Ebola und Virenthemen bewegen - strukturell breite Impfskepsis
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Ebola und Virenthemen bewegen – strukturell breite Impfskepsis Gefährliches Halbwissen über Viren Wichtiges in Kürze Virusmonitor 2014 Studie im Auftrag von Gilead Sciences Switzerland Sàrl Projektteam Lukas Golder Politik- und Medienwissenschafter Martina Imfeld Politikwissenschafterin Stephan Tschöpe Politikwissenschafter Philippe Rochat Politikwissenschafter Meike Müller Soziologin und Medienwissenschafterin Johanna Schwab Sekretariat und Administration
Inhaltsverzeichnis Wichtiges in Kürze ........................................................................................3 Mandat ..................................................................................................3 Datenbasis ............................................................................................3 Gesundheitsfragen interessieren, Wissen zu Viren medial geprägt .....4 Gesundheitszustand, Gesundheitschecks und Prävention...................6 Issue Impfschutz...................................................................................8 Fazit ................................................................................................10 Anhang ........................................................................................................12 gfs.bern-Team .....................................................................................12 Bern, der 23. Dezember 2014 Copyright by gfs.bern 2
Wichtiges in Kürze Mandat Gilead Sciences Switzerland Sàrl ist in Erwartung eines möglichen Meinungs- wandels und neu aufkommender Aktualität des Themas Viren an einer Studie interessiert, die systematisch die vorhandenen Haltungen, Bewusstsein sowie Einstellungen zu Viren und den Umgang damit erläutert, als auch die zeitliche Entwicklungen misst. Gleichzeitig sollen die wahrgenommenen Neuigkeiten und Bewertungen dieser erfasst und beschrieben werden. Im Zentrum stehen nicht nur die Gesundheit und das Risikoverhalten der einzelnen Befragten, sondern auch die gesell- schaftliche und politische Dimension dieser Fragestellungen. Datenbasis Die Ergebnisse des Virusmonitor 2014 basieren auf einer repräsentativen Be- fragung von 1213 EinwohnerInnen in der Schweiz. Die Befragung wurde dabei zwischen dem 28. Juli und dem 12. August 2014 von gfs.bern telefonisch durchgeführt. Der statistische Fehler bei der Stichprobengrösse für die jeweili- gen befragten Gruppen beträgt 2.9 Prozent. Bei 1213 Befragten und einem ausgewiesenen Wert von 50 Prozent liegt der effektive Wert bei 95prozentiger Wahrscheinlichkeit zwischen 47.1 und 52.9 Prozent. Werden Aussagen zu klei- neren Untergruppen gemacht, erhöht sich der statistische Unschärfebereich. Tabelle 1 Technischer Kurzbericht Virusmonitor 2014 Auftraggeber Gilead Sciences Switzerland Sàrl Durchführendes Institut Forschungsinstitut gfs.bern Grundgesamtheit EinwohnerInnen der Schweiz, die einer der drei Hauptsprachen mächtig sind Stichprobengrösse Total Befragte N = 1213 Erhebungsart CATI Auswahlverfahren at random für Telefonnummern und Haushaltszusammensetzung Befragungsdauer 28. Juli bis 12. August 2014 Mittlere Befragungsdauer 22.6 Minuten Standardabweichung 5.5 Minuten Mittlerer Befragungstag 04. August 2014 Theoretischer ± 2.9 Prozent bei 50/50 und 95-prozentiger Stichprobenfehler Wahrscheinlichkeit © gfs.bern, Virusmonitor 2014, August 2014 3
