ELAN AUSGABE 2 / 2018 - Evangelisch-Lutherische Ansichten und Nachrichten - Landeskirche Schaumburg-Lippe
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AUSGABE 2 / 2018 SOMMER ELAN Evangelisch-Lutherische Ansichten und Nachrichten Magazin der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe Lebensentwurf
e k Vorwort Liebe Leserinnen und Leser! r In den Sommerferien suchen viele Menschen für sich selbst durch Auszeiten wie Urlaubsreisen Ab- stand zum Alltagstrott oder sogar zur gefühlten Tristesse ihres Leben. Im Urlaub in die Ferne zu schweifen empfindet mancher wie die Befreiung aus einem Korsett. Es schenkt Augenblicke und Standorte, das Gewohnte von außen aus einem anderen Blickwinkel und ohne Verpflichtungsdruck zu betrachten. In den Sommerferien werden auch kirchliche Ju- gend- und Konfirmandengruppen auf Freizeiten und im Konfi-Camp fernab ihres durchgeplanten Lebens neue Erfahrungen sammeln und Eindrücke gewinnen. Doch das Empfinden, nur im Urlaub könne man das wahre Leben erfahren und finden, kann fa- tale Folgen für die Bewertung und Bewältigung des Alltags mit seinen Herausforderungen und Bedingungen haben. Die Fragen, die Menschen beschäftigen, greifen weiter. Wie soll mein Leben verlaufen? Was für ein Lebenshaus möchte ich bauen? Worin finde ich Erfüllung und Sinn? Was möchte ich einmal werden, wenn ich groß bin? Und wie möchte ich im Alter leben? Was ist mein Lebenstraum? Je nach Alter und Lebenssituation können die Antworten zum Teil nur vorläufige sein. Und sie können sich im Lauf des Lebens verändern. Unter der Überschrift „Lebensentwurf“ beleuch- ten wir in dieser Ausgabe sehr verschiedene Zielvorstellungen, Träume und Lebenskonzepte von Menschen. Außerdem berichten wir über Ereignisse in der Landeskirche. Ihnen und Euch allen wünschen wir Freude bei der Lektüre dieser Ausgabe und eine erholsame Sommerzeit, egal ob sie zu Hause oder auf Reisen verlebt wird. Ulrich Hinz, Redaktion ELAN Foto: ©kd Ulrich Hinz, Karin Droste – Redaktion ELAN LKSL.de
Weichenstellung für’s Leben Gedanken aus dem Turm der Christuskirche Bad Eilsen Inhalt 2 Vorwort Jeden Mittwoch um 18 Uhr trifft sich oben 3 Weichenstellung für’s Leben im Kirchturm die Jugend unserer Gemein- 4 Neue Gemeindekirchenräte gewählt de zum „Teamer Turm Treff“. Eine Gele- 5 Gewählte Mitglieder Gemeindekirchenrat genheit, Freunde zu treffen, über das zu 6 Danke auf Schloß Baum sprechen, was in der Gemeinde ansteht, 7 Auf zu neuen Ufern Freizeiten und Jugendaktionen zu planen 8 Siebenfache Mutter und Nonne oder gemeinsam Chili zu kochen. 9 Leben als Bastelprojekt Neben Aktionen und Freundschaft ver- 10 Einfach mal weg 12 Wenn ich einmal groß bin… bindet uns der Glaube und die Lust da- 13 Karriere im Blick ran, über das Leben nachzudenken und 14 Flucht erfordert neue Lebensentwürfe Lebensentwürfe zu schmieden. 15 Generation Zukunft - Analog oder digital? 15 Familie 3.0 ? Was zählt im Leben? Wo soll es für mich 16 Geplatzter Traum eines Sportlers hingehen? Welche Schritte sind dazu nö- 17 Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an tig? In den Medien gibt es eine Flut von 18 Pastor mit Leib und Seele Ideen und Lebenskonzepten. Es gibt Ereignisse, die Lebensentwürfe 19 Zweite Krankenhauspfarrstelle Da ist es gar nicht so einfach, die Orien- und Pläne durcheinanderbringen. So 20 Landessynode tierung zu behalten. Ein Lebenstraum ist 22 30 Jahre Pfarrhof Bergkirchen war es auch bei Jeremia (Jeremia 1,4-10). das „Haus am See“, von dem Peter Fox Sein Weg wurde unterbrochen. Aus dem 23 30 Jahre Partnerschaft 23 Ein Tag für Frauen singt. Er will raus und das, was war, hinter Nichts hörte er Gottes Stimme. Aus dem 24 Jan Peter Hoth wechselt die Richtung sich lassen. Er will mit schicker Frau und Nichts wurde sein Horizont für eine an- 25 Was für ein Vertrauen schnellem Wagen durchstarten in ein dere Aufgabe geöffnet. „Du sollst meine 26 Jahresempfang neues Leben, wo man mehr sein kann als Botschaft weitersagen. Schon vor deiner 27 Termine und Veranstaltungen man ist. Er will angehimmelt werden, viel Geburt habe ich dich für diese Aufgabe 29 Freud und Leid Geld in der Tasche haben, wenig Stress bestimmt“, hörte er. Tausend Gründe und vor allem Lebensgenuss. Am Ende sprachen dagegen: zu jung, nicht rede- seines Weges steht das Haus am See. Dort gewandt, nicht clever genug, Aufgabe kommen alle hin und es wird gefeiert. zu groß. Doch Gott nahm ihm den Wind aus den Segeln: „Du brauchst vor nichts Der Traum vom leichten, ruhmreichen Angst zu haben, ich bin immer bei dir und Leben hat auf alle Fälle seinen Charme. Es werde dir helfen. Alles, was du brauchst, wäre schön, wenn alles gut laufen würde habe ich in dich hineingelegt.“ und das Leben eine Party wäre. – Doch of- fen gesagt, ist mir das zu dünn, sagt Caro Warum nicht Gott ins Boot holen und im Turm. Was ist mit guten Freundschaf- mit seinem Wind im Rücken segeln? Bei ten und Familie? Und mit Gesundheit und allem Planen, Träumen und Verarbeiten Zufriedenheit? Mir ist es wichtig, dass ich von Rückschlägen kommen wir doch später eine sinnvolle Aufgabe habe. Ohne viel zu oft darüber hinweg, nach Gottes Spaß im Beruf und vertraute Menschen Ideen für unser Leben zu fragen. Oder um mich herum kann ich mir mein Leben anders gesagt: Warum nicht den Be- nicht vorstellen. gabungen trauen, die er in uns gelegt hat. Warum nicht sein, wer man ist? Wir sind uns einig: Wenn die Weichen EL AN für’s Leben gestellt werden, braucht man Herzliche Grüße aus dem Turm! Magazin der Evangelisch-Lutherischen Mut und realistische Ziele. Vor allem aber Landeskirche Schaumburg-Lippe Freunde an der Seite, die helfen, wenn Felix Nagel, -Landeskirchenamt- Pressestelle Hindernisse bremsen oder man nicht Pastor coll. Bad Eilsen Bahnhofstraße 6 | 31675 Bückeburg weiß, wie man alles schaffen soll. Zum Internet: www.LKSL.de Beispiel, wenn Schule oder Wohnort ge- E-Mail: kontakt@lksl.de wechselt werden muss. Oder der Abschied von einem geliebten Menschen droht. Verantwortlich: Ulrich Hinz (uh) Layout/Design, etc.: Karin Droste (kd) Einband: 2018 © Karin Droste Mitarbeit: Beate Ney-Janßen (ade) Geistliches Wort 3
