ENTWURF Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main - Fortschreibung Teilplan Wiesbaden
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Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ENTWURF Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main 2. Fortschreibung Teilplan Wiesbaden
Impressum Herausgeber: Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) Mainzer Straße 80 65189 Wiesbaden www.umwelt.hessen.de Redaktionelle Bearbeitung und Gestaltung: HMUKLV, Abt. II, Referat 4 Titelfoto: CCO Creative Commons Fotos: Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie Dr. Mang Druck: HMUKLV Kartengrundlagen: Hessische Verwaltung für Bodenmanagement und Geoinformation Openstreetmap (www.openstreetmap.org), ODbL1.0 Stand: November 2018
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wies- baden Inhaltsverzeichnis Ein fü h ru n g 7 Situation in Wiesbaden 7 Öffentlichkeitsbeteiligung 7 Rechtsgrundlagen 8 1 Ort d e r Üb e rs c h reitu n g 10 1.1 Region 10 1.2 Wiesbaden 10 1.3 Messstandorte in Wiesbaden 11 1.3.1 Luftmessstation Ringkirche 11 1.3.2 Luftmessstation Wiesbaden-Süd 12 1.3.3 Luftmessstation Schiersteiner Straße 12 1.3.4 Standorte NO 2 -Passivsammler 13 2 Allg e m e in e In form atio ne n 14 2.1 Art des Gebietes 14 2.2 Schätzung der Größe des verschmutzten Gebiets 14 2.3 Topographie und Klima 15 2.3.1 Das Klima in Wiesbaden 15 2.3.2 Topographie 16 3 Zu s tä n d ig e Be h ö rd e n 17 4 Art u n d Be u rteilu n g d er Ve rs c hm u tzu n g 18 4.1 Entwicklung der Luftqualität in Wiesbaden 18 4.1.1 Entwicklung der Feinstaubbelastung 18 4.1.2 Entwicklung der Schwefeldioxid und Benzolbelastung 18 4.1.3 Entwicklung der Ozonbelastung 19 4.1.4 Entwicklung der Stickoxidbelastung (NO x und NO 2 ) 19 4.1.5 Belastungssituation 2017 20 4.2 Angewandte Beurteilungstechnik 20 4.2.1 Beiträge zur Gesamtbelastung 21 4.2.2 Modellrechnungen zur Ermittlung der der Verursacheranteile 21 4.2.3 Berechnung der verkehrsbedingten Zusatzbelastung durch Modellrechnung 21 5 Urs p ru n g d e r Ve rs c hm u tzu n g 23 5.1 Liste der wichtigsten Emissionsquellen 23 5.2 Industrieemissionen 23 5.1 Gebäudeheizungsemissionen 24 5.2 Verkehrsemissionen 25 5.2.1 Verkehrszählungen als Grundlage der Emissionsermittlung 25 5.2.2 Abgasgrenzwerte und Realemissionen von Fahrzeugen 25 5.2.3 Zusammensetzung der Kfz-Flotte 27 5.2.4 Verkehrsemissionen der Stadt 27 5.3 Gesamtstädtische NO x -Emissionen 27
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den 5.4 Eintrag von Stickoxiden aus anderen Gebieten 28 6 An a lys e d e r La g e 29 6.1 Ausbreitungsberechnungen zur Ermittlung der Verursacheranteile 29 6.2 Modellrechnungen zur Ermittlung der Zusatzbelastung durch den lokalen Verkehr 30 6.3 Untersuchung der Verursacheranteile des Straßenverkehrs 31 7 An g a b e n zu b e re its d u rc h g e fü h rte n Ma ß na h m e n u n d b e s te h e n d e n Ve rb e s s e ru n g s vo rh a b e n 33 7.1 Europaweite und nationale Maßnahmen 33 7.1.1 Maßnahmen bei der Emittentengruppe Industrie 33 7.1.2 Maßnahmen bei der Emittentengruppe Gebäudeheizung 34 7.1.3 Maßnahmen bei der Emittentengruppe Kfz-Verkehr 34 7.1.3.1 Einführung eines neuen Typprüfzyklus 34 7.1.3.2 Ausweitung der Lkw-Maut 35 7.2 Regionale Maßnahmen 35 7.2.1 Lkw-Routenkonzept 35 7.3 Lokale Maßnahmen im Bereich der Stadt Wiesbaden 35 7.3.1 Bereich Verkehr 36 7.3.1.1 Fortschreibung des Nahverkehrsplans 36 7.3.1.2 