Entdisziplinierung und Negation des Wissens: die Archäologie der Moderne

 
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Entdisziplinierung und Negation des Wissens:
                                                                    die Archäologie der Moderne

                                                                                               Reinhard Bernbeck & Susan Pollock

Zusammenfassung – Unser Beitrag nimmt zuerst die historische Entwicklung der Archäologie allgemein in den Blick und zeichnet
kurz nach, dass Archäologie seit ihren Anfängen ein chronologisch und chorologisch expansives Feld ist. Eine Betrachtung dieser Ge-
schichte macht deutlich, dass Archäologie kein ökonomisches Nullsummenspiel ist, in dem die Hinzufügung eines Aspektes auf Kosten
eines anderen geht. In einem zweiten Teil zeigen wir auf, warum eine Archäologie der Moderne, obwohl sie nur einen chronologisch
minimalen Teil menschlicher Geschichte dem Feld ‚Archäologie‘ hinzufügt, tiefgreifende, bisher unzureichend gestellte Fragen aufwirft,
die das gesamte von der Archäologie beackerte Feld betreffen. Es geht dabei nicht um kataloghaft aufgelistete Objektkategorien oder
Befunde, sondern um Grundsatzfragen wie das Verhältnis zwischen Form und Inhalt archäologischer Diskurse sowie um die Bedeutung
von ‚Wissenschaftlichkeit‘.

Schlüsselwörter – Archäologie; Archäologie der Moderne; Historische Archäologie; Disziplinarität; Wissensgeschichte; Standpunkt-The-
orie; NS-Zeit; DGUF Tagung 2020

Title – Un-Disciplinizing and the Negativity of Knowledge: The Archaeology of Modernity

Abstract – Our contribution looks first at the historical development of archaeology in general and briefly shows that it has been a chrono-
logically and chorologically expansive field since its inception. A consideration of this history makes clear that archaeology is not a zero-
sum economic game in which the addition of one aspect is at the expense of another. In the second part of the paper, we show why an
archaeology of modernity, although it only adds a chronologically minimal part of human history to the field of archaeology, raises profound
and up to now inadequately posed questions that affect the entire field of archaeology. These are not about object categories or finds
organized in catalogs, but about fundamental matters such as the relationship between form and content of archaeological discourses and
the meaning of working ‚scientifically‘.

Key words – archaeology; historical archaeology; contemporary archaeology; disciplinarity; history of knowledge; standpoint theory; Nazi
period; DGUF conference 2020

Zur Expansionsgeschichte der Archäologie                                 aus auch mit der Zukunft auseinander (Harrison
                                                                         et al., 2020). International hat sich die Archäologie
Archäologie ist ein imperialistisches Geschäft, was                      längst von einer Wissenschaft der tiefen Vergan-
Raum und Zeit angeht. Sie hat sich aus dem engen                         genheit, die quasi der Geschichte mangels anderer
Rahmen der Untersuchung römisch-griechischer                             Mittel vorgeschaltet ist oder ihr als Hilfswissen-
Kunstwerke im Zeitalter Winckelmanns emanzi-                             schaft dient, zu einer intellektuellen Beschäftigung
piert. Sie hat sich ebenfalls vom Interesse an Stein-                    mit dem Phänomen der Materialität gewandelt.
gerät- bzw. Bronzefunden für Zeithorizonte ohne                          Um dies zu verstehen, genügt ein Blick in die
Schrift gelöst, das in Frankreich und Skandinavien                       Werke, die im Umkreis der Material Culture-Stu-
zur Fachherkunft gehört. Mittlerweile agiert die                         dien am University College in London entstehen.
Archäologie global. Abgesehen von Erdteilen wie                          Auch in vielen anderen anglofonen Kontexten und
dem Südpol gibt es wohl kaum Regionen, in de-                            darüber hinaus definiert sich Archäologie mittler-
nen das Fach nicht aktiv ist. Selbst unter Wasser                        weile durch das Interesse an Materialität (s. Miller,
findet Archäologie ein reiches Betätigungsfeld.                          2005; Olsen, 2010; Pétursdottír, 2012; González-
    Parallel zu dieser räumlichen Expansion lässt                        Ruibal, 2013). ‚Altertumswissenschaft‘ erfasst da-
sich auch eine zeitliche identifizieren. Hier sind                       her den Kern der Archäologie nicht mehr.
allerdings absolute Grenzen sehr viel deutlicher.
Denn die Menschwerdung, derzeit auf ein Alter
von etwa 3,4 Mio. Jahren vor heute eingeschätzt,                         Historische Transformationen des Fachs
setzt der Archäologie chronologisch einen, wenn                          Archäologie
auch vagen Anfangspunkt. Die Gegenwart liefert
ein immer weiter fortschreitendes Ende. Selbst für                       Wissenschaftsgeschichtlich hat sich das raumzeit-
diese Zeitdimension muss man allerdings vorsich-                         lich definierte Betätigungsfeld dieser Disziplin
tig sein, denn die Projekte der Heritage Futures                         al­so nicht nur erweitert, sondern hierdurch auch
setzen sich von einem archäologischen Standpunkt                         verschoben. Das wird auch leicht einsichtig, wenn

Eingereicht: 1. Nov. 2020                                                               Archäologische Informationen 43, 2020, 45-56
angenommen: 29. Nov. 2020                                                                                                  CC BY 4.0
online publiziert: 16. Dez. 2020                                    45                      DGUF-Tagung 2020: Archäologie der Moderne
                                                                                         DGUF-Tagung 2020: Archäologie der Moderne
Reinhard Bernbeck & Susan Pollock

