ENERGIESPEICHER-MONITORING 2016 DEUTSCHLAND AUF DEM WEG ZUM LEITMARKT UND LEITANBIETER? - FRAUNHOFER-ALLIANZ BATTERIEN

Die Seite wird erstellt Wolf Jürgens
 
WEITER LESEN
ENERGIESPEICHER-MONITORING 2016 DEUTSCHLAND AUF DEM WEG ZUM LEITMARKT UND LEITANBIETER? - FRAUNHOFER-ALLIANZ BATTERIEN
F R A U N H O F E R - I N S T I T U T F Ü R S y ste m - un d I nno v ationsfors c hun g I S I

Energiespeicher-Monitoring 2016
Deutschland auf dem Weg zum Leitmarkt
und Leitanbieter?

                                                                                                U1
Energiespeicher-Monitoring 2016
(Update 2016)

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis                                                        2

E x e c u t i v e Su m m a r y                                               3

Einführung und Zielsetzung                                                   8

E n e r g i e s p e i c h e r - M o n i t o r i n g ( S tat u s q u o ) :
globales Angebot und Nachfrage                                              10

Energiespeicher-Monitoring: Szenarien der
Marktdiffusion und Marktphasen                                              12

L e i t m a r k t u n d L e i ta n b i e t e r                              16

Methodik und Vorgehensweise                                                 18

I n d i k at o r e n d e r K at e g o r i e N a c h f r a g e               20

I n d i k at o r e n d e r K at e g o r i e M a r k t s t r u k t u r e n   22

I n d i k at o r e n d e r K at e g o r i e F o r s c h u n g
und Technologie                                                             24

I n d i k a t o r e n d e r K a t e g o r i e I n du s t r i e              26

Schlussfolgerungen und Handlungsoptionen
f ü r D e u t s c h l a n d	                                                28

I n d i k at o r e n v e r z e i c h n i s                                  35

Qu e l l e n - u n d L i t e r a t u r v e r z e i c h n i s                68

Pu b l i k a t i o n e n r OA D MAPPING U N D m ONITORING	                  78

Impressum                                                                   80
Abkürzungsverzeichnis

3C             Consumer, Computer, Communication              NEDO            New Energy and Industrial Technology
ANR            Agence Nationale de la Recherche                               Development Organisation (Japan)
BEV            Rein elektrisches Fahrzeug, engl. „battery     NEFZ            Neuer Europäischer Fahrzyklus
               electric vehicle“                              NEV             New energy vehicle
BMBF           Bundesministerium für Bildung und Forschung    NIP             Nationales Innovationsprogramm Wasserstoff-
BMU            Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz                      und Brennstoffzellentechnologie
               und Reaktorsicherheit                          NMC             Lithium-Nickel-Mangan-Kobaltoxid
BMVBS          Bundesministerium für Verkehr, Bau und                         bzw. Li(NixCoyMnzO2) basierte Kathoden
               Stadtentwicklung                               NPE             Nationale Plattform Elektromobilität
BMVI           Bundesministeriums für Verkehr und digitale    OEM             Engl. „original equipment manufacturer“,
               Infrastruktur                                                  synonym verwendet für Automobilhersteller
BMWi           Bundesministerium für Wirtschaft und Energie   PHEV            Plug-in-hybridelektrisches Fahrzeug,
BYD            Build your dreams, chinesisches Unternehmen                    engl. „plug-in hybrid electric vehicle
CAGR           Compound Annual Growth Rate (jährliche         Pkw             Personenkraftwagen
               Wachstumsrate)                                 STROM           Schlüsseltechnologien für die Elektromobilität
Co             Kobalt                                         Tier 1          direkter OEM-Zulieferer
DOE            Department of Energy                           TWh             Terawattstunde
EMOTOR         Energiespeicher-Monitoring für die             WGI             World Governance Index
               Elektromobilität                               WLTP            World Harmonized Light-Duty Vehicles Test
EPI            Environmental Performance Index                                Procedure
ESS            Stationäre Energiespeichersysteme              xEV             Sammelbegriff bzw. -kürzel für alle elektrisch
EU             Europäische Union                                              angetriebenen Fahrzeugkonzepte,
EV             Elektrofahrzeug, engl. „electric vehicle“                      insbesondere HEV, PHEV und BEV
FCEV           Brennstoffzellenfahrzeug, engl. „Fuel cell
               electric vehicle“
Fraunhofer ISI Fraunhofer-Institut für System- und
               Innovationsforschung ISI
FuE            Forschung und Entwicklung
GCI            Global Competitiveness Index
GWh            Gigawattstunden
HEV            Hybridelektrisches Fahrzeug,
               engl. „hybrid electric vehicle“
IPC            International Patent Classification
KLiB           Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen-Batterien
kWh            Kilowattstunde                                 In zahlreichen Abbildungen dieser Veröffentlichung wurden
Lkw            Lastkraftwagen                                 die betrachteten Länder wie folgt abgekürzt: China (CN),
LIB            Lithium-Ionen-Batterie                         Deutschland (DE), Frankreich (FR), Japan (JP), Korea (KR),
MEET           Münster Electrochemical Energy Technology      Vereinigte Staaten von Amerika (US). Letztgenannte Nation
MOST           Ministry of Science and Technology (China)     wird in allen Texten der vorliegenden Veröffentlichung ein­
MOTIE          Ministry of Trade, Industry and Economy,       heitlich als USA bezeichnet.
               (Korea)

2
Executive Summary

Deutschland soll weiterhin Leitanbieter und Leitmarkt für Elektro-    allem auch Arbeitsplätze geschaffen werden? Der Leitanbieter­
mobilität werden1. Die Leitanbieterschaft bezieht sich insbeson-      gedanke bezieht sich eher darauf, wer heute oder in naher Zu-
dere auf Schlüsseltechnologien der Elektromobilität. Aufgrund         kunft die zuerst im Leitmarkt gehandelten Produkte herstellt,
ihres heute noch hohen Anteils der Herstellungskosten von 20          erfolgreich exportiert und dadurch eine hohe inländische Wert-
bis 40 Prozent2 am Gesamtfahrzeug spielt die Batterie aus Sicht       schöpfung erzielen kann. Die industrielle Verankerung heute und
der Fahrzeugkosten eine zentrale Rolle, gefolgt von elektrischen      Forschung und Technologie als Basis für die Zukunft sind ent-
Motoren und der Leistungselektronik. Zukünftig wird die einge-        sprechende Leitanbieterkategorien.
setzte Batterietechnologie mit dem stetigen Ausbau von Batterie-
produktionskapazitäten weltweit zwar kostengünstiger werden           Deutschlands Positionierung wird in einem umfassenden Bench-
jedoch weiterhin darüber bestimmen, ­welche Fahrzeugkonzepte          marking auf der Basis einer Datenerhebung für 30 Indikatoren
und -designs (inkl. Reichweite, Kosten, Ladedauer, Lebensdauer,       wie z. B. Patente, Produktionskapazitäten oder Lieferbeziehun-
Qualität) sich realisieren lassen und mit dem Argument der Design-    gen mit den weltweit führenden Ländern im Bereich der Energie­
flexibilität langfristig eine Schlüsseltechnologie für die Entwick-   speicher für die Elektromobilität – Japan, Korea, China, den USA
lung neuer Mobilitätskonzepte darstellen. Für den Einsatz in          und Frankreich – verglichen.
Elektrofahrzeugen mit Fokus auf Plug-in ­Hybride (PHEV) und
reine batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) sind optimierte Lithium-    Kernaussagen der Studie
Ionen-Batterien (LIB) in absehbarer Zukunft die erste und einzige
Wahl. Mit ihr wird sich der globale Markthochlauf und vermut-         Deutschland ist weiterhin kein Leitmarkt für Fahrzeugbatterien.
lich auch die Diffusion und Erschließung der Massenmärkte in          Hier führt mittlerweile China vor den USA (siehe Abbildung Ener-
den kommenden Dekaden vollziehen. Dabei finden LIB neben              giespeicher-Monitoring 2016, Nachfrage). Beide Länder erbrin-
Elektro-Pkws auch in leichten und zunehmend schweren Nutz-            gen den mit Abstand größten Anteil der Elektrofahrzeugproduk-
fahrzeugen sowie in vielfältigen Anwendungen zur stationären          tion, auch gekoppelt mit heimischem Absatz und gestützt durch
Energiespeicherung Einsatz. Elektro-Pkw stellen dabei aber den        finanzielle Kaufanreize und sonstige Marktanreizprogramme. Sie
größten und dynamischsten Markt für LIB dar. Sie sind Innova-         haben deshalb auch den mit Abstand höchsten Anteil des welt-
tionstreiber für die Weiterentwicklung der LIB-Technologie, den       weiten Bedarfs nach Lithium-Ionen-Batterien und erzeugen die
Ausbau von Produktionskapazitäten, damit einhergehenden Kos-          größte Nachfrage nach Elektromobilität. China wird aufgrund
tensenkungspotenzialen und sie sind schließlich Plattformtechno-      der aktuellen Dynamik und des enormen Wachstumsmarkts die
logie für weitere zahlreiche Anwendungsfelder und Anwendun-           aktuelle Führungsposition gegenüber den USA in den nächsten
gen – von kleinen, tragbaren über größere mobile bis zu großen,       Jahren sicher weiter ausbauen. Zieht man die aktuellen Produk­
dezentralen und stationären Energiespeicheranwendungen.               tionsprognosen sowie die Vielzahl an angekündigten M
                                                                                                                         ­ odellen
                                                                      für Elektrofahrzeuge heran, so befindet sich Deutschland (als
Die vorliegende Studie3 untersucht, ob Deutschland im Bereich         Nachfrager nach Batterien) derzeit aber auch in einem Aufhol-
der Batterietechnologien für Elektromobilität (Fokus auf Elektro-     prozess.
Pkw als Innovationstreiber für die Batterieentwicklung) auf dem
Weg zum Leitanbieter und Leitmarkt ist. Ein Leitmarkt ­definiert      Die japanische Industrie exportiert weiterhin in hohem Maße
sich dabei durch eine frühe Nachfrage: Wo sind die heutigen           ihre hergestellten Batteriezellen (50 Prozent Weltmarktanteil
und zukünftigen Märkte für Batterietechnologien und ­welches          der über 14 GWh nachgefragten Pkw-Batterien in 2015) unter
Land hat somit große Chancen, dass sich dort ent­sprechende           anderem in die USA, zugleich werden Produktionskapa­zitäten
Industrien ansiedeln, also Marktstrukturen aufbauen, und vor          in den Absatzmärkten vor Ort aufgebaut (z. B. Tesla ­Gigafactory,