Betriebsoptimierung und Fahrzeitverkürzungen im ÖPNV 37 7.3.1.3 Einsatz abgasarmer Busse 37 7.3.1.4 Umrüstung des städtischen Fuhrparks auf emissionsarme Fahrzeuge 37 7.3.1.5 Förderung des Fußgängerverkehrs 37 7.3.1.6 Förderung des Radverkehrs 37 7.3.1.7 E-Mobilität 40 7.3.1.8 Car-Sharing 40 7.3.1.9 Parkraummanagement 40 7.3.1.10 Mobile Maschinen und Geräte 40 7.3.1.11 Müllabfuhr und Straßenreinigung 40 7.3.1.12 Geschwindigkeitskontrolle 41 7.3.1.13 Neuaufstellung Verkehrsentwicklungsplan 41 7.3.2 Bereich Energie 41 7.3.2.1 Energiebedarf und Energieeffizienz 41 7.3.2.2 Energieerzeugung 41 7.3.2.3 Wärmeversorgung - Quartiers- und Objektversorgung 42 7.3.2.4 Ausbau der Fernwärme 42 7.3.2.5 Energiemanagement 43 7.3.2.6 Masterplan für den Klimaschutz Wiesbaden 43 7.3.2.7 Beratung und Dialog zu Energieeinsparung und Klimaschutz 44 8 Ma ß n a h m e n-Ge s am tkon ze p t 45 8.1 Einleitung 45 8.2 Europaweite, nationale und regionale Maßnahmen 46 8.2.1 Industrieanlagen 46 8.2.1.1 Abfall(mit)verbrennungsanlagen 46 8.2.1.2 Großfeuerungsanlagen 46 8.2.1.3 Prognostizierte Wirkung der Maßnahmen im Bereich Industrie 47 8.2.2 Gebäudeheizung 47 8.2.2.1 Prognostizierte Wirkung der Maßnahmen im Bereich Gebäudeheizung 47 8.2.3 Verkehr 47 8.2.3.1 Ausbau und Förderung der Elektromobilität 48 8.2.3.2 Förderungen durch die Bundesregierung 48 -4-
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den 8.2.3.3 Förderungen durch das Land Hessen 48 8.3 Sofortpaket der Landeshauptstadt Wiesbaden 48 8.3.1 Einführung 48 8.3.2 Elektromobilität 49 8.3.2.1 Elektrifizierung des städtischen Fuhrparks 49 8.3.2.2 Elektromobilitätskonzept 49 8.3.2.3 Errichtung und Betrieb von Ladesäulen 49 8.3.2.4 Befreiung von Elektrofahrzeugen von Parkgebühren 49 8.3.2.5 Gebührenfreie Parkplätze für emissionsfreie Car-Sharing-Fahrzeuge 49 8.3.2.6 Einrichtung eines E-Mobility-Hubs 50 8.3.2.7 Prognostizierte Wirkung der Maßnahmen im Bereich E-Mobilität 50 8.3.3 Elektrifizierung Busflotte / Emissionsfreier ÖPNV 50 8.3.4 Ausbau und Förderung des ÖPNV 51 8.3.4.1 Einführung neuer Bahn-Direktverbindungen 51 8.3.4.2 Angebotsausweitungen auf bestehenden Bahnlinien 51 8.3.4.3 Einführung einer zusätzlichen tangentialen Schnellbusslinie X79 aus dem Untertaunus 51 8.3.4.4 Angebotsausweitungen auf bestehenden Buslinien 51 8.3.4.5 Kurzfristige Angebotsausweitungen im lokalen Busverkehr 52 8.3.4.6 Ticket-Offensive im ÖPNV 52 8.3.4.7 Busbeschleunigungs-Offensive Innenstadt 52 8.3.4.8 Kurzfristiger Ausbau Busflotte / Anbindung der neuen P&R-Parkplätze 54 8.3.4.9 Ausbau Car-Sharing 54 8.3.4.10 Prognostizierte Wirkung der Maßnahmen im Bereich Ausbau und Attraktivitätssteigerung des ÖPNV 54 8.3.5 Förderung des Radverkehrs 54 8.3.5.1 Schaffung „Rad-Grundnetz 2020“ 55 8.3.5.2 Radschnellverbindungen nach Mainz und Frankfurt 57 8.3.5.3 Protected Bike Lanes 57 8.3.5.4 Verbesserung der Radführung an Kreuzungen 57 8.3.5.5 Ausbau Fahrradabstellplätze 57 8.3.5.6 Ausbau Fahrradverleihsystem „ESWE meinRad“ 57 8.3.5.7 Prognostizierte Wirkung der Maßnahmen im Bereich Förderung des Radverkehrs 58 8.3.6 Verkehrslenkung 58 8.3.6.1 Vom 1. auf den 2. Ring 58 8.3.6.2 Schwalbacher Straße 59 8.3.6.3 Moritzstraße 59 8.3.6.4 Geisbergstraße 59 8.3.6.5 Rheingaustraße 59 8.3.6.6 Prognostizierte Wirkung der Maßnahmen zur Verkehrslenkung 59 8.3.7 Verkehrsmanagement 60 8.3.7.1 Erhöhung von Parkgebühren im öffentlichen Straßenraum 60 8.3.7.2 Einführung einer flächendeckenden abgestuften Parkraumbewirtschaftung 60 8.3.7.3 Neue Pförtnerampeln zur Zuflussdosierung 60 8.3.7.4 Digitalisierung des Verkehrs 61 8.3.7.5 Einrichtung von Park&Ride-Parkplätzen 61 8.3.7.6 Prognostizierte Wirkung der Maßnahmen im Bereich Verkehrsmanagement 62 8.3.8 Urbane Logistik 62 8.3.8.1 Einrichtung von Mikrodepots am Rand der Innenstadt 62 8.3.8.2 Intelligente Ladezonen 62 8.3.8.3 Kaufprämie und Promotion für E-Lastenräder 62 8.3.8.4 Prognostizierte Wirkung der Maßnahmen im Bereich urbane Logistik 62 8.3.9 Kampagne zur Luftreinhaltung 63 -5-
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den 8.4 Nachträgliche Verbesserung der Abgasemissionen von Dieselfahrzeugen 63 8.4.1.1 Software-Updates 63 8.4.1.2 Hardware-Nachrüstung bei Diesel-Pkw 64 8.5 Fahrverbote 65 8.5.1 Lkw-Durchfahrtsverbot 65 8.5.2 Generelle Fahrverbote 66 8.6 Maßnahmenüberblick und Prognose der NO 2 -Entwicklung 67 9 Qu e lle n ve rze ic h n is 71 10 An h ä n g e 74 10.1 Begriffsbestimmungen 74 10.2 Abbildungsverzeichnis 75 10.3 Tabellenverzeichnis 75 10.4 Alphabetische Liste der Städte und Gemeinden im Ballungsraum Rhein-Main 76 10.5 Abkürzungsverzeichnis 78 -6-
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den Einführung Die Luftqualität hat eine entscheidende Wirkung Die Grenzwerte für Feinstaub PM 10 und auch für auf die Gesundheit der Menschen. Vor allem die PM 2,5 wurden dagegen bisher an den Messstellen Belastung mit manchen Luftschadstoffen kann in Wiesbaden eingehalten. dazu beitragen, Krankheiten auszulösen oder zu Die Reduzierung der NO 2 -Konzentration um 10% verschlimmern und im schlimmsten Fall sogar die bis zum Jahr 2012 reichte jedoch nicht aus, um Lebenszeit um Jahre verkürzen. den Immissionsgrenzwert einhalten zu können. In einer Umwelt, in der es viele Quellen gibt, aus Daher erfolgte eine 1. Fortschreibung des Luft- denen die gesundheitsschädlichen Luftschadstof- reinhalteplans Wiesbaden als Teilplan zum Luft- fe emittiert werden, ist es von besonderer Bedeu- reinhalteplan des Ballungsraums Rhein-Main im tung, Menschen, aber auch die Vegetation vor zu Jahr 2012. Mit den dort festgelegten Maßnahmen hohen Konzentrationen dieser Schadstoffe zu konnte die Höhe der Stickstoffdioxidkonzentratio- schützen. nen zwar bis 2017 um weitere 15% gesenkt wer- den, die NO 2 -Konzentration überschreitet den Um einen entsprechenden Schutz der menschli- Immissionsgrenzwert aber immer noch deutlich. chen Gesundheit und der Umwelt sicher zu stel- Daher werden in der vorliegenden 2. Fortschrei- len, hat die Europäische Union verbindliche bung des Luftreinhalteplans Wiesbaden weitere Grenzwerte festgelegt. Um erkennen zu können, wirksame Maßnahmen aufgenommen, um die ob die Grenzwerte eingehalten werden, sind re- Einhaltung des Immissionsgrenzwertes schnellst- gelmäßige Messungen nach bestimmten vorge- möglich sicherzustellen. gebenen Kriterien durchzuführen. Diese Messun- gen werden i.d.R. ergänzt um Modellrechnungen, Zum besseren Verständnis der Situation in Wies- die die Schadstoffsituation in Straßenzügen auf- baden beschreibt der Luftreinhalteplan die Ent- zeigen, in denen keine Messstandorte sind. So wicklung der Luftschadstoffkonzentrationen in kann ein Überblick über die Gesamtbelastung in Wiesbaden, zeigt die Verursacher auf, untersucht einer Stadt erhalten werden. Zeigen Messungen, die möglichen Maßnahmen im Hinblick auf ihre dass Grenzwerte überschritten werden, sind Luft- Wirksamkeit und rechtliche Zulässigkeit und legt reinhaltepläne aufzustellen. Sie müssen Maß- die möglichen und verhältnismäßigen Maßnah- nahmen enthalten, die geeignet sind den Zeitraum men zur Verminderung der Luftschadstoffe fest. der Überschreitung so kurz wie möglich zu halten. Darüber hinaus wird eine Prognose zur wahr- scheinlichen Entwicklung der Luftqualität abgege- Sowohl der europäische Gerichtshof als auch ben. Die Maßnahmenfestlegung erfolgte in Ab- nationale Gerichte messen dem Schutz der stimmung mit der Stadt Wiesbaden und dem Hes- menschlichen Gesundheit einen hohen Stellen- sischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Ver- wert bei. Finanzielle oder wirtschaftliche Aspekte kehr und Landesentwicklung als Einvernehmens- werden nicht als ausreichende Gründe angese- behörde für die Festlegung von Maßnahmen im hen, von wirksamen Maßnahmen absehen zu Straßenverkehr. Die Gliederung des Luftreinhalte- dürfen. Damit können sich mit Umsetzung der plans entspricht den rechtlichen Vorgaben (Anla- Maßnahmen u.U. finanzielle und/oder wirtschaftli- ge 13 der 39. BImSchV [2]). che Beeinträchtigungen für Dritte ergeben, die jedoch hinter dem Allgemeinwohl zurückstehen müssen. Öffentlichkeitsbeteiligung Gemäß § 47 Abs. 5a BImSchG ist die Öffentlich- Situation in Wiesbaden keit bei der Aufstellung oder Änderung von Luft- reinhalteplänen zu beteiligen. Die Öffentlichkeits- Der erste Luftreinhalteplan für den Ballungsraum beteiligung erfolgte durch Ankündigung der Aus- Rhein-Main wurde im Jahr 2005 aufgestellt [1]. Er legung des Entwurfs des Luftreinhalteplans für umfasste alle von Grenzwertüberschreitungen den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung betroffenen Städte des Ballungsraums, darunter Teilplan Wiesbaden, im Staatsanzeiger des Lan- auch Wiesbaden. Die Stadt Wiesbaden war mit des Hessen am 19. November 2018 sowie durch der Messstation an der Ringkirche bereits 2002 Pressemeldungen. Der Planentwurf kann für die von Grenzwertüberschreitungen bei Stickstoffdi- Dauer von einem Monat, d.h. bis einschließlich oxid (NO 2 ) betroffen. Daher waren Maßnahmen 19. Dezember 2018, beim Magistrat der Stadt zur Verbesserung der Luftqualität in den ersten Wiesbaden eingesehen werden. An den Offenle- Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein- gungszeitraum schließt sich eine Frist von zwei Main aufzunehmen. Wochen bis einschließlich 2. Januar 2019 an, -7-
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den innerhalb dieser ebenfalls noch Bedenken, Anre- menplan für alle Institutionen, die Verantwortung gungen oder Einwände unter dem Stichwort „Luft- in den verschiedenen Maßnahmenbereichen ha- reinhalteplanentwurf Wiesbaden“ beim Umweltmi- ben, verbindlich. nisterium entweder schriftlich oder elektronisch (poststelle@umwelt.hessen.de) geltend gemacht werden können. Rechtsgrundlagen Im Zeitraum der Öffentlichkeitsbeteiligung steht Zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Planentwurf auch auf den Internetseiten des der Umwelt hat die Europäische Union im Mai Umweltministeriums zum Thema Luftreinhaltung 2008 eine Richtlinie über Luftqualität und saubere (https://umweltministerium.hessen.de/umwelt- Luft für Europa [3] verabschiedet. Die Umsetzung natur/luft-laerm-licht/luftreinhalteplanung) sowie in deutsches Recht erfolgte im Bundes- des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Immissionsschutzgesetz (BImSchG [4]) und in der Umwelt und Geologie 39. Verordnung zum BImSchG (Verordnung über (HLNUG; http://www.hlnug.de/start/luft/luftreinhalt Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmen- eplaene/publizierte-luftreinhalteplaene-nach-eu- gen – 39. BImSchV [2]). recht.html) zur Einsicht und zum Herunterladen bereit. Von besonderer Bedeutung sind die in der Ver- ordnung festgelegten Immissionsgrenzwerte, die Eingehende Einwendungen, Bedenken und Anre- zum Schutz der menschlichen Gesundheit nicht gungen werden daraufhin geprüft, ob sie zu einer überschritten werden dürfen. Darüber hinaus gibt Änderung und / oder Ergänzung des Luftreinhal- es Immissionsgrenzwerte, die zum Schutz der teplans führen. Die fehlende Berücksichtigung von Vegetation festgelegt wurden, die aber nur in be- Einwendungen, die nicht zu einer Planänderung stimmten Abständen zu möglichen Emittenten geführt haben, wird im endgültigen Plan in einem gelten. In Hessen werden diese Abstände an kei- eigenen Kapitel begründet. Mit der abschließen- nem Ort erreicht. den Veröffentlichung des Luftreinhalteplans im Hessischen Staatsanzeiger wird der Maßnah- Grenzwert gültig Luftschadstoff Kenngröße Einheit (Anzahl zulässiger Über- Schutzziel seit schreitungen pro Jahr) Benzol Jahresmittel µg/m³ 5 2010 Gesundheit Blei Jahresmittel µg/m³ 0,5 2005 Gesundheit Kohlenmonoxid max. 8-h-Mittel mg/m³ 10 2005 Gesundheit (CO) Stickstoffdioxid 1-h-Mittel µg/m³ 200 (18-mal) 2010 Gesundheit (NO 2 ) Jahresmittel µg/m³ 40 2010 Gesundheit Stickstoffoxide 1) Jahresmittel µg/m³ 30 2001 Vegetation (NO x ) 24-h-Mittel µg/m³ 50 (35-mal) 2005 Gesundheit Feinstaub (PM 10 ) Jahresmittel µg/m³ 40 2005 Gesundheit 3 Feinstaub (PM 2,5 ) Jahresmittel µg/m 25 2015 Gesundheit 1-h-Mittel µg/m³ 350 (24-mal) 2005 Gesundheit Schwefeldioxid 24-h-Mittel µg/m³ 125 (3-mal) 2005 Gesundheit (SO 2 ) Jahresmittel µg/m³ 20 2001 Ökosystem 1) 2) 1) Wintermittel µg/m³ 20 2001 Ökosystem Zielwert 3 Arsen Jahresmittel ng/m 6 2013 Gesundheit / Umwelt 3 Benzo(a)pyren Jahresmittel ng/m 1 2013 Gesundheit / Umwelt 3 Kadmium Jahresmittel ng/m 5 2013 Gesundheit / Umwelt -8-
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den Grenzwert gültig Luftschadstoff Kenngröße Einheit (Anzahl zulässiger Über- Schutzziel seit schreitungen pro Jahr) 3 Nickel Jahresmittel ng/m 20 2013 Gesundheit / Umwelt 3 8-h-Mittel µg/m 120 (25) 2010 Gesundheit Ozon (O 3 ) 3) 3 4) AOT40 µg/m h 18.000 2010 Vegetation 1) Messung an einem emissionsfernen Standort (mehr als 20 km entfernt von Ballungsräumen oder 5 km Bebau- ung, Industrie oder Bundesfernstraßen) 2) in der Zeit vom 01. Oktober eines Jahres bis 31. März des Folgejahres 3) aufsummierte Belastung, die über einer Schwelle von 40 ppb liegt 4) in der Zeit von Mai bis Juli Tab. 1: Immissionsgrenz- und Zielwerte nach der 39. BImSchV [2] Während die Kenngröße „Jahresmittelwert“ für die Einhaltung des Jahresmittelwerts kaum Probleme Bewertung der Langzeitwirkung steht, wird die verursacht, bereitet die Einhaltung des Kurzzeit- Kurzzeitwirkung durch 1- bis 24-Stunden- grenzwertes – höchstens 35 Überschreitungen Mittelwerte mit jeweils höheren Konzentrations- des Tagesmittelwerts – deutlich häufiger Schwie- schwellen charakterisiert, die je nach Komponente rigkeiten. Auch für Stickstoffdioxid existiert neben mit unterschiedlichen Häufigkeiten im Kalender- dem Jahresmittelwert als Langzeitgrenzwert noch jahr überschritten werden dürfen. Wird für eine ein Mittelwert über eine volle Stunde als Kurzzeit- oder mehrere Komponenten der Immissions- grenzwert, der zulässigerweise 18-mal im Jahr grenzwert überschritten, muss ein Luftreinhalte- überschritten werden darf. plan aufgestellt werden. Daneben existieren noch so genannte Zielwerte, Für Feinstaub (PM 10 ) sind zwei Immissionsgrenz- die zwar ebenfalls überwiegend zum Schutz der werte festgelegt – ein Jahresmittelwert sowie ein menschlichen Gesundheit festgelegt wurden, de- Tagesmittelwert, der 35-mal im Jahr zulässiger- ren Überschreitung jedoch nicht zur Aufstellung weise überschritten werden darf. Während die eines Luftreinhalteplans führt. -9-
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den 1 Ort der Überschreitung Überschreitungen des Immissionsgrenzwertes 1.1 Region von Stickstoffdioxid wurden an mehreren Stellen Zur Beurteilung der Luftqualität ist Hessen in der Stadt Wiesbaden gemessen. Die räumliche Ballungsräume und Gebiete eingeteilt. Die Stadt Lage der Überschreitungspunkte in Wiesbaden Wiesbaden gehört zum Luftreinhalte- wird im Gesamtkontext der Überwachung der Ballungsraum Rhein-Main, der in seiner Abgren- Luftqualität in Hessen in den nachfolgenden zung in Abb. 1 deutlich wird. Karten verdeutlicht. Abb. 1: Lage der Stadt Wiesbaden im Ballungsraum Rhein-Main Der Ballungsraum Rhein-Main ist der größere enorme Verkehrsaufkommen aber zu Luftver- der beiden hessischen Ballungsräume. Er erfüllt schmutzung und zu hohen Lärmbelastungen für mit einer Einwohnerzahl von 2,38 Millionen Ein- die Bevölkerung des Ballungsraums. Lufthygie- wohnern (Stand 30. September 2017), einer nische Belastungsschwerpunkte liegen vor allem 2 Fläche von rd. 1.851 km und einer Einwohner- an den innerstädtischen Hauptverkehrsstraßen 2 dichte von rd. 1.272 Einwohnern pro km alle von Darmstadt, Frankfurt am Main, Offenbach Voraussetzungen eines Ballungsraums nach § 1 am Main und Wiesbaden, aber auch in einigen Nr. 4 der 39. BImSchV [2]. Der Ballungsraum kleineren Städten. Rhein-Main besteht aus 52 Städten und Ge- meinden, die in Anhang 10.4 aufgelistet sind. 1.2 Wiesbaden Aufgrund seiner hohen Bevölkerungsdichte, seiner Wirtschaftsstärke, der damit verbundenen Wiesbaden ist seit 1945 Landeshauptstadt des wohn-, gewerblich- und industriellen Flächen- Bundeslands Hessen. Es ist landesplanerisch nutzung und der vielfältigen Mobilitätsbeziehun- als Oberzentrum ausgewiesen [5]. Damit ist es gen ergibt sich eine relativ hohe Grundbelastung definitionsgemäß Standort hochwertiger spezia- der Luftqualität im Ballungsraum. Er stellt eines lisierter Einrichtungen mit z.T. landesweiter, der wichtigsten europäischen Verkehrszentren nationaler oder sogar internationaler Bedeutung, mit einer engen Vernetzung von Schienen-, bietet Agglomerationsvorteile für die gesamte Straßen- und Luftverkehr dar. Region und ist Verknüpfungspunkt großräumiger Die herausragenden Verkehrsanbindungen und regionaler Verkehrssysteme. bringen den Städten und Gemeinden und ihren Tatsächlich ist Wiesbaden nach Einwohnern die Wirtschaftsunternehmen einerseits zwar einen zweitgrößte Stadt Hessens und liegt an stark wichtigen Standortvorteil, andererseits führt das - 10 -
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den frequentierten Verkehrswegen mit Verbindungen Zuletzt kam in 2012 die temporäre verkehrsbe- in das Zentrum des Ballungsraumes und nach zogene Messstation an der Schiersteiner Straße Rheinland-Pfalz. In Wiesbaden haben zahlrei- hinzu. An den verkehrsexponierten Standorten che öffentliche Verwaltungsbehörden und pri- werden Werte zu den höchsten Konzentratio- vate Unternehmen des Dienstleitungssektors nen, denen die Bevölkerung in Wiesbaden direkt sowie der produzierenden Industrie Standorte. oder indirekt ausgesetzt ist, ermittelt. Die Lage der Luftmessstationen ist in Abb. 3 dargestellt. Mit Ausnahme von Blei werden die Messwerte stündlich aktualisiert und auf der Homepage des HLNUG veröffentlicht. Die qualitätsgesicherten Ergebnisse des hessischen Luftmessnetzes werden in den Lufthygienischen Monats- und Jahresberichten des HLNUG zusammengefasst und mit ergänzenden Informationen zu Luft- schadstoffen veröffentlicht. 1.3.1 Lu ftm e s s s ta tio n Rin g kirc h e Abb. 2: Stadtgebiet von Wiesbaden (rot markiert) Die im Jahr 1991 in Betrieb genommene Mess- station an der Hauptverkehrsstraße Kaiser- Friedrich-Ring (B 54) belegt die langjährig be- 1.3 Messstandorte in Wiesbaden stehenden hohen Stickstoffdioxidkonzentratio- nen in Wiesbaden. Der Immissionsgrenzwert für Die Luftqualität in Wiesbaden wird bereits seit Stickstoffdioxid wird seit seiner Festlegung im dem Jahr 1977 im städtischen Hintergrund und Jahr 2002 an dieser Messstation überschritten. seit 1991 an der verkehrsbezogenen Luftmess- station an der Ringkirche kontinuierlich gemes- sen. Die Messstation des städtischen Hinter- grunds in Wiesbaden-Süd wurde im Stadtteil Biebrich, Am Hohen Stein errichtet. Sie dient zur Bewertung der Luftqualität, die für die Exposition der Bevölkerung allgemein repräsentativ ist. Abb. 4: Verkehrsbezogene Luftmessstation Wiesbaden- Ringkirche Aber nicht nur Stickstoffdioxid wird an diesem Standort gemessen. Die genaue Charakterisie- rung der Messstation ist in Tab. 2 dargelegt. Beschreibung Gebiet: Ballungsraum Rhein-Main Standortcharakter: Städtisches Gebiet, Ver- kehr Messstationen, verkehrsnah EU-Code: DEHE037 temporäre Messstandorte von NO 2 -Passivsammlern, verkehrsnah Gemeinde: Wiesbaden Messstation, städtischer Hintergrund Straße: Rheinstraße Abb. 3: Messstandorte in Wiesbaden Rechtswert: 3 444 979 - 11 -
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den Beschreibung Beschreibung Hochwert: 5 549 276 Hochwert: 5 546 279 Längengrad 8°13´49,12´´ Längengrad 8°14´41,80´´ Breitengrad 50°4´37,88´´ Breitengrad 50°3´1,24´´ Höhe über NN: 145 m Höhe über NN: 121 m Lage: Städtisches Gebiet, große Lage: Städtisches Gebiet, große und breite Straße und breite Straße Messzeitraum: seit 1991 Messzeitraum: seit 1977 Kohlenmonoxid 1992 Schwefeldioxid 1977 Stickstoffmonoxid 1991 Stickstoffmonoxid 1977 Stickstoffdioxid 1991 Stickstoffdioxid 1977 Feinstaub (PM 10 ) 2000 Feinstaub (PM 10 ) 2000 Feinstaub (PM 2,5 ) 2010 Feinstaub (PM 2,5 ) 2008 Benzol, Toluol, Xylol 1995 Ozon 1982 Tab. 2: Beschreibung der Luftmessstation Wiesbaden- Benzol, Toluol, Xylol 2000 Ringkirche Windrichtung 1982 Windgeschwindigkeit 1982 Temperatur 1984 1.3.2 Lu ftm e s s s ta tio n Wie s b a d e n -S ü d Relative Luftfeuchte 1984 Zur Ermittlung der Luftqualität, der die allgemei- Luftdruck 2001 ne Bevölkerung ausgesetzt ist, werden Messsta- tionen im so genannten städtischen Hintergrund Tab. 3: Beschreibung der Luftmessstation Wiesbaden-Süd betrieben. Sie sollen die Auswirkungen der ver- schiedenen Emittenten auf die Luftqualität er- fassen und somit die Luftqualität ermitteln, die für die Exposition der Bevölkerung allgemein 1.3.3 Lu ftm e s s s ta tio n S c h ie rs te in e r S tra - repräsentativ ist. ße Die verkehrsbezogene Messstation an der Schi- ersteiner Straße wurde zunächst als temporäre Station zur Verifikation der hier berechneten NO 2 -Belastung eingerichtet. Abb. 5: Luftmessstation des städtischen Hintergrundes Wiesbaden-Süd Beschreibung Gebiet: Ballungsraum Rhein-Main Standortcharakter: Städtisches Gebiet, Abb. 6: Verkehrsbezogene Luftmessstation Wiesbaden- Hintergrund Schiersteiner Straße EU-Code: DEHE022 Gemeinde: Wiesbaden Inzwischen ist die Station als dauerhafte ver- kehrsbezogene Luftmessstation im Messnetz Straße: Am Hohen Stein integriert. Die Messwerte zeigen an der Schi- Rechtswert: 3 445 997 ersteiner Straße bei NO 2 im Jahresmittel ver- - 12 -
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den gleichbare bis tendenziell höhere Werte als an 1.3.4 S ta n d o rte NO 2 -P a s s ivs a m m le r der Ringkirche. An beiden verkehrsbezogenen Standorten besteht ein sehr hohes tägliches Ende Oktober 2016 forderte das Verwaltungsge- Verkehrsaufkommen mit einem DTV > 40.000 richt Wiesbaden das Land Hessen auf, temporä- bis mehr als 60.000 Fahrzeuge pro Tag. re Stickstoffdioxidmessungen Beschreibung • auf dem Kaiser-Friedrich-Ring vor dem Hauptbahnhof, Gebiet: Ballungsraum Rhein-Main Standortcharakter: Städtisches Gebiet, • in der Mainzer Straße in Höhe des Hallen- Verkehr bades sowie EU-Code: DEHE112 • in der Ludwig-Erhard-Straße in Höhe der Gemeinde: Wiesbaden Bushaltestelle der Linie 15 Straße: Schiersteiner Straße zur Klärung der Höhe der Schadstoffbelastung Rechtswert: 3 444 869 durchzuführen. Hintergrund waren Kurzzeitmes- Hochwert: 5 548 713 sungen, die Greenpeace im Februar/März 2016 u.a. auch in Wiesbaden hatte durchführen las- Längengrad 8°13´43,91´´ sen. Dabei wurde auf der Grundlage dieser Breitengrad 50°4´19,63´´ Greenpeace-Messungen z.B. am Bahnhofsvor- Höhe über NN: 140 m platz ein NO 2 -Jahresmittelwert von 115,5 µg/m³ Lage: Städtisches Gebiet, große und an der Ringkirche von 42 µg/m³ ermittelt. und breite Straße Die Messungen des Landes Hessen erfolgten Messzeitraum: seit 2011 von Januar 2017 bis Anfang Januar 2018, um Stickstoffmonoxid 2011 einen den EU-Anforderungen entsprechenden Stickstoffdioxid 2011 Jahresmittelwert bilden zu können. Feinstaub (PM 10 ) 2011 Tab. 4: Beschreibung der Luftmessstation Wiesbaden- Schiersteiner Straße - 13 -
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den 2 Allgemeine Informationen Die konkrete Vorgehensweise zu Abschätzung 2.1 Art des Gebietes der Größe des belasteten Gebiets wird in Kap. Wiesbaden ist mit 290.566 Einwohnern (Stand 2.2 dargestellt. 31.08.2018) [6] die zweitgrößte Stadt in Hessen. Bei einer Fläche des Stadtgebietes von Für die räumliche Verteilung bzw. Ausbreitung 203,92 km² [7] ergibt sich eine Einwohnerdichte der Luftschadstoffe gilt, dass bereits die hinter von rd. 1.424 Einwohnern pro km². Damit ist den Häusern liegenden Bereiche den Immissi- Wiesbaden bereits für sich betrachtet ein Bal- onsgrenzwert unterschreiten wie Abb. 7 verdeut- lungsraum i.S. von § 1 Nr. 4. der 39. BImSchV. licht. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Wiesbaden zu einem internationalen Kurort. Zeugen dieser Zeit sind u. a. die russische Kirche auf dem Neroberg und das Kurhaus. Mