Einblicke, Eindrücke, Ausblicke - Dokumentation des Zweiten Sustainable Finance Gipfels Deutschland des Hub for Sustainable Finance - Rat für ...

 
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Einblicke, Eindrücke, Ausblicke - Dokumentation des Zweiten Sustainable Finance Gipfels Deutschland des Hub for Sustainable Finance - Rat für ...
Einblicke, Eindrücke,
Ausblicke
Dokumentation des Zweiten
Sustainable Finance Gipfels
Deutschland des Hub for
Sustainable Finance

26. September 2018
Einblicke, Eindrücke, Ausblicke - Dokumentation des Zweiten Sustainable Finance Gipfels Deutschland des Hub for Sustainable Finance - Rat für ...
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I N H A LT

Inhalt

1   Politische Impulse                                                                         3
    Aus der Videogrußbotschaft von Bundesminister Dr. Helge Braun, Chef des Bundeskanzleramtes 3
    Aus dem Grußwort der Schirmherrin, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare
    Sicherheit, Svenja Schulze                                                                 4
    Aus dem Grußwort des Schirmherrn, Bundesminister der Finanzen, Olaf Scholz                 5
    Stimmen auf dem Zweiten Sustainable Finance Gipfel                                         6

2   Zentrale Botschaften des Zweiten Sustainable Finance Gipfels                             11
    Konsolidierte Ergebnisse der elf Roundtables und Labs                                    11

3   Weitere Stimmen auf dem Zweiten Sustainable Finance Gipfel                               12

4   Challenger Statements                                                                    16

5   Steckbrief Zweiter Sustainable Finance Gipfel                                            17

6   Dank an die Partner und Sponsoren des Zweiten Sustainable Finance Gipfel Deutschland     18

7   EU-Aktionsplan Sustainable Finance – Reflexionen und Rückfragen                          20
    in Kooperation mit Absolut Research GmbH, erschienen in Absolut|impact #03/2018

8   Literatur                                                                                28

    Kontakt, Impressum                                                                       30

                                                                                                        1
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POLITISCHE IMPULSE

1   Politische Impulse

    Aus der Videogrußbotschaft von Bundes­minister
    Dr. Helge Braun, Chef des Bundes­kanzleramtes
    „Herzliche Grüße aus dem Bundeskanzleramt! Das Thema nachhaltige Finanzen ist
    auch für mich sehr wichtig – und dass wir es gemeinsam weiter voranbringen.
    Das gesamte Thema der nachhaltigen Entwicklung hat die Bundesregierung im Bun-
    deskanzleramt verortet. Ich selber leite den Staatssekretärsausschuss für nachhaltige
    Entwicklung, das zentrale Steuerungsgremium im Rahmen der deutschen Nachhal-
    tigkeitspolitik.
    Auch im Koalitionsvertrag haben wir festgelegt: Nachhaltigkeit ist der Maßstab un-
    seres Regierungshandelns. Denn wir müssen heute die Weichen stellen: für unseren
    Wohlstand, unsere Lebensqualität und unser Zusammenleben in der Zukunft. Und
    wir müssen dafür Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft ganzheitlich betrachten, weil
    sie untrennbar zusammenhängen.
    Wir werden uns mit dem Thema Sustainable Finance auch im Kontext der Deutschen
    Nachhaltigkeitsstrategie befassen. Das Thema war zudem ein Schwerpunkt der deut-
    schen G20-Präsidentschaft. Insbesondere haben wir uns hier mit der Verbesserung
    des Umweltrisikomanagements in der Finanzindustrie beschäftigt.
    Inzwischen ist Sustainable Finance auch auf der EU-Ebene ein zentrales Thema, wie
    der Aktionsplan für nachhaltige Finanzen der Europäischen Kommission zeigt.
    Die Bundesregierung unterstützt diesen Aktionsplan weitgehend. Von großer Bedeu-
    tung ist die genaue Ausgestaltung der Maßnahmen. Diesbezüglich ist uns der Aus-
    tausch mit allen Stakeholdern ein großes Anliegen. Der Sustainable Finance Gipfel ist
    ein wichtiges Forum dafür.
    Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien im Finanzsystem verbessert das
    Management langfristiger Umweltrisiken und trägt dadurch zur Finanzstabilität bei.
    Hier ist mir insbesondere wichtig, die durch den Klimawandel bedingten Risiken für
    den Finanzmarkt transparent zu machen. Zudem trägt die Integration von Nachhal-
    tigkeitskriterien auch zur besseren Wahrnehmung von Chancen bei. Sie fördert den
    Wandel hin zu einem nachhaltigen Wirtschaften und leistet einen Beitrag, das Pariser
    Klimaabkommen und die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten
    Nationen umzusetzen – denn das ist der Rahmen für die internationalen Transforma-
    tionsprozesse.“

                                                                                               3
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POLITISCHE IMPULSE

           Aus dem Grußwort der Schirmherrin, Bundes­ministerin
           für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit,
           Svenja Schulze

            „Der Rekordsommer 2018 – immerhin der fünfte Jahrhundertsommer innerhalb von
            nur acht Jahren – hat nochmals die Notwendigkeit verdeutlicht, jetzt entschlossen
            zu handeln. Mit den Pariser Klimaschutzzielen und den Nachhaltigkeitszielen der
           ­Agenda 2030 haben wir einen verbindlichen Rahmen. Wir haben uns vorgenommen,
            auf dieser Basis die Trendwende bei den Emissionen und beim Ressourcenverbrauch
            zu schaffen.

           Alle Sektoren werden für die Transformation gebraucht, auch die Finanzwirtschaft.
           Sie ist ein unverzichtbarer Hebel für den notwendigen Wandel unserer Wirtschafts-
           und Lebensweise. Das finanzwirtschaftliche Kerngeschäft muss noch viel stärker
           von Nachhaltigkeit, Transparenz und Verantwortlichkeit geprägt sein. Der EU-Akti-
           onsplan ‚Finanzierung nachhaltigen Wachstums‘ und die Legislativvorschläge geben
           dafür wichtige Denk- und Handlungsanstöße.“

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POLITISCHE IMPULSE

Aus dem Grußwort des Schirmherrn, Bundesminister der
Finanzen, Olaf Scholz

„Im Kampf gegen den Klimawandel und für den Schutz unserer Umwelt kommt dem
Finanzsektor eine wichtige Rolle zu. So formuliert das Pariser Klimaschutzabkommen
zum Beispiel als eines von drei zentralen Zielen, die weltweiten Finanzströme in Ein-
klang mit den Klimazielen zu bringen.

In Deutschland haben wir auf dem Feld der Nachhaltigkeit bereits einiges erreicht. Die
Kreditanstalt für Wiederaufbau ist einer der größten Emittenten von Green ­Bonds–
mit einem Volumen von bisher 13,5 Mrd. Euro. Große deutsche Finanzdienstleister
haben Strategien für nachhaltigere Investments entwickelt. Der ‚Sustainable Finance
Cluster‘ und der Hub for Sustainable Finance bündeln wichtige Expertise.“

                                                                                            5
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RUBRIKENTITEL / KAPITEL

Florian Pronold                              Location

                  Stimmen auf dem Zweiten Sustainable Finance Gipfel

                  Staatssekretär Florian Pronold, BMU

                  „Nachhaltigkeitsaspekte müssen zur Grundbedingung unternehmerischen Handelns
                  werden. Unternehmen haben eine Verantwortung für das Gemeinwohl – auch wenn
                  das in dieser globalisierten Welt scheinbar aus dem Blick geraten ist. Wir müssen diese
                  Verantwortung politisch wieder stärker einfordern! Das betrifft konkret

                  »»   ein anspruchsvolles Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement in Unternehmen
                  »»   eine transparente und glaubwürdige Umwelt- und Nachhaltigkeitsberichterstattung
                  »»   und die Einbeziehung der Liefer- und Wertschöpfungsketten in die nachhaltige
                       Ausrichtung von Unternehmen.

