ENERGIESTRATEGIE 2040 - ENERGIE - Ministerium für Wirtschaft, Arbeit ...
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ENERGIE ENERGIESTRATEGIE 2040 mwae.brandenburg.de
Zusammenfassung Der Klimawandel mit seinen negativen Auswirkungen auf unser Leben und unsere Umwelt erfordert eine schnelle und umfassende Transformation zu einem klimaneutralen, sicheren und wirtschaftlichen Ener- gieversorgungssystem. Mit seiner Energiestrategie 2030 hat das Land Brandenburg schon sehr früh den Weg dieser Transformation begonnen und führt ihn mit der überarbeiteten Energiestrategie 2040 weiter. Dabei bindet sich die Energiestrategie in die klimapolitischen Regelungen auf nationaler und internatio- naler Ebene ein und bildet zusammen mit dem Klimaplan, der Klimaanpassungsstrategie und den wei- teren klimarelevanten Maßnahmen des Landes Brandenburg die Grundlage und die Leitplanken für eine erfolgreiche Energiewende in Brandenburg. Aufgrund der Dynamik der politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen stellt die Energiestrategie 2040 mit ihrem Leitszenario und dem dynamischen Zielsystem eine fortzuschreibende Basis für die wei- tere strategische Ausrichtung der brandenburgischen Energiepolitik. Hierzu bildet der kontinuierliche Prozess aus Umsetzung, Monitoring, Überprüfung und Zielanpassung die Grundlage für die, in einem wiederkehrenden Zyklus stattfindende Weiterentwicklung der Energiestrategie 2040. Innerhalb des energiepolitischen Zielvierecks - bestehend aus der Klimaneutralität und Umweltverträglichkeit, der Ak- zeptanz und Beteiligung, der Wirtschaftlichkeit sowie der Versorgungssicherheit - verfolgt die Energie- strategie 2040 mit seinen sechs strategischen Zielen den Umbau des Energiesystems. Durch die Erhöhung der Energieeffizienz sollen der Primär- und der Endenergieverbrauch bis 2040 deut- lich gesenkt werden. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Energieverbrauch soll auch weiterhin steigen, um bis 2045 die Klimaneutralität in Brandenburg und Deutschland zu erreichen. Eine signifikant gesteigerte Energieerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Zusammenspiel mit effizienten Speichersystemen stellen die zukünftige Energieversorgung sicher. Wasserstoff wird als Energieträger im zukünftigen dekarbonisierten Energiesystem eine zentrale Rolle spielen. Durch den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft wird Brandenburg das volle Potential der heimischen erneuerbaren Energien he- ben und die Wertschöpfung und Beschäftigung im Land steigern. Für den Erfolg der Energiewende be- darf es aber auch der Akzeptanz aller Beteiligten. Diese gilt es durch geeignete Maßnahmen zu steigern und die wirtschaftliche Beteiligung weiterzuentwickeln. Damit die Energiewende gelingt, werden geeig- nete Maßnahmen definiert, umgesetzt und durch ein regelmäßiges Monitoring hinsichtlich ihrer Effekti- vität überprüft. ENERGIESTRATEGIE 2040 3
Inhaltsverzeichnis Vorwort 2 Zusammenfassung ................................................................................................................................ 3 1. Motivation: Hintergrund der Fortschreibung .......................................................................... 5 Die Energiewende schreitet voran ........................................................................................ 5 Rechtlicher Rahmen .............................................................................................................. 5 Ganzheitliche klimaneutrale Systemtransformation und Sektorenkopplung als neue Schwerpunkte ...................................................................................................................... 10 2. Methodik: Fortschreibung der Energiestrategie bis 2040 .................................................... 13 3. Ergebnisse: Das Energieland Brandenburg heute .............................................................. 14 Umsetzungsstand der Energiestrategie 2030 ..................................................................... 14 Umsetzungsstand im Vergleich zu den Zielen der Bundesregierung und zum Umsetzungsstand in den Bundesländern ............................................................................ 17 Energiepolitische Auswirkungen / Zielkonflikte in Brandenburg .......................................... 21 Chancen für die weitere Entwicklung des Energielandes Brandenburg in der Hauptstadt- region Berlin-Brandenburg ................................................................................................... 30 4. Perspektive: Das Energieland Brandenburg in 2040........................................................... 34 Leitszenario bis zum Jahr 2040 ........................................................................................... 35 Grundsätze der Energiestrategie 2040 ................................................................................ 35 Ziele der Energiestrategie 2040 ........................................................................................... 38 Handlungskonzept ............................................................................................................... 56 Handlungsfelder und strategische Maßnahmenbereiche .................................................... 56 Monitoring und regelmäßige Überprüfung ........................................................................... 62 5. Referenzen .......................................................................................................................... 64 Abbildungsnachweise .......................................................................................................... 64 Fotonachweise ..................................................................................................................... 64 Tabellenverzeichnis ............................................................................................................. 64 Quellennachweise................................................................................................................ 64 Abkürzungsverzeichnis ....................................................................................................................... 68 4 ENERGIESTRATEGIE 2040
