EINFLUSS DER SARS-COV-2-PANDEMIE AUF DIE PREP-VERSORGUNG IN HIV-SCHWERPUNKTPRAXEN
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MITTEILUNGEN MITTEILUNGEN PrEP-EVALUATION (EvE-PrEP) Einfluss der SARS-CoV-2-Pandemie auf die PrEP-Versorgung in HIV-Schwerpunktpraxen Im April 2020 wurde eine Umfrage zum Einfluss der SARS-CoV-2-Pandemie auf die PrEP-Versorgung an 50 HIV Schwerpunktzentren versandt, die an der PrEP-Evaluation teilnehmen. 74% der Praxen haben an der Umfrage teilgenommen. In allen diesen Praxen wurde die PrEP-Begleitung auch weiterhin angeboten. Allerdings verzeichneten 76% der Praxen einen Rückgang der PrEP-Nachfrage. Die Wartezeit auf einen Termin zur PrEP-Beratung betrug im April 2020 in den meisten Fällen (68%) 1-2 Wochen, wobei allgemein starke regionale Unterschiede zu verzeichnen waren. 78% der Praxen hielten die PrEP-Versorgung weiterhin für machbar, einige allerdings nur durch Umorganisation der praxisinternen Strukturen. Inwiefern sich das SARS-CoV-2-Geschehen bereits im ersten Halbjahr 2020 auf die PrEP-Nutzung ausgewirkt hat, ist noch nicht abschließend bewertbar. Es könnte sich bei den Entwicklungen auch all- gemein um eine Veränderung des PrEP-Bedarfs handeln. PrEP ALS LEISTUNG DER GKV WIRD des RKI einsehbar: https:// WISSENSCHAFTLICH BEGLEITET www.rki.de/DE/Content/ UND EVALUIERT: PROJEKT EvE-PrEP InfAZ/H/HIVAIDS/EvE- Seit September 2019 werden die Ko- PrEP.html. Ein weiteres sten der HIV-Präexpositionsprophy- Treffen fand Anfang Au- laxe (PrEP) von der gesetzlichen gust 2020 statt. In diesem Krankenversicherung (GKV) übernom- Treffen ging es auch um men. Dies wird im Rahmen des Pro- die Belastungen und Ver- jektes „Evaluation der Einführung der änderungen in den Com- HIV-Präexpositionsprophylaxe als Leis- munities durch SARS- tung der Gesetzlichen Krankenver- CoV-2. sicherung (EvE-PrEP)“ vom Robert Koch-Institut in Zusammenarbeit mit „NATIONAL EVALUATI- der Deutschen Arbeitsgemeinschaft ON OF PrEP OUTCOMES niedergelassener Ärzte in der Versor- AND STIs (NEPOS)“ gung HIV-Infizierter e. V. (dagnä) wis- Grundlage für das Projekt senschaftlich begleitet und evaluiert. „EvE-PrEP“ sind Daten aus Weitere Kooperationspartner sind die verschiedenen Studien Universität Duisburg-Essen mit ihrer des RKI, die „BRAHMS“- Expertise im Bereich GKV-Routine- Studie, GKV-Sekundärda- daten, das Uniklinikum Bonn mit der ten, RKI-Meldedaten zu BRAHMS-Studie, mehrere Krankenkas- HIV & Syphilis, sowie Apo- sen, das Kompetenzzentrum für Kli- thekendaten. Ein weiterer wesent- Abb 1 Teilnehmende NEPOS-Zentren; N=53 nische Studien Bremen als Vertrauens- licher Bestandteil von EvE-PrEP ist stelle, sowie Vertretende verschie- eine gemeinsam mit der dagnä durch- (NEPOS)“ werden mit Hilfe eines vom dener Communities mit PrEP-Bezug, geführte, deutschlandweite Erhebung RKI entwickelten und frei zur Verfü- um eine möglichst weitgehende Betei- von Daten zum PrEP-Gebrauch und gung gestellten elektronischen Tools ligung von PrEP-Nutzenden zu ge- zur Verbreitung, Testung und Therapie retrospektiv anonymisierte Daten zu währleisten. Am 26.2.2020 fand das von STI in 53 HIV-Schwerpunktzentren PrEP-Beratungen und -Behandlungen erste Community-Treffen statt. Die Er- (Abb. 1). Unter dem Namen „National seit dem 1. September 2019 dokumen- gebnisse sind auf der Projekt-Website Evaluation of PrEP Outcomes and STIs tiert. HIV&more 3/2020 31
MITTEILUNGEN MITTEILUNGEN Erfasst werden die Anzahl der PrEP- Im Rahmen der SARS-CoV-2-Pande- schränkungen handeln. Inwiefern sich Nutzenden, die Art der Einnahme und mie übernehmen viele HIV-Schwer- das SARS-CoV-2-Geschehen auf die Anzahl der Verordnungen, sowie punktpraxen wichtige Aufgaben und Anzahl der PrEP-Einleitungen und die Gründe für eine Unterbrechung oder haben oftmals ihre internen Struk- Anzahl der PrEP-Nutzenden insge- Abbruch der PrEP-Einnahme. Des turen umorganisiert, um die Heraus- samt ausgewirkt hat, wird in folgenden Weiteren wird untersucht, ob es zu forderungen der Pandemie zu meis- Erhebungen weiter untersucht. Allge- HIV-Infektionen unter der PrEP-Ein- tern. Wie beeinflusst all dies die PrEP- mein herrschen wie bereits vor der nahme kommt, welche Auswirkungen Versorgung in Deutschland, sowohl SARS-CoV-2-Pandemie starke regio- die PrEP auf die Testung und Diagnose auf Seiten der Praxen, als auch auf nale Unterschiede bezüglich des PrEP- von anderen STI’s wie Chlamydien, Seiten der User? Um dies zu beant Versorgungsangebotes. Gonorrhoe und Syphilis hat und wel- worten, wurde im April 2020 eine che weiteren Personengruppen mit Umfrage an 50 NEPOS-Zentren ver- RÜCKGANG DER PrEP-NACHFRAGE substantiellem HIV-Infektionsrisiko sandt, die bis zum 27. Mai von ins- IN ZEITEN DER neben den derzeit Anspruchsberech- gesamt 37 Zentren be antwortet SARS-CoV-2-PANDEMIE tigten von der PrEP profitieren wurde. In mehr als drei Viertel der Praxen könnten. Das Auftreten von Hepatitis (76%) hat die PrEP-Nachfrage seit A, B und C Infektionen sowie der Impf- HIV-PrEP WIRD WEITERHIN Beginn der Lockdown-Maßnahmen status bei Hepatitis A/B und durchge- ANGEBOTEN Ende März abgenommen. Einige Pra- führte Hepatitis C-Therapien werden In allen Praxen mit Rückantwort auf xen betonten, dass viele Personen die ebenfalls erfasst. Die anonymisierten die Umfrage (37 von 50, 74%) er- PrEP-Einnahme pausierten. Andere Daten werden anschließend über eine folgten trotz der SARS-CoV-2-Pande- Praxen gaben allerdings an, die Nach- gesicherte Verbindung an das RKI mie weiterhin PrEP-Einleitungen und frage habe sich nicht verändert und es übermittelt und ausgewertet. PrEP-Kontrollen. Einzig in einer Praxis herrsche die einheitliche Meinung der wurde für circa fünf Wochen die Ver- User, auch in Zeiten von reduzierten PrEP-VERSORGUNG IN ZEITEN schreibung pausiert. sexuellen Aktivitäten an der PrEP DER SARS-CoV-2-PANDEMIE Mit Stand Ende April 2020 befanden als protektivem Tool festzuhalten Durch die Maßnahmen zur Eindäm- sich in diesen Praxen ~6.600 Personen (Abb. 2). mung der Ausbreitung des neuartigen auf PrEP. Der Blick auf die Entwick- Coronavirus SARS-CoV-2 auf Bundes- lung der vorläufigen Zahlen zeigte im und Landesebene ist das gesellschaft- 1. Quartal 2020 nur eine geringe Zu- liche Leben in Deutschland stark einge- nahme der Anzahl an PrEP-Nutzenden schränkt und verändert. Ein Großteil und eine deutliche Abnahme der An- der Orte, an denen gesellschaftliches zahl an PrEP-Einleitungen im Ver- Leben inklusive von Sexualkontakten gleich zum vorherigen Zeitraum seit stattfindet, wie beispielsweise Clubs, Einführung der PrEP als Leistung der Discotheken, Darkrooms, Bars, Cafés, GKV. Saunen, Sexclubs etc. sind bis auf wei- Dies könnte einerseits darauf zurück- teres geschlossen oder öffnen langsam zuführen sein, dass besonders viele und nur unter strengen Auflagen wie PrEP-Nutzende direkt nach Aufnahme beispielsweise Abstandregeln. Gleich- der PrEP in den Leistungskatalog der zeitig treffen sich Menschen vermutlich GKV mit einer PrEP-Einnahme begon- weiterhin privat, um ihre Sexualität aus- nen haben bzw. in die GKV-PrEP zuleben. Es ist also eine Verlagerung wechselten und die Nachfrage nun hin zu weniger öffentlichen Orten mit schon zu einem großen Teil gedeckt Abb 2 Frage: Hat die Nachfrage nach PrEP langfristig nicht unbedingt weniger ist. Zum Ende des 1. Quartals könnte abgenommen? substanziellem HIV-Infektionsrisiko es sich zusätzlich um einen SARS- denkbar. CoV-2-Effekt infolge der Kontaktbe- 32 HIV&more 3/2020
