Energiewende - eine polit-ökonomische Verblendung - von Prof. Dr. em. Silvio Borner - eine polit-ökonomische Verblendung
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Inhalt I. Der schweizerische Ausstieg aus der Kernenergie II. Die Stromlücke wird zwischen spätestens 2020 und 2035 Wachstum und Wohlstand spürbar schmälern III. Der Masterplan Cleantech – ein Paradefall von „Rent-Seeking“ und „Regulatory Capture“ IV. Schlussfolgerungen und Empfehlungen V. Anstelle eines Nachworts 2
I. Der schweizerische Ausstieg aus der Kernenergie 1. Steht im Kontrast und Konflikt mit internationalen Trends • Die Energiezukunft wird für sinnvolle Planungshorizonte (2035) fossil bleiben und einen steigenden Bedarf insbesondere an Elektrizität bedeuten. • 2050 ist kein sinnvoller Prognose- oder gar Planungshorizont, und schweizerische Alleingänge sind extrem riskant. • Der Fukushima bedingte Ausstieg beschränkt sich auf die Schweiz und Deutschland. • Die Kernenergie wird global weiter ausgebaut und ihren Anteil von knapp 10 % des Weltenergieverbrauchs halten. 3
I. Der schweizerische Ausstieg aus der Kernenergie 1. Steht im Kontrast und Konflikt mit internationalen Trends (ff) • Je dringender die Bremsung der globalen Erwärmung, desto grösser das zukünftige Gewicht der Kerntechnologie. • Die Marktanteile von Wasser und der neuen Erneuerbaren werden ebenfalls bei je knapp 10 % stagnieren bzw. auf dieses Niveau ansteigen. • Damit werden die neuen Erneuerbaren noch auf lange Zeit ein relativ schnell wachsende aber absolut eine kleine Nische bleiben. • Eine globale Energiewende ist nicht in Sicht. Und wenn sie eines Tages kommt, wird sie ganz anders verlaufen, als wir uns das heute vorstellen. 4
I. Der schweizerische Ausstieg aus der Kernenergie 2. Ist überhastet, unüberlegt und unbegründet aus rein emotionalen und wahl-opportunistischen Gründen erfolgt • Der an Seitenzahl reiche, aber inhaltlich dünne Bericht des BFE ist ein ad hoc Copy-Paste Dokument ohne nachvollziehbaren Berechnungen der Kosten-Nutzen-Relationen verschiedener Szenarien mit allen Alternativen. • Die berühmte ETH-Z-Studie ist wissenschaftlich skandalös, weil nicht nachprüfbar aufgrund von publizierten Quellen und dokumentierten Modellen. Es gibt vorläufig gar keine Studie im Sinne einer wissenschaftlichen Publikation. 5
I. Der schweizerische Ausstieg aus der Kernenergie 2. Ist überhastet, unüberlegt und unbegründet aus rein emotionalen und wahl-opportunistischen Gründen erfolgt (ff) • Die zahlreichen Einzel-Studien über positive Beschäftigungs- und Wachstumswirkungen vom subventionierten Aus- und Umstieg sind wissenschaftlicher Schrott und politische Propaganda der Profiteure der staatlichen Unterstützung. • Statt harter Fakten und nachvollziehbarer Analysen beherrschen Lügen, Wunschdenken, Durchhalteparolen und Illusionen die öffentliche Diskussion. 6
I. Der schweizerische Ausstieg aus der Kernenergie 3. Ist weder wissenschaftlich noch demokratisch abgestützt • 2000-Watt-Gesellschaft oder 1 to CO2-Ausstoss und Fussabdruck von 1 sind wissenschaftlich willkürliche und politisch utopische Konstrukte ohne gesellschaftliche Legitimität – und global gesehen erst noch wirkungslos. • Appelle an den politischen Willen und den Glauben an optimale Instrumente setzen einen wohlwollenden Diktator bzw. allwissenden Regulator/Planer voraus. • Hohe Energiekosten im Gefolge hoher Lenkungsabgaben und anderer Massnahmen mit „hoher Eingriffstiefe“ werden sich als unpopulär und undurchführbar erweisen oder sind mit hohen volkswirtschaftlichen Verlusten verbunden. 7
II. Die Stromlücke wird zwischen spätestens 2020 und 2035 Wachstum und Wohlstand spürbar schmälern. Sie ist keine übliche Nachfragelücke, sondern eine politisch erzwungene Angebotslimitierung (Rationierung). 8
II.2 Elektrizitätsverbrauch in der Schweiz 1950 bis 2005 und Szenarien für die weitere Entwicklung 2035/2050 10
II.3 Die Stromangebotsvarianten 1 und 2 und Deckungsbedarf der Politikvarianten «Weiter wie bisher» und «Neue Energiepolitik», hydrologisches Jahr in TWh Quelle: BFE (2011) 11
II.4 Erneuerbare Energien im derzeitigen Strommix Quelle: Axpo (2011) 12
II.5 Hypothetischer Deckungsbedarf im Jahr 2035 und maximaler Beitrag der erneuerbaren Energien 40.4 TWh 26.1TWh 79% ? 18TWh 68% 21% 32% Quelle: BFE (2011) und eigene Berechnungen 13
II.6 Hypothetischer Deckungsbedarf im Jahr 2050 und maximaler Beitrag der erneuerbaren Energien 48.8TWh 55% 24.4 TWh 3 TWh 11% 45% 89% Quelle: BFE (2011) und eigene Berechnungen 14
II.7 Deckung der Lücke 2035 (Szenario «weiter wie bisher»), Varianten «Fossil-zentral und Erneuerbar», «Fossil-dezentral und Erneuerbar» und «Erneuerbar» (BFE) Quelle: BFE (2011) und eigene Berechnungen 15
II.8 Deckung der Lücke 2050 (Szenario «weiter wie bisher»), Varianten «Fossil-zentral und Erneuerbar», «Fossil-dezentral und Erneuerbar» und «Erneuerbar» (BFE) Quelle: BFE (2011) und eigene Berechnungen 16
II.9 Entwicklung Photovoltaik gemäss BFE (2011) in GWh/Jahr 17
II.10 Entwicklung Windenergie gemäss BFE (2011) in GWh/Jahr 18
II.11 Stromversorgung mit Wind und Sonne an einem kalten und trüben Wintertag Quelle: Axpo (2011) 19
III. Der Masterplan Cleantech – ein Paradefall von „Rent-Seeking“ und „Regulatory Capture“ 1. Hohle Begriffe und schwammige Definitionen 2. Falsche Theorien und naive Planungsgläubigkeit • „Infant industries” und „national champions” schaffen den Durchbruch auf den Weltmärkten selten oder nie. • „Picking winners” ist unmöglich wegen fehlendem Wissen und „licking losers” unwahrscheinlich wegen fehlendem politischen Durchsetzungsvermögen. • Anmassung von Wissen über den Verlauf des technischen Fortschritts und Missachtung des Markts als Entdeckungsverfahren im Bereich der Technologieanwendung und Clusterbildung. 20
III. Der Masterplan Cleantech – ein Paradefall von „Rent-Seeking“ und „Regulatory Capture“ 3. Subventionsjäger-Latein und Lock-Ins in technologische Fehlentwicklungen und falsche Politikinstrumente • KEV setzt falsche Investitions-Anreize für viel zu lange Zeiträume und verhindert Korrekturen von Fehlinvestitionen. • à Verschwendung von Fördermitteln im grossen Stil (DE 81 Milliarden für Photovoltaik allein). • Vorschriften über den Technologie-Mix des Stromoutputs sind bezüglich der Fehlleitung von Investitionen und der Etablierung von Sonderinteressen noch schlimmer. 21
III. Der Masterplan Cleantech – ein Paradefall von „Rent-Seeking“ und „Regulatory Capture“ 3. Subventionsjäger-Latein und Lock-Ins in technologische Fehlentwicklungen und falsche Politikinstrumente (ff) • Zwangssparen bei Elektrizität führt zu hohen Komfortverlusten der Haushalte und Produktivitätseinbussen bzw. Kostensteigerungen der Wirtschaft. • Verbote wie z.B. von Glühlampen und Nutzungsregulierungen wie z.B. Minenergie-Standards schaffen neue Risiken wie Entsorgungsprobleme bei Sparlampen und Batterien oder Gesundheitsschäden bei Minergie- Standards. • Für schweizerische Alleingänge ist der Umgehungs- bzw. Ausweichanreiz gross. 22
IV. Schlussfolgerungen und Empfehlungen 1. Verbesserung der allgemeinen Rahmenbedingungen für den marktwirtschaftlich gesteuerten Innovationsprozess: Die Schweiz sollte bei ihrer bewährten Strategie bleiben und sich nicht von Wunschdenken oder Sonderinteressen blenden lassen. 2. Senkung der Steuern und von regulatorischen und administrativen Kosten und Hürden von Investitionen und Innovationen. 3. Diskussion und allenfalls Neudefinition der unausweichlichen Zielkonflikte im Bereich von Klima/Umwelt- und Energiepolitik (statt Geschwafel von „Paradigmenwechsel“). 23
IV. Schlussfolgerungen und Empfehlungen 4. Korrektur des Fehlentscheids von Bundesrat und Parlament durch Volksabstimmungen über Kernenergie-Ausstieg und Clean-Tech- Förderpolitik durch Referenden gegen die konkreten Massnahmen. 5. Entpolitisierung bzw. Privatisierung der staatlich beherrschten Netzbetreiber, Stromproduzenten und Stromverteiler, die den Stromkonsumenten und Steuerzahlern schon heute Milliardenverluste bescheren (Wertzerfall, Fehlinvestitionen, bürokratische Leerläufe) 24
Die Energiewende hat schon stattgefunden… • … aber sie basiert auf Schiefergas und Schieferöl • Diese technische Revolution erfolgte ohne wissenschaftlichen Durchbruch, sondern durch eine praxisnahe Weiterentwicklung der Bohrmethode («Fracking»). • Diese Entwicklung war privat und daher profitgetrieben, also nicht durch staatliche Subventionen gefördert (ausser durch einen tax-credit auf windfall profits) . 25
Die Prognose von Meadows/Meadows vor genau 40 Jahren «Die gesichteten Reserven der USA decken den Verbrauch auf gegenwärtiger Höhe kaum mehr als 15 Jahre – aber die Verbrauchsrate steigt ständig!» Reserven Neuentdeckungen Produktion Verhältnis (auch infolge Reserven/ Neuberechnungen) Produktion Jahr (in Mrd. Kubikmeter) (in Mrd. Kubikmeter) (in Mrd. Kubikmeter) (in Jahren) 1960 7427.5 393.6 368.2 20.2 1961 7540.8 487.0 379.4 19.9 1962 7710.7 552.2 385.1 20.0 1963 7821.1 515.4 410.6 19.0 1964 7965.5 574.8 433.2 18.4 1965 8112.8 603.1 461.6 17.6 1966 8192.1 572.0 495.5 16.5 1967 8294.0 617.3 521.0 15.9 1968 8135.4 387.9 549.3 14.8 1969 7792.8 240.7 586.2 13.3 26
Die Gasversorgung der USA 40 Jahre später Reserven Neuentdeckungen Produktion Verhältnis (auch infolge Reserven/ Neuberechnungen) Produktion Jahr (in Mrd. Kubikmeter) (in Mrd. Kubikmeter) (in Mrd. Kubikmeter) (in Jahren) 2003 16518.2 105.5 565.6 29.2 2004 16846.1 66.2 552.7 30.5 2005 17868.0 81.8 536.0 33.3 2006 18460.2 35.7 549.6 33.6 2007 21424.8 68.6 571.9 37.5 2008 22346.4 102.7 597.8 37.4 2009 25511.0 144.6 613.0 41.6 2010 29375.0 91.5 633.8 46.3 2011 32941.0 89.4 680.6 48.4 Quelle: US Energy Information Administration Gemäss Berechnungen des «Economist» liegt das Verhältnis von Reserven zu Produktion weltweit inzwischen bei 200 Jahren. 27
Photovoltaik und Windenergie in der Schweiz Der Take-Off ab 2010 Produktion 2010 Produktion 2012 (in TWh) (in TWh) Faktor Photovoltaik 0.09 0.32 Vervierfachung Windenergie 0.04 0.09 Verdopplung Vergleich: Beznau I 2.63 2.68 Beznau II 2.83 2.77 Mühleberg 2.98 2.99 TOTAL 8.44 8.45 Quelle: Elektrizitätsstatistik 2012 28
Photovoltaik und Windenergie in der Schweiz Anteil von Photovoltaik und Windenergie an der gesamten Stromerzeugung 2012 2035 2050 Photovoltaik 0.47% 6.56% 14.95% Windenergie 0.13% 2.60% 5.73% Kernenergie (alle KKWs) 35.79% 0.00% 0.00% Quelle: Elektrizitätsstatistik 2012, Energieperspektiven 2050 (Variante C&E) 29
Energie-Effizienz und Stromnachfrage • Das Jevons Paradox und der Rebound-Effekt • Technologische versus ökonomische Sparpotenziale • Die weltweite Endnachfrage nach Energie wird daher unter jedem Szenario steigen, selbst bei «neuer» Energiepolitik um 40 statt 50 % bis 2035 • Zitat Dieter Helm: «the energy efficiency role…..is based on two flawed arguments: that energy efficiency will substantially reduce general energy demand; and that there are lots of projects with positive returns.» 30