1. Motivation: Hintergrund der Fortschreibung Die Energiewende schreitet Setzung von Schwerpunkten (u. a. Systemin- voran tegration der erneuerbaren Energien, umfangrei- che Beteiligung, regionale Umsetzung), hat das Land Brandenburg seinen energiepolitischen Mit dem Fortschreiten der Energiewende sind Fahrplan definiert und untermauert, dass es einer enorme Herausforderungen in fast allen Lebens- der Schrittmacher der Energiewende in Deutsch- bereichen zu bewältigen. Das Land Brandenburg land ist. gehört zu den Regionen, die im Sinne dieser Energiewende als eine Art Modellregion angese- hen werden können. Zum einen hat sich Bran- Im Rahmen des globalen Jahrhun- Brandenburg stellt sich den denburg bereits früh zur Energiewende bekannt dertprojekts Energiewende wird Herausforderungen der und treibt diese auch seitens der Landespolitik der europäische und bundespoliti- Energiewende und des aktiv voran. Zum anderen ist Brandenburg ein sche Rechtsrahmen im Energiebe- Klimawandels und passt Energieland mit einer historisch gewachsenen reich ständig angepasst und wei- seine Energiepolitik an. konventionellen Energiewirtschaft, die derzeit terentwickelt. Die Energiestrategie noch einen wichtigen Beitrag für die Versor- 2040 sieht vor, diesen dynamischen Entwicklun- gungssicherheit leistet. gen Rechnung zu tragen – nicht zuletzt deshalb, um als Energieland die Wertschöpfung und die Arbeitsplätze im Land zu sichern, die Wettbe- Der tiefgreifende Umbau unseres Energieversor- werbsfähigkeit zu erhalten und seiner Verantwor- gungssystems ist auch weiterhin eine der zentra- tung im Rahmen der Energieversorgungssicher- len Aufgaben der Gegenwart und wird es auch heit und Klimaschutzpolitik gerecht zu werden. zukünftig bleiben. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung konnte in den letzten Jahren in Deutschland kontinuierlich ge- Rechtlicher Rahmen steigert werden. Im Jahr 2020 wurde bereits 45,4 % der deutschen Bruttostromerzeugung Deutschland hat als eines der ersten Länder die durch erneuerbaren Energien generiert [1]. In durch das Pariser Klimaschutzabkommen gefor- Brandenburg decken die erneuerbaren Energien derte Klimaschutzlangfriststrategie erstellt. Durch bilanziell für das Jahr 2019 sogar 94,8 % des Jah- das Aufstellen von Zielen für einzelne Handlungs- resstromverbrauchs [2]. felder im Klimaschutzplan 2050, welche im Zu- sammenhang mit dem Pariser Klimaschutzgipfel Die brandenburgische Energiestrategie bildet da- erarbeitet wurden, hat die Bundesregierung im bei die Leitlinie für die Entwicklung der Energie- November 2016 die Ziele ihres Energiekonzeptes versorgung in Brandenburg. Bereits mit der im weiter konkretisiert [3]. Zur Umsetzung des Kli- Februar 2012 vorgelegten Energiestrategie 2030 maschutzplans 2050 wurde das Klimaschutzpro- hat das Land Brandenburg landesübergreifend gramm 2030 entworfen und im Oktober 2019 vom Beachtung gefunden. Mit einer pragmatischen Kabinett beschlossen [4]. Mit diesem Programm Zieldefinition und Ausrichtung, insbesondere der wurden Maßnahmen definiert, um die nationalen ENERGIESTRATEGIE 2040 5
Klimaziele des Klimaschutzplans 2050 zu errei- Insofern bildet der Klimaplan mit seinen Zwi- chen. Durch das Bundes-Klimaschutzgesetz schen- und Sektorenzielen den übergeordneten (KSG) vom Dezember 2019 wurden diese natio- Rahmen mit einer klaren Orientierung für die nalen Klimaziele gesetzlich festgelegt [5]. Mit der Energiestrategie und die weiteren klimarelevan- Novelle des KSG vom Juni 2021 wurden die zu- ten Einzelstrategien der Ressorts. Darüber hin- lässigen Treibhausgas (THG) Emissionsmengen aus beinhaltet und bündelt das Maßnahmenpro- bis 2030 für die verschiedenen Sektoren ange- gramm des Klimaplans zur Erreichung der klima- passt, die Reduktionsziele für die THG Emissio- politischen Ziele die wichtigsten landespolitischen nen bis 2040 festgelegt und das Ziel der THG Maßnahmen zum Klimaschutz. Im Hinblick auf Neutralität auf 2045 vorgezogen [6]. Mit dieser Konsistenz und Zielerreichung wird der Klima- Gesamtstrategie will die Bundesregierung die plan, wie auch die Energiestrategie, einem konti- Entwicklung und Umsetzung der Energiewende nuierlichen Monitoring unterzogen. Zwischen Kli- für eine sichere, umweltverträgliche und wirt- maplan, der Energiestrategie und allen weiteren schaftlich erfolgreiche Zukunft weiter umsetzen. Einzelstrategien besteht ein enges Wechselver- hältnis, was sich auch in einer Verzahnung der Fortschreibung und Weiterentwicklung der jewei- Der Landtag des Landes Branden- Die Brandenburger Energie- ligen Strategien niederschlägt. burg und die Landesregierung ha- und Klimapolitik ordnet sich ben sich klar zum Pariser Klima- in den nationalen und schutzabkommen bekannt. Der zu Mit der Energiestrategie 2040 setzt sich das Land internationalen Rahmen ein. erarbeitende Klimaplan und die zu Brandenburg neben dem weiteren Ausbau der er- erarbeitende Klimaanpassungsstrategie bilden neuerbaren Energien vor allem für die Systemin- die beiden Säulen der Klimapolitik der branden- tegration der erneuerbaren Energien, den Aufbau burgischen Landesregierung und sind mit der einer Wasserstoffwirtschaft, die Einbindung Weiterentwicklung der Energiestrategie wichtige neuer Speichertechnologien, die Steigerung der Aufgaben in der 7. Legislaturperiode des Landta- Energieeffizienz sowie für eine systematische ges (2019 -2024) [7]. Verknüpfung der Energiesektoren Strom, Indust- rie, Wärme und Mobilität (Sektorenkopplung) ein. Hierbei gilt es nicht nur technische Herausforde- Der Klimaplan zielt dabei auf den Schutz des Kli- rungen zu lösen, sondern es sind – wie sich in mas durch Emissionsminderung und Stärkung den letzten Jahren herausgestellt hat – marktre- der ökologischen Senken zur Erreichung von Kli- gulatorische und energierechtliche Rahmenbe- maneutralität bis spätestens 2045, während die dingungen an die Erfordernisse der Energie- Klimaanpassungsstrategie die Begrenzung von wende fortlaufend anzupassen. Die in der Ener- Risiken und Schäden durch nachteilige Folgen giestrategie 2040 definierten Themenfelder des Klimawandels zum Ziel hat. Die Energiestra- „Effiziente Energienutzung“, „Erzeugung aus er- tegie bildet die Grundlage zum Erreichen des neuerbaren Energien“, „Wasserstoff“ und „Intelli- Ziels einer klimaneutralen Energieversorgung. gente Übertragung, Verteilung und Speicherung“ Der Klimaplan soll sicherstellen, dass die Landes- werden die Energieversorgung in Brandenburg regierung insgesamt ihre Klimaschutzziele er- bis zum Jahr 2040 und darüber hinaus bestim- reicht. Dafür ist es nötig, dass alle klimarelevan- men. ten Einzelstrategien und Maßnahmen der Lan- desregierung aufeinander abgestimmt sind und die nötigen Beiträge zur Zielerreichung im Klima- schutz in allen Bereichen der Landespolitik ge- leistet werden. 6 ENERGIESTRATEGIE 2040
Transformation des Die nationalen und internationalen Zielsetzun- Energieversorgungssystems gen, rechtlichen Rahmenbedingungen und tech- nologischen Entwicklungen bestimmen als Leit- Durch die fluktuierende Stromeinspeisung aus er- planken das quantitative Anspruchsniveau in der neuerbaren Energien und die zunehmende De- Energie- und Klimaschutzpolitik für den weiteren zentralität der Stromerzeugung ist die bisherige Weg des Energielandes Brandenburg. Die Bran- Differenzierung unseres Stromsystems in unter- denburger Energiepolitik bewegt sich dabei in ei- schiedliche Lastbereiche (Grund-, Mittel- und nem Spannungsfeld von Klimaneutralität und Spitzenlastkraftwerke) nicht mehr sachgerecht. Umweltverträglichkeit, Wirtschaftlichkeit, Versor- Zum einen führt der Ausbau der erneuerbaren gungssicherheit sowie Akzeptanz und Beteili- Energien zu einem vermehrten Austausch zwi- gung. schen den Regionen. Zum anderen führt das Ver- ordnungspaket der Bundesregierung vom Mai Die Energie- und Klimapolitik hat in den letzten 2021 zur Umsetzung des Erneuerbare-Energien- Jahren nochmals stark an Tempo gewonnen. Gesetz (EEG) 2021 als Übergangsregelung für Durch die vom Bundestag verabschiedete Fest- die aktuelle Phase des Markthochlaufs von grü- legung auf ein klimaneutrales Deutschland im nem Wasserstoff zu einer Befreiung von der Jahr 2045 wurden wichtige Impulse ausgelöst. EEG-Umlage [8]. Eine direkte Zuordnung von be- stimmten Kraftwerkstypen zu den jeweiligen Last- bereichen – wie sie bisher bekannt war – wird so- Erhöhung des Anteils mit in der Zukunft nicht mehr vorhanden sein. Die erneuerbarer Energien Einsatzmöglichkeiten für Kraftwerke, die für sehr viele Volllaststunden ausgelegt sind, werden suk- Um eine globale Führungsrolle bei den erneuer- zessive zurückgehen. Es werden zukünftig insbe- baren Energien einzunehmen, hat die EU im Jahr sondere flexible Kraftwerke mit kurzen An- und 2018 ein verbindliches Ziel von 32 % für erneuer- Abfahrzeiten sowie dynamischer Regelbarkeit bare Energiequellen am Bruttoendenergiever- benötigt. Dies hat u. a. zur Folge, dass die Ein- brauch der EU bis 2030 festgelegt [9]. Mit dem satzdauer dieser Anlagen weiter sinkt und somit europäischen „Green Deal“ der EU-Kommission auch neue Betriebsstrategien entwickelt werden und dem Maßnahmenpaket „Fit for 55“ wird eine müssen. Gleichzeitig müssen die Klimaschutz- Erhöhung des Ziels für den Anteil der erneuerba- ziele durch geringe THG Emissionen erreicht ren Energien auf dann 40 % erwartet [10]. werden. Eine zunehmend wichtige Aufgabe be- steht darin, die Einspeisung aus erneuerbaren Auf nationaler Ebene gibt das Zielmodell des Kli- Energien mit den Lastprofilen zu synchronisieren. maschutzprogramms vor, dass bis zum Jahr Dazu werden alle zur Verfügung stehenden In- 2030 der Anteil der erneuerbaren Energien am strumente genutzt werden müssen. Hierzu zäh- deutschen Bruttostrombedarf auf mindestens len insbesondere die Einbindung neuer Speicher- 65 % auszubauen ist. Damit diese Zielmarke er- technologien sowie die Sektorenkopplung. reicht werden kann, wurde mit dem EEG 2021 die Ausbaupfade der verschiedenen erneuerbaren Ein wesentlicher Schwerpunkt der Energiepolitik Energiequellen entsprechend angepasst [11]. verschiebt sich damit zu einem gesamtheitlichen Ansatz – zu einer Transformation des Energiever- sorgungssystems. ENERGIESTRATEGIE 2040 7
Mit dem Koalitionsvertrag für die Jahre 2021 bis Rahmen für die künftige Erzeugung, Transport, 2025 der neuen Bundesregierung wurde das Ziel Nutzung und Weiterverwendung von Wasser- für den Anteil der erneuerbaren Energien am stoff. Sie definiert Wasserstofftechnologien als Bruttostrombedarf bis zum Jahr 2030 auf 80 % Kernelemente der Energiewende und Dekarboni- erhöht [12]. Diese Erhöhung des EE-Anteils erfor- sierung, sieht aber auch ein wachsendes indust- dert gesteigerte Ausbaupfade und einen zügige- riepolitisches Potenzial [13]. ren Ausbau aller erneuerbaren Energien, insbe- sondere der Windenergie und der Photovoltaik. Dabei beziffert die Bundesregierung in ihrer NWS Brandenburg hat diesen Flächenbedarf bereits in bis 2030 einen Wasserstoffbedarf von ca. 90 bis seiner Energiestrategie 2030 als ein notwendiges 110 TWh/a. Ein Teil dieses Bedarfs soll gedeckt Zwischenziel auf dem Weg zu einer klimaneutra- werden, indem bis zum Jahr 2030 in Deutschland len, sicheren und wirtschaftlichen Energieversor- Erzeugungsanlagen von bis zu 10,0 GW Ge- gung definiert und hält auch weiterhin daran fest. samtleistung einschließlich der dafür erforderli- Gleichzeitig ist sich die Landesregierung be- chen Offshore- und Onshore-Energiegewinnung wusst, dass möglicherweise nicht alle Bundeslän- entstehen sollen [12]. Dies entspricht laut NWS der (z.B. Stadtstaaten) dieses angestrebte Flä- einer grünen WasserstoffproduktionA von bis zu chenziel erreichen können. Brandenburg könnte 28 TWh/a (ca. 30 % des Bedarfs) und einer be- bei geeigneten Rahmenbedingungen nach 2030 nötigten erneuerbaren Strommenge von bis zu - als eines der führenden Länder der Energie- 40 TWh/a. Für den Zeitraum bis 2035 - spätes- wende - ggf. einen größeren Anteil am Windener- tens bis 2040 - sollen nach Möglichkeit weitere gieausbau übernehmen und mögliche geographi- 5,0 GW Elektrolyseleistung zugebaut werden. sche, aber auch industriepolitische Standortvor- teile nutzen. Dies darf jedoch nicht zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger Brandenburgs gesche- Nach der bereits im Klimaschutzprogramm 2030 hen. Der Aufwand und die Belastung durch den angekündigten und am 10. Juni 2020 vom Bun- zusätzlichen Ausbau der Windenergie und durch deskabinett beschlossenen Nationalen Wasser- den Netzausbau, müssen ausreichend berück- stoffstrategie soll die EEG-Umlage für die Pro- sichtigt werden und wären durch geeignete Maß- duktion von grünem Wasserstoff begrenzt wer- nahmen auf Länder- oder Bundesebene zu kom- den. Dadurch wird der Markthochlauf der pensieren. Wasserstoffproduktion in Deutschland unterstützt und gewährleistet, dass die Kopplung zwischen den Energieversorgungssektoren in Deutschland Wasserstoff weiter voranschreiten kann. Im Juni 2020 bestätigte die Nationale Wasser- stoffstrategie (NWS) der Bundesregierung die Künftig können Wasserstoffhersteller und -innen Bedeutung von Wasserstoff (H2) als einen tragen- zwischen zwei Optionen wählen. Zum einen wird den Baustein der Energiewende und setzt einen die Möglichkeit geschaffen, die EEG-Umlage für Hersteller und Herstellerinnen von Wasserstoff im AGrauer Wasserstoff: aus fossilen Energieträgern Türkiser Wasserstoff: aus fossilen Energieträgern hergestellt – mit signifikanten CO2-Emissionen mittels erneuerbarer Energien hergestellt und mit Ab- Blauer Wasserstoff: Grauer Wasserstoff mit CO2 Ab- spaltung von festem Kohlenstoff – CO2-neutral scheidung und Speicherung (CCS) – bilanziell CO2- Grüner Wasserstoff: aus Wasser durch Elektrolyse neutral und mittels Strom aus erneuerbaren Energien herge- stellt – CO2 neutral 8 ENERGIESTRATEGIE 2040
Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung zu Netze und Speicher begrenzen. Zum anderen soll die Bundesregie- rung auf Grundlage des Gesetzes künftig für die Die Liberalisierung des europäischen Energie- herstellenden Unternehmen von grünem Was- binnenmarktes ist weit vorangeschritten. In den serstoff eine Vollbefreiung von der EEG-Umlage Jahren von 1996 bis 2016 verabschiedete die EU schaffen. Komplementär zur nationalen Strategie insgesamt vier Legislativpakete, die die Stärkung veröffentlichte die EU-Kommission ihre Wasser- und Harmonisierung der europäischen Verbund- stoffstrategie für die kommenden Dekaden. Diese netze für Strom und Gas zum Gegenstand hat- bildet eine wesentliche Säule des Green DealsB ten. Neben Themen wie Entflechtung, Marktzu- [14]. Die Kommission will die Produktion und Nut- gang, Transparenz und Regulierung sowie Ver- zung CO2-frei und CO2-arm erzeugten Wasser- braucherschutz stand dabei auch die stoffs rasch erhöhen, damit die EU bis 2050 „kli- Versorgungssicherheit im Fokus (u.a. durch die maneutral“ wird. Dabei geht sie in einem stufen- Förderung von grenzüberschreitenden Projekten, weisen Ansatz in drei Phasen vor, wobei die den sog. PCI). Mit den Beschlüssen von 2018 grüne Wasserstoffproduktion von einer Million und 2019 im Rahmen des „Clean Energy for all Tonnen pro Jahr bis 2024 über zehn Millionen pro Europeans“-Pakets hat die Europäische Kommis- Jahr bis 2030, auf einen systemrelevanten Um- sion zum einen das Ziel der Verbundbildung bei fang zwischen 2030 und 2050 ansteigen soll. den Stromnetzen bis 2030 auf 15 % erhöht (d. h. 15 % der in einem Mitgliedstaat installierten Um die EU-Klimaschutzziele 2030 zu erreichen, Stromerzeugungskapazität müssen grenzüber- hat die EU mit der RED II Ceine Steigerung des schreitend für andere Mitgliedstaaten verfügbar Anteils erneuerbarer Energien am Endenergie- sein) [17]. Zum anderen müssen bis spätestens verbrauch vorgeschrieben [15]. Dabei sind die 2025 bereits 70% der Interkonnektoren für grenz- verschärften Klimaschutzziele für 2030 noch überschreitenden Stromhandel zur Verfügung nicht berücksichtigt. Für den Straßen-und Schie- stehen. nenverkehr gilt nach § 25 der Richtlinie eine Min- destquote von 14 % erneuerbarer Energien, die Zur Erreichung der übergeordneten Ziele arbei- durch eine Verpflichtung der Inverkehrbringer von ten auf der Gemeinschaftsebene alle Übertra- Kraftstoffen für jeden EU-Mitgliedstaat bis 2030 gungsnetzbetreiber im Rahmen des Verbands zu erreichen ist. Deutschland setzt die Vorgaben Europäischer Übertragungsnetzbetreiber der RED II wie schon bei der vorangegangenen ENTSO-E (European Network of Transmission Richtlinie (RED I) von 2009 über Änderungen des System Operators for Electricity) bzw. des Ver- Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) bands Europäischer Fernleitungsnetzbetreiber und der nachgelagerten Verordnung (BImSchV) ENTSO-G (European Network of Transmission um [16]. System Operators for Gas) zusammen. B Der European Green Deal ist ein von der Europäi- C Ziel der neuen Erneuerbare-Energien-Richtlinie schen Kommission vorgestelltes Konzept mit dem (RED II, 2018/2001) ist die Erhöhung des Anteils der Ziel, bis 2050 in der Europäischen Union die Netto- erneuerbaren Energien in den Sektoren Strom, Emissionen von Treibhausgasen auf null zu redu- Wärme und Transport bis zum Jahr 2030. Die Richt- zieren und somit als erster Kontinent klimaneut- linie sieht deswegen ein verbindliches Ziel von min- ral zu werden. destens 32 % erneuerbarer Energien im Bruttoend- verbrauch der Union vor. ENERGIESTRATEGIE 2040 9
Auf nationaler Ebene werden die energiepoliti- Forschung und Entwicklung schen Vorgaben über die bereits 2009 im Ener- giewirtschaftsgesetz (EnWG) verankerten Netz- Exzellente, breit angelegte und gut vernetzte entwicklungsplanungen im Strom- und Gasbe- Energieforschung gehört zu den wichtigsten Vo- reich umgesetzt [18]. Ergänzend regeln raussetzungen, um die Transformation des Ener- maßgeblich das Netzausbaubeschleunigungsge- giesystems hin zu einer wirtschaftlichen, verläss- setz Übertragungsnetz (NABEG) [19], das Ener- lichen und ökologisch nachhaltigen Energiever- gieleitungsausbaugesetz (EnLAG) [20] und das sorgung der Zukunft zu meistern. Entscheidende Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) [21] den Rahmenbedingungen setzen die europäischen Netzausbau in Deutschland. und nationalen Forschungsförderprogramme (z. B. Horizont Europa, Energieforschungspro- In Zusammenhang mit dem auf allen Politikebe- gramm der Bundesregierung). nen angestrebten Aufbau einer Wasserstoffwirt- schaft könnte den heutigen Erdgasnetzen per- Im Rahmen von Horizont Europa [22] steht in den spektivisch eine große Bedeutung zukommen. Jahren 2021 – 2027 ein Budget von bis zu 35,5 Mit der kürzlich verabschiedeten (Übergangs-) Mrd. € für klimarelevante Forschung im Bereich Novelle des EnWG wurde Wasserstoff zunächst "Klima, Energie und Mobilität" zu Verfügung. als eigenständiger Energieträger eingeführt. Über das 7. Energieforschungsprogramm der Künftig wird jedoch – je nach Grad der Markt- Bundesregierung werden jährlich rund 1,3 Mrd. € durchdringung von Wasserstoff – die Umwid- bereitgestellt [23]. mung der bestehenden Gasnetzinfrastruktur er- forderlich werden. Neben der reinen Transport- aufgabe kann das Gasnetz auch die zentrale Ganzheitliche klimaneutrale Speicherfunktion im integrierten Energiesystem Systemtransformation und Sektoren- erfüllen. kopplung als neue Schwerpunkte Der Ausbau der Speicherkapazitäten ist ein wich- Das Land Brandenburg hatte mit der Verabschie- tiger Baustein zur Stabilisierung des Energiesys- dung der Energiestrategie 2030 im Jahr 2012 ei- tems. Brandenburg setzt sich deshalb bereits seit nen neuen Schwerpunkt beim Thema Systemin- Jahren dafür ein, dass der Bund verstärkt neue tegration der erneuerbaren Energien und der Ver- Speichertechnologien unterstützt. Durch das neu knüpfung der Sektoren Strom, Industrie, Wärme gefasste Energiewirtschaftsgesetz, das im Juni und Mobilität gesetzt. Hintergrund waren die sei- 2021 verabschiedet wurde, wurde die Doppelbe- nerzeit bereits erkennbaren Herausforderungen, lastung für Speicher mit Steuern, Umlagen und die in Brandenburg durch den hohen Anteil er- Abgaben weitgehend beseitigt. Dadurch werden neuerbarer Energien sichtbar wurden. Leider der systemische Einsatz sowie der effiziente blieben die Bemühungen des Landes Branden- Multi-Use von Energiespeichern gefördert, was burg, diese wichtigen Themen in die Gesetzge- lange Zeit aus wirtschaftlichen Gründen nicht bungsverfahren (z. B. EEG 2014) einzubringen möglich war. zunächst erfolglos. Im weiteren Verlauf der Ener- giewende erkannten immer mehr Akteurinnen und Akteure die Potenziale und die Notwendig- keit der Sektorenkopplung, sodass in den Ge- setzgebungsverfahren in der Vergangenheit erste Erfolge verbucht wurden (z. B. EEG 2017). 10 ENERGIESTRATEGIE 2040
Mit der Änderung des Energiewirtschaftsgeset- Im Verkehrssektor bedarf es einer Sektorenkopplung ist ein zes im Sommer 2021 wurde ein weiterer großer umfassenden Veränderung, um wichtiger Baustein einer Schritt in Sachen FlexibilitätsoptionenD genom- die THG Emissionen zu senken. klimaneutralen ganzheitlichen men (vgl. hierzu auch Abschnitt 3.3). Hier bilden die Abkehr von Ver- Energiewende. brennungsmotoren für fossile Kraftstoffe, die Reduzierung des Verkehrsauf- Es wird mehr und mehr deutlich, dass die Ener- kommens sowie der effiziente Energieeinsatz im giewende ganzheitlich gedacht werden muss und Verkehrssektor die Grundlagen für eine erfolgrei- wird. Neben dem Stromsektor, in dem bereits che Verkehrswende. Die Elektrifizierung der An- gute Fortschritte erzielt wurden, rücken die Berei- triebe von PKW hat bereits begonnen und wird che Wärme und Mobilität stärker in den Fokus der weiter vorangetrieben. Im Güter- und Schwerlast- energiepolitischen Debatte. Aus den unter Ab- transport können durch den Einsatz von Wasser- schnitt 1.2. aufgezeigten globalen, europäischen stoff oder synthetischen Kraftstoffen konventio- und nationalen Zielsetzungen ergibt sich, dass nelle Energieträger ersetzt werden. Im ÖPNV neben der Einbindung der erneuerbaren Ener- werden bereits sowohl batterieelektrische An- gien in das bisherige System der Energieversor- triebe als auch Antriebe auf Basis von Wasser- gung (Systemintegration) ein umfassender Um- stoff eingesetzt. Durch diese Antriebswende wer- bau erforderlich ist – insbesondere auch deshalb, den die dort auftretenden THG Emissionen ver- weil die neuen Energiemärkte, bedingt durch die mieden, der Bedarf an elektrischer Energie wird Transformation des Energieversorgungssystems jedoch steigen. Ziele und Leitplanken für die Ver- und seinen Anforderungen, anderen Mechanis- kehrswende werden beispielsweise durch Mobili- men unterliegen werden, als die bisherigen Ener- tätsstrategien der Europäischen Kommission [24] giemärkte. Das gesamte Energieversorgungs- und des Landes Brandenburg [25] vorgegeben, system, von der Erzeugung bis zum Verbrauch, welche derzeit überarbeitet wird. muss einem integrierten Ansatz folgen und an den Zielen der Klimaneutralität ausgerichtet wer- den. Die systematische Verknüpfung aller für Die Wärmewende im Wärmesektor wird sowohl diese Neuausrichtung geeigneten Energieträger in den Haushalten, Gewerbe, Handel und Dienst- und Sektoren sowie die intelligente Steuerung leistung als auch in der Industrie weiter vorange- des Gesamtsystems werden zentrale Zukunfts- trieben. Die fortschreitende Umstellung von fossi- aufgaben sein. len Energieträgern auf erneuerbare Energieträ- ger ist für die zentrale als auch für die dezentrale Wärmeversorgung notwendig. Hier spielen ne- Um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, ben der direkten Nutzung erneuerbarer Energien müssen in allen Bereichen des Lebens die THG wie Solarthermie, Tiefengeothermie oder Bio- Emission deutlich reduziert werden. Mit Hilfe der masse, die Nutzung von Kraft-Wärme-Kopplung Sektorenkopplung, der Verzahnung der Energie- und Wärmepumpen sowie die direkte Verwen- verbrauchssektoren, lässt sich die Dekarbonisie- dung elektrischer Energie zur Wärmeerzeugung rung realisieren. (Power to Heat) eine entscheidende Rolle. D Flexibilitätsoptionen in der Energieversorgung be- eine sichere und preiswerte Energieversorgung zu inhalten Maßnahmen zum Ausgleich zwischen Ener- gewährleisten. gieerzeugung und –verbrauch in den Bereichen Er- zeugung, Verbrauch und Speicherung, mit dem Ziel, ENERGIESTRATEGIE 2040 11
Im Industriesektor ist es erforderlich, die ver- Rechtzeitiger Klimaschutz ist seit dem Beschluss schiedensten Prozesse durch den Einsatz von des Bundesverfassungsgerichts als verfassungs- Wasserstoff zu dekarbonisieren. Der Wasserstoff rechtlich erforderlich eingestuft. Ohne rechtzeiti- sollte dafür idealerweise mittels erneuerbarer gen Klimaschutz, d.h. ohne rechtzeitige Kli- Energien hergestellt werden, in der Übergangs- maneutralität, werden die Folgen des unge- zeit sind aber klimaneutrale Methoden ebenso bremsten oder unzureichend gebremsten möglich und notwendig. All diese Maßnahmen Klimawandels die anderen o.g. etablierten zur Dekarbonisierung werden den Strombedarf Schutzansprüche nach heutiger Voraussicht auf ebenfalls erheblich steigen lassen und damit lange Sicht gegenstandslos machen oder ihnen auch die Ausbauziele der erneuerbaren Energien ihre Substanz entziehen. Nur durch rechtzeitiger erhöhen. Klimaschutz, nur durch rechtzeitige Klimaneutra- lität werden zukünftig Wettbewerbsfähigkeit und Lebensstandards erhalten bleiben können. Mit dem gesetzlich beschlossenen Klimaschutz- ziel der Klimaneutralität bis 2045 und der zugleich beschlossenen gesetzlichen Verpflichtung aller Für das Land Brandenburg bedeutet dies, dass Träger von öffentlichen Aufgaben auf dieses Ziel der Strukturwandel weiterhin große Herausforde- ist die Antwort auf die in diesem Zusammenhang rungen an das heute existierende Energieversor- gestellte, auch im Land Brandenburg, grundsätz- gungssystem auf dem Weg zur klimaneutralen liche Frage nach dem Verhältnis zwischen der Energieversorgung stellt. Es ist ein substantieller Reduzierung der Risiken für die Umwelt und das Umbau der zukünftigen Erzeugungs-, Verteil--, globale Klima, der uneingeschränkten Aufrecht- Speicher-, Reserve- und Verbrauchsstrukturen erhaltung etablierter Schutzansprüche in anderen erforderlich. Der Ausstieg aus der Nutzung fossi- Bereichen (z. B. beim Landschaftsbild, Natur-, Ar- ler Energieträger und der damit synchronisierte ten- und Denkmalschutz) und dem Erhalt der in- Umstieg auf Erneuerbare Energie und Wasser- ternationalen Wettbewerbsfähigkeit einer Indust- stoff stehen dafür im Zentrum des politischen rienation – nicht zuletzt zur Sicherung des er- Handelns. reichten Lebensstandards der Bevölkerung beantwortet. Klimaschutz kommt deshalb einer herausgehobenen Bedeutung zu. 12 ENERGIESTRATEGIE 2040
2. Methodik: Fortschreibung der Energiestrategie bis 2040 Gemäß dem Koalitionsvertrag aus 2019 ist die Klimapolitik auf die Brandenburger Energiewirt- bestehende Energiestrategie 2030 zur Energie- schaft haben. Es wurde beschlossen, dass im strategie 2040 weiterzuentwickeln. Darüber hin- Gutachten das Leitszenario die gültigen Rahmen- aus legt der Koalitionsvertrag fest, dass ein Kli- bedingungen zu Beginn des Jahres 2021 abbil- maplan aufgestellt wird, der die Weiterentwick- det. Im Kern stützt sich daher das Leitszenario lung der bestehenden Fachstrategien der auf das Gutachten „Energiewirtschaftliche Pro- Landesregierung zu einer verbindlichen Klimast- jektionen und Folgeabschätzungen 2030/2050“ rategie zusammenfasst. [27]. In dieser Studie ist ein umfassendes, konsis- tentes Bild der zukünftigen Entwicklung der deut- schen Energieversorgung gezeichnet. Die Ergeb- Auf Grund der geänderten energiewirtschaftli- chen und –rechtlichen Rahmenbedingungen auf nisse der deutschlandweiten Untersuchung wur- den auf das Land Brandenburg übertragen. EU-, Bundes und Landesebene wurde Ende Sep- tember 2020 nach einer Ausschreibung ein Gut- achten an die Prognos AG in Auftrag gegeben, Die Untersuchungsmethodik basiert auf der das die Fortschreibung der Energiestrategie 2030 „Prognos-Modellfamilie“ und umfasst alle Ver- zur Energiestrategie 2040 zum Inhalt hatte [26]. brauchssektoren sowie die Stromwirtschaft. Im Das Gutachten hat einerseits die bisherigen Fort- Einzelnen wurden folgende Modelle miteinander schritte der Energiestrategie 2030 evaluiert und kombiniert und angewendet: andererseits ein in die Zukunft verlängertes, aktu- elles Leitszenario analysiert, welches die gültige • der Energiebedarf Deutschland/Regionen, Gesetzeslage Anfang des Jahres 2021 abbildet. • der Strommarkt Deutschland, • die Endkunden-Energiepreise und Die Weiterentwicklung der Energiestrategie 2030 • die internationalen Energiepreise erfolgte in mehreren aufeinander aufbauenden Phasen. Die Grundlagen für das Gutachten wur- Aufbauend auf den Ergebnissen der energiewirt- den im Oktober 2020 geschaffen. Im Zuge eines schaftlichen Analyse wurden von der Prognos AG Kick-off Meetings wurden die Methodik, der Pro- zudem die Wertschöpfungs- und Beschäftigungs- jektablauf und der Zeitplan besprochen sowie die effekte abgeschätzt. Im fortlaufenden Prozess notwendigen Akteure für Fachgespräche be- gab es zahlreiche Gespräche und Diskussionen. stimmt. Des Weiteren wurde der Inhalt des Leits- Innerhalb der Interministeriellen Arbeitsgruppe zenarios und der zu betrachtenden Sensitivitäten Energiestrategie (IMAG ES) wurden regelmäßig besprochen. Aufgrund der umfangreichen Ände- die Ergebnisse diskutiert. Darüber hinaus gab es rungen am energierechtlichen Regulierungsrah- zahlreiche Fachgespräche mit den energiewirt- men und der Anpassungen an das Energie- und schaftlichen Akteuren im Land. Klimakonzept der Bundesregierung wurde analy- siert, wie sich der geänderte Rechts- und Regu- lierungsrahmen und die aktuellen Investitionspla- Auf Grundlage der Ergebnisse des Gutachtens nungen der Energiewirtschaft auf die energiepoli- erfolgte anschließend die Ausarbeitung eines tischen Zielsetzungen des Landes auswirken Entwurfes für die Energiestrategie 2040. Im Sinne (Monitoring Energiestrategie 2030). Daneben einer bestmöglichen Transparenz wurde dieser wurde diskutiert, welche Auswirkungen die natio- Entwurf in der IMAG Energiestrategie in der Ener- nalen Beschlüsse („Klimaschutzplan 2050“ und gieallianz sowie anschließend in einer Onlineko- „Bundes-Klimaschutzgesetz“) und die internatio- nsultation abgestimmt. nalen Beschlüsse („Paris-Abkommen“ 2015) zur ENERGIESTRATEGIE 2040 13
3. Ergebnisse: Das Energieland Brandenburg heute Im Energieland Brandenburg Umsetzungsstand der Die Umsetzung der sind bislang zwei Handlungsfel- Energiestrategie 2030 Energiestrategie 2030 der von besonderer Bedeutung. wurde fortlaufend mit Historisch und strukturell bedingt Berichten und einem Die Energiestrategie 2030 des Landes Bran- ist zzt. noch die heimisch verfüg- Monitoring dokumentiert. denburg sah eine regelmäßige Evaluierung bare Braunkohle eine wesentli- che Säule der Energieversorgung und trägt zur vor. Um den Umsetzungstand der Energiestra- Versorgungssicherheit in Deutschland bei. Die tegie 2030 zu dokumentieren, wurden umfang- zweite tragende Säule sind die erneuerbaren reiche Berichte zu den strategischen Maßnah- Energien, die sich in den letzten Jahren im men erarbeitet [30], [31]. Zudem werden jähr- Zuge der Umsetzung der Energiestrategie lich aktuelle Daten im Rahmen des 2020 und 2030 sehr dynamisch entwickelt ha- Monitorings zur Energiestrategie 2030 bereit- ben [28], [29]. gestellt [2]. Diese ermöglichen eine Verfolgung der Entwicklung der festgelegten Indikatoren. Die vorliegenden Ergebnisse werden im Fol- genden dargestellt und dokumentieren den Stand der Umsetzung der Energiestrategie 2020 (aus dem Jahr 2008) und der Energie- strategie 2030 (aus dem Jahr 2012). Abbildung 1: Übersicht der bisherigen Zielerreichung der Energiestrategie 2030 (Datenquelle: [7]) 14 ENERGIESTRATEGIE 2040
konnte, ergibt sich trotzdem nur ein Anteil der Ziel „Anteil der erneuerbaren Energien erneuerbaren Energien am Primärenergiever- am Energieverbrauch erhöhen“ brauch von 22,5 %. Der Energieträger Bio- ES-2020 (Zwischenziel): Erhöhung des An- masse leistet aktuell den größten Anteil der er- teils erneuerbarer Energien am Primärener- neuerbaren Energien am Primärenergiever- gieverbrauch auf 20 % (mind. 120 PJ) brauch, gefolgt von der Windenergie. In den letzten Jahren ist zudem ein starker Anstieg ES-2030: Erhöhung des Anteils erneuerba- der gesamten installierten Leistung bei den rer Energien am Primärenergieverbrauch Photovoltaikanlagen zu verzeichnen. Die er- auf 32 % (mind. 170 PJ) neuerbaren Energien sind in Brandenburg längst Motor für wirtschaftliches Wachstum und Innovationen: Im Jahr 2018 sichert die er- Der Beitrag der erneuerbaren Energien zum neuerbaren Energieträger bereits 17.800 di- Primärenergieverbrauch konnte bis zum Jahr rekte und indirekte Arbeitsplätze in Branden- 2019 auf über 143,5 PJ gesteigert werden und burg [26]. Davon entfallen 7.900 Arbeitsplätze übertraf damit bereits das Zwischenziel für auf die Windbranche, rund 2.400 Arbeitsplätze 2020 von 120 PJ um ca. 19,6 % (Abbildung 2). auf die Photovoltaik sowie 7.500 Arbeitsplätze Da jedoch der Primärenergieverbrauch nicht auf die Bioenergie. im prognostizierten Umfang gesenkt werden Abbildung 2: Entwicklung des Anteils erneuerbarer Energieträger am Primärenergieverbrauch in Brandenburg (Datenquelle: [7]) ENERGIESTRATEGIE 2040 15
relle Entwicklung des Landes nach der Wirt- Ziel „Energieeffizienz steigern und –ver- schaftskrise in den Jahren 2008 und 2009 wie- brauch reduzieren“ der. Des Weiteren konnten nach 2009 neue In- dustrien angesiedelt werden, die zum höheren ES-2020 (Zwischenziel): Senkung des End- Endenergieverbrauch beigetragen haben. So energieverbrauchs um 13 % (auf 263 PJ) nahm das Bruttoinlandsprodukt für Branden- gegenüber 2007 burg zwischen 2010 und 2019 um 15 % zu. Am deutlichsten wird dies im Sektor Industrie. ES-2030: Senkung des Endenergiever- Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch brauchs um ca. 23 % (auf 220 PJ) gegen- müssen zukünftig im Land voneinander durch über 2007 eine höhere Energieeffizienz, z.B. durch die Nutzung neuer energiesparender Technolo- gien, aber auch durch die Nutzung von Ein- Beim Endenergieverbrauch (EEV) kann im Land Brandenburg derzeit insgesamt keine sparpotentialen entkoppelt werden, damit der Energieverbrauch letztendlich sinkt, die Ener- kontinuierliche Absenkung festgestellt werden. gieproduktivität aber steigt. Während in den Jahren zwischen 2004 und 2010 eine Reduzierung beim EEV erkennbar wurde (- 6 %), so stieg der EEV ab 2010 auf fast 322 PJ im Jahr 2019 (Abbildung 3). Hierin spiegelt sich insbesondere die gute konjunktu- Abbildung 3: Entwicklung des Endenergieverbrauchs nach Sektoren im Land Brandenburg (Datenquellen: [7]) 16 ENERGIESTRATEGIE 2040
Umsetzungsstand im gien zu decken. Damit hat das Land Branden- Vergleich zu den Zielen der burg das Zielniveau der Bundesregierung für das Jahr 2030 bereits weit übertroffen (Abbil- Bundesregierung und zum Umset- dung 4). Die aktuellen Prognosen zum zukünf- zungsstand in den Bundesländern tigen Bruttostrombedarf gehen aufgrund der Sektorenkopplung und dem geplanten Hoch- In den letzten Jahren konnte die Bruttostrom- laufen der Wasserstoffwirtschaft von steigen- erzeugung aus erneuerbaren Energien weiter den Bedarfen aus. Zusätzlich rechnet Bran- ausgebaut werden. In 2019 wurden 19,9 TWh denburg mit der Ansiedlung weiterer energie- (71,8 PJ) durch erneuerbare Energien er- intensiver Industrien. Aus diesen Gründen ist zeugt. Dies ist eine Steigerung um 1,4 TWh zum Erreichen der Klimaneutralität der weitere gegenüber 2018. Rein rechnerisch wäre das Ausbau der erneuerbaren Energien zwingend Land Brandenburg im Jahr 2019 bereits in der erforderlich. Lage gewesen, seinen Bruttostromverbrauch bilanziell zu 94,8 % aus Erneuerbaren Ener- Abbildung 4: Anteile der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch im Land Brandenburg (Datenquellen: [7]) ENERGIESTRATEGIE 2040 17