                  Selbstverständlich gelten diese Anforderungen nicht nur für die ‚klassischen‘ Wirt-
                  schaftsunternehmen, auch der Finanzmarkt muss mitziehen. Die meisten Finanzan-
                  lagen und Kreditvergaben sind nicht mit den international anerkannten Klimazielen
                  oder Kriterien für Umwelt, einer nachhaltigen Gesellschaft und ‚guter‘ Unterneh-
                  mensführung vereinbar.“

                  „Die EU ist eine Wertegemeinschaft. Deshalb sind Führungsrolle und Glaubwürdig-
                  keit bei nachhaltigem Wachstum wünschenswert und folgerichtig. Wenn soziale, öko-
                  logische und klimatische Risiken tatsächlich finanziell angemessen bewertet werden,
                  ist das ein Signal an Finanzmärkte und Investoren. Unser gemeinsames Ziel ist nichts
                  Geringeres als unsere Lebensgrundlagen zu schützen: ein stabiles Klima, saubere Luft,
                  sauberes Wasser und eine intakte Natur. Ich bin der festen Überzeugung, dass dies nur
                  gelingen kann, wenn wir auch in der Wirtschaftspolitik sowie in der Finanz- und in
                  der Haushaltspolitik die Hebel in Richtung Nachhaltigkeit umlegen.“

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RUBRIKENTITEL / KAPITEL

Levin Holle

              Levin Holle, BMF

               „Nachhaltigkeit und die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien gehören bei
              der Analyse von Chancen und Risiken von Finanzunternehmen dazu. Diese tragen
              nicht nur dazu bei, dass Finanzunternehmen ihre Risiken besser managen. Sie helfen
              vor allem auch dabei, zukunftsfähige Anlage- und Kreditvergabemöglichkeiten zu
              identifizieren.“

              „Auf die Frage, wo wir Sustainable Finance in fünf Jahren sehen, möchte ich wie folgt
              antworten:

              1.   Die gesamte Finanzindustrie sieht und managt Nachhaltigkeitsrisiken und
                   Chancen angemessen. Auch dadurch ist das Finanzsystem in fünf Jahren stabiler,
                   transparenter und effizienter geworden.
              2.   Gleichzeitig unterstützt das Finanzsystem durch die entsprechenden Invest-
                   ments die SDGs und den Wandel hin zu einer umwelt- und klima­schonenden
                   Wirtschaft.
              3.   Deutschland ist ein weltweit bedeutender Sustainable-Finance-Standort.

              Um dorthin zu kommen, ist viel zu tun.“

                                                                                                       7
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RUBRIKENTITEL / KAPITEL

Stephan Bredt                              Molly Scott Cato

                 Stephan Bredt, Hessisches Finanzministerium

                 „Eine wichtige Frage ist, wie Nachhaltigkeit mit wirtschaftlichem Erfolg verbunden
                 werden kann. Hier müssen sich unterschiedliche Akteure zusammenfinden. Es muss
                 ein unmittelbarer Austausch zwischen der EU-Gesetzgebung und den wirtschaftli-
                 chen Akteuren stattfinden.“

                 Molly Scott Cato, MEP

                 „Das Europaparlament möchte Sustainable Finance unterstützen und daran mit­
                 arbeiten. Wir sollten uns komplett von nicht nachhaltigen Finanzierungen abwenden
                 und Nachhaltigkeit nach und nach überall integrieren. Die vorhandenen Ressourcen
                 müssen genutzt, aber auch geschützt werden. Davon sind wir noch weit entfernt,
                 dementsprechend muss jetzt die Wende stattfinden.“

                 Martin Koch, DG FISMA EU-Kommission

                 „Nachhaltige Finanzierung hat neben der Klima- und Umweltkomponente noch zwei
                 weitere Elemente: eine soziale, und eine, die mit dem Wort ‚Governance‘ ­umschrieben
                 wird. Diese beiden Komponenten, die zum Beispiel das Einhalten von sozialen und
                 arbeitsrechtlichen Standards sowie die Art und Weise, wie Unternehmen geführt
                 werden, betreffen, sind ebenfalls von Bedeutung. Ihre Missachtung kann materielle
                 Risiken nach sich ziehen. Ein Konzept, das nachhaltige Finanzierung voranbringen
                 möchte, muss daher alle Bestandteil – Klima- und Umwelt; Soziales und Governance
                 – miteinbeziehen.“

       8
Martin Koch

              „Die Europäische Union hat sich konkrete Klima- und Umweltschutzziele für die Kli-
              ma- und Energiepolitik bis 2030 gesetzt. Zudem unterstützt die EU die Ziele des Pari-
              ser Klimaschutzabkommens sowie die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten
              Nationen. Die Umsetzung europäischer und internationaler Nachhaltigkeits- und
              Klimaziele erfordert erhebliche Investitionen. Allein die Erreichung unserer EU-Kli-
              maziele bis zum Jahr 2030 – bessere Energieeffizienz, mehr erneuerbare Energieträger
              sowie schadstoffärmerer Verkehr – machen etwa 180 Milliarden Euro an zusätzlichen
              Investitionen erforderlich: jedes Jahr, bis 2030. Dies verdeutlicht das Ausmaß der
              Anstrengungen, die wir unternehmen müssen. Die notwendigen Investitionen in
              Energieeffizienz, erneuerbare Energien, nachhaltige Infrastruktur und neue, ‚grüne‘
              Technologien sind nur zum Teil öffentliche Investitionen. Der überwiegende Anteil
              entfällt auf private Investitionen, also von Unternehmen und privaten Haushalten. […]
              Im Haushaltsvorschlag 2021–2027, mit einem Volumen von 1,279 Billionen Euro insge-
              samt, schlägt die EU-Kommission vor, 25 % der Mittel – über alle ­Politikbereiche – für
              Investitionen bereitzustellen, die zur Erreichung der EU-Klimaziele beitragen. Damit
              unterstützt sie über das EU-Budget selbst Sustainable Finance und Investments.“

                                                                                                        9
10
ZENTRALE BOTSCHAFTEN

2 Zentrale Botschaften
  des Zweiten Sustainable
  Finance Gipfels

   Konsolidierte Ergebnisse der elf Roundtables und Labs

   1.   Die Politik kann und soll Transparenz und Einhaltung von Grundsätzen und
        rechtlichen Grundlagen, gute Corporate Governance im Sinne der Sustainable
        Development Goals und eines Aktionsrahmens für Nachhaltigkeit einfordern.
        Dafür ist es erforderlich, eine schlüssige Systematik zu entwickeln, Ziele (poli-
        tisch) zu setzen, die Instrumente (ESG-Integration, Berichterstattung etc.) zu
        sortieren und zu bewerten: Wie müssen sie strukturiert sein, um transformativ
        zu wirken?

   2.   Der Staat sollte bei staatlichen Investitionen seine Vorbildfunktion entwickeln.
        Öffentliche Institutionen und Politik sollten Werte vorleben, NH als Chefsache
        (der Eliten, Verbände) verstehen; BMU und BMF sollten enger kooperieren: Das
        1,5-Grad-Klimaziel sollte mit verlässlicher Klimapolitik unterlegt werden.

   3.   Kompetenzen sollten auf allen Ebenen entwickelt werden: in Ausbildung, Studi-
        um und Berufspraxis – bis hin zu Aufsichtsräten – aber auch in Bundesinstitu-
        tionen, wie z. B. BaFin und anderen Marktaufsichtsbehörden. Ziel für die nächsten
        vier Jahre sind das Orchestrieren und Moderieren von Prozessen im Bereich Kom-
        petenzaufbau sowie in der Transformation von Industrie- und Finanzpolitik.

                                                                                            11
WEITERE STIMMEN

         3 Weitere Stimmen auf
           dem Zweiten Sustainable
           Finance Gipfel

                   Dr. Joachim Faber, Aufsichtsratsvorsitzender Deutschen Börse

                   „Eine der wichtigsten Zukunftsfragen ist das Thema Nachhaltigkeit. Es mangelt je-
                   doch an Umsetzung. Viele Menschen und auch viele Unternehmen reden über Nach-
                   haltigkeit und was man machen könnte, es wird allerdings zu wenig gehandelt. […] In
                   der Finanzindustrie wären zum Beispiel wichtige Ansätze, Kredite und Investitionen
                   für nachhaltige Projekte und Produkte zu verbessern. In der Finanzindustrie wird das
                   Thema Nachhaltigkeit noch nicht richtig einbezogen und es gibt keine anerkannten,
                   allgemeinen Standards. Es wäre wichtig, einen Rahmen zu schaffen, an den sich alle
                   halten müssen.“

     Marlehn Thieme, Vorsitzende RNE

     „Bis zum Jahr 2021/2022 soll eine Roadmap
     gebildet werden, die den Weg der Nachhaltig-
     keitsziele darstellt. Es ist notwendig, dass der
     Finanzmarkt und die Zivilgesellschaft bzgl.
     Nachhaltigkeit einen gemeinsamen Konsens
     finden. Frankfurt hat einen Standortvorteil, der
     genutzt werden und vital bleiben muss. Trans-
     parenz ist in diesem Prozess ein sehr wichtiges
     Merkmal und fördert den innovativen Markt.“

12
WEITERE STIMMEN

Kristina Jeromin, Green and ­Sustainable
Finance Cluster Germany

„Die Firma Gerken aus Düsseldorf hat die He­
be­­bühnen aus dem Hambacher Forst abgezo-
gen – der Finanzmarkt muss überlegen, wo
seine Hebebühnen sind!“

                                               Michael Schmidt, Deka Investment

                                               „Das Bundesministerium der Finanzen sollte
                                               sich an die Spitze von Sustainable Finance
                                               stellen. Es müssen klare Signale vom Bundes-
                                               ministerium kommen, um auch die anderen
                                               Akteure zu bewegen.“

                                                                                              13
WEITERE STIMMEN

                  Nadine-Lan Hönighaus, Econsense

                  „Das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz unter-
                  stützt – bei allem Aufwand – das Ziel zu mehr
                  Nachhaltigkeit in Deutschland. Mehr Unter-
                  nehmen als bisher berichten über Nachhaltig-
                  keit und beschäftigen sich dadurch auch stärker
                  mit dem Thema. Unsere Studie zeigt aber auch,
                  wie groß die Unterschiede in der Umsetzung
                  sind. Es gilt daher abzuwarten, was sich in den
                  nächsten Jahren als Good Practice im Umgang
                  mit dem Gesetz entwickelt. Welche Themen
                  und Risiken für das jeweilige Unternehmen
                  wesentlich sind und mit welchem Ansatz die-
                  se wesentlichen Themen ermittelt werden,
                  muss in den jeweiligen Unternehmenskontext
                  passen. Für viele Unternehmen ist dabei heute
                  schon die aktive Einbindung einer Vielzahl von
                  Stakeholdern zentral.“

14
WEITERE STIMMEN

                                                  Prof. Dr. Alexander Bassen, Rat für
Ralf Frank, DVFA                                  Nachhaltige Entwicklung

„In vielen Büchern und Texten wird fast nie das   „Im Vergleich zu anderen EU-Ländern hängt
Thema Nachhaltigkeit aufgegriffen und somit       Deutschland deutlich hinterher. Es ist schwie-
in der Ausbildung nicht thematisiert. Dies        rig, den nachhaltigen und den finanziellen
bringt wiederum hervor, dass die Finanzindus-     Grundgedanken miteinander zu verknüpfen,
trie noch weit von den Nachhaltigkeitszielen      doch das wäre ein wichtiger Ansatz.“
entfernt ist.“

                                                      Lothar Rieth, EnBW

                                                      „In der Berichterstattung müssen sich Industrie und
                                                      Realwirtschaft auf Aspekte der finanziellen Materi-
                                                      alität konzentrieren, die genutzt werden und einen
                                                      echten Mehrwert für Investoren schaffen.“

                                                                                                     15
C H A L L E N G E R S TAT E M E N T S

         4 Challenger Statements

                   Max Zahn, Mensch Bank e. V.

                   „Als Jugendlicher kann ich überhaupt nicht verstehen, dass Banken etwas anderes
                   machen, als eine nachhaltige Bank zu sein. Sie erzählen uns was von Zukunft und da-
                   von, dass wir für die Zukunft sparen sollen, doch zerstören dabei die Welt, in der wir
                   jungen Menschen leben werden. […] Es ist unsere Zukunft, mit denen die Banken und
                   Politiker ‚Monopoly spielen‘ – wo sind die Kinder und Jugendlichen bei den Nachhal-
                   tigkeitskonferenzen?!“

                   Dustin Neuneyer, PRI

                   „Die Probleme liegen auf der Hand und es gibt kaum einen Nachhaltigkeitsindikator.
                   Erreichte Fortschritte an der einen Stelle werden an der anderen Stelle zunichtege-
                   macht oder überholt. Ich wünsche mir, dass uns immer wieder bewusst wird, woran
                   wir arbeiten müssen. Fünf Punkte, um mit diesen Herausforderungen umzugehen:

                   1.    Rationalität und Emotionalität müssen ins richtige Verhältnis gesetzt werden –
                         wir dürfen nicht naiv sein und keine Maximalforderungen stellen. Wir dürfen
                         aber auch nicht weitermachen wie bisher. Wir dürfen nicht aus den Augen ver-
                         lieren, worum es eigentlich geht, nämlich Nachhaltigkeit.

                   2.    Verantwortung – wir müssen ein Mindestmaß an Verantwortung übernehmen.

                   3.    Es muss auch im Finanzsektor umgesetzt werden – die Kapitalmärkte bilden
                         hier ein wichtiges Zentrum und müssen für nachhaltige Investitionen bereit sein.

                   4.    Regulierung – es gibt gute und schlechte Regulierungen. Wir müssen mehr über
                         gute Vorbilder sprechen. Hier muss auch der Staat mit einem guten Beispiel­vor-
                         angehen.

                   5.    Lassen Sie uns lösungsorientiert zusammenarbeiten!“

 16
C H A L L E N G E R S TAT E M E N T S

5 Steckbrief Zweiter Sustainable
  Finance Gipfel

        •     Zweiteilige Veranstaltung mit Sustainable-Finance-Dinner am 24. September 2018
              und großer Publikumsveranstaltung am 25. September 2018 .
        •     Politisch gesetzte Redebeiträge und Diskussionsinhalte nahmen Bezug zum
              EU-Aktionsprogramm und zu den legislativen Vorschlägen der EU-Kommission.
        •     „Gipfel der Macher“: Online eingereichte Beiträge von H4SF-Netzwerkakteuren
              bekamen Gelegenheit, sich zu präsentieren und inhaltlich einzubringen. Auf­­­die­
              se­­Weise stellten sich 27 von 42 Initiativen der Diskussion.
        •     Teilnehmerstruktur: Grundgesamtheit: 260 Gäste vor Ort bei 309 Anmeldungen.

         A u s w ert u n g A n w e s en de

                        16 %                                               19 %
                       Sonstige                                            Beratung, Wirtschaftsprüfungs-
                      Anzahl: 42                                           gesellschaft u. Ä.
                                                                           Anzahl: 50

            8%
    Wissenschaft
        Anzahl: 22

                                                                                        18 %
            10 %                                                                        Banken & Versicherungen
NGOs / organisierte                                                                     Anzahl: 47
  Zivilgesellschaft
         Anzahl: 27

                          12 %
         Politik und Verwaltung                                        16 %
                       Anzahl: 31                                      Finanzwirtschaft
                                                                       Anzahl: 41

                                                                                                                  17
DA N K A N D I E PA R T N E R U N D S P O N SO R E N

        6 Dank an die Partner und
          Sponsoren des Zweiten
          Sustainable Finance Gipfel
          Deutschland

                   Wir danken allen, die mit ihren inhaltlichen Beiträgen zum Gelingen des Zweiten
                   Sustainable Finance Gipfels beigetragen haben, als da wären: Kristina Jeromin, Dr.
                 Joachim Faber, Prof. Dr. Alexander Bassen, Staatssekretär Florian Pronold, Dr. ­Levin
                 Holle, ­Martin Koch, Dr. Stephan Bredt, MEP Molly Scott Cato, MdB Lukas Köhler,
                 Dr. Martin Granzow, Dr. Ingeborg Schumacher-Hummel, Will Martindale, Dustin
                 ­Neuneyer, Juliane Hilf, Karsten Löffler, Edward Baker, Ben Pincombe, Klaus H ­ agedorn,
                  Prof. Dr. Volkmar Liebig, Dr. Bernd Bartels, Anna Schirpke, Dr. Thomas Schulz, Frank
                  Ackermann, Patrick Mijnals, Florian Koss, Nina Roth, Dr. Martin Vogelsang, Dr.
                  ­
                  Andreas Rickert, Prof. Dr. Harald Bolsinger, Silke Hohmuth, Max Zahn, Karsten ­Löffler,
                  ­Nadine-Lan Hönighaus, Ralf Frank, Dr. Urs Bitterling, Ingmar Jürgens, Franziska
                   Schütze, Prof. Dr. Marco Wilkens, Henrik Ohlsen, Prof. Dr. Timo Busch, Dr. Max Weber,
                   Robert E. Bopp, Dr. Axel Hesse, Christine Majowski, Silke Stremlau, Angela McClellan,
                   Volker Weber, Andreas Fiedler, Ralph Thurm, Gyslain Perissé, Ralf Breuer, Marlehn
                   Thieme, Michael Schmidt, Dr. Esther Wandel, Dr. Lothar Rieth, Prof. Dr. Timo Busch
                   sowie dem Dokumentationsteam Vanessa Pütz, Nils Hums, Katharina Schmitt, Ilan
                   Momber, Leticia Adam für die Betreuung der Presse, Thomas Tratnik für die Fotografie,
                   Liane Hoder für das Graphic Recording sowie Janine Köhler, Nicole Wuttke und Finn
                   Dejoks, Johanna Roxlau und dem Team vom Gesellschaftshaus Palmengarten für das
                   ausgezeichnete Ambiente.

 18
DA N K A N D I E PA R T N E R U N D S P O N SO R E N

Vielen Dank an die Sponsoren und Unterstützer, die den Zweiten Sustainable Finance
Gipfel ermöglicht haben.

