen Demokratie, sondern als woanders. Häufig werden auch die Rückbindung von Entscheidun sie wird auch von den Repräsentan Sachfragen mit Personenfragen ver gen an Präferenzen der Wählerinnen ten in den Parlamenten beherrscht. mischt. Zwentendorf war für viele und Wähler; zudem die Möglich Volksabstimmungen und Volksbefra eine Abstimmung über Kreisky, nicht keit von Wählerinnen und Wählern, gungen gibt es nur auf parlamenta über Atomkraft, um ein besonders Stimmbürgerinnen und Stimmbür rische Initiative hin, nicht etwa nur deutliches Beispiel zu nennen. Au gern, Themen zu setzen. auf Wunsch der Bürgerinnen und ßerdem wird den Bürgerinnen und Bürger. Volksbegehren können zwar Bürgern vom Staat wenig Informa von diesen in Gang gesetzt werden, tion zur Verfügung gestellt. Ein Ab ZOLTÁN TIBOR PÁLLINGER sind aber nicht mehr als ein unver stimmungsbüchlein gibt es bei uns bindlicher Vorschlag zum Tätigwer nicht. Schließlich fehlt eine definierte Hätten wir uns vor einigen Jahren ge den: Das Parlament muss sich da Rolle der Regierung und der Par troffen, wäre dies wahrscheinlich ein mit befassen, aber mehr auch nicht. lamentsmehrheit. Wir haben keine Dialog unter Schweizern geblieben. In den Ländern gibt es auch etwas klare Vorstellung, wie sie sich zu In den letzten Jahren konnten wir stärkere Instrumente, aber da stoßen direktdemokratischen Bürgerwün beobachten: Direkte Demokratie ist wir schnell an verfassungsrechtliche schen verhalten sollen. weltweit ein Thema geworden. Das Grenzen. Nach der Rechtsprechung Wenn ich das alles zusammenfasse, hat natürlich Gründe: Hier sind der des Verfassungsgerichtshofs gibt es ist das Ergebnis nicht ganz befriedi Zusammenbruch des Sozialismus, keine direkte Demokratie gegen oder gend, und es ist kein Wunder, wenn die dritte Welle der Demokratisie ohne den Willen des Parlaments. immer wieder nach Reformen geru rung sowie der Prozess der europä Der dritte Punkt, den ich noch er fen wird. Sinnvolle Reformen kon ischen Integration zu nennen. Aber wähnen möchte, ist die politische kret zu beschreiben, ist allerdings auch die repräsentative Demokratie Kultur, die auch nicht sehr günstig nicht ganz so einfach, wie die Defi selbst hat sich verändert. Das Stan ist für die direkte Demokratie als zite festzustellen. dardmodell der repräsentativen De normalen Teil des politischen Lebens. mokratie geht davon aus, dass wir Häufig werden direktdemokratische alle vier Jahre unsere Vertreterinnen Instrumente parteipolitisch verwen OLIVER JENS SCHMITT und Vertreter wählen. Die fuhrwer det. Es ist wohl stets so, dass die je ken vier Jahre lang, und nach vier weilige Opposi tion für die direkte Herr Pállinger, Sie haben in Ihrer Jahren haben wir die Möglichkeit, sie Demokratie ist, und die, die regieren, schriftlichen Wortmeldung einen zu sanktionieren oder nicht, und die sind es nicht. Nachdem wir keine Punkt genannt, den bereits Herr ser Rückkopplungsmechanismus soll konstante Konzentrationsregierung Auer herausgearbeitet hat, nämlich dafür sorgen, dass die regierenden haben, ändern sich mit jedem Regie die Frage der stärkeren Kontrolle ge Eliten in unserem Interesse handeln. ÖAW 18
PODIUMSDISKUSSION Diese Art der repräsentativen De löst einen Lernprozess bei den Eliten mokratie ist eigentlich ein Instru aus. Eliten spielen immer eine Rolle ment des 19. Jahrhunderts. Die Welt in der Demokratie, insbesondere in hat sich verändert. Denken wir an der direkten Demokratie. Parteien die technologischen Fortschritte, die lernen, mit dem Instrument umzuge Globalisierung. Eigentlich stellt sich hen. Im besseren Fall führt dies dazu, die Frage: Wie können wir besser re dass Konsultationen stattfinden, dass giert werden? Wie können wir die de Konflikte bereits in einer frühen Phase mokratische Governance verstärken? des politischen Prozesses durch Dis Da steht natürlich, wie Herr Auer das kussion gelöst werden. gesagt hat, die Frage im Raum: Wie Vielleicht sollten wir die direkte können wir die direkte Demokratie Demokratie nicht nur im Sinne verbinden mit der repräsentativen von Volksabstimmungen anschauen. Demokratie? Eine Verknüpfung die Heute wird ja auch darüber geredet, ser beiden Elemente steht also im dass wir einen Dialog zwischen Eli Zentrum. ten und Bevölkerung brauchen. Es Es ergeben sich zahlreiche Fragen. existieren Modelle der deliberativen Wir müssen zum Beispiel das in Demokratie, die mit direktdemokra stitutionelle Design, je nach poli tischen Verfahren kombiniert werden tischem System, beachten. Ist die können. Von zentraler Bedeutung Verfassung souverän? Ist das Volk ist auch dabei der Dialog zwischen Zoltán Tibor Pállinger ist Fachverant- souverän? Worin besteht die Rolle der Bevölkerung und der Elite. Dies wortlicher für den Master in International der einzelnen Akteure? Grundsätz kann sich institutionell äußern, wenn Relations – European Studies und Leiter lich ist auch T hema: Wie können wir Parlamente gezwungen werden, sich des Lehrstuhls für Politische Theorie und Demokratie zwischen den Wahlen zum Beispiel inhaltlich mit Volks Europäische Demokratieforschung an der ausgestalten? Die direkte Demo initiativen auseinanderzusetzen. Mei Andrássy Universität Budapest. kratie, je nach Instru ment, bietet ne andere Heimat, Ungarn, macht es die Möglichkeit, Präferenzen feiner genau umgekehrt: Dort darf das Par auszudrücken als ein vierjährlicher lament über Volksinitiativen nicht Wahlakt. Das ist eine Möglichkeit. beraten. Es stellt nur das Budget für Die andere Möglichkeit ist, ein Veto die Volksabstimmung zur Verfügung. einzulegen. Eine gut funktionierende In der Schweiz hat das Parlament direkte Demokratie erzwingt nicht zum Beispiel die Möglichkeit, einen viele Vetoabstimmungen, sondern Gegenvorschlag gegenüber einer ÖAW 19
PODIUMSDISKUSSION Volksinitiative zu präsentieren, und ADRIAN VATTER es kann damit auch materiell auf die vorgebrachten Anliegen eingehen. Da ich, wenn ich es richtig sehe, der Ich glaube, die direkte Demokratie einzige empirische Sozialwissen kann ein probates Mittel sein, diesen schaftler auf dem Podium bin, weder Dialog, dieses deliberative Element Jurist noch Theoretiker, erlaube ich zwischen Elite und Bevölkerung zu mir, in den nächsten Minuten ganz verbessern, und im Notfall kann sie kurz drei Vorurteile oder Mythen zur eben auch als ein Veto wirken, um die direkten Demokratie zu diskutieren Eliten durchaus auch ziemlich brutal und aufzuzeigen, was die empirische an den Willen der Wählerinnen und Forschung der Schweiz dazu sagt. Wähler rückzukoppeln. Die erste Frage ist: Sind die Stimm bürgerinnen und Stimmbürger überfordert? Das höre ich immer OLIVER JENS SCHMITT wieder. Zweitens: Sind Abstim mungsergebnisse käuflich? Können Wir haben im Titel der Veranstaltung wir mit viel Propagandaaufwand ein zwei Länder nebeneinandergestellt. Abstimmungsergebnis quasi kaufen, Ich komme noch einmal auf etwas durch finanzkräftige Organisatio- zurück, was Herr Auer eingangs nen? Drittens: Gibt es eine Tyrannei gesagt hat. Unsere Diskussion soll der Mehrheit? Ich möchte diese drei Adrian Vatter ist Direktor am Institut für keine Werbeveranstaltung für das Fragen kurz aufgreifen und diskutie Politikwissenschaft der Universität Bern Schweizer System sein, sondern soll ren. und Inhaber der Professur für Schweizer dieses auch kritisch beleuchten. Das Als vor einiger Zeit der deutsche Politik. zeigt sich schon allein an der Formu Bundespräsident Joachim Gauck in lierung von Herrn Vatter, der darauf der Schweiz war, wurde gerade die hinweist, dass auch in der Schweiz Masseneinwanderungsinitiative an kontinuierlich eine kritische Debatte genommen. Er hat dann freundlich über die direkte Demokratie stattfin gesagt: Das seien schon sehr hohe det, in der sich wichtige Argumente Anforderungen an die direkte Volks der österreichischen Diskussion der mitsprache und es gebe schon gewis letzten Monate wiederfinden. Also, se Gefahren, wenn die Bürger über Teil der Identität schon, aber heilige hochkomplexe Themen abstimmten. Kuh doch nicht so ganz. Etwas undiplomatischer formuliert ÖAW 20
PODIUMSDISKUSSION hat es vor ein paar Jahrzehnten sein wieder in den Medien darüber be Vorlage, bei der die Initianten viel Vorgänger Theodor Heuss, indem richtet wird. weniger Mittel hatten. Oder wenn es er die direkte Demokratie schlicht Dann gibt es auch so etwas wie einen um Liberalisierungsvorlagen geht, als „Prämie für jeden Demagogen“ natürlichen Selbstselektionsprozess. wie die Liberalisierung des Schwei bezeichnete. Diese Kritik hören wir Diejenigen, die gut informiert sind, zer Elektrizitätsmarktes. Da waren immer wieder, gerade auch aus gehen viel häufiger abstimmen als die Propagandamittel, die zur Verfü Deutschland. diejenigen, die schlecht informiert gung standen, sehr ungleich verteilt, Ist der Stimmbürger überfordert? Die sind, die bleiben viel häufiger zu und trotzdem haben die Gegner ge empirische Forschung dazu – und Hause. Wir monieren zwar immer wonnen. Propagandaeffekte werden es gibt zahlreiche Studien, die un die niedrige Stimmbeteiligung, aber vor allem dann sichtbar, wenn das terschiedlich angesetzt sind – liefert das hat durchaus den positiven Ef Thema abstrakt, wenig vertraut und eigentlich ein eher positives Bild. fekt, dass die gut Informierten an nicht stark umstritten ist; dann kann Schlecht Informierte und wenig die Urne gehen. Insgesamt scheint die eine Seite mit viel Geld in der Tat Kompetente machen lediglich etwa die Abstimmungsforschung darauf eine Mehrheit für sich gewinnen. Ins ein Viertel der Stimmbürgerschaft hinzuweisen, dass doch ein solides gesamt kommt die Forschung zum aus. Etwa drei Viertel sind mittel bis Fundament gut informierter Stimm Schluss, dass Geld bei Volksabstim gut informiert. Informiertheit heißt, bürgerinnen und Stimmbürger in der mungen eine relativ geringe Rolle man kennt den Titel der Vorlage, Schweiz vorhanden ist. spielt, allerdings bei einem knappen man kennt den Inhalt und man kann Zweite Frage. Käuflichkeit der direk Ausgang durchaus ausschlaggebend auch seine Argumente begründen. ten Demokratie. Ein ehemaliger Prä sein kann. Das ist damit gemeint. Das hängt al sident eines Schweizer Wirtschafts Kurz zur Frage nach der Tyrannei der lerdings sehr stark vom politischen dachverbandes hat vor einigen Jahren Mehrheit durch die Direktdemokra Interesse ab, aber auch sehr stark von gesagt, er setze jeweils so viel Geld tie. Diese Fragestellung geht schon der Sachvorlage. Bei der Unterneh ein, bis es wirklich so weit komme, auf James Madison zurück. Weshalb menssteuerreform beispielsweise, dass er die Abstimmung gewinne. wir in den USA keine nationalen über die wir letztes Jahr abgestimmt Er geht also von einem direkten Zu Volksabstimmungen haben, weshalb haben, waren über 70 Prozent der sammenhang zwischen der Höhe des wir Elektoren haben und nicht die di Leute schlecht informiert. Das war Kampagnenaufwands und dem ab rekte Volkswahl des Präsidenten, das eine hochkomplexe Vorlage. Wenn schließenden Abstimmungsergebnis geht auf diese tief verwurzelte Skep es aber um wichtige außenpolitische aus. In der Tat sehen wir diesen Zu sis gegenüber dem Volk zurück, auf Themen geht, etwa den UNO-Beitritt sammenhang häufig, aber lange nicht die Befürchtung der Tyrannei durch oder den EU-Beitritt, da sind die immer. Es gibt immer wieder promi eine Mehrheit. Grundsätzlich sehen Leute sehr gut informiert, weil über nente Gegenbeispiele. Die sogenann wir in der Tat immer wieder Volksent Jahre, Jahrzehnte eigentlich, immer te „Abzockerinitiative“ war so eine scheide in der Schweiz, die eine dis ÖAW 21
PODIUMSDISKUSSION kriminierende Wirkung in Bezug auf in anderen Zusammenhängen nicht Minderheiten haben. Allerdings, und bloß politisch inkorrekt wären, son das ist ein wichtiger Punkt, trifft es dern unsagbar. Die Leute sind zu nicht systematisch alle Minderheiten, dumm dazu, zu unreif, sie sind zu sondern entscheidend ist, ob Minder leicht manipulierbar. Das sind Argu heiten durch die Bevölkerungsmehr mente, die als Befürchtungen ver heit als Eigen- oder Fremdgruppe ständlich sind, und ich selbst bin der wahrgenommen werden oder nicht. Letzte, der von solchen Sorgen frei Das heißt, bei Anliegen für kulturelle wäre. Wenn man ein wenig nach Minderheiten aus der Schweiz, also denkt, wird aber rasch klar, dass die die lateinischen Sprachgruppen bei se Argumente sich gegen die Demo spielsweise, kommen die Vorlagen kratie schlechthin richten und nicht sehr häufig durch. Auch wenn es um nur gegen die direkte Demokratie. die Anliegen christlicher Minoritäten Die direkte Demokratie ist weder geht, sind diese meist erfolgreich. eine schlechtere Form noch eine bes Aber wenn es um die Interessen und sere Form, sie ist aber von vornherein Anliegen von Muslimen, Asylbewer nur eine subsidiäre Form, sie kann, bern und Migranten geht, dann ist wie Sie richtig gesagt haben, nur die direkte Demokratie relativ uner eine Ergänzungsfunktion haben. Das bittlich. aber funktioniert nicht, wenn man den Mächtigen nur alle zehn Jahre Ewald Wiederin ist Professor für Öffent einmal einen Denkzettel verpassen liches Recht an der Universität Wien. OLIVER JENS SCHMITT kann, denn das läuft meist darauf 2015 wurde er zum wirklichen Mitglied hinaus, dass Öl ins Feuer gegossen der Österreichischen Akademie der Wis- Herr Wiederin, Sie haben gesagt, wird. Es funktioniert nur, wenn das senschaften gewählt. Plebiszite funktionierten nicht als Volk auf regelmäßiger Basis wich Überdruckventil. tige Fragen entscheiden kann und wenn diese Fragen auch von unten kommen können und nicht einfach EWALD WIEDERIN vom Establish ment formuliert wer den. Insoweit kann man von der Die direkte Demokratie und die Schweiz lernen, aber nicht nur von Debatten rund um sie sind interes der Schweiz. Überall dort, wo die sant, weil man Argumente hört, die direkte Demokratie ein Erfolgsmo ÖAW 22
PODIUMSDISKUSSION dell ist, musste sie Teil der Alltags möglich. Das hängt damit zusam- lichkeit vorsehen, eine Initiative vor kultur werden. In Kalifornien ist die men – und aus diesem Grund soll das Volk zu bringen, wenn sie ent Entwicklung in diese Richtung ge ten wir mit dem Kopieren sehr vor sprechend breit unterstützt ist. Dabei gangen, und auch in Australien geht sichtig sein –, dass das Schweizer steht nach allen Vorschlägen außer sie in diese Richtung, die Australier System keine Kontrolle von Bundes Streit, dass es für solche Volksgeset stimmen mittlerweile ähnlich oft ab gesetzen auf ihre Verfassungsmäßig ze die volle Verfassungsbindung und wie die Schweizer. keit hin kennt. Im Ergebnis bedeutet die volle Verfassungskontrolle geben In anderen Punkten sind die Schwei das, wenn ich es ein wenig zuspitzen wird. zer Erfahrungen nicht übertragbar, darf, dass das Volk über eine Initia Direkte Demokratie ist, wenn man weil die Ausgangslage eine völlig tive gegen das Parlament eigentlich die Schweizer Erfahrungen anschaut, andere ist. Bei uns in Österreich ist nur Grundsätze beschließen kann, in der Tat mühsam in dem Sinn, als die Diskussion über die direkte De die von der Gesetzgebung erst um sie uns umfassend politisiert und zu mokratie seltsam fokussiert auf das gesetzt werden müssen, die aber Meinungsbildung zwingt. Wir wer Initiativreferendum, mit anderen nicht immer auf Punkt und Beistrich den, wenn sie Teil des Alltags ist, Worten auf die Möglichkeit, am Par umgesetzt werden. Letztlich kann in des Öfteren zu Dingen eine Meinung lament vorbei Gesetze zu machen, der Schweiz das Volk am Parlament haben müssen, zu denen wir keine ein Volksbegehren vor das Volk zu vorbei also nur Soft Law erzeugen, haben und vielleicht auch keine ha bringen, wenn das Parlament ihm das für sich allein nicht viel bewirkt. ben wollen. Als Bürger habe ich das nicht Rechnung getragen hat. Über In Österreich wäre das ganz anders, Gefühl, dass in Österreich der Bedarf reine Vetoreferenden, also die Mög weil wir eine Verfassungsgerichts danach eher enden wollend ist, weil lichkeit, nach einem parlamentari barkeit haben, die Verfassungsgesetze die vielen Instrumente – Franz M erli schen Gesetzesbeschluss durch eine auf Punkt und Beistrich exekutiert. hat das schon gesagt –, die es auf Ge Volksabstimmung das Gesetz wieder Die Schweizer Erfahrungen zeigen meinde- und Landesebene gibt, so außer Kraft zu setzen oder sein In auch eine Gefahr der direkten De gut wie nicht genutzt werden. Und krafttreten zu verhindern, redet hier mokratie: Eine einfache Mehrheit im als Verfassungsrechtler kann ich ab zulande im Grunde niemand. Volk hat mitunter nicht anders als schließend festhalten, dass direkte In der Schweiz ist demgegenüber eine einfache Mehrheit im Parlament Demokratie in größerem Umfang das Vetoreferendum das zentrale die Tendenz, Minderheiten an die nichts ist, was das Parlament uns direktdemokratische Instrument in Wand zu drücken. Ich bin daher froh, verordnen