ENGAGEMENT ROSALILA PANTHERINNEN UND IHRE PROJEKTE - GOLDENE PANTHERA - TUNTENBALL
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DAS BA L L M AGAZ I N — F EBRUAR 20 1 5 W W W.TU N TEN BAL L.AT GOLDENE PANTHERA MANEGE FREI ENGAGEMENT Der Preis für Courage Für eine Diversität RosaLila PantherInnen wird erstmals verliehen in unserer Gesellschaft und ihre Projekte
CIRCUS WELCOME TO THE FAMILY Seit 26 Jahren ist er einzigartig, glamourös und beliebt – der Tuntenball! Ein Abend für den guten Zweck, an dem die hoffnungsvollen Worte Toleranz und Diversität ebenso allgegenwärtig sind wie atemberaubende Kostüme und spektakuläre Shows. Ein Abend, den sich niemand entgehen lassen möchte. Aus einem einfachen Grund: Es ist das Andere, das Schril- le, das diesen Abend für zahllose BesucherInnen attraktiv macht. Konkret: Es ist dieser „Zirkus“, der einmal im Jahr von geschminkten Männern in High Heels, bärtigen Damen im Smoking und kunstvoll verzierten androgynen Gestalten dargeboten wird. Es ist dieses schillernde Volk aus bunt bemalten, kreativen Köpfen, stelzenhaft bestöckelten Bei- nen und feurigen Kunststücken, die allesamt akrobatisch anmuten und faszinieren. Foto © Peter Beck Wir kennen das Phänomen Zirkus seit Kindertagen. Wir woh- nen dem Spektakel gerne als Schaulustige bei und kehren nach der Vorstellung zurück in unser normales Leben. Doch wir kehren nicht alle in dieselbe Alltagswelt zurück. Viele Menschen werden von ihren MitbürgerInnen ausgegrenzt, weil sie anders leben, anders aussehen und sich anders gestellt – und somit dargelegt, was mit dem Reinerlös des präsentieren als die Mehrheit der Bevölkerung. In unserem Charity-Events Tuntenball passiert. Zirkus Tuntenball wollen wir genau das aufgreifen und offen zur Schau stellen: Ja, wir sind anders! Ja, wir sind ein bunter Mit dem Kauf einer Ballkarte haben unsere Gäste heuer Zirkus! Wir rufen „Welcome to the family“ – und laden alle den Verein StopAIDS mit 1 Euro unterstützt. Der langjährig Menschen herzlich zu uns ein. bestehende Verein StopAIDS richtet sich an die nach wie vor größte HIV-Risikogruppe: Männer, die Sex mit Männern Zirkus, Courage und der Nutzen eines großen Charity-Events – haben. Der Verein bietet Informationen und Aufklärung zu das diesjährige Tuntenballmagazin Panthera steht ganz im HIV und will Safer Sex zur Selbstverständlichkeit machen. Zeichen des Ballmottos und ist in drei Rubriken unterteilt. Im ersten Teil wollen wir das Thema Zirkus aus verschiede- nen Blickwinkeln beleuchten, im zweiten auf Courage ein- gehen, auf die Courage jener Menschen, die sich tagtäglich für Vielfalt, Toleranz und Gleichberechtigung einsetzen. Im dritten und letzten Teil werden schließlich die zahlreichen Martina Weixler gemeinnützigen Projekte der RosaLila PantherInnen vor- Vorsitzende der RosaLila PantherInnen (RLP) INHALT: 2 ZIRKUS 24 COURAGE 40 PROJEKTE 56 IMPRESSUM TUNTENBALL 2015 | 1
Hereinspaziert, hereinspaziert! Herzlich Willkommen in unserer großen Familie. Vergessen Sie Ihren grauen Alltag und kommen Sie mit uns auf eine zauberhafte Reise, in die bunte Welt des Zirkus. Ein Ort an dem mehr möglich ist, als Sie es sich in Ihren kühnsten Vorstel- lungen ausmalen könnten. Sie werden mit uns lachen, staunen, sich wundern und begeistern in diesem “Zelt“, welches die Magie besitzt uns alle zu vereinen! Manege frei und Vorhang auf für den Tuntenball!
ZIRKUS DIE FASZINATION FUR DAS FREMDE Was haben Wagenrennen, Pferdevorführungen im Freien und ein Zirkuszelt gemeinsam? Auf den ersten Blick nicht viel. Bei genauerer Betrachtung wird man jedoch feststellen, dass „Circus“ vielfältig ist, wenngleich sich auch die Form und die Programminhalte verändert haben. Der Zirkus blickt auf eine lange und ereignisreiche Tradition zurück und übt nach wie vor eine ungebrochene Faszination auf die Menschen aus. TEXT: MICHAELA FEINER Schon beim Betreten des Zirkusgeländes erfasst jeden/ jede BesucherIn, egal ob groß oder klein, Aufregung und Vorfreude auf ein einzigartiges Spektakel. Es riecht nach einer Mischung aus Zuckerwatte, Popcorn, Stroh und Tieren. Zirkusleute in glitzernden Uniformen helfen den Besucher- Innen ihren Platz zu finden und verkaufen bunte Leucht- stäbe. Etwas abseits bereiten sich AkrobatInnen und Artis- Foto © Julia Reichmayr / panchroma tInnen auf ihren Auftritt vor. Schon bald ist klar, dass sich das Leben der Zirkusleute grundlegend von dem „bürger- lichen“ Leben mit festem Wohnsitz, staatlich festgelegter Schulausbildung und geregelten Arbeitszeiten unterschei- det. Es ist anders und vielen von uns erscheint es fremd und gleichzeitig faszinierend. Wie ist der Zirkus überhaupt entstanden? Varieté und Wanderzirkus Der lateinische Begriff „circus“ bezeichnet eine kreis- oder Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als das Varieté an Bedeu- ellipsenförmige Arena, in der im antiken Rom in erster Linie tung gewann, wurden auch im Zirkus vermehrt artistische Wagenrennen stattfanden. Nur vereinzelt wurden auch Vorführungen dargeboten. Rollschuhlaufen, Eislaufen und Kämpfe zwischen Gladiatoren und Tieren ausgetragen. Eines Kunstschwimmen wurden ins Programm aufgenommen und der am besten erhaltenen Beispiele ist der Circus Maximus die Akrobatik wurde zu einem Hauptbestandteil der Zirkus- in Rom. Der moderne Zirkus entstand Mitte des 18. Jahrhun- vorführungen. derts in England. Philip Astley (1742-1814), Besitzer einer Eine weitere Innovation, die einen eigenen Zirkustyp, den Reitschule in London, gab um 1770 erste Reitvorführungen. Wanderzirkus, hervorbrachte, war das Zirkuszelt. Zuvor In Anlehnung an den Circus Maximus nannte er seine Are- fanden die Darbietungen im Freien, in kleinen Schaubuden na „Circus“ und wählte bewusst eine runde Form. Zu Beginn bzw. später in festen Spielhäusern statt. Der amerikanische hatte die Manege einen Durchmesser von 19 Metern. Damit Zirkusdirektor Aron Turner benutzte 1830 ein Leinwandzelt die Reiter bei ihren Vorführungen die Zentrifugalkräfte bes- mit einem einzigen Mast in der Mitte, vergleichbar mit einem ser nutzen konnten, verringerte Astley den Durchmesser auf Regenschirm. Der Vorteil lag darin, dass sogar in kleinen 13 Meter, was bis heute dem üblichen Standard entspricht. Städten, die über keinen eigenen Zirkusbau verfügten, Vor- Astley ergänzte seinen Circus um ein Orchester, einen Clown, führungen gezeigt werden konnten. Der Zirkus war – und ist Jongleure und weitere Artisten. Ab 1770 waren sogar ein es auch heute meist noch – ein Familienunternehmen, das chinesisches Schattentheater und ein Ballett Teil der regel- vom Vater an den Sohn weitergegeben wurde. mäßigen Aufführungen. TUNTENBALL 2015 | 3
THE SHOW MUST GO ON Fotos © Anita Stöcher / Wolfgang Ebner www.alexanderschneller.com/medien-presse/
Der Zirkus Pikard feierte im letzten Jahr 25-jähriges Jubiläum. Alexander Schneller hat als jüngster Zirkusdirektor Österreichs die Aufgabe übernommen, ihn ins nächste Vierteljahrhundert zu führen. Mit uns spricht er über sein Leben, Vorurteile und die Zukunft seines Familienerbes. TEXT: KRISTINA WEIMER Alexander Schneller sieht nicht so aus, wie man sich einen „Im Zirkus sind alle TierquälerInnen“, dann sucht er das Zirkusdirektor vorstellt. Er ist jung und sportlich, weder Gespräch, denn, „man kann nicht alle in einen Topf werfen.“ mit grauen Schläfen noch mit kleinem Bauchansatz unter Der junge Direktor ist sich sicher: „Toleranz ist keine Ein- der Direktorenuniform. Wenn er aber beginnt über seinen bahnstraße!“ Ob Homosexualität auszuleben im Zirkus ein- Zirkus und das Leben in der Manege zu sprechen, dann facher sei, verneint er: „Warum auch?“ Schlussendlich käme versteht man, dass er mit Leib und Seele Direktor des Zirkus es darauf an, mit Herzblut und Leidenschaft in der Manege Pikard ist. Seine Hingabe und zu stehen. Wer wen liebt, das seine Liebe zu dem was er sei vollkommen nebensächlich. tut, spiegeln sich in seinem Einmal jedoch, erzählt er, sei er Lächeln wider, wenn er über “DER ZIRKUS IST SCHON doch verblüfft gewesen. Zwei sein Leben spricht. Der Zirkus rumänische Hilfsarbeiter waren ist Familienangelegenheit, SEHR SCHWUL!” händchenhaltend über den gegründet wurde er von Vater Zirkusplatz marschiert. „1,90 m Ernö und Mutter Elisabeth und kahlrasierte Köpfe. Das 1989, nachdem sie 30 Jahre lang als Artisten um die Welt erwartest ja nicht!“, gibt er lachend zu. Besonders homo- gereist waren. Alexander Schneller wuchs sozusagen im sexuelle ArtistenInnen können tolle Shows auf die Beine Zirkuswagen auf und in seine Aufgaben hinein. „Mein gan- stellen und wüssten genau welche Effekte am besten funk- zes Leben lang bin ich im Zirkus“, erzählt der heute 27-Jähri- tionieren: „Der Zirkus ist schon sehr schwul!“ ge und ergänzt, „ich hab‘s zuhause einfach am schönsten!“ Etwas anderes wollte er nie machen. Zwei seiner Schwes- Den Zirkus in die Zukunft führen tern haben sich für ein „normales Leben“ entschieden, doch Die Faszination am Zirkus liegt in den unterhaltsamen und seine älteste Schwester Romana, sein Schwager sowie ein oft unglaublichen Attraktionen in der Manege. Damit diese paar der Nichten und Neffen führen wie er das Artistenleben Faszination weiter wächst, plant Schneller das Konzept des seiner Eltern fort. Zirkus ist Kunst und harte Arbeit zugleich Unterrichtet von der Mutter und trainiert vom Vater zeigte Schneller nicht nur großes Talent als Jongleur, sondern auch das entscheidende „Zirkus-Gen“, das er schon bei seiner neunjährigen Nichte Gloria erkennt. Er erklärt lachend: „Kinder und Tiere kannst du zu nichts zwingen. Sie haben Narrenfreiheit.“ Von den anderen ArtistInnen und sonstigen MitarbeiterInnen, 15 an der Zahl, erwartet er viel Profes- sionalität. Urlaub gibt es nur in Ausnahmefällen, wie einem Todesfall in der Familie. Sonst gilt während der neunmona- tigen Tournee: „The Show must go on!“ Er verfolge als Chef die Devise „hart aber herzlich“. „Die Leute erwarten eine gute Show. Man muss sehr professionell sein.“ Dafür trai- niert der junge Jongleur etwa zwei Stunden täglich. Ansons- ten gibt es für ihn in der Organisation des Zirkusbetriebes viel zu tun. Um in der Manege Kunst bieten zu können, muss im Hintergrund die Arbeit reibungslos ablaufen. Deshalb ist Zirkusses zu modernisieren, um auch weiterhin gute Shows Schneller immer „der Erste, der kommt, und der Letzte, der und viel Abwechslung bieten zu können. „Monatlich wech- geht.“ selnde ArtistInnen mit einem fixen Team im Hintergrund, das ist der Zirkus der Zukunft!“ In diese Zukunft will der Leidenschaft zählt in der Manege junge Chef seine Crew führen und bekommt dann für seinen Mit Vorurteilen über den Zirkus und das Zirkusleben kann jugendlichen Elan hoffentlich weiterhin Liebesbriefe per Alexander Schneller nur wenig anfangen. Hört er Sätze wie: Facebook. TUNTENBALL 2015 | 5
DIE BALLNACHT Mit dem diesjährigen Ballthema Zirkus spielen die RosaLila PantherInnen bewusst mit der Ambivalenz zwischen Bewunderung und Verachtung. Wie am Jahrmarkt oder im Zirkus gibt es auch am Tuntenball viel Bewunderung für die bunten Vögel. TEXT: DAS ORGANISATIONSTEAM Fotos © Alexandra Thompson Unsere Ballorganisatoren Herr Finnland und Gerhard Prügger Das Publikum staunt und hat Spaß an der Unterhaltung. ‚monogamen Schwulen’ in zirkushafter Manier auf Klischees Doch wie auch im echten Leben gibt es noch immer Men- aufmerksam“, so die Ballorganisatoren Herr Finnland und schen, bei denen dieses selbstbewusste Auftreten Angst, Gerhard Prügger, die bereits zum zweiten Mal den Ball Unsicherheit und Aggression auslöst und die daher zur Vor- inszenieren. verurteilungen neigen. Für die RosaLila PantherInnen sollen genau aus diesem Grund Wörter wie „Freaks“ oder „Tunte“ Wer seine Ängste überwindet und sieht, dass sich auch hin- positiv umgedeutet und angeeignet werden. Mit dem wich- ter den schillernden Zirkusgestalten Menschen wie du und tigen Zusatz „Welcome to the family“ laden die RosaLila ich befinden, wird verstehen, wie sehr diese zauberhaften PantherInnen daher die Ballgäste ein, selber ein Teil dieser Wesen unsere Stadt, unser Land und auch den Tuntenball als verrückten und kreativen Welt zu werden. Charity-Veranstaltung bereichern. „Auch hier in Österreich Egal ob hetero-, bi-, homo-, trans- oder intersexuell – es gibt es leider kaum eine Lesbe oder einen Schwulen ohne gilt, trotz all dem Tanz und Spaß noch immer Vorurteile ab- Diskriminierungserfahrung. Genau dem gilt es – wie jedes zubauen. „Das vom Drag-Künstler und Art Designer Dutzi Jahr am Tuntenball – mit Lebenslust und Spaß entgegen- Ijsenhower gestaltete Plakat zeigt die Vielschichtigkeit der zutreten“, so Martina Weixler, Vorsitzende der RosaLila Szene und macht mit der ‚unsichtbaren Lesbe’ oder dem PantherInnen. TUNTENBALL 2015 | 6
AUDIO CIRCUS Was Britney Spears, Lenny Kravitz und die deutsche Band MIA miteinander verbindet? Sie sind fasziniert vom Zirkus. Wie sich das äußert, erfahrt ihr hier. TEXT: MICHAELA RAUCH Britney Spears „Circus“ Chorus: All eyes on me in the center of the ring just like a circus When I crack that whip everybody gon‘ trip just like a circus Fotos © Circus Live Boston by petercruise „compul- siveprep_8“ CC BY-SA-3.0 (http://bit.ly/1GBkvbu) Don‘t stand there watching me, Follow me, show me what you can do Everybody let go, We can make a dance floor just like a circus. Was wäre der Pop-Zirkus nur ohne Britney Spears? Und was wäre Britney für ein Sternchen, wenn sie nicht das Rampenlicht genießen würde? Für sie versinnbildlicht die Zirkusmanege das Leben, in dem alle Augen nur auf sie gerichtet sind. In der Tuntenball-Manege kann man diesem ambivalen- ten Gefühl, das mit dem „Gesehenwerden“ einhergeht, freien Lauf lassen und abshaken was das Zeug hält. Lenny Kravitz „Circus“ Chorus: What kind of circus is this? What kind of fools are we? by Carlos Delgado CC BY-SA-3.0 (http://bit.ly/10CXqEg) Fotos © Lenny Kravitz - Rock in Rio Madrid 2012 – 37 When is the final curtain? What can I do to set me free? Chorus: Welcome to the picture show Watching your life – Never know which way to go It might not be right – So you better be strong Lenny Kravitz sieht im Zirkus eine Metapher für sein „Spiel des Lebens“. Ist alles genau so, wie wir es vermuten? Oder ist vielleicht alles ganz anders? Was ist Maske, was ist echt? Auch am Tuntenball kann man sich die Frage stellen: Wer bin ich wirklich? Wer möchte ich sein? Zum Ausloten und Aus- probieren bietet sich die Tuntenball-Manege perfekt als Spielwiese. Also: Kommt raus, spielt und wechselt die Masken! MIA „Zirkus“ Chorus: In der Manege, in dem Rampenlicht, Sieht man meine weiße Schminke – ich steh dahinter Fotos © Mia 03-10 72 by Ronny Marzok „Rmweb“ In der Arena, auf dem Trapez, Hab ich Zeit für Fantasie In der Manege, in dem Rampenlicht, CC BY-SA-3.0 (http://bit.ly/1GBhNTv) Hört man mein glockenhelles Lachen – ich steh dahinter In der Arena, hoch auf dem Seil, Lass ich drei Wünsche frei. MIAs Mieze miaut über die Masken, die man sich im (Zirkus-)leben auf- setzt, über Fassaden und dass sich dahinter alles mögliche befinden kann. Nichts ist so, wie es scheint. Egal ob Clown oder Zirkuspferd – heute Nacht kannst du alles und jeder sein. Ab auf das Trapez! TUNTENBALL 2015 | 7
DES TUNTENBALLS NEUE KLEIDER Freizügigkeit ist am Grazer Tuntenball zwar ausdrücklich erwünscht, doch bunte Kostüme sind ebenso fixer Bestandteil des Spektakels wie die schönen Körper, die sie verhüllen. Die VeranstalterInnen des Grazer Tuntenballs, die RosaLilaPantherInnen, suchten sich für die Fertigung ihrer Kostüme eine Kreativschmiede, an der schon Geschichte geschrieben wurde: Denn schon Conchita Wurst schneiderte in den Werkstätten HBLA-Modeschule am Grazer Ortweinplatz. TEXT: SIMONE KELLNER & ALEXANDRA MEYER Gemäß des Tuntenball-Mottos 2015 „Circus – Welcome to le als Dompteur Parallelen zu ihrer Funktion als Menschen- the Family“ designten und schneiderten Alexandra Fauler rechtsaktivistin. Katharina Rejc und Alexandra Fauler waren und Katharina Rejc, zwei Schülerinnen des Kollegs für Mode vor der letzten Anprobe aufgeregt, aber sichtlich erleichtert, der HBLA am Ortweinplatz, die Kostüme von Martina Weixler, als sie die glücklichen Gesichter der beiden Zirkusdarsteller der Vorsitzenden der RosaLila PantherInnen, und ihrem Vize sahen. Die Materialien waren anspruchsvoll zu bearbeiten. Joe Niedermayer. Seit vier Monaten, an jeweils drei Tagen So wurden 10 Meter Tüll beispielsweise handgeknüpft und pro Woche, schnitten, nähten und klebten die beiden Jung- auch die Epauletten selbst gemacht, aber: „Die Arbeit ging designerinnen an den Tuntenballkostümen und das Ergebnis uns leicht von der Hand und auch die Zusammenarbeit funk- kann sich sehen lassen. tionierte einwandfrei“, betonen die beiden. Martina Weixler verwandelt sich in einen Zirkus-Dompteur „Eigentlich benötigt ein derartiges Projekt ein Jahr Vorberei- mit rotem Samtfrack, Joe Niedermayer wird zur kuscheligen tungszeit, aber unsere zwei Designerinnen leisteten unter Pantherin im Fellkostüm mit pinker Schleife und Tutu. Die einem sehr engen Zeitplan und trotz einer sehr anspruchs- Befürchtung, dass die Kostüme nach den Weihnachtsfeier- vollen Arbeitstechnik Hervorragendes“, betont die Direktorin tagen nicht mehr passen könnten, bewahrheitete sich zur Prof. MMag. Barbara Krenn-Schöggl. Sie ist stolz, dass ihre Freude aller nicht. Martina Weixler ist von den knalligen, Schule für Offenheit gegenüber allen Kulturen, Religionen aber eleganten, Farben beeindruckt und sieht in ihrer Rol- und Sexualitäten steht – genau wie der Grazer Tuntenball. TUNTENBALL 2015 | 8
Fotos © Xaver Lindlbauer TUNTENBALL 2015 | 9
STEP BY STEP ZUR MISS TUNTENBALL Für eine schrille Ballnacht ist eines gewiss: Das perfekte Make-up muss Vorzüge nicht nur hervorheben, sondern auch die ganze Nacht halten. Heimo Gössler, Professional Make-up- Artist in der Grazer Schmiedgasse 21, zeigt an Gloria Hole, der Miss Tuntenball 2014, worauf es bei der professionellen Verwandlung zur Dragqueen und einem perfekten Look ankommt. TEXT: SIMONE KELLNER Schritt 1: Die Make-up Base Stage Performer (mit Schwämmchen auftragen) lässt das Gesicht frischer aussehen. Die darauf folgende UV-Underbase (BB-Mousse) gibt dem Look einen schönen Glanz. Schritt 2: Die größte Herausforderung beim Schminken zur Dragqueen ist es, den Bart zu verdecken. Hier der ultimative Geheim- tipp: orangen Lidschatten über die Bartstellen schminken. Darüber nochmals Make-up (für den besseren Halt am bes- ten geklopft). So bleiben die Bartstoppeln Stunden später noch verdeckt. Schritt 3: Der perfekte Lidstrich wird mit einem flüssigen Eyliner von der Mitte der Auges (Irishöhe) nach außen und in einem zweiten Zug nach innen gezogen. TUNTENBALL 2015 | 10
Fotos © Peter Oswald/Tastylicious Schritt 4: Um der Lidfalte mehr Tiefe zu geben, wird zuerst mit dunklem Lidschatten ein Strich in der Lidfalte gezogen und dann mit hellem Lidschatten nachgearbeitet. Eye-Shadow: knalliges gelb. Um das Auge größer wirken zu lassen, schminkt man von außen nach innen. Schritt 5: Für perfekt geschwungene Augenbrauen wird am höchsten Punkt (auf Irishöhe) begonnen und ein Strich mit einem Augenbraunstift nach außen gezogen. Im zweiten Schritt nach innen. Schritt 6: Rouge im satten Pink wird von außen nach innen geschminkt. Drop-Shadow (unterm Lid). Schritt 7: Falsche Wimpern verleihen einen verführerischen Diva-Look. Schritt 8: Für Dragqueens ist es besonders wichtig, die Nase zu ver- schmälern. Dafür einen hellen Strich (mit Lidschatten) von der Nasenmitte nach unten bis zur Nasenspitze ziehen. Dann mit einem Pinsel mit einem dunkleren, warmen Ton nach außen über die Nasenflügel pudern. Schritt 9: Kinn-Conturing: Um das Kinn weicher wirken zu lassen, pudert man mit einem matten Puder vom Kinn weg Richtung Ohren. Schritt 10: Lippen – schwarzer Lippenstift wird mit einem Pinsel (Bors- tenpinsel mit scharfer Kante) aufgetragen. Die Konturen bleiben matt und auf die Mundmitte wird ein Gloss aufge- tragen – für einen perfekten 3D-Effekt, der die Lippen voller wirken lässt. T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 11
MANEGE FREI für den Vorstand der RosaLila PantherInnen! Joe, Pantherin Felix, Wolf Chris, Schwangere Ballerrina T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 12
Nicki, Dompteurin Foto © Mike MacBi Monika, Clown Peter, Zauberlehrling Martina, Dompteur T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 13
Eine große Familie „Welcome to the Family!“ ist nicht nur Teil des diesjährigen können und eine nächste Generation an Familie an den Ball Ballthemas, sondern auch unser persönliches Motto als heranzuführen. OrganisatorInnen, seit wir letztes Jahr den Jubiläumsball ausrichten durften. Denn genauso herzlich wurden wir von Die Tuntenball-Familie umfasst dabei Menschen, die so vielen großartigen Menschen, die seit Jahren den Ball un- verschieden wie der Zirkus sind und dennoch alle mit vollem terstützen, als Teil dieser Ballfamilie willkommen geheißen. Engagement aus dem gleichen Grund zusammen in ein „Haus“ kommen: Gemeinsam gegen Homophobie und Aus- Glaubt manche/r BallbesucherIn vielleicht, dass diese ein- grenzung kämpfen. Und dabei wird niemand ausgeschlos- zigartige und karitative Veranstaltung von uns OrganisatorIn- sen. nen alleine geplant wird, so irrt er/sie gewaltig. Denn hinter Einen Ball auszurichten heißt für uns nicht nur, alles zu dieser einen Ballnacht steht ein ganzes Heer an HelferInnen organisieren, es geht uns darum, die richtigen Menschen und FreundInnen, die uns von Anfang an als „Familie“ vorge- zusammenzubringen. stellt wurden und die wir auch als solche ansehen. Aus diesem Grund dürfen wir auf den nächsten Seiten die Eine von vielen klassischen Definitionen besagt, dass sich wahren Macher des Tuntenballs und somit auch unsere Familie durch das Zusammenleben von mindestens zwei Familie mit großer Freude vorstellen und uns auf diesem Generationen in einem Haushalt auszeichnet. Und irgend- Wege noch einmal herzlich bei ihnen bedanken! wie gefällt uns dieser Vergleich, denn für uns im Ball-Team heißt das, von einer ersten Generation an BallgestalterIn- Martin Hötzeneder & Gerhard Prügger nen lernen zu können, aber auch neue Impulse setzen zu aka Herr Finnland & Butter T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 14
Foto © privat Foto © Julia Reichmayr / panchroma Unsere PR-Leiterin Unsere Alexandra Meyer leitet Chefredakteurin rund um den Tunten- Ruperta Maria Steinwen- ball das PR-Team und ist der wurde mit der Auf- für die Pressekontakte gabe der Chefredaktion zuständig. Erst kürzlich ist der diesjährigen Ausga- sie mit ihrer Dissertation be der Panthera betraut. aus dem Bereich der Lite- Die akademische Me- raturwissenschaften fertig dienfachfrau sammelte geworden. Sie studierte Erfahrungen als Co-He- American Studies und das rausgeberin, Chefredak- Medienfächerbündel an teurin, Pressereferentin der Uni Graz. Seit 9 Jahren und freie Journalistin in ist Alexandra Meyer in den verschiedenen Medien. verschiedensten Berei- Derzeit arbeitet Ruperta chen der Öffentlichkeits- M. Steinwender als Me- arbeit tätig, wobei sie am diendesignerin neben MEYER längsten in der Postgara- ge, wo auch das FAGtory ihren Studien der Eu- ropäischen Ethnologie STEINWENDER Clubbing der RosaLila PantherInnen stattfindet, arbeitete. und Medien. Zur Tuntenball-Family kam sie im Supermarkt beim Einkau- „Der Tuntenball ist eine gute Möglichkeit auf Diversität in fen. Dort traf sie auf die RLP-Vorsitzende Martina Weixler, der Gesellschaft aufmerksam zu machen und Toleranz zu die über gemeinsame Bekannte von ihr gehört hatte und so forcieren.“ wurde sie gefragt, ob sie Teil des PR-Teams werden möchte. Courage bedeutet für mich, auf Worte Taten folgen zu Sie sagte zunächst ab und dann begeistert zu. lassen, wenn es die Situation verlangt. Courage bedeutet für mich, sich gegen Dominanzdiskurse zu wehren. „In einem Land mit unserer Geschichte halte ich es für unsere historische Pflicht bei Diskriminierung aufzu- stehen und nicht schweigend daneben zu sitzen.“ Unser Stammgast Unser Grafiker Mit mehr als 15 besuchten Tuntenbällen zählt Christian Andreas Walzl betreut seit 2007 die Grafik für den Tuntenball. Weber zu den Stammgästen und ist bereits ein Teil der Letztes Jahr feierte er sein 10-jähriges Tuntenball- Jubiläum. „family“. Jedes Jahr überrascht er mit seinen extravaganten Auf die Frage, welchen Part er in der Zirkusfamilie beim dies- Kostümen und seinem Faible für den Ball. Früher traf er sich jährigen Tuntenball übernimmt, antwortet er: „Irgendetwas mit Freunden und Bekannten Zuhause, um sich gemeinsam zwischen devoter Katze und scharfem Tiger.“ Er liebt den auf den Ball vorzubereiten Tuntenball für all die Foto © Djulijan Ramakic Foto © Mike MacBi und einzustimmen. In den herrlich ausgefallenen letzten Jahren organisierte Abendgarderoben, egal Christian Weber jedoch im- ob Obstkorb am Kopf, mer größere private Events, ein in die Frisur einge- wie die Nostalgie-Stra- flochtener Vogelkäfig ßenbahn zum Tuntenball oder ein Kleid aus Vor- 2014, wo in jedem Wagon hangstoff. eine Live-Band performte Courage bedeutet für und ausgelassen vorgefeiert ihn, sich nicht zu verste- wurde. cken. „Man muss nicht „Jede und jeder soll sein Le- immer den Zaunpfahl ben so gestalten, wie sie/ schwingen und krei- er es für richtig hält. Ach- schen: Haaaaallo, ich tung, Verständnis, Toleranz, bin schwul! Aber wenn Akzeptanz und Liebe sind es zum Thema wird, ist gefragt. Schade, dass man es wichtig, dass man zu nicht jeden Tag Leute trifft sich selbst, seinem/r die ähnlich wie die Tunten- PartnerIn und zu seiner ball-Gäste denken!“ Überzeugung steht.“ WEBER WALZL T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 15
Unsere Unser Foto © privat Foto © Inge Prader Conférencieuse Squaredance-Profi Die Sängerin und Tänzerin Aimée Natter ist Miruna Mihailescu ist die- Tänzer in, Choreogra- ses Jahr zum ersten Mal fin, Tanzlehrerin und beim Tuntenball und hat Trainerin der Grazer die Aufgabe der Conféren- Hip-Hop-Showtanzgrup- cieuse übernommen. Sie pe „YoMaCru“. Am Ball eröffnet darüber hinaus wird sie die Gäste dazu den Ball mit zwei Liedern, bringen, die Hufen zu die unterschiedlicher nicht schwingen und den Gra- sein könnten: ein Chanson zer Congress mit guter und eine Rocknummer. Laune und fetzigen Tanz- Die Wichtigkeit von Diver- schritten zum Beben zu sität – wie bei den beiden bringen. Aimée ist ein Songs – vergleicht sie mit sehr offener, verrückter Farben: „Es gibt nicht nur Mensch, der sehr viel MIHAILESCU schwarz und weiß. Tole- ranz ist, alle Farben exis- Wert auf Freiheit und Toleranz legt, deshalb NATTER tieren zu lassen.“ kann sie das Motto und die Einstellung des Balls voll und ganz vertreten: „Als Tän- zerin lerne ich immer wieder Menschen aus allen möglichen Ländern, Klassen und mit den unterschiedlichsten Gesin- nungen kennen und setze mich sehr für Akzeptanz ein!“ Im Herbst 2012 übernahm das junge TrainerInnenteam Unsere Foto © privat Stephan Offenbacher, Elly Gschier, Lissi Barry und Johanna Zirkustänzerin Drexler die Kinder- und Jugendgruppe der Sportakrobatik Die diplomierte Profiba- des Allgemeinen Turnvereins Graz. Vor einem Jahr stellten letttänzerin und Choreo- sie die Showgruppe „Acrotastic“ zusammen, mit der sie seit- grafin wurde in Russland dem regelmäßig bei verschiedenen Veranstaltungen ihre ak- geboren und auch aus- robatischen Künste darbieten. Auch zwei Kinder bereichern gebildet. Sie übernimmt die Gruppe, die auf dem den Part der Zirkustän- diesjährigen Tuntenball zerin im Rahmen der Er- auftritt, denn damit wollen öffnung des Tuntenballs. sie zeigen, dass mit dem Courage bedeutet für sie SHOWGRUPPE Thema Diversität von klein auf umgegangen werden Selbstbehauptung und das Eintreten für Diskri- sollte. „Acrotastic“ ist es minierte. „Ich setze mich ein Anliegen beim Tunten- für Toleranz und Diversi- ball mitzuwirken, um ein tät ein, da ich als Aus- Zeichen der Toleranz zu länderin in Österreich setzen. „Unser Sport ist mit lange Zeit Leidtragende viel Schweiß und Energie von Intoleranz und Xeno- verbunden – genauso wie phobie war.“ die Arbeit, mehr Akzeptanz in der Gesellschaft zu errei- chen.“ PANZENBOCK Foto © Elisabeth Barry T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 16
Die Patronessen des Tunten- Ornella de Bakel • Foto © Sean Mac Andrew balls sind wunderschön – das Tamara Mascara • Foto © Dimitrios Vellis muss einfach so gesagt wer- Lucy McEvil • Foto © Jana Madzigon den. Sie haben ihren indivi- Meth • Foto © Benjamin Giddins duellen Stil und sind in unter- schiedlichen Bereichen tätig – aber was sie vereint, ist nicht nur dieser Ball, sondern die Tatsache, dass sie Vorbildwir- kung haben. Jede für sich hat in ihrem Bereich großartiges geleistet. Auf Conchita Wurst • Foto © Paz Stammler Photography persönlicher, künstlerischer, sozialer und/ oder politischer Ebene. In einer Gesellschaft, die, wie wir beschämt eingestehen müssen, Lilo Wanders • Foto © Michael Reeh Tunten, Transen, Transvestiten, Drags usw. Vera de Vienne • Foto © privat immer noch als Randphänomene, als Abson- derlichkeiten und als Freaks behandelt. Für uns sind sie unsere strahlenden Vorbilder und Leitsterne. Personen, die – egal wie alt sie sind, welches biologische Geschlecht oder welche sexuelle Orientierung sie haben – Herausragendes leisten und das in Stöckel- schuhen. Das ist unsere Definition der Tun- tenball-Patronessen und wir sind unglaublich stolz auf sie. PATRONESSEN Ohne flowerpower wäre der Tuntenball nicht Foto © Mike MacBi mal halb so schön. Seit 2002 gibt es den Blu- menshop von Christian Hofmann und Harald Purkarthofer in Graz. Gemeinsam mit ihren HelferInnen verwandeln sie das Ballgelände mit frischen Blumen und Gestecken, aufwen- digen Konstruktionen und kreativen Ideen in eine Wunderwelt. Mit Aufmerksamkeit und Liebe zum Detail entgeht den Beiden keine Ecke des Ballgeländes. Es gibt keine Heraus- forderung, der sie sich mit ihrem Team nicht stellen: ob Riesenschlangen, fliegende Ufos oder schwebende Möbel, die plötzlich unter tausenden Blumen zu ungeahnten Höhen auf- steigen. Von den ersten Konzeptbesprechun- gen im Juli weg laufen die Vorbereitungen für die extravagante Balldekoration. Es wird be- stellt, gekauft, gehämmert und gesteckt was das Zeug hält, um am Ballwochenende, mit Hilfe der Freiwilligen den Grazer Congress in- „Wir wünschen uns, dass wir nicht nerhalb von nur knapp 36 Stunden in ein ein- mehr um Toleranz bitten oder kämpfen zigartiges Ambiente zu verwandeln. müssen. Es sollte ein gelebtes Grund- Das diesjährige Ballthema verbinden Chris- recht sein wie die Luft zum Atmen. Mit tian und Harald mit Courage. Gerade wegen dem andauernden Kampf gegen Intoleranz FLOWERPOWER dem Tuntenball setzt die Community jedes Jahr ein starkes Zeichen und es und für Gleichberechtigung, ist es Ihnen so wichtig, den Ball macht uns sehr stolz ein Teil davon sein zu dürfen.“ und die Projekte der RosaLila PantherInnen zu unterstützen. T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 17
Foto © Christopher Jörgler Megan Crain ist eine in Foto © Joshua Spafford Amerika geborene Sän- gerin, die heute in Wien lebt. In New York trat sie im bekannten Kon- zertsaal im Herzen von Manhattan, der „Radio City Music Hall“, sowie auf vielen weiteren Büh- nen auf. Zeitgleich arbei- tete sie an der Erschei- Unser nung ihres 2ten Albums Zirkuskapellen- „Hindsight“, das in Aus- Dirigent zügen zum Schmökern Didi Bresing ist online unter www.me- BRESING Leiter der Gala Big Band eXcite, die gancrain.com angehört werden kann. „I’m proud den Tuntenball schon seit Jahren musikalisch aufmischt. to be performing at Tun- Ein ehemaliges RosaLila PantherInnen-Vorstandsmitglied tenball where the loud suchte eine Band für den Ball und stieß durch eine Recher- and stale social norms che zufällig auf das Orchester mit seiner breiten Klangviel- daily present in the lives falt. Seither spielt es – nun schon zum 6. Mal – auf dem Event, bei dem Didi Bresing als Dirigent der Zirkuskapelle of LGBT individuals are drowned out, discredi- CRAIN im Hauptzelt fungiert. Außerdem übernimmt er auch die ted, and redefined by Funktion des Haupt-Technik Koordinators am Ball. the power of numbers Seit seinen ersten Dienstjahren als Pädagoge in inklusiven (and a lot of glitter)!“ und multikulturellen Grazer Schulen setzt er sich für Diversi- tät und Toleranz ein und lebt diese Werte in seinem Alltag. Courage bedeutet für mich, der Ursprung allen Tuns. HAGEN Unser Winzer Foto © Stephan Friesinger Holger Hagen ist ein steirischer Biowinzer mit Migrati- onshintergrund, er ist in Bayern aufgewachsen, hat in Hessen Weinbau studiert und vor 9 Jahren ein Wein- gut in der Südsteiermark gegründet, das er zusammen mit seinem Mann René führt. Für den Tuntenball kre- ierte er einen eigenen Ballsekt, womit er sein hand- werkliches Geschick als Winzer unter Beweis stellt. Aber nicht nur ein guter Tropfen Wein, sondern auch ein faires Miteinander liegt ihm am Herzen. Courage ist für ihn kein Modebegriff, sondern vielmehr eine grundlegende Bereitschaft von vielen, in entscheidenden Momenten oder bei wichtigen Themen für das Richtige das Wort zu erheben, Minderheiten zu schüt- zen und für Gerechtigkeit zu kämpfen. „Wir als Lebewesen auf dieser Welt sind in unseren Eigenschaften, Stärken und Veranlagungen bunter als das kühnste Zirkuszelt. Unsere Vielseitigkeit sollten wir kultivieren, uns ausleben können, wir sollten tolerant miteinander oder zumindest nebeneinander existieren. Dann wird unsere Show auf Erden eine gute und unser Zirkus ein voller Erfolg“, appelliert Holger Hagen. T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 18
PLENVM ist eine Kunstfigur, die sich alles erlaubt, sich nie Seit mehr als drei Jah- Foto © Allesandro wirklich ganz ernst nimmt und dabei ihrem Erfinder Gregor ren ist Alessandro Krammer nicht ganz unähnlich ist. Auf der Bühne bricht Caruso als DJ in der PLENVM mit traditionellen Ideen und gibt einen lebendi- LGBTQ (LesbianGay- gen Eindruck seiner eigenen Erfahrung als junger queerer BisexualTransgender- Künstler wieder. „Da ich mir Graz als momentanen Spiel- Queer)-Community be- platz auserkoren habe, trete ich gemeinsam mit TänzerIn- kannt und erfolgreich. nen der lokalen Szene beim Ball auf, die genauso wenig 2014 war er das erste scheu sind wie ich selbst bin“, so die schrille Figur. „Ich glau- Mal live am Tuntenball be, dass ich als Person für viele ÖsterreicherInnen jemand und dieses Jahr tritt bin, die sie erst zu tolerieren lernen müssen und wenn das er wieder als DJ in die der Fall ist, dann scheue ich das Gespräch nicht. Denn nur Manege des Zirkus und so können wir uns heizt den Ballgästen als Gesellschaft ein. weiterentwickeln.“ Er lebt ganz nach dem Motto: „Sein, wer man PUNK CLOWN ist und jede und jeden leben lassen. Man soll- te sich nicht verstecken Foto © Gregor Krammer und schon gar nicht, wenn es um die sexu- elle Orientierung einer Person geht. Ich selbst bin schwul und verste- cke es nicht.“ CARUSO Alkis Vlassakakis hatte schon so einige verrückte Jobs, z. B. war er Fahrstuhlführer im Glockenturm des Berliner Olym- piastadions, bartloser Weihnachtsmann und hat Kostüme für ein Varieté im Nachtzug nach Zürich gefertigt. Dieses Jahr tritt er als Visual Jockey (VJ) am Tuntenball auf. Sei- ne Visuals kommen manchmal hübsch und harmlos daher, Florian Scheck a.k.a. J’aime Julien tritt seit 2013 als DJ in meist aber versteckt er kleine Bosheiten darin oder etwas die Manege des Disco-Floors am Tuntenball. Er ist u. a. auch leicht Anrüchiges, nicht ganz Jugendfreies. Veranstalter bei MALEFIZ und EARLY BIRDS und hat auf der Als er vor über dreißig Jahren gegenüber seinen Eltern sein Pariser Fashion Week bei einer Modenschau gleichzeitig Coming-out hatte, baten sie ihn, es den Verwandten nicht zu aufgelegt und gemodelt. sagen. Er sagte ih- Foto © Gregor Hofbauer Foto © Maria Krasa Das ist noch nicht ge- nen nichts und ging nug der verrückten Din- stattdessen damit ge die Florian Scheck ins Fernsehen. macht, auch sein Bart Auch heutzutage wechselt öfters die Far- beobachtet er noch be. Eltern, die ihren Bei Veranstaltungen Kindern gegenüber mit gemischtem Publi- zu wenig Verständ- kum diverser Herkunft, nis aufbringen. Geschlechteridentitäten „Der Tuntenball und sexueller Orientie- soll dazu beitragen, rungen entsteht oft eine dass Menschen Atmosphäre, in der sich gelassener an die Menschen frei fühlen, Frage heran gehen, so sein können, wie sie was denn sein wür- sind, und es ihnen von de, wenn ihr Kind anderen sozusagen lesbisch, schwul vorgelebt wird. „Ich bin oder trans wäre froh mit meiner Musik oder gar hetero...“ und meinen Partys ei- JULIEN nen Beitrag leisten zu können.“ VLASSAKAKIS T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 19
Foto © MagnusFond Unsere Pageant-Mama Jacques Patriaque ist der erste öster- reichische Boylesque-Tänzer, Produzent des Boylesque Festivals Vienna und des Drag-Boylesque-Burlesque-Clubs „Imperi- PATRIAQUE al Madness“ und Ehemann von Conchita Wurst. Jacques Patriaque erinnert sich ger- ne an seinen ersten Auftritt vor nun bald 5 Individuen auf diesem Planeten! Toleranz Jahren bei einer Steampunk Revue als Boy- kommt aus dem Lateinischen tolaerare, lesque-Tänzer in Wien zurück: „Wir hatten was so viel wie erdulden, ertragen bedeu- Proben und die Bühnensituation war be- tet, demnach setzte ich mich eher für eine sprochen. Am Abend komme ich dann zur allgemeine Akzeptanz in unserer Gesell- Location und alles war anders! Die Bühne schaft ein, da man Personen oder Gruppen war plötzlich in der Mitte des Raums und nicht einfach „erdulden“ sollte, sondern größtenteils männliche Gäste, nur sehr ver- jede und jeden so zu nehmen wie sie oder einzelt gab es weibliches Publikum. Zu dem er ist, sprich akzeptieren!“ Zeitpunkt dachte ich mir: Oh mein Gott! Die Beim Tuntenball tritt er in die Fußstapfen werden mich mit ihren Bierdosen bewerfen von „Pageant-Mama“ Denice Bourbon, die und von der Bühne buhen! Überraschen- Wiener Burlesque-Künstlerin und Enter- derweise hat es ihnen gefallen! Ein Mann ist nach der Show tainerin, und hostet den Blauen Salon in intimer Wohnzim- sogar an mich herangetreten und sagte mir: Du! Ich bin zwar mer-Atmosphäre, wo er sich um das gesamte Künstleren- nicht schwul, aber du hast mir echt urgut gefallen! Das war gagement kümmert und auch selbst auftritt. mitunter ein Grund weiterzumachen.“ Für den Künstler bedeutet Courage „handeln“ und nicht „wegsehen“, denn er setzt sich seit Jahren in der Communi- Tuntenball Freak Show - ty und auch darüber hinaus für eine generelle Gleichberech- hosted by Jacques Patriaque tigung ein. „Dabei spielt bzw. sollte es keine Rolle spielen Jacques Patriaque, Tamara Mascara, Mitzi May, Kitty Wil- welcher Ethnizität, Religion, sexuelle Orientierung oder wel- lenbruch, Evilyn Frantic and friends: Mr. Bear Austria Georg chem Geschlecht man angehört, wir sind alle gleichwertige Kroneis, Megan Crain, Alexandra Desmond utter: Thompson Grüße von der Ballm Foto © Alexandra TUNTENBALL 2015 | 20
Unser musikalischer Supervisor Unser Foto © Foto Furgler Markus Richter hat letztes Jahr den Tuntenball klang- Zauberkünstler voll begleitet. Dieses Jahr gestaltet er als musikalischer Christoph Kulmer ver- Supervisor die Eröffnung mit, tritt mit der Band „The Moods“ zaubert die Gäste am auf und moderiert gemeinsam mit Ballmutter Alexandra diesjährigen Ball mit Desmond die Kostümprämierung. Warum setzt sich Markus seinen Künsten und Richter für Diversität und Toleranz ein? seinem zauberhaften „Weil ich es kann und ich meine das wirklich so. Ich fühle Showauftritt zum The- mich privilegiert, mein Leben so zu leben, wie ich will und ma Zirkus. Als Zauberer kann mich darüber hinaus auch für andere Menschen ein- passieren ihm oft ab- setzen, denen das surde Dinge. Eines sei- aus verschiedens- ner Highlights war, so ten Gründen nicht Christoph Kulmer, dass möglich ist. Das er zwei Polizisten bei sehe ich als Ge- schenk.“ RICHTER einer Verkehrskontrolle die Armbanduhren ge- stohlen und sie bei der Führerscheinrückgabe wieder retourniert hat. „Courage bedeutet für mich, Menschen ihr Glück und ihre Lie- be zu lassen, egal mit KULMER wem. Ich setze mich für Diversität und Toleranz ein, weil die Menschheit verstehen sollte, jede und jeden so zu akzeptie- Foto © Bettina Frenzel ren wie sie oder er ist oder liebt. Homosexualität sollte kein Tabuthema mehr sein.“ Drag Queen, Performer und Grafikdesigner – all das ist Bernd Eischeid aka Dutzi Ijsenhower. „Die meisten Menschen ver- einen unterschiedliche Interessen. Dabei entstehen inne- re Reibeflächen, die eine wichtige Quelle der Inspiration, EISCHEID Empathie und des persönlichen Wachstums sein können“, so der facettenreiche Künstler. Als Artdirector des Tunten- balls 2015 hat er nicht nur das Ballsujet entworfen, sondern Foto © Julia Fuchs er betritt auch, gemeinsam mit Mara, als Dutzi die Manege des Tuntenballs. Unsere Ex-Muttis & Zirkusdirektorinnen Dutzi Ijsenhower & Mara Gheddon waren 2014 als gute Engel des Reparatur-Salons „Mutti wird‘s schon richten“ engagiert. Sie klebten lose Wimpern fest, frischten wegge- küssten Lippenstift auf und hatten für alle ein offenes Ohr, einen guten Ratschlag und die Heißklebepistole stets im Anschlag. Auf anderen Veranstaltungen haben sie schon zur „Rocky Horror Picture Show“ gesungen, Dildos gewaschen, Leberkas gebügelt, Bingo gespielt und Abdrücke von Maras Brüsten auf ein Outfit gedruckt! Dieses Jahr hosten die beiden den Kammermusiksaal, wo ein Jahrmarkt mit Squaredance stattfindet. Die Musik machen „Markus Richter & The Moods“ und Dutzi & Mara sorgen dafür, dass sich beim Tanzen niemand auf die Füße tritt. „Wir sind also eine Mischung aus Zirkusdirektorinnen, Cowgirls und Rodeo-Clowns“, so die beiden Ex-Muttis. „Wir glauben, dass jeder und jede so können soll wie er oder sie möchte! Egal ob das heißt: sich herausputzen, cross- dressen, singen, öffentlich lieben oder einfach herauslas- MUTTI sen, was in einem steckt! So wird die Welt lustiger, bunter und freier für alle.“ T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 21
CAFÉ — BAR — FUSION RESTAURANT Herrengasse 7 Mo – Sa 11.30 - 24.00 Uhr 8010 Graz So 11.00 - 21.00 Uhr Reservierungen unter: Sonntagsbrunch bis 20.00 Uhr +43 660 696 24 17 facebook.com/maushi
www.peterquelle.at Peterquelle – Das Unverkennbare Steirerquell – Das Universelle Ursprünglich wurde das Mineralwasser der ersten Weniger reich an Inhaltstoffen und dadurch Quelle auf Grund des hohen Mineralstoffgehalts geschmacksneutraler. Beliebt vor allem in der als Heilwasser verkauft. Heute ist es ein Marken- Gastronomie, nicht zuletzt wegen des Namens. zeichen für steirischen Genuss. Gibt es prickelnd mild und naturell! Peterquelle – gibt es nur fein prickelnd! Natürlichkeit von seiner schillernden Seite
Courage bedeutet mutig, unerschrocken und beherzt zu sein. Doch obwohl wir wissen was Courage bedeutet, mangelt es oft an ebendieser. Die von uns porträtierten Personen und die Familie Dunkel, Gewinnerin der „Goldene Panthera“ haben bewiesen, dass es auch anders geht. Mit Willensstärke stellen sie sich gegen gesellschaftliche Konventionen, bieten ihnen die Stirn und setzen sich für Diversität ein.
OUTING BRINGT STEINE INS ROLLEN KOLUMNE VON KATHARINA ULRIC H Bevor ich lesbisch wurde dahinter und versuchte mir zu helfen. Dank ihr und meinen Ich war früher ein sehr intoleranter und konservativer Freunden bin ich aus diesem Teufelskreis wieder heraus- Mensch. Vieles von meinem Verhalten übernahm ich von gekommen. meiner Familie. Stolz, HOMO zu sein Wo die Liebe hinfällt Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, sich zu outen ist Mein „Wandel“ fing mit meiner Freundin an. Ich muss immer leicht. Ich glaube es gibt auch keinen richtigen Weg sagen, für mich war es Liebe auf den ersten Blick. Ich hab es zu tun. Man kann es nur machen. Oft muss man große sie nicht gekannt und ver- Hürden überwinden, verliert suchte deswegen mit ihr ins vielleicht auch Freunde. Doch Gespräch zu kommen. Doch ”ZU DEM ZU STEHEN, WER MAN man bekommt auch die Chance als ich dieses „Bauch-Krib- auf neue Erfahrungen. Die Welt beln“ spürte, bekam ich Angst. IST, KANN OFT SCHWER SEIN, kann ein ganzes Stück größer Ich und lesbisch? Niemals! werden. Ich habe meine große So kämpfte ich gegen diese DOCH ZU VERHEIMLICHEN Liebe kennengelernt, enge Gefühle an – erfolglos. Freunde dazugewonnen und WER MAN IST, KANN EINEN auch zu meinen Eltern habe Outing bei Freunden ich mittlerweile ein sehr gutes Anfangs ging ich mit meinem KAPUTT MACHEN.“ Verhältnis. Der Weg war nicht Outing recht locker um, ich bin einfach doch für mich war es einfach vor meinen Freunden wichtig, zu mir zu stehen. Hand in Hand mit meiner Freundin erschienen. Blöd war, dass diese Freunde genauso intolerant waren wie ich früher, so habe ich damals den Großteil meiner Freunde verloren. Doch das war nicht schlimm, denn mit der Zeit lernte ich vie- le neue Leute kennen, die mich verstanden und mit denen ich jetzt sehr gut befreundet bin. Outing in der Schule Ich ging in eine sehr konservative Internatsschule. Da habe ich mich nie wirklich geoutet, meine MitschülerInnen haben es jedoch mit der Zeit gemerkt. Für mich fing eine schwe- re Zeit an, ich wurde mit Schimpfwörtern nur so überhäuft. Ich habe auch lange Zeit mit niemandem darüber gespro- chen, ich wusste nicht, wem ich mich anvertrauen könn- te. Zu meinen Eltern konnte ich damals auch nicht, da sie selbst dagegen waren. So suchte ich nach einem Ventil um den Druck auszugleichen und fing an mir selbst zu scha- den – ohne das es jemand merkte. Nur meine Noten wurden immer schlechter. Nach einiger Zeit kam meine Erzieherin Foto © Mike MacBi TUNTENBALL 2015 | 25