                                                                                               19
Erschienen in Absolut|impact 03 2018

      EU-Aktionsplan Sustainable
      Finance – Reflexionen und
      Rückfragen
      Bei den Konsultationen zum EU-Aktionsplan stellt sich Frage, ob die Umsetzung noch
      den notwendigen und konsistenten Bezug zum eigentlichen Zielbild Sustainable Finance
      aufweist. Matthias Stapelfeldt von Union Asset Management und Dr. Helge Wulsdorf von
      der Bank für Kirche und Caritas reflektieren die geplanten Maßnahmen der EU und
      stellen konstruktive Rückfragen, damit sich der Diskurs nicht in Detailfragen verliert.

       impact   #03/2018   © Copyright 2018, Absolut Research GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Die Vervielfältigung, Veränderung und/oder Verbreitung
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MATTHIAS STAPELFELDT                           Die folgenden Gedanken stellen das Zielbild Sustainable Fi-
                   Leiter Nachhaltigkeitsmanagement               nance (siehe ABBILDUNG 1) und die aktuellen Entwicklungen
                   Union Asset Management Holding AG              keinesfalls infrage, sie wollen im Gegenteil die Ziele, Motive,
                   Vorstandsmitglied FNG
                                                                  Instrumente und Maßnahmen der EU kritisch wie konstruk-
                   Frankfurt am Main
                                                                  tiv hinterfragen und damit weiter voranbringen.1

                   DR. HELGE WULSDORF
                   Leiter Nachhaltige Geldanlagen                 1 Zweck des EU-Aktionsplans:
                   Bank für Kirche und Caritas eG                 Sustainable oder Green Finance?
                   Vorstandsmitglied FNG
                   Paderborn                                      Die Zweckbestimmung des EU-Aktionsplans ist, so die Be-
                                                                  zeichnung, die Finanzierung nachhaltigen (und integrativen)
                                                                  Wachstums. Mit Blick auf die drei Nachhaltigkeitssäulen So-
                                                                  ziales, Ökologie und Ökonomie ist die Stoßrichtung zunächst
                                                                  einmal letztgenannte. Es geht um ein „Finanzwesen für eine
                                                                  nachhaltigere Welt“ (S. 2, EU-Aktionsplan)2, das sich durch
                                                                  eine „Neuausrichtung der Kapitalflüsse hin zu einer nachhal-
                                                                  tigeren Wirtschaft“ (3) auszeichnet. Auch wenn ein „nachhal-
                                                                  tiges Finanzwesen“ (2) auf der Berücksichtigung umweltbezo-
Einleitung                                                        gener und sozialer Erwägungen beruht, wird der Aktionsplan
                                                                  fortfolgend von ökologischen Themenfeldern wie Klimawan-
Es herrscht nicht nur in der Nachhaltigkeits-Community Ei-        del, Ressourcenproblematik und Energie dominiert.
nigkeit darüber, dass mit dem EU-Aktionsplan „Finanzierung           Dies muss verwundern, denn einleitend wird unter der
nachhaltigen Wachstums“ wichtige und richtige Impulse für         Überschrift „Hintergrund“ (1) die UN-Agenda 2030 mit ihren
die Zukunft des Finanzwesens gesetzt wurden. Diverse Fach-        17 Sustainable Development Goals (SDGs) gleichberechtigt
verbände und Initiativen arbeiten derzeit in Expertenrunden       mit dem Pariser Klimaschutzübereinkommen und seinem
und bringen sich aktiv in konkrete Meinungsbildungsprozes-        Zwei-Grad-Ziel als Legitimationsgrundlage herangezogen.
se ein. Es entstehen zahlreiche Positionspapiere zu Politikan-    Die SDGs sind allerdings bedeutend breiter aufgestellt als
fragen und Konsultationen. Diese Entwicklung ist ohne Frage       das Zwei-Grad-Klimaziel. Sie decken die gesamte Nachhal-
ein Fortschritt, den nur wenige Fachleute bis vor Kurzem für      tigkeitsdiskussion global ab, in der das Klima lediglich ein,
möglich gehalten haben. Der Zug in Richtung nachhaltigere         wenngleich zentrales und auch sicher prioritäres Ziel unter
Finanzwelt nimmt also spürbar an Fahrt auf. Aufgabe einer         den 16 anderen darstellt. So kann und darf beispielsweise ein
EU-Expertengruppe ist es jetzt, Details auszuarbeiten, mit de-
nen das strategische Zielbild Sustainable Finance in konkre-      1 | Die Sustainable-Finance-Strategie der
ten Maßnahmen operationalisiert werden soll.                          Europäischen Kommission
   Ebenso ist es an der Zeit, einen Schritt zurückzutreten, die
bisherigen Aktivitäten zu reflektieren und sich daraus erge-        Neuausrichtung der Kapitalflüsse hin zu einer nachhaltigeren
bende Rückfragen zu formulieren. Packt der EU-Aktionsplan           Wirtschaft
vor dem Hintergrund des Zielbilds Sustainable Finance wirk-           Um die EU-Klima- und Energieziele bis 2030 zu verwirklichen,
lich die richtigen Dinge an? Und – vielleicht noch viel ent-          muss Europa einen jährlichen Investitionsrückstand von fast
scheidender – werden diese Dinge auch im Detail richtig an-           180 Mrd. Euro aufholen
gegangen? Schlussendlich geht es darum, die richtigen Dinge           Die EU und der Europäische Fonds für strategische Investitionen
                                                                      (EFSI) investieren bereits in Projekte der Energie-, Umwelt- und
richtig zu machen. Denn nur so lässt sich dauerhaft positive          Ressourceneffizienz sowie in soziale Infrastruktur
Wirkung für eine nachhaltige Entwicklung im europäischen              Weitere Schritte sind jedoch notwendig, damit noch mehr
und eben auch im globalen Kontext erzielen.                           Investitionen in nachhaltige Sektoren fließen
   Gerade bei komplexen Vorhaben, in denen strategisch-
visionäre Zielbilder für die (Welt-)Gesellschaft in operatives      Einbettung der Nachhaltigkeit in das Risikomanagement
Geschäft umgesetzt werden sollen, liegt es förmlich auf der           Umwelt- und Klimarisiken werden vom Finanzsektor gegenwärtig
Hand, dass anfangs nicht alle Bausteine für die Praxis zu-            nicht immer angemessen berücksichtigt
sammenpassen. Man muss nachjustieren und immer wieder                 Soziale Faktoren können für Finanzinstitute konkrete Folgen haben
überprüfen, ob bei den geplanten Maßnahmenkatalogen der               und auch rechtliche Risiken beinhalten
eigentlich gewollte Zielbezug noch gegeben ist: die Aktivie-
rung von Anlagevermögen für die Herausforderungen nach-             Förderung von Transparenz und Langfristigkeit
haltigen Wachstums. Auf die Konsistenz von Zielbild und               Nachhaltigkeit und Langfristigkeit gehen Hand in Hand
dessen Umsetzung ist speziell in der aktuellen Transforma-            Stärkung der Transparenz durch bessere Offenlegung
tionsphase hinzuwirken. Sehr genau ist deshalb in Augen-
schein zu nehmen, welche Interessen bei dem EU-Vorhaben           Quelle: Öffentlicher Vortrag von Martin Koch: European Commission Action Plan:
                                                                  Financing Sustainable Growth; gehalten auf dem BVI-Nachhaltigkeitstag am 19. April 2018
etwa bedient respektive durchgesetzt werden sollen.               in Frankfurt am Main (Folie 7)

