EINZELHANDELSIMMOBILIENMÄRKTE IN DEUTSCHLAND - AKTUELLE HERAUSFORDERUNGEN - Global Markets Real Estate

Die Seite wird erstellt Till Schröder
 
WEITER LESEN
EINZELHANDELSIMMOBILIENMÄRKTE IN DEUTSCHLAND - AKTUELLE HERAUSFORDERUNGEN - Global Markets Real Estate
Global Markets Real Estate
EINZELHANDELSIMMOBILIENMÄRKTE IN
DEUTSCHLAND – AKTUELLE HERAUSFORDERUNGEN

              Ihr Erfolg ist : unser Maßstab
EINZELHANDELSIMMOBILIENMÄRKTE IN DEUTSCHLAND - AKTUELLE HERAUSFORDERUNGEN - Global Markets Real Estate
Redaktionsschluss: 15. August 2015

                       Verantwortlich für den Inhalt: Deutsche Hypothekenbank

                                          Ansprechpartner

            Andreas Pohl · phone + 49 511 3045-310 · email: andreas.pohl@deutsche-hypo.de

    Prof. Dr. Günter Vornholz · phone + 49 511 3045-640 · email: guenter.vornholz@deutsche-hypo.de
                                      (V. i. S. d. P.; Markt-Analyse)

Olaf Petersen · COMFORT Research & Consulting . phone + 49 40 300858-22 · email: petersen@comfort.de

                                      www.Deutsche-Hypo.de
EINZELHANDELSIMMOBILIENMÄRKTE IN DEUTSCHLAND - AKTUELLE HERAUSFORDERUNGEN - Global Markets Real Estate
Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland – aktuelle Herausforderungen

Gliederung
Management Summary                                                                         4

1     Der Markt für Einzelhandelsimmobilien                                                5

2     Die Entwicklung der Märkte für Einzelhandelsimmobilien                               5
2.1   Der gesamtwirtschaftliche Rahmen                                                     5
2.2   Nachfragedeterminanten und deren Entwicklung                                         8
2.3   Entwicklungstrends bei Einzelhandelsimmobilien                                      11
2.4   Der Einzelhandelsimmobilien-Investmentmarkt                                         12

3     E-Commerce und seine Bedeutung für den Markt für Einzelhandelsimmobilien 13
3.1   E-Commerce                                                                          13
3.2   Auswirkungen auf den stationären Einzelhandel                                       17
3.3   Folgen für die Märkte für Einzelhandelsimmobilien                                   19

Die Zukunft des City-Einzelhandels – Wie geht es weiter in den Mittelstädten?             21
1     Wandel im Handel – eine unendliche Geschichte                                       21
2     Was sind überhaupt „Mittelstädte“?                                                  21
3     Bedeutung der Innenstädte                                                           22
4     Entwicklung der Mieten und Kaufpreise                                               23
5     Was sagen die Kunden?                                                               26
6     Wie geht es weiter?                                                                 28

                                                                                           3
Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland – aktuelle Herausforderungen

Management Summary

Der Einzelhandel in Deutschland ist aktu-        nächsten Jahren fortsetzen. Aufgrund der
ell in einer Aufschwungsphase, auch wenn         hohen Wachstumsraten des E-Commerce
kurz- und langfristig große Herausforde-         im Vergleich zum traditionellen Handel ist
rungen warten. Die volkswirtschaftlichen         damit zu rechnen, dass der Onlinebereich
Rahmenbedingungen sind derzeit trotz man-        im kommenden Jahrzehnt einen Marktanteil
nigfaltiger Krisen eher günstig. Wirtschafts-    von rund 20 v. H. erreichen wird. Die absolu-
wachstum, das zu steigenden Einkommen            ten Umsatzzuwächse des Einzelhandels sind
führt, zunehmende Beschäftigung und eine         aber bis auf wenige Ausnahmejahre immer
positive Konsumstimmung führen zu wach-          noch höher als die des Onlinehandels. Von
senden Umsätzen im Einzelhandel. Auch für        daher ist auch in der Zukunft davon auszuge-
2015 und das kommende Jahr ist mit einer         hen, dass die Einzelhandelsflächen insgesamt
Fortsetzung des Aufwärtstrends zu rechnen.       weiter expandieren werden.

Bei zuletzt steigender Verkaufsfläche und        Der überproportional wachsende Online-
zunehmenden Umsätzen der Branche wird            handel kann negative Auswirkungen auf den
sich die Entwicklung der Flächenprodukti-        traditionellen Einzelhandel haben, wenn sich
vität insgesamt stabilisieren. Differenziert     dieser nicht den Herausforderungen stellt.
wirken sich diese Bedingungen auf die Miet-      Der traditionelle Handel versucht durch ver-
entwicklung in den Lagen aus. Hohe Nach-         schiedene Strategien (u. a. Multichannel) sei-
frage sowohl von Filialisten, als auch Einzel-   ne Position gegenüber den neuen Anbietern
händlern aus dem Ausland lassen die Mieten       zu verteidigen, was aber den Wettbewerb
angesichts der knappen Flächen in den besse-     noch weiter verschärft. In diesem Zusam-
ren Lagen außerordentlich, wenn auch nicht       menhang ist auch die Stadtentwicklung ge-
mit der Dynamik der vergangenen Jahre            fordert, attraktive Innenstädte zu schaffen.
steigen. Gleichzeitig prägen aber auch stag-     In den kommenden Jahren sind neben den
nierende Mieten in den demografisch schwa-       Betriebsformen auch bei den Sortimenten
chen Städten und in den schlechteren Lagen       aufgrund des E-Commerce deutliche Ver-
größerer Städte das Bild des Einzelhandels.      änderungen zu erwarten. Bei den Sortimen-
                                                 ten wird produktspezifisch der Anteil des
Anhaltend hoch ist die Nachfrage der In-         Onlinehandels zu Lasten des traditionellen
vestoren nach Einzelhandelsflächen. Dabei        Einzelhandels anwachsen.
prägten in den vergangenen Monaten eini-
ge Großdeals das Geschehen auf den Ein-
zelhandels-Investmentmärkten. Aufgrund
der insgesamt überproportional steigenden
Preise sind die Renditen weiter unter Druck.
Einzelhandelsimmobilien bleiben angesichts
der guten Voraussetzungen (hohe Liquidität
und positive Spreads) eine wichtige Anlage-
kategorie.

Neben der demografischen Entwicklung (u. a.
Bevölkerungsrückgang) und den nachhalti-
gen Wettbewerbsveränderungen stellt der
technologische Wandel, insbesondere durch
den E-Commerce, die größte Herausforde-
rung für den traditionellen Einzelhandel dar.
Wie auch in anderen Ländern hat das Online-
Shopping in Deutschland ein beispielhaftes
Wachstum in den letzten Jahren erzielt. Das
wird sich, wenn auch abgeschwächt, in den

4
Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland – aktuelle Herausforderungen

1 Der Markt für                                  wirkungen des wachsenden Bereiches des
                                                 E-Commerce auf den Markt für Einzelhan-
  Einzelhandelsimmobilien                        delsimmobilien.