könnte. Gesetzgebung am der Gesetzgebung. Das Volk kann dass die Vorschläge, die im Moment Parlament vorbei, der Verfassungs damit Gesetze blockieren, das Par ernsthaft diskutiert werden, kein In gerichtshof hat es mehrfach festge lament übergehen kann es auf Bun itiativreferendum auf Verfassungse halten, ist als Gesamtänderung der desebene nicht. Ein Initiativrefe bene zulassen, sondern bloß auf der Bundesverfassung zwingend einer rendum ist nur bei der Verfassung Ebene der Gesetzgebung die Mög Volksabstimmung zu unterziehen, ÖAW 23
PODIUMSDISKUSSION sodass wir uns als Stimmvolk wer haben wir eigentlich keine. Das heißt, wiesen werden müssen. Blindlings. den entscheiden müssen, wenn es die Situation in Österreich, wenn ich Diese Bestimmung ist in Kraft. Das so weit kommt, ob wir das wirklich das richtig verstehe, mit einem star Bundesgericht hat in einem sehr wollen, mit allen Mühen, die damit ken Verfassungsgericht, wäre eigent wichtigen Urteil mit einem Obiter verbunden sind, oder vielleicht doch lich die viel bessere Grundlage in Dictum einen sehr intelligenten Ent lieber nicht. Bezug auf den Minderheitenschutz. scheid gefällt und gesagt, die Ver Wir haben den nicht. Wir haben kein fassungsbestimmung ist nicht un Verfassungsrecht, das klare Grenzen mittelbar anwendbar, man muss sie OLIVER JENS SCHMITT zieht. Das hätte man in Österreich. gesetzlich noch konkretisieren. Aber Daher sind meines Erachtens die auch wenn sie unmittelbar anwend Ihr Statement hat diese große Frage Rahmenbedingungen in Österreich bar wäre, ist die Schweiz an völker aufgeworfen: Wo sind die Grenzen weitaus besser als in der Schweiz. rechtliche Grenzen gebunden. Das des Instruments der direkten Demo betrifft nicht nur das Jus cogens, das kratie? Diese Frage richtet sich pri zwingende Völkerrecht. Die Schweiz mär an die Schweizer Kollegen. Wo ANDREAS AUER hat die Europäische Menschenrechts sind in der Schweiz die Grenzen ge konvention ratifiziert, schon in den zogen? Sie, Herr Vatter, haben ja auch Darf ich widersprechen? Es wurde Fünfzigerjahren, und wenn ein Aus auf das Problem der Diskriminie jetzt verschiedentlich gesagt, wir schaffungsentscheid gegen die Men rung von Minderheiten durch dieses hätten in der Schweiz keine Verfas schenrechte verstößt, dann behält Instrument hingewiesen. sungsgerichtsbarkeit. Das, meine sich das Bundesgericht die Kompe Damen und Herren, stimmt nicht. tenz vor, in einem Einzelfall diese Wir haben eine sehr ausgebaute Vorschrift nicht anzuwenden. Das ADRIAN VATTER Verfassungsgerichtsbarkeit. Mit in war ein unglaublich mutiger Ent begriffen sind Volksabstimmungen scheid. Wir sind auch in der Schweiz Ich meine eben, es gibt die juris auf Verfassungsebene, die vom Volk immer noch daran, zu lernen. Die tischen Grenzen, und die kennt angenommen worden sind. Das direkte Demokratie bringt Prozesse Andreas Auer viel besser als ich. Schweizerische Bundesgericht hat in Bewegung, die auf dieser Ebene Die liegen grundsätzlich beim zwin te vor dreieinhalb Jahren einen sehr relativ neu sind. Es gibt vier oder genden Völkerrecht. Aber eine wichtigen Entscheid zu fällen. Mit fünf Volksinitiativen, die sehr gro Minarettverbotsvorlage war eben einer Volksinitiative wurde eine Ver ße Probleme darstellen in Bezug auf möglich. Wir haben in der Schweiz fassungsbestimmung aufgenommen, Menschenrechte, die durch die Euro keine beziehungsweise eine, wenn die sagt, dass „kriminelle Auslän päische Menschenrechtskonvention überhaupt, sehr schwach ausgebaute der“, die sich bestimmte Vergehen gewährleistet sind. Wie wir uns dazu Verfassungsgerichtsbarkeit, faktisch zuschulden kommen lassen, ausge verhalten, das ist ein Lernprozess, ÖAW 24