                                                                                                                                                     21
hochwertiges Klima-Risikomanagement in einem Unterneh-                          Konsistenz mit dem Zielbild: Es ist von Anfang an zu klären,
men bestimmt nicht von der Pflicht entbinden, sich den an-                      wie die Europäische Union Nachhaltigkeit versteht. Sustain-
deren ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitsherausfor-                       able Finance ist mehr als Green Finance (siehe ABBILDUNG 2),
derungen gleichermaßen ernsthaft zu stellen.                                    da E-, S- und G-Kriterien gleichrangig zur Geltung kommen,
   2011 hat die EU-Kommission selbst bereits alle Mitglieds-                    obschon sie nicht alle zeitgleich, sondern stufenweise in dem
staaten aufgefordert, nationale Aktionspläne zur Umsetzung                      Prozess entwickelt werden. Die oft beklagte Unsicherheit bei
der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte                         der Begriffsdefinition einfach abzulösen durch eine – allen
zu entwickeln, worauf allerdings nicht verwiesen wird. Auch                     bewusste – unvollständige Standardsetzung dient weder der
werden europäische Nachhaltigkeitsziele und -strategien in-                     Sache noch stärkt sie deren Akzeptanz. Letztlich ist es für
teressanterweise in dem Papier nicht ausdrücklich als Legi-                     andere Ziele und Projekte der EU etwa mit Blick auf konkrete
timationsgrundlage erwähnt. Sie werden erst nach und nach                       soziale Nachhaltigkeitsaspekte in den Bereichen Menschen-
in ihren jeweiligen Einzelausprägungen – wie zum Beispiel                       und Arbeitsrechte nur förderlich, wenn man diese integriert
kürzlich in der Klimadiskussion – erarbeitet und definiert. Ist                 und nicht separat behandeln muss. Schließlich können sich
der EU-Aktionsplan mit den globalen SDGs überhaupt kom-                         die Investoren nur bei einem umfassenden Nachhaltigkeits-
patibel, und mit welcher Berechtigung kann man demzufolge                       ansatz sicher sein, dass sie bei Sustainable Finance mit ihren
außereuropäische Investments an europäischen Nachhaltig-                        Vermögensanlagen Finanzmittel für „ein ökologisch und sozi-
keitskennzahlen messen? Mit welchen Bausteinen und Um-                          al nachhaltiges Wirtschaftssystem“ (3) insgesamt zur Verfü-
setzungsstrategien und in welcher zeitlichen Reihenfolge die                    gung stellen, in das sich dann ebenso künftige Anforderun-
politischen Nachhaltigkeitsziele, die ja vorrangig auf die Re-                  gen der Politik integrieren lassen müssen. Marktzahlen und
alwirtschaft zielen müssen, methodisch eins zu eins auf dem                     Umfragen zeigen, dass die Breite der Investoren keine aus-
Finanzmarkt in Produkte, Dienstleistungen und Investment-                       schließlich klimaspezifischen Finanzprodukte im Blick hat,
prozesse übertragen werden können, bleibt ebenfalls unbe-                       sondern weitreichendere Nachhaltigkeitsprodukte, die sie im
antwortet. Dieser für eine beabsichtigte Wirksamkeit äußerst                    Sinne eines umfassenden Risikomanagements in ihre Portfo-
wichtige Kontext wird nirgends beleuchtet. Kapitalmärkte                        lios integrieren können. Insofern ist die Rückfrage berechtigt,
entwickeln nun einmal eine Eigendynamik, die einem poli-                        ob es in sich konsistent ist, wenn eine Lenkungswirkung für
tischen Zeitplan oft weit vorausläuft.                                          die Finanzierung nachhaltigen Wachstums auf Klima aspekte
   Kernbestandteil für Sustainable Finance ist, so die allge-                   reduziert wird.
meine Nachhaltigkeitsdebatte im Finanzwesen, ein umfas-
sender ESG-Ansatz, der sich wie ein roter Faden durch das
nachhaltige Investment zieht. Werden, wie im EU-Papier der                      2 EU-Taxonomie: Zauberwürfel oder Wegweiser?
Fall, vorrangig ökologische Themen abgehandelt, ergibt sich
eine Schieflage zulasten von S- und G-Kriterien. Schlimms-                                Laut EU-Aktionsplan ist es „zum gegenwärtigen Zeitpunkt
tenfalls kommt es zu einer Abkopplung oder sogar Arbitrage                                die wichtigste und dringlichste Maßnahme“ (5) eine „einheit-
letztgenannter, was dazu führt, dass der EU-Aktionsplan Sus-                              liche Taxonomie“ (5) beziehungsweise ein „einheitliches Klas-
tainable Finance derart durch grüne Themen überlagert wird,                               sifikationssystem“ (5) zu schaffen. Denn „durch ein gemein-
dass es ehrlicher und glaubwürdiger wäre, man würde von                                   sames Verständnis des Begriffs ‚nachhaltig“ (5) lässt sich
vornherein von Green Finance sprechen.                                                    mit Klarheit sagen, was als „nachhaltig“ angesehen werden
                                                                                                                kann und was nicht, so die Argumen-
                                                                                                                tation des Aktionsplans. Eine einheitli-
2 | Das Verständnis der Europäischen Kommission von                                                             che, „voll funktionsfähige EU-Nachhal-
    Sustainable Finance                                                                                         tigkeitstaxonomie“ (5) wird damit zum
                                                                                                                Dreh- und Angelpunkt erklärt, mit der
                                                            Nachhaltige
                                                            Entwicklung
                                                                                                                klassifiziert, sprich: identifiziert wer-
                                                                                                                den soll, was zukünftig unter dem La-
                                                                                                                bel „nachhaltig“ auf dem Finanzmarkt
                         Umwelt                             Gesellschaft         Wirtschaft      Governance     zu subsumieren ist. Dies ist ein sehr ho-
                                                                                                                her Anspruch, den es sicherlich lohnt
                          Klima-                                                                                näher zu beleuchten, sofern die einzel-
 Klimaschutz                               Sonstige                                                             nen Taxonomien „für klimabezogene,
                     anpassungen
                                                                                                                umweltpolitisch und sozial nachhaltige
 Low-Carbon
                                                                                                                Tätigkeiten“ (19) eines Tages vorliegen.
              Climate                                                                                               Zu bedenken ist, dass eine Taxono-
                          Green                                                                                 mie  verschiedene Betrachtungsebenen
                           Socioenvironmental
                                                                                                                hat: Zuerst  bezieht sie sich auf die Inves-
                                                                                                                titionsobjekte in der Realwirtschaft,
                                                   Sustainable                                                  denn in den konkreten Investitionen
                                                                                                                müssen sich die gewünschten Klima-
Quelle: Öffentlicher Vortrag von Martin Koch: European Commission Action Plan: Financing Sustainable Growth;
gehalten auf dem BVI-Nachhaltigkeitstag am 19. April 2018 in Frankfurt am Main (Folie 4)                        standards abbilden lassen und auch

22
politisch durchgesetzt, gegebenenfalls sogar sanktioniert                                bestätigt sich diese Sichtweise. Werden zunächst noch für den
werden. Zu fragen ist darüber hinaus, ob die aus den EU- und                             Legislativvorschlag „sozial nachhaltige Tätigkeiten“ (19) neben
nationalstaatlichen Töpfen finanzierten Projekte zukünftig                               klimawandelbezogenen und umweltpolitischen ausdrücklich
den gewünschten Kriterien der Taxonomie ebenfalls ent-                                   genannt, hat die Sachverständigengruppe im Jahr 2019 über
sprechen werden.                                                                         eine „Taxonomie für Maßnahmen zur Eindämmung des Kli-
    Auf einer zweiten Ebene müssen die Taxonomie-Standards                               mawandels“ (19) und eine „Taxonomie für Maßnahmen zur
dann Element einer umfassenden Berichterstattung sowohl                                  Anpassung an den Klimawandel und andere umweltbezogene
der Unternehmen und als auch der Staaten (EU wie Nicht-EU)                               Maßnahmen“ (19) jeweils einen Bericht vorzulegen. Ein Be-
werden. Nur so lassen sich umfassende Daten bezüglich einer                              richt über eine Taxonomie für soziale Maßnahmen wird nicht
relativen Bewertung von Anlageobjekten erheben, die die Fi-                              explizit eingefordert. Die soziale Dimension taucht im gesam-
nanzwirtschaft für sich als Entscheidungsparameter nutzbar                               ten Arbeitsplan (Anhang III) fortfolgend nicht mehr auf, sie
machen kann. Folglich müssen die Daten in die Überarbei-                                 wird, wenn überhaupt, kursorisch behandelt.
tung der CSR-Berichtspflicht eingehen.                                                        Die Schlagworte Green Bonds, EU-Umweltzeichen, CO2-
    Erst danach ist es sinnvoll und möglich, die Taxonomie                               Bilanzen, Low-Carbon-Benchmarks und klimabezogene Ri-
umfassend auf der Umsetzungsebene von Anlagestrategien                                   siken stehen für die Stoßrichtung der EU. Es stellt sich da-
auf den Kapitalmärkten anzuwenden – vermutlich in Form                                   her die Frage, ob die EU-Nachhaltigkeitstaxonomie wirklich
einer angepassten oder aggregierten Taxonomie-Variante.                                  alle Klassifikationsmerkmale des nachhaltigen Investments
Der in der offiziellen EU-Mitteilung verwendete Anhang I zur                             ernsthaft erfassen will. Wird man sich bei den Kriterien le-
„Rolle der Taxonomie im Aktionsplan“ (17, siehe ABBILDUNG 3)                             diglich auf Klima- und Umweltthemen einigen können, ge-
ist insofern irreführend, als er nahelegt, dass eine EU-Taxo-                            raten S- und G-Kriterien derart ins Hintertreffen, dass jeder
nomie nur „ergänzend“ (17) auf die Realwirtschaft wirkt, für                             Finanzmarktakteur mit den nicht erfassten S- und G-Taxo-
die Finanzprodukte jedoch zwingend „notwendig“ (17) ist. Aus                             nomie-Bereichen weiterhin agieren kann, wie er will, oder
Sicht der Finanzwirtschaft müsste die Zuordnung andersher-                               sie sogar einfach weglassen kann. Dem selbst gesetzten An-
um erfolgen. Hier ist unbedingt ein gemeinsames Verständ-                                spruch eines einheitlichen Klassifikationssystems für nach-
nis über die Rolle von Finanzwirtschaft und öffentlicher Hand                            haltige Geldanlagen wird die EU damit nicht gerecht. Sie
für ihre jeweiligen Investitionen zu entwickeln.                                         schafft für Anleger weder eine umfassende oder notwendige
                                                                                                                 Orientierung noch legt sie die Grund-
                                                                                                                 lagen dafür, dass sich ESG als Standard
3 | Rolle der Taxonomie im Aktionsplan                                                                           durchsetzen kann. Im Sinne des Refe-
                                                                                                                 renzsystems der Task Force on Climate-
                                                                                                                 related Financial Disclosures (TCFD)
                                              EU-Taxonomie                                                       ist zudem die Frage zu stellen, inwie-
                                              – Klima                                                            weit eine Taxonomie überhaupt voraus-
                                              – Umwelt
                                              – Soziales                                                         schauende Daten enthalten, die Emis-
                                                                                                                 sionsminderungspotenziale sichtbar
                    notwendig                                                  ergänzend
                                                                                                                 machen und Investitionen hierin be-
                                                                                                                 günstigen kann.
      Normen für                  Aufsichts-                      Private
                                                                                         Investitionen und          Die Fragestellung an die Taxonomie
                                                                                           Strategien der
    Finanzprodukte               vorschriften                  Investitionen
                                                                                         öffentlichen Hand
                                                                                                                 muss  aber noch deutlich weiter gefasst
                                                                                                                 werden: Sofern die Taxonomie für An-
                                                                                                                 lagestrategien zu einem informativen
   Nachhaltigkeits-                   EU-              – Rechnungslegung             – Förderung von             Leitsystem für Kapitalanlagen wer-
     Benchmarks                 Kennzeichen            –  Offenlegung    nicht         Investitionen in          den soll, muss sie alle vorhandenen
                                                          finanzieller Angaben         nachhaltige
                                                          der Unternehmen              Infrastrukturprojekte
                                                                                                                 Asset-Klassen und Regionen weltweit
                                                       – Ratings und                 – Rolle der Europäischen    möglichst vollständig abbilden. Nur ein
                                                          Marktforschung               Aufsichtsbehörden         geringer Teil des Investitionskapitals
                                                       – Pflicht der Anleger         – Politischer
                                                       – Finanzberatung                Entscheidungsprozess
                                                                                                                 wird ausschließlich auf Unternehmen
                                                       – Unternehmensführung                                     bezogen und rein europäisch angelegt.
                                                                                                                 Auch die Finanzierung der europäi-
Quelle: Anhang I des EU-Aktionsplan: Finanzierung nachhaltigen Wachstums                                         schen Staaten hat dann den selbst ge-
                                                                                                                 setzten Ansprüchen an die Taxonomie
                                                                                                                 und deren Transparenz Rechnung zu
Die drei Bereiche Klima, Umwelt und Soziales sind, so der Ak-                            tragen, soll sie für Anleger überhaupt glaubwürdig und ent-
tionsplan, in einer umfassenden EU-Nachhaltigkeitstaxono-                                scheidungsrelevant werden. Dann stellt sich natürlich die
mie gleichermaßen abzudecken. Hier zeigt sich aber bereits,                              Frage, ob außereuropäische Staaten und Firmen taxonomie-
dass die ökologische Säule des Nachhaltigkeitsparadigmas                                 relevante Daten bereitstellen, ohne die es ja keinen aussage-
tonangebend ist. Schaut man in den „Arbeitsplan für die in                               kräftigen globalen Portfolioausweis geben kann. Und letzt-
diesem Aktionsplan dargelegten Initiativen“ (19, Anhang III)                             lich hat eine europäische Taxonomie beispielsweise für die

                                                                                                                                                    23
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derzeitigen politischen Ziele der USA keinerlei Aussagekraft      relativer ESG-Wirkungen unterschieden. Gerade letztes Kon-
bezüglich der Sinnhaftigkeit einer dortigen Kapitalallokati-      zept ist zwar schon jetzt hilfreich, aber eben noch lange nicht
on. Sie hätte selbst dann keine Aussagekraft, wenn sie auf glo-   ausgereift.
baler Portfolioebene aggregiert wird und einem deutschen             Nichtsdestotrotz ist die Frage berechtigt, wem diese Viel-
Anleger als Kennzahl kommuniziert werden müsste.                  zahl an zum Teil abstrakten Daten letztlich dienen soll. Ein
                                                                  Mehr an Daten sorgt schnell für Datenfriedhöfe, die keinen
Konsistenz mit dem Zielbild: Der EU-Aktionsplan will einen        Mehrwert erbringen und die die Anlageberatung in einer
allgemein gültigen Qualitätsstandard für die Aktivierung von      Weise verkomplizieren, dass vermutlich das Gegenteil des
im Wortsinne nachhaltigen Investitionen vorgeben. Dies ist        gewünschten Effekts erzielt wird: Nachhaltigkeitsprodukte
ein sinnvoller Ansatz, um politische Ziele und Maßnahmen          werden noch weiter in die Nische gedrängt, weil der Bera-
mit Investitionen und Anlagevermögen zu verbinden. Die Wir-       tungsaufwand zu hoch ist und es an adäquaten Produkten
kungsreihenfolge aus der Realwirtschaft in Übertragung auf        fehlt.
die Finanzwirtschaft und die Rollen der Beteiligten sind da-         Wichtig ist, welche Daten der Kunde für seine Investitions-
bei aber unbedingt zu klären. Für eine Übertragung auf die        entscheidung benötigt respektive welche man ihm zumuten
Investmentmärkte wird es dafür noch eine „zweite Ebene“ der       will. Die Qualität der Daten, nicht deren Quantität ist ent-
Taxonomie geben müssen, die sich an globalen Investment-          scheidend für ein Mehr an Transparenz im Finanzwesen.
strategien orientiert und einen gesonderten Informationsum-       Die für eine Nachhaltigkeitsbewertung erforderlichen Da-
fang mit Blick auf die Asset-Klassen und Emittenten aufweist.     ten – sprich: die Messlatte für die EU-Nachhaltigkeitstaxo-
Der Standard sollte sich überdies als richtungsgebend für         nomie – müssen qualitativ so aufbereitet sein, dass sie je-
alle anderen nachhaltigkeitsbezogenen Transparenzpflich-          dermann zugänglich und verständlich sind. Vollständige
ten für spezifische Produkte mit dem Nachhaltigkeitslabel er-     (Daten-)Transparenz ist dabei allerdings genauso Utopie wie
weisen. Aufgrund der begrenzten regionalen Aussagekraft ist       eine einheitliche Interpretation vorgegebener Kriterien-Sets.
solch ein Standard lediglich als Orientierung und nicht etwa      Was jedenfalls wirklich problematisch wäre, sollte der derzei-
als Verpflichtung für Investmentstrategien auszubilden. Des       tige Plan umgesetzt werden, parallel zur Forderung nach ei-
Weiteren sind die legitimierend herangezogenen SDGs in der        ner Taxonomie-Veröffentlichungspflicht bislang nicht ausge-
Taxonomie-Debatte auszuweisen, wollen sie dem Finanzwe-           reifte Impact-Datenausweise in die Produktbeschreibungen
sen auf europäischer und globaler Ebene Orientierung für          integrieren zu wollen.
eine nachhaltigere Welt geben.
                                                                  Konsistenz mit dem Zielbild: Transparenz ist kein Selbst-
                                                                  zweck. Sie soll dazu dienen, dass Verbraucher ein Produkt
3 Transparenz: Datenflut oder Verständlichkeit?                   verstehen und bewerten können. Soll Transparenz zum we-
                                                                  sentlichen Merkmal nachhaltiger Geldanlagen werden, wird
Transparenz ist neben Langfristigkeit eine der Grundvor-          man sich sehr genau überlegen müssen, welche Transparenz-
aussetzungen für den Erfolg nachhaltiger Geldanlagen. Ziel        anforderungen erfüllt sein müssen, damit man sich ein belast-
des EU-Aktionsplans ist es daher, „unangemessene Forderun-        bares Nachhaltigkeitsbild von allen vorhandenen nachhaltigen
gen nach kurzfristiger Rendite bei Finanz- und Wirtschafts-       Finanzprodukten auch über Investmentfonds hinaus machen
entscheidungen zu reduzieren, insbesondere durch mehr             kann. Hierfür sind abgestufte Transparenzanforderungen hilf-
Transparenz, sodass die Anleger – sowohl Unternehmens-            reich, die anhand bestimmter Kriterien adressatenspezifisch
investoren als auch Kleinanleger – besser fundierte und ver-      von Nachhaltigkeits-Researchagenturen über Asset Mana-
antwortungsvollere Investitionsentscheidungen treffen kön-        ger bis hin zum Endkunden die Nachhaltigkeitsqualität eines
nen.“ (4) Doch um welche (zusätzlichen) Daten geht es hier,       Emittenten auf unterschiedlichen Transparenzniveaus ver-
mit denen „mehr Transparenz“ auf dem Markt für nachhal-           ständlich und vergleichbar offenlegen. Dabei ist natürlich zu
tige Investments erzielt werden soll?                             hinterfragen, ob es Verbrauchern weiterhilft, wenn ihnen ne-
   Transparenz ist kein Allheilmittel gegen fehlende Nach-        ben der Nachhaltigkeitstransparenz parallel auch noch die
haltigkeit. Sie darf auch nicht mit Verständlichkeit verwech-     darin enthaltene Klima- und Impact-Transparenz zugemutet
selt werden, ein oft begangener Fehler in Zeiten von Überin-      werden. Verständlichkeit, Einfachheit und Konsistenz einer
formationen für den Verbraucher. Sie betrifft auch nicht nur      umfassenden Taxonomie wären sehr hilfreich im Sinne einer
die Datenlage, sondern gleichermaßen die Strukturen, Pro-         Durchschaubarkeit für diejenigen Akteure, die dieser Aktions-
zesse und Instrumente, die zusammen erst fundierte Nach-          plan mit auf die Reise nehmen soll und will.
haltigkeitsbewertungen von Emittenten ermöglichen. Über-
dies stellen sich Fragen der finanziellen Materialität und
Zielgenauigkeit der einzelnen Kriterien für eine nachhaltige      4 Lenkungswirkung: Nachhaltiges Wachstum
Entwicklung. Nicht umsonst wird in der Nachhaltigkeitsbe-         oder nachhaltige Entwicklung?
richterstattung der Forderung nach individueller Wesentlich-
keit großes Gewicht beigemessen. Der Begriff des Impacts,         Mittels der geplanten EU-Nachhaltigkeitstaxonomie respek-
also die Wirkung von Kapitalanlagen, ist bislang erst im Ent-     tive -klassifikation sollen mehr Kapitalanlagen zur Finanzie-
stehen begriffen. Dabei wird oft nicht klar zwischen wirk-        rung nachhaltigen Wachstums zur Verfügung gestellt wer-
lichem Impact Investing und einem datenmäßigen Ausweis            den. Der Nachhaltigkeitstaxonomie wird damit eine zentrale