Der Markt für Einzelhandelsimmobilien
wird durch das Aufeinandertreffen der Nach-
frage der Unternehmen des Einzelhandels
nach Verkaufsflächen und des Angebotes von
Projektentwicklern und weiteren Anbietern
                                                 2 Die Entwicklung der
definiert. Gerade auf diesem Markt unter-          Märkte für Einzelhandels-
liegen die Marktteilnehmer dabei durch den
Staat vorgegebenen Rahmenbedingungen,
                                                   immobilien
die hier vor allem raum- oder stadtplaneri-
scher Natur sind.                                Für die Entwicklung des Einzelhandels und
                                                 damit mittelbar auch des Marktes für Ein-
Bestimmend für das Angebot an Einzelhan-         zelhandelsimmobilien ist die gesamtwirt-
delsimmobilien ist der existierende Bestand      schaftliche Entwicklung in der kurzen bis
zuzüglich des Nettozugangs. Die Anforde-         mittleren Sicht eine wesentliche Einfluss-
rungen an das Immobilienangebot werden           größe. Daneben gibt es weitere wesentliche
dabei zum einen durch die Einflussgrößen         branchenspezifische sowie langfristig wir-
auf die Standortwahl der nachfragenden           kende Einflussfaktoren.
Unternehmen des Einzelhandels bestimmt,
zum anderen ergeben sie sich aus den Kun-
denpräferenzen und dem jeweils zugrunde          2.1 Der gesamtwirtschaftliche Rahmen
liegenden Handelsformat. Bedingt durch
die unterschiedlich vorhandenen Stand-           Die deutsche Wirtschaft zeigte sich im zu-
ortfaktoren ergibt sich eine differenzierte      rückliegenden Jahr in robuster Verfassung.
regionale Verteilung der Einzelhandelsim-        Das Bruttoinlandsprodukt stieg 2014 ge-
mobilien auf der klein- wie auch der groß-       genüber dem Vorjahr um 1,5 v. H. und da-
räumigen Ebene.                                  mit deutlich stärker als in den beiden Vor-
                                                 jahren. Die deutsche Wirtschaft setzt auch
Auf der Nachfrageseite befinden sich unmit-      2015 ihren Aufschwung fort, wird aufgrund
telbar die Unternehmen des Einzelhandels,        der unerwartet schwachen Produktionsent-
die ihre jeweiligen Waren an die Endverbrau-     wicklung zu Jahresbeginn aber in diesem
cher verkaufen wollen. Einzelhandelsimmo-        Jahr nicht ganz so stark wachsen wie zu-
bilien werden dabei von den Unternehmen          nächst erwartet: Für das laufende Jahr wird
des stationären Einzelhandels für ihre Wa-       ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um
renpräsentation benötigt. Damit werden die       1,8 v. H. prognostiziert. Für das kommende
wirtschaftlichen Erfolgsaussichten am jewei-     Jahr rechnen wir mit einem ähnlichen Plus in
ligen Standort zur bestimmenden Größe der        Höhe von 1,9 v. H. Maßgeblich zum Wachs-
Nachfrageentscheidung. Dies gilt sowohl für      tum beitragen dürfte weiterhin der private
die Immobilie selbst, als auch für das Han-      Verbrauch, auch weil die Beschäftigung nach
delsformat, welches wiederum entsprechende       wie vor steigt.
Anforderungen an die Eigenschaften der Im-
mobilie stellt. Langfristig wird die Nachfrage   Zum Jahresende 2014 gab es nach Berech-
der Endverbraucher durch die Entwicklung         nungen des Statistischen Bundesamtes zum
gesamtwirtschaftlicher Einflussfaktoren, vor     ersten Mal seit der Wiedervereinigung mehr
allem der privaten Konsumausgaben und der        als 43 Millionen Erwerbstätige mit Arbeits-
demografischen Entwicklung bestimmt.             ort in Deutschland. Im Vergleich zum vierten
                                                 Quartal 2013 wuchs die Zahl der Erwerbs-
Die aktuelle Studie untersucht zunächst          tätigen um 412.000 Personen oder 1,0 v. H.
den Markt für Einzelhandelsimmobilien            Bei den Arbeitnehmern wird vor allem die
in Deutschland. Ein Themenschwerpunkt            sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
liegt dann auf den zu erwartenden Aus-           ausgeweitet, während die Zahl der Mini-Jobs

                                                                                            5
Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland – aktuelle Herausforderungen

Entwicklung der privaten Konsumausgaben
(preisbereinigt, 2005–2015)
       Kettenindex (2010 = 100)
110

105

100

 95

 90

 85

 80
          2005          2006          2007     2008     2009          2010      2011    2012        2013          2014          2015*
                                                                                                                          * Prognosewert
                                                                                                                               Schaubild 1
                                                                                                  Quelle: Stat. Bundesamt, eigene Prognose

seit Herbst letzten Jahres erheblich abnimmt.                            Zu einem günstigen gesamtwirtschaftlichen
Die Zahl der Arbeitslosen sank 2014 auf 2,9                              Umfeld für den Einzelhandel trägt auch die
Millionen und damit auf den niedrigsten                                  moderate Entwicklung der Verbraucherprei-
Stand seit 1991.                                                         se bei. Sie stiegen 2014 um 0,9 v. H. Wichtiger
                                                                         Faktor war hier die stabile Entwicklung der
Da gleichzeitig die geleisteten Arbeitsstun-                             Preise für Haushaltsenergie, die sich in den
 den je Erwerbstätigen nach den Berechnun-                               Vorjahren teils sehr stark verteuerten und die
gen der Bundesagentur für Arbeit im Vor-                                 Kaufkraft erheblich belasteten. Die Preise
jahresvergleich ebenfalls anstiegen, wuchs                               werden auch im laufenden Jahr nur moderat
 das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen                                steigen.
– also das Produkt aus Erwerbstätigenzahl
und geleisteten Stunden je Erwerbstätigen                                Der private Konsum erwies sich im vergan-
– um 1,7 v. H. Die Beschäftigung steigt also                             genen Jahr 2014 mit einem Plus von preisbe-
weiter – wenn auch mit etwas nachlassendem                               reinigt 1,1 v. H. als wichtigster Wachstums-
Tempo – und die Arbeitslosenquote sinkt auf                              treiber für die deutsche Wirtschaft (vgl.
6,4 v. H. im laufenden Jahr.                                             Schaubild 1). Entscheidend dazu beigetragen

Entwicklung der verfügbaren Einkommen
(preisbereinigt, 2005–2018)
      in v. H.                                                                                 Veränderung gegenüber dem Vorjahr
 2

 1

 0

-1
        2005     2006          2007     2008   2009   2010     2011      2012    2013   2014     2015      2016       2017       2018
                                                                                                                  ab 2015 Prognosewerte
                                                                                                                               Schaubild 2
                                                                                                  Quelle: Stat. Bundesamt, eigene Prognose

6
Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland – aktuelle Herausforderungen

hat die Situation am Arbeitsmarkt, die sich     und damit deutlich stärker als die Teuerung.
weiter verbesserte. Der private Verbrauch       Bei im Verlauf nur noch leicht rückläufiger
wird auch im Jahr 2015 weiter merklich zu-      Sparquote – die privaten Haushalte dürften
legen – dies signalisieren auch die gute Kon-   im laufenden Quartal noch einen Teil der
sumentenstimmung und die Lageeinschät-          energiepreisbedingten Einsparungen veraus-
zungen etwa der Einzelhändler.                  gaben – wird der private Verbrauch kräftig
                                                zulegen. Vor allem im Jahresdurchschnitt
Die Teuerung nimmt nur wenig zu und             2015 fällt das Plus hoch aus, da die vorüber-
dämpft die dynamisch steigenden nominalen       gehenden Energiepreisrückgänge die Kauf-
Einkommen kaum. Insbesondere die Lohn-          kraft stärken.
summe legt kräftig zu: Die Beschäftigung
wird weiter aufgebaut und die Löhne steigen,    Bedingt durch die unterschiedliche regionale
auch aufgrund des Mindestlohns, spürbar.        Verteilung der verfügbaren Einkommen wird
Dies schlägt sich auch in der Entwicklung der   sich dieser Zuwachs allerdings nicht gleich-
verfügbaren Einkommen der privaten Haus-        mäßig zeigen. Insbesondere die west- und
halte nieder (vgl. Schaubild 2). Diese weisen   süddeutschen Kreise weise hohe verfügbare
zwar weniger starke Zuwächse auf, bedeuten      Einkommen pro Kopf auf (vgl. Schaubild 3).
aber auch weiterhin Kaufkraftzuwächse auf
Seiten der privaten Haushalte.                  Die Kreise in Ostdeutschland, aber auch im
                                                Nordwesten weisen demgegenüber gerin-
Hinzu kommt, dass auch die Unternehmens-        gere Werte auf. Daraus ergibt sich eine ent-
und Vermögenseinkommen der privaten             sprechende Verteilung der Kaufkraft, was
Haushalte zulegen. Insgesamt steigen die        wiederum ein wesentlicher Faktor für die
nominal verfügbaren Einkommen um 2,6            Standortentscheidung der Unternehmen des
(2015) und um 2,4 v. H. im kommenden Jahr       Einzelhandels ist.