Neue Gemeindekirchenräte gewählt i Grafik:©kd n den nächsten sechs Jahren über- nehmen 305 Frauen und Männer die Leitungsverantwortung in ihren 2018-2024 Der Altersdurchschnitt der 305 gewähl- In der Hälfte der Gemeinden konnte auf eine Wahl verzichtet werden, da die Zahl der Kandidatinnen und Kandidaten mit Kirchengemeinden. der Zahl der zu Wählenden identisch ten Gemeindekirchenratsmitglieder liegt Eine leicht abnehmende Wahlbeteili- war. (uh/krö/kd) bei 52,7 Jahren gegenüber einem Alters- gung im Vergleich zum Jahr 2012 konnte durchschnitt von 50,8 Jahren bei der Save the date die Ev.-Luth. Landeskirche Schaumburg- Wahl 2012. Zugenommen hat der Anteil Lippe am 11. März 2018 bei den Wahlen der gewählten Frauen von 53,3 % im Jahr zum Gemeindekirchenrat verzeichnen. 2012 auf 58,4 % im Jahr 2018. In sechs Informations- und Workshoptag Kirchengemeinden der Landeskirche gibt Beteiligten sich im Jahr 2012 20,3 % der stimmberechtigten Gemeindeglieder an es zukünftig Gemeindekirchenratsmit- 20. Oktober 2018 glieder, die jünger als 25 Jahre alt sind. der Gemeindekirchenratswahl, so lag die Die Landeskirche wird alle gewählten 42 % der gewählten Gemeindekirchen- Beteiligung diesmal bei 16,7 %. Eine star- Gemeindekirchenräte zu einem Infor- ratsmitglieder gehören dem Leitungs- ke Wahlbeteiligung verzeichneten die mations- und Workshoptag einladen, gremien zum ersten Mal an. Landgemeinden. Die höchste Wahlbetei- der am 20. Oktober 2018 in der IGS ligung mit 31,4 % gab es in der Kirchen- Helpsen stattfinden soll. Die Gemeindekirchenräte wählten nach gemeinde Großenheidorn, gefolgt von Bei diesem Treffen werden Informa- der Bestätigung ihrer Wahl durch das Probsthagen mit 25,6 %. In Stadthagen tionen und Hilfestellungen zu den Landeskirchenamt und ihrer Einführung gingen 11,4 % der Wahlberechtigten zur Aufgaben in den Gemeindeleitungs- aus ihren Reihen die Mitglieder der Wahl, in Bückeburg waren es 12 %. 21 % gremien (Gemeindekirchenrat und Kirchenvorstände. Weitere Kirchen- der Wählerinnen und Wähler gaben ihre Kirchenvorstand) gegeben und es gibt vorstandsmitglieder konnten berufen Stimme per Briefwahl ab. Zeit für Begnungen und Gespräche. werden. 4 Wahlnachlese
Gewählte Mitglieder im Gemeindekirchenrat Stand: 31. Mai 2018 Altenhagen-Hagenburg: Marion Bock, Prczigodda, Heidi Schütte, Margitta Sachsenhagen: Erhard Grabowski, Kerstin Martin Büsselberg, Klaus-Dieter Dre- Siebörger, Heinrich Stüber, Marion Thür- Hantke, Dr. Hans-Jürgen Henze, Freddy wes, Reiner Eidtmann, Roland Günther, nau, Antje Weigel-Winter, Irene Winter. Hinse, Julia Jerchel, Gerhard Lutter, Sabine Hauck, Heike Hendel, Marie- Meerbeck: Iris Altewolf, Gerhard Bär- Petra Mensching, Bettina Nottebrock, Luise Holzgrebe, Günter Kick, Dagmar thel, Dr. Carla Eickmann, Christine Ful- Volker Töpp, Dorothee von Hantel- Reumke, Karl-Heinz Rottenberg, Anita ge, Andrea Hitzemann, Bernd Lange- mann, Volker Wedekind, Maike Zunker. Saal-Waßmann, Steven Schwan, Claudia Daake, Ilona Liebelt, Roswitha Meier, Schweer-Reese, Ulla Thürnau-Freitag. Heidemarie Opfermann, Elke Rode, Seggebruch: Dörte Brunsmann, Jo- Christianne Röhrkasse, Karin Röhr- hannes Busche, Silke Gallmeier, Hart- Bad Eilsen: Lea Beckmann, Armin Blü- kasse, Inge Schnetzke, Cordula Wahl- mut Henselewski, René Jeromin, Gün- mel, Connie Everding, Ditmar Everding, mann, Marlies Wiepking, Ellen Knipping. ter Kirchhoff, Karsten Krömer, Markus Carla Gramkow, Andrea Grünewald, Krömer, Birgit Lemme, Markus Paul, Dirk Hasse, Heidrun Meisel, Marion Meinsen: Heinz Böhne, Jörg Edelmann, Tatjana Reinsch, Christina Schütz, Prasuhn, Katja Schimmelpfennig, Jan- Sabine Fischer, Sabine Fischer, Margret Daniel Winzker, Thomas Wolff, Dirk Niklas Schmid, Petra Schröder, Michael Flieger, Thomas Hammacher, Britta Zapke, Frank Busche, Anke Pörtner. Sobbe, Marina Tecklenburg, Nicole Witte. Hesterberg, Susanne Howar, Ulrich Lohmann, Christoph Struckmann, Caro- Stadthagen: Christina Beck, Sabrina Bol- Bergkirchen: Ulrike Brandes, Elisabeth line Volker, Dieter Wilharm-Lohmann, ten, Karin Brandt, Oliver Bruns, Birgit Con- Brunkhorst, Sabine Bulthaup, Wolfgang Elke Meier, Klaus Brathering-Harms. rad, Dieter Esse, Malte Freymuth, Bettina Christensen, Marion Dreßler, Rolf Gierke, Götz, Brigitte Gude, Johannes Klenner, Dr. Klaus-Peter Grote, Ingrid Johannßen, Petzen: Günter Belz, Jörg Bohmeier, Ute Klimmer-Knaust, Gisela Krewer, Mi- Heinrich Kastning, Christine Kelb, Eck- Rosmarie Brandt, Christoph Elze, Heide chael Mensching, Markus Meyer, Tobias hard Lindemann, Eberhard Mysegades, Everding, Heike Franke, Wolfgang Gran- Ogrodnik, Ralf Piekenhain, Florian Rede- Jessica Bartling, Bärbel Wilharm. cker, Leon Scheibe, Sabine Schu- bert, Dr. Ulrich Soergel, Dagmar Bückeburg: Wolfram Barnewitz, Ulri- Stein, Gebhardt Steinkopf, Harald ke Belz, Thekla Blank, Petra Bode, Gi- Weidenmüller, Thomas Weißbarth. sela Bodenstein, Hannelore Gramann, Brigitte Hesseling, Ines Lampe-Scholz, Steinbergen: Thorsten Felgen- Dr. Werner Markiewicz, Matthi- dreher, Timo Fischbeck, Anette as Nottmeier, Volker Preul, Chris- Honebein, Tanja Kelm, Gabriele ta Röder-Zahorka, Julia Schweizer, Klemme, Sabine Lindenberg, Cor- Elke Vehling, Gisela Vogt, Friedhelm nelia Lossie, Ruth Marks, Sigrid Vogt, Birte Volkmer, Timothy Wray. Meier, Liane Mitschke-Neumann, Bernd Rinne, Nadine Schillmöl- Frille: Klaus Belte, Tanja Hahne, ler, Thomas Struckmeier, Ulrike Karoline Hattendorf, Mario Hellwig, Tubbe-Neuberg, Petra Wienecke. Ingetraud Henze, Bärbel Kellermeier, Wencke Kroßa, Heike Lampe, Jan- Steinhude: Katja Backs, Malene nik Nagel, Oliver Olschok, Andrea Böhm, Heinrich-Gerhard Branning, Schering, Birgit Schmerer, Delia Sie- Gisela Bredthauer, Heinrich Büh- vers, Christina Volkening, Christoph mann, Heinrich-Jürgen Buhre, Kat- Wehking, Jörn-Christian Prange. rin Götze-Bühmann, Ariane Haase, Susanne Olboeter-Thiele, Petra Großenheidorn: Ute Döll, Marc Schrage, Silke Siebert, Udo Siedler, Gruber, Imke Hahlbrock, Holger Elvira Thiem, Karl-Heinz Tönnies, Kipp, Henning Langrehr, Dr. Sabi- Antje Winter, Steffen Hochhaus. Foto:©kd ne Meyer, Dr. Christine Ostertag- Henning, Thomas Sadocco, Mar- Sülbeck: Eva Dopheide, Heidi kus Schwinn, Leonard Steuerna- Gromtzki, Andre Hänel, Waltraud- gel, Silke Thisius, Manfred Wenzel. Eva Helbig, Stefanie Hille-Geveke, Ilse Koch, Elke Krull, Christiane Heuerßen: Britta Abs, Therese Büchner, see, Jennifer Rothmann, Horst Schwarze, Rolke, Georg Sander, Martin Schmidt, Georg Fokken, Kerstin Grützner, Jens Hell- Britta Vogt, Jobst von Palombini, Wil- Detlev Schulz, Wilfried Schünke, Renate mann, Gudrun Krull, Ingrid Lübke, Daniela fried Wilharm, Claus-Dieter Cielobatzki. Strack, Frank Wiegand, Burkhard Witte. Röhler, Pia Stahlhut, Nicolaus von Schö- ning, Heiko Weidemann, Heike Werner. Pollhagen: Ingrid Abel-Borchers, Anita Vehlen: Karlheinz Bruns, Jessica Bu- Dralle, Stephanie Droste, Renate Ebbighau- sche, Manfred Fauth, Marcel Fehse, Lauenhagen: Anke Fabrici-Arndt, Ellen sen, Ilse Fischer, Michael Goede, Sandra Ulrike Göttsch, Ann Kathrin Harmening, Gieseke, Cindy Harmening, Gabriele Kastning, Heinrich-Arend Krömer, Marlies Christine Heckler, Andreas Klose, Bernd Hoffrichter, Andreas Kerkmann, Sieg- Rösemeier-Scheumann, Renate Schneider, Meier, Markus Saecker, Martin Wege- fried Knop, Stephan Kurok, Astrid Nenz, Winfried Solty, Anja Westenberger-Rümp- ner, Dieter Weihmann, Joachim Schulte. Jana Tielking, Kathrin von der Brelie, ler, Monika Hörstel, Dietrich Müller-Link. Bettina Weigmann-Silbernagel, Christ- Wendthagen: Beate Bothe, Karin Jans- hild Wüstenfeld, Hans-Heinrich Lübke. Probsthagen: Friedrich-Wilhelm Bartels, weidt, Lars Kirchhöfer, Michael Kol- Martina Brunkhorst, Carola Dumke, Re- ler, Annegret Krull, Werner Mania, Dr. Lindhorst: Ulrike Brunkhorst, Manfred gina Liepe, Regina Lier-Hartmann, Heinz Klaus Schernewsky, Sonja Schröder, Fischer, Birgit Gorny, Christa Guds- Meier, Marlies Mensching, Marcel Mys- Elisabeth Quade, Klaus Schönemann. zend, Erika Gundlach, Kerstin Harder, ka, Kerstin Schnitker, Christian Schweer, Helge Krzykowski, Petra Kleine, Ivonn Anneke Struck, Ekkehard Wedeking. (Änderungen vorbehalten!) GKR-Mitglieder 5