                                                                                                                                     3
E x e c uti v e S u m m ar y

Energiespeicher-Monitoring 2016

      Forschung und Technologie                                             Nachfrage

DE                                                                    DE

JP                                                                    CN

US                                                                    US

KR                                                                    JP

CN                                                                    KR

FR                                                                    FR

     0%        5%         10 %        15 %        20 %        25 %         0%           5%      10 %         15 %        20 %   25 %

      Marktstruktur                                                         Industrie

DE                                                                    DE

JP                                                                    CN

CN                                                                    JP

KR                                                                    KR

US                                                                    US

FR                                                                    FR

     0%        5%         10 %        15 %        20 %        25 %         0%           5%      10 %         15 %        20 %   25 %

Positionierung der im Kontext von „Energiespeichern für die Elektromobilität“ führenden Länder in vier Kategorien.
Angegeben sind jeweils aus 30 Einzelindikatoren aggregierte Gesamtindikatoren (max. möglich erreichbar sind 25 Prozent
je Kategorie). Die Farbgebung der deutschen Positionierung ergibt sich aus dem Rückstand zur jeweils führenden Nation
(15 % = rot).

4
Energiespeicher-Monitoring 2014

      Forschung und Technologie                                             Nachfrage

DE                                                                    DE

JP                                                                    US

KR                                                                    JP

US                                                                    FR

CN                                                                    CN

FR                                                                    KR

     0%        5%         10 %        15 %        20 %        25 %         0%           5%      10 %         15 %        20 %   25 %

      Marktstruktur                                                         Industrie

DE                                                                    DE

JP                                                                    JP

CN                                                                    KR

KR                                                                    CN

US                                                                    US

FR                                                                    FR

     0%        5%         10 %        15 %        20 %        25 %         0%           5%      10 %         15 %        20 %   25 %

Positionierung der im Kontext von „Energiespeichern für die Elektromobilität“ führenden Länder in vier Kategorien.
Angegeben sind jeweils aus 33 Einzelindikatoren aggregierte Gesamtindikatoren (max. möglich erreichbar sind 25 Prozent
je Kategorie). Die Farbgebung der deutschen Positionierung ergibt sich aus dem Rückstand zur jeweils führenden Nation
(15 % = rot).
(Download: http://www.emotor.isi-projekt.de/)

                                                                                                                                  5
E x e c uti v e S u m m ar y

Panasonic); China hingegen nutzt als enormer Binnenmarkt             aber an Dynamik verloren, d. h. das erreichte Niveau gehalten.
die in den letzten Jahren rapide aufgebauten Zellproduktions­        Japan hat sein Niveau als Technologieführer halten bzw. noch
kapazitäten (rd. 16 GWh Kapazitäten bis 2015; in 2015 30 Pro-        leicht ausbauen können, sodass der Abstand weiterhin bestehen
zent bzw. 4,2 GWh Weltmarktanteil für Pkw-Batterien sowie            bleibt. Allerdings haben sich die weiteren Länder in den letzten
über 11 GWh für Nutzfahrzeuge/Busse) im Inland. Während in           zwei Jahren bewegt: die (insbesondere) öffentlichen FuE-Akti-
Korea die heimische Nachfrage nach Fahrzeugbatterien weiter-         vitäten Koreas haben etwas nachgelassen, die USA haben ihre
hin gering ist, hat Korea den drittgrößten Weltmarktanteil an        ­Batterieförderung zwar weiter ausgebaut (auf rd. 90 Mio €
der aktuellen Fahrzeugbatterieproduktion (von fast 17 Prozent in     alleine durch das DOE in 2015, die vergleichbaren Fördergeber/
2015) und ist somit wie Japan sehr exportorientiert (Produktions-    Ministerien der weiteren Länder haben ihre Förderung auf ähn­
kapazitäten wurden und werden zudem in den USA und China             lichem Niveau von 30–40 Mio € stabilisiert), z. T. aber an Dynamik
aufgebaut). Durch das hohe Maß an Lieferbeziehungen koreani-         verloren, insbesondere ist die Unternehmensbeteiligung in der
scher Zellhersteller (insbesondere LG Chem) ist in den n
                                                       ­ ächsten     FuE in den USA geringer als in den anderen Ländern. Frankreich
Jahren mit einem Ausbau des Marktanteils für Fahrzeugbatte-          hat in der Batterie FuE wieder etwas aufholen können, sodass
rien zu rechnen. Insgesamt wäre China somit als ­Leitanbieter        sich in 2016 nach dem absolut führenden Japan alle weiteren
einzustufen (siehe Abbildung Energiespeicher-Monitoring 2016,        Länder deutlich untereinander angenähert haben.
Industrie). Zieht man allerdings auch die FuE-Aktivitäten (siehe
Abbildung Energiespeicher-Monitoring 2016, Forschung und             Insgesamt ist Deutschland auch in 2016 ein gutes Stück von
Technologie) sowie Exportorientierung als Leitanbieter Kategorien    einem Leitmarkt und einer Leitanbieterschaft für E­ nergiespeicher
in Betracht, so wäre Japan als führender Leitanbieter einzustufen.   für die Elektromobilität entfernt. Leitmarkt ist derzeit vor allem
                                                                     China (wobei Japan bzgl. der Marktstrukturen dominiert und die
Richtet man den Blick auf die derzeit herrschenden Markt­            USA bzgl. der Nachfrage mit China gleich aufliegen). Als Leitan-
strukturen (siehe Abbildung Energiespeicher-Monitoring 2016,         bieter wären China (bzgl. Industrie) bzw. Japan (bzgl. FuE sowie
Marktstruktur), so ist gerade in den asiatischen Ländern (ange-      Exportorientierung) einzustufen.
führt von Japan, China und Korea) eine relativ hohe Anzahl an
Unternehmen aktiv, welche die komplette Wertschöpfungskette          Handlungsempfehlungen
der Fahrzeugbatterien, also vom Ausgangsmaterial bis hin zur
Herstellung, abdecken. Dagegen decken deutsche Unterneh-             Deutschland hat seine aufgebaute technologische Leistungs­
men (ähnlich wie in den USA) ebenso wie 2014 auch ­aktuell           fähigkeit seit 2014 gegenüber den wichtigsten Wettbewerbern
nur einzelne Stufen der Wertschöpfungskette ab. D
                                                ­ eutschland         zwar halten können, diese bewegen sich jedoch ebenfalls. Um
hat auch deutliche Schwächen bei der Versorgung und dem              weiterhin den Aufschwung bei der technologischen Leistungs-
Handel mit Lithium-Ionen-Batterie-spezifischen Rohstoffen wie        fähigkeit bei Batterien zu stützen und möglichst w
                                                                                                                      ­ eiter auszu-
Kobalt, Lithium, Mangan und Nickel. China dominiert den Han-         bauen, ist eine im Umfang stabile sowie langfristig a­ usgerichtete
del auf dem Rohstoffmarkt. Neben der Verbesserung der Position       Förderstrategie zu empfehlen, welche immer die mögliche indus-
­Chinas haben sich die Positionen der weiteren Länder im Bereich     trielle, produktionstechnische Umsetzung und Nutzung von FuE-
der Marktstrukturen seit 2014 nicht wesentlich geändert. In          Ergebnissen in Deutschland bzw. Europa im Auge haben sollte.
den Bereichen Forschung und Technologie (siehe Abbildung,            Die Arbeit an optimierten LIB (Material-, Prozess, Produktions-
­Forschung und Technologie) hatte Deutschland bis 2014 einen         forschung bis Systemintegration) bietet ebenso langfristige
enormen und erfolgreichen Aufholprozess gestartet, seitdem           Forschungsaufgaben wie die Entwicklung neuer B
                                                                                                                  ­ atterie- bzw.

6
Energiespeichersysteme (post-LIB) und sie s­ ollten ­gleichermaßen   bei gleichzeitiger Beobachtung der Nachfrageentwicklung wird
gefördert werden. Die Förderung der Batterieforschung in             künftig immer wichtiger werden, um Risiken bei Investitionen,
Deutschland liegt derzeit auf hohem und international ver-           dem zeitlichen Einstieg etc. zu minimieren. Die deutsche I­ndustrie
gleichbarem Niveau, jedoch nicht höher als die der ­wichtigsten      hat offenbar in den letzten Jahren entschieden, dass ein wettbe-
­Wettbewerbsländer und sollte daher mindestens b
                                               ­ eibehalten          werbsfähiger Einstieg in die Batterieproduktion heute noch nicht
werden, um nicht wieder in der technologischen Leistungs­            die Investitionen, den Aufwand und das Risiko des S­ cheiterns und
fähigkeit abzufallen.                                                damit von Verlusten rechtfertigt. Dabei ist aber auch zu berück-
                                                                     sichtigen, dass sich die Struktur und Kultur der deutschen Indus-
Die Herausforderung für Forschung, Industrie und Politik in          trie anders darstellt als die großer asiatischer Konglomerate oder
Deutschland liegt weiterhin darin, das gewonnene wissenschaft­       eher risikofreundlicher Kulturen wie in den USA.
liche und technologische Know-how in heimische Wertschöpfung
umzuwandeln. Die Studie zeigt auf, dass Deutschland gerade           Wenn Deutschland in Zukunft stärker den Leitmarktgedanken
bei der Industrialisierung der Zellproduktion für LIB auch weiter-   für Batterietechnologie in den Vordergrund stellen möchte, so
hin einen großen Rückstand hat. Die weltweiten M
                                               ­ arktgrößen          nehmen gesetzlichen Rahmenbedingungen wie CO2-Grenzwerte
sowie -dynamiken müssen im Auge behalten werden, um den              für Fahrzeugflotten eine wichtige Bedeutung und Treiberfunk-
Wettbewerbsnachteil von Deutschland besser einschätzen zu            tion ein. So wären erweiternd auch Flottengrenzwerte für große
können (Monitoring und Benchmark). So wird die strategische          Nutzfahrzeuge wie Lkw festzulegen, um indirekt und techno-
Bedeutung einer heimischen Zellfertigung zwar stets ­propagiert,     logieoffen auf die Nachfrage und Verbreitung neuer Mobilitäts-
jedoch gibt es bislang kaum eine Einschätzung ­darüber, ­welche      konzepte hinzuwirken. Aber auch Transparenz gegenüber den
technischen, wirtschaftlichen, strategischen Abhängigkeiten          Autokäufern bzgl. dem Entwicklungsstand und P
                                                                                                                 ­ erspektiven
eine künftig fehlende Zellfertigung im direkten Vergleich zu         der Elektroautos (reale Reichweite vs. NEFZ, Schnell-/Normal-
den Kosten und dem Aufwand einer vorliegenden Zellfertigung          ladeinfrastruktur, Handhabung, Nutzungs-, Dienstleistungs-
in Deutschland tatsächlich für die Marktteilnehmer bedeuten          modelle etc.) ist wichtig für die Akzeptanz und Übernahme
würde (d. h. wie wichtig eine Leitanbieterschaft zu Batterien        der neuen Technologie. Eine Diffusion der Elektromobilität
für Deutschland tatsächlich ist). So sollten die tatsächlichen       wird in Deutschland nicht ohne Beteiligung der Gesellschaft
­positiven volkswirtschaftlichen Effekte einer heimischen Zell-      zu ­erzwingen sein. Maßnahmen wie Totalverbote müssten mit
produktion k­ ritisch geprüft werden. Auch wäre zu analysieren,      der Technologiereife (Angebot) und gesellschaftlichem Wandel
welchen Einfluss eine vorliegende oder auch nicht vorliegende        (Nachfrage) einhergehen.
künftige Zellfertigung in Deutschland auf Bereiche mit tradi­
tioneller deutscher Stärken wie dem Anlagen- und Maschinen-          Die in dieser Studie abgeleiteten differenzierten Handlungsoptio-
bau, der Chemie­industrie als Material-/Komponentenhersteller        nen zeigen insgesamt ein Spektrum möglicher ­Maßnahmen auf,
sowie zahlreiche Systemintegratoren und Zulieferer der Auto-         wobei die Auswahl bzw. Fokussierung auf konkrete Maßnah-
mobilindustrie letztlich haben würde. Dies erfordert aber einen      men stark von der Zielsetzung abhängen. Insgesamt 30 Indikato-
ganzheitlichen systemischen Ansatz, welcher neben wirtschaftli-      ren und Einflussgrößen zeigen, dass eine Wettbewerbs­fähigkeit
chen Daten auch Beschäftigung, Abhängigkeiten auch mit Blick         bzw. Führungsrolle auf viele Arten erreicht werden kann. Im
auf nachgelagerte Zukunftsmärkte etc. berücksichtigt. Ein noch       Wesentlichen wird es darum gehen, Deutschland auch in d
                                                                                                                           ­ iesem
besseres ­Verständnis der sich ändernden Industrie- und Markt-       Zukunftsfeld künftig wirtschaftliche Stärke und Wachstum sowie
strukturen, Abhängigkeiten in globalen Wertschöpfungsketten          Beschäftigung zu bringen.

                                                                                                                                      7
Einführung und Zielsetzung

„Deutschland soll sich nicht nur zu einem ‚Leitmarkt Elektro-                    ENTWICKLUNG VON HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN
                                                                               FÜR POLITIK UND AKTEURE DES INNOVATIONSSYSTEMS
mobilität‘ entwickeln, sondern sich mit Innovationen im Bereich                                ELEKTROMOBILITÄT
Fahrzeuge, Antriebe und Komponenten sowie der Einbindung
                                                                                                                             STRATEGIE
der Fahrzeuge in die Strom- und Verkehrsnetze künftig auch                                                                       ...
                                                                                                                                 ...
                                                                                                                                 ...

als ein ‚Leitanbieter Elektromobilität‘ etablieren.“4 Dabei ist die
deutsche Industrie gefordert, ihre technologische Spitzenstellung                                                                                      Ra     M
                                                                                                                                                               ar
                                                                                                                                                         h       k
auch im Bereich der Elektromobilität zu sichern und ihre Elektro-

                                                                                        ng

                                                                                                                    g

                                                                                                                                                         m

                                                                                                                                                         ta
                                                                                                                 fun

                                                                                                                                                          en
                                                                                      ru

                                                                                                                                       We

                                                                                                                                                           nr
                                                                                                ds

                                                                                                                                                             be
                                                                                    de

                                                                                                                                                             eiz
                                                                                                                    Produktion

                                                                                                                                        Struktur
                                                                                                             chöp

                                                                                                                                          ttbe
                                                                                              en
fahrzeuge mit den dazugehörigen Systemen, Komponenten

                                                                                                                                                               din
                                                                                 För

                                                                                                                                                                e
                                                                                           -Tr

                                                                                                                                                                  gu
                                                                                                                                               wer
                                                                                                        Werts
                                                                                        FuE

                                                                                                                                                                    ng
und Dienstleistungen in Deutschland und auf den W
                                                ­ eltmärkten

                                                                                                                                                   b

                                                                                                                                                                      en
erfolgreich zu vermarkten.5 Die Bundesregierung hat deshalb im             Forschungs-                 Industrie-                       Markt-                 Nachfrage/Politik-
Bereich der Elektromobilität bereits einige richtungsweisende             systemanalyse              systemanalyse                      analyse                 systemanalyse

Schritte eingeschlagen, beispielsweise Maßnahmen im Rahmen
des Konjunkturpakets II im Jahr 2009, die Initiierung der Nationa­      Systemanalyse und Benchmarking anhand 30 Indikatoren
len Plattform Elektromobilität (NPE) 2010 oder das 2011 verab-          und vier Schwerpunkten als Basis für die Entwicklung von
schiedete Regierungsprogramm Elektromobilität. Im September             Handlungsoptionen.
2014 wurde der Entwurf eines Elektromobilitätsgesetzes durch
das Bundeskabinett beschlossen, welches Kommunen ab dem
Frühjahr 2015 die Möglichkeit geben sollte, weitere Anreize für       werk Lithium-Ionen-Batterien“ (KLiB) einfloss.9 Das Fraunhofer
die Elektromobilität zu setzen.6 Mit der Einführung des Umwelt-       ISI führte in diesem Rahmen einen Road­mapping-Prozess durch,
bonus (Kaufprämie von 4000 € für rein elektrische Fahrzeuge           welcher bis Dezember 2015 zur Veröffentlichung von insgesamt
und 3000 € für Plug-In Hybride), steuerlichen Anreizen (Rück-         neun Energiespeicher-Roadmaps führte.10
kehr zur 10-jährigen KFZ-Steuerbefreiung, steuerfreies Laden
beim Arbeitgeber) und einem Förderprogramm zum Aufbau                 Im Rahmen der Förderbekanntmachung „Schlüsseltechnolo-
von Ladestationen (300 Mio € zwischen 2017 und 2020) wur-             gien für die Elektromobilität“ (STROM, 2011-2014)11 stand die
den in 2016 weitere monetäre und nicht-monetäre Anreize für           Forschung an und Entwicklung von neuartigen, innovativen
eine Verbreitung der Elektromobilität geschaffen.7                    Elektro­fahrzeugen unter Berücksichtigung aller hierfür erforder-
                                                                      lichen Subsysteme im Mittelpunkt. Gefördert wurden Arbeiten
Eine zentrale Rolle für die weitere Entwicklung der Elektro­          in den Bereichen Gesamtfahrzeugsysteme, Batterieentwicklung
mobilität spielen Schlüsseltechnologien für energieeffiziente,        und -integration, Energiemanagement sowie die entsprechende
                                                                            

ressourcenschonende, sichere, bezahlbare und leistungsfähige          Werkstoff- und Materialforschung. Das Begleitforschungsvor­
Elektrofahrzeuge. Schon im Jahr 2009 initiierte das Bundesminis-      haben „Energiespeicher-Monitoring für die Elektromobilität“
terium für Bildung und Forschung (BMBF) die Fördermaßnahme            (EMOTOR) im Rahmen des Programms STROM, auf dessen Basis
„Lithium-Ionen-Batterie (LIB 2015)“ mit dem Ziel, eine zentrale       in 2014 die Broschüre „Energiespeicher für die Elektromobilität –
Schlüsseltechnologie für den breiten Einsatz CO2-armer bis -freier    Deutschland auf dem Weg zum Leitmarkt und Leitanbieter?“12
Technologien zu entwickeln.8 Eine wichtige Rolle spielte in diesem    entstand (hier „Energiespeicher-Monitoring 2014“ genannt),
Kontext die bereits im November 2007 geschlossene und gleich-         baute auf das national ausgerichtete LIB 2015-Roadmapping
namige Innovationsallianz, welche die deutschen Anstrengungen         des Fraunhofer ISI auf und ergänzte die nationale Dimension
in der Forschung und Entwicklung an Lithium-Ionen-Batterien           mit einem Monitoring sowie Benchmarking der international
koordinierte und in den letzten Jahren in das „Kompetenznetz-         führenden Länder in diesem Bereich.

8
Die Analyse konzentrierte sich auf alle aktuellen und sich für die                                       wiederholt werden (nächstes Update geplant für 2018 mit Daten
Zukunft abzeichnenden Entwicklungen von Energiespeichern                                                 aus 2017). Somit soll auch künftig eine „Ist-Aufnahme“ der inter-
(insbesondere Batterien) für die Elektromobilität. Der Schwer-                                           nationalen Aktivitäten ermöglicht werden, zugleich s­ ollen prog-
punkt lag dabei auf der Fahrzeugintegration in HEV, PHEV, BEV,                                           nostizierte Entwicklungen ex-post überprüft werden.
womit vor allem Lithium-Ionen-Batterien im Fokus standen. Im
Ergebnis wurde ein auf quantitativen Indikatoren basierendes                                             Im Rahmen des „nationalen“ Energiespeicher-Roadmappings,
System entwickelt, um Deutschlands Fortschritte auf dem Weg                                              welches ebenfalls alle zwei Jahre aktualisiert werden soll (Road-
zum Leitanbieter für Energiespeicher und Leitmarkt für Elektro-                                          maps aus 2015 sollen in 2017 zusammengeführt und aktualisiert
mobilität zu messen.                                                                                     werden), wird dem Monitoring („Ist-Aufnahme“) ein zeitliches
                                                                                                         Planungsinstrument gegenübergestellt. Das Roadmapping geht
Das Indikatorensystem in dem hier vorliegenden „Energiespeicher                                          vertieft auf die Perspektiven der Batterie-­Technologieentwicklung
Monitoring Update 2016“ umfasst 30 Einzelgrößen verteilt auf                                             ein und verbindet diese mit Anforderungen der ­Anwendungen in
die Kategorien Nachfrage, Marktstrukturen, Industrie sowie For-                                          der Elektromobilität und stationären Energiespeicherung. Ener-
schung und Technologie. Das Energiespeicher-Monitoring 2016                                              giespeicher-Monitoring und -Roadmapping werden somit im
(mit Daten aus 2015 sowie teilweise Vorhersagen bis 2016/2017)                                           Wechsel auch jenseits 2016 im Rahmen der BMBF geförderten
ist somit direkt mit dem Energiespeicher-Monitoring 2014 (mit                                            Begleitmaßnahme „Batterie 2020“ fortgeführt und eng mitein­
Daten aus 2013) vergleichbar und soll künftig alle zwei Jahre                                            ander verzahnt.13

  Energiespeicher-Monitoring und -Roadmapping im Wechsel

                     Energiespeicher-                                             Energiespeicher-                                               Energiespeicher-
      Monitoring

                     Monitoring 2014                                              Monitoring 2016                                                Monitoring 2018
                     (für die Elektromobilität)                                   (update 2016)                                                  (update 2018)
                     • JP, KR, CN, US, DE, FR                                     • JP, KR, CN, US, DE, FR                                       • JP, KR, CN, US, DE, FR
                     • Fokus LIB/Elektromobil                                     • Fokus LIB/Elektromobil                                       • Fokus LIB/ ...
                     • Daten 2013/2014                                            • Daten 2015/2016                                              • Daten 2017/2018
                     Download: http://www.emotor.                                 Download: http://www.isi.fraunhofer.de/isi-
                     isi-projekt.de/emotor/index.php                              de/t/projekte/at-bema2020-batterie2020.php

                            2014                               2015                               2016                          2017                    2018
      Roadmapping

                                         Energiespeicher-                                                     Energiespeicher-                                      Energie...
                                         Roadmapping 2015                                                     Roadmapping 2017                                      Roadma...
                                                                                                              (update 2017)
                                         (Technologie-, Produkt-, Gesamt-
                                         Roadmaps zu LIB, Elektromobilität,                                   • Zusammenführung & Aktualisierung
                                         stationäre Energiespeicher)                                            der LIB-Roadmaps
                                         Download: http://www.isi.fraunhofer.de/isi-                          • Fokus LIB, post LIB, anwendungs-
                                         de/t/projekte/at-lib-2015-roadmapping.php                              spezifische Konkurrenztechnologien

      BMBF          Energiespeicher-Monitoring (EMOTOR)                                                         Begleitmaßnahme „Batterie 2020“ (BEMA2020)
     Projekt                                                                                                             Roadmapping & Monitoring
                               LIB-2015 Roadmapping

                                                                                                                                                                                 9
Energiespeicher-Monitoring
(Status quo):
globales Angebot und Nachfrage

Die globale Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien (LIB) hat        Es bleibt aber festzustellen, dass speziell die Nachfrage nach
sich seit ihrer Einführung in den 1990er Jahren in der Konsum­      ­Elektro-Pkw und darin eingesetzten LIB (kleinformatige zylind-
elektronik erst seit den 2000er Jahren aus dem GWh Bereich zu       rische, großformatige prismatische sowie Pouch Zellen in ähn-
20 GWh in 2010 und aktuell rd. 40 GWh entwickelt.14 Dabei           lichem Maß) in den kommenden Jahren erwartungsgemäß so
­liegen die Wachstumsraten für kleinformatige Zellen im Bereich     stark anwachsen wird, dass diese die Nachfrage in anderen
tragbarer Anwendungen (3C: Consumer, Computer, Commu-               Anwendungen absolut dominieren werden. Somit nehmen
nication) bei typischerweise 8 bis 10 Prozent, teilweise höher      Elektro-Pkw und die Anforderungen der OEM an die eingesetz-
(siehe Abbildung).15 Der Markt für Fahrzeugbatterien (EV),          ten Energiespeicher eine klare Rolle als Innovationstreiber ein,
­darunter Pkw, Nutzfahrzeuge, E-Bikes, E-Motorbikes etc., hat       wobei weitere Anwendungen von der Entwicklung optimierter
sich seit 2010 rasant entwickelt. Auslöser war der internationale   LIB ­profitieren können. Die mit Abstand größte Nachfrage nach
Fokus auf die Entwicklung einer emissionsarmen bzw. -freien         Zellkapazitäten wird jedoch für Elektro-Pkw erwartet.
Mobilität und damit verbundene international formulierte Ziele
und Roadmaps flankiert durch politische Rahmenbedingungen           Aus diesem Grund fokussiert das Energiespeicher-Monitoring
und Fördermaßnahmen.                                                ebenso wie in 2014 (mit Daten aus 2013) auch in 2016 (mit
                                                                    Daten aus 2015) auf die Entwicklung optimierter LIB für die Elek-
Die Nachfrage nach LIB für Elektro-Pkw hat sich dabei ­zwischen     tromobilität. Dies beinhaltet ein Monitoring der FuE-Aktivitäten,
2013 und 2015 fast verdreifacht und dürfte sich bis 2017 auf        Industrie- und Marktstruktur der Marktteilnehmer entlang der
mindestens 30 GWh nochmals verdoppeln.16, 17 Die Wachstums-         Wertschöpfungskette bis hin zur Nachfrage nach LIB. Speziell
raten dürften sich nach anfänglich sehr hohem Wachstum in           im Fall Chinas ist es schwierig ausschließlich auf Elektro-Pkw
den kommenden Jahren unter 40 Prozent jährlichem Wachstum           ­Batterien zu fokussieren, da z. B. kaum differenziert werden
einpendeln und im Zuge der Marktdiffusion weiter fallen. Das        kann, für welche Einsatzzwecke die aufgebauten LIB-Produktions­­-
Wachstum für stationäre Energiespeichersysteme (ESS), E-Bikes       kapazitäten18 (vgl. Abbildung) verwendet werden. Entspre-
etc. hat sich bereits auf Wachstumsraten zwischen (immerhin         chende betroffene Indikatoren werden diesbezüglich in der
hohen) 20 bis 40 Prozent eingeschwungen. Der Markt für Nutz-        Studie ­erläutert. Sollten sich künftig jenseits der Elektro-Pkw
fahrzeuge Batterien ist erst im Begriff sich zu entwickeln, hier    ­Batterien signifikante (d. h. deutlicher Anteil der LIB-Nachfrage)
könnte die Einführung von CO2-Flottengrenzwerten auch für           weitere Nachfragemärkte entwickeln (z. B. Nutzfahrzeuge), so
schwere Nutzfahrzeuge wie Lkw einen Treiber für eine wach-          wären auch diese in einem künftigen Energiespeicher-Monito-
sende Nachfrage darstellen. Die in 2015 speziell in China mit       ring 2018 (mit Daten aus 2017) zu berücksichtigen. Dabei s­ ollen
dem inländischen Verkauf von Elektrobussen eingesetzte sprung-      auch jeweilige Prognosen (siehe Abbildung, teilweise gibt es Indi-
hafte Nachfrage sticht in der LIB-Nachfragedynamik heraus, wird     katoren hierzu) auf ihr Eintreten hin verifiziert werden.
jedoch schnell zu einer Marktsättigung führen, weshalb sich
die Wachstumsraten nicht auf diesem Niveau weiterentwickeln
können.

10
Globale LIB-Nachfrage in GWh15–18

GWh
100

90

80

70

60

50
                                                                           E-Bike (EV)
40                                                                         Bus/Nutzfahrz. CN (EV)

30                                                                         Pkw (EV)

                                                                           stationär (ESS)
20
                                                                           tragbar (3C)
10                                                                     *   Schätzung

 0                                                                     ** Prognose
      2010   2011    2012    2013   2014    2015    2016*   2017**

Globale LIB-Nachfrage vs. Zellproduktionskapazitäten für EV/ESS15–18

GWh
100

90
                                                                           mögliche Abweichung
80
                                                                           Kapazität
70                                                                         mögliche Abweichung

60                                                                         Nachfrage

50
                                                                           E-Bike (EV)
40                                                                         Bus/Nutzfahrz. CN (EV)

30                                                                         Pkw (EV)

                                                                           stationär (ESS)
20
                                                                           Kapazität EV/ESS (Mittel)
10                                                                     *   Schätzung

 0                                                                     ** Prognose
      2010   2011    2012    2013   2014    2015    2016*   2017**

                                                                                                       11
Energiespeicher-Monitoring:
Szenarien der Marktdiffusion
und Marktphasen

Eine langfristige Abschätzung der Marktentwicklung für die           In den Abbildungen sind die xEV-Neuzulassungen (Nt1, Nt2,
Elektro­mobilität sowie der sich hieraus ergebenden Nachfrage        Nt3) nach den somit aufgespannten drei Szenarien, die xEV-Dif-
nach Energiespeicherkapazitäten ist komplex. Einerseits lässt sich   fusion (D1, D2, D3) in Prozent (für die Pkw-Neuzulassungen als
nur auf eine Entwicklung weniger Jahre zurückblicken und ander-      Gesamtmarkt wird ein durchschnittliches Wachstum von 2,8 Pro-
seits sind die Einflussfaktoren vielfältig: z. B. Entwicklung der    zent auf Basis der historischen Entwicklung fortgeschrieben)21,
Größe des Gesamtmarktpotenzials für E­ lektromobilität, Entwick-     die sich ergebende Batterienachfrage (GWh1, GWh2, GWh3)22,
lung der Mobilitätskonzepte, Batterietechnologieentwicklung          die j­ährlichen Wachstumsraten für Neuzulassungen (CAGR1,
(inkl. technische Leistungsparameter und Kosten), Art, Umfang        CAGR2, CAGR3)23 sowie die Entwicklung der neuen Erstkäufer
und Intensität politischer Rahmenbedingungen, ­gesellschaftliche     von xEV (nt1, nt2, nt3) gezeigt.
bzw. Nutzerakzeptanz und gesellschaftliche Veränderungen,
Nutzungs- und Dienstleistungsmodelle etc. Das Energiespeicher-       Szenario 1 führt zu der schnellsten und aggressivsten Diffusion,
Montoring soll auch zukünftig im 2-Jahresrythmus fortgesetzt         wobei bereits 2030 50 Prozent der Neuzulassungen xEV wären.
werden, mit den Leitmarkt- und Leitanbieterkategorien sowie          Selbst das IEA 2° Szenario mit 150 Mio xEV Bestandsziel wäre um
Einzelindikatoren einen breiten systemischen Ansatz verfolgen        das 1,5-fache übertroffen24. Eine globale Diffusion wäre bereits
und schließlich zu Handlungsoptionen für den Standort Deutsch-       bis 2040 erreicht, verbunden mit einer Batterienachfrage jenseits
land führen, welche in unterschiedlichen Phasen der Marktent-        5 bis zu 10 TWh. Da sich ein solches Szenario nicht aus einer
wicklung unterschiedlich geeignete Instrumente umfassen kön-         technologischen Reife und wirtschaftlichen Darstellbarkeit neuer
nen. Daher ist es wichtig neben dem Status quo auch die Phasen       Elektromobilitätskonzepte ergeben würde (diese bräuchten
und Entwicklungsperspektiven der Marktdiffusion zu kennen.           eine längere Entwicklungszeit)25, nennen wir dieses Szenario 1
                                                                     eine „erzwungene Diffusion“. Demnach müssen äußere Fakto­
Das Diffusionsmodell von Bass19 ist hierbei nach dem exponen-        ren wie ein gesellschaftlicher Wandel oder vielmehr politische
tiellen oder logistischen Diffusionsmodell das einfachste Modell     Maßnahmen (Gesetzgebung, Marktanreize etc.) auf die D
                                                                                                                         ­ iffusion
zur Beschreibung der Markteinführung und Diffusion ­innovativer      Einfluss nehmen.
Produkte unter Berücksichtigung von Innovations- und Imita­
tionseffekten, welches die globale Entwicklung der Elektro-Pkw       Aktuell sind tatsächlich derartige Maßnahmen in einzelnen Län-
Verkäufe seit 2010 bis 2015 (inkl. aktueller Hochrechnung bis        dern zu beobachten: so wurde Ende Oktober 2016 über das
2016) hinreichend exakt reproduziert und für die Zukunft die         chinesische Industrie- und Informationstechnologieministerium
Spannbreite existierender Marktprognosen wieder gibt20. Das          ein Gesetzentwurf mit einem Kreditpunktesystem für Automo-
Modell betrachtet den Anteil von Erstkäufen aufgrund der Neu-        bilverkäufe ähnlich dem Zertifikatshandel mit Emissionsrechten
artigkeit des Produktes (Innovatoren, Innovationskoeffizient p)      bekannt, das schon ab dem Jahr 2018 gelten soll. Danach muss
bzw. aufgrund seiner Verbreitung (Imitatoren, Imitationskoef-        jedes Unternehmen, das in China Automobile verkaufen möchte,
fizient q). Eine Parametrisierung des Modells lässt sich mit den     eine von 2018 (8 Prozent) über 2019 (10 Prozent) bis 2020
Koeffizienten p [0,00078, 0,0012] und q [0,2, 0,4] am besten         (12 Prozent) ansteigende Kreditpunktquote der insgesamt ver-
erreichen, außerhalb des Bereichs weichen die Modellergebnisse       kauften Automobile erreichen, die mit entweder 2 (PHEV) oder
zu stark von den Verkaufszahlen 2010 bis 2016 ab. Die Werte          4 (BEV) Kreditpunkten pro verkauftem Elektrofahrzeug erreicht
(p1=0,00078, q1=0,4), (p2=0,00095, q2=0,3) und (p1=0,0012,           werden kann.26, 27 Auch die Regierungen in Korea28 und Québec
q2=0,2) führen dabei zu den größtmöglichen Variationen.              in Kanada29 denken über Elektrofahrzeug-Quoten nach.

12
Globale xEV-Neuzulassungen                                                  Globale xEV-Pkw-Diffusion

Mio                                                                         Prozent
200                                                                         100

150                                                                          75

100                                                                          50

 50                                                                          25

  2010       2015    2020    2025     2030     2035    2040   2045   2050     2010      2015   2020   2025    2030   2035      2040    2045   2050

      Pkw (N)        Nt1       Nt2            Nt3                                 D1 (Nt1/N x100)     D2 (Nt2/N x100)       D3 (Nt3/N x100)

Globaler LIB-Bedarf für xEV                                                 Jährliche Wachstumsraten

GWh                                                                         CAGR in %
10000                                                                       100
 9000                                                                        90
 8000                                                                        80
 7000                                                                        70
 6000                                                                        60
 5000                                                                        50
 4000                                                                        40
 3000                                                                        30
 2000                                                                        20
 1000                                                                        10

      2010    2015    2020    2025     2030     2035   2040   2045   2050     2010      2015   2020   2025    2030   2035      2040    2045   2050

      GWh1           GWh2           GWh3                                          CAGR1        CAGR2         CAGR3          CAGR EV

Diffusion der Elektromobilität (Elektro-Pkw: BEV, PHEV) nach dem Diffusionsmodell von Bass (vgl. Seite 13) für drei Szenarien:
Szenario 1 – „erzwungene Diffusion“, Szenario 2 – „frühe Diffusion“, Szenario 3 – „technologische Diffusion“. Parametrisierung auf Basis
der realen globalen Entwicklung 2010–2015.

                                                                                                                                               13
E ner g iespei c her - Monitorin g :
S zenarien d er Markt d iffusion un d Marktphasen

CO2-Grenzwerte, wie sie bereits in einigen Regionen (insbeson-       Das Diffusionsmodell von Rogers34 gibt hierzu die Verteilung des
dere der EU) gelten und weiter verschärft werden, haben prinzi-      Übernahmezeitpunkts einer Innovation als Glockenkurve (Nor-
piell den gleichen Effekt. Zunehmend werden von Ländern und          malverteilung) wieder. Dabei werden fünf ­Verbrauchertypen
Regionen aber auch Totalverbote ab einem bestimmten Zeit-            unter den Erstkäufern unterschieden: Innovatoren (­ „innovators“),
punkt gefordert oder gar angekündigt.30 Würden solche Maß-           früher Übernehmer („early adopter“), frühe Mehrheit („early
nahmen flächendeckend umgesetzt, so könnte sich ein solches          majority“), späte Mehrheit („late majority“) und Nachzügler
Szenario ergeben.                                                    („laggards“). Für eine schnelle Verbreitung einer Innovation
                                                                     ­spielen Faktoren wie Kompatibilität, Außergewöhnlichkeit auf
Szenario 2 wäre ähnlich der Paris Declaration31 und würde zu         dem Markt, geringes Risiko der Übernahme, Verständlichkeit
den bislang optimistischsten Szenarien gehören.32 Wir nennen         oder Ersichtlichkeit der Vorteile der Innovation eine wichtige
es daher „frühe Diffusion“. Szenario 3 ist ggf. das realistischste   Rolle. Vergleicht man die Kurven, welche sich aus dem Bass-
Szenario, wenn die Marktdiffusion Hand in Hand mit dem tech-         Modell für neue Erstkäufer von xEV ergeben, so wird deutlich,
nischen Fortschritt der Batterietechnologie und entsprechen-         dass selbst bei einer „erzwungenen Diffusion“ noch mindes-
der Mobilitätskonzepte (ohne massive Regulierung, Förderung,         tens bis 2025, bei einer „frühen Diffusion“ bis 2030 und einer
Marktanreizprogramme etc.) fortschreitet. Es entspricht dem          „technologischen Diffusion“ bis etwa 2035 frühe Übernehmer
Trendszenario der „Produkt-Roadmap Energiespeicher für die           für die E­ lektroautokäufe Zielgruppe sein werden. Erst danach
Elektromobilität 2030“ , wir nennen es hier die „technologi-
                        33
                                                                     wird das System in einen Massenmarkt umschlagen. Dies ist
sche Diffusion“.                                                     wichtig, um zu verstehen, dass in unterschiedlichen M
                                                                                                                         ­ arktphasen
                                                                     unterschiedliche Maßnahmen zur Diffusion einer Technologie
Trotz der Spannbreite der Szenarien lässt sich schließen, dass die   greifen. So wird mindestens für die nächsten 10 Jahre die ­weitere
bisherige Entwicklung der Elektroautoverkäufe auf eine globale       technologische Reife und daher Förderung von Batterien und
Diffusion zwischen 2030 und 2050 hinweist. Der Bedarf nach           Elektrofahrzeugen bzw. -konzepten sowie der Infrastruktur ent-
Batteriekapazitäten dürfte spätestens ab 2030 auf über 1 TWh         scheidend sein, um einer breiten Masse Ängste bzgl. Kompati-
(rd. 30 Tesla/Panasonic-Gigafactories) und langfristig die Dimen-    bilität (z. B. Laden, Ladeinfrastruktur), einem risikoreichen Kauf
sion von 10 TWh (bis 300 Gigafactories) ansteigen.                   (z. B. weiter fallende Kosten, steigende Reichweite, zu f­rüher
                                                                     Kauf) zu nehmen und die wachsenden Vorteile der Techno­logie
Eine wichtige Erkenntnis aber für die nächsten Jahre ist, dass es    aufzuzeigen.
weiterhin Zeit für die Entwicklung eines globalen Massenmark-
tes bedarf, wenn man die mit den Elektroautokäufen verbun-
denen Käufertypen betrachtet (dies kann sich regional natürlich
unterschiedlich vollziehen).

14
Neue Erstkäufer von xEV

Mio
10

 8

 6

 4

                                                                                                                                 nt1
 2
                                                                                                                                 nt2

                                                                                                                                 nt3
 2010          2015          2020           2025          2030          2035          2040           2045          2050

Neue Erstkäufer nach Rogers34

      Innovatoren
      (2,5 %)

                    Frühe      Frühe                   Späte
                    Übernehmer Mehrheit                Mehrheit                Nachzügler
                    (13,5 %)   (34 %)                  (34 %)                  (16 %)

                                                                                                      Zeit

Diffusion der Elektromobilität (Elektro-Pkw: BEV, PHEV) nach dem Diffusionsmodell von Bass (vgl. Seite 13) für drei Szenarien:
Szenario 1 – „erzwungene Diffusion“, Szenario 2 – „frühe Diffusion“, Szenario 3 – „technologische Diffusion“. Parametrisierung auf Basis
der realen globalen Entwicklung 2010–2015.

                                                                                                                                           15
Leitmarkt und Leitanbieter

Ein erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, Leitmarkt beim        angesehen, um einen Leitmarkt bzw. eine Leitanbieterschaft zu
Thema Elektromobilität und Leitanbieter für Schlüsseltechno­         charakterisieren (siehe Abbildung). Um vergleichende Analysen
logien der Elektromobilität zu werden. Diese Zielsetzung bein-       zur Leitmarkt- und Leitanbieterschaft auf einer quantitativen
haltet die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland durch       Basis durchführen zu können, empfiehlt sich der Einsatz ausge-
die Sicherung und Schaffung heimischer Arbeitsplätze und einer       wählter Indikatoren, welche im Folgenden beispielhaft für jede
inländischen Wertschöpfung.                                          Kategorie erläutert werden.

Was ist ein Leitmarkt?                                               Nachfrage

Ein Leitmarkt ist ein geographisch abgegrenzter Markt, in dem        Bei einer nachfragegetriebenen Innovationsentwicklung steht
sich ein Innovationsdesign durch günstige lokale Präferenzen und     nicht die Technologie, sondern der Kundennutzen im Vorder-
Rahmenbedingungen zuerst verbreitet, welches sich später auch        grund. Sogenannte Lead User (innovative Verbraucher) g
                                                                                                                          ­ reifen
inter­national durchsetzt. Dies hat positive Auswirkungen auf die    an der zunehmend als problematisch wahrgenommenen Schnitt-
­heimische Wertschöpfung, die Arbeitsplätze und den Export.          stelle der Marktumsetzung technischer Lösungen ein und geben
Der Wirkungsmechanismus ist dabei folgender: Es existiert ein        den Anstoß zur Entwicklung radikaler Innovationen. Lead User
­Kundenbedürfnis, der Markt im Inland wird erschlossen, Firmen       zeichnen sich durch eine höhere Zahlungsbereitschaft aus. Staat-
lernen am Markt und sind dann in der Lage, den Außenhandel           liche Anreizprogramme zur Kaufförderung können eine dyna-
zu dominieren, wenn die Weltnachfrage nachzieht. Ein bekann-         mische Nachfrageentwicklung unterstützen. Aus einer frühen
tes Beispiel hierfür ist die Nachfrage nach Handys in Skandina-      Nachfrage resultiert für Unternehmen oftmals ein Preisvorteil, da
vien sowie die Etablierung dortiger Anbieter, welche sich später     Prozesse frühzeitig entwickelt, adaptiert und umgesetzt w
                                                                                                                             ­ erden
auf dem Weltmarkt erfolgreich durchsetzen konnten.                   können, und auf die frühzeitige Produktion folgt oft ein schnel-
                                                                     ler Fortschritt entlang der Lernkurve in einem Land. Durch ein
Was ist ein Leitanbieter?                                            schnelles Marktwachstum oder einen großen Markt können
                                                                     Absatzziele schneller erreicht werden.
Eine Leitanbieterschaft ist dann vorhanden, wenn ein lokaler,
„schwer transferierbarer Leistungsverbund“ existiert. Der Leis-      Marktstrukturen
tungsverbund zeichnet sich durch die Kombination von techno­
logischer Leistungsfähigkeit auf der Angebotsseite bei Produkten     Die Struktur, die Vernetzung, die räumliche Nähe und die Wett-
mit einer gegenüber Innovationen aufgeschlossenen und früh-          bewerbsintensität der Akteure auf einem Markt spielen eine
zeitige Lerneffekte begünstigenden Nachfrage sowie ihrer Inte-       wichtige Rolle für die Entwicklung eines Leitmarkts oder Leitan-
gration in ausdifferenzierte Produktionsstrukturen aus, w
                                                        ­ elche      bieters. Wird die ganze Wertschöpfungskette in einem Land
schwer zu imitieren sind. Die deutsche Industrie, unterstützt von    abgedeckt, kann dies Vorteile durch einfachere Abstimmung und
der Politik, strebt beispielsweise derzeit eine Leitanbieterschaft   Zugang haben. Die Bildung von Netzwerken und die Kommuni-
beim Thema Industrie 4.0 an, bei welcher Produkte und internet-      kation zwischen den Akteuren im Innovationssystem ist ein weite-
basierte Dienste zu Smart Services verschmelzen. Während ein         rer wichtiger Punkt, welcher u. a. den Wissensaustausch nicht nur
Leitmarkt also eher nachfragegetrieben ist, basiert die Leitanbie-   zwischen den Firmen komplementärer Branchen, sondern auch
terschaft eher auf technologischer Leistungsfähigkeit und Leis-      zwischen Angebot und Nachfrage erleichtert. Gerade bei Hoch-
tungsverbünden der Angebotsseite. Beide Ansätze sind aber            technologiegütern ist dieser Austausch wichtig, da hier nicht-
nicht trennscharf. Vier Themenfelder werden als entscheidend         kodifiziertem Wissen oftmals eine große Bedeutung zukommt.

16
Das Vorhandensein von Konkurrenz stärkt die Wettbewerbs­                       zum einen technologieinhärente Faktoren: Bei wissensintensiven
fähigkeit ebenso wie die Existenz von Schlüsselunternehmen                     Technologien bzw. Hightech-Produkten kann das erforderliche
und -institutionen. Stabile staatliche Rahmenbedingungen und                   Wissen nur vor Ort verfügbar sein, sodass die entsprechende
die Marktregulierung sind hier ebenfalls von Bedeutung. Effi­                  Produktion nur schwer verlagert werden kann. Cluster, räum­liche
ziente R
       ­ egulierung ist oftmals überhaupt erst Voraussetzung für               Nähe, vernetzte Strukturen sowie die Fokussierung auf Kernkom-
die Herausbildung einer entsprechenden Nachfrage.                              petenzen sind in diesem Zusammenhang wichtige Themen und
                                                                               Voraussetzung für Lernkurven-Effekte entlang der Wertschöp-
Forschung und Technologie                                                      fungskette. Durch eine hohe Wissensintensität am Anfang eines
                                                                               Entwicklungsprozesses können Kostenfaktoren (wie z. B. Arbeits-
Zur Erzielung eines Wettbewerbsvorsprungs bei technologie­                     kosten) in den Hintergrund treten und eine Technologie bzw. ihre
intensiven Produkten, wie sie bei Energiespeichertechnologien                  Produktion auch bei Kostennachteilen bzgl. einiger Faktoren im
benötigt werden, sind erfolgreiche Forschungs- und Entwick-                    Land selbst erhalten bleiben. Ein weiterer Aspekt sind die soge-
lungsaktivitäten (FuE) bei Unternehmen und Forschungseinrich-                  nannten Transfervorteile. Dabei geht es um eine gewisse Glaub-
tungen ebenso eine unabdingbare Voraussetzung wie ein gut                      würdigkeit seitens der Unternehmen, dass ihre angebotenen Pro-
entwickelter Ausbildungsbereich von Fachkräften.                               duktinnovationen auch den versprochenen Nutzen liefern. Eine
                                                                               erfolgreiche Exportorientierung und Bedienung verschiedener
Industrie                                                                      Märkte im Ausland verlangt spezifische Kenntnisse und Kom-
                                                                               petenzen im internationalen Marketing.
Der Bereich Industrie umfasst die Leistungsfähigkeit der Industrie­
unternehmen eines Landes und ihre Positionierung innerhalb der
in Betracht gezogenen Wertschöpfungskette. Wichtig sind hier

  Leitanbieter und Leitmarkt
                                                                           Kategorie
  mit Zuordnung zu den
  Bewertungskategorien                                                                              Auf welchen Märkten
                                                                            Nachfrage
                                                                                                   werden LIB* nachgefragt?
                                                              Leitmarkt

                                                                                                        Wer hat gute
                                                                                                                                       Aktuell und zukünftig

                                                                          Marktstrukturen          Rahmenbedingungen zur
                                                                                                       LIB-Produktion?

                                                                                                        Wer hat einen
                                                                          Forschung und
                                                                                                  technologischen Vorsprung
                                               Leitanbieter

                                                                           Technologie
                                                                                                         bei den LIB?

                                                                             Industrie              Wer produziert die LIB?

                                            * Lithium-Ionen-Batterien (LIB) beziehen sich hier auf Elektrofahrzeug (xEV)-Batterien
                                              als die für die Zukunft zentralen Energiespeicher für die Elektromobilität

                                                                                                                                                               17
Methodik und Vorgehensweise

In der vorliegenden Studie wurden Einflussfaktoren analysiert,      bewertungen bei einem einzelnen Indikator werden durch die
welche sowohl für die Entwicklung eines Landes zu einem Leit-       Gesamtheit der anderen Indikatoren heraus gemittelt, was sich
markt als auch dessen Entwicklung zu einer Leitanbieterschaft       in einer durch Sensitivitätsanalysen überprüften großen Robust-
als zentral und maßgeblich erachtet werden. Die Festlegung          heit und Verlässlichkeit der Ergebnisse widerspiegelt.
ebenso wie die abschließende Validierung dieser ­Einflussfaktoren
erfolgte durch das Projektteam gemeinsam mit einem Exper-           Die Indikatoren beschreiben den Status-quo (das heißt aktuellste
tenpanel bestehend aus rund zwanzig Experten aus Forschung,         Ist-Werte sind als Basis herangezogen) sowie bei einzelnen Indi-
Batterie- und Automobilindustrie sowie Politik im Rahmen des        katoren auch zeitliche Entwicklungen. Dadurch kann mit den
Projektes „Energiespeicher-Monitoring für die Elektromobilität“     Indikatoren neben der aktuellen Situation und damit derzeiti-
(EMOTOR) in 2014. Zur Messung dieser Einflussfaktoren ­wurden       gen Position eines Landes auch die Entwicklung zum Erreichen
Indikatoren entwickelt. Für insgesamt 30 Indikatoren wurden         dieser Position bzw. die Ausgangslage für die Zukunft, also der
in dem vorliegenden Update 2016 länderübergreifend Daten            Trend, untersucht werden. Dabei werden stets das aktuellste ver-
­erhoben, sodass die im Bereich „Energiespeicher für die Elektro-   fügbare Jahr (hier i. d. R. 2015) oder der kürzeste mögliche Zeit-
mobilität“ derzeit führenden sechs Länder Japan, Korea, China,      raum vor dem aktuellsten verfügbaren Jahr verwendet. Als Rand-
USA, Deutschland, Frankreich anhand vergleichender Kennzah-         bedingung ist zu berücksichtigen, dass eine solide und robuste
len bewertet werden können.                                         Datenlage für alle betrachteten Länder vorliegen muss. Die Indi-
                                                                    katoren bilden somit die gegenwärtige Situation ab, welche für
Die 30 Indikatoren sind in die oben eingeführten vier K
                                                      ­ ategorien   einen Zeitraum von etwa ein bis zwei Jahren als stabil gelten
Nachfrage, Marktstruktur, Forschung und Technologie sowie           sollte, danach aber aktualisiert werden muss.
Industrie eingeteilt. Je Kategorie wurden sieben bzw. acht Indi-
katoren herangezogen. Bei den Indikatoren wurde Wert auf            Vorgehen
eine möglichst hohe Relevanz und Objektivität durch Nachvoll-
ziehbarkeit gelegt und es wurden Indikatoren gewählt, welche        Nach der Datenerhebung wurden die einzelnen Indikatoren
sich für derartige Analysen bewährt haben, wie z. B. die Ent-       ­gebildet. Bei zusammengesetzten Indikatoren, das heißt falls
wicklung von Publikations- und Patentanmeldungen, Zellpro-          sich ein Indikator aus mehreren Datenquellen oder M
                                                                                                                      ­ essgrößen
duktions- und Verkaufszahlen von Elektrofahrzeugen etc. Aller-      zusammensetzt, wurden die Einzelwerte zu einem Wert aggre-
dings ist zu betonen, dass Leitmärkte bzw. Leitanbieterschaften     giert (Schritt 1). Eine Gewichtung anders als nach einer Gleichver-
komplexe Sachverhalte darstellen, und durch deren Beschrei-         teilung wurde nur vorgenommen, falls sich dies klar b
                                                                                                                        ­ egründen
bung und Messung durch quantitative Kennzahlen auch wis-            lässt. Beispielsweise werden Batteriekomponenten nach Wert-
senschaftliches Neuland betreten wird. Die Bedeutung einzel-        schöpfungsanteilen gewichtet. Diese Ergebnisse wurden normiert
ner Indikatoren für die Entwicklung eines Leitmarkts und der        (Schritt 2). Für jeden Indikator wurde hierzu das stärkste Land auf
Leitanbieterschaft kann unterschiedlich stark sein. Bisher gibt     den Wert 100 normiert. Die verbleibenden fünf Länder erhielten
es jedoch keine empirischen Untersuchungen, welche Aussagen         entsprechend Werte kleiner oder gleich 100. Durch die Normie-
dazu treffen, wie stark bestimmte Faktoren die Entstehung eines     rung ist es möglich, Indikatoren verschiedener ­Maßeinheiten zu
Leitmarkts oder einer Leitanbieterschaft fördern.                   verrechnen und die Länder zu vergleichen. Allerdings resultiert
                                                                    aus diesem Verfahren lediglich eine vergleichende Bewertung,
Ein wesentlicher Vorteil des hier entwickelten Ansatzes ist es      bei der das „beste“ Land jeweils als Benchmark dient. Eine iso-
daher, dass er auf einer großen Anzahl von aussagekräftigen Ein-    lierte Bewertung eines L­ andes hinsichtlich einer Entwicklung zum
zelindikatoren basiert. Mögliche bestehende Über- bzw. Unter-       Leitmarkt- oder Leitanbieter ist also nicht möglich.

18
Alle Indikatoren einer Kategorie wurden zu einem sogenannten         Im Ergebnis werden in der Kategorie Nachfrage sowohl Indika-
Komposit-Indikator aggregiert, wobei alle Indikatoren summiert       toren zur tatsächlichen Nachfrage nach Lithium-Ionen-­Batterien
werden (Schritt 3). Diese Methode findet in einer vergleichbaren     als auch Marktanreizprogramme zur Ankurbelung der Nachfrage
Form auch im Leitmarkt-Ansatz von Beise35 Verwendung. Abwei-         nach Elektrofahrzeugen untersucht, da diese die Nachfrage nach
chend von einer Gleichgewichtung kann die Addition auch nach         Energiespeichern indirekt beeinflussen. Die Kombination ­dieser
erwarteter Einflussstärke der Indikatoren gewichtet erfolgen. Als    Indikatoren ermöglicht eine Prognose, wie stark in den Ländern
Robustheitstests wurden verschiedene Variationsrechnungen zu         aktuell und künftig Energiespeicher für Elektrofahrzeuge nach-
einer möglichen Gewichtung bzw. dem Weglassen der Extrem-            gefragt werden. Die Kategorie Marktstrukturen analysiert die
werte durchgeführt (Schritt 4).                                      nationalen Rahmenbedingungen, unter welchen ­einzelne Unter-
                                                                     nehmen auf diesem Feld agieren. Dies umfasst die Qualität der
In den folgenden Kapiteln wird die Gewichtung der Indikatoren        Regierungsführung ebenso wie die ­Branchenstruktur. In der Kate-
vorgestellt, wie sie gemeinsam mit den Experten des Experten­        gorie Forschung und Technologie sind Indikatoren zusammenge-
panels im Projekt EMOTOR in 2014 vorgenommen wurde.                  fasst, welche die technologische Leistungsfähigkeit eines Landes
Andere Gewichtungsergebnisse (das heißt bei Variation) werden        sowie die Forschungsförderung beschreiben, um festzustellen,
diskutiert. Auf eine Gewichtung der vier Kategorien untereinan-      welches Land möglicherweise einen technologischen Vorsprung
der wird hier verzichtet. Dies würde einen weiteren Gewichtungs-     gegenüber seinen Mitbewerbern hat oder zukünftig ausbauen
schritt notwendig machen, welcher schwierig zu begründen ist.        kann. In der Kategorie Industrie wird untersucht, welche ­Länder
Wie gewichtet man die Kategorie Nachfrage zum Beispiel gegen-        Energiespeicher für Elektrofahrzeuge produzieren. Im Zuge
über der Kategorie Wettbewerb? Wie man an der Ergebnisdis-           ­dessen wird auf aktuelle Marktanteile und Marktwachstum in
kussion in den folgenden Kapiteln sehen wird, scheint es auch        den Weltmärkten sowie nationale Produktionskapazitäten und
nicht notwendig zu sein, einen solchen Schritt vorzunehmen.          Produktionsprognosen eingegangen.

   Methodik und Vorgehen                            1. Datenerhebung
   für die Messung des Leit-                        • Erhebung der Daten für die Indikatoren
   markts und Leitanbieters                         • Bei zusammengesetzten Indikatoren Aggregation der Einzelwerte
   in vier Schritten
                                                    2. Normierung
                                                    • Normierung der Indikatoren auf Skala von null Prozent bis hundert Prozent
                                                    • Bei negativen Werten Normierung der Differenz zwischen maximalem und
                                                      minimalem Wert auf hundert Prozent

                                                    3. Aggregation
                                                    • (Gleich-)gewichtete Aggregation der Indikatoren je Kategorie
                                                    • Maximalwert je Kategorie ist 25 Prozent

                                                    4. Variationsrechnungen zur Abschätzung der Robustheit der Ergebnisse
                                                    • Aggregation der Indikatoren mit unterschiedlichen Gewichtungen
                                                    • Vernachlässigung von Extremwerten

                                                                                                                                  19
Sie können auch lesen