Verfügbares Einkommen je Einwohner 2012
                                                        Kreise und kreisfreie Städte
                                                        5 Klassen, gleiche Besetzungen

                                                        Farbe   Wert (Euro)                     Anzahl
                                                                15.782 bis unter 18.172         80
                                                                18.172 bis unter 19.899         81
                                                                19.899 bis unter 21.049         80
                                                                21.049 bis unter 22.257         81
                                                                22.257 bis 39.524               80
                                                                Keine Daten vorhanden             0
                                                                Nicht selektiert                  0

                                                                                                Schaubild 3
                                                                                   Quelle: Stat. Bundesamt

                                                                                                              7
Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland – aktuelle Herausforderungen

Alles in allem bleibt der private Konsum der                 2.2 Nachfragedeterminanten und
Treiber für die konjunkturelle Entwicklung                       deren Entwicklung
in Deutschland. Das Konsumklima ist zu
Jahresbeginn 2015 auf den höchsten Stand                     Von den gesamten Konsumausgaben der pri-
seit 13 Jahren gestiegen. Die Verbraucher                    vaten Haushalte entfällt allerdings nur ein
blicken positiv auf die kommenden Monate.                    Teil auf den Einzelhandel. Die Entwicklung
Die Konjunkturerwartungen verbesserten                       des Anteils der Einzelhandelsumsätze an den
sich zuletzt weiter und trugen wesentlich zu                 Konsumausgaben zeigt dies (vgl. Schaubild 4).
einer guten Verbraucherstimmung bei.
                                                             Im Jahr 2014 betrug dieser Anteil gut 30 v. H.
Nach der Prognose der GfK gibt es für                        und erreichte damit das Niveau des Vorjah-
das Jahr 2015 eine Kaufkraftsumme von                        res. Hauptursache für den zu erkennenden
1.732,4 Mrd. Euro in Deutschland. Bezogen                    Trend des sinkenden Anteils der Einzelhan-
auf die Einwohner ergibt sich ein Wert von                   delsumsätze liegen zum einen im Anstieg der
21.449 Euro pro Kopf. Damit werden die                       Wohnkosten, zum anderen wird ein zuneh-
Deutschen im Jahr 2015 durchschnittlich no-                  mender Teil der Einkommen für Dienstleis-
minal 572 Euro – rund 2,74 Prozent – mehr                    tungen, insbesondere im Gesundheitswesen,
für Konsum, Miete oder andere Lebenshal-                     verausgabt.
tungskosten als im Vorjahr zur Verfügung
haben. Unter Kaufkraft versteht man das                      Die Entwicklung der Branche Einzelhan-
verfügbare Nettoeinkommen der Bevölke-                       del zeigt ein Blick auf deren Umsätze. Diese
rung inklusive staatlicher Transferzahlungen                 konnten 2014 real um beachtliche 1,4 v. H.
wie Renten, Arbeitslosen- und Kindergeld.                    zulegen (vgl. Schaubild 5), was aus der Kom-
Angesichts der prognostizierten Inflations-                  bination steigender Einkommen bei guter
rate der stabilen Lohnentwicklung gibt es für                Beschäftigungslage und einer niedrigen In-
die Bundesbürger nicht nur einen nominalen,                  flationsrate resultiert. Die Folgen der globa-
sondern auch einen leichten realen Kaufkraft-                len Wirtschafts- und Finanzkrisen mit dem
zuwachs pro Kopf von rund 1,3 v. H.                          Spitzenrückgang bei den Umsätzen von real
                                                             3,2 v. H. können damit als endgültig über-
Von der gesamten Kaufkraft stehen den                        wunden eingestuft werden.
Deutschen knapp 5.700 Euro im Jahr 2015
durchschnittlich pro Kopf für ihre Einzel-                   Da die Rahmenbedingungen sich nicht ver-
handelsausgaben zur Verfügung. Nicht alles                   ändert haben, ist für 2015 mit einem ähnli-
davon fließt in den stationären Handel, und                  chen Ergebnis zu rechnen. In den Folgejahren
oft auch nicht am Wohnort.                                   wird es weiterhin zu nominalen Zuwächsen

Anteil der Einzelhandelsumsätze an den inländischen Konsumausgaben
     in v. H.
40

35

30

25

20

15

10

 5

 0
       2000     2001   2002   2003   2004   2005   2006   2007   2008      2009      2010       2011      2012      2013       2014
                                                                                                                            Schaubild 4
                                                                 Quelle: Stat. Bundesamt, HDE, EHI Retail Institute, eigene Berechnung

8
Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland – aktuelle Herausforderungen

Umsatzentwicklung im deutschen Einzelhandel
(2000–2014)
       Veränderungsrate in %
4,0

3,0                                                                                                                                              2,7
                                                                                                              2,3                    2,5
         2,2                                                  2,1 2,0                                                                                        2,0
2,0                                                                     1,7                                                                                                           1,7
                                                                                                                                           1,5                           1,4                1,4
                     1,2                                                      1,2                                                                      1,1
               0,9                                                                  1,0
1,0
                           0,2                                                            0,3                                                                      0,1         0,1
0,0

-1,0                                            -0,9
                                                       -1,1                                            -1,2
                                                                                                -1,6
-2,0
                                 -2,1
                                        -2,5
-3,0
                                                                                                                              -3,2
-4,0                                                                                                                   -3,7

-5,0
         2000        2001         2002           2003         2004      2005        2006         2007         2008      2009         2010        2011        2012        2013         2014
                                                                                                                                                                                 Schaubild 5
          Umsatz nominal                       Umsatz real                                                                                                          Quelle: Stat. Bundesamt

kommen, ob diese aber kräftig genug ausfal-                                                             breitung immer flächenintensiverer Waren-
len werden, um die Preissteigerung zu kom-                                                              präsentationen. In den folgenden zehn Jahren
pensieren, ist zumindest fraglich.                                                                      von 2000 bis 2010 ging die Flächenexpansion
                                                                                                        zwar weiter, mit gut 11 v. H. allerdings mit
Das seit 2010 wieder zu beobachtende Um-                                                                deutlich gebremster Dynamik (vgl. Schau-
satzwachstum wirkt sich in Verbindung mit                                                               bild 6). Bemerkenswert ist, dass im Jahr 2012
der Entwicklung der Verkaufsflächen auf                                                                 mit ca. 300.000 m 2 das erste Mal seit 1990
die Flächenproduktivität als wichtige Kenn-                                                             ein Flächenrückgang zu verzeichnen war,
ziffer der Branche aus. Insbesondere in den                                                             der allerdings allein durch die Insolvenz der
90er-Jahren kam es zu einem drastischen An-                                                             Schlecker-Gruppe zu erklären ist und somit
stieg der Verkaufsflächen in Deutschland. In                                                            einen Sondereffekt darstellt.
dieser Dekade wurden die Flächen um gut
41 v. H. ausgeweitet. Diese Entwicklung fand                                                            Da die Umsätze seit 2009 wieder deutli-
ihre Ursache zum einen im enormen Nach-                                                                 cher anstiegen als neue Verkaufsflächen
holbedarf im Zuge der Wiedervereinigung in                                                              ausgewiesen wurden, konnte sich Flächen-
Ostdeutschland und zum anderen in der Ver-                                                              produktivität wieder erholen. Sie erreichte

Fläche und Flächenproduktivität
       in Mio m2                                                                                                                                                     in Euro pro m2
140                                                                                                                                                                                         4000

135                                                                                                                                                                                         3900

130
                                                                                                                                                                                            3800

125
                                                                                                                                                                                            3700
120
                                                                                                                                                                                            3600
115

                                                                                                                                                                                            3500
110

105                                                                                                                                                                                         3400

100                                                                                                                                                                                         3300
         2000        2001         2002            2003         2004      2005        2006         2007          2008      2009         2010        2011        2012            2013
                                                                                                                                                                                 Schaubild 6
          Verkaufsfläche                  Flächenproduktivität                                                                                                                  Quelle: HDE

                                                                                                                                                                                                   9
Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland – aktuelle Herausforderungen