DANKE auf Schloß Baum chenräten zur Sprache. Gedankt wurde für Phantasie und organisatorischen Einsatz und auch für das Durchhalten in Durststrecken und das Aushalten von Konflikten. In einem kurzen Podiumsgespräch berichteten die Kirchenvorstände Ines Lampe-Scholz, Daniela Röhler und Dieter Wilharm-Lohmann von den Erfahrungen ihrer Arbeit in den Gemeinden. Gemein- schaft gestalten und erleben stand für sie im Mittelpunkt. Zwei Pastoren der älteren Generation machten in einer kabarettistischen Ein- lage deutlich, dass es in unserer Landes- kirche einen Generationenwechsel gibt. Foto:©kd Waren ihre Hawaii-Hemden vielleicht I ein Hinweis, dass da schon Visionen von der bevorstehenden Pensionierung im m März dieses Jahres wurden in ausgedrückt werden für viel Einsatz in Vordergrund stehen? Oder ein Zeichen den 22 Gemeinden unserer Landes- den letzten Jahren und die Bereitschaft dafür, dass die „Alten“ doch noch locker kirche neue Gemeindekirchenräte für die nächste Amtsperiode Gemeinde genug sind, um die aktuellen Herausfor- gebildet. „Alte“ haben ihr Engagement und Kirche mitzugestalten. derungen zu gestalten, obwohl „früher beendet, „Neue“ sind dazu gekommen. Bei herrlichem Wetter wurden über alles besser war“? Ein solcher Wechsel ist Gelegenheit, 200 Gäste mit Posaunenklängen aus Der Gospelchor aus Seggebruch sorgte einen Moment innezuhalten. Zurück- Seggebruch empfangen. Es gab Zeit für mit seinen Liedern für swingende Unter- zuschauen und nach vorne zu blicken. Gespräche mit alten Bekannten und haltung und gab ein gutes Beispiel für die Was liegt näher, als in diesem Moment Kennenlernen von Gleichgesinnten aus reichhaltigen musikalischen Möglichkei- ein Fest zu feiern? anderen Gemeinden. Nach einer kurzen ten unserer Gemeinden. Das ist am 4. Mai in Schloss Baum Begrüßung durch Landesbischof Dr. Begeisterung löste dann auch noch geschehen. Die Arbeitsgruppe „Ge- Manzke wurde das schmackhafte Büfett ein Duo aus Stadthagen mit zwei alten meinschaft stärken“ hatte dieses Fest eröffnet. Das Warten in der Schlange Schlagern aus. Reinhardt Zindel hatte vorbereitet und alle „alten“ und „neuen“ beim Salatbüffet und am Grill gab Ge- sie mit Texten mitten aus dem Leben Gemeindekirchenräte aus der ganzen legenheit zu fröhlichem Plaudern über von Gemeindekirchenräten versehen Gemeindegrenzen und wurde von Jörg Böversen an der hinweg. Gitarre begleitet. Nach dem Essen Eine kurze Andacht beschloss diesen wie auch zwischen kurzweiligen Abend. Danach noch ein den folgenden lo- letztes Glas im Steh’n und Aufbruch mit ckeren Beiträgen zufriedenen Gesichtern. „Schade für lud eine extra für die, die heute Abend keine Zeit hatten, das Fest gebildete zu kommen!“ „Pastorenband“ Jan Peter Hoth zum gemeinsamen Singen von welt- lichen und geistli- chen Schlagern ein. Ob „ Aufstehen“ oder „Über den Wolken“, die Gäste Foto:©kd im Zelt zeigten sich als eine sangeskräf- tige Gemeinschaft. Landeskirche dazu eingeladen. Denn In einer Dankesrede vom Landesbischof die Ehrenamtlichen gestalten mit ih- und dem Präsidenten der Synode Klaus- rem Einsatz nicht nur das Leben ihrer Dieter Kiefer, kamen anhand von Lut- Foto:©kd Kirchengemeinde, sondern bauen auch herzitaten die verschiedenen Facetten Kirche. Mit dem Fest sollte der Dank des leitenden Amtes von Gemeindekir- 6 Dankesfest
Auf zu neuen Ufern Über 7500 km von Schaumburg entfernt Was bedeutet Ihnen, beruflich durch Was werden Sie im Freiwilligendienst eine feste Anstellung abgesichert zu tun? sein? Ich werde über den ICJA in einem sozia- Eine berufliche Festanstellung ist mir len Projekt mitarbeiten. Meine Einsatz- wichtig. Das Erwerbsleben gibt mir einen stelle wird voraussichtlich das Salvation festen alltäglichen Ablauf. Ich habe je- army Rehabilitationszentrum in Agona doch auch den Eindruck, dass eine feste Duakwa sein. Dort werden Menschen in Anstellung von unserer Gesellschaft Armut und Menschen mit Behinderung auch erwartet wird und dass sie einem unterstützt und ihnen dabei geholfen, teilweise von der Gesellschaft aufge- sich in die Gesellschaft zu integrieren. zwungen wird. Ich denke, es gibt keine Ein weiterer Bereich ist die Inklusion absolut sichere Existenz. Wir versuchen von Kindern mit Behinderung in das Bil- zwar, uns durch Geld oder materielle dungssystem. Meine Aufgaben werden Güter Sicherheiten aufzubauen, aber unter anderem die Unterstützung der es kann jedem jederzeit zum Beispiel Physiotherapie und des Reha-Service in durch einen schweren Schicksalsschlag der Klinik sein. diese vermeintlich absolute Sicherheit verlorengehen. Deswegen ist es mir wichtig, den Moment zu leben. I m Sommer 2017 schloss die Berg- kirchenerin Maren Korte (24) in Bückeburg ihre Ausbildung zur Ergo- therapeutin ab. Sofort danach erhielt sie eine Festanstellung in einer Ergothera- Wie stießen Sie denn auf das Projekt? Ich interessiere mich schon seit Län- gerem für einen Freiwilligendienst im Ausland. Als ich deshalb im Internet recherchierte, stieß ich auf das Projekt pie-Praxis in Gütersloh. Was kann da in Ghana bzw. auf den „ICJA Freiwil- noch passieren? Noch sehr viel! Maren ligenaustausch weltweit“. Das ist die Korte hat ihre unbefristete Anstellung Organisation, über die ich meinen Frei- gekündigt, um im August für ein Jahr willigendienst ableisten werde. nach Ghana (Westafrika) zu gehen. Wir baten Maren Korte darum, uns zu ihren Welche Reaktionen gab es denn in der Beweggründen und Erwartungen einige Familie oder im Freundeskreis auf ihre Fragen zu beantworten. Info hin, dass sie den Job kündigen und nach Ghana gehen würden? Ist Ergotherapeutin Ihr Traumberuf? Die meisten haben positiv reagiert und Es ist kein Beruf, den ich schon seit waren total interessiert und neugierig. meiner Kindheit machen wollte. Als ich Sie haben mich mit Fragen zu meinen in die 10. Klasse ging, habe ich diesen Freiwilligendienst gelöchert. Einige Beruf durch ein Praktikum im Bereich fanden es sehr mutig, dass ich diesen der Pflege in einer psychiatrischen Ein- Schritt gehe. Andere waren erst mal richtung kennengelernt. Seitdem hat nur sehr überrascht. Die meisten haben mich der Beruf interessiert. Deswegen sich jedenfalls für mich gefreut. Und habe ich mich nach meinem Abitur für gut gemeinte Ratschläge habe ich auch eine Ausbildung zur Ergotherapeutin bekommen. Negative Reaktionen gab es Was erhoffen Sie sich dadurch für Ihre entschieden. keine. Allerdings gab es auch Menschen, eigene Zukunft? die sich gleich Sorgen