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Lenkungswirkung zugewiesen. Wie und an welchen Stell-             Wird mit Effizienzkriterien dann nur noch maximal das Leit-
schrauben jedoch eine solche Lenkungswirkung über eine            bild einer Green Economy als Zielgröße bedient?
Taxonomie zu steuern ist, bleibt offen. Auch werden keine An-        Nachhaltigeres Wirtschaftswachstum über die anderen
reizstrukturen und Pfade aufgezeigt, die dafür sorgen, dass       Nachhaltigkeitsziele zu stellen, greift zu kurz, ja es schürt
Investitionen in Richtung Nachhaltigkeit gelenkt werden.          wahrscheinlich sogar zusätzliche Zielkonflikte. Was Impact
Lenkungswirkung entsteht normalerweise, indem über Ge-            für eine nachhaltige Entwicklung wirklich bedeutet und wie
setze und Normen Standards für die Realwirtschaft gesetzt         man ihn vergleichbar messen kann, muss offenbleiben, wie
werden. Die Finanzindustrie hat dann zum Beispiel die Auf-        so vieles, was sich derzeit im Fluss befindet. Ist und bleibt
gabe, bei der Risikobewertung von Investitionen die Umset-        es nicht eine offene Flanke, wenn der Impact nicht mone-
zung dieser rechtlichen Regelungen oder gegebenenfalls auch       tarisiert wird und eben in absehbarer Zeit wahrscheinlich
die Kosten für deren bewusste Nichtbeachtung zu bepreisen.        auch nicht monetarisiert werden kann? Soll Nachhaltigkeit
Aufgrund solch einer Bepreisung lassen sich Finanzierungen        im Finanzwesen in Anlagerichtlinien oder Kreditvergabe-
fortan differenzieren, und eine Lenkungswirkung kann da-          richtlinien verbindlich zur Geltung kommen, ist die Quali-
mit wirksam werden.                                               tät sowohl der Investmentprodukte und -prozesse als auch
   Das Ziel, einen „jährlichen Investitionsrückstand von fast     der Kreditvergaben wesentlich abhängig von den jeweiligen
180 Mrd. EUR“ (3) für nachhaltiges Wachstum in Europa auf-        Risikoaussagen und monetarisierbaren Impact-Messungen.
holen zu wollen, ist und bleibt äußerst ambitioniert, wenn
nicht aufgezeigt wird, wie das notwendige Kapital in die rich-    Konsistenz mit dem Zielbild: Asset Owner und -Manager
tigen Kanäle fließen und woher es kommen soll. Ohne die Un-       benötigen Grundlagen und entsprechendes Handwerks-
terlegung mit realwirtschaftlichen Zielen und Maßnahmen,          zeug, damit sie die Nachhaltigkeitswirkung ihrer Anlagen be-
etwa durch eine konsistente Klimastrategie, also ohne eine        legen und verbessern können. Neben nach wie vor grund-
verwertbare analytische und materielle Grundlage für Inves-       legenden finanziellen Renditeüberlegungen müssen sie um
toren, wird eine Kapitalallokation gerade seitens treuhände-      die Bedeutung des „nachhaltigen“ Fußabdrucks und eines
risch verpflichteter Investoren nicht umfassend und im Sin-       Transitionspfades für seine Messbarkeit im Sinne eines Qua-
ne der EU auch nicht zielführend umgesetzt werden können.         litätsstandards ihrer getätigten Investments wissen. Über
Dies bestätigt die Erfahrung der letzten Jahre und Jahrzehnte.    kurz oder lang werden sie diesen Fußabdruck als Kennzahl,
   Die im Aktionsplan aufgeführten Investitionen und Strate-      vergleichbar mit ähnlichen Produkten, publik machen und
gien der öffentlichen Hand (siehe ABBILDUNG 3) sind also grund-   sich möglicher Konsequenzen bewusst werden. Ohne po-
legend dafür, private Investitionen erst zu ermöglichen. Der      sitive Wirkungseffekte für eine nachhaltige Entwicklung in
entsprechende Anhang I im EU-Aktionsplan ist in diesem Kon-       der Realwirtschaft bleibt Nachhaltigkeit in der Geldanlage
text mit der Bezeichnung „ergänzend“ (17) widersprüchlich.        nicht wirklich greifbar. Zur beabsichtigten Wirkungs- und
   Weiterhin ist zu bedenken, dass gerade in Deutschland          Lenkungsorientierung gehört deshalb zwingend, dass die
Investitionen überwiegend noch kreditfinanziert getätigt          im EU-Aktionsplan vorgesehenen Ziele mit den Zielen und
werden. Eine reine Steuerung der Finanzierung nachhaltigen        Maßnahmen der Realwirtschaft kompatibel sind und entspre-
Wachstums über die Kapitalmärkte vernachlässigt daher             chend verankert werden. Denn nur so werden Preisbildung
einen großen Steuerungs- beziehungsweise Lenkungshe-              und Risikomessung eine Lenkungswirkung auf dem Finanz-
bel, wenn sie die Kreditfinanzierung außer Acht lässt. Die        markt erzielen.
Bonität und Rückzahlungsfähigkeit von Kredit-Engagements
führen inzwischen dazu, dass aufgrund erweiterter Risiko-
abwägungen in verschiedenen Kreditinstituten zusätzlich           5 Mainstreaming: Nische oder Standard?
auch soziale und ökologische Nachhaltigkeitskriterien bei
der Kreditprüfung Anwendung finden.                               Obwohl der Begriff Mainstreaming im EU-Aktionsplan
   Über die Lenkungswirkung hinaus zielt der EU-Aktions-          nicht explizit genannt wird, hat er in der Nachhaltigkeits-
plan zumindest implizit auch auf Wirkungen bei Unter-             diskussion derzeit Konjunktur. Dies mag daran liegen, dass
nehmen. Neben dem Offenlegen signifikanter Nachhaltig-            bestimmte Kreise die Hoffnung hegen, mit dem EU-Aktions-
keitsdaten sollen sie solche „strategischen Maßnahmen“ (13)       plan werde das Finanzwesen dahingehend transformiert,
ergreifen, die notwendig sind, „um neue Technologien zu           dass Nachhaltigkeit zum Standard der Geldanlage wird.
entwickeln“ (13), welche wiederum ihre Geschäftsmodelle           Zweifelsohne macht es sich der EU-Plan zum Ziel, umfang-
stärken und ihre Leistungsfähigkeit optimieren. „Dadurch          reiche Finanzmittel für eine nachhaltigere Wirtschaft zu ak-
würden wiederum ihre Risikomanagementpraxis und ihre              tivieren. Doch wann und ob dieses dann auch im Sinne einer
Wettbewerbsfähigkeit verbessert, Arbeitsplätze geschaffen         dauerhaften Hauptströmung auf dem Finanzmarkt erreicht
und Innovationen vorangetrieben.“ (13) Eine nachhaltigere         ist, ist von vielen, bislang ungeklärten Definitionsmerkma-
Wirtschaft ist damit aus EU-Sicht rein ökonomisch dem Ef-         len abhängig. Die angestrebten 180 Mrd. Euro geben zwar
fizienz- respektive Optimierungsgedanken verpflichtet, ein        die Volumendimension, nicht aber die Quellen vor, aus de-
nachhaltiges Wirtschaftswachstum steht damit oben auf der         nen diese Mittel stammen sollen. Ist das Ziel Mainstreaming
Agenda, während etwa soziale Aspekte, wie es beispielswei-        etwa dann erreicht, wenn über 50% des Finanzkapitals im
se das 8. SDG „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschafts-            strengen Sinne nachhaltig angelegt ist, wie der Aktionsplan
wachstum“ gleichrangig einfordert, hintenan gestellt werden.      dies vermuten lässt? Und ist nur von Kapitalmarktanlagen