2013 mit 3.663 Euro/m 2 in etwa wieder das                             in Frankfurt gingen diese 2014 um 3 v. H.
Niveau des Jahres 2003. Dabei fiel der An-                             zurück. In den anderen A-Städten sind die
stieg zuletzt wieder geringer aus, was auf das                         Mietpreise zwar noch gestiegen, aber mit
Flächenwachstum von 1,1 Mio. m 2 zurück-                               verminderter Dynamik. Eine Ursache für
zuführen ist. Für die kommenden Jahre ist                              diese Entwicklung ist darin zu sehen, dass
eine Stabilisierung der Flächenproduktivität                           Mieter aus dem Einzelhandel nicht mehr
zu erwarten, da die Flächenausweitung in                               Toplagen „um jeden Preis“ nachfragen oder
etwa der Zunahme der Umsätze entsprechen                               sich gegenseitig überbieten. Im Falle von
wird. Ein darüber hinaus gehender Anstieg                              Flagship-Stores tritt mehr und mehr der
ist eher nicht zu erwarten, da insbesonde-                             Wirtschaftlichkeitsaspekt gegenüber dem
re durch den Online-Handel der stationäre                              Marketingziel in den Vordergrund. Damit
Einzelhandel weiterhin starker Konkurrenz                              müssen auch diese Geschäfte kostende-
ausgesetzt sein wird.                                                  ckend arbeiten, was den Spielraum bei den
                                                                       Mietkosten deutlich reduziert. Eine weitere
Nach wie vor durch den Einzelhandel sehr                               Ursache ist in erfolgreichen Refurbishments
stark nachgefragt sind Verkaufsflächen in den                          oder Flächenneuentwicklungen zu sehen.
1a-Lagen. Da an diesen hochfrequentierten                              Dies trifft bspw. auf Hertie- oder Karstadt-
Standorten das Flächenangebot nur schwer                               Immobilien in guten City-Lagen zu. Zudem
erweiterbar ist, reagieren die Mietpreise ent-                         gewinnen vor dem Hintergrund der Miet-
sprechend (vgl. Schaubild 7). Die Spitzenmie-                          preissteigerungen in den A-Lagen die guten
te der Top-Lagen in den A-Städten lag 2014                             B-Lagen an Attraktivität, so dass Nachfrage
um gut 156 Euro/m 2 über den dort zu beob-                             in diese Lagen abwandert und den Wettbe-
achtenden durchschnittlichen Mieten. Die-                              werb um die Top-Lagen etwas reduziert.
ser Spread macht für den gesamtdeutschen                               Damit werden in den A-Städten insgesamt
Vergleich mit gut 77 Euro/m 2 weniger als                              die Mietpreise zwar weiter steigen, dies aber
die Hälfte des Wertes in den A-Städten aus.                            mit deutlich abgeschwächter Dynamik.
Dies zeigt die enorm hohe Attraktivität der
A-Städte und hier im Besonderen der 1a-                                Nach wie vor drängen insbesondere auslän-
Lagen.                                                                 dische Filialisten auf den im internationalen
                                                                       Vergleich attraktiven deutschen Markt, so
Die im Durchschnitt noch steigende Ten-                                dass von dieser Seite auch weiterhin vermehrt
denz der Spitzenmieten in den A-Städten                                Flächen in guten Lagen nachgefragt werden.
kann aber durchaus nicht mehr für alle                                 Schlechtere Lagen großer Städte und Flä-
Standorte beobachtet werden. In Köln sta-                              chen in demografisch schwachen Kommu-
gniert die Mietentwicklung seit 2012 und                               nen werden aber gleichzeitig trotz des guten

Mietpreise Einzelhandel in 1a-Lagen
(Nettokaltmiete in Euro/m2, monatlich)
      in Euro/m2
300

250

200

150

100

 50

  0
      1990              1993             1996      1999            2002             2005       2008   2011             2014
             Spitzenmiete 1a-Lage (A-Städte)       Durchschnittsmiete 1a-Lage (A-Städte)                          Schaubild 7
             Spitzenmiete 1a-Lagen (Deutschland)   Durchschnittsmiete 1a-Lagen (Deutschland)          Quelle: bulwiengesa AG

10
Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland – aktuelle Herausforderungen

Marktumfeldes mit Leerständen zu kämpfen               Über den gesamten Zeitraum stabile Antei-
haben und entsprechend stagnierende Miet-              le haben die SB-Warenhäuser. Diese weisen
preise aufweisen.                                      eine Spannweite von gerade einem Prozent-
                                                       punkt in 14 Jahren auf. Stetig Anteile ge-
Das gute Marktumfeld und die hohe Wett-                winnen konnte einzig der Versandhandel.
bewerbsintensität im deutschen Einzel-                 Von 5,7 v. H. im Jahr 2000 stieg der Wert auf
handel sind auch verantwortlich für einen              9,9 v. H. Jahr 2014 an. Getragen wurde diese
sich weiter fortsetzenden Strukturwandel               Entwicklung vor allem durch das Wachstum
innerhalb der Branche. Verschiedene Han-               des Online-Handels.
delsformate stehen im Wettbewerb zuein-
ander, welche z. T. auch sehr spezifische
Anforderungen an die jeweils benötigten                 2.3 Entwicklungstrends bei
Immobilien stellen.                                         Einzelhandelsimmobilien
Schaubild 8 zeigt die Anteile einzelner Be-            Die Nachfrage nach Einzelhandelsimmobi-
triebsformen am Gesamtumsatz der Branche.              lien wird sich weiter auf die wirtschaftlich er-
Im gesamten Beobachtungszeitraum haben                 folgversprechenden Standorte konzentrieren.
traditionelle Fachgeschäfte und Warenhäuser,           Dies sind die guten Innenstadtlagen in den
zumeist in den Innenstadtlagen angesiedelt,            Städten, welche trotz der insgesamt schwie-
mit insgesamt 7,7 bzw. 2,2 Prozentpunkten              rigen demografischen Rahmenbedingungen
stetig an Bedeutung verloren. Bei den Waren-           noch mit Bevölkerungs- und Kaufkraftzu-
häusern hat sich deren Anteil damit halbiert.          wächsen rechnen können. Hier treten z. B.
Eine vergleichsweise stabile Entwicklung               mit ausländischen Filialisten, die den Markt-
der Anteile verzeichneten in den vergange-             eintritt in Deutschland suchen, neue zusätz-
nen drei Jahren Fachmärkte, Lebensmittel-              liche Nachfrager auf. Da deren Nachfrage auf
discounter und Supermärkte. Während die                ein nur begrenzt erweiterbares Flächenange-
letztgenannten ihre Anteile seit 2011 jeweils          bot trifft, werden sowohl die Miet- als auch
behaupten konnten, haben Fachmärkte                    die Immobilienpreise steigen. Dies allerdings
mit 0,3 Prozentpunkten gegenüber ihrem                 mit einer deutlich abgeschwächten Dynamik
Spitzenwert im Jahr 2011 (23,8 v. H.) leicht           im Vergleich zu den vergangenen Jahren, da
verloren. Lebensmitteldiscounter konnten               zum einen – wenn auch sehr begrenzt – zu-
ebenfalls bis 2011 Anteile hinzugewinnen,              sätzliche Flächen bereitgesellt werden kön-
während Supermärkte den zu beobachten-                 nen und zum anderen Einzelhandelsunter-
den Rückgang im Beobachtungszeitraum                   nehmen in die guten B-Lagen abwandern.
zunächst stoppen konnten.                              An diesen Standorten wird zudem die Eig-

Betriebsformen im deutschen Einzelhandel
(Umsatzanteile, 2000–2014)
100 %                                                                                SB-Warenhäuser/
                                                                                     Verbrauchermärkte
 90 %
                                                                                     Supermärkte

 80 %                                                                                Lebensmittel-Discounter
                                                                                     Warenhäuser
 70 %
                                                                                     Fachmärkte

 60 %                                                                                Traditionelle
                                                                                     Fachgeschäfte
 50 %                                                                                Filialisierter Nonfood-
                                                                                     Einzelhandel
 40 %                                                                                Versandhandel

 30 %

 20 %

 10 %

 0%                                                                                                Schaubild 8
        2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014   Quelle: GfK GeoMarketing

                                                                                                               11
Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland – aktuelle Herausforderungen

nung der Immobilien für die Erfüllung der                                 Immobilienwahl der Mix aus Standort, Lage
Anforderungen einer alternden Gesellschaft                                und Handelsformat zu einem kritischen Er-
ein kritischer Erfolgsfaktor werden. Gute                                 folgsfaktor. Daneben wird die Fähigkeit der
Perspektiven haben auch Immobilien, welche                                Adaption neuer Technologien und deren In-
in städtischen Quartieren die kleinräumige                                tegration in das jeweilige Geschäftsmodell
Versorgungsfunktionen erfüllen.                                           wesentlich für den wirtschaftlichen Erfolg.

Schwächere Lagen werden demgegenüber
weiter an Attraktivität verlieren. Dies gilt                                2.4 Der Einzelhandelsimmobilien-
ebenso für kleinstädtische Standorte und                                        Investmentmarkt
eher ländlich geprägte Regionen, was insbe-
sondere auf die demografische Entwicklung                                   Die in Summe guten gesamtwirtschaftlichen
zurückzuführen ist. Hier ist mit steigenden                                 Rahmenbedingungen in Deutschland sor-
Leerständen zu rechnen und entsprechend                                     gen auch für eine zunehmende Attraktivität
mit niedrigen Mieten und geringeren Rendi-                                  deutscher Einzelhandelsimmobilien als An-
temöglichkeiten. Der Flächenbedarf verharrt                                 lagealternative. Bereits im ersten Halbjahr
auf dem für die Versorgung einer zahlenmä-                                  2015 wurde am Investmentmarkt das Trans-
ßig abnehmenden Bevölkerung erforderli-                                     aktionsvolumen des Vorjahres übertroffen.
chen Niveau, langfristig wird er damit aber                                 Für das Gesamtjahr 2015 liegen die Schät-
weiter sinken.                                                              zungen zwischen 12 und 15 Mrd. Euro, was
                                                                            einem Rekordergebnis entsprechen würde.
Die beiden wesentlichen Herausforderungen
sowohl für den Einzelhandel als Branche als                               Allein 2,4 Mrd. Euro entfielen dabei auf die
auch für den Markt für Einzelhandelsimmo-                                 Übernahme der Kaufhof-Immobilien durch
bilien sind die bereits erwähnte demografi-                               die kanadische Hudson´s Bay, eine weite-
sche Entwicklung und die weiter wachsende                                 re Milliarde machte die Übernahme von
Bedeutung des E-Commerce. Aus beiden                                      Corio durch das französische Unterneh-
Herausforderungen folgt eine regional dif-                                men Klépierre aus. Bedingt durch die guten
ferenzierte Entwicklung des Einzelhandels                                 Rahmenbedingungen sind deutsche Einzel-
und damit der von ihm benötigten Immobi-                                  handelsimmobilien aufgrund ihrer stabilen
lien.                                                                     Cashflows eine attraktive Anlage. Gerade
                                                                          Fonds und Konzerne aus dem Nicht-Euro-
Im Zuge der sich weiter verschärfenden                                    Raum nutzen die derzeitige Euro-Schwäche,
Konkurrenz in der Branche wird für die                                    um wechselkursbedingt günstig Immobilien
Unternehmen des Einzelhandels bei ihrer                                   oder Portfolios in Deutschland zu erwerben.

Nettoanfangsrenditen bei Einzelhandelsimmobilien
    in v. H.
9

8

7

6

5

4
    1990               1993             1996              1999       2002              2005              2008      2011             2014
           Nettoanfangsrendite zentrale Lagen (Deutschland)      Nettoanfangsrendite zentrale Lagen (A-Städte)                 Schaubild 9
           Nettoanfangsrendite dezentrale Lagen (Deutschland)    Nettoanfangsrendite dezentrale Lagen (A-Städte)   Quelle: bulwiengesa AG

12
Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland – aktuelle Herausforderungen

Im Falle einer langfristig erwarteten Auf-                        3 E-Commerce und seine
wertung der Gemeinschaftswährung ergibt
sich ein Zusatzgewinn.                                              Bedeutung für den Markt
                                                                    für Einzelhandelsimmobilien
Bedingt durch die Übernahme der Kaufhof-
Immobilien waren Warenhäuser im ersten
Halbjahr 2015 das umsatzstärkste Han-                            Mit Verbreitung des Internets hat auch der
delsformat. Aber auch Fachmarktzentren                           Vertrieb von Waren und Dienstleitungen mit
und Supermärkte erfreuen sich wachsender                         Hilfe dieses Mediums rasant zugenommen.
Beliebtheit, da ihre Umsätze weniger durch                       Seit 1999 sind die Umsätze mit Endverbrau-
den Online-Handel betroffen sind. Zudem                          chern (B2C) im E-Commerce in Deutsch-
ist der Managementaufwand dieser Handel-                         land um knapp das 35-fache gestiegen. Im
simmobilien geringer als etwa bei Shopping-                      Folgenden wird der Frage nachgegangen,
centern, bei gleichzeitig niedrigeren Preisen                    welche Effekte für den Markt für Einzelhan-
ergeben sich entsprechend höhere Renditen,                       delsimmobilien in Deutschland hierdurch zu
aber auch Risiken.                                               erwarten sind.

Insgesamt bleiben die Nettoanfangsrenditen 3.1 E-Commerce
aufgrund der in Summe steigenden Preise
aber auch weiterhin unter Druck (vgl. Schau- Mit der Verbreitung des Internets in den
bild 9). Am deutlichsten haben hier die de- 90er-Jahren entwickelte sich auch die Mög-
zentralen Lagen der A-Städte verloren. Die- lichkeit, mit Hilfe dieser neuen Technologie
se werden aufgrund der Preissteigerungen Waren und Dienstleistungen zu handeln.
der vergangenen Jahre vermehrt nachgefragt, Dies ist zugleich eine allgemeine, bewusst
was die Renditen belastet. In den dezentralen eng gefasste Definition dessen, was unter
Lagen ist der Renditerückgang mit 0,9 Pro- „E-Commerce“ zu verstehen ist. Der Ver-
zentpunkten am wenigsten ausgeprägt, dies kauf von Waren und Dienstleistungen über
spiegelt das höhere Risiko der Anlage in die- den Vertriebskanal „World Wide Web“ mit
sen Lagen wider.                              Hilfe von Web-Shops. Im Unterschied zum
                                              stationären Einzelhandel werden dabei keine
                                              Verkaufsflächen oder Verkaufspersonal vor
                                              Ort benötigt. Beim Onlinehandel wählt der
                                              Käufer das Produkt, welches er präferiert und
                                              sucht erst dann den Verkäufer im Netz. Beim
                                              stationären Einzelhandel wird zunächst das

Entwicklung der B2C E-Commerce-Umsätze
(1999–2015)
      in Mrd. Euro
 45

 40

 35

 30

 25

 20

 15

 10

  5

  0
       1999   2000   2001   2002   2003   2004   2005   2006   2007   2008   2009   2010   2011   2012   2013   2014   2015
                                                                                                                  Schaubild 10
                                                                                                                  Quelle: HDE

                                                                                                                              13
Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland – aktuelle Herausforderungen

Anteil der Online-Käufer an der deutschen Bevölkerung
(2000–2014)
     in v. H.
80

70

60

50

40

30

20

10

 0
       2000     2002         2004        2006        2008        2010           2012                2014
                                                                                                Schaubild 11
                                                                         Quelle: IfD Allensbach (ACTA 2014)

Ladenlokal aufgesucht und dann nach pas-          handel überproportional an. Von 2000 bis
senden Produkten geschaut. Damit spielt die       2005 stiegen die Umsätze in diesem Bereich
persönliche Beratung durch Verkaufsperso-         von 2,3 Mrd. Euro auf 14,5 Mrd. Euro, was
nal beim Onlinehandel kaum noch eine Rol-         einer Steigerung von 480 v. H. entspricht.
le. Dessen Funktion übernimmt das Internet,
welches die benötigten Informationen für          Im Abschnitt 2005 bis 2010 betrug die Zu-
den Kunden bereitstellt.                          nahme noch einmal 63,4 v. H., in der Zeit
                                                  von 2010 bis 2015 kann mit einem Wachstum
Der Onlinehandel stellt aufgrund der Tech-        von 83,4 v. H. wieder eine erhöhte Dynamik
nologie und der Vielfalt der Vertriebswege        beobachtet werden. Absolut betrachtet ent-
andere Anforderungen an die Unternehmen.          sprich dies einer Steigerung von 19,9 Mrd.
Der Standort, ein wesentlicher Faktor im sta-     Euro.
tionären Handel, spielt nur eine untergeord-
nete Rolle. Von weitaus größerer Bedeutung        Grundlage dieser Entwicklung war eine stän-
ist die Frage, welches Medium der Kunde für       dige Erhöhung der Zahl der Endverbraucher,
seine Bestellung benutzt. Dies kann ein PC,       welche im Internet Waren und Dienstleistun-
ein Tablet oder ein Smartphone sein. Jeder        gen erwerben (vgl. Schaubild 11). Nutzten
dieser Kanäle stellt unterschiedliche Anfor-      2000 noch unter 10 v. H. der deutschen Be-
derungen an die jeweils benutzte Technik.         völkerung das Internet für Einkäufe, waren
Eine weitere wesentliche Einflussgröße stellt     es 2014 bereits 73 v. H.
die Umsetzbarkeit der Logistik dar. Deren
Kosten können nur zum Teil auf die Kunden         Dieser Wert wird zwar auch in Zukunft
überwälzt werden. Diese erwarten aber eine        noch moderat zunehmen, da nicht internet-
schnelle Lieferung der Ware und auch eine         affine Kohorten aussterben, insgesamt wird
entsprechende Bearbeitung im Falle von Re-        die Dynamik aber deutlich nachlassen. Das
touren. Vor allem im Mode- und Schuhbe-           Vordringen des Internets in immer weitere
reich sind hohe Retourenquoten von 50 bis         Lebensbereiche wird sich allerdings fortset-
70 v. H. zu beobachten. Dies wiederum führt       zen, womit das „Online-Shopping“ zu einer
zu entsprechend hohen Kosten. Die Bewälti-        ganz alltäglichen Tätigkeit wird.
gung der logistischen Herausforderungen ist
daher von zentraler Bedeutung für die weite-      Das Umsatzwachstum des Onlinehandels
re Entwicklung des E-Commerce.                    war im Vergleich zur Entwicklung im tra-
                                                  ditionellen Versandhandel insgesamt über-
Mit Vordringen des Internets in den privaten      proportional, wodurch E-Commerce einen
Bereich stiegen auch die Umsätze im Online-       immer höheren Anteil an den Umsätzen aus-

