ENGAGEMENT ROSALILA PANTHERINNEN UND IHRE PROJEKTE - GOLDENE PANTHERA - TUNTENBALL

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ENGAGEMENT ROSALILA PANTHERINNEN UND IHRE PROJEKTE - GOLDENE PANTHERA - TUNTENBALL
DAS BA L L M AGAZ I N
                                                  —   F EBRUAR 20 1 5 W W W.TU N TEN BAL L.AT

GOLDENE PANTHERA           MANEGE FREI                            ENGAGEMENT
Der Preis für Courage      Für eine Diversität                    RosaLila PantherInnen
wird erstmals verliehen    in unserer Gesellschaft                und ihre Projekte
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CIRCUS
                                 WELCOME TO
                                 THE FAMILY
                      Seit 26 Jahren ist er einzigartig, glamourös und beliebt – der Tuntenball!

Ein Abend für den guten Zweck, an dem die hoffnungsvollen
Worte Toleranz und Diversität ebenso allgegenwärtig sind
wie atemberaubende Kostüme und spektakuläre Shows.
Ein Abend, den sich niemand entgehen lassen möchte.
Aus einem einfachen Grund: Es ist das Andere, das Schril-
le, das diesen Abend für zahllose BesucherInnen attraktiv
macht. Konkret: Es ist dieser „Zirkus“, der einmal im Jahr
von geschminkten Männern in High Heels, bärtigen Damen
im Smoking und kunstvoll verzierten androgynen Gestalten
dargeboten wird. Es ist dieses schillernde Volk aus bunt
bemalten, kreativen Köpfen, stelzenhaft bestöckelten Bei-
nen und feurigen Kunststücken, die allesamt akrobatisch
anmuten und faszinieren.

                                                                                                                               Foto © Peter Beck
Wir kennen das Phänomen Zirkus seit Kindertagen. Wir woh-
nen dem Spektakel gerne als Schaulustige bei und kehren
nach der Vorstellung zurück in unser normales Leben. Doch
wir kehren nicht alle in dieselbe Alltagswelt zurück. Viele
Menschen werden von ihren MitbürgerInnen ausgegrenzt,
weil sie anders leben, anders aussehen und sich anders            gestellt – und somit dargelegt, was mit dem Reinerlös des
präsentieren als die Mehrheit der Bevölkerung. In unserem         Charity-Events Tuntenball passiert.
Zirkus Tuntenball wollen wir genau das aufgreifen und offen
zur Schau stellen: Ja, wir sind anders! Ja, wir sind ein bunter   Mit dem Kauf einer Ballkarte haben unsere Gäste heuer
Zirkus! Wir rufen „Welcome to the family“ – und laden alle        den Verein StopAIDS mit 1 Euro unterstützt. Der langjährig
Menschen herzlich zu uns ein.                                     bestehende Verein StopAIDS richtet sich an die nach wie
                                                                  vor größte HIV-Risikogruppe: Männer, die Sex mit Männern
Zirkus, Courage und der Nutzen eines großen Charity-Events –      haben. Der Verein bietet Informationen und Aufklärung zu
das diesjährige Tuntenballmagazin Panthera steht ganz im          HIV und will Safer Sex zur Selbstverständlichkeit machen.
Zeichen des Ballmottos und ist in drei Rubriken unterteilt.
Im ersten Teil wollen wir das Thema Zirkus aus verschiede-
nen Blickwinkeln beleuchten, im zweiten auf Courage ein-
gehen, auf die Courage jener Menschen, die sich tagtäglich
für Vielfalt, Toleranz und Gleichberechtigung einsetzen. Im
dritten und letzten Teil werden schließlich die zahlreichen       Martina Weixler
gemeinnützigen Projekte der RosaLila PantherInnen vor-            Vorsitzende der RosaLila PantherInnen (RLP)

INHALT: 2 ZIRKUS 24 COURAGE 40 PROJEKTE 56 IMPRESSUM

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Hereinspaziert, hereinspaziert! Herzlich Willkommen in unserer
    großen Familie. Vergessen Sie Ihren grauen Alltag und kommen Sie
 mit uns auf eine zauberhafte Reise, in die bunte Welt des Zirkus. Ein
Ort an dem mehr möglich ist, als Sie es sich in Ihren kühnsten Vorstel-
   lungen ausmalen könnten. Sie werden mit uns lachen, staunen, sich
  wundern und begeistern in diesem “Zelt“, welches die Magie besitzt
uns alle zu vereinen! Manege frei und Vorhang auf für den Tuntenball!
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ZIRKUS
                      DIE FASZINATION
                      FUR DAS FREMDE
           Was haben Wagenrennen, Pferdevorführungen im Freien und ein Zirkuszelt gemeinsam?
            Auf den ersten Blick nicht viel. Bei genauerer Betrachtung wird man jedoch feststellen,
        dass „Circus“ vielfältig ist, wenngleich sich auch die Form und die Programminhalte verändert
          haben. Der Zirkus blickt auf eine lange und ereignisreiche Tradition zurück und übt nach
                         wie vor eine ungebrochene Faszination auf die Menschen aus.
                                                  TEXT: MICHAELA FEINER

Schon beim Betreten des Zirkusgeländes erfasst jeden/
jede BesucherIn, egal ob groß oder klein, Aufregung und
Vorfreude auf ein einzigartiges Spektakel. Es riecht nach
einer Mischung aus Zuckerwatte, Popcorn, Stroh und Tieren.
Zirkusleute in glitzernden Uniformen helfen den Besucher-
Innen ihren Platz zu finden und verkaufen bunte Leucht-
stäbe. Etwas abseits bereiten sich AkrobatInnen und Artis-

                                                                                                                               Foto © Julia Reichmayr / panchroma
tInnen auf ihren Auftritt vor. Schon bald ist klar, dass sich
das Leben der Zirkusleute grundlegend von dem „bürger-
lichen“ Leben mit festem Wohnsitz, staatlich festgelegter
Schulausbildung und geregelten Arbeitszeiten unterschei-
det. Es ist anders und vielen von uns erscheint es fremd und
gleichzeitig faszinierend.

Wie ist der Zirkus überhaupt entstanden?                        Varieté und Wanderzirkus
Der lateinische Begriff „circus“ bezeichnet eine kreis- oder    Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als das Varieté an Bedeu-
ellipsenförmige Arena, in der im antiken Rom in erster Linie    tung gewann, wurden auch im Zirkus vermehrt artistische
Wagenrennen stattfanden. Nur vereinzelt wurden auch             Vorführungen dargeboten. Rollschuhlaufen, Eislaufen und
Kämpfe zwischen Gladiatoren und Tieren ausgetragen. Eines       Kunstschwimmen wurden ins Programm aufgenommen und
der am besten erhaltenen Beispiele ist der Circus Maximus       die Akrobatik wurde zu einem Hauptbestandteil der Zirkus-
in Rom. Der moderne Zirkus entstand Mitte des 18. Jahrhun-      vorführungen.
derts in England. Philip Astley (1742-1814), Besitzer einer     Eine weitere Innovation, die einen eigenen Zirkustyp, den
Reitschule in London, gab um 1770 erste Reitvorführungen.       Wanderzirkus, hervorbrachte, war das Zirkuszelt. Zuvor
In Anlehnung an den Circus Maximus nannte er seine Are-         fanden die Darbietungen im Freien, in kleinen Schaubuden
na „Circus“ und wählte bewusst eine runde Form. Zu Beginn       bzw. später in festen Spielhäusern statt. Der amerikanische
hatte die Manege einen Durchmesser von 19 Metern. Damit         Zirkusdirektor Aron Turner benutzte 1830 ein Leinwandzelt
die Reiter bei ihren Vorführungen die Zentrifugalkräfte bes-    mit einem einzigen Mast in der Mitte, vergleichbar mit einem
ser nutzen konnten, verringerte Astley den Durchmesser auf      Regenschirm. Der Vorteil lag darin, dass sogar in kleinen
13 Meter, was bis heute dem üblichen Standard entspricht.       Städten, die über keinen eigenen Zirkusbau verfügten, Vor-
Astley ergänzte seinen Circus um ein Orchester, einen Clown,    führungen gezeigt werden konnten. Der Zirkus war – und ist
Jongleure und weitere Artisten. Ab 1770 waren sogar ein         es auch heute meist noch – ein Familienunternehmen, das
chinesisches Schattentheater und ein Ballett Teil der regel-    vom Vater an den Sohn weitergegeben wurde.
mäßigen Aufführungen.

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THE SHOW
MUST GO ON
                  Fotos © Anita Stöcher / Wolfgang Ebner
             www.alexanderschneller.com/medien-presse/
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Der Zirkus Pikard feierte im letzten Jahr 25-jähriges Jubiläum. Alexander Schneller
             hat als jüngster Zirkusdirektor Österreichs die Aufgabe übernommen, ihn ins nächste
               Vierteljahrhundert zu führen. Mit uns spricht er über sein Leben, Vorurteile und
                                        die Zukunft seines Familienerbes.
                                                   TEXT: KRISTINA WEIMER

Alexander Schneller sieht nicht so aus, wie man sich einen       „Im Zirkus sind alle TierquälerInnen“, dann sucht er das
Zirkusdirektor vorstellt. Er ist jung und sportlich, weder       Gespräch, denn, „man kann nicht alle in einen Topf werfen.“
mit grauen Schläfen noch mit kleinem Bauchansatz unter           Der junge Direktor ist sich sicher: „Toleranz ist keine Ein-
der Direktorenuniform. Wenn er aber beginnt über seinen          bahnstraße!“ Ob Homosexualität auszuleben im Zirkus ein-
Zirkus und das Leben in der Manege zu sprechen, dann             facher sei, verneint er: „Warum auch?“ Schlussendlich käme
versteht man, dass er mit Leib und Seele Direktor des Zirkus     es darauf an, mit Herzblut und Leidenschaft in der Manege
Pikard ist. Seine Hingabe und                                                                 zu stehen. Wer wen liebt, das
seine Liebe zu dem was er                                                                     sei vollkommen nebensächlich.
tut, spiegeln sich in seinem                                                                  Einmal jedoch, erzählt er, sei er
Lächeln wider, wenn er über                “DER ZIRKUS IST SCHON                              doch verblüfft gewesen. Zwei
sein Leben spricht. Der Zirkus                                                                rumänische Hilfsarbeiter waren
ist    Familienangelegenheit,                  SEHR SCHWUL!”                                  händchenhaltend über den
gegründet wurde er von Vater                                                                  Zirkusplatz marschiert. „1,90 m
Ernö und Mutter Elisabeth                                                                     und kahlrasierte Köpfe. Das
1989, nachdem sie 30 Jahre lang als Artisten um die Welt         erwartest ja nicht!“, gibt er lachend zu. Besonders homo-
gereist waren. Alexander Schneller wuchs sozusagen im            sexuelle ArtistenInnen können tolle Shows auf die Beine
Zirkuswagen auf und in seine Aufgaben hinein. „Mein gan-         stellen und wüssten genau welche Effekte am besten funk-
zes Leben lang bin ich im Zirkus“, erzählt der heute 27-Jähri-   tionieren: „Der Zirkus ist schon sehr schwul!“
ge und ergänzt, „ich hab‘s zuhause einfach am schönsten!“
Etwas anderes wollte er nie machen. Zwei seiner Schwes-          Den Zirkus in die Zukunft führen
tern haben sich für ein „normales Leben“ entschieden, doch       Die Faszination am Zirkus liegt in den unterhaltsamen und
seine älteste Schwester Romana, sein Schwager sowie ein          oft unglaublichen Attraktionen in der Manege. Damit diese
paar der Nichten und Neffen führen wie er das Artistenleben      Faszination weiter wächst, plant Schneller das Konzept des
seiner Eltern fort.

Zirkus ist Kunst und harte Arbeit zugleich
Unterrichtet von der Mutter und trainiert vom Vater zeigte
Schneller nicht nur großes Talent als Jongleur, sondern auch
das entscheidende „Zirkus-Gen“, das er schon bei seiner
neunjährigen Nichte Gloria erkennt. Er erklärt lachend:
„Kinder und Tiere kannst du zu nichts zwingen. Sie haben
Narrenfreiheit.“ Von den anderen ArtistInnen und sonstigen
MitarbeiterInnen, 15 an der Zahl, erwartet er viel Profes-
sionalität. Urlaub gibt es nur in Ausnahmefällen, wie einem
Todesfall in der Familie. Sonst gilt während der neunmona-
tigen Tournee: „The Show must go on!“ Er verfolge als Chef
die Devise „hart aber herzlich“. „Die Leute erwarten eine
gute Show. Man muss sehr professionell sein.“ Dafür trai-
niert der junge Jongleur etwa zwei Stunden täglich. Ansons-
ten gibt es für ihn in der Organisation des Zirkusbetriebes
viel zu tun. Um in der Manege Kunst bieten zu können, muss
im Hintergrund die Arbeit reibungslos ablaufen. Deshalb ist      Zirkusses zu modernisieren, um auch weiterhin gute Shows
Schneller immer „der Erste, der kommt, und der Letzte, der       und viel Abwechslung bieten zu können. „Monatlich wech-
geht.“                                                           selnde ArtistInnen mit einem fixen Team im Hintergrund,
                                                                 das ist der Zirkus der Zukunft!“ In diese Zukunft will der
Leidenschaft zählt in der Manege                                 junge Chef seine Crew führen und bekommt dann für seinen
Mit Vorurteilen über den Zirkus und das Zirkusleben kann         jugendlichen Elan hoffentlich weiterhin Liebesbriefe per
Alexander Schneller nur wenig anfangen. Hört er Sätze wie:       Facebook.

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DIE BALLNACHT
                                                Mit dem diesjährigen Ballthema Zirkus spielen die RosaLila PantherInnen bewusst
                                               mit der Ambivalenz zwischen Bewunderung und Verachtung. Wie am Jahrmarkt oder
                                                  im Zirkus gibt es auch am Tuntenball viel Bewunderung für die bunten Vögel.
                                                                         TEXT: DAS ORGANISATIONSTEAM
Fotos © Alexandra Thompson

                                Unsere Ballorganisatoren
                                Herr Finnland und Gerhard Prügger

                             Das Publikum staunt und hat Spaß an der Unterhaltung.          ‚monogamen Schwulen’ in zirkushafter Manier auf Klischees
                             Doch wie auch im echten Leben gibt es noch immer Men-          aufmerksam“, so die Ballorganisatoren Herr Finnland und
                             schen, bei denen dieses selbstbewusste Auftreten Angst,        Gerhard Prügger, die bereits zum zweiten Mal den Ball
                             Unsicherheit und Aggression auslöst und die daher zur Vor-     inszenieren.
                             verurteilungen neigen. Für die RosaLila PantherInnen sollen
                             genau aus diesem Grund Wörter wie „Freaks“ oder „Tunte“        Wer seine Ängste überwindet und sieht, dass sich auch hin-
                             positiv umgedeutet und angeeignet werden. Mit dem wich-        ter den schillernden Zirkusgestalten Menschen wie du und
                             tigen Zusatz „Welcome to the family“ laden die RosaLila        ich befinden, wird verstehen, wie sehr diese zauberhaften
                             PantherInnen daher die Ballgäste ein, selber ein Teil dieser   Wesen unsere Stadt, unser Land und auch den Tuntenball als
                             verrückten und kreativen Welt zu werden.                       Charity-Veranstaltung bereichern. „Auch hier in Österreich
                             Egal ob hetero-, bi-, homo-, trans- oder intersexuell – es     gibt es leider kaum eine Lesbe oder einen Schwulen ohne
                             gilt, trotz all dem Tanz und Spaß noch immer Vorurteile ab-    Diskriminierungserfahrung. Genau dem gilt es – wie jedes
                             zubauen. „Das vom Drag-Künstler und Art Designer Dutzi         Jahr am Tuntenball – mit Lebenslust und Spaß entgegen-
                             Ijsenhower gestaltete Plakat zeigt die Vielschichtigkeit der   zutreten“, so Martina Weixler, Vorsitzende der RosaLila
                             Szene und macht mit der ‚unsichtbaren Lesbe’ oder dem          PantherInnen.

                                                                                TUNTENBALL 2015 | 6
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AUDIO CIRCUS
Was Britney Spears, Lenny Kravitz und die deutsche Band MIA
    miteinander verbindet? Sie sind fasziniert vom Zirkus.
             Wie sich das äußert, erfahrt ihr hier.
                                                                     TEXT: MICHAELA RAUCH

                                                                       Britney Spears „Circus“
                                                                       Chorus: All eyes on me in the center of the ring just like a circus
                                                                       When I crack that whip everybody gon‘ trip just like a circus
            Fotos © Circus Live Boston by petercruise „compul-
            siveprep_8“ CC BY-SA-3.0 (http://bit.ly/1GBkvbu)

                                                                       Don‘t stand there watching me,
                                                                       Follow me, show me what you can do
                                                                       Everybody let go,
                                                                       We can make a dance floor just like a circus.
                                                                       Was wäre der Pop-Zirkus nur ohne Britney Spears? Und was wäre Britney
                                                                       für ein Sternchen, wenn sie nicht das Rampenlicht genießen würde? Für
                                                                       sie versinnbildlicht die Zirkusmanege das Leben, in dem alle Augen nur auf
                                                                       sie gerichtet sind. In der Tuntenball-Manege kann man diesem ambivalen-
                                                                       ten Gefühl, das mit dem „Gesehenwerden“ einhergeht, freien Lauf lassen
                                                                       und abshaken was das Zeug hält.