man nur die Anfänge bis zum Ende des 19. Jahr-              dass die nicht-westliche Welt von den damals
hunderts betrachtet. War für Winckelmann die                Mächtigen dort, wo sie eine substanzielle archäo­
Archäologie als Kunstwissenschaft noch eine der             logische Vergangenheit vorfanden, als danach
wichtigsten Inspirationsquellen für die von ihm als         absterbend und heruntergekommen konstruiert
medioker empfundene Kunst seiner Epoche – und               wurde (Spengler, 1918/22; Toynbee, 1946).
damit eine von genealogischen Erwägungen kom-                   Komplexere Verhältnisse stellen wir speziell
plett unabhängig konzeptualisierte Wissenschaft -,          für die Region Palästina fest. Hier war die erste
so wurde sie von Kossinna und anderen zu einem              Archäologie, soweit sie diesen Namen verdient,
ethno-nationalen Unterfangen umgestaltet, dessen            getrieben vom Interesse an den Orten der Bibel.
höchstes Ziel es war, ein imaginiertes nationales           Es öffnete sich ein Feld, in dem auf lange Zeit (und
Kollektiv möglichst weit in die Vergangenheit               manchmal bis heute) eine Archäotheologie (‚Bib­
hinein zurückzuverfolgen. Diese Verschränkung               lische Archäologie‘) betrieben wird (Silberman,
von biologischer Deszendenz und Materialität war            1982), deren Suche in der Bestätigung mythischer
zu seiner Zeit weit verbreitet und führte zu einer          Erzählungen besteht, nicht unähnlich der kaum
grundsätzlich chauvinistisch-rassistischen Wissen-          späteren Suche nach Troja durch Schliemann und
schaft, die sich bis heute von diesen Inhalten nicht        der rezenten nach dem Ramayana in Ayodhya in
völlig hat lösen können. Die derzeitigen Debatten           Indien (Bernbeck & Pollock, 2004).
um aDNA-Analysen führen vor Augen, wie sehr                     Wir finden jedenfalls mit jedem neuen Feld in
normative Interpretationen materieller Kultur               der Archäologie hinzukommende Interessenla-
immer noch oder wieder an genetische Forschun-              gen, die sich von vorher vorhandenen unterschei-
gen schlicht angehängt werden können, obwohl                den. Eines aber eint diese entstehenden Sparten
die archäologische Evidenz zu Differenzierung               des Archäologischen: Man war keinesfalls darauf
mahnt (kritisch: Heyd, 2017; Burmeister, 2019). Es          aus, ‚Primitivität‘ archäologisch zu untersuchen,
geht dabei auch um Grundsätzlicheres als die In-            wie es die ethnologischen und geographischen
halte: Dendritische Konzepte sollten, das ist schon         Wissenschaften im Dienst des Kolonialismus
seit David Clarkes Analytical Archaeology (1968)            taten. Das Ziel war vielmehr, den vermeintlich
überdeutlich geworden, im kulturellen Bereich der           rettungslosen Verfall der extraeuropäischen An-
Langzeit-Geschichte durch anastomosische oder               deren nicht allein durch die Charakteristika ihrer
rhizomatische Modelle ersetzt werden.                       eigenen Kultur, Sprache und politischen Systeme
    Ausgeweitet wurde das Feld der Archäologie              nachzuweisen, sondern diese konstruierte Dif-
auch durch kolonialistische Feldzüge. Einer der             ferenz zu verschärfen und zu steigern durch ei-
ersten war Napoleons kurze Annektierung Ägyp-               nen Spiegel ihrer grandiosen Vergangenheit, die
tens, geplant als militärisch-kultureller Schlag            sie noch nicht einmal selbst ergründen konnten.
gegen England und dessen Interesse an offenen               Letzteres blieb der westlichen Wissenschaft und
Wegen zum indischen Subkontinent. Der militä-               ihrem dafür entwickelten, differenzierten Instru-
rische Misserfolg bleib weit weniger im kollek-             mentarium vorbehalten (Trigger, 1984).
tiven Gedächtnis verhaftet als die 23-bändige De-               Dieser Vorspann hat vor allem ein Ziel: zu ver-
scription de l’Égypte, die dem Unternehmen auch             deutlichen, wie stark Archäologien jeder Art von
nachträglich Legitimität verschaffte. Die Untersu-          zeitgeschichtlichen Interessen und Positionen ab-
chungen an den monumentalen Pyramiden und                   hängig waren und sind, allen objektivistischen
die Auffindung des Steins von Rosette machten               Klassifikationen und Typologien zum Trotz. Im
schon damals Furore. Der Besitz fremder Historie            Gegenzug sehen wir in den 1960er-Jahren gerade
schien bereits ein ‚Naturrecht‘ der europäischen            in den USA eine konsequente Bemühung, durch
Mächte zu sein. In dieser formativen Epoche der             Berufung auf den logischen Empirismus von Carl
Archäologie dünkten sich die europäischen Na­               Hempel und Rudolf Carnap ein für alle Mal ein
tio­nen einem vage wahrgenommenen ‚Orient‘ ge-              quasi-mathematisches Fundament für archäolo-
genüber als kulturell überlegen, gestanden aber             gisches Argumentieren zu erschließen (Watson
den antiken Monumenten dieser ‚Anderen‘ eine                et al., 1971; s. dazu Hempel, 1965; Novick, 1988).
gewisse Größe zu. Es ging letztlich darum, eine             In Deutschland, wo dies – aufgrund der starken
entwicklungsgeschichtliche Gleichzeitigkeit zu-             Verwicklung der archäologischen Fächer in die
rückzuweisen. Man sah sich selbst auf einer Bahn            Nazi-Ideologie – in den unbedingten Willen zu
des stetigen Fortschritts, während die Historie             einer kompletten Entpolitisierung archäologischer
der ‚Anderen‘ in eine biologische Metapher ein-             Diskurse gepasst hätte, war man der Theorie al-
gepasst wurde, die Aufblühen, Größe und Deka-               lerdings grundsätzlich so stark abhold, dass noch
denz als Hauptstadien enthielt. Es wundert nicht,           nicht einmal eine Theorie der Entpolitisierung des

DGUF-Tagung 2020: Archäologie der Moderne              46
Entdisziplinierung und Negation des Wissens: Die Archäologie der Moderne