PODIUMSDISKUSSION wo wir uns bewusst werden, das ANDREAS AUER ZOLTÁN TIBOR PÁLLINGER Volk hat mit „Ja“ gestimmt zu dieser Vorlage. Es will, dass die Auslän Nein, mein sehr verehrter Kollege! Wichtig ist auch, dass mit einer der, wenn sie schlimme Taten bege Wir haben in Bezug auf die direkte Volksabstimmung der Prozess in der hen, ausgeschafft werden, aber der Demokratie eine außerordentlich rei Regel nicht abgeschlossen ist. Ent Richter kann und muss im Einzelfall che Verfassungsgerichtsbarkeit und scheide müssen umgesetzt werden, Grenzen setzen, und diese Grenzen Rechtsprechung des Bundesgerichts. die Umsetzung muss diskutiert wer sind von der Verfassungsgerichtsbar In Bezug auf direkte Demokratie in den, und in einigen Fällen kann es keit festgelegt. den Ländern, also in den Kantonen. auch zu erneuten Volksabstimmun Das ist unglaublich wichtig und auch gen kommen. Hier ist ein Lernpro anwendbar auf Bundesebene. Wir zess eingebaut, wo man auch sehen ADRIAN VATTER haben also eine sehr ausgebaute Ver kann, dass innerhalb von vielleicht fassungsgerichtsbarkeit. Das Einzige, längeren Zeiträumen sich auch der Eine einfache Ergänzung. Eine Folge was das Bundesgericht nicht kann, Wille des Elektorats ändert. Sie ken davon ist, dass die rechtspopulis ist, Bundesgesetze auf ihre Verfas nen vielleicht das Beispiel aus dem tische SVP jetzt eine Verfassungsi sungsmäßigkeit hin zu überprüfen. „Xenophobe’s Guide to the Swiss“, nitiative lanciert, die Selbstbestim Das Bundesgericht kann dem Gesetz das besagt, dass, wenn man 100.000 mungsinitiative, wo nationales Recht geber sagen: „Dieses Gesetz ist nicht Unterschriften zusammenkratzt, vor internationales Recht, vor Völ verfassungsmäßig, aber ich muss es man in der Schweiz sogar darüber kerrecht gesetzt werden soll. Dieser trotzdem anwenden.“ Und das hat abstimmen könnte, ob es Freibier für Lernprozess geht ja überall weiter. auch schon seine Wirkung. Also bitte, alle geben soll, und es sei die Weis Wenn diese Initiative angenommen dieses Missverständnis, die Schweiz heit der Schweizer, dass das nicht ge wird, dann steht diese Initiative vor habe keine Verfassungsgerichtsbar macht worden ist. Ich denke, da sind dem, was die Richter entschieden keit, kann ich nicht nachvollziehen. andere institutionelle Vorkehrungen haben. Und wir haben eben, das ist am Werk, aber in der Schweiz könn schon wichtig, kein formales Bun te über so etwas diskutiert werden. desverfassungsgericht. Im internati ADRIAN VATTER Das Für und Wider müsste erläutert onalen Vergleich haben wir eine sehr werden. Es gibt ein Land, wo es die schwache Verfassungsgerichtsbar Grundsätzlich haben wir bei Bundes se Initiative tatsächlich gegeben hat, keit. Es mag diese Einzelfälle geben. gesetzen keine verfassungsmäßige und das ist Ungarn. Dort gab es die Überprüfung, die bindend für den Volksinitiative zum Ausschank von Gesetzgeber ist. Freibier, und die wurde vom Ver fassungsgericht niedergeschlagen, weil in der Präambel der ungari ÖAW 25
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