                                                                       Lenny Kravitz „Circus“
                                                                       Chorus: What kind of circus is this?
                                                                       What kind of fools are we?
            by Carlos Delgado CC BY-SA-3.0 (http://bit.ly/10CXqEg)
            Fotos © Lenny Kravitz - Rock in Rio Madrid 2012 – 37

                                                                       When is the final curtain?
                                                                       What can I do to set me free?
                                                                       Chorus: Welcome to the picture show
                                                                       Watching your life – Never know which way to go
                                                                       It might not be right – So you better be strong
                                                                       Lenny Kravitz sieht im Zirkus eine Metapher für sein „Spiel des Lebens“. Ist
                                                                       alles genau so, wie wir es vermuten? Oder ist vielleicht alles ganz anders?
                                                                       Was ist Maske, was ist echt? Auch am Tuntenball kann man sich die Frage
                                                                       stellen: Wer bin ich wirklich? Wer möchte ich sein? Zum Ausloten und Aus-
                                                                       probieren bietet sich die Tuntenball-Manege perfekt als Spielwiese. Also:
                                                                       Kommt raus, spielt und wechselt die Masken!

                                                                       MIA „Zirkus“
                                                                       Chorus: In der Manege, in dem Rampenlicht,
                                                                       Sieht man meine weiße Schminke – ich steh dahinter
            Fotos © Mia 03-10 72 by Ronny Marzok „Rmweb“

                                                                       In der Arena, auf dem Trapez,
                                                                       Hab ich Zeit für Fantasie
                                                                       In der Manege, in dem Rampenlicht,
            CC BY-SA-3.0 (http://bit.ly/1GBhNTv)

                                                                       Hört man mein glockenhelles Lachen – ich steh dahinter
                                                                       In der Arena, hoch auf dem Seil,
                                                                       Lass ich drei Wünsche frei.
                                                                       MIAs Mieze miaut über die Masken, die man sich im (Zirkus-)leben auf-
                                                                       setzt, über Fassaden und dass sich dahinter alles mögliche befinden kann.
                                                                       Nichts ist so, wie es scheint. Egal ob Clown oder Zirkuspferd – heute Nacht
                                                                       kannst du alles und jeder sein. Ab auf das Trapez!

                                                                     TUNTENBALL 2015 | 7
ENGAGEMENT ROSALILA PANTHERINNEN UND IHRE PROJEKTE - GOLDENE PANTHERA - TUNTENBALL
DES TUNTENBALLS
                 NEUE KLEIDER
         Freizügigkeit ist am Grazer Tuntenball zwar ausdrücklich erwünscht, doch bunte Kostüme
           sind ebenso fixer Bestandteil des Spektakels wie die schönen Körper, die sie verhüllen.
       Die VeranstalterInnen des Grazer Tuntenballs, die RosaLilaPantherInnen, suchten sich für die
     Fertigung ihrer Kostüme eine Kreativschmiede, an der schon Geschichte geschrieben wurde: Denn
    schon Conchita Wurst schneiderte in den Werkstätten HBLA-Modeschule am Grazer Ortweinplatz.
                                   TEXT: SIMONE KELLNER & ALEXANDRA MEYER

Gemäß des Tuntenball-Mottos 2015 „Circus – Welcome to        le als Dompteur Parallelen zu ihrer Funktion als Menschen-
the Family“ designten und schneiderten Alexandra Fauler      rechtsaktivistin. Katharina Rejc und Alexandra Fauler waren
und Katharina Rejc, zwei Schülerinnen des Kollegs für Mode   vor der letzten Anprobe aufgeregt, aber sichtlich erleichtert,
der HBLA am Ortweinplatz, die Kostüme von Martina Weixler,   als sie die glücklichen Gesichter der beiden Zirkusdarsteller
der Vorsitzenden der RosaLila PantherInnen, und ihrem Vize   sahen. Die Materialien waren anspruchsvoll zu bearbeiten.
Joe Niedermayer. Seit vier Monaten, an jeweils drei Tagen    So wurden 10 Meter Tüll beispielsweise handgeknüpft und
pro Woche, schnitten, nähten und klebten die beiden Jung-    auch die Epauletten selbst gemacht, aber: „Die Arbeit ging
designerinnen an den Tuntenballkostümen und das Ergebnis     uns leicht von der Hand und auch die Zusammenarbeit funk-
kann sich sehen lassen.                                      tionierte einwandfrei“, betonen die beiden.
Martina Weixler verwandelt sich in einen Zirkus-Dompteur     „Eigentlich benötigt ein derartiges Projekt ein Jahr Vorberei-
mit rotem Samtfrack, Joe Niedermayer wird zur kuscheligen    tungszeit, aber unsere zwei Designerinnen leisteten unter
Pantherin im Fellkostüm mit pinker Schleife und Tutu. Die    einem sehr engen Zeitplan und trotz einer sehr anspruchs-
Befürchtung, dass die Kostüme nach den Weihnachtsfeier-      vollen Arbeitstechnik Hervorragendes“, betont die Direktorin
tagen nicht mehr passen könnten, bewahrheitete sich zur      Prof. MMag. Barbara Krenn-Schöggl. Sie ist stolz, dass ihre
Freude aller nicht. Martina Weixler ist von den knalligen,   Schule für Offenheit gegenüber allen Kulturen, Religionen
aber eleganten, Farben beeindruckt und sieht in ihrer Rol-   und Sexualitäten steht – genau wie der Grazer Tuntenball.

                                                 TUNTENBALL 2015 | 8
Fotos © Xaver Lindlbauer

TUNTENBALL 2015 | 9
STEP BY STEP
ZUR MISS TUNTENBALL

                       Für eine schrille Ballnacht ist eines gewiss:
                     Das perfekte Make-up muss Vorzüge nicht nur
                      hervorheben, sondern auch die ganze Nacht
                     halten. Heimo Gössler, Professional Make-up-
                     Artist in der Grazer Schmiedgasse 21, zeigt an
                     Gloria Hole, der Miss Tuntenball 2014, worauf
                       es bei der professionellen Verwandlung zur
                    Dragqueen und einem perfekten Look ankommt.
                                   TEXT: SIMONE KELLNER

                   Schritt 1:
                   Die Make-up Base Stage Performer (mit Schwämmchen
                   auftragen) lässt das Gesicht frischer aussehen. Die darauf
                   folgende UV-Underbase (BB-Mousse) gibt dem Look einen
                   schönen Glanz.

                   Schritt 2:
                   Die größte Herausforderung beim Schminken zur Dragqueen
                   ist es, den Bart zu verdecken. Hier der ultimative Geheim-
                   tipp: orangen Lidschatten über die Bartstellen schminken.
                   Darüber nochmals Make-up (für den besseren Halt am bes-
                   ten geklopft). So bleiben die Bartstoppeln Stunden später
                   noch verdeckt.

                   Schritt 3:
                   Der perfekte Lidstrich wird mit einem flüssigen Eyliner von
                   der Mitte der Auges (Irishöhe) nach außen und in einem
                   zweiten Zug nach innen gezogen.

       TUNTENBALL 2015 | 10
Fotos © Peter Oswald/Tastylicious

Schritt 4:
Um der Lidfalte mehr Tiefe zu geben, wird zuerst mit dunklem
Lidschatten ein Strich in der Lidfalte gezogen und dann mit
hellem Lidschatten nachgearbeitet.
Eye-Shadow: knalliges gelb. Um das Auge größer wirken zu
lassen, schminkt man von außen nach innen.

Schritt 5:
Für perfekt geschwungene Augenbrauen wird am höchsten
Punkt (auf Irishöhe) begonnen und ein Strich mit einem
Augenbraunstift nach außen gezogen. Im zweiten Schritt
nach innen.

Schritt 6:
Rouge im satten Pink wird von außen nach innen geschminkt.
Drop-Shadow (unterm Lid).

Schritt 7:
Falsche Wimpern verleihen einen verführerischen Diva-Look.

Schritt 8:
Für Dragqueens ist es besonders wichtig, die Nase zu ver-
schmälern. Dafür einen hellen Strich (mit Lidschatten) von
der Nasenmitte nach unten bis zur Nasenspitze ziehen.
Dann mit einem Pinsel mit einem dunkleren, warmen Ton
nach außen über die Nasenflügel pudern.

Schritt 9:
Kinn-Conturing: Um das Kinn weicher wirken zu lassen,
pudert man mit einem matten Puder vom Kinn weg Richtung
Ohren.

Schritt 10:
Lippen – schwarzer Lippenstift wird mit einem Pinsel (Bors-
tenpinsel mit scharfer Kante) aufgetragen. Die Konturen
bleiben matt und auf die Mundmitte wird ein Gloss aufge-
tragen – für einen perfekten 3D-Effekt, der die Lippen voller
wirken lässt.