gemacht haben. Ich erhoffe mir, neue Erfahrungen zu Was reizt Sie an diesem Beruf? Einige sprachen dabei die Gefahr durch sammeln, die ich für meine Zukunft nut- Man lernt sehr viele Menschen mit tropische Krankheiten an. zen kann. Außerdem möchte ich gerne unterschiedlichen Charakteren kennen. mein Weltbild erweitern und eine neue Das reizt mich. Außerdem interessiert Was treibt Sie an, in dem Projekt mit- Kultur kennenlernen. mich die Vielfalt an ihren sehr unter- zuarbeiten? schiedlichen Krankheitsbildern. Es be- Ich möchte neue Erfahrungen sammeln, reitet mir Freude, mit Menschen aller an denen ich wachsen, mich neuen Die Redaktion des ELANs wünscht Ihnen, Altersklassen zusammen zu arbeiten. Ich Herausforderungen stellen und mich liebe Frau Korte, alles Gute und Gottes mag an dem Beruf sehr die Vielfältigkeit dadurch weiterentwickeln kann. Au- Segen für Ihre Zeit in Ghana und wir und den Abwechslungsreichtum. ßerdem freue ich mich darauf, eine mir sind gespannt auf das, was Sie berichten ganz fremde Kultur und ein unbekanntes werden! (uh/kd) neues Land kennen zu lernen. Neuorientierung 7
Siebenfache Mutter und Nonne Auf Burg Dinklage lebte seine Mutter. Wenn er sie besuchte, sei sie immer Als Nonne. Und die Novizin hatte noch fröhlich gewesen, sagt Las Casas. In die- nicht realisiert, dass manche der Nonnen ser Gemeinschaft mit rund 30 anderen den Entschluss für das Kloster erst nach Frauen zu leben, in der Waschküche einem Leben mit ganz anderem Entwurf und in der Hostien-Bäckerei zu arbei- gefasst hatten. ten, Gebetszeiten zu haben und singen „Sie war eine typische Hausfrau und zu können– das alles habe sie glücklich Mutter“, sagt Las Casas, wenn er von der gemacht. „Mach dir bloß keine Sorgen Zeit erzählt, als deren Lebensinhalt noch um mich!“ sagte sie häufig, wenn ihr ihr Mann und ihre sieben Kinder waren. Sohn sie besuchte. Liebevoll, fleißig, im Haus arbeitend, Keine Sorgen – das musste er sich auch sehr bescheiden – so erinnert ihr Sohn dann nicht machen, als seine Mutter sich an sie. Dass ihre Mutter noch ganz bettlägerig wurde. Eine der jüngeren andere Vorstellungen von dem haben Ordensschwestern pflegte seine Mut- könnte, wie sie leben möchte – auf ter bis zuletzt. Als Sie vor zwei Jahren diese Idee wären die Geschwister nie starb, erfolgte die Beisetzung auf dem gekommen. Klosterfriedhof – nicht an der Seite Genau damit mussten sie sich aber nach ihres Mannes. Das war schon kurz nach dem Tod ihres Vaters auseinanderset- Eintritt in das Kloster - auch von ihr - so zen. Damals, sagt Las Casas, habe seine entschieden worden. Der Pfarrer ließ Mutter begonnen, den Pfarrer an ihrem am Sarg ihr Leben Revue passieren - von S chmunzelnd erzählt Michael Las Casas dos Santos von einem Telefonat, das er vor einigen Jah- ren am Muttertag führte: „Michael Las Casas am Apparat. Kann ich bitte meine Mutter sprechen?“ Ein kurzes Schwei- gen am anderen Ende, dann die Antwort mit leicht empörtem Unterton: „Wissen Sie, wo Sie hier angerufen haben? Burg Dinklage ist ein Kloster!“ „Dann geben Sie mir bitte Schwester Anna-Elisabeth, meine Mutter!“ „Einen Moment bitte“, antwortete eine Novizin, immer noch leicht irritiert. Wohnort nach Möglichkeiten auszufra- dem Leben als Hausfrau und Mutter mit gen, in einen Orden aufgenommen zu großer Familie bis zu den 26 Jahren als werden. Sehr hartnäckig sei sie dabei ge- Ordensschwester. Den schlichten Sarg wesen. Letztendlich konnte sie im Rah- mit Schwester Anna Elisabeth trugen men einer Witwenweihe in den Orden schließlich Benediktinerinnen aus der der Benediktinerinnen aufgenommen Kapelle heraus, um ihn vor der Tür an werden. So wurde aus ihr Schwester sechs Enkel zu reichen, die ihn zur Grab- Anna Elisabeth. Dass zum Ordensleben stätte brachten. Eine sehr würdevolle das Keuschheitsgelübde gehört, dass Beerdigung sei das gewesen, sagt Las Benediktinerinnen ihren Besitz an das Casas. So hätte sie sich den Abschluss Kloster geben, das sie dort auch über ihres Lebens bestimmt gewünscht. (ade) das Rentenalter hinaus arbeiten und sich im abgegrenzten Klosterbezirk auf- halten – all das wollte sie. Was sie dann Foto:©priv noch wollte, war es, intensiv in ihrem Glauben zu leben und zu einer festen Gemeinschaft zu gehören. 8 Kloster
Leben als Bastelprojekt Lebensentwürfe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen D ie Gruppe der jungen Menschen ab 16 Jahren hat heutzutage keinen einheitlichen Plan vom Leben, der die Wünsche und Lebensziele umfasst. Viele Faktoren spielen eine Internetplattformen wie Instagram als Sammlung von Momentaufnahmen präsentiert, Reaktionen spiegeln Erwar- tungen von außen. Die Welt bietet den jungen Menschen eine weitere folgen. Völlig klar ist, dass Fort- und Weiterbildungen das gesamte Berufsleben prägen. Dementsprechend haben die jungen Menschen häufig Teil- ziele, die zunächst einmal erreicht wer- Rolle, darunter insbesondere das sozi- viele, nahezu unbegrenzte Möglichkei- den müssen, wie Stufen, von denen es ale Umfeld aus Elternhaus und Freun- ten, die jedoch zu Überforderung und dann auf möglichst direktem Weg weiter deskreis, sowie die persönliche Reife. Orientierungslosigkeit führen können. zum nächst höheren Ziel gehen kann. Prägend sind für die Jugendlichen und Obwohl die Berufsorientierung in allge- jungen Erwachsenen natürlich auch die meinbildenden Schulen immer früher Eine Stufe wird auch zwischen den individuellen Erfahrungen, die sie in beginnt, haben sehr viele Schüler am Lebensphasen eingebaut. Anders als Schule und Berufsausbildung machen, Ende keinen konkreten Berufswunsch. früher sieht der Lebensentwurf vieler ob positiv oder negativ. Geleitet vom Streben nach Anerkennung junger Menschen nicht vor, nach der lassen sich an dieser Stelle viele Schüler Aufgabe des Jugendlichenstatus unmit- Foto:©kd Allerdings sind gesellschaftliche Ver- dann wiederum vom Image der Berufe telbar Erwachsen zu sein, wenn man änderungen zum Teil generalisierbar, leiten. Konkrete Kenntnisse über die Erwachsensein mit dem Einsetzen der denn gemein haben alle Jugendlichen Tätigkeiten fehlen häufig und sind Grund konkreten Familienplanung definiert. und jungen Erwachsenen, dass sie in einiger Vertragslösungen in der ersten Selbstentfaltung, Karriere und Unab- einer komplexen Welt leben, die kaum Zeit der Ausbildung. hängigkeit stehen für viele volljährige noch jemand zu verstehen scheint. Ist der Übertritt in die Berufsausbil- Schüler zunächst im Vordergrund. Die Das Leben wird zunehmend global und dung geschafft, ist zu beobachten, jungen Menschen sind sich der Verant- digital, ein Leben oder auch nur eine dass lebenslanges Lernen und ständige wortung der Erwachsenen bewusst, Schulstunde ohne Internet und Smart- Weiterentwicklung verbunden mit Ver- wollen sich vor dem Eintritt in diesen phone erscheint den Schülern nicht änderungen weitestgehend akzeptiert Lebensabschnitt jedoch vorbereiten mehr möglich. Die