Archäologischen eine Chance hatte: Die ‚new‘ oder          den und Erforschtem Gedanken zu machen. Zum
‚processual archaeology‘ wurde oftmals als ‚ideo-          ersten Mal geschah dies in konsequenter Weise in
logisch‘ komplett missverstanden (Miera, 2019).            der marxistischen Archäologie, die den Klassen-
    Jede einigermaßen gründliche Beschäftigung             standpunkt der Forschenden als relevant erachte-
mit wissenschaftlicher Praxis muss eigentlich zu           te (McGuire, 1992; zum Hintergrund s. Althusser,
dem Schluss kommen, dass nicht nur die Sozial-             1971). Diese Einsicht, gepaart mit Friedrich Engels’
und Kulturwissenschaften, sondern auch die gro-            (1884) bis heute erstaunlich hellsichtigem Buch
ßenteils auf instrumenteller Logik aufbauenden             Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und
Naturwissenschaften immer schon ideologisch                des Staats, ließ theoretisch zumindest die Möglich-
sind (Habermas, 1968). Es gibt keinen ideologie-           keit offen, einen anderen Standpunkt überhaupt
freien akademischen Elfenbeinturm, so sehr wir             einzunehmen. Unter Stalin oder auch in der DDR
uns das in Zeiten von „fake news“ und „alternati-          wurden solche anderen Standpunkte allerdings
ve facts“ auch wünschen mögen. Die Suche nach              mehr oder weniger radikal unter­drückt, so dass
einer objektiven Archäologie ist zum Scheitern             dann auch eine angeblich ‚objektive‘, in Wahrheit
verurteilt.                                                extrem dogmatische Wissenschaft durch Unter-
                                                           drückung ‚bürgerlicher‘ und anderer Standpunkte
                                                           entstehen konnte (Klejn, 2012).
Relationalität und Standpunkt-Theorie in der                   Standpunkt-Theorie wird heute nicht aus die-
Archäologie                                                sen historischen Gründen weniger mit marxisti-
                                                           scher als mit feministischer Theorie verbunden,
Archäologische Projekte zeichnen sich dadurch              besonders seit Sandra Hardings meisterhafter
aus, dass sie stoffliche Hinterlassenschaften un-          Kritik an ‚neutraler‘ Wissenschaft, deren poli-
tersuchen, in der Regel Überreste aus der Vergan-          tische Dimension sie nachweist (Harding, 1991,
genheit. Grundsätzlich macht dies aus der Archä-           138-163). Ein jeweiliges Paradigma, unter dem
ologie eine komplexe relationale Wissenschaft.             wir arbeiten, kann nach Harding völlig unreflek-
Denn sie produziert ein Dreieck aus Verhältnis-            tiert in die eigene Arbeit einfließen. Unproblema-
sen: (1) zwischen vergangenen menschlichen Sub-            tisierbare Hintergrundüberzeugungen, entstan-
jekten und den von ihnen kreierten oder sie umge-          den aus Alltagspraxis, determinieren aber nicht
benden Objekten; (2) zwischen den vergangenen              erforschtes Wissen, sondern sie ermöglichen
Subjekten und uns als Forschenden; (3) als imagi-          und limitieren den Bereich möglichen Wissens
niert diachrone, faktisch aber synchrone Relation          (Harding, 1993, 341). Das Anerkennen dieses
zwischen uns heute und den Objekten vergange-              Mechanismus macht Forschungsergebnisse in-
ner Gesellschaften. Jedes dieser Verhältnisse hat          sofern weniger falsch, weil sie einen geringeren
seine eigene Geschichte, Präferenzen und Mecha-            Wahrheitsanspruch hegen als traditionelle An-
nismen, nach denen es strukturiert ist. Die imagi-         sätze, deren Grundstruktur Harding mit „might
niert-diachrone Relation zwischen uns heute und            makes right“ attackiert. Nicht der reine Zuwachs
vergangener Objektwelt ist und bleibt im Fokus             an faktischem Wissen im althergebrachten, un-
der Archäologien. Gegenständliches wird im be-             reflektierten epistemischen Rahmen treibt die
ruflichen Alltag unproblematisch-naiv als objek-           archäologische Wissenschaft also voran, sondern
tiv zugänglich aufgefasst. Wo dies nicht der Fall          vor allem die Dynamik der Gegenwart, in deren
ist, wird das Verhältnis zur ehemaligen Gegen-             Bedingungen das Fach praktiziert wird. Es ist lei-
standswelt stillgestellt durch methodische Überle-         der so, dass im deutschen Sprachraum der Frage
gungen. Dagegen wird die Relation zwischen ver-            nach wissenschaftlicher Positionalität nur unzu-
gangenen Subjekten und deren Umgebung den                  reichendes Gewicht zugemessen wird.
hermeneutischen Zweigen der Archäologie über-                  Aus den obigen Bemerkungen resultiert für
lassen. Die Relation zwischen vergangenen und              uns als erste Frage an eine Archäologie der Mo-
heutigen Subjekten wird in der Regel schlicht als          derne, aus welchen Positionen heraus sie betrie-
nicht-existent aufgefasst, wiewohl sie in der fach-        ben werden kann oder sollte. Unter den Sparten,
lichen Imagination immer mitschwingt und zu                die schon etwas länger existieren, gibt es etwa die
einer impliziten Positionalisierung führt, wie wir         Industrie-Archäologie. Während diese in den USA
mehrfach in unterschiedlichen Beiträgen betont             einen ausgesprochen kapitalismus-kritischen An-
haben (Bernbeck & Pollock, 2002; Pollock, 2016).           satz hat (Hardesty, 1994; Saitta, 2007; Silberman,
    Es ist mithin dauernd notwendig, sich über die         2007; McGuire, 2008) und damit neben dem Ma-
Relationalität der archäologischen Praxis, insbe-          teriellen auch ökonomische und soziale Zusam-
sondere aber das Verhältnis zwischen Forschen-             menhänge in ihre Narrative einbezieht, ist der

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Reinhard Bernbeck & Susan Pollock