14
Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland – aktuelle Herausforderungen

Umsatzanteile im deutschen Versandhandel
(1990–2014)
      in Mrd. Euro
50

45

40

35

30

25

20

15

10

 5

 0
       1990     2001     2002    2003    2004    2005   2006    2007   2008   2009   2010   2011   2012    2013      2014
                                                                                                                 Schaubild 12
        trad. Versandhandel      Onlinehandel                                                       Quelle: GfK GeoMarketing

macht (vgl. Schaubild 12). Da E-Commerce                           Damit konnte der Onlinehandel auch sei-
von der Abwicklung her betrachtet ein Ver-                         nen Anteil am Umsatz des gesamten Einzel-
sandgeschäft darstellt, werden die Umsätze                         handels erhöhen, da auch hier die Zuwächse
des traditionellen Katalogversandes und des                        deutlicher ausfielen als in der Branche insge-
Onlinehandels gemeinsam als „Versandhan-                           samt (vgl. Schaubild 13). Von 2009 bis 2014
del“ statistisch erfasst. Es zeigt sich aber, dass                 stieg dieser Anteil um vier Prozentpunkte
der Anteil des traditionellen Versandhandels                       auf 11 v. H. Gegenüber 2013 stagnierte die
stark rückläufig ist und auch in Zukunft                           Entwicklung zum ersten Mal in der Beob-
noch weiter abnehmen wird.                                         achtungsperiode, was auch an der überdurch-
                                                                   schnittlich guten Entwicklung der Umsätze
Seit 2009 weist der Versandhandel insgesamt                        des stationären Einzelhandels in Deutsch-
stabile Umsatzzuwächse auf, so dass 2014 ein                       land liegt. Das Onlinegeschäft konnte 2014
Umsatz von insgesamt von 44 Mrd. Euro er-                          absolut noch einmal um 4,2 Mrd. Euro zu-
reicht werden konnte. Hiervon entfielen be-                        legen.
reits knapp 82 v. H. auf den Onlinehandel. Im
Jahr 2001 betrug dieser Anteil gerade gut 9 v. H.

Umsätze nach Vertriebswegen im Einzelhandel
(1990–2014)
      in Mrd. Euro
500

450

400

350

300

250

200

150

100

 50

  0
        1990     2001     2002    2003    2004   2005    2006   2007   2008   2009   2010   2011   2012    2013      2014
                                                                                                                 Schaubild 13
         trad. Versandhandel      Onlinehandel     Ladenlokal                                       Quelle: GfK GeoMarketing

                                                                                                                            15
Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland – aktuelle Herausforderungen

Diese Entwicklung zeigt aber auch, dass der      Onlinekauf über alle Altersgruppen hinweg
stationäre Einzelhandel nach wie vor der do-     höher ist. Die jüngeren Altersgruppen („di-
minierende Vertriebskanal der Branche ist.       gital natives“) nutzen das Internet aber zu-
Dies wird er auch bleiben, wenngleich die        nehmend, um sich selbst über Produkte und
Strukturen sich weiter verändern werden. Es      deren Eigenschaften zu informieren. In dem
ist zu erwarten, dass der Anteil des Online-     Maße, in dem dieses Verhalten sich verbreitet,
handels an den Einzelhandelsumsätzen in der      sinkt auch die Hemmschwelle beim Kauf be-
kommenden Dekade 20 v. H. erreichen wird.        ratungsintensiver Produkte und steigt in der
                                                 Folge deren Umsatz. Dies zeigen auch die
 Je nach „Onlinetauglichkeit“ des Warensor- Produktgruppen mit den höchsten Umsatz-
 timentes werden diese Veränderungen früher zuwächsen: Mit 64 v. H. konnte im vergan-
 oder später auftauchen. Für die lange Frist ist genen Jahr die Produktgruppe „Computer
 davon auszugehen, dass alle Produktgruppen und Zubehör“ den Spitzenwert verzeichnen.
 online gehandelt werden. Dies bestätigt eine Ebenfalls deutliche Steigerungen konnten bei
Analyse der bisherigen Entwicklung (vgl. „Telekommunikation, Handy und Zubehör“
 Schaubild 14).                                  mit 55 v. H. und „Möbel und Dekorations-
                                                 artikel“ mit 52 v. H. beobachtet werden.
 Die beiden umsatzstärksten Warengruppen
 im Onlinehandel sind 2014 „Bekleidung“ Deutlich an Umsatz verloren haben die
 und „Unterhaltungselektronik/E-Artikel“. Warengruppen „Bücher“ und „Bild- und
 Dabei liegt die erstgenannte Warengrup- Tonträger“. Hier ist neben der Reife des
 pe mit einem Umsatz von 11,8 Mrd. Euro Onlinemarktsegmentes die technologische
 deutlich vor der Unterhaltungselektronik, Entwicklung der entscheidende Faktor. So-
 die auf 5 Mrd. Euro kommt. Beide Waren- wohl Bücher als auch Musik und Filme wer-
 gruppen konnten ihre Onlineumsätze im den im Internet zu einem immer höheren An-
Vergleich zum Vorjahr steigern. Bei der Be- teil in elektronischer Form gehandelt. Dies
 kleidung um 1,7 v. H., der Unterhaltungs- reduziert ihre Bedeutung als Produktgruppe
 elektronik um gut 28 v. H., aber von einem und macht ihren Vertrieb für den Einzelhan-
 deutlich niedrigeren Niveau kommend. Dies del äußerst schwierig.
 zeigt, dass Bekleidung zu den im Internet
„etablierten“ Warengruppen gehört, wäh- Eine Warengruppe mit deutlichem Wachs-
 rend die Unterhaltungselektronik noch in tumspotenzial stellt der Bereich „Lebensmit-
 der Wachstumsphase steckt. Diese stellt eine tel“ dar, welcher nach einer Untersuchung
 eher beratungsintensive Produktgruppe dar, der GfK Geomarketing bis 2025 16 v. H. des
 bei welcher die Hemmschwelle für einen gesamten Umsatzes im Onlinehandel ausma-

Umsatzstärkste Warengruppen im E-Commerce
(2013 und 2014)
                                            0           2.000           4.000             6.000   8.000   10.000   12.000      14.000
Umsatz in Mio. Euro
                                                                                                                      11.849
                              Bekleidung
                                                                                                                    11.562
                                                                                        5.010
      Unterhaltungselektronik/E-Artikel
                                                                               3.961
                                                                                4.100
                                  Bücher                                                  5.315
                                                                            3.379
                                  Schuhe                                    3.443
                                                                    2.675
  Haushaltswaren und Haushalts-Geräte                               2.704
                                                                   2.528
                Computer und Zubehör                     1.538
                                                                 2.462
          Möbel und Dekorationsartikel                    1.619
                                                               2.210
     Hobby, Sammel- und Freizeitartikel                       2.078
                                                             2.001
                      Bild- und Tonträger                            2.938
                                                            1.875
Telekommunikation, Handy und Zubehör                   1.211
                                                                                                                        Schaubild 14
                                                2014        2013                                                        Quelle: bevh

16
Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland – aktuelle Herausforderungen