Technik wird genutzt werden. Berufsbiografien sind heute und nicht als Jugendlicher in das Er- zur Kommunikation, zum Konsum und häufig aus vielen Teilstücken zusam- wachsenenleben hineinstolpern. Auch nicht zuletzt zur (Selbst-)Präsentation. mengebastelt. Dass jemand bis zur der 14. Kinder- und Jugendbericht des Sehr wichtig ist den jungen Menschen Rente in dem Betrieb bleibt, in dem er deutschen Bundestags verweist darauf, die gegenwärtige und künftige Befrie- die Ausbildung absolviert hat, ist die dass der deutschen Sprache eigentlich digung des Bedürfnisses nach Anerken- große Ausnahme. Eine unumstößliche ein Begriff für die Phase zwischen der nung. Jeder Moment wird fotografisch Festlegung auf einen Beruf ist nicht Jugend und dem Erwachsensein fehlt. festgehalten und anschließend online erforderlich. Selbst der aktuell erlernte gestellt. Ziel ist es, möglichst viele Beruf ist für viele nicht der Traumberuf André Bockelmann, „Likes“ zu erhalten. Das Leben wird auf für alle Zeit. Nach der Ausbildung kann BBS Stadthagen Leitbilder 9
Einfach mal weg – oder: Von Hippies und Schaukeln E infach mal weg. Alles hinter sich lassen. Ein völlig neues Leben beginnen. Manche tun das. Wie Kathrin und Valerie. Während die eine mitten in diesem Abenteuer steckt und gekannt und gewusst, wie wenig sie ge- gen den Willen ihrer Tochter ausrichten konnten. So war es ihre Mutter, die sie am nächsten Tag nach Amsterdam fuhr und vor einem besetzten Haus absetzte. momentan das australische Outback „Ich wusste, dass ich in Gemeinschaft erkundet, ist die andere nach vielen Jah- leben wollte. Und ich wusste, dass ich ren des Herumreisens sesshaft gewor- Kinder haben wollte“, sagt Valerie. Das den. Einige Gemeinsamkeiten gibt es war ihr Plan und der ist aufgegangen. schon bei den beiden Frauen. Die Lust Zwei Kinder – beide mittlerweile mit darauf, die Welt zu sehen. Den Mut, Abitur in der Tasche – bekam sie und nicht nur davon zu träumen, sondern sagt, dass sie die Tage, an denen sie in es auch wirklich zu tun. Und auf manche ihrem Leben allein war, an den Fingern Konventionen zu pfeifen. ihrer Hände abzählen könne. Bei Valerie liegt dieser Zeitpunkt schon Ihren ersten Jahren in Amsterdam ließ etwas länger zurück. Mehr als 20 Jahre. sie Jahre folgen, in denen sie kreuz und Aus den Sommerferien in Frankreich war quer in Europa unterwegs war mit einem Foto:©priv sie mit einer Freundin mit vier Wochen Lkw, den sie sich und ihren Kindern zum Verspätung zurückgekommen, ging dann Heim ausbaute. Wo es ihnen gefiel, dort doch wieder zur Schule, stellte fest, dass blieben sie. „Ich bin ein Hippie“, sagt sie das gar nicht machen wollte – und Valerie von sich, und dort, wo andere verkündete ihren Eltern am Mittagstisch, Hippies waren, blieb auch sie gerne dass sie soeben einen Plan gefasst habe: für eine Weile. Viele Länder, Kulturen, Am nächsten Tag werde sie zu Freunden Menschen und Sprachen hat sie dadurch nach Amsterdam fahren. Zu sagen, dass kennengelernt. Und hat mit diesem Foto:©priv dieser Ankündigung kein Streit folgte, reisenden Leben erst aufgehört, als die wäre glatt gelogen, sagt Valerie. Aber Schulpflicht ihrer Kinder nahte. Auch ihre Eltern hätten sie eben doch gut dann stand noch mancher Ortswechsel 10 Aussteiger
an, wirklich sesshaft geworden ist sie Kathrin nämlich auch – die „Schaukel- vor einigen Jahren in Rehburg-Loccum. Guerilla“. 100 Schaukeln aufzuhängen In Gemeinschaft mit anderen lebt sie ist ihr Ziel. Wie es dazu gekommen ist? auch dort – nur ihre Kinder sind flügge Nun, das sei im wahrsten Sinne des geworden. Für Valerie ist unterdessen Wortes eine Schnapsidee gewesen, das, was sie in ihren reisenden Jahren sagt sie lachend. Vor fünf Jahren auf kennen gelernt hat, die Grundlage für einem Festival, hatte irgendjemand das geworden, was sie nun tut: haupt- Seile dabei aus denen eine Schaukel und ehrenamtlich arbeitet sie seit drei gebaut wurde. Jemand erzählte dann Jahren mit Flüchtlingen. So ist die Welt, von einem Hamburger Projekt, bei dem in die sie ausgezogen ist, mittlerweile zu überall Schaukeln aufgehängt würden. ihr gekommen. Diese Vorstellung, immer und überall schaukeln zu können, gefiel Kathrin so gut, dass sie selbst begann, Schaukeln Foto:©priv In diesem Sinne angekommen ist Kathrin aufzuhängen. Die ersten vier hängte sie noch nicht. Dafür aber seit ungefähr in einer Nacht gemeinsam mit ihrem einem Jahr unterwegs. In Sachsenhagen besten Freund auf. Drei davon waren ist sie aufgewachsen, ist Heilerziehungs- tags darauf verschwunden, nur die vier- pflegerin geworden, hat mit behinderten te blieb. Davon ließ sie sich allerdings Kindern gearbeitet, und hatte immer nicht entmutigen und machte einfach die Vorstellung, eines Tages alles hinter weiter. Mal ist es eine Kinderschaukel, sich zu lassen. Das hat sie tatsächlich die sie auf einem Flohmarkt erstanden getan, hat gekündigt, alles, was sie hat, dann ein schön geformtes Brett, besaß, verschenkt und ist losgetrampt. das sie irgendwo findet. Dazu Seile und Durch den Balkan, nach Griechenland ein geeigneter Baum – schon hat die und irgendwie, sagt sie, sei sie dann in Schaukel-Guerilla wieder zugeschlagen. Australien gelandet. Von dort postet sie manchmal Fotos. Von einem Känguru an Fast weltumspannend hängen ihre einem Wasserloch etwa. Und erzählt Schaukeln schon – von hier bis nach dazu, dass die Schaukel, von der sie die- Australien. Weshalb sie das tut? Weil ses Känguru beobachtet hat, ihr neuer sie möchte, dass Menschen, die diese Lieblingsplatz ist. Diejenigen, mit denen Schaukeln nutzen, einfach für einen sie auf Facebook befreundet ist, wissen, kleinen Moment glücklich sind. Für dass unter der Schaukel-Sitzfläche die sich selbst versteht sie das als Beitrag, Nummer 61 aufgemalt ist – neben dem die Welt ein kleines bisschen besser zu Schriftzug „Schaukel-Guerilla“. Das ist machen. (ade) Weltenbummler 11