                                                   T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 11
MANEGE FREI
  für den Vorstand der RosaLila PantherInnen!
                                                     Joe,
                                                Pantherin

                                                            Felix,
                                                            Wolf

         Chris,
   Schwangere
     Ballerrina

            T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 12
Nicki,
Dompteurin

                                                                        Foto © Mike MacBi
                                    Monika,
                                    Clown

                                                       Peter,
                                                       Zauberlehrling

             Martina,
             Dompteur

                    T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 13
Eine große Familie
„Welcome to the Family!“ ist nicht nur Teil des diesjährigen            können und eine nächste Generation an Familie an den Ball
Ballthemas, sondern auch unser persönliches Motto als                   heranzuführen.
OrganisatorInnen, seit wir letztes Jahr den Jubiläumsball
ausrichten durften. Denn genauso herzlich wurden wir von                Die Tuntenball-Familie umfasst dabei Menschen, die so
vielen großartigen Menschen, die seit Jahren den Ball un-               verschieden wie der Zirkus sind und dennoch alle mit vollem
terstützen, als Teil dieser Ballfamilie willkommen geheißen.            Engagement aus dem gleichen Grund zusammen in ein
                                                                        „Haus“ kommen: Gemeinsam gegen Homophobie und Aus-
Glaubt manche/r BallbesucherIn vielleicht, dass diese ein-              grenzung kämpfen. Und dabei wird niemand ausgeschlos-
zigartige und karitative Veranstaltung von uns OrganisatorIn-           sen.
nen alleine geplant wird, so irrt er/sie gewaltig. Denn hinter          Einen Ball auszurichten heißt für uns nicht nur, alles zu
dieser einen Ballnacht steht ein ganzes Heer an HelferInnen             organisieren, es geht uns darum, die richtigen Menschen
und FreundInnen, die uns von Anfang an als „Familie“ vorge-             zusammenzubringen.
stellt wurden und die wir auch als solche ansehen.                      Aus diesem Grund dürfen wir auf den nächsten Seiten die
Eine von vielen klassischen Definitionen besagt, dass sich              wahren Macher des Tuntenballs und somit auch unsere
Familie durch das Zusammenleben von mindestens zwei                     Familie mit großer Freude vorstellen und uns auf diesem
Generationen in einem Haushalt auszeichnet. Und irgend-                 Wege noch einmal herzlich bei ihnen bedanken!
wie gefällt uns dieser Vergleich, denn für uns im Ball-Team
heißt das, von einer ersten Generation an BallgestalterIn-              Martin Hötzeneder & Gerhard Prügger
nen lernen zu können, aber auch neue Impulse setzen zu                  aka Herr Finnland & Butter

                                                    T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 14
Foto © privat

                                                                                                                                                             Foto © Julia Reichmayr / panchroma
                                                       Unsere PR-Leiterin                   Unsere
                                                      Alexandra Meyer leitet                Chefredakteurin
                                                      rund um den Tunten-                   Ruperta Maria Steinwen-
                                                      ball das PR-Team und ist              der wurde mit der Auf-
                                                      für die Pressekontakte                gabe der Chefredaktion
                                                      zuständig. Erst kürzlich ist          der diesjährigen Ausga-
                                                      sie mit ihrer Dissertation            be der Panthera betraut.
                                                      aus dem Bereich der Lite-             Die akademische Me-
                                                      raturwissenschaften fertig            dienfachfrau sammelte
                                                      geworden. Sie studierte               Erfahrungen als Co-He-
                                                      American Studies und das              rausgeberin, Chefredak-
                                                      Medienfächerbündel       an           teurin, Pressereferentin
                                                      der Uni Graz. Seit 9 Jahren           und freie Journalistin in
                                                      ist Alexandra Meyer in den            verschiedenen Medien.
                                                      verschiedensten       Berei-          Derzeit arbeitet Ruperta
                                                      chen der Öffentlichkeits-             M. Steinwender als Me-
                                                      arbeit tätig, wobei sie am            diendesignerin    neben
                        MEYER                         längsten in der Postgara-
                                                      ge, wo auch das FAGtory
                                                                                            ihren Studien der Eu-
                                                                                            ropäischen Ethnologie
                                                                                                                         STEINWENDER
                    Clubbing der RosaLila PantherInnen stattfindet, arbeitete.              und Medien.
                    Zur Tuntenball-Family kam sie im Supermarkt beim Einkau-                „Der Tuntenball ist eine gute Möglichkeit auf Diversität in
                    fen. Dort traf sie auf die RLP-Vorsitzende Martina Weixler,             der Gesellschaft aufmerksam zu machen und Toleranz zu
                    die über gemeinsame Bekannte von ihr gehört hatte und so                forcieren.“
                    wurde sie gefragt, ob sie Teil des PR-Teams werden möchte.              Courage bedeutet für mich, auf Worte Taten folgen zu
                    Sie sagte zunächst ab und dann begeistert zu.                           lassen, wenn es die Situation verlangt.
                    Courage bedeutet für mich, sich gegen Dominanzdiskurse
                    zu wehren. „In einem Land mit unserer Geschichte halte ich
                    es für unsere historische Pflicht bei Diskriminierung aufzu-
                    stehen und nicht schweigend daneben zu sitzen.“

                    Unser Stammgast                                                         Unser Grafiker
                    Mit mehr als 15 besuchten Tuntenbällen zählt Christian                  Andreas Walzl betreut seit 2007 die Grafik für den Tuntenball.
                    Weber zu den Stammgästen und ist bereits ein Teil der                   Letztes Jahr feierte er sein 10-jähriges Tuntenball- Jubiläum.
                    „family“. Jedes Jahr überrascht er mit seinen extravaganten             Auf die Frage, welchen Part er in der Zirkusfamilie beim dies-
                    Kostümen und seinem Faible für den Ball. Früher traf er sich            jährigen Tuntenball übernimmt, antwortet er: „Irgendetwas
                    mit Freunden und Bekannten Zuhause, um sich gemeinsam                   zwischen devoter Katze und scharfem Tiger.“ Er liebt den
                                                    auf den Ball vorzubereiten              Tuntenball für all die

                                                                                                                                                                             Foto © Djulijan Ramakic
Foto © Mike MacBi

                                                    und einzustimmen. In den                herrlich ausgefallenen
                                                    letzten Jahren organisierte             Abendgarderoben, egal
                                                    Christian Weber jedoch im-              ob Obstkorb am Kopf,
                                                    mer größere private Events,             ein in die Frisur einge-
                                                    wie die Nostalgie-Stra-                 flochtener     Vogelkäfig
                                                    ßenbahn zum Tuntenball                  oder ein Kleid aus Vor-
                                                    2014, wo in jedem Wagon                 hangstoff.
                                                    eine Live-Band performte                Courage bedeutet für
                                                    und ausgelassen vorgefeiert             ihn, sich nicht zu verste-
                                                    wurde.                                  cken. „Man muss nicht
                                                    „Jede und jeder soll sein Le-           immer den Zaunpfahl
                                                    ben so gestalten, wie sie/              schwingen und krei-
                                                    er es für richtig hält. Ach-            schen: Haaaaallo, ich
                                                    tung, Verständnis, Toleranz,            bin schwul! Aber wenn
                                                    Akzeptanz und Liebe sind                es zum Thema wird, ist
                                                    gefragt. Schade, dass man               es wichtig, dass man zu
                                                     nicht jeden Tag Leute trifft           sich selbst, seinem/r
                                                     die ähnlich wie die Tunten-            PartnerIn und zu seiner
                                                     ball-Gäste denken!“                    Überzeugung steht.“

                       WEBER                                                                                                      WALZL
                                                                        T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 15
Unsere                                Unser

                                                                                                                                                            Foto © privat
Foto © Inge Prader

                                                       Conférencieuse                        Squaredance-Profi
                                                       Die Sängerin und Tänzerin             Aimée       Natter    ist
                                                       Miruna Mihailescu ist die-            Tänzer in,     Choreogra-
                                                       ses Jahr zum ersten Mal               fin, Tanzlehrerin und
                                                       beim Tuntenball und hat               Trainerin der Grazer
                                                       die Aufgabe der Conféren-             Hip-Hop-Showtanzgrup-
                                                       cieuse übernommen. Sie                pe „YoMaCru“. Am Ball
                                                       eröffnet darüber hinaus               wird sie die Gäste dazu
                                                       den Ball mit zwei Liedern,            bringen, die Hufen zu
                                                       die unterschiedlicher nicht           schwingen und den Gra-
                                                       sein könnten: ein Chanson             zer Congress mit guter
                                                       und eine Rocknummer.                  Laune und fetzigen Tanz-
                                                       Die Wichtigkeit von Diver-            schritten zum Beben zu
                                                       sität – wie bei den beiden            bringen. Aimée ist ein
                                                       Songs – vergleicht sie mit            sehr offener, verrückter
                                                       Farben: „Es gibt nicht nur            Mensch, der sehr viel

                     MIHAILESCU
                                                       schwarz und weiß. Tole-
                                                       ranz ist, alle Farben exis-
                                                                                             Wert auf Freiheit und
                                                                                             Toleranz legt, deshalb              NATTER
                                                       tieren zu lassen.“                    kann sie das Motto und
                                                                                             die Einstellung des Balls voll und ganz vertreten: „Als Tän-
                                                                                             zerin lerne ich immer wieder Menschen aus allen möglichen
                                                                                             Ländern, Klassen und mit den unterschiedlichsten Gesin-
                                                                                             nungen kennen und setze mich sehr für Akzeptanz ein!“

                      Im Herbst 2012 übernahm das junge TrainerInnenteam                     Unsere

                                                                                                                                                            Foto © privat
                      Stephan Offenbacher, Elly Gschier, Lissi Barry und Johanna             Zirkustänzerin
                      Drexler die Kinder- und Jugendgruppe der Sportakrobatik                Die diplomierte Profiba-
                      des Allgemeinen Turnvereins Graz. Vor einem Jahr stellten              letttänzerin und Choreo-
                      sie die Showgruppe „Acrotastic“ zusammen, mit der sie seit-            grafin wurde in Russland
                      dem regelmäßig bei verschiedenen Veranstaltungen ihre ak-              geboren und auch aus-
                      robatischen Künste darbieten. Auch zwei Kinder bereichern              gebildet. Sie übernimmt
                                                       die Gruppe, die auf dem               den Part der Zirkustän-
                                                       diesjährigen     Tuntenball           zerin im Rahmen der Er-
                                                       auftritt, denn damit wollen           öffnung des Tuntenballs.
                                                       sie zeigen, dass mit dem              Courage bedeutet für sie
                     SHOWGRUPPE                        Thema Diversität von klein
                                                       auf umgegangen werden
                                                                                             Selbstbehauptung und
                                                                                             das Eintreten für Diskri-
                                                       sollte. „Acrotastic“ ist es           minierte. „Ich setze mich
                                                      ein Anliegen beim Tunten-              für Toleranz und Diversi-
                                                      ball mitzuwirken, um ein               tät ein, da ich als Aus-
                                                      Zeichen der Toleranz zu                länderin in Österreich
                                                      setzen. „Unser Sport ist mit           lange Zeit Leidtragende
                                                      viel Schweiß und Energie               von Intoleranz und Xeno-
                                                      verbunden – genauso wie                phobie war.“
                                                      die Arbeit, mehr Akzeptanz
                                                      in der Gesellschaft zu errei-
                                                      chen.“

                                                                                                                           PANZENBOCK
                      Foto © Elisabeth Barry

                                                                         T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 16
Die Patronessen des Tunten-

                                                                                                                                                                                                                       Ornella de Bakel • Foto © Sean Mac Andrew
balls sind wunderschön – das

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Tamara Mascara • Foto © Dimitrios Vellis
muss einfach so gesagt wer-

                                                        Lucy McEvil • Foto © Jana Madzigon
den. Sie haben ihren indivi-

                                                                                                                                                 Meth • Foto © Benjamin Giddins
duellen Stil und sind in unter-
schiedlichen Bereichen tätig
– aber was sie vereint, ist nicht
nur dieser Ball, sondern die
Tatsache, dass sie Vorbildwir-
kung haben. Jede für sich hat
in ihrem Bereich großartiges geleistet. Auf

                                                                                              Conchita Wurst • Foto © Paz Stammler Photography
persönlicher, künstlerischer, sozialer und/
oder politischer Ebene. In einer Gesellschaft,
die, wie wir beschämt eingestehen müssen,

                                                                                                                                                                                  Lilo Wanders • Foto © Michael Reeh
Tunten, Transen, Transvestiten, Drags usw.

                                                                                                                                                                                                                                                                   Vera de Vienne • Foto © privat
immer noch als Randphänomene, als Abson-
derlichkeiten und als Freaks behandelt. Für
uns sind sie unsere strahlenden Vorbilder
und Leitsterne. Personen, die – egal wie alt
sie sind, welches biologische Geschlecht oder
welche sexuelle Orientierung sie haben –
Herausragendes leisten und das in Stöckel-
schuhen. Das ist unsere Definition der Tun-
tenball-Patronessen und wir sind unglaublich
stolz auf sie.
                                                   PATRONESSEN

Ohne flowerpower wäre der Tuntenball nicht

                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Foto © Mike MacBi
mal halb so schön. Seit 2002 gibt es den Blu-
menshop von Christian Hofmann und Harald
Purkarthofer in Graz. Gemeinsam mit ihren
HelferInnen verwandeln sie das Ballgelände
mit frischen Blumen und Gestecken, aufwen-
digen Konstruktionen und kreativen Ideen in
eine Wunderwelt. Mit Aufmerksamkeit und
Liebe zum Detail entgeht den Beiden keine
Ecke des Ballgeländes. Es gibt keine Heraus-
forderung, der sie sich mit ihrem Team nicht
stellen: ob Riesenschlangen, fliegende Ufos
oder schwebende Möbel, die plötzlich unter
tausenden Blumen zu ungeahnten Höhen auf-
steigen. Von den ersten Konzeptbesprechun-
gen im Juli weg laufen die Vorbereitungen für
die extravagante Balldekoration. Es wird be-
stellt, gekauft, gehämmert und gesteckt was
das Zeug hält, um am Ballwochenende, mit
Hilfe der Freiwilligen den Grazer Congress in-                                                                   „Wir wünschen uns, dass wir nicht
nerhalb von nur knapp 36 Stunden in ein ein-                                                                     mehr um Toleranz bitten oder kämpfen
zigartiges Ambiente zu verwandeln.                                                                               müssen. Es sollte ein gelebtes Grund-
Das diesjährige Ballthema verbinden Chris-                                                                       recht sein wie die Luft zum Atmen. Mit
tian und Harald mit Courage. Gerade wegen
dem andauernden Kampf gegen Intoleranz
                                                 FLOWERPOWER                                                     dem Tuntenball setzt die Community
                                                                                                                 jedes Jahr ein starkes Zeichen und es
und für Gleichberechtigung, ist es Ihnen so wichtig, den Ball                                macht uns sehr stolz ein Teil davon sein zu dürfen.“
und die Projekte der RosaLila PantherInnen zu unterstützen.

                                                   T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 17
Foto © Christopher Jörgler

                                                                                                    Megan Crain ist eine in

                                                                                                                                                                      Foto © Joshua Spafford
                                                                                                    Amerika geborene Sän-
                                                                                                    gerin, die heute in Wien
                                                                                                    lebt. In New York trat
                                                                                                    sie im bekannten Kon-
                                                                                                    zertsaal im Herzen von
                                                                                                    Manhattan, der „Radio
                                                                                                    City Music Hall“, sowie
                                                                                                    auf vielen weiteren Büh-
                                                                                                    nen auf. Zeitgleich arbei-
                                                                                                    tete sie an der Erschei-
                                                                      Unser                         nung ihres 2ten Albums
                                                                      Zirkuskapellen-               „Hindsight“, das in Aus-
                                                                      Dirigent                      zügen zum Schmökern
                                                                    Didi Bresing ist                online unter www.me-
                                           BRESING                  Leiter der Gala Big
                                                                    Band eXcite, die
                                                                                                    gancrain.com angehört
                                                                                                    werden kann. „I’m proud
                            den Tuntenball schon seit Jahren musikalisch aufmischt.                 to be performing at Tun-
                            Ein ehemaliges RosaLila PantherInnen-Vorstandsmitglied                  tenball where the loud
                            suchte eine Band für den Ball und stieß durch eine Recher-              and stale social norms
                            che zufällig auf das Orchester mit seiner breiten Klangviel-            daily present in the lives
                            falt. Seither spielt es – nun schon zum 6. Mal – auf dem
                            Event, bei dem Didi Bresing als Dirigent der Zirkuskapelle
                                                                                                    of LGBT individuals are
                                                                                                    drowned out, discredi-                  CRAIN
                            im Hauptzelt fungiert. Außerdem übernimmt er auch die                   ted, and redefined by
                            Funktion des Haupt-Technik Koordinators am Ball.                        the power of numbers
                            Seit seinen ersten Dienstjahren als Pädagoge in inklusiven              (and a lot of glitter)!“
                            und multikulturellen Grazer Schulen setzt er sich für Diversi-
                            tät und Toleranz ein und lebt diese Werte in seinem Alltag.
                            Courage bedeutet für mich, der Ursprung allen Tuns.

                                                                          HAGEN
                                                                                                            Unser Winzer
Foto © Stephan Friesinger

                                                                                                            Holger Hagen ist ein steirischer Biowinzer mit Migrati-
                                                                                                            onshintergrund, er ist in Bayern aufgewachsen, hat in
                                                                                                            Hessen Weinbau studiert und vor 9 Jahren ein Wein-
                                                                                                            gut in der Südsteiermark gegründet, das er zusammen
                                                                                                            mit seinem Mann René führt. Für den Tuntenball kre-
                                                                                                            ierte er einen eigenen Ballsekt, womit er sein hand-
                                                                                                            werkliches Geschick als Winzer unter Beweis stellt.
                                                                                                            Aber nicht nur ein guter Tropfen Wein, sondern auch
                                                                                                            ein faires Miteinander liegt ihm am Herzen. Courage
                                                                                                            ist für ihn kein Modebegriff, sondern vielmehr eine
                                                                                                            grundlegende Bereitschaft von vielen,
                                                                                                            in entscheidenden Momenten oder bei
                                                                                                            wichtigen Themen für das Richtige das
                                                                                                            Wort zu erheben, Minderheiten zu schüt-
                                                                                                            zen und für Gerechtigkeit zu kämpfen.
                                                                                                            „Wir als Lebewesen auf dieser Welt sind
                                                                                                            in unseren Eigenschaften, Stärken und
                                                                                                            Veranlagungen bunter als das kühnste
                                                                                                            Zirkuszelt. Unsere Vielseitigkeit sollten
                                                                                                            wir kultivieren, uns ausleben können,
                                                                                                            wir sollten tolerant miteinander oder
                                                                                                            zumindest nebeneinander existieren.
                                                                                                            Dann wird unsere Show auf Erden eine
                                                                                                            gute und unser Zirkus ein voller Erfolg“,
                                                                                                            appelliert Holger Hagen.