In Deutschland konnte bis zum Jahr 2018E der Energiepolitik der einzelnen Bundesländer zu- Anteil der erneuerbaren Energien am Brut- rückgeführt werden, sondern sind ebenso tostromverbrauch auf durchschnittlich 38,5 % strukturbedingt und stark durch geographische gesteigert werden. Die einzelnen Bundeslän- Gegebenheiten bestimmt. So ist das Potential der leisten in diesem Zusammenhang sehr un- der Windenergie zur Stromgewinnung in den terschiedliche Beiträge (vgl. Abbildung 5). Das nördlichen, windreichen Bundesländern deut- Land Brandenburg zählt hierbei zur Spitzen- lich größer. Auf der anderen Seite ist das Po- gruppe und belegt mit 84,5 % Platz zwei hinter tential für die PV in den südlicheren Ländern Schleswig-Holstein (145,3 %). Für das eben- tendenziell höher. falls windreiche Mecklenburg-Vorpommern und für das Saarland lagen zum Zeitpunkt der Erhebung keine Daten vor. Die Unterschiede können jedoch nicht ausschließlich auf die Abbildung 5: Anteil der erneuerbarer Energie am Bruttostromverbrauch im Bundesländervergleich (Datenquelle: www.foederal-erneuerbar.de) EFür 2019 lagen zum Zeitpunkt der Erhebung zu wenige Daten für eine Auswertung vor. 18 ENERGIESTRATEGIE 2040
damit wesentlich zur Energieversorgung ande- Bundesziel „Reduzierung des Primär- rer Bundesländer, insbesondere Berlins, bei- energieverbrauchs“ tragen. Statistisch wird der damit verbundene Primärenergieverbrauch jedoch Brandenburg Verminderung des Primärenergieverbrauchs zugerechnet. Aus heutiger Sicht und vor dem bis 2020 gegenüber 2008 um 20 %, bis Hintergrund des Ausstiegs aus der Braunkohle 2030 um 30 % und bis 2050 um 50 % ist nicht sicher vorauszusagen, bis zu welchem Zeitpunkt Brandenburg eine tragende Säule Der Primärenergieverbrauch des Landes der nationalen Versorgungssicherheit sein Brandenburg ist in den Jahren 2010 bis 2018 wird. Letztendlich wird der Fortschritt der Ener- gestiegen und folgt im Wesentlichen den wirt- giewende im gesamtdeutschen Kontext dar- schaftlichen Entwicklungen (vgl. Abbildung 6). über entscheiden, in welchem Umfang Ener- Der hohe Primärenergieverbrauch in Branden- gie aus Brandenburg (vor allem EE-Strom) zu- burg resultiert insbesondere daraus, dass rund künftig nachgefragt wird. Vor diesem 60 % des in Brandenburg produzierten Stroms Hintergrund sind auch die Zielsetzungen des und über 60 % der in Brandenburg hergestell- Bundes beim Primärenergieverbrauch nicht ten Raffinerieerzeugnisse (Heizöl, Kraftstoffe unmittelbar auf das derzeitige Energieexport- u. a. Mineralölprodukte) exportiert werden und und Energietransitland Brandenburg übertrag- bar. Abbildung 6: Jährliche Veränderung des Primärenergieverbrauchs des Landes Brandenburg (Datenquellen: [7])) ENERGIESTRATEGIE 2040 19
Der Primärenergieverbrauch in Deutschland Primärenergieverbrauch in den neuen Bun- konnte im Zeitraum von 1990 bis 2018F um desländern zu verzeichnen sind (vgl. Abbil- rund 12 % abgesenkt werden. Ein Blick auf die dung 7). Schlussendlich bilden diese Absen- Beiträge der einzelnen Bundesländer verdeut- kungen im Wesentlichen die weitreichenden licht, dass mit Ausnahme von Schleswig-Hol- Strukturumbrüche in der Industrie und der stein die größten Reduzierungen im Energiewirtschaft im Zuge der Wiedervereini- gung ab. Abbildung 7: Entwicklung des Primärenergieverbrauchs gegenüber 1990 im Bundesländervergleich (Datenquelle: www.foederal-erneuerbar.de) F Aktuellere ländervergleichende Zahlen waren zu Redaktionsschluss nicht verfügbar 20 ENERGIESTRATEGIE 2040
Energiepolitische Auswirkun- nationalen Kontext zu berück- Die Energieintensität in gen / Zielkonflikte in Brandenburg sichtigen. Beispielweise bezieht Brandenburg liegt über dem allein das Land Berlin – bedingt Bundesdurchschnitt. durch seine geographische Das Energieland Brandenburg steht bei sei- Lage – einen Großteil seines Strom- und Gas- nem Weg zu einer klimaneutralen verlässli- bedarfes über Brandenburger Netze. Aufgrund chen, ökologisch verträglichen, gesellschaft- des beschlossenen Ausstiegs aus der Braun- lich akzeptierten und wirtschaftlichen Energie- kohleverstromung und dem geringer werden- versorgung vor Herausforderungen, mit denen den Bedarf an Mineralölprodukten durch die offen und lösungsorientiert umgegangen wer- Verkehrswendewird die Bedeutung Branden- den muss. Die durchgeführten Analysen ver- burgs als Energieexportland sukzessive ab- deutlichen die Herausfor- nehmen. Brandenburg strebt in Zukunft an, Brandenburg ist derzeit noch derungen, vor denen die dass der hier erzeugte Strom auch primär im ein Energieexport- und Brandenburger wie die ge- Land verbraucht wird. Das wichtigste Ziel wird Energietransitland und leistet damit wichtige Beiträge zur samte Energiewirtschaft deshalb die bilanzielle Selbstversorgung mit Versorgungsicherheit. steht. [26] erneuerbaren Energien werden, um die not- wendigen Energieimporte so gering wie mög- Energieverbrauch und lich zu halten und die Wertschöpfung im Land zu erhöhen. Brandenburg wird aber auch zu- Energieexport künftig ein wichtiges Energietransitland, insbe- sondere auch im Hinblick auf die Berliner Auch wenn sich in Brandenburg die Entkopp- Energieversorgung, bleiben – wenn auch mit lung der Wirtschaftsleistung vom Endenergie- einem sich dynamisch wandelnden Energie- verbrauch (EEV) positiv entwickelt und damit mix, Wasserstoff wird ein bedeutender Be- auch die Energieeffizienz steigert, so sind die standteil werden. [26] Durch die Einbindung in Fortschritte bei der Erreichung der Einspar- die europäischen Verbundnetzsysteme für ziele beim EEV noch lange nicht ausreichend. Strom und Gas – die Erdgaspipeline Nord Die deutlich positive Entwicklung bis 2009 ist Stream 2 ist aktuell fertiggestellt worden – insbesondere ein Resultat der Wirtschafts- spielt Brandenburg eine bedeutende Rolle für krise. Der erneuerte Anstieg des EEV geht ei- die nationale und europäische Versorgungssi- nerseits mit einer guten wirtschaftlichen Ent- cherheit. wicklung einher. Andererseits werden die Effi- zienzgewinne zunehmend durch neue Anwendungen und Verbraucher relativiert Die Energieintensität Brandenburgs liegt in (z. B. zunehmende Digitalisierung). Parallel den Sektoren Industrie, Gewerbe, Handel und dazu kommt es zu einem Energieträgerwech- Dienstleistungen über dem Bundesdurch- sel zu erneuerbaren bzw. treibhausgasneutra- schnitt. Dies ist nicht zuletzt auf die Industrie- len Energieträgern. Die Entwicklung fällt auch struktur Brandenburgs zurückzuführen, wel- aufgrund spezifischer Effekte in den einzelnen che durch einen überdurchschnittlichen Anteil Verbrauchssektoren und für die Energieträger energieintensiver Industrien (u. a. Stahl, Ze- unterschiedlich aus. ment, Chemie, Papier) gekennzeichnet ist. Auch die Verlagerung des gesamten Berliner Flugverkehrs von Tegel zum Flughafen Berlin- Mit Blick auf den Primärenergieverbrauch Brandenburg (BER) hat eine bilanziell zusätz- (PEV) ist die derzeitige Funktion Branden- liche, negative Auswirkung auf die Energiebi- burgs als Energieexport- und Energietransit- lanz des Landes Brandenburg. land (u. a. Strom, Mineralölprodukte, Gas) im ENERGIESTRATEGIE 2040 21
Braunkohle Erneuerbare Energien Der gesetzlich beschlossene Ausstieg aus Die Entwicklung der einzelnen erneuerbaren dem heimischen Energieträger Braunkohle ist Energieträger ist seit der Verabschiedung der wegen des historisch gewachsenen bedeuten- Energiestrategie 2030 im Jahr 2012 unter- den regionalen Wertschöpfungs- und Beschäf- schiedlich verlaufen. Insbesondere marktwirt- tigungsfaktors eine anspruchsvolle Aufgabe. schaftliche Entwicklungen (z. B. Skaleneffekte Das machen die folgenden Zahlen deutlich: bei der Photovoltaik) und Gesetzesnovellie- ca. 1,3 Mrd. Euro Bruttowertschöpfung des rungen des EEG haben teilweise enorme Ef- Landes, ca. 5.600 direkte, 3.500 indirekte und fekte auf den Wind- und Photovoltaikzubau in 3.000 induzierte Beschäftigte in Brandenburg Brandenburg gehabt. im Jahr 2018. Die Braunkohleverstromung ist auch ein Eckpfeiler der Energieversorgungssi- Photovoltaik cherheit. [26] Neben der kontinuierlichen Be- reitstellung von Strom wirkt die Braunkohlen- Im Juni 2021 waren in Brandenburg rund verstromung aufgrund ihrer Importunabhän- 4,50 GW Photovoltaikleistung am Netz. Zu- gigkeit teilweise preisstabilisierend. Allerdings dem sind bereits weitere 180 MW im Rahmen verursacht dieser Umwandlungssektor derzeit weiterer Ausschreibungsverfahren bezu- fast zwei Drittel der gesamten CO2-Emissio- schlagt worden. Allein der Solarpark Weesow- nen des Landes sowie erhebliche Eingriffe in Willmersdorf, nördlich der Stadt Werneuchen, die Landschaft und den Wasserhaushalt. ist mit einer Leistung von rund 187 MW Ende 2020 ans Netz gegangen. Die Wettbewerbsfä- Der fossile Kraftwerkspark in Brandenburg higkeit der Photovoltaik wird von der Tatsache hatte im Jahr 2018 eine installierte Nettoleis- unterstrichen, dass das Projekt außerhalb der tung von 6,00 GW. Mit der Umsetzung des EEG-Förderung umgesetzt wurde. Demzu- KohleausstiegsgesetzesG kommt es hier zu ei- folge sind die bisherigen Ziele der Energiestra- ner sukzessiven Verringerung der Kraftwerks- tegie 2030 i. H. v. 3,50 GW installierter Photo- leistung. Das Kohlenausstiegsgesetz sieht vor, voltaik bereits übertroffen. Der Brandenburger dass zunächst die einzelnen Blöcke sukzes- Koalitionsvertrag sieht eine deutliche Steige- sive in die Sicherheitsbereitschaft überführt rung der Photovoltaikpotentiale vor. Ein star- werden und später endgültig stillgelegt wer- ker Zuwachs ist im Bereich der Photovoltaik in den. den nächsten Jahren zu erwarten. Durch deut- lich angehobene Ausschreibungsmengen und einem stabilen Anteil Brandenburgs an den zu erwartenden Gebotsmengen konnte sich die Leistung im Segment Photovoltaik-Freifläche von 2,70 GW im Jahr 2018 laut Prognos-Gut- achten auf 7,20 GW im Jahr 2040 erhöhen. G Das Kohleausstiegsgesetz beinhaltet das Ge- von betreffenden Gesetzen wie das EnWG, das setz zur Reduzierung und zur Beendigung der EEG, das KWKG sowie das TEHG. Kohleverstromung (Kohleverstromungsbeendi- gungsgesetz KvbG) sowie mehrere Änderungen 22 ENERGIESTRATEGIE 2040
Windenergie Zur Erreichung der bisher geplanten Wind- stromerzeugung von rund 23 TWh (82 PJ) Mit Stand Juli 2021 waren im Bereich der wurde in der Energiestrategie 2030 auch ein Windenergie 3.879 Windenergieanlagen mit erforderlicher Flächenbedarf abgeschätzt. So rund 7,50 GW Leistung installiert. Aufgrund waren seinerzeit schätzungsweise 10,50 GW des bundesweiten Einbruchs beim Ausbau der installierte Leistung sowie die rechtzeitige Aus- Windenergie in den letzten Jahren war nur weisung der erforderlichen Windeignungsge- eine moderate Erhöhung der installierten Leis- biete von 2 % der Landesfläche erforderlich. tung zu erkennen. Brandenburg hat trotz alle- Im Zeitraum von 2015 bis 2018 wurde in allen dem gut bei den Ausschreibungsrunden der fünf Regionen in Brandenburg neue Regio- Bundesnetzagentur abgeschnitten. In den nalpläne mit Windeignungsgebieten beschlos- letzten Monaten ist ein positiver Trend bei den sen. Im Ergebnis waren insgesamt 1,9 % der Ausbau- und Genehmigungszahlen zu erken- Landesfläche für die Windenergienutzung vor- nen. Die Erreichung der Zielsetzung von gesehen. Aktuell werden auf Grund von Ge- 10,50 GW installierter Windleistung in 2030 ist richtsentscheidungen in allen Regionen neue abhängig vom künftigen Rückbau der Altanla- Regionalpläne aufgestellt, um die Windener- gen, der erfolgreichen Teilnahme in den Aus- gienutzung zu steuern. In vier von fünf Regio- schreibungen der Bundesnetzagentur und der nen werden diese Planungsverfahren durch zur Verfügung stehenden Flächen für die eine neue landesgesetzliche Zulassungs- Windenergienutzung. Ab dem Jahr 2020 en- sperre für Windenergieanlagen, die befristet dete erstmals der EEG-Vergütungsanspruch gilt, abgesichert, um einen ungesteuerten Zu- für Windenergieanlagen. Betreiber von Altan- bau zu verhindern; Ausnahmen sind möglich. lagen haben die Wahl, ob ihre Anlagen weiter betrieben werden, repowert werden oder er- Bei der Erstellung der Regio- Der Ausbau der erneuerbaren satzlos zurück gebaut werden. Die Szenarien- nalpläne wird eine Vielzahl von Energien wird durch das Ziel analysen zeigen deutlich, dass ab 2020 viele Kriterien (z. B. Arten- und Natur- der Klimaneutralität und den Anlagen aus der EEG-Vergütung gefallen sind schutz) geprüft. In einem um- Kohleausstieg bestimmt. und noch fallen werden und daher mit einem fangreichen Beteiligungspro- deutlichen Rückbau gerechnet werden kann, zess werden die für und gegen die Windener- so dass sich die Netto-Zubaukurve deutlich gie sprechenden Belange ermittelt und abflachen könnte. Dadurch könnte es im un- schließlich abgewogen. Dabei treten tiefgrei- günstigsten Fall, in den Jahren 2023 bis 2029 fende und vielschichtige Interessenkonflikte ggf. sogar zu einem Rückgang der insgesamt bei dem Ausbau der Windenergie zutage. Die in Brandenburg installierten Windenergieanla- Regionalplanung stößt daher erkennbar an gen kommen. Allerdings ist der erwarte starke Grenzen, Gebiete für die Windenergienutzung Rückbau der Altanlagen bislang ausgeblieben. zu sichern, zumal sie wesentliche Rahmenbe- Inwieweit die Windenergieanlagen tatsächlich dingungen und Friktionen (z.B. aus der Fach- schon nach 20 Betriebsjahren aus dem Strom- planung) nicht beeinflussen kann. erzeugungssystem ausscheiden, ist derzeit schwer abzuschätzen. Sofern der technische Zustand der Anlagen und die Entwicklung der Mit Blick in die Zukunft auf das Jahr 2040 wird Börsenstrompreise einen wirtschaftlichen Wei- der Ausbau von Windenergieanlagen mit einer terbetrieb im Rahmen der Direktvermarktung zunehmenden Inanspruchnahme von Flächen zulassen, ist zu erwarten, dass viele Anlagen einhergehen. Bei einem stärkeren Ausbau der auch über die zwanzigjährige EEG-Vergütung Windkraft in Brandenburg – etwa um Wasser- hinaus betrieben werden. stoff zu erzeugen - müsste dementsprechend von einer noch höheren Inanspruchnahme ENERGIESTRATEGIE 2040 23
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