chen wird. Insgesamt wird sich die Dynamik                  Gesamtumsätzen im Jahr 2013 18 v. H. Un-
der Entwicklung in den kommenden Jahren                     ter den 20 umsatzstärksten Unternehmen
abschwächen, da zum einen immer mehr                        des Onlinehandels befinden sich fünf tra-
Produktgruppen ihre Sättigungsgrenzen im                    ditionelle Versandhäuser, 11 reine Internet-
Onlinehandel erreichen und zum anderen der                  händler, mit hm und Degussa zwei Händler
stationäre Einzelhandel seine Position als mit              aus dem stationären Einzelhandel, und mit
Abstand wichtigster Vertriebskanal durch in-                Apple und Esprit zwei Selbstvermarkter.
novative Handelskonzepte und Kundennähe                     Dies zeigt, dass Unternehmen vermehrt auf
behaupten wird.                                             Multi-Channel-Vertriebskonzepte setzen,
                                                            wenngleich die Mehrzahl der Anbieter reine
Der mit deutlichem Abstand größte Anbieter                  Onlinehändler sind. Nicht berücksichtigt ist
im Onlinehandel ist mit einem Umsatz von                    der Umsatzanteil des Onlinemarktplatzes
5,8 Mrd. Euro amazon.de. Mit 1,8 Mrd. Euro                  ebay, da es sich hierbei nicht um ein Han-
folgt mit otto.de ein traditionelles Versand-               delsunternehmen, sondern um eine Online-
handelsunternehmen, welchem der Einstieg                    Marktplattform handelt.
ins Onlinegeschäft erfolgreich gelungen ist.
Die Top Drei werden durch zalando.de mit                    Insgesamt wird sich das Wachstum des On-
einem Jahresumsatz von 0,7 Mrd. vervoll-                    linehandels nicht mit der bisherigen Dyna-
ständigt (vgl. Schaubild 15).                               mik fortsetzen. Je nach Produktgruppe wer-
                                                            den die Zuwächse allerdings unterschiedlich
Der Viertplatzierte, notebooksbilliger.de, er-              verteilt sein. Die Gruppen „der ersten Stun-
reicht bereits nicht mehr die 0,5 Mrd. Euro-                de“ werden stagnieren oder gar an Bedeutung
Marke. Insgesamt erreichen 42 Onlinehänd-                   verlieren (Bücher, Musik), andere haben auf-
ler ein Umsatzvolumen von 100 Mio. Euro                     grund der bisher geringen Marktdurchdrin-
und mehr. Die Branche weist damit zwei                      gung noch Wachstumspotenzial (Lebensmit-
außerordentlich umsatzstarke Unternehmen                    tel, Drogerie).
auf, gefolgt von einer Vielzahl kleinerer An-
bieter, deren Umsatzunterschiede aber keine
derartig großen Sprünge mehr zeigen. Die                    3.2 Auswirkungen auf den
Dynamik der Entwicklung auf der Anbie-                          stationären Einzelhandel
terseite demonstriert das Beispiel von zalan-
do.de. Das Unternehmen wurde erst 2008                      Der stationäre Einzelhandel bleibt auch in
gegründet und ist 2013 bereits unter den                    der langen Frist der dominierende Vertriebs-
Top-Drei der Onlinehändler insgesamt. Im                    weg der Branche. Er wird allerdings durch
Segment „Mode“ beträgt der Anteil an den                    den sich weiter entwickelnden Onlinehandel

Umsatzstärkste Onlinehändler in Deutschland
(2013)
Umsatz in Mio. Euro
                                                                                          amazon.de 5.787

                                        otto.de 1.880

                zalando.de 702

           notebooksbilliger.de 498,9

         bonprix.de 410,5

         cyberport.de 404,4

         tchibo.de 400

         conrad.de 389,6

         alternate.de 366,9

       hm.com/de/ 303,7
                                                                                                     Schaubild 15
                                                                                        Quelle: EHI Retail Institute

                                                                                                                   17
Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland – aktuelle Herausforderungen

einer steigenden Wettbewerbsintensität aus-                                   und entsprechende Kosten mit sich bringt.
gesetzt sein. Das der Kunde auch weiterhin                                    Informationen zum Sortiment oder zu Pro-
in Ladengeschäften seine Einkäufe tätigt,                                     dukteigenschaften lassen sich auch mit Hilfe
liegt vor allem an der Tatsache, dass er hier                                 digitaler Medien verbreiten. Dies stellt eine
die Möglichkeit findet, die Ware mit allen                                    einfachere Lösung dar, die technologisch
Sinnen zu untersuchen und auszuprobieren –                                    weniger aufwendig ist. Insgesamt werden
eine Möglichkeit, die ihm das Internet nicht                                  die Möglichkeiten der digitalen Technik von
bieten kann. Untersuchungen haben gezeigt,                                    den stationären Einzelhändlern noch zu we-
dass Spontankäufe zum größten Teil nur im                                     nig genutzt. Zwar werden Umsatzeinbußen
stationären Handel erfolgen. Interessanter-                                   durch den „Showrooming-Effekt“ (Beratung
weise steigt der Umsatz durch Spontanein-                                     im Ladenlokal, Kauf im Internet) festgestellt,
käufe, wenn die Kunden sich zuvor mit Hilfe                                   nur einige ziehen bisher aus diesem Kunden-
des Internets informiert haben. Gut ausge-                                    verhalten aber den Schluss, den Effekt durch
bildetes Verkaufspersonal kann diese Ent-                                     eine eigene digitale Präsenz für sich zu nut-
wicklung in Verbindung mit einer cleveren                                     zen.
Ladengestaltung und einer ansprechenden
Warenpräsentation nutzen und so die Um-                                       Für den Erfolg dieses Strategiewechsels ist
sätze steigern.                                                               das jeweilige Warensortiment von geringe-
                                                                              rer Bedeutung. Auch im Lebensmittelein-
Dies haben auch eine Reihe reiner Online-                                     zelhandel werden steigende Umsätze im
händler erkannt und damit begonnen, statio-                                   Onlinebereich erwartet, obwohl diese Kate-
näre Ladengeschäfte – vor allem in 1a-Lagen                                   gorie lange als wenig geeignet für das On-
– zu eröffnen, um das jeweilige Angebot für                                   linegeschäft galt. Für die Sortimentswahl gilt
 den Kunden erfahrbar zu machen. Dabei                                        unverändert, dass dieses auf die Bedürfnisse
muss weniger Ware am Lager vorgehalten                                        der Kunden zugeschnitten ist, die Produkte
werden, da die Zustellung der Ware auch                                       aktuell verfügbar gemacht werden und eine
über die vorhandene Internet-Logistik statt-                                  gute Beratung sichergestellt ist. Da die Kun-
finden kann. Multi-Channel-Formate bilden                                     denbedürfnisse wenig durch das Internet be-
für die stationären Händler damit eine Mög-                                   einflusst werden, hat der Onlinehandel so-
lichkeit, ihre Vertriebswege zu diversifizie-                                 mit kaum Einfluss auf die Entwicklung der
ren und die Vorteile des Onlinehandels zu                                     Sortimente.
nutzen, ohne das Ladenlokal zu schließen.
Dafür ist es nicht zwingend erforderlich,                                     Ein differenzierteres Bild zeigt die Entwick-
gleich einen eigenen Internet-Shop zu im-                                     lung der verschiedenen Handelsformate im
plementieren, was einen spürbaren Aufwand                                     deutschen Einzelhandel. Der Onlinehan-

Lebenszyklus ausgewählter Handelsformate des deutschen Einzelhandels
  Entwicklungs- u.      Wachstumsphase           Reifephase             Sättigungsphase       Abschwungsphase
 Einführungsphase

                                                                        Discounter
                                       Großer Supermarkt                      Kaufhaus
                                                           Supermarkt
                                                                                     Traditionelles Fachgeschäft
                                                       Filiarisiertes Fachgeschäft       Warenhaus
                                                                                             SB-Warenhaus
                                                Fachmarkt                                       Trad. Versandhandel

                                           Bio-Markt                                                  Kleiner
                                                                                                       Supermarkt
                                        City Supermarkt

                                   Convenience Store
                               Onlinehandel

               Drive-in-Märkte
     Automatisierter Onlinehandel
                                                                                                                                         Schaubild 16
                                                                                                                      Quelle: KPMG, eigene Darstellung

18
Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland – aktuelle Herausforderungen