Wenn ich einmal groß bin… U nbegrenzte Möglichkeiten – das ist es, was Kinder sehen, wenn sie an ihre Zukunft den- ken. So mancher Traum erwächst in der Kindheit, so mancher wird auch ohne Ylve und Zoe haben ganz anderes im Sinn. Pilotinnen – das fänden sie gut. Und dann, wenn es so weit ist, wer- den sie vom Kindergarten in Meinsen bis nach Rusbend fliegen! Ganz schön kurz und fügt hinzu: „… und Pirat!“ Den passenden Piraten-Namen für sich hat er auch schon. „Der schlimme Jim“ – so will er genannt werden. Bedauern einem neuen Plan geopfert. schnell unterwegs sein wollen auch Mindestens drei angehende Fußball- Aber welche Pläne können das sein, Emma und Lily – aber bitte nur im Cab- Profis sind in der Kindergartengruppe, welche Lebensentwürfe, die in den rio. Bevor es soweit ist, da sind sich alle dazu ein Mädchen, das davon träumt kleinen Köpfen stecken? Auf der Suche sechs Mädchen einig, würden sie gerne Künstlerin zu werden, und auch Kranken- nach Antworten auf diese Frage haben lesen lernen – wegen der Geschichten, schwester ist ein Wunsch, der zaghaft wir uns zu einer absolut nicht repräsen- bei denen sie dann auf keinen Vorleser ausgesprochen wird. Völlig klar aber tativen Umfrage mit Kindern im Kinder- mehr angewiesen wären. auch, dass so ziemlich jedes Mädchen garten Meinsen unterhalten. bei den Stichworten „Prinzessin“ und Foto:©ade Leni guckt sich verträumt die Weltkarte „Ich denke mir, dass ich mal was für die „Ballerina“ sofort beginnt, aufgeregt an der Wand an. Der kleine Panda, der Umwelt mache – Bäume pflanzen oder zu wippen und „Ich auch, ich auch“, zu dort als typisch für China abgebildet so“, sagt Mateo mit ernster Miene. Der rufen. ist, wird von ihr ein wenig gestreichelt. erstaunliche Plan aus dem Mund eines Ob Leni nach China kommt, Ylve Pilotin Solch einen würde sie gerne sehen. Und Kindergarten-Kindes wird von Torge wird, Mateo Umweltschützer und Yannic dafür auch glatt nach China fahren. Aber nahezu noch übertrumpft. Der sieht von Pirat? Die Antworten darauf werden eigentlich, erzählt sie kurz darauf beim seinen Bauarbeiten in der Sandkiste auf noch auf sich warten lassen. Ohne eine Mensch-ärgere-Dich-nicht-Spiel, will sie und weiß, dass er Vulkanologe werden Vorstellung davon, was es machen doch Springreiterin werden. Dafür lernt will. Einen Experimentierkasten dazu hat möchte, welche Hoffnungen es hat und sie reiten. Im Schritt und im Trab kann sie er zu Hause und ist gespannt auf seinen welche Wünsche für die Zeit „wenn ich sich schon auf dem Pferderücken halten. nächsten Versuch. einmal groß bin“ ist jedenfalls keines der Ihre Freundin Emma gesellt sich dazu, als Eher klassisch ist dann wieder das, Kinder. (ade) Leni erzählt. Auch Lenis Augen leuchten. was Yannic will: Polizist ist sein Berufs- Springreiterin – ja, das ist ein guter Plan. wunsch. Dann überlegt er allerdings 12 Kinderwunsch
Karriere im Blick E ine internationale Karriere ist das Ziel von Johannes Helms und er ist auf dem besten Weg dahin. Herauszufinden, in welche Richtung er sein Leben laufen lassen möchte, sei er. Wie eigene Interessen mit den Mög- lichkeiten des Arbeitsmarktes in Einklang gebracht werden können, das erfuhr er erst nach und nach. der erste gute Abschluss wert, wenn er sah, dass viele seiner Kommilitonen nur darauf hinarbeiteten, in das elterliche Unternehmen einzusteigen. Das hatte er nicht in der Hinterhand. Andere Länder, allerdings nicht ganz so einfach gewe- Dem hingeworfenen Studium ließ er ein andere Sprachen waren schon immer sen, sagt der 30-Jährige. Jahr „Findungsphase“ mit Jobs folgen seine Leidenschaft. Im Hinblick auf die und fasste den Plan, zur Polizei zu gehen. Karriere, die er nun machen wollte, kam Ein Telefonat mit Johannes Helms muss Das klang interessant. Die Mutter eines ihm das Auslandsstudium also gerade gründlich verabredet werden. Nicht nur Freundes war bei der Kripo und hatte recht. Das zahlte sich aus. Direkt vom wegen der acht Stunden Zeitverschie- begeistert davon erzählt. Alle Prüfungen Studium weg wurde er vom Marktfüh- Foto:©priv bung von hier bis nach Chicago. Sondern im Auswahlverfahren bestand er mit rer Google engagiert. Ein Traumjob, bei auch, weil sein Terminkalender straff ge- Bravour, nur der letzte Test ließ den Plan dem Marketing, Business und Kreativität fasst ist. In der Mittagspause, da kann er letztlich scheitern. Was nun? zusammenkamen. All das, wozu er Lust es einrichten. Und dann davon erzählen, hatte! Im irischen Dublin war seine erste wie es ihn aus Hannover bis in die USA Er begann BWL zu studieren – weniger Station. Von dort ging es weiter nach verschlagen hat. Sein Plan zu Schulzeiten aus Neigung, sondern eher, „weil man Chicago. war das jedenfalls nicht. damit immer etwas anfangen kann“. Die Überraschung für ihn: Nach einem Den „großartigen“ Lebensplan, sagt er, Geodäsie – das hatte er sich als Studi- eher mittelmäßigen Abitur hatte er in habe er zwar nicht. An immer neuen Auf- engang nach dem Abitur ausgesucht. diesem Studium plötzlich richtig gute gaben zu wachsen, nicht stillzustehen Weil er Mathematik und Erdkunde als Noten. Und genauso plötzlich machte und immer weiter zu lernen, das sei aber Leistungskurse hatte und sein bester ihm dieses Studium Spaß. Von da an sein Ziel und dabei habe er die Karriere Freund das auch tat. Nach drei Wochen kniete er sich in die Arbeit und sah den immer im Blick. Auf der anderen Seite, wusste er allerdings schon, dass es Nutzen, den das Lernen für seine Zukunft und das komme mit voranschreitendem überhaupt nicht das war, was er wollte. haben konnte. Alter, fokussiere er mehr und mehr auf Womit er mehr wusste als ihm in seiner sein persönliches Leben. Eine gesunde ganzen Schulzeit vermittelt worden war. Dem Bachelor in Hannover ließ er einen Balance zwischen Karriere, Hobbies, „In der Schule wird man gar nicht darauf Master-Studiengang im britischen Bath Familie und Freunde sei schließlich der vorbereitet, was sich machen lässt“, sagt folgen. Denn was, fragte er sich, war Schlüssel zum Erfolg. (ade) Karriere 13
Flucht erfordert neue Lebensentwürfe R ichterin wollte Sara Hiba wer- den, um Menschen vor Unrecht zu bewahren. Das war der Plan, den sie schon als Kind gefasst hat. Außerdem wusste sie bereits damals, storben. Das war der Tag, an dem sie alle Pläne über den Haufen warf und begann darüber nachzudenken, ein anderes Leben zu leben. von Baschar al-Assad sollte er kämpfen. „Das hätte ich nicht tun können“, sagt er, „Leute erschießen.“ So beschloss das Paar zu fliehen. dass sie eine Familie gründen wollte – Samy Ashek hatte ganz ähnliche Pläne Die Geschichte, weshalb sie kurz darauf mit einem Mann und einem Kind. Nur wie Sara Hiba, als er noch ein Kind war. heirateten, damit der Palästinenser ein Kind, denn so, meinte sie, könne Alle Kinder in Syrien, sagt er schmun- Samy Ashek in dem Land, das die Syrerin sie Beruf und Familie unter einen Hut zelnd, wollten Ingenieur, Arzt oder Sara Hiba hoffentlich aufnehmen würde, bringen. Rechtsanwalt werden. Rechtsanwalt als auf Familien-Nachzug hoffen könne, ist Traumberuf hatte er sich ausgesucht. eine andere. Eine lustige Hochzeit, sagen sie, war das nicht. Dann flohen sie nach Deutschland. In den drei Jahren, die sie nun hier sind, haben sie in Münchehagen eine neue Heimat gefunden. So neu wie ihre Heimat ist, so neu sind auch die Pläne, die sie haben. Das Jura- Studium zu Ende zu bringen, ist für beide kein Thema mehr. Stattdessen tritt Sara Hiba eine Ausbildungsstel- le in einer Zahn- arztpraxis an und hofft Samy Ashek darauf, ebenfalls bald einen Ausbil- dungsver trag zu bekommen. Ihrer beider Traum ist es nun, endlich et- Foto:©ade was tun zu können und Geld zu verdie- nen. Enttäuschung darüber, ihren ur- sprünglichen Le- Diesen Lebensentwurf, schon in frühen Das, sagt er, sei schon der Traum seines bensentwurf nicht verwirklichen zu Jahren gefasst, hat sie konsequent ver- Vaters gewesen. Der habe aber nie die können, vermischt sich mit diesem folgt. Hat das Abitur gemacht, begonnen Möglichkeit dazu gehabt. neuen Lebensentwurf – aber sie stellen Jura zu studieren. In der Zwischenzeit Wie Sara Hiba macht Samy Ashek das sich den Realitäten. Wenn sie beide eine hatte sie Samy Ashek kennen gelernt. Abitur und begann, Jura zu studieren. Ausbildung abgeschlossen haben, dann Den Mann, mit dem sie sich vorstellen Ein zufriedenes kleines Leben stellte er wollen sie auch ein Kind bekommen. Ein konnte, ihr Leben zu verbringen. Die Vor- sich vor – reich wollte er nicht werden, Kind, nicht mehr. Damit hat sich Sara zeichen standen gut, dass sie ihre Pläne aber doch einen angesehenen Beruf Hiba durchgesetzt. Und dann, sagen sie verwirklichen könne. Bis zu dem Tag, an haben, mit dem er etwas bewirken kann. und lächeln sich an, dann würden sie dem ihr Vater starb – angeschossen im Eine Frau wollte er und zwei bis drei gerne ihre Hochzeit noch einmal feiern. Krieg, der in Sara Hibas Heimat Syrien Kinder. Als er jedoch schon einige Jahre In Münchehagen. Und als fröhliches tobte, medizinisch nur unzureichend Jura studiert hatte, bekam er seinen Fest. (ade) versorgt und so an der Verletzung ge- Einberufungsbescheid. In der Armee 14 Flucht
Generation Zukunft - Analog oder digital? E ine Frage der Balance… „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht haben über mich.“ (1. Korinther 6,12) gewohnt, dass wir Erwachsenen eigent- lich immer das Smartphone griffbereit haben: Fotos machen, Termine organi- sieren, Spielzeug und andere wichtige Dinge im Kleinanzeigen Portal jagen. Es ist wie so oft im Leben, auch beim Smartphone, eine „Einstellungssache“. Mein Handy ist zum Beispiel so ein- gestellt, dass ich darauf keine E-Mail empfange. Nachdem ich es zunächst Dieser Hinweis oder Rat aus dem 1. Ko- Das Handy ist schwer aus unserem Alltag sehr praktisch fand, noch schnell vor rintherbrief schwingt mit, wenn ich mir wegzudenken. Schon gar nicht, wenn dem Geburtstagsbesuch ein paar E- darüber Gedanken mache, ob ich mein ich auf meinen beruflichen Alltag blicke. Mails zu beantworten, weil ich ja noch Smartphone nicht ein bisschen zu häufig fünf Minuten Zeit habe, habe ich diese in den Händen halte. Kontaktarbeit – nicht nur im Bereich hohe Geschwindigkeit bald als belastend Es ist 5.30 Uhr. Ich schleiche in die Küche – der Jugend – läuft primär über einen empfunden. Jetzt landen E-Mails wieder will die Ruhe im Haus nutzen, schon ein- Messanger. Über 400 Kontakte zeigt im Büro, so, wie ein ganz normaler Brief, mal ein bisschen arbeiten (diesen Artikel mir mein Smartphone an, davon die der beantwortet werden will. schreiben) bevor die Kinder aufwachen Meisten aus dem Bereich der Gemeinde- ? 3.0 ilie am F Foto:©mw und Leben in die Bude bringen und dann und Jugendarbeit. Eine überschaubare Auch was den Familienalltag betrifft, ist die ersten Termine anstehen. Anzahl rein privat – oft verschwimmen das Smartphone für uns Eltern kaum Noch bevor ich die Kaffeemaschine die Grenzen. wegzudenken. Gleichzeitig muss ich mir erreicht habe, haben meine Finger wie immer wieder die Frage stellen, was ich selbsbestimmt das Smartphone aus Es ist eigentlich, wie mit dem „offenen den Kindern vorleben möchte, denn das dem Schlafmodus geweckt. „Keine neue Pfarrhaus“ – ich bin quasi immer (und wahre Leben ist analog und nicht digital. Nachricht?“ Denke ich – das ist ja was!“ sogar überall) ansprechbar. Nur eben di- Doch dann fällt mir ein, dass das Gerät, gital. Genau wie beim offenen Pfarrhaus Ich kann mit Dreck unter den Fingernä- genau wie ich, nur sechs bis sieben Stun- stellt sich auch bei dieser Erreichbarkeit geln ein Smartphone bedienen, aber mit den rumgelegen hat. die Frage nach der Abgrenzung. Denn so dem Smartphone keinen Sandkuchen praktisch und wertvoll die Kontaktarbeit backen. Ich kann mit dem Handy kom- Ich bin seit vier Jahren Pastor der Lan- per Smartphone auch ist – was lebe ich munizieren, aber Begegnungen müssen deskirche Schaumburg-Lippe und lebe meinen Kindern vor, wenn ich dauernd echt sein. mit meiner 5 Köpfigen Familie im wun- am Handy hänge? Und wie gelingt es Markus Weseloh, Pastor derschönen Steinhude. Unsere Kinder mir selbst abzuschalten, auch wenn das sind 2, 5 und 7 Jahre alt. Sie sind es Handy angeschaltet ist? Familie 3.0 15
Geplatzter Traum eines Sportlers S eit seiner frühen Jugend an gehörte der gebürtige Bückebur- ger Dennis Roloff (34) zu den hoffnungsvollsten Nachwuchstalenten im Deutschen Leichtathletiksport. Bis 2002 wurde er über 800 m Deutscher Meister. Es folgten Länderkämpfe und internationale Großwettkämpfe vor vielen tausend Zuschauern und TV Übertragungen. Viel Druck, der nicht ihm 2005 eine Oberschenkelverlet- einfach zu händeln war für einen jungen zung einen Strich durch die Rechnung Menschen. gemacht hatte. Der bis dahin auf nati- Sein Wechsel zum VfL Wolfsburg war onaler Ebene sehr erfolgreiche Mittel- verbunden mit einer Ausbildung zum streckenläufer musste seinen Traum Industriekaufmann bei Volkswagen. von Karriere und Erfolgen auf interna- tionaler Ebene aufgeben und sich ganz Was sich wie eine leichtfüßig hinzule- neu orientieren. gende Traumkarriere anhört, hat Dennis Vieles gekostet. Wenn die Freunde Par- Foto:©priv Bereits im Grundschulalter zeichnete ty machen wollten, musste er abwinken. sich ab, dass Dennis Roloff beste Vor- Das Training ging immer vor. Und wenn aussetzungen und Eigenschaften in sich andere sich nicht mehr hinterm Ofen trug, die für Erfolg im Leichtathletiksport hervorlocken ließen, dann lief er seine Ein Traum war zerplatz. Ein Lebensziel nötig und wichtig sind. Seiner damaligen Kilometer durch den Schaumburger war weggebrochen für Dennis Roloff. Sportlehrerin an der Grundschule Mein- Wald – egal wie nass, kalt oder neblig „Wenn es Dir klar geworden ist, dass sen, Christa Vauth, blieb das nicht ver- es gewesen war. „Das macht einen auch es nicht mehr geht, dann fühlst du dich borgen. Sie motivierte ihn zur Teilnahme hart!“ Außerdem, so Dennis Roloff, seien zuerst wie vor einem Scherbenhaufen.“ an Wettkämpfen in den Grunddisziplinen Ehrgeiz, Disziplin, Verzicht, Leidensfähig- Doch sein Blick zurück ist nicht nur Laufen, Springen und Werfen. Schon keit und ein straffes Trainingsprogramm wehmütig. bald stellte Dennis sein Talent durch sehr die Schlüssel zum Erfolg gewesen. „Beim gute Leistungen unter Beweis. Wettkampf bist du dann wie in Trance. Neue Ziele mussten erreicht werden, Im schulischen Sportunterricht, beim Du läufst wie durch einen Tunnel, in dem um den großen Erfolgshunger eines „Fiffy-Turnen“ des Rusbender Sportver- du nur noch das Ziel vor Augen hast. Da Leistungssportlers zu stillen. Ein persön- eins und bei Sportwettkämpfen ließ er kriegst du Härte und erwirbst die Fähig- licher Kontakt eröffnete ihm Optionen in die Mitschüler seiner Altersklasse sehr keit, auf den Punkt da zu sein.