«The cost del sol» «… as Spain shows, good intentions are not enough if the policies are wrong» → the benefits are wasted → the jobs disappear → the costs remain → business investors bear the brunt 31
Kosten verschiedener Erzeugungstechnologien (in Euro pro MWh) in Frankreich Quelle: Le Figaro (26.07.2013) 32
Anteil aller erneuerbaren Energien in Frankreich (in %) 35 30 25 20 2010 2011 15 Zielgrösse bis 2020 10 5 0 Elektrizität Wärme Transport Total Quelle: Le Figaro (26.07.2013) 33
Das leuchtende Beispiel Deutschland ? → bis zum Jahr 2011 bereits 50 Mrd. Euro Kosten für erneuerbare Energien. Das RWI schätzt die zukünftigen Kosten durch bereits heute installierte PV-Anlagen auf rund 100 Mrd. Euro. 34
Anzahl der „Eingreif- und Gefährdungstage“ mit Massnahmen nach EnWG Text Quelle: Vattenfall, ‚Braunkohlenverstromung in der Energiewende‘, 50Hertz (Stand 03/2013) 35
Installierte Leistung und Stromerzeugung Text Quelle: Vattenfall, ‚Braunkohlenverstromung in der Energiewende‘, AG Energiebilanzen, Stand 02/2013; Bundesnetzagentur Stand 12/2012 (vorläufig) 36
Was habe ich als politischer Ökonom in den letzten zwei Jahren dazu gelernt? 1. Der technische Fortschritt beruht längst nicht immer auf neuen Forschungsergebnissen an der vordersten Front, sondern auf neuen (unspektakulären) aber gewinnversprechenden Anwendungen durch Unternehmen. Paradebeispiel ist das Schiefergas, das bereits 1982 geologisch nachgewiesen werden konnte. 2. Langfristige Prognosen zur Energiewende sind weder möglich, noch sinnvoll. Es wird neue positive und negative Überraschungen geben. Aus diesem Grund ist auch der definitive Verzicht auf eine bestimmte Technologie völlig falsch. 3. Es ist ebenso verfehlt, auf Jahrzehnte hinaus Produktionsanteile vorzuschreiben und entsprechend zu subventionieren. Diese führen mit Sicherheit einerseits zu Fehlinvestitionen und andererseits zum «Lock-in» von Sonderinteressen. 37
Was habe ich als politischer Ökonom in den letzten zwei Jahren dazu gelernt? 4. Klimapolitisch steht die Schweiz schon heute sehr gut da. Die Elektrizitätsproduktion ist praktisch CO2-frei. In den USA wird die Substitution von Kohle durch Erdgas den CO2-Aussstoss massiv reduzieren, in Deutschland führt der Ausstieg aus der Kernenergie zu einer Erhöhung. Was wir in der Schweiz tun oder nicht tun verschiebt den Temperaturanstieg um 2°Celsius bis 2100 um ein paar Tage. 5. Statt staatlicher «Planungssicherheit» im Rahmen einer durchregulierten bzw. verstaatlichten Energiepolitik mit riesigen volkswirtschaftlichen Kosten brauchen wir möglichst marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen mit neutralen Anreizen für Konsumenten und Investoren. Die KEV ist so ziemlich das denkbar schlechteste Instrument 38
Was habe ich als politischer Ökonom in den letzten zwei Jahren dazu gelernt? 6. Das Schweizerische politische System scheint seine innere Stabilität und äussere Ruhe zu verlieren. Statt langsam und ausgewogen reagieren Bundesrat und Parlament hektisch und sprunghaft. Wir stimmen nächstens darüber ab, welche Produkte wir in Tankstellenshops in der Nacht kaufen dürfen. Aber die Energiewende wurde uns ohne Not oder Zeitdruck von einer Koalition aus opportunistischen Politikern, planwirtschaftlich programmierten Bürokraten, gewieften Lobbyisten und sozialromantisch verklärten Idealisten vorerst von oben verordnet. Aber lange vor 2050 werden uns die ökonomischen und technologischen Realitäten eingeholt haben. Die naive Verblendung von gestern und heute bewirkt aber eine schwerwiegende Verschwendung für morgen und übermorgen. 39
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