GOLDENE PANTHERA Wo wären wir heute, wenn Menschen nicht bereit wären etwas Neues zu machen, zu versuchen etwas zu verbessern, zu verändern und dafür bereit wären über ihren eigenen Schatten zu springen und etwas Neues auszuprobieren? TEXT: DANIEL EBERHARD Daher möchten wir, die RosaLila PantherInnen, in diesem Jahr etwas Neues machen. Wir möchten Menschen würdi- gen, die sich im Alltag für Homo-, Bi und Transsexuelle ein- setzen. Aus diesem Grunde verleihen wir in diesem Jahr zum ersten Mal die “Goldene Panthera“, hierbei handelt es sich um einen Preis, welcher die Anerkennung und den Dank für eine Vorbildwirkung zum Ausdruck bringen soll. Der Preis Doch um unsere Preisträger würdig auszuzeichnen, bedarf es natürlich auch eines besonderen Preises. Mit dieser schwierigen Aufgabe wurde die Holz- und Steinbildhauerei Ausbildungsklasse der HTL Hallstatt betraut. Die Schüler haben mit großartigen Ideen und viel Mühen Werke geschaf- fen, die sich mehr als sehen lassen können. Somit war es für die Jury, bestehend aus dem Vorstand der RosaLila Panther- Innen Martina Weixler und Joe Niedermayer sowie der Miss Tuntenball 2014, Gloria Hole, nicht leicht, eines davon aus- zuwählen, doch letztendlich gewann Klara Schmeisser mit ihrem Werk „Auge“ den ersten Platz. Die Skulptur repräsentiert durch das gewählte Design und den Hintergedanken die Grundwerte des Balls für Gleichheit und Vielfalt. Foto © Xaver Lindlbauer v.l.n.r. Joe Niedermayer, Martina Weixler, Bgm. Alexander Scheutz, Klara Schmeisser, Dir. Jörg Zimmermann, Gloria Hole TUNTENBALL 2015 | 26
Foto © Fotocredit: Mike MacBi Die Preisträger Eltern darüber unterhalten zu können“, erinnert sich Mutter Nach monatelangem Abwägen der vielen engagierten Men- Irene. Sie arbeitet als Ordinationsgehilfin und man merkt ihr schen, die den Preis verdient hätten, fiel die Wahl zuletzt schnell an, dass sie eine leidenschaftliche Mutter ist, die die aber mit großer Begeisterung auf Familie Dunkel aus Graz. Familie zusammenhält. Sie bekommen den Preis stellvertretend für alle Familien, die der Homosexualität mit Respekt und Wertschätzung Nun organisiert sie Stammtische für Eltern mit homose- gegenübertreten. „Die Dunkels erfüllen die Kriterien für die xuellen Kindern, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich Goldene Panthera in jeder Hinsicht – sie übertreffen sie so- auszusprechen, jemanden zu haben, der ihnen zuhört und gar! Diese Familie entfaltet durch ihren offenen und wert- die Probleme kennt, mit welchen man in dieser Situation schätzenden Umgang mit der Homosexualität der beiden konfrontiert wird. Es geht hierbei nicht um professionelle Zwillingssöhne und den ehrenamtlichen Einsatz der Mutter Beratung oder psychologische Gespräche, es geht viel mehr für die Unterstützung von Eltern homosexueller Kinder große um ein offenes Miteinander mit Gleichgesinnten. Natürlich Vorbildwirkung für unsere Gesellschaft“, so Martina Weixler sind die gemeinsamen familiären Umstände ein Grund zu vom Vorstand der RosaLila PantherInnen. kommen, jedoch bei weitem nicht der einzige. „Freundschaf- Bei den Dunkels zuhause fühlt man sich sofort wohl. Wir ten sollen entstehen, man unternimmt gemeinsam Sachen, treffen Irene, die Mutter der beiden homosexuellen Zwil- macht Ausflüge und unterhält sich mit anderen Eltern über lingssöhne Oliver und Markus, deren Lebensgefährten sowie viele Themen; man wächst zusammen und bekommt neue Günther den Ehemann und Vater. Perspektiven“, berichtet Irene. Und so halten alle in der Familie Dunkel zusammen, stärken sich gegenseitig und Es geht um ein offenes Miteinander helfen anderen sich selbst zu helfen. Denn zu viele Men- „Nach dem ersten Outing von Markus hatte ich schon ein schen sagen einem wie man es besser machen könnte und Problem damit. Nicht mit der Homosexualität, sondern mit zu wenige hören zu, versuchen zu verstehen und sind fürei- der Frage, wie wird das Leben für das Kind werden? Ich hätte nander da. Für dieses Feingefühl, Gespür und Engagement mir damals die Möglichkeit gewünscht, mich mit anderen verleihen wir Familie Dunkel die Goldene Panthera. TUNTENBALL 2015 | 27
EIN GAYCOP MIT COURAGE! Josef ist einer von wenigen geouteten Polizisten, gemeinsam tritt er mit seinen Kolleginnen und Kollegen von den GayCops Austria für mehr Akzeptanz und Toleranz für Lesben, Schwule und Transidente innerhalb der Polizei ein. TEXT: EBERHARD FEINER-WUTHE In Vorarlberg hat Josef seine Wurzeln und auch seine Heimat. Gründung Gaycops Austria Er kommt aus einem eher ländlichen Gebiet. Zuerst outete Wegen weiter anhaltendem Mobbing sah sich Josef 2007 er sich mit knapp 30 Jahren im Freundes- und Bekannten- nach einer Organisation, die für die Rechte von homo- oder kreis und einige Jahre später, 1991, auch am Arbeitsplatz. transsexuellen Kolleginnen und Kollegen innerhalb der Dieses Outing war wohlüberlegt und Josef war sich auch aller Polizei eintreten, um. Fündig wurde er dabei bei einigen Konsequenzen bewusst. Damals arbeitete er bei der Zollwa- anderen geouteten Kollegen, mit denen er gemeinsam 2007 che und als er zur Weiterbildung nach Wien geschickt wurde, um danach für die Zollfahndung zu arbeiten, wurde er mit der harten Realität seines Schwulseins konfrontiert. ”ICH BIN MIT MEINEM OUTING Sein Zimmerkollege wollte sich mit ihm kein Zimmer teilen und auch zurück in Vorarlberg war es nicht anders. Kollegen GUT GEFAHREN, AUCH WENN machten massiv Stimmung gegen ihn, sie wollten nicht im selben Auto fahren oder mit ihm am Mittagstisch sitzen. ES NICHT IMMER LEICHT WAR. Geleitet wurden sie dabei von ihrer Angst in einer damals noch männerdominierten Organisation, selbst als „schwul“ ABER DAS ZU VERSTECKEN HATTE wahrgenommen zu werden. MICH ZU VIEL KRAFT FUR Auch nach der Überführung der Zollbeamten zuerst zur Gendarmerie und dann zur Polizei änderte sich nicht viel an MEINE ARBEIT GEKOSTET!“ der Sache. die GayCops Austria als Verein gründete, dessen Ziel ein kon- fliktfreierer Umgang mit dem Thema innerhalb der Polizei, aber auch im täglichen Kontakt mit Bürgerinnen und Bür- gern ist. Außerdem soll ein positives Selbstbild sowohl nach innen als auch nach außen transportiert und Vorurteilen konstruktiv entgegen getreten werden. Erreicht wird dies mit Schulungen und Vorträgen in ganz Österreich. Privates Glück Unterstützt wird Josef dabei auch von seinem Partner Gün- ther, der ihn häufig zu Veranstaltungen begleitet und sich für das Thema einsetzt. Auch um ein Zeichen zu setzen fand ihre Verpartnerung vor wenigen Wochen in Uniform statt, dies wurde offiziell von den Vorgesetzten als Belohnung für seine Courage gewünscht. Foto © Mike MacBi TUNTENBALL 2015 | 28
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