                                                                                T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 18
PLENVM ist eine Kunstfigur, die sich alles erlaubt, sich nie                                    Seit mehr als drei Jah-

                                                                                                                                                                                                             Foto © Allesandro
                                             wirklich ganz ernst nimmt und dabei ihrem Erfinder Gregor                                       ren    ist    Alessandro
                                             Krammer nicht ganz unähnlich ist. Auf der Bühne bricht                                          Caruso als DJ in der
                                             PLENVM mit traditionellen Ideen und gibt einen lebendi-                                         LGBTQ       (LesbianGay-
                                             gen Eindruck seiner eigenen Erfahrung als junger queerer                                        BisexualTransgender-
                                             Künstler wieder. „Da ich mir Graz als momentanen Spiel-                                         Queer)-Community be-
                                             platz auserkoren habe, trete ich gemeinsam mit TänzerIn-                                        kannt und erfolgreich.
                                             nen der lokalen Szene beim Ball auf, die genauso wenig                                          2014 war er das erste
                                             scheu sind wie ich selbst bin“, so die schrille Figur. „Ich glau-                               Mal live am Tuntenball
                                             be, dass ich als Person für viele ÖsterreicherInnen jemand                                      und dieses Jahr tritt
                                             bin, die sie erst zu tolerieren lernen müssen und wenn das                                      er wieder als DJ in die
                                             der Fall ist, dann scheue ich das Gespräch nicht. Denn nur                                      Manege des Zirkus und
                                             so können wir uns                                                                               heizt den Ballgästen
                                             als    Gesellschaft                                                                             ein.
                                             weiterentwickeln.“                                                                              Er lebt ganz nach dem
                                                                                                                                             Motto: „Sein, wer man
                                                                        PUNK CLOWN                                                           ist und jede und jeden
                                                                                                                                             leben lassen. Man soll-
                                                                                                                                             te sich nicht verstecken
                     Foto © Gregor Krammer

                                                                                                                                             und schon gar nicht,
                                                                                                                                             wenn es um die sexu-
                                                                                                                                             elle Orientierung einer
                                                                                                                                             Person geht. Ich selbst
                                                                                                                                             bin schwul und verste-
                                                                                                                                             cke es nicht.“
                                                                                                                                                                                  CARUSO

                                                                                                                                             Alkis Vlassakakis hatte schon so einige verrückte Jobs, z. B.
                                                                                                                                             war er Fahrstuhlführer im Glockenturm des Berliner Olym-
                                                                                                                                             piastadions, bartloser Weihnachtsmann und hat Kostüme
                                                                                                                                             für ein Varieté im Nachtzug nach Zürich gefertigt. Dieses
                                                                                                                                             Jahr tritt er als Visual Jockey (VJ) am Tuntenball auf. Sei-
                                                                                                                                             ne Visuals kommen manchmal hübsch und harmlos daher,
                                             Florian Scheck a.k.a. J’aime Julien tritt seit 2013 als DJ in                                   meist aber versteckt er kleine Bosheiten darin oder etwas
                                             die Manege des Disco-Floors am Tuntenball. Er ist u. a. auch                                    leicht Anrüchiges, nicht ganz Jugendfreies.
                                             Veranstalter bei MALEFIZ und EARLY BIRDS und hat auf der                                        Als er vor über dreißig Jahren gegenüber seinen Eltern sein
                                             Pariser Fashion Week bei einer Modenschau gleichzeitig                                          Coming-out hatte, baten sie ihn, es den Verwandten nicht zu
                                                                                aufgelegt und gemodelt.                                                                               sagen. Er sagte ih-
                                                                                                                    Foto © Gregor Hofbauer
Foto © Maria Krasa

                                                                                Das ist noch nicht ge-                                                                                nen nichts und ging
                                                                                nug der verrückten Din-                                                                               stattdessen damit
                                                                                ge die Florian Scheck                                                                                 ins      Fernsehen.
                                                                                macht, auch sein Bart                                                                                 Auch     heutzutage
                                                                                wechselt öfters die Far-                                                                              beobachtet er noch
                                                                                be.                                                                                                   Eltern, die ihren
                                                                                Bei       Veranstaltungen                                                                             Kindern gegenüber
                                                                                mit gemischtem Publi-                                                                                 zu wenig Verständ-
                                                                                kum diverser Herkunft,                                                                                nis      aufbringen.
                                                                                Geschlechteridentitäten                                                                               „Der      Tuntenball
                                                                                und sexueller Orientie-                                                                               soll dazu beitragen,
                                                                                rungen entsteht oft eine                                                                              dass       Menschen
                                                                                Atmosphäre, in der sich                                                                               gelassener an die
                                                                                Menschen frei fühlen,                                                                                 Frage heran gehen,
                                                                                so sein können, wie sie                                                                               was denn sein wür-
                                                                                 sind, und es ihnen von                                                                                de, wenn ihr Kind
                                                                                 anderen       sozusagen                                                                               lesbisch,   schwul
                                                                                 vorgelebt wird. „Ich bin                                                                              oder trans wäre
                                                                                 froh mit meiner Musik                                                                                 oder gar hetero...“
                                                                                 und meinen Partys ei-
                                                   JULIEN                        nen Beitrag leisten zu
                                                                                 können.“
                                                                                                                                                VLASSAKAKIS

                                                                                                   T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 19
Foto © MagnusFond

Unsere Pageant-Mama
Jacques Patriaque ist der erste öster-
reichische Boylesque-Tänzer, Produzent
des Boylesque Festivals Vienna und des
Drag-Boylesque-Burlesque-Clubs „Imperi-                                                    PATRIAQUE
al Madness“ und Ehemann von Conchita
Wurst. Jacques Patriaque erinnert sich ger-
ne an seinen ersten Auftritt vor nun bald 5                                     Individuen auf diesem Planeten! Toleranz
Jahren bei einer Steampunk Revue als Boy-                                       kommt aus dem Lateinischen tolaerare,
lesque-Tänzer in Wien zurück: „Wir hatten                                       was so viel wie erdulden, ertragen bedeu-
Proben und die Bühnensituation war be-                                          tet, demnach setzte ich mich eher für eine
sprochen. Am Abend komme ich dann zur                                           allgemeine Akzeptanz in unserer Gesell-
Location und alles war anders! Die Bühne                                        schaft ein, da man Personen oder Gruppen
war plötzlich in der Mitte des Raums und                                        nicht einfach „erdulden“ sollte, sondern
größtenteils männliche Gäste, nur sehr ver-                                     jede und jeden so zu nehmen wie sie oder
einzelt gab es weibliches Publikum. Zu dem                                      er ist, sprich akzeptieren!“
Zeitpunkt dachte ich mir: Oh mein Gott! Die                                     Beim Tuntenball tritt er in die Fußstapfen
werden mich mit ihren Bierdosen bewerfen                                        von „Pageant-Mama“ Denice Bourbon, die
und von der Bühne buhen! Überraschen-                                           Wiener Burlesque-Künstlerin und Enter-
derweise hat es ihnen gefallen! Ein Mann ist nach der Show      tainerin, und hostet den Blauen Salon in intimer Wohnzim-
sogar an mich herangetreten und sagte mir: Du! Ich bin zwar     mer-Atmosphäre, wo er sich um das gesamte Künstleren-
nicht schwul, aber du hast mir echt urgut gefallen! Das war     gagement kümmert und auch selbst auftritt.
mitunter ein Grund weiterzumachen.“
Für den Künstler bedeutet Courage „handeln“ und nicht
„wegsehen“, denn er setzt sich seit Jahren in der Communi-      Tuntenball Freak Show -
ty und auch darüber hinaus für eine generelle Gleichberech-     hosted by Jacques Patriaque
tigung ein. „Dabei spielt bzw. sollte es keine Rolle spielen    Jacques Patriaque, Tamara Mascara, Mitzi May, Kitty Wil-
welcher Ethnizität, Religion, sexuelle Orientierung oder wel-   lenbruch, Evilyn Frantic and friends: Mr. Bear Austria Georg
chem Geschlecht man angehört, wir sind alle gleichwertige       Kroneis, Megan Crain, Alexandra Desmond

                    utter:

                                                                                                                                         Thompson
Grüße von der Ballm

                                                                                                                        Foto © Alexandra

                                                   TUNTENBALL 2015 | 20
Unser musikalischer Supervisor                                        Unser