Antrieb in Europa primär die Obsoleszenz tech-             Überreste sowie heiliger Objekte zählen (für die
nischer Verfahren – vor allem im Bergbau und der           USA: Watkins, 2004; Silliman, 2005; für Südame-
Stahlherstellung (Linse, 1986; Slotta, 1982). Tech-        rika: Funari & Orser, 2015; Funari & Senatore,
nische Anlagen, die nicht mehr funktionieren,              2015).
faszinieren dadurch, dass das praktische Wissen                Was nun eine Archäologie der Moderne in
um ihren Betrieb verloren ist. Praktische Entfrem-         Europa angeht, so benennt Laurent Olivier sein
dung, nicht die Kritik am Entstehen eines globalen         grundlegendes Werk Le sombre abîme du temps
wirtschaftlichen Ausbeutungssystems, in dem wir            (2008). Claudia Theune (2014) betitelt ihre Syn-
selbst verankert sind, macht die Attraktivität der         these mit Tatorte des 20. Jahrhunderts. Offensicht-
Industrie-Archäologie hierzulande aus.                     lich handelt es sich in der archäologischen Rück-
    Vielleicht liegen die auffallenden Unterschiede        schau auf die rezente Moderne in Europa nicht
auch im fast ängstlichen Aufrechterhalten diszi-           um das freudvollste Zeitalter, auch wenn immer
plinärer Mauern. Vergleicht man das U.S.-ame-              wieder gesagt wird, der Alltag habe auch zur Mo-
rikanische mit dem deutschen akademischen                  derne gehört und müsse untersucht werden. Es
System, so fällt die extrem ausgebildete Selbstbe-         ist eventuell sinnvoll, mit Claus Leggewie (2011)
grenzung auf, von der Disziplinen hierzulande              einmal zu bedenken, ob nicht die Blutbäder, die
leben. Die ‚Historical Archaeology‘ in den U.S.A.          europäische und insbesondere deutsche Regime
kennt keine ‚Höhe Null‘, sondern untersucht auch           samt ihren Bevölkerungen in der Moderne ange-
Gebäude; sie nimmt Anregungen aus Philosophie,             richtet haben, das einigende Band des Kontinents
Kulturanthropologie und vielen anderen wissen-             darstellen, vom Holocaust über die sowjetischen
schaftlichen Richtungen auf und macht sich stark           Lager bis zum Kolonialismus und der Sklaverei,
für explizit politische Forschungsfragestellungen          Vertreibungen und Zwangsarbeit. Dies bedeutet
(Watkins, 2004; Silliman, 2005). Deren Ursprung            eine ungewöhnliche, weil notwendig selbstkri-
muss im Übrigen nicht unbedingt in den Wissen-             tische Positionierung gegenüber der als ‚eigen‘
schaften selbst liegen (McGuire, 2008). Dazu zählt         empfundenen Vergangenheit. Dieser Standpunkt
auch eine Befreiung von kulturhistorischen Fes-            sieht zuallererst ab von einer Langzeitgeschichte
seln. Für eine große Synthese muss sicher viel Zeit        der ‚Zivilisation‘ oder gar der ‚Zivilisierung‘ der
investiert werden, doch warum soll eine ‚west­             Welt, und wendet sich dem zu, was Dan Diner
asiatische Archäologin‘ nicht eine Ausgrabung in           (1988) treffend den Zivilisationsbruch genannt
Brandenburg leiten? Mit fortschreitenden sozialen          hat: der Holocaust entzieht sich in seiner maß-
und intellektuellen Verhältnissen verändern sich           losen Unmenschlichkeit jeder Einordnungsmög-
naturgemäß Interessenlagen. Ganze akademische              lichkeit in traditionelle historische Kategorien.
Fächer mögen sich auflösen. Oder sie sind nie zu           Die Nazi-Zeit war keine ‚Epoche wie jede ande-
solchen geworden, wie etwa die Apodemik des                re‘. Nach dieser fundamentalen Erfahrung des
19. Jahrhunderts, gedacht als die Wissenschaft des         Verlassens der Sphäre des Humanen gibt es keine
Reisens. Andere werden plötzlich einflussreich,            Rückkehr zur Normalität, der lebensweltlichen
wie etwa die Vergleichende Literaturwissenschaft           oder gar der historiographischen. Darin hat auch
in den 1980er-Jahren. Mangelnde Offenheit ande-            eine archäologische Erforschung des National-
ren Disziplinen gegenüber und ein Hang zur Ka-             sozialismus ihre eminente Bedeutung. Sie muss
nonisierung zeichnen unseres Erachtens viele As-           gegen eine Historisierung, gegen das intellektu-
pekte der deutschen Wissenschaftslandschaft aus,           elle Streben nach einem endgültigen Erfassen der
so dass internationale Diskussionen zumindest              Prozesse einer Epoche praktiziert werden (s. u.).
in den Archäologien oft mehrere Jahre später als               Wir verstehen diese Lagebestimmung nicht
anderswo auch in Deutschland langsam wahrge-               als eine Ansicht, die alle unbedingt mit uns teilen
nommen werden.                                             sollten. Wir sprechen uns offen für einen Stand-
    Insgesamt sind die Kontexte, in denen eine Ar-         punkt aus, der die Archäologie der Moderne aus
chäologie der Moderne betrieben wird, weltweit             einer historiographischen Problematik heraus ent-
deutlich unterschiedlich gelagert. Das liegt an der        wickelt, die als einen Kern den Holocaust und das
Geschichte einzelner Regionen selbst. So gibt es           Nazi-System hat. Wenn das dystopisch erscheint,
in den USA und in Südamerika eine ‚Contact Ar-             dann ist dies auch so gemeint: Die Nazi-Dikta-
chaeology‘, deren Erkenntnisziel die komplexen,            tur war zweifelsohne das dunkelste Kapitel der
meist gewaltsamen Relationen zwischen Native               menschlichen Geschichte. Wie oben dargelegt, ist
Americans und europäischen Zuwanderern ist,                solch ein Standpunkt partikular, doch gilt das auch
wozu die brutale Vertreibung der ursprünglichen            für alle anderen Positionen, aus denen heraus eine
Bevölkerung und das Aneignen körperlicher                  solche Archäologie betrieben wird. Wenn wir nicht

DGUF-Tagung 2020: Archäologie der Moderne             48
Entdisziplinierung und Negation des Wissens: Die Archäologie der Moderne

beanspruchen, eine allgemeingültige Programma-               rücksichtigung obiger Standpunkt-Fragen wären
tik zu entwickeln, dann nur, weil wir der Meinung            die theoretischen Überlegungen allerdings weiter
sind, diese müsse sich – wenn überhaupt – aus Dis-           zu führen. Denn der Disput zeigt auf, dass Posi­
puten entwickeln, aus denen sich ein Diskursfeld             tionalität nicht nur die Gegenwart betrifft, son-
mit Spannungen und Kontroversen formiert.                    dern auch vergangene Verhältnisse, in denen
    Betrachtet man die Moderne insgesamt, ohne               Menschen im praktischen Leben unterschiedlich
sich auf eingrenzende Definitionsfragen des ‚rich-           verortet waren. Auf Nazi-Lager als Nicht-Orte
tigen‘ Zeitraums für diesen Begriff einzulassen, so          angewandt, wäre eine Positionierung wie die Mo-
ist das Interessante an dem entstehenden neuen               shenskas ethisch wohl nur schwer aufzubauen,
wissenschaftlichen Feld genau diese Offenheit, das           wenn das ‚intuitive understanding‘ auf die SS-
Undisziplinierte, das mit einer solchen Situation            Wachen in KZs und sonstige Schergen angewandt
einhergeht. Systematiken werden uns früh genug               würde. Aus ganz anderen Gründen undenkbar ist
einrahmen, zunächst sollten wir in alle Richtungen           die Beschreibung solcher Nicht-Orte als ‚apprecia-
explorieren und ausprobieren, wie Untersu-                   tion‘ der Details durch die dort längerfristig leben-
chungen am besten aufgesetzt werden, bevor wir               den Insassen. Wir kommen wohl nicht aus ohne
uns an ein traditionelles Paradigma wie das der              eine weitere Differenzierung von Nicht-Orten und
Prähistorie oder einer anderen Archäologie anhän-            ein Nachdenken über den Prozess der ‚Lagerisie-
gen. Je kontroverser die Diskurse, desto freier und          rung‘ als eine faschistische Ubiquisierung dieses
kreativer kann diese Phase des Suchens sein.                 Phänomens (Kamiński, 1982; Bauman, 1994).
    In einem zweiten Teil unserer Überlegungen                   Woher kommt das derzeitige Interesse an
wollen wir auf fünf Punkte eingehen, die aus den             Nicht-Orten der rezenten Vergangenheit? In
obigen Standpunktüberlegungen abgeleitet sind                Deutschland existiert im Gedenkstätten-Umkreis,
und für eine Spezifik der Archäologie der Moder-             weniger in der Archäologie, eine empirische Aus-
ne sprechen. Mit Konsequenzen: derartige, neu                einandersetzung mit den tieferen Gründen, die
aufkommende Fragen an das Verhältnis zwischen                menschliche Verhältnisse zu Orten produzierten
Materialität und Geschichte können (mehr oder                und produzieren (z. B. Siebeck, 2013; zum Hinter-
weniger modifiziert) auf frühere urgeschichtliche            grund Assmann & Brauer, 2011; Giesecke & Wel-
Zeiten ausgedehnt werden.                                    zer, 2012). Beim größeren Publikum mag man
                                                             sich fragen, wieweit eine morbide Faszination am
                                                             Unglück Anderer Besuche in Auschwitz, Treblin-
Fünf Aspekte einer Archäologie der Moderne                   ka oder Bergen-Belsen antreibt (Cole, 1999; s. a.
                                                             Seaton, 1996; Foley & Lennon, 1997). Oder wird
Orte und Nicht-Orte                                          Trost im Angesicht der eigenen Entfremdungser-
Grabungen an Orten der Moderne konzentrieren                 fahrungen gesucht, die das gegenwärtige Leben
sich bislang auf das, was Marc Augé (1991) einst             dominieren? Die Rolle der Archäologie als Pra-
als Nicht-Orte apostrophierte. Für ihn sind dies             xis-gebundene Lieferantin von Erkenntnissen zu
Stellen, die nicht zum Verweilen einladen und                Nicht-Orten ist hier noch lange nicht gefunden.
doch ein Verweilen erzwingen, wie etwa Flug-
häfen, Krankenhäuser, Autobahnraststätten oder               Begreifen und Sprachlosigkeit
Fabriken. Dazu gehören jedoch auch Orte extre-               Jede Archäologie des 20. Jahrhunderts arbeitet
mer Ausbeutung, insbesondere die Zehntausende                mit begrifflich aufgeladenen Diskursen, deren
von Lagern aus der NS-Zeit, von Kriegsgefange-               politischer Status unbestritten ist. Erinnerungsdis-
nen- über Zwangsarbeitslager bis hin zu Konzen-              kurse, die Aleida Assmann überzeugend analy-
trationslagern (Megargee, 2013). González-Ruibal             siert (2013), sind auch in der Archäologie relevant.
(2008) sieht in Augés Arbeiten einen Anker für               Wie kommt es, dass man sich bei der Formulie-
die Archäologie der Moderne im Allgemeinen, da               rung „die zwei deutschen Diktaturen“ nicht sofort
sich an Nicht-Orten die fundamentale Entfrem-                auflehnt? Ist nicht die Gleichsetzung eines Re-
dung des Menschen von seiner Lebenswelt zeige.               gimes, das allein sechs Millionen Mitbürger auf-
González-Ruibal wurde für sein Entfremdungsar-               grund ihrer schieren Herkunft tötete, mit einem
gument als einseitig, wenn nicht gar naiv kritisiert,        primär bürokratischen Unrechtsregime der Folge-
da Entfremdung an Flughäfen und ähnlichen Or-                zeit eine Ungeheuerlichkeit (Morsch, 2007)? Wieso
ten nur privilegierte Nutzer, nicht aber die dort            akzeptieren wir mediale Alltagsformulierungen,
Arbeitenden beträfe, die durchaus ein „intuitive             etwa eine im Bayrischen Rundfunk gesendete
understanding and appreciation of the space“ entwi-          „deutsch-jüdische Liebesgeschichte“, also ob Deutsch-
ckeln könnten (Moshenska, 2016, 25). Unter Be-               Sein und Jüdisch-Sein zwei getrennte, inkompa­

                                                        49                  DGUF-Tagung 2020: Archäologie der Moderne
Reinhard Bernbeck & Susan Pollock

tible Positionen sind?1 Das sprachlich-begriffliche         talität des Kolonialismus, des Ersten Weltkriegs
Unterscheidungsvermögen hat eine fundamentale               und den erheblich blutigeren Zweiten Weltkrieg
politische Dimension. Bei einer Ausgrabung im               und erst recht den Holocaust zu einem geschicht-
September 2020 bekamen wir dies direkt vor Au-              lichen Block verbinden (Horn, 2014). Es ist eine
gen geführt. Wir erforschten in Wustrau bei Berlin          Erinnerungsgeschichte, die sich deutlich von dem
einen in Nazi-Terminologie als ‚Schulungslager‘             traditionellen versachlichten Diskurs der histo-
bezeichneten Ort für sowjetische Kriegsgefangene            risch-archäologischen Wissenschaften absetzt. Mit
des NS-Ostministeriums. Das Lager war nichts an-            dem Erinnern engstens verbunden ist immer das
deres als eine gewaltsame Indoktrinierungsanstalt           Vergessen und mehr noch das Verdrängen. Hier
und keine Schulungsinstitution – schließlich gab es         kann nicht auf die vielen Aspekte des kollektiven
nur die Alternative Tod oder das ‚Sich-Umdrehen-            Erinnerns und Vergessens eingegangen werden.
Lassen‘. Berücksichtigt man diese Zusammenhän-              Wir verweisen jedoch auf die grundlegende Ar-
ge und nimmt die Problematik der Sprache ernst,             beit von Maurice Halbwachs (1992), der selbst im
zeigt sich auch der politische Abgrund, an dem              Konzentrationslager Buchenwald sein Leben ließ.
jede sprachbasierte Systematik neuzeitlicher Din-           Halbwachs versuchte, zum ersten Mal die Frage
ge steht. ‚Krankenbaracken‘ in Lagern haben alle            nach kollektiver Erinnerung zu systematisieren,
Schattierungen von tatsächlichen Bauten zur Hei-            und stellte diese Art von Gedächtnis als kommu-
lung bis zu Tötungsschuppen. ‚Arbeitserziehungs-            nikativ verankert dar, ein Prinzip, auf dem Aleida
lager‘ sollten in Arbeitsfolterlager umbenannt              und Jan Assmann ihre einflussreichen Werke auf-
werden. Der Ausdruck ‚Lager‘ ist schon falsch für           bauen (u. a. Assmann, 1992; 1999; 2013).
Orte, an denen Menschen keinerlei Verweildauer                  Wo Halbwachs interpersonale Relationen als
hatten, weil sie sofort vergast wurden (Benz, 2008,         Grundlage des kollektiven Erinnerungsvermögens
407). Das Wort ‚Opfer‘ für Menschen, deren Ster-            sah, bietet Sigmund Freud einen anderen, archäolo-
ben eine für die Betroffenen sinnlos-unfassbare             gisch kaum thematisierten Zugang zu einer Erinne-
Vernichtung war, greift ebenfalls nicht. Die Lingua         rungsgeschichte. Freud selbst war an der Archäo­
Tertii Imperii (Klemperer, 1975) endete leider auch         logie interessiert, als Antikensammler, vor allem
nicht mit dem Jahr 1945, sondern Begriffe wie ‚Kri-         aber als jemand, der archäologische Prinzipien me-
stallnacht‘ wurden weiter jahrzehntelang verwen-            taphorisch nutzte (Werner, 2015). Archäologie ist in
det. Selbst Ulrich Herbert (1999) überschrieb sein          Freuds Sinn vor allem eine Sichtbarmachung, die
epochemachendes Werk zur Zwangsarbeit noch                  Vergessenes wieder hervorholt. Man mag daher
mit ‚Fremdarbeiter‘.                                        gerade bei einer neuzeitlichen Archäologie fragen,
    Eine Archäologie der Moderne, die sich mit              wie es um das Verhältnis zwischen Vergessen und
der Nazi-Zeit beschäftigen will, kommt um sol-              Verdrängen steht. Wo Freud durch Gespräch die
che fundamentalen Fragen des Sprechens und                  verdrängte, im Untergrund aber durchaus präsente
der Sprachlosigkeit nicht herum. Diese haben mit            Vergangenheit des Individuums aus dem unterbe-
den klassifikatorischen Überlegungen einer Ob-              wussten Bereich mit dem Ziel der Therapie herauf-
jekt-Systematisierung, wie in der Archäologie tra-          holen wollte, ist auch die Aktivität des Ausgrabens
ditionell praktiziert, wohl nur selten direkt etwas         ein Heraufholen verdrängter Kollektiv-Vergangen-
zu tun. Unsere Sprache reicht oft nicht aus, mit            heit. Oftmals bleibt das Unrecht, welches direkt in
den allgemeinen Ereignissen dieser Epoche über-             der eigenen heutigen Lebenswelt vor nicht einmal
haupt adäquat umzugehen. Hiervon ausgehend                  100 Jahren geschah, verborgen. Ausgraben ist ein
sollten wir zudem fragen, ob diese Problematik              Sichtbarmachen, ebenso wie Psychotherapie zu-
eigentlich in Bezug auf andere Zeiten Relevanz              nächst den Akt des ‚Sprechbarmachens‘ ausführt.
haben könnte. Welche Zustände, die Tausende                 Die Analogie verdeutlicht, dass die reine Sicht-
von Jahren zurückliegen mögen, reden wir durch              barmachung nicht hilft, wenn kein weiterer prak-
unachtsame Terminologie schön?                              tischer Umgang mit dem Offengelegten erfolgt.
                                                                Dabei darf nicht vergessen werden, dass archäo­
Vergessen und Verdrängen                                    logische Sichtbarmachungen auf Vergangenes ab-
Die Moderne und besonders das 20. Jahrhundert               zielen, das andere schädigte, nicht aber, wie in der
können nicht im Sinne von Faktenwissen über eine            Psychoanalyse, auf das eigene Geschädigt-Sein.
erst kurz zurückliegende Geschichte abgetan wer-            Die Praxis des Grabens hat deshalb andere ethische
den, ähnlich vielleicht der Völkerwanderungszeit            Dimensionen, ob es sich nun um die Freilegung der
für Mitteleuropa. Die Moderne enthält immer Er-             Mikwe im bayrischen Kulmbach durch eine Schul-
innerungen, die teils persönlich, mittlerweile stär-        klasse handelt oder um eine große Ausgrabung mit
ker indirekt in eine Epoche reichen, die die Bru-           Studierenden wie die auf dem Tempelhofer Flug-