MITTEILUNGEN Auch auf die Einhaltung vorgeschrie- hatte bleibt jedoch unklar, da für die sorgung im Zentrum weiterhin gesi- bener Kontrolltermine im Rahmen der Praxen mit langen Wartezeiten keine chert ist. Das Personal wurde in die PrEP-Versorgung hat die SARS-CoV- Vergleichsdaten zur Verfügung ste- SARS-CoV-2-Versorgung eingebun- 2-Pandemie einen Einfluss. Von den hen. Insgesamt kam es bei den Praxen den und es kam zu einem erhöhten Praxen mit Rückantwort gaben 60% mit Vergleichsdaten nur in einigen Aufwand bei bereits bestehender an, dass Kontrolltermine nicht ein- Praxen zu einer geringen Verlänge- Belastung. gehalten wurden (Abb. 3). rung der Wartezeiten auf einen Bera- Insgesamt scheint die PrEP-Nachfrage tungstermin, meist von nur 1-2 Tagen. mittlerweile wieder anzusteigen. Die Die Wartezeit auf einen Kontrolltermin Entwicklung der PrEP-Fallzahlen, im Rahmen der PrEP-Versorgung ist PrEP-Nachfrage und PrEP-Nutzung allgemein meist etwas kürzer. Durch- werden weiterhin im Projekt EvE-PrEP schnittlich warten PrEP-Nutzende 5 engmaschig beobachtet und unter- Tage auf einen Termin zur PrEP-Kon- sucht. Ende Juli wurde dazu eine wei- trolle. tere Umfrage an die HIV-Schwer- punktzentren in NEPOS versendet. PrEP-VERSORGUNG WEITERHIN GESICHERT – ZUM TEIL ABER NUR Ein früherer Artikel in HIV&more stellte das Gesamtprojekt bereits etwas detaillierter vor: DURCH UMSTRUKTURIERUNG https://www.hivandmore.de/archiv/2019-4/ Wie die Ergebnisse der Umfrage zei- einfuehrung-der-prep-wird- gen läuft die PrEP-Versorgung in den wissenschaftlich-begleitet.shtml Praxen auch unter erschwerten Bedin- Weitere Informationen und Aktuelles zum gungen weiter. 78% der Praxen hielten Projekt EvE-PrEP finden Sie auf der Projekt- Abb 3 Frage: Werden viele Kontrolltermine webseite: https://www.rki.de/DE/Content/ die PrEP-Versorgung trotz der SARS- nicht eingehalten? InfAZ/H/HIVAIDS/EvE-PrEP.html CoV-2-Pandemie weiterhin für mach- bar. In einigen Praxen erfolgte eine Autoren: Die meisten Praxen führten diese Ver- Umorganisation der praxisinternen Marie Merbach, Martin Friebe, Daniel Schmidt änderungen auf die SARS-CoV-2-Pan- Strukturen, damit die allgemeine Ver- Abteilung für Infektionsepidemiologie, demie zurück. Robert Koch-Institut Berlin (RKI) E-Mail: SchmidtD@rki.de WARTEZEIT AUF EINEN Knud Schewe, Nikola Hanhoff TERMIN ZUR PrEP-BERATUNG: Deutsche Arbeitsgemeinschaft 1 BIS 2 WOCHEN niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter e.V. (dagnä) Die Wartezeit auf einen Termin zur E-Mail: Hanhoff@dagnae.de PrEP-Beratung betrug im April 2020 in den meisten Fällen (68%) 1 bis 2 Wochen. Die kürzesten Wartezeiten sind in Berlin, Ham- burg und Bayern zu verzeichnen. In 16% der Praxen betrug die Wartezeit bis zu 4 Wochen. In ei- nigen wenigen Praxen (11%) kam es zu längeren Wartezeiten von mehr als 4 Wochen (Abb. 4). Die durchschnittliche Wartezeit auf einen Termin zur PrEP-Beratung betrug 11 Tage. Inwiefern die SARS-CoV-2-Pan- Abb 4 Wartezeit auf einen Termin zur PrEP- demie Einfluss auf die Wartezeiten Beratung (Stand April 2020) HIV&more 3/2020 33
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