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die Rede oder auch von kredit- und einlagenbasierten Finan-       Anlageprodukte in allen Risikoklassen, die weit über Invest-
zierungen, deren Umfang derzeit noch gar nicht erfasst wer-       mentfonds hinausreichen. Nur so werden nachhaltige Invest-
den kann?                                                         ments als ernsthafte Alternative wahrgenommen. Bis auf die
    Aus Kapitalmarktsicht besteht der stärkste Finanzierungs-     sehr dynamisch wachsenden Green Bonds fehlen aber kon-
hebel darin, dass für die Großzahl zum Beispiel der treuhände-    krete Pläne für oder einschlägige Hinweise auf weitere zu
rischen Vermögensanlagen realwirtschaftliche Grundlagen           etablierende Produktgattungen für die umworbenen Privat-
geschaffen werden, womit vor allem professionelle Anleger         anleger und das sich daraus ergebene Segment der Kunden-
Nachhaltigkeitsaspekte umfassend in ihre Anlagestrategien         einlagen. Hier besteht echter Handlungsbedarf, seitens der
implementieren können. Insofern wird die Lenkungswirkung          Finanzinstitute, aber auch seitens des Bundes in seiner Vor-
des EU-Aktionsplans zu großen Teilen davon abhängen, ob die       bildfunktion. Die Idee etwa eines zweckgebundenen Nach-
EU eine entsprechende Realpolitik betreibt, welche die Taxo-      haltigkeits-Bundesschatzbriefes, emittiert vom Bund, könnte
nomie wirklich ökonomisch bewertbar macht für alle mögli-         mit Sicherheit ein großer Impulsgeber speziell für risikoaver-
chen Anlageklassen, egal wie nachhaltig sie sind.                 se Privatkunden sein.4
    Viele Maßnahmen des Aktionsplans zielen derzeit vor-             Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch öffentliche
rangig auf die explizit nachhaltigen Vermögensanlagen und         Haushalte und Zentralbanken Gelder in sehr hohem Aus-
damit auf den mit rund 3% des gesamten Anlagevermögens            maß an den Kapitalmärkten anlegen. Sie finanzieren damit
kleinsten Teil des Anlagemarktes im deutschsprachigen             Investitionen, die den gleichen Regeln in Bezug auf die Integ-
Raum.3 Das ambitionierte Volumen von 180 Mrd. Euro soll           ration der Taxonomie und Transparenz im Sinne der Kapital-
durch zahlreiche Maßnahmen erreicht werden.                       anlagevorschriften zu entsprechen haben. Dies hat einer-
    Mit einer verpflichtenden Nachhaltigkeitsabfrage etwa         seits natürlich mit dem Risikomanagement der Anlagen zu
bei der Anlageberatung können jedoch gerade im klassi-            tun, andererseits aber auch mit der Lenkungswirkung und
schen Bankgeschäft zusätzliche Hürden aufgebaut werden,           der Vorbildfunktion der öffentlichen Hand für die anderen
anstatt die wahren Finanzierungspotenziale nachhaltigen           Marktteilnehmer.
Wachstums in der Breite zu heben. Es dürfte unbestritten
sein, dass es derzeit noch an einer kundengerechten Umset-        Konsistenz mit dem Zielbild: Mainstreaming lässt sich nur
zung einer Nachhaltigkeitsberatung mangelt. Angesichts            schwer an irgendwelchen Zahlen oder Schwellenwerten fest-
des in den ersten Jahren noch sehr überschaubaren Anlage-         machen. Viel entscheidender für den Erfolg einer dauerhaf-
volumens durch Privatkunden wäre es angebracht, einen             ten Finanzierung nachhaltigen Wachstums dürfte es erstens
Schnellschuss zu vermeiden und mit Augenmaß vorzugehen:           sein, die Bedeutung von ESG-Integration für die bestehen-
Eine prinzipien- und nachfragebasierte Anwendung bei Be-          den Anlageprodukte im institutionellen und Retail-Geschäft
ratern muss flexibel sein und darf nicht dazu führen, dass        klarzumachen und zu fördern. Zweitens sind die Gelder öf-
die Berater bewusst im „verordneten“ Gesprächsinhalt Nach-        fentlicher Haushalte und der Zentralbanken an den Taxo-
haltigkeitsanlagen komplett umgehen, weil sie einen Bera-         nomie-Anforderungen auszurichten und gegebenenfalls in
tungs-Mehraufwand scheuen. Auch ist dafür zu sorgen, dass         Transparenzpflichten explizit einzubeziehen. Drittens ist die
es eine entsprechende nachhaltige Angebotspalette über die        Breite der Produktpalette nachhaltiger Geldanlagen sowie
verschiedenen Anlageklassen hinweg gibt, die eine breit gefä-     sonstiger nachhaltiger Finanzierungsmodelle sowohl seitens
cherte Produktauswahl in puncto Anlagehorizont, Renditeer-        der Finanzdienstleister als auch staatlicherseits auszubauen.
wartung, Sicherheit und Kundenbedürfnis ermöglicht. Hier          Dabei sind die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass
wäre eine Vorreiterrolle des Staates hilfreich, um die Produkt-   sich nachhaltige Finanzprodukte und Investitionsobjekte pro-
palette der Finanzdienstleister mit einem Ankerprodukt des        blemlos in das jeweilige Investitions- und Risikoprofil institu-
Staates zu ergänzen.                                              tioneller und privater Kunden einfügen. Und viertens müssen
    Fakt ist, dass das nachhaltige Investment sich noch in der    Brücken gebaut werden zur Einbeziehung verantwortlicher
Nische befindet und diese so schnell auch nicht verlassen         Produkte im Sinne einer ESG-Integration, statt neue Gren-
wird. Ob überhaupt ein Schwellenwert, und wenn ja, welcher        zen zwischen den bisherigen Anlageprodukten und den expli-
vom Mainstream erreicht werden soll, gibt der EU-Aktions-         zit nachhaltigen Angeboten zu ziehen oder bestehende noch
plan nicht vor. Geht es nicht vielmehr darum, die einzelnen       zu verstärken.
Asset Owner und -Manager im Sinne der Bewusstseinsbil-            180 Mrd. Euro an Investitionsbedarf pro Jahr werden nicht
dung für die Thematik zu sensibilisieren, ja zu gewinnen und      erreicht durch hohe Hürden und die einseitige Förderung ei-
ihnen ausreichend attraktive Investitionsprodukte und -ob-        ner 3 %-Nische, in der sich die benötigten Gelder mangels
jekte anzubieten, um bestehende Anlagestrategien umzuset-         Anlagealternativen ohnehin nicht angelegen ließen. Hier be-
zen? Wenn sich die europäische Politik und Wirtschaft für         steht perspektivisch sogar die Gefahr einer Blasenbildung
all ihre künftigen Investitionen einer Nachhaltigkeitstaxono-     und Bewertungsverzerrung auf den Kapitalmärkten, sofern
mie und damit verbundenen Grenzwerten wirklich bediente,          große Anlagevolumina mit nur wenigen Anlageobjekten ge-
dann würde sich die Debatte über Sustainable Finance ver-         mäß der EU-Taxonomie kompatibel sind. Sollen die benö-
mutlich in absehbarer Zeit von selbst erübrigen.                  tigten Mittel schon in absehbarer Zeit aktiviert werden, sind
    Gerade deutsche Anleger handeln sehr risikoavers. Eine        alle verfügbaren Finanzierungsquellen auf deren realistische
anlegergerechte Beratung im Sinne einer Geeignetheits-            Nutzbarkeit für die Erfüllung der Ziele des EU-Aktionsplans
überprüfung bedarf also auch in der Breite entsprechender         zu befragen.

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