del ist hier noch am Beginn seiner Wachs-        Erreichbarkeit mit Hilfe des öffentlichen Per-
tumsphase (vgl. Schaubild 16), was auch          sonennahverkehrs. In der Folge wird durch
die Entwicklung der Umsatzzahlen in den          diese Entwicklung die Nachfrage nach Ver-
vergangenen Jahren belegt. Der traditio-         kaufsflächen abnehmen. Andererseits ist zu
nelle Versandhandel ist bereits in der Ab-       erwarten, dass sich zwei Gruppen von Nach-
schwungsphase. Die Unternehmen dieses            fragern im stationären Einzelhandel her-
Formates, die ihr Geschäftsmodell entspre-       auskristallisieren: Zum einen die Discount-
chend angepasst haben, sind aber auch im         Sparte, welche ein einfaches Ladendesign
Onlinegeschäft erfolgreich, wie das Beispiel     und eine schlichte Warenpräsentation bevor-
des Otto-Versands zeigt, der inzwischen mit      zugt und den Wettbewerb primär über den
einem Umsatz von 1,8 Mrd. Euro nach Ama-         Produktpreis austrägt. Zum anderen statio-
zon zweitgrößter Onlinehändler in Deutsch-       näre Händler, die die Möglichkeiten des On-
land ist.                                        linehandels in ihr Geschäftsmodell überneh-
                                                 men und versuchen, auf diese Weise Kunden
Auch andere Handelsformate in der Reife-         in ihr Ladenlokal zu locken. Für diese spielt
oder Sättigungsphase können durch die            eine ansprechende Warenpräsentation und
Umstellung auf Multi-Channel-Vertriebs-          das Einkaufserlebnis eine wesentliche Rol-
konzepte und entsprechende Preisstrategien       le, insbesondere auch vor dem Hintergrund,
langfristig erfolgreich am Markt bestehen. In    den Kunden zu Spontankäufen zu bewegen.
Abhängigkeit von der Adaptionsfähigkeit der
Unternehmen des stationären Einzelhandels        Der Bedarf an Lagerflächen im Ladenge-
ist demnach zu erwarten, dass die Handels-       schäft selbst geht hierbei zurück. Heute
formatlandschaft sich nicht drastisch verän-     kleinere Flächen nachfragende Unternehmen
dern wird.                                       werden für diese Art der Warenpräsentation
                                                 größere Flächen benötigen. Die Immobilie
Die Adaption von E-Commerce-Strategien           muss dabei hohen Qualitätsansprüchen ge-
durch den stationären Einzelhandel bedeu-        nügen, um das benötigte Ambiente schaffen
tet allerdings einen geringeren Flächenbe-       zu können. Dabei spielt häufig nicht mehr
darf, insbesondere bei heute noch mit großen     nur die einzelne Immobilie die entscheiden-
Flächen arbeitenden Geschäften. Demgegen-        de Rolle, sondern auch deren näheres Umfeld.
über werden kleinere Geschäfte Flächen be-       Diese ist auch wichtig für die Onlinehänd-
nötigen, um die Ware adäquat präsentieren        ler, die den stationären Vertriebsweg für sich
zu können und das Einkaufserlebnis für den       nutzen wollen. Immer mehr ehemals reine
Kunden möglich zu machen.                        E-Commerce-Unternehmen eröffnen La-
                                                 denlokale, um deren Vorteile nutzen zu kön-
                                                 nen. Dieser Weg ist vielfach einfacher, als für
3.3 Folgen für die Märkte für                    traditionelle Handelsunternehmen den On-
    Einzelhandelsimmobilien                      linekanal zu integrieren. Für diesen Zweck
                                                 geeignete Ladenlokale müssen dabei an re-
Von den durch das Wachstum des Online-           präsentativen Standorten liegen, so dass sich
handels hervorgerufenen Veränderungen            der Wettbewerb um die ohnehin schon be-
werden auch die Märkte für Einzelhandels-        gehrten 1a-Lagen weiter intensivieren wird.
immobilien betroffen sein. Die Unterneh-         Insgesamt ist in der Folge ein moderater An-
men des stationären Handels sind hier die        stieg der Flächennachfrage zu erwarten, der
Nachfrager nach geeigneten Verkaufsflächen.      sich allerdings regional sehr unterschiedlich
Durch den Onlinehandel gewinnt ein Han-          verteilen wird.
delsformat an Bedeutung, welches zunächst
keine Verkaufsflächen benötigt. Die Immo-        Der wachsende Onlinehandel führt dabei
biliennachfrage der Onlinehändler zielt auf      aber nicht ursächlich zu Veränderungen,
verkehrsgünstig gelegene Warenverteilzen-        vielmehr verstärkt und beschleunigt er be-
tren, also Logistikimmobilien. Keine Rolle       reits vorhandene Entwicklungsmuster. Da-
spielen hier die traditionellen Standortkrite-   von wenig betroffen sind die Ladengeschäfte,
rien des Einzelhandels wie eine hohe Kun-        welche typische Nahversorgungsfunktionen
denfrequenz, Parkmöglichkeiten oder die          erfüllen. Bedingt durch den Bedarf der mo-

                                                                                             19
Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland – aktuelle Herausforderungen

dernen Gesellschaft nach Treffpunkten und    die Organisation des deutlich zunehmenden
Begegnungsstätten, gewinnen traditionelle    Lieferverkehrs. Weniger attraktive Städte
gut erschlossene Innen- und Altstadtlagen    oder dezentrale Stadtteillagen werden weiter
in städtischen Zentren an Bedeutung, die     an Nachfrage verlieren, insbesondere wenn
eine Mischung aus verschiedenen Ladenge-     sie einen hohen Besatz an inhabergeführten
schäften und Gastronomiebetrieben bieten.    Fachgeschäften aufweisen, die es nicht schaf-
Die Schaffung entsprechender Rahmenbe-       fen, den Online-Vertrieb in ihr Geschäfts-
dingungen ist daher eine zentrale Heraus-    modell zu integrieren. Häufig werden auf
forderung für stadtplanerische Vorgaben      diese Weise die ohnehin schon zu beobach-
der Kommunen und die jeweiligen Einzel-      tenden Folgen des demografischen Wandels
handelskonzepte. Dieses beinhaltet auch      verstärkt.

20
Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland – aktuelle Herausforderungen

Die Zukunft des City-Einzelhandels –
Wie geht es weiter in den Mittelstädten?
Olaf Petersen, COMFORT Research & Consulting

1 Wandel im Handel – eine                        ler ihr Stationär- mit dem Online-Geschäft
  unendliche Geschichte                          verknüpfen – und umgekehrt. In jedem Fall
                                                 wird die einstmalige klare Abgrenzung zwi-
                                                 schen Online- und Offline-Handel heute
Der sprichwörtliche ‚Wandel im Handel‘           immer mehr obsolet. Entscheidend ist für
stellt im Einzelhandel alles andere als eine     die Einzelhandelsunternehmen, nicht wo
bloße Floskel dar. Er ist vielmehr als absolut   der Umsatz getätigt wird, sondern dass Um-
branchenimmanent anzusehen und vollzieht         satz getätigt wird. Insofern stellt der Online-
sich typischerweise in großen Schüben, wel-      Handel für den stationären Handel sowohl
che sich durchaus auch zeitlich überschnei-      eine Herausforderung als auch eine Chance
den bzw. parallel verlaufen können. Seit Ende    dar.
des 19. Jahrhunderts sei u. a. an das Aufkom-
men der Warenhäuser, die Innovation der          Auch in dieser sehr viel komplexeren Ein-
Selbstbedienung oder die Entwicklung der         zelhandelswelt stellen gute Innenstädte mit
Einkaufszentren sowie von Fachmärkten            einer gewachsenen Magnetfunktion für ihre
oder Discounter erinnert.                        Stadt, Stadtbezirke bzw. das Umland die na-
                                                 türlichen nachhaltigen Anknüpfungspunkte
In diesen Kontext der Branchenumwälzun-          für modernen Einzelhandel dar und werden
gen reiht sich seit Beginn dieses Jahrhunderts   von daher in der Standorthierarchie des deut-
mit säkular immer größerer Prägnanz nun-         schen Einzelhandels von der COMFORT
mehr der Online-Handel ein. Der deutsche         auch zukünftig ganz oben gesehen. Mit Blick
Einzelhandel ist primär mit seinen Nonfood-      auf die Millionenstädte Berlin, Hamburg,
Sortimenten – der Foodbereich ist auf Sicht      München und Köln oder andere Metropolen
noch weitgehend ‚ausgeklammert (Auch bei         wie Frankfurt, Düsseldorf, Stuttgart und
einem zu erwartenden überdurchschnitt-           Hannover wie auch regionale Großstäd-
lichen Wachstum ist ausgehend von einem          te wie Münster, Mannheim, Braunschweig
sehr niedrigen spezifischen Marktanteil mit      oder Würzburg ist dies weitgehend unstrittig.
echten Volumeneffekten nicht vor 2020 zu         Deutlich unklarer ist das Bild allerdings mit
rechnen.) – zurzeit einem gravierenden Um-       Blick auf die sogenannten Mittelstädte.
strukturierungsprozess unterworfen, was
allerdings mit Blick auf die Tatsache der gro-
ßen Veränderung nichts absolut Neues (siehe
oben) darstellt. Dabei ist der City-Einzel-
handel mit seinen klassischen qualifizierten
Shopping-Segmenten Mode, persönlicher
Bedarf oder Elektro hier mitten drin.
                                                 2 Was sind überhaupt
                                                   „Mittelstädte“?
Anders als zu Beginn der E-Commerce-
Entwicklung, als es mehr oder weniger nur        Zunächst einmal gibt es hier eigentlich keine
‚Puristen‘ im stationären und Distanzhan-        allgemein gültige Definition. Typischerwei-
 del (Versand und/oder Online) gab, ist die      se redet man hierzulande davon bei Städten
Entwicklung weiter voran geschritten: mit        unter 100.000 Einwohnern, wobei die Un-
 deutlich wachsender Bedeutung werden            tergrenze zu den Kleinstädten deutlich un-
 Multi-/Omni-Channel-Verkaufskonzepte            schärfer zwischen 50.000 bis hin zu 20.000
 eingesetzt. Retail ist heute wesentlich kom-    Einwohnern gezogen wird. COMFORT geht
 plexer geworden, indem immer mehr Händ-         hier nachfolgend von 50.000 Einwohnern bei

                                                                                            21
Sie können auch lesen