DGUF-Tagung 2020: Archäologie der Moderne              50
Entdisziplinierung und Negation des Wissens: Die Archäologie der Moderne

feld in Berlin (Pollock & Bernbeck, 2015; Bernbeck,         (1995) seine anthropologischen Betrachtungen zu
2017, 385-400; Misterek & Stern, 2020).                     Haiti betitelt. Die Archäologie der Moderne kann
    Dies ist der Grund, warum wir zunächst ein-             allzu leicht dieser Versuchung anheimfallen. Die
mal Ausgrabungen aus dieser Zeit als ‚Gedenk-               Spuren, die wir finden, lassen sich manchmal auf
Grabungen‘ ansehen sollten, welche die Vergan-              Personen zurückführen, die wir sogar benennen
genheit als eine in die Gegenwart hineinragende,            können, Menschen, deren Herkunft und Familie
nicht als abgeschlossene erforschen sollten (Oli-           uns plötzlich wieder berühren wie im Falle der
vier, 2008). Es geht eben nicht darum, Geschich-            Munitionsfabrik Sebaldushof bei Treuenbrietzen
te durch erlangte Kenntnisse in eine kohärente              (Kersting, 2020). Das allein sollte uns jedoch nicht
Form zu gießen und damit einen Schlusspunkt                 reichen. Denn eine solche individuelle Sichtbar-
zu setzen. Vielmehr muss es das Ziel sein, die ar-          machung ist trügerisch. Die meisten anderen
chäologischen Praktiken und Synthesen so zu ge-             Menschen, deren minimale Habseligkeiten wir
stalten, dass sie das Unabgeschlossene wachhal-             in aufgelassenen Fabriken, überwachsenen La-
ten. Vergangenheit ist eine Wunde, die sich nicht           gern oder an Orten der Vernichtung finden mö-
schließen soll, denn die Gewalt und der zuge-               gen, bleiben für immer anonym. Archäologie
fügte Schmerz sind nicht einfach verschwunden,              muss neue Möglichkeiten suchen, aus diesen
sie sind nicht mit-vergangen, wie das eine tradi-           Spuren mehr als Museumsstücke zu machen. Ein
tionelle Geschichtswissenschaft oder Archäologie            offeneres Gedenken kann ausgehen von Einzel-
vielleicht propagiert. Historisierung ist das, was          funden wie Kleidungs- und Schmuckgegenstän-
Historiker – unserer Kenntnis nach alles Männer –           den oder auch einem Rosenkranz (Hirte, 1999,
aus der Generation der Täter inszenieren wollten:           40-54; Bernbeck, 2017, 146-155; Sturdy Colls &
Die Nazi-Zeit sollte möglichst geräuschlos zu ei-           Branthwaite, 2018). Dies aber ist nicht ausrei-
ner Epoche wie jede andere werden. Die Archäo-              chend. Denn jedes entdeckte anonyme Ding ist
logie der Moderne darf sich an diesem Programm              gleichzeitig ein Verweis auf seine Negation: auf
nicht beteiligen, sondern muss jede Tendenz in              Menschen, die keinerlei Spuren zu hinterlassen
diese Richtung stören und zerstören.                        in der Lage waren. Die gesamte archäologische
    Daraus folgt unsere Ansicht, eine Archäologie           Materialität bezeugt ein politisches Phänomen:
der Moderne dürfe nicht ein Fach mit fest umris-            die Macht, eine Spur zu hinterlassen. In Tem-
senen Methoden sein, wiewohl es natürlich einen             pelhof haben die Nazis ein monströses Gebäude
Bereich der methodischen Prinzipien geben muss.             hinterlassen, das bis heute aufgrund seiner Mo-
Diese sind für die Eingliederung in eine curricu-           numentalität die diesen Bau Verwaltenden ratlos
lare Umgebung wichtig. Zu solchen Bausteinen                lässt. Die vergleichsweise mickrigen Reste der
gehören der reflektierte Umgang mit Archiven,               Baracken eines weitläufigen Zwangsarbeitslagers
die Frage, wie Oral History mit Materia­lität ver-          samt einer großen Anzahl an Massenfunden wie
bunden werden kann, und die Rolle der immer                 Nägeln oder Scherben daneben enthielten auch
stärker standardisierten Aufnahmeverfahren ar-              einige wenige als persönlich zu bezeichnende
chäologischer Funde und Befunde für einen ar-               Stücke wie Broschen, einen Rosenkranz und ein
chäologischen Diskurs über die Moderne.                     Medaillon. Hinter diesen Einzelfunden verbergen
                                                            sich alle jene, die nicht in der Lage waren, der-
Politik der materiellen Spur                                artige Spuren zu hinterlassen. Hierauf kommt es
Die Gewaltgeschichte der Moderne fängt mit Kolo-            an: Für uns ist die Negation der Materialität bei
nialismus, Ausbeutung der Arbeitenden und den               Ausgrabungen in solchen Kontexten das Ent-
frühen Massenvernichtungswaffen an. Die Nazi-               scheidende, nicht etwa die Funde oder Befunde
Zeit allerdings ist der absolute Zivilisationsbruch,        selbst. Ohne eine „Theorie des Sichtbarkeitsgefälles“
der auch für die Humanwissenschaften zu einem               gerät uns die Archäologie der Moderne zu einem
‚Gattungsbruch‘ wurde (Zimmermann, 2005). Ma-               affirmativen Machtdiskurs, selbst da, wo wir ver-
terialität der Moderne hat, betrachtet man sie von          meinen, Personen an der gesellschaftlichen Peri-
dem dunkelsten Kapitel der Weltgeschichte aus,              pherie zu erforschen (Bernbeck & Egbers, 2019).
eine dialektische Qualität. Wir suchen nach ge-                 In diesem Sinne ist das oben erwähnte Sicht-
genständlichen Hinterlassenschaften, die wir do-            barmachen, wenn undialektisch gedacht, selbst
kumentieren, um daraus ein Narrativ über einen              ein Unsichtbarmachen und ein Abschließen der
Ort, eine Gegend, eine Firma, ein Lager zu erstel-          Geschichte; eine jede Anstrengung, komplett
len. Dieses anscheinend so eingängige Vorgehen              auszuwerten, verfehlte so ihr Ziel. Auch diese Er-
ist in doppelter Hinsicht falsch.                           kenntnisse aus der archäologischen Beschäftigung
     „Silencing the Past“ hat Michel-Rolph Trouillot        mit Orten der Moderne ist zeiträumlich erweiter-