“ Es sei so, Freiburg. Über ein Studium an der Uni bald weit hinter sich. Bei Wettkampf- als ginge man durch die Hölle. Und es Freiburg und eine duale Ausbildung in veranstaltungen im Dreikampf an der steigere die eigene Leidensfähigkeit bis einem renommierten Immobilien- und Orientierungsstufe und an der Realschu- ans Maximum. Wirtschaftsbüro erlernte er die Grund- le in Bückeburg bestach Dennis durch lagen für seine spätere Selbständigkeit. außerordentliche Ergebnisse. Vor allem 2002 ereilte ihn ein Schicksalsschlag. Sehr schnell wurde klar, dass die Attri- das Laufen längerer Distanzen lag ihm. Seine Mutter verstarb völlig unerwartet. bute eines Leistungssportlers eine gute Auch seine Eltern haben die Begabung Drei Jahre später bereitete ihm aus dem Starthilfe im Wirtschaftsleben sind. von Dennis von Anfang an unterstützt, Nichts heraus eine Oberschenkelverlet- Parallel zum Studium kehrte er in seine gefördert und auch gefordert. zung große Probleme. Voller Hoffnung Heimat zurück und baute sein eigenes und bereit alles zu geben, kämpfte er Unternehmen auf. Als Jugendlicher startete Dennis für den darum, die Beeinträchtigung zu über- So sehr Dennis Roloff sich gewünscht VTB Bückeburg. Bei seinen ersten nie- winden. Namhafte Sportmediziner wie hatte, sein Talent und das Ergebnis seines dersächsischen Landesmeisterschaften Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt absoluten Einsatzes auf internationaler in Osterode belegte er als 14-Jähriger auf oder der bekannte DFB-Physiotherapeut Ebene und im olympischen Wettstreit der 1000 m Strecke mit 2,49 min. bereits Klaus Eder behandelten ihn über Jahre. unter Beweis stellen zu können, ver- den 3. Platz. Mit 15 Jahren legte er diese Doch alles persönliche Bemühen und die söhnte ihn mit dem schmerzhaften Distanz in 2,43 Minuten zurück. Behandlungen der Fachleute brachten Karriereende ein wenig, dass er auf dem Mit 16 wechselte er in die Leichtathletik- schließlich nicht den erhofften Erfolg. neuen Weg wiederum durch harten Ein- Abteilung zu Hannover 96 und wurde Als klar wurde, dass dies das Karriereen- satz, Disziplin und Begabung erfolgreich erstmalig niedersächsischer Landes- de für Dennis Roloff bedeutete, machte geworden ist. meister über 800 m. Von da an war er auf er zudem die bittere Erfahrung, dass „das „Mein Glück ist es gewesen, dass ich Landes- und norddeutscher Ebene nicht Interesse an Dir schnell abnimmt, wenn zum zweiten Mal Leidenschaft für eine mehr zu schlagen und gewann unzählige du nicht mehr die erwartete Leistung Sache gefunden hatte. Mit Fleiß, Mut Titel im Jugend- und Männerbereich. Mit bringst!“ Da sei er nahezu auf sich selbst und dem Glauben an sich selbst kann seinen Bestzeiten grenzte er an uralt be- gestellt gewesen. „Mit einem Mal fällt jeder alles erreichen.“ Sein beruflicher stehende Landesrekorde. Nun interes- man aus dem System heraus und hat das Erfolg im Immobilienmanagement gibt sierte man sich auf nationaler Ebene und Gefühl, dass man nur eine »Funktionärs- ihm Recht. (uh) holte ihn für die Nationalmannschaft. marionette« gewesen ist.“ 16 Sportler
Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an F ür Marianne Heinke (66), die im Bückeburger Ortsteil Bergdorf lebt, hat das Leben schon 2015 eine neue Wendung genommen. denen Fakultäten besuchen. Marianne Heinke entschied sich dafür, Studien an der Fakultät für Biologie zu treiben. Die Studierenden ab 50 können ihren Semesterplan selbst zusammenstellen. Nun bereitet sich Marianne Heinke intensiv auf einen Höhepunkt im kom- menden Wintersemester vor. Die pri- vate Naturschutzinitiative Un poco del Choco im Nordwesten Ecuadors bietet Marianne Heinke, die in Kenosha (Wis- Ob sie Klausuren mitschreiben oder Biologiestudierenden die Möglichkeit, consin/USA) geboren wurde und in ein Referat übernehmen, das ist ihnen während eines längeren Aufenthaltes Fort Wayne (Indiana) aufgewachsen ist, freigestellt. Einzig die Teilnahme an das faszinierende Ökosystem Regenwald siedelte im Alter von 17 Jahren mit ihrer Familie nach Deutschland über. Sie hätte als junge Frau gerne ein Medizinstudium begonnen. Ihre Familie war jedoch der Meinung, dass sie einen Beruf erlernen sollte, in den sie ihre Sprachkenntnisse einbringen könnte. In Hamburg hat sie zunächst eine Ausbildung zur Indust- riekauffrau abgeschlossen. Nach dem Umzug nach Bückeburg besuchte sie dort eine Wirtschaftsfachschule. Danach nahm ihr Leben seinen „geordneten“ Verlauf. Im April 2015 stieß sie in einer Tageszei- tung zufällig auf einen Artikel, in dem das Angebot der Bielefelder Universität für ältere Menschen vorgestellt wurde, Bil- dungsangebote an der Uni wahrzuneh- men. „STUDIEREN AB 50“ heißt dieses wissenschaftliche Weiterbildungspro- gramm für Erwachsene im mittleren und höheren Lebensalter. Sie sind eingela- den, in die Universität zu kommen und in geeigneten Veranstaltungen nahezu aller Fakultäten ihre Bildungsinteressen zu verwirklichen. Foto:©priv Marianne Heinke wurde sofort neu- gierig. Sie verspürte große Lust, Neues zu lernen und wieder „zur Schule zu gehen“. Ihr Wissensdurst und ihre Lust bestimmten Praxiskursen ist ihnen auf kennenzulernen und zu erforschen. am Lernen sind seit ihrer Schulzeit Grund der begrenzten Platzzahl ver- Die Choco-Ökoregion zählt zu einer der unvermindert stark in ihr geblieben. wehrt. artenreichsten Lebensräume auf der Marianne Heinke hatte im Lauf ihres Erde. Lebens vier Kinder großgezogen, ihren An vier Tagen in der Woche macht sich Mann unterstützt und nebenbei noch Marianne Heinke auf den Weg nach Bie- Sehr gespannt ist Marianne Heinke auf gejobbt. Nun wollte sie nach erfolgtem lefeld. Das Zusammenleben, -lernen und die Begegnung mit ihrem Lieblingsvogel, Eintritt in den Ruhestand die Chance –forschen mit den jungen Studierenden dem Kolibri, von dem im Naturreservat ergreifen, ihrer Lernleidenschaft im genießt sie. Mitstudierende hatte sie mehr als 30 Arten vorkommen. universitären Bezug und auf hohem auch schon in Bergdorf zu einem Praxis- Niveau nachgehen zu können. Zum Win- tag ihres Bestäubungs-Ökologie-Kurses Und wie lange dauert so ein Studium für tersemester 2015/2016 meldete sie sich zu Gast. Im Blütenmeer des heimischen Menschen ab 50? Marianne Heinke wird an der Uni in Bielefeld an. Als sich die Gartens wurden 24 Bestäuber, 12 keinen Studienabschluss erwerben. Sie Semesterferien im Sommer 2015 endlich verschiedene Bienenarten und 4 Hum- ist jedoch fest entschlossen, so lange an dem Ende zuneigten, war ihr Empfinden melarten identifiziert. Ihr besonderes der Bielefelder Uni zu studieren bis ihr kurz vor Studienbeginn: „Jetzt gehst du Interesse liegt in der Erforschung der Wissendurst gestillt und ihre Interessen nach Hause!“ Fortpflanzung von Blütenpflanzen und zufrieden gestellt sein werden. (uh) Bei „Studieren ab 50“ kann man Vorle- der Mechanismen der damit verbunde- sungen und Seminare an den verschie- nen Wind- und Tierbestäubung. Studium 17
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