Gesundheitsfragen interessieren, Wissen zu Viren medial geprägt Gesundheitsfragen im Allgemeinen interessieren und sie bewegen die Gemü- ter der Schweizer Einwohnerschaft; das zumindest tendenziell vorhandene bekundete Interesse ist mit 83 Prozent ausserordentlich hoch. Für Frauen liegt der Wert gar noch höher (90%), bei Männern befindet er sich unter dem Schnitt (76%). Weiter steigt das Interesse an Gesundheitsthemen mit dem Alter und der sozialen Schichtzugehörigkeit an. Die Sensibilität für Neuigkeiten im Zusammenhang mit Viren ist demgegenüber als durchschnittlich zu beschreiben; 40 Prozent der Befragten geben an, in den vergangenen zwölf Monaten Neuigkeiten aus diesem spezifischen Bereich vernommen zu haben. Bildungs- und Einkommenseffekte finden sich auch in dieser Frage, denn höhere Bildungs- und Einkommensgruppen sind erfah- rungsgemäss sensibler für Neuigkeiten generell und spezifisch eben auch für Neuigkeiten im Zusammenhang mit Viren. Inhaltlich ist die Wahrnehmung zum Thema Viren medial getrieben und führt man sich die fünf meist genannten Themen vor Augen, finden sich deutliche Einflüsse der Tagesaktualität. Jene 40 Prozent, die aktiv Neuigkeiten erinnert haben, geben am häufigsten an, etwas im Zusammenhang mit dem Ebola-Virus vernommen zu haben, mit deutlichem Abstand folgen Nennungen rund um HIV und Aids gleichauf mit solchen zu neuen Viren und Gefahren der Ausbreitung sowie Grippeviren und Pandemien. Grafik 1 Filter Beurteilung der wichtigsten fünf Themen zu Viren "Wie beurteilen Sie dieses von Ihnen genannte Thema? Ist dieses Thema für Ihr Urteil über die Akteure im Gesundheitswesen sehr positiv, eher positiv, eher negativ oder sehr negativ?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, die Neuigkeiten vernommen haben und ein wichtigstes Thema benennen Ebola 11 23 23 20 23 HIV, AIDS 18 41 28 10 3 neue Viren/Risiken Ausbreitung 15 23 17 25 20 Grippeviren, Epidemien, Pandemien 9 31 24 23 13 spezifische Krankheiten 28 39 13 16 4 sehr positiv eher positiv weiss nicht/keine Antwort eher negativ sehr negativ © gfs.bern, Virusmonitor, Juli/August 2014 (n = 335) Die hohe Präsenz von Ebola ist klar situativ zu lesen, der Ausbruch des Virus in Afrika und die mediale Berichterstattung hierzu dürften dafür verantwortlich sein, ebenso gilt dies für das drittplatzierte Thema 'Risiken der Ausbreitung'. Bei HIV und AIDS liegt die Medienaufmerksamkeit rund um die jüngste Präven- tionskampagne ebenfalls nahe. Hepatitis wird von lediglich von 5 Prozent der Befragten aktiv erinnert, obwohl auch in diesem Punkt ein Medienereignis den 4
öffentlichen Diskurs während des Befragungszeitraums mitbestimmte; die hohen Preise neuer Hepatitis-C-Medikamente. Bewertet werden die fünf wichtigsten erinnerten Themen unterschiedlich. Ebo- la und neue Viren respektive die Ausbreitung solcher werden relativmehrheit- lich negativ bewertet. Neuigkeiten zu HIV und AIDS, zu Grippeviren und insbe- sondere solche zu spezifischen Krankheiten werden (relativ-)mehrheitlich posi- tiv bewertet. Bei jedem der fünf Topthemen rund um Viren finden sich beträchtliche Anteile, die keine Themenbewertung abgeben können oder wollen, was zusammen mit der ausgeglichenen Bilanz und den eher knappen Mehrheitsverhältnissen für eine kaum strukturell prädeterminierte Themenlage von Viren spricht. Viren sind nicht ein per se negativ oder positiv vorbelastetes Thema, dem Gefahren- potenzial, das aber von Viren ausgeht, ist man sich durchaus bewusst und es wird höher eingestuft als jenes von Bakterien. Grafik 2 Viren grössere Gefahr als Bakterien* Variante A: "Finden Sie allgemein Viren oder Bakterien die grössere Gefahr für die Gesundheit der Menschen? Sind Viren eine viel grössere, eher grössere, eher kleinere oder viel kleinere Gefahr für die Gesundheit als Bakterien?" Variante B: "Finden Sie allgemein Bakterien oder Viren die grössere Gefahr für die Gesundheit der Menschen? Sind Bakterien eine viel grössere, eher grössere, eher kleinere oder viel kleinere Gefahr für die Gesundheit als Viren?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren weiss nicht/keine Antwort Viren viel grössere 12 Gefahr als Bakterien 17 Viren viel kleinere Gefahr als Bakterien 7 Viren eher kleinere Gefahr als Bakterien 10 Viren eher grössere Gefahr als Bakterien 32 beides etwa gleich/ kommt darauf an 22 © gfs.bern, Virusmonitor, Juli/August 2014 (N = 1213), * Befragte erhielten zufällig zu je 50% Variante A oder Variante B 5
Gesundheitszustand, Gesundheitschecks und Prävention Ihren Gesundheitszustand beschreibt die Schweizer Einwohnerschaft als min- destens eher gut, lediglich 3 Prozent geben an, ihr Gesundheitszustand sei schlecht oder eher schlecht. Knapp weniger als die Hälfte gibt an, regelmässig Sport zu treiben und lediglich ein Viertel war im vergangenen Monat in ärztli- cher Behandlung. Regelmässige Gesundheitschecks erachten 70 Prozent der Befragten für sich selbst als wichtig, für Risikogruppen wird solchen mit 94 Prozent gar eine bei- nahe flächendeckende Wichtigkeit zugeschrieben. Mehrheiten sprechen sich für routinemässige Tests im Rahmen von Gesund- heitschecks für Brustkrebs1, Herz- und Kreislauferkrankungen, Prostata2 und andere Formen von Krebserkrankungen aus. Knapp verworfen werden routi- nemässige Tests bei Hepatitis A, B und C. Deutlicher ist die Ablehnung syste- matischer Tests von sexuell übertragbaren Krankheiten und insbesondere auch HIV-Tests. Grafik 3 Standard Gesundheitschecks Standard Gesundheitschecks bei Risikogruppen "Unabhängig davon, wie wichtig Sie generell Gesundheitschecks finden. "Und welche Tests sollten routinemässig in einem Gesundheitscheck bei Risikogruppen als Standard enthalten Welche Tests sollten als Standard in einem Gesundheitscheck für Sie persönlich enthalten sein?" sein?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren Brustkrebs* 75 2 23 Brustkrebs* 86 2 12 Herz- und Herz- und Kreislauferkrankungen 70 1 29 84 2 14 Kreislauferkrankungen Prostata** 66 2 32 Krebsabklärungen 82 3 15 HIV-Test, der Krebsabklärungen 63 2 35 80 3 17 sogenannte AIDS-Test Hepatitis C 47 5 48 Prostata** 79 2 19 sexuell übertragbare Hepatitis A oder B 45 6 49 Krankheiten 76 3 21 sexuell übertragbare Hepatitis C 75 8 17 Krankheiten 43 2 55 HIV-Test, der sogenannte Hepatitis A oder B 74 8 18 AIDS-Test 41 1 58 Ja weiss nicht/keine Antwort Nein Ja weiss nicht/keine Antwort Nein © gfs.bern, Virusmonitor, Juli/August 2014 (N = 1213), © gfs.bern, Virusmonitor, Juli/August 2014 (N = 1213), * nur Frauen (n = 612), ** nur Männer (n = 601) * nur Frauen (n = 612), ** nur Männer (n = 601) Das Bild präsentiert sich anders, fragt man nach standardisierten Tests bei Risi- kogruppen. An den Spitzenrängen ändert sich ausser Intensität der Bejahung solcher Tests nichts. Es zeigt sich jedoch, dass für Risikogruppen erstens sämt- liche Tests von klaren Mehrheiten als sinnvoll erachtet werden. Und zweitens, dass solche routinemässigen Tests speziell für sexuell übertragbare Krankhei- ten bei Risikogruppen gemessen an Rängen höhere Relevanz zugeschrieben wird, Tests zu Formen von Hepatitis hingegen eine geringere. Von allen abgefragten Formen der Information und Bekämpfung von Krankhei- ten geniesst Aufklärung und Prävention im schulischen Rahmen die mit Ab- stand höchste Akzeptanz. Doch auch Krankenkassen und die Pharmaindustrie werden als relevante Informationsstellen angesehen, denn deutliche Mehrhei- ten wären damit einverstanden, dass Krankenkassen Anreize für Impfungen und Gesundheitschecks schaffen respektive, dass der Staat die Industrie mög- lichst frei über Neuerungen informieren lässt. Angezweifelt wird hingegen die Wirksamkeit von solchen Informationskampagnen, und zwar sowohl in generel- ler Hinsicht als auch in Bezug auf die eigene Verhaltensbeeinflussung durch AIDS-Kampagnen. 1 nur Frauen gefragt 2 nur Männer gefragt 6