                                                                                                                                                                Foto © Foto Furgler
                         Markus Richter hat letztes Jahr den Tuntenball klang-                 Zauberkünstler
                         voll begleitet. Dieses Jahr gestaltet er als musikalischer            Christoph Kulmer ver-
                         Supervisor die Eröffnung mit, tritt mit der Band „The Moods“          zaubert die Gäste am
                         auf und moderiert gemeinsam mit Ballmutter Alexandra                  diesjährigen Ball mit
                         Desmond die Kostümprämierung. Warum setzt sich Markus                 seinen Künsten und
                         Richter für Diversität und Toleranz ein?                              seinem     zauberhaften
                         „Weil ich es kann und ich meine das wirklich so. Ich fühle            Showauftritt zum The-
                         mich privilegiert, mein Leben so zu leben, wie ich will und           ma Zirkus. Als Zauberer
                         kann mich darüber hinaus auch für andere Menschen ein-                passieren ihm oft ab-
                         setzen, denen das                                                     surde Dinge. Eines sei-
                         aus verschiedens-                                                     ner Highlights war, so
                         ten Gründen nicht                                                     Christoph Kulmer, dass
                         möglich ist. Das                                                      er zwei Polizisten bei
                         sehe ich als Ge-
                         schenk.“
                                                       RICHTER                                 einer Verkehrskontrolle
                                                                                               die Armbanduhren ge-
                                                                                               stohlen und sie bei der
                                                                                               Führerscheinrückgabe
                                                                                               wieder retourniert hat.
                                                                                               „Courage       bedeutet
                                                                                               für mich, Menschen
                                                                                               ihr Glück und ihre Lie-
                                                                                               be zu lassen, egal mit
                                                                                                                                    KULMER
                                                                                               wem. Ich setze mich für Diversität und Toleranz ein, weil die
                                                                                               Menschheit verstehen sollte, jede und jeden so zu akzeptie-
Foto © Bettina Frenzel

                                                                                               ren wie sie oder er ist oder liebt. Homosexualität sollte kein
                                                                                               Tabuthema mehr sein.“

                                                                                               Drag Queen, Performer und Grafikdesigner – all das ist Bernd
                                                                                               Eischeid aka Dutzi Ijsenhower. „Die meisten Menschen ver-
                                                                                               einen unterschiedliche Interessen. Dabei entstehen inne-
                                                                                               re Reibeflächen, die eine wichtige Quelle der Inspiration,
                                                           EISCHEID                            Empathie und des persönlichen Wachstums sein können“,
                                                                                               so der facettenreiche Künstler. Als Artdirector des Tunten-
                                                                                               balls 2015 hat er nicht nur das Ballsujet entworfen, sondern
Foto © Julia Fuchs

                                                                                               er betritt auch, gemeinsam mit Mara, als Dutzi die Manege
                                                                                               des Tuntenballs.

                                                                                               Unsere Ex-Muttis & Zirkusdirektorinnen
                                                                                               Dutzi Ijsenhower & Mara Gheddon waren 2014 als gute
                                                                                               Engel des Reparatur-Salons „Mutti wird‘s schon richten“
                                                                                               engagiert. Sie klebten lose Wimpern fest, frischten wegge-
                                                                                               küssten Lippenstift auf und hatten für alle ein offenes Ohr,
                                                                                               einen guten Ratschlag und die Heißklebepistole stets im
                                                                                               Anschlag. Auf anderen Veranstaltungen haben sie schon zur
                                                                                               „Rocky Horror Picture Show“ gesungen, Dildos gewaschen,
                                                                                               Leberkas gebügelt, Bingo gespielt und Abdrücke von Maras
                                                                                               Brüsten auf ein Outfit gedruckt!
                                                                                               Dieses Jahr hosten die beiden den Kammermusiksaal,
                                                                                               wo ein Jahrmarkt mit Squaredance stattfindet. Die Musik
                                                                                               machen „Markus Richter & The Moods“ und Dutzi & Mara
                                                                                               sorgen dafür, dass sich beim Tanzen niemand auf die Füße
                                                                                               tritt. „Wir sind also eine Mischung aus Zirkusdirektorinnen,
                                                                                               Cowgirls und Rodeo-Clowns“, so die beiden Ex-Muttis.
                                                                                               „Wir glauben, dass jeder und jede so können soll wie er oder
                                                                                               sie möchte! Egal ob das heißt: sich herausputzen, cross-
                                                                                               dressen, singen, öffentlich lieben oder einfach herauslas-
                                                               MUTTI                           sen, was in einem steckt! So wird die Welt lustiger, bunter
                                                                                               und freier für alle.“

                                                                           T U N T E N B A L L 2 0 1 5 | 21
CAFÉ — BAR — FUSION RESTAURANT

Herrengasse 7                       Mo – Sa    11.30 - 24.00 Uhr
8010 Graz                           So         11.00 - 21.00 Uhr

Reservierungen unter:               Sonntagsbrunch bis 20.00 Uhr
+43 660 696 24 17                         facebook.com/maushi
www.peterquelle.at

Peterquelle – Das Unverkennbare                     Steirerquell – Das Universelle
Ursprünglich wurde das Mineralwasser der ersten     Weniger reich an Inhaltstoffen und dadurch
Quelle auf Grund des hohen Mineralstoffgehalts      geschmacksneutraler. Beliebt vor allem in der
als Heilwasser verkauft. Heute ist es ein Marken-   Gastronomie, nicht zuletzt wegen des Namens.
zeichen für steirischen Genuss.                     Gibt es prickelnd mild und naturell!
Peterquelle – gibt es nur fein prickelnd!

      Natürlichkeit von seiner schillernden Seite
Courage bedeutet mutig, unerschrocken und beherzt zu sein.
      Doch obwohl wir wissen was Courage bedeutet, mangelt es oft an
ebendieser. Die von uns porträtierten Personen und die Familie Dunkel,
     Gewinnerin der „Goldene Panthera“ haben bewiesen, dass es auch
   anders geht. Mit Willensstärke stellen sie sich gegen gesellschaftliche
Konventionen, bieten ihnen die Stirn und setzen sich für Diversität ein.
OUTING
                           BRINGT STEINE
                            INS ROLLEN
                                           KOLUMNE VON KATHARINA ULRIC H

Bevor ich lesbisch wurde                                        dahinter und versuchte mir zu helfen. Dank ihr und meinen
Ich war früher ein sehr intoleranter und konservativer          Freunden bin ich aus diesem Teufelskreis wieder heraus-
Mensch. Vieles von meinem Verhalten übernahm ich von            gekommen.
meiner Familie.
                                                                Stolz, HOMO zu sein
Wo die Liebe hinfällt                                           Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, sich zu outen ist
Mein „Wandel“ fing mit meiner Freundin an. Ich muss             immer leicht. Ich glaube es gibt auch keinen richtigen Weg
sagen, für mich war es Liebe auf den ersten Blick. Ich hab      es zu tun. Man kann es nur machen. Oft muss man große
sie nicht gekannt und ver-                                                                 Hürden überwinden, verliert
suchte deswegen mit ihr ins                                                                vielleicht auch Freunde. Doch
Gespräch zu kommen. Doch            ”ZU DEM ZU STEHEN, WER MAN                             man bekommt auch die Chance
als ich dieses „Bauch-Krib-                                                                auf neue Erfahrungen. Die Welt
beln“ spürte, bekam ich Angst.       IST, KANN OFT SCHWER SEIN,                            kann ein ganzes Stück größer
Ich und lesbisch? Niemals!                                                                 werden. Ich habe meine große
So kämpfte ich gegen diese             DOCH ZU VERHEIMLICHEN                               Liebe kennengelernt, enge
Gefühle an – erfolglos.                                                                    Freunde dazugewonnen und
                                       WER MAN IST, KANN EINEN                             auch zu meinen Eltern habe
Outing bei Freunden                                                                        ich mittlerweile ein sehr gutes
Anfangs ging ich mit meinem                KAPUTT MACHEN.“                                 Verhältnis. Der Weg war nicht
Outing recht locker um, ich bin                                                            einfach doch für mich war es
einfach vor meinen Freunden                                                                wichtig, zu mir zu stehen.
Hand in Hand mit meiner Freundin erschienen. Blöd war,
dass diese Freunde genauso intolerant waren wie ich früher,
so habe ich damals den Großteil meiner Freunde verloren.
Doch das war nicht schlimm, denn mit der Zeit lernte ich vie-
le neue Leute kennen, die mich verstanden und mit denen
ich jetzt sehr gut befreundet bin.

Outing in der Schule
Ich ging in eine sehr konservative Internatsschule. Da habe
ich mich nie wirklich geoutet, meine MitschülerInnen haben
es jedoch mit der Zeit gemerkt. Für mich fing eine schwe-
re Zeit an, ich wurde mit Schimpfwörtern nur so überhäuft.
Ich habe auch lange Zeit mit niemandem darüber gespro-
chen, ich wusste nicht, wem ich mich anvertrauen könn-
te. Zu meinen Eltern konnte ich damals auch nicht, da sie
selbst dagegen waren. So suchte ich nach einem Ventil um
den Druck auszugleichen und fing an mir selbst zu scha-
den – ohne das es jemand merkte. Nur meine Noten wurden
immer schlechter. Nach einiger Zeit kam meine Erzieherin
                                                                Foto © Mike MacBi

                                                   TUNTENBALL 2015 | 25
GOLDENE
                PANTHERA
               Wo wären wir heute, wenn Menschen nicht
                 bereit wären etwas Neues zu machen, zu
             versuchen etwas zu verbessern, zu verändern und
              dafür bereit wären über ihren eigenen Schatten
              zu springen und etwas Neues auszuprobieren?
                                 TEXT: DANIEL EBERHARD

            Daher möchten wir, die RosaLila PantherInnen, in diesem
            Jahr etwas Neues machen. Wir möchten Menschen würdi-
            gen, die sich im Alltag für Homo-, Bi und Transsexuelle ein-
            setzen. Aus diesem Grunde verleihen wir in diesem Jahr zum
            ersten Mal die “Goldene Panthera“, hierbei handelt es sich
            um einen Preis, welcher die Anerkennung und den Dank für
            eine Vorbildwirkung zum Ausdruck bringen soll.

            Der Preis
            Doch um unsere Preisträger würdig auszuzeichnen, bedarf
            es natürlich auch eines besonderen Preises. Mit dieser
            schwierigen Aufgabe wurde die Holz- und Steinbildhauerei
            Ausbildungsklasse der HTL Hallstatt betraut. Die Schüler
            haben mit großartigen Ideen und viel Mühen Werke geschaf-
            fen, die sich mehr als sehen lassen können. Somit war es für
            die Jury, bestehend aus dem Vorstand der RosaLila Panther-
            Innen Martina Weixler und Joe Niedermayer sowie der Miss
            Tuntenball 2014, Gloria Hole, nicht leicht, eines davon aus-
            zuwählen, doch letztendlich gewann Klara Schmeisser mit
            ihrem Werk „Auge“ den ersten Platz.
            Die Skulptur repräsentiert durch das gewählte Design und
            den Hintergedanken die Grundwerte des Balls für Gleichheit
            und Vielfalt.
                                                                                                              Foto © Xaver Lindlbauer

                       v.l.n.r. Joe Niedermayer, Martina Weixler, Bgm. Alexander Scheutz, Klara Schmeisser,
                                                                          Dir. Jörg Zimmermann, Gloria Hole

TUNTENBALL 2015 | 26
Foto © Fotocredit: Mike MacBi
Die Preisträger                                                Eltern darüber unterhalten zu können“, erinnert sich Mutter
Nach monatelangem Abwägen der vielen engagierten Men-          Irene. Sie arbeitet als Ordinationsgehilfin und man merkt ihr
schen, die den Preis verdient hätten, fiel die Wahl zuletzt    schnell an, dass sie eine leidenschaftliche Mutter ist, die die
aber mit großer Begeisterung auf Familie Dunkel aus Graz.      Familie zusammenhält.
Sie bekommen den Preis stellvertretend für alle Familien,
die der Homosexualität mit Respekt und Wertschätzung           Nun organisiert sie Stammtische für Eltern mit homose-
gegenübertreten. „Die Dunkels erfüllen die Kriterien für die   xuellen Kindern, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich
Goldene Panthera in jeder Hinsicht – sie übertreffen sie so-   auszusprechen, jemanden zu haben, der ihnen zuhört und
gar! Diese Familie entfaltet durch ihren offenen und wert-     die Probleme kennt, mit welchen man in dieser Situation
schätzenden Umgang mit der Homosexualität der beiden           konfrontiert wird. Es geht hierbei nicht um professionelle
Zwillingssöhne und den ehrenamtlichen Einsatz der Mutter       Beratung oder psychologische Gespräche, es geht viel mehr
für die Unterstützung von Eltern homosexueller Kinder große    um ein offenes Miteinander mit Gleichgesinnten. Natürlich
Vorbildwirkung für unsere Gesellschaft“, so Martina Weixler    sind die gemeinsamen familiären Umstände ein Grund zu
vom Vorstand der RosaLila PantherInnen.                        kommen, jedoch bei weitem nicht der einzige. „Freundschaf-
Bei den Dunkels zuhause fühlt man sich sofort wohl. Wir        ten sollen entstehen, man unternimmt gemeinsam Sachen,
treffen Irene, die Mutter der beiden homosexuellen Zwil-       macht Ausflüge und unterhält sich mit anderen Eltern über
lingssöhne Oliver und Markus, deren Lebensgefährten sowie      viele Themen; man wächst zusammen und bekommt neue
Günther den Ehemann und Vater.                                 Perspektiven“, berichtet Irene. Und so halten alle in der
                                                               Familie Dunkel zusammen, stärken sich gegenseitig und
Es geht um ein offenes Miteinander                             helfen anderen sich selbst zu helfen. Denn zu viele Men-
„Nach dem ersten Outing von Markus hatte ich schon ein         schen sagen einem wie man es besser machen könnte und
Problem damit. Nicht mit der Homosexualität, sondern mit       zu wenige hören zu, versuchen zu verstehen und sind fürei-
der Frage, wie wird das Leben für das Kind werden? Ich hätte   nander da. Für dieses Feingefühl, Gespür und Engagement
mir damals die Möglichkeit gewünscht, mich mit anderen         verleihen wir Familie Dunkel die Goldene Panthera.

                                                  TUNTENBALL 2015 | 27
EIN GAYCOP
                             MIT COURAGE!
                    Josef ist einer von wenigen geouteten Polizisten, gemeinsam tritt er mit seinen
                    Kolleginnen und Kollegen von den GayCops Austria für mehr Akzeptanz und
                       Toleranz für Lesben, Schwule und Transidente innerhalb der Polizei ein.
                                             TEXT: EBERHARD FEINER-WUTHE

In Vorarlberg hat Josef seine Wurzeln und auch seine Heimat.   Gründung Gaycops Austria
Er kommt aus einem eher ländlichen Gebiet. Zuerst outete       Wegen weiter anhaltendem Mobbing sah sich Josef 2007
er sich mit knapp 30 Jahren im Freundes- und Bekannten-        nach einer Organisation, die für die Rechte von homo- oder
kreis und einige Jahre später, 1991, auch am Arbeitsplatz.     transsexuellen Kolleginnen und Kollegen innerhalb der
Dieses Outing war wohlüberlegt und Josef war sich auch aller   Polizei eintreten, um. Fündig wurde er dabei bei einigen
Konsequenzen bewusst. Damals arbeitete er bei der Zollwa-      anderen geouteten Kollegen, mit denen er gemeinsam 2007
che und als er zur Weiterbildung nach Wien geschickt wurde,
um danach für die Zollfahndung zu arbeiten, wurde er mit
der harten Realität seines Schwulseins konfrontiert.             ”ICH BIN MIT MEINEM OUTING
Sein Zimmerkollege wollte sich mit ihm kein Zimmer teilen
und auch zurück in Vorarlberg war es nicht anders. Kollegen       GUT GEFAHREN, AUCH WENN
machten massiv Stimmung gegen ihn, sie wollten nicht im
selben Auto fahren oder mit ihm am Mittagstisch sitzen.         ES NICHT IMMER LEICHT WAR.
Geleitet wurden sie dabei von ihrer Angst in einer damals
noch männerdominierten Organisation, selbst als „schwul“       ABER DAS ZU VERSTECKEN HATTE
wahrgenommen zu werden.
                                                                   MICH ZU VIEL KRAFT FUR
Auch nach der Überführung der Zollbeamten zuerst zur
Gendarmerie und dann zur Polizei änderte sich nicht viel an
                                                                   MEINE ARBEIT GEKOSTET!“
der Sache.
                                                               die GayCops Austria als Verein gründete, dessen Ziel ein kon-
                                                               fliktfreierer Umgang mit dem Thema innerhalb der Polizei,
                                                               aber auch im täglichen Kontakt mit Bürgerinnen und Bür-
                                                               gern ist. Außerdem soll ein positives Selbstbild sowohl nach
                                                               innen als auch nach außen transportiert und Vorurteilen
                                                               konstruktiv entgegen getreten werden.
                                                               Erreicht wird dies mit Schulungen und Vorträgen in ganz
                                                               Österreich.

                                                               Privates Glück
                                                               Unterstützt wird Josef dabei auch von seinem Partner Gün-
                                                               ther, der ihn häufig zu Veranstaltungen begleitet und sich
                                                               für das Thema einsetzt. Auch um ein Zeichen zu setzen fand
                                                               ihre Verpartnerung vor wenigen Wochen in Uniform statt,
                                                               dies wurde offiziell von den Vorgesetzten als Belohnung für
                                                               seine Courage gewünscht.
Foto © Mike MacBi

                                                  TUNTENBALL 2015 | 28
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