                                                       51                  DGUF-Tagung 2020: Archäologie der Moderne
Reinhard Bernbeck & Susan Pollock

bar, ohne Analogien herauf zu beschwören. Selbst-          fahrung“, die Walter Benjamin (1992) im Gefolge
verständlich gab es auch im präkolumbischen                des kollektiven Abschlachtens im Ersten Welt-
Mesoamerika Leidende, darunter sicherlich viele            krieg diagnostizierte, war ebenfalls ein Ausdruck
Menschen, denen es verwehrt blieb, irgendwelche            des Erkennens der Sinnlosigkeit der Aufopferung
Spuren zu hinterlassen. Dasselbe gilt für solche           für ein Kaiserreich oder eine Nation.
aufsehenerregenden Befunde wie die Massen-                     Theodor Lessing (1921) verlegte sich darauf,
morde der späten Bandkeramik-Epoche in Mittel-             dem historischen Ablauf grundsätzlich Sinnlosig-
europa (z. B. Zeeb-Lanz, 2014). Über dieser Evidenz        keit zu unterstellen und die Disziplinen des Histo-
werden die schon damals Verschwundenen und                 rischen – die Archäologie inklusive – als „Sinnge-
Verschwiegenen nochmals vergessen. In zumin-               bung des Sinnlosen“ zu charakterisieren. Jörn Rüsen
dest vom materiellen Bestand her friedlicheren             (2006) hingegen sieht gerade in der Beschäftigung
Fällen – etwa an Orten wie Çatal Höyük oder Gö-            mit der Vergangenheit eine Orientierungsleistung.
bekli Tepe, um zwei gut bekannte Beispiele aus             Aus der Erzählung des kollektiv Erfahrenen er-
West­asien zu nennen – wären die gesamten exi-             wüchsen realistische Erwartungshaltungen. Diese
stierenden Darstellungen mit der Negation eines            beiden Extreme stecken nur den Rahmen ab, inner-
den Spuren innewohnenden Leidens zu konfron-               halb dessen sich Archäologien der Moderne posi­
tieren. Der Sinn der so gerne erzählten Geschichten        tionieren müssen. Hiervon wird abhängen, wie die
vom Aufbruch in die ‚Zivilisation‘ und die heutige         jeweiligen Vorstellungen über eine angemessene
Zeit schon vor mehr als 10.000 Jahren besteht eben         Repräsentation des Erforschten ausfallen. Ein Pro-
nicht darin, uns einen Fortschritt vorzugaukeln,           blem wollen wir nur kurz anreißen: Je kohärenter
sondern in diese angeblichen Ursprünge das Bitte-          und überzeugender ein Diskurs ausfällt, desto
re der Gewalt, des Verlusts, der unerfüllten Sehn-         weniger entspricht er dem grundsätzlich Unver-
süchte, der verlorenen Hoffnungen einzubauen               ständlichen, das diesen zwölf Jahren für die von
(ansatzweise z. B. Scott, 2017).                           der ‚Volksgemeinschaft‘ Verfolgten innewohnte.
    Wir meinen, dass eine Archäologie gerade der               Für uns jedenfalls sind die Erkenntnis der Ne-
Orte der Moderne aufgrund der intensiven Be-               gation von Materialität als Grundlage der Ver-
schäftigung mit dem disziplinären Umfeld, also             gangenheit und die Einsicht in die Suche nach
der Psychologie freudianischen Zuschnitts, der Ge-         einer Darstellungsform, die dem drängenden
schichtsphilosophie und den Kulturwissenschaften           Nichtwissen und der vergeblichen Suche nach
im Allgemeinen dazu führen kann, die Einstellung           Sinn entspricht, allein schon Hinweis genug, dass
der vergangenen Materialität gegenüber grund-              dieses Feld noch viele sehr grundsätzliche Fragen
sätzlich zu hinterfragen und neu zu positionieren.         generieren wird, die weit über das chronologisch
                                                           enge Feld eines Objekt- und Ortsbestandes hi-
Repräsentationen                                           nausreichen. Allerdings führt diese Einstellung in
Wie kommen wir von der Erkenntnis der Nega-                eine Aporie. Denn diese Art der Archäologie darf
tion der archäologischen Spur zu einer überzeu-            nicht zu einer zweiten Instrumentalisierung der
genden Darstellung der archäologischen Ergeb-              Verfolgten der NS-Zeit gereichen. Verallgemei-
nisse? Dieser Frage wenden wir uns abschließend            nerungen über die Mordjahre des Naziregimes
zu. Auch hier resultieren aus der Auseinanderset-          hinaus, wie wir sie hier thematisiert haben, sind
zung mit den Vorstellungen anderer Disziplinen             notwendig und unstatthaft zugleich.
radikale Fragen, meist ohne Antworten. Extreme
Bedrängnis kann, das haben die unterschied-
lichen Interview-Sammlungen vom Fortunoff-                 Anmerkung
bis zum Spielberg-Archiv in aller Deutlichkeit
gezeigt, selten als lineare Narration erinnert und         1
                                                             Gertrud und Jakob: Eine deutsch-jüdische Liebesgeschich-
wiedergegeben werden. Das hängt teils an der               te (BR2, 3.9.2017): https://www.br.de/radio/bayern2/
psychologischen Abwehr eines Re-Präsentierens              sendungen/land-und-leute/deutsch-juedische-liebesge-
                                                           schichte-esch100.html [1.11.2020].
der Augenblicke des Entsetzens (Caruth, 1996).
Es hängt aber auch daran, dass das Erleiden eines
individuellen Schicksals von den Verfolgten, die
sich die damalige sog. Volksgemeinschaft aus-              Literatur
gesucht hatte, nur als komplett sinnlos erfahren
werden konnte. Die Sinnfrage und die negative              Althusser, L. (1971). Lenin and Philosophy and Other
Antwort lassen sich allerdings auch auf den Er-            Essays. (übers. B. Brewster). New York: Monthly
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DGUF-Tagung 2020: Archäologie der Moderne             52
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