In der Konsequenz setzt man denn auch eher auf Eigenverantwortung als auf staatliche Prävention, obligatorische Gesundheitschecks oder Impfpflicht in der Gesundheitsversorgung. Grafik 4 Wünsche Gesundheitsversorgung "Was für eine Gesundheitsversorgung wünschen Sie sich grundsätzlich? Bitte sagen Sie mir auf einer Skala von 0 bis 10, was Ihnen lieber ist. Mit den Werten dazwischen können Sie Ihre Meinung abstufen." in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren bei Verdacht untersuchen vs. 20 15 15 16 12 12 9 1 obligatorische Gesundheitschecks bewährt und günstig vs. innovativ und 13 13 14 24 16 13 5 2 teuer staatliche Prävention vs. 7 7 10 21 17 18 18 2 Eigenverantwortung Impfpflicht vs. Entscheid jedes 10 6 8 12 12 21 30 1 Einzelnen 0 1-2 3-4 Mitte 6-7 8-9 10 weiss nicht/keine Antwort © gfs.bern, Virusmonitor, Juli/August 2014 (N = 1213) War man tatsächlich schon einmal mit Gesundheitsproblemen konfrontiert, so bespricht man diese, gerade in heiklen Fällen, am liebsten mit dem Hausarzt oder der Partnerin, dem Partner. Beiden Personen wird klarmehrheitliches Ver- trauen entgegengebracht, was in leicht abgeschwächter Form auch für Apo- theker und Gesundheitsfachpersonen aus dem eigenen Umfeld gilt. Mehrheitli- ches Vertrauen wird weiter Drogisten und Telefonauskünften der Krankenkasse entgegengebracht. Internetbasierte Institutionen jedoch werden mehrheitlich als wenig vertrauenswürdig eingestuft. 7
Grafik 5 Vertrauen Personen und Institutionen "Es gibt manchmal Gesundheitsprobleme oder Gesundheitsfragen über die man nicht mit allen Personen sprechen möchte. Falls Sie schon solche Situationen erlebt haben, sagen Sie mir bitte für die nachfolgenden Personen und Institutionen, ob Sie Ihnen sehr vertrauen, eher vertrauen, eher nicht vertrauen oder überhaupt nicht vertrauen, wenn es um ein sehr persönliches Gesundheitsproblem geht." in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren Hausarzt 70 24 2 31 Partnerin/Partner 58 27 5 3 5 2 Apotheker 33 48 10 4 41 Gesundheitsfachperson im Bekannten- oder Verwandtenkreis 32 46 10 5 6 1 Drogist 16 38 29 12 4 1 Gesundheits-Telefon-Auskunft der Krankenkasse 12 39 23 14 9 3 Krankenkasse 12 32 33 16 5 2 Online-Foren oder Online-Chats von Betroffenen 3 19 34 28 10 6 Soziale Medien wie Facebook oder Twitter 1 5 25 53 12 4 vertraut sehr vertraut eher vertraut eher nicht vertraut überhaupt nicht nie eine solche Situation erlebt weiss nicht/keine Antwort © gfs.bern, Virusmonitor, Juli/August 2014 (N = 1213) Issue Impfschutz Wichtig finden die Schweizer und Schweizerinnen, ihren Impfschutz aktuell zu halten, lediglich eine Minderheit von 23 Prozent gibt an, dass sie es eher oder überhaupt nicht wichtig fänden. Das erstaunt wenig, wen man sich vor Augen führt, dass lediglich 8 Prozent bestreiten, dass einige Krankheiten dank Impfun- gen praktisch besiegt werden konnten. Diese Grundhaltung zur Wichtigkeit des Impfschutzes mündet jedoch nicht in demselben Masse in Handlungen; ein Drittel der Schweizer EinwohnerInnen gibt nämlich an, der eigene Impfschutz sei nicht mehr aktuell. Davon gibt wie- derum knapp die Hälfte an, ganz bewusst auf gewisse Impfungen zu verzich- ten. Nichts desto trotz erachtet man die Impfdurchdringung in der Schweiz eindeutig höher als im Ausland. Grafik 6 Aktualität eigene Impfungen Vergleich Impfungen Schweiz-Ausland "Wissen Sie zufällig: "Vergleichen wir noch die Schweiz mit dem Ausland. Sind bei Ihnen alle Impfungen noch aktuell oder sind die Impfungen nicht mehr aktuell?" Denken Sie, dass in der Schweiz viel mehr, eher mehr, eher weniger oder viel weniger Personen geimpft sind "Verzichten Sie bewusst auf gewisse Impfungen?" als im Ausland?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren weiss nicht/keine in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren Antwort weiss nicht/keine 2 Antwort nicht aktuell, 13 viel mehr unbewusster Verzicht 23 21 gleichviele 9 Ja, aktuell viel weniger 55 10 nicht aktuell, bewusster Verzicht 22 eher mehr 45 © gfs.bern, Virusmonitor, Juli/August 2014 (N = 1213) © gfs.bern, Virusmonitor, Juli/August 2014 (N = 1213) 8
Rund um Grippeerkrankungen und Pandemien ist deutliche Skepsis vorhanden, eine klare Mehrheit bejaht, dass Pharmaunternehmen über Angstmacherei ihr Geschäft betreiben. Weiter steht ein latenter Vorwurf gegenüber der Pharma- industrie im Raum, denn man glaubt, dass durch Lockerungen der Patentrechte HIV und AIDS in Entwicklungsländern viel besser bekämpft werden könnten. Obwohl eine flächendeckende Impfpflicht nur für wenige Befragte eine reale Option wäre, findet sich eine Mehrheit, die sich für obligatorische Masernimp- fungen bei Kindern ausspricht. Impfen wird ebenso mehrheitlich als Solidari- tätsakt gegenüber Personen, die sich nicht Impfen lassen können, empfunden. Überwiegend bekannt ist weiter, dass HIV-Infektionen bei richtiger Behandlung keine tödliche Krankheit mehr sein müssen und dass man sich gegen mehrere Formen von Hepatitis Impfen lassen kann, wobei der Wissensstand gerade in Bezug auf Hepatitis beträchtliche Lücken aufweist (21% weiss nicht/keine An- gabe). Grafik 7 Aussagen Krankheiten, Medikamente und Impfungen (1/2) "Sagen Sie mir bitte für folgende Aussagen, ob sie für Sie persönlich voll zutreffen, eher zutreffen, eher nicht zutreffen oder überhaupt nicht zutreffen." Krankheiten dank Impfungen besiegt "Dank Impfungen konnten einige Krankheiten weltweit praktisch besiegt werden." Angstmacherei "Mit der Angstmacherei rund um Grippewellen und andere Pandemien machen vor allem die Pharmaunternehmen ihr Geschäft." Lockerung Patente zur Bekämpfung HIV/AIDS "Würde die Pharmaindustrie ihre Patente lockern, könnten HIV und AIDS in Entwicklungsländern viel besser bekämpft werden." HIV nicht mehr tödlich "Wenn eine HIV-Infektion richtig behandelt wird, ist es heute keine tödliche Erkrankung mehr." obligatorische Masernimpfung bei Kindern "Kinder sollen obligatorisch gegen Masern geimpft werden." Impfung gegen Hepatitis "Gegen mehrere Formen von Hepatitis kann man sich impfen lassen." Akt der Solidarität "Impfungen sind auch ein Akt der Solidarität gegenüber Personen, die sich nicht impfen können." in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren Krankheiten dank Impfungen besiegt 57 31 3 6 3 Angstmacherei 46 34 5 10 5 Lockerung Patente zur Bekämpfung HIV/AIDS 43 33 11 8 5 HIV nicht mehr tödlich 39 32 9 11 9 obligatorische Masernimpfung bei Kindern 47 23 3 13 14 Impfung gegen Hepatitis 37 32 21 6 4 Akt der Solidarität 37 32 7 14 10 trifft voll zu trifft eher zu weiss nicht/keine Antwort trifft eher nicht zu trifft überhaupt nicht zu © gfs.bern, Virusmonitor, Juli/August 2014 (N = 1213) Hohe Anteile unsicherer Voten finden sich weiter in Bezug auf Medikamente, welche die Vermehrung von Viren eindämmen und im Speziellen was die Zu- nahme von Neuansteckungen von Hepatitis in der Schweiz angeht. Kritische Untertöne in Bezug auf das Impfen finden sich, wenn es um das Impfverhalten des Gesundheitspersonals geht aber auch, wenn es um die Abwägung geht, ob eine Krankheit besser natürlich durchzumachen sei, anstatt zu Impfen. Tenden- ziell aber überzeugen Argumente von Gesundheitsexperten für das Impfen eine hauchdünne Mehrheit. 9
Grafik 8 Aussagen Krankheiten, Medikamente und Impfungen (2/2) "Sagen Sie mir bitte für folgende Aussagen, ob sie für Sie persönlich voll zutreffen, eher zutreffen, eher nicht zutreffen oder überhaupt nicht zutreffen." kein Medikament Heilung Grippe "Es gibt kein Medikament, das Grippe heilen kann." behindert Vermehrung von Viren "Es gibt Medikamente, die die Vermehrung von Viren behindern." Gesundheitspersonal impft nicht systematisch "Das Gesundheitspersonal impft sich nicht systematisch." Erkrankung besser durchmachen "Anstatt zu impfen ist es besser, eine Erkrankung natürlich durchzumachen." Experten haben Argumente der Gegner entkräftet "Gesundheitsexperten haben mit überzeugenden Argumenten Behauptungen von Impfgegnern entkräftigt." Grippeimpfungen gefährlich "Grippeimpfungen sind gefährlich, weil die Impfung selbst eine Erkältung auslösen kann." Zunahme Neuansteckungen Hepatitis "Die Neuansteckungen von Hepatitis in der Schweiz nehmen wieder zu." in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren kein Medikament Heilung Grippe 34 25 9 18 14 behindert Vermehrung von Viren 27 32 21 13 7 Gesundheitspersonal impft nicht systematisch 25 27 14 22 12 Erkrankung besser durchmachen 19 29 7 27 18 Experten haben Argumente der Gegner entkräftet 17 30 18 21 14 Grippeimpfungen gefährlich 17 26 9 28 20 Zunahme Neuansteckungen Hepatitis 14 27 37 17 5 trifft voll zu trifft eher zu weiss nicht/keine Antwort trifft eher nicht zu trifft überhaupt nicht zu © gfs.bern, Virusmonitor, Juli/August 2014 (N = 1213) Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Meinungen zum Impfen zwar auseinandergehen aber relativ gefestigt erscheinen, während rund um Viren und insbesondere Hepatitis beträchtliche Informationsdefizite der Schweizer Bevölkerung auszumachen sind. Zwischen Meinungen und Handlungen aller- dings ist in Bezug auf das Impfen eine Divergenz zu beobachten. Fazit Aus den Befunden haben wir sechs Thesen zur weiteren Diskussion im Rah- men des Virusmonitors abgeleitet. These 1: Wertelandschaft Gesundheit ist zentral und interessiert hochgradig, wird allerdings als etwas Privates erachtet. Einmischung erlaubt man gerade bei intimen Themen höchs- tens dem Hausarzt oder der eigenen Partnerin respektive dem eigenen Partner. Schweizer EinwohnerInnen wollen in Gesundheitsfragen autonom entscheiden und ziehen eigenverantwortliches Handeln staatlichen Interventionen, Zwängen oder Kampagnen gegenüber in jedem Falle vor. Politisches Vorpreschen mit verbindlichen Regeln über Gesundheitschecks oder andere die Gesundheit betreffende Vorschriften dürften einen schweren Stand haben. These 2: Kommunikation Die situative Prägung erinnerter Neuigkeiten im Zusammenhang mit Viren zeigt, dass das Thema Viren die Gemüter bei gegebenem Anlass zu bewegen vermag. Allerdings überlagern in solchen Fällen emotionale Themen der Aktua- lität wie Ebola die strukturell schwierige Themenarbeit wie beispielsweise zur Reduktion der Impfskepsis. Die Gefahr von "gefährlichem Halbwissen" ist im Virenbereich gross. 10
Ein guter Kommunikationszeitpunkt für Themen rund um Viren kann spontan auftreten und sollte dann genutzt werden. Die Kommunikationsarbeit wird durch Skandalisierungen erschwert, wie es rund um teure neue Hepatitis- Medikamente geschehen ist. These 3: Akteure Der Hausarzt ist die Schlüsselfigur, wenn es um vertrauliche Inhalte aber auch Informationen genereller Natur geht. Besser als medial Inhalte zu verbreiten, ist es, den Zugang zum Patienten über den Arzt zu suchen. Direkter Austausch wird vor Konsum von Wissen via Medien eindeutig bevorzugt. These 4: Prävention Kampagnen werden als wirkungslos abgetan, landen jedoch auf dem zweiten Rang erinnerter Neuigkeiten (HIV/Aids) und dürften gerade bei jüngeren Perso- nen wirken. Sensibilisierungsarbeit im Bereich von viralen Erkrankungen kann über Kampagnen geschehen, weniger aber der Transport von substantiellen Inhalten wie Handlungsanweisungen oder Testempfehlungen. Die Gefahr be- steht, dass Marketingtätigkeiten damit in Verbindung gesetzt werden. These 5: Testverhalten Die Testbereitschaft steigt deutlich, wenn man ein Erkrankungsrisiko voraus- setzt. Um Testing im Bereich der viralen Erkrankungen zu fördern, müssen die Erkrankungsrisiken deutlich aufgezeigt werden. Tendenziell möchte man sich eher auf Krankheiten testen lassen, die man durch das eigene Verhalten höchstens bedingt beeinflussen kann (Krebs, Herz- Kreislauf), so genannte NCDs. Rund um ansteckende Krankheiten herrscht ein vermeintliches Kontroll- und Sicherheitsgefühl vor. Mit dem Ziel die Testbereitschaft insbesondere für Hepatitis zu erhöhen, ist das vorhandene Informationsdefizit in diesem spezifischen Bereich zu decken. These 6: Impfschutz Das Solidaritätselement ist in der Kommunikation rund um Impfungen zentral. Gewisse Impfungen hätten Chancen als obligatorisch deklariert zu werden, eine generelle Impfpflicht aber stösst auf wenig Akzeptanz. Es scheint sinnvol- ler mit Argumenten als mit Zwängen Handlungsänderungen herbeizuführen. Das Impfproblem in der Schweiz ist akzentuiert, weil sich relativ breite Skepsis gegenüber Experten auf Einstellungsseite mit geringer Impfdisziplin auf Ebene konkreter Handlungen überlagern. 11
Anhang gfs.bern-Team LUKAS GOLDER Senior Projektleiter, Mitglied der Geschäftsleitung, Politik- und Medienwissen- schafter, MAS FH in Communication Management Schwerpunkte: Integrierte Kommunikations- und Kampagnenanalysen, Image- und Reputati- onsanalysen, Medienanalysen/Medienwirkungsanalysen, Jugendforschung und gesellschaftlicher Wandel, Abstimmungen, Wahlen, Modernisierung des Staa- tes, gesundheitspolitische Reformen. Publikationen in Sammelbänden, Fachmagazinen, Tagespresse und auf dem Internet MARTINA IMFELD Projektleiterin, Politikwissenschafterin Schwerpunkte: Analyse politischer Themen und Issues, nationale Abstimmungen und Wahlen (SRG-Trend, VOX-Analysen, Wahlbarometer), Image- und Reputationsanalysen, integrierte Kommunikationsanalysen, Medieninhaltsanalysen, qualitative Me- thoden, Gesellschaftsthemen (Jugendforschung, Rassismus, Familien, Mittel- schicht) STEPHAN TSCHÖPE Leiter Analyse und Dienste, Politikwissenschafter Schwerpunkte: Koordination Dienstleistungen, komplexe statistische Datenanalytik, EDV- und Befragungs-Programmierungen, Hochrechnungen, Parteien- und Strukturanaly- sen mit Aggregatdaten, integrierte Kommunikationsanalysen, Visualisierung PHILIPPE ROCHAT Datenanalytiker, Politikwissenschafter Schwerpunkte: Datenanalyse und Datenbanken, Programmierungen, integrierte Kommunikati- onsanalysen, Medienanalysen, Recherchen, Visualisierungen, Hochrechnungen 12
MEIKE MÜLLER Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Soziologin und Medienwissenschafterin Schwerpunkte: Datenanalyse, Programmierungen, Integrierte Kommunikationsanalysen, Quali- tative Datenanalysen, Koordination Dienstleistungen, Medienanalysen, Recher- chen, Visualisierungen JOHANNA LEA SCHWAB Sekretariat und Administration, Kauffrau EFZ Schwerpunkte: Desktop-Publishing, Visualisierungen, Projektadministration, Vortragsadminist- ration 13
gfs.bern Hirschengraben 5 Postfach 6323 CH – 3001 Bern Telefon +41 31 311 08 06 Telefax +41 31 311 08 19 info@gfsbern.ch www.gfsbern.ch Das Forschungsinstitut gfs.bern ist Mitglied des Verbands Schweizer Markt- und Sozialforschung und garantiert, dass keine Interviews mit offenen oder verdeckten Werbe-, Verkaufs- oder Bestellabsichten durchgeführt werden. Mehr Infos unter www.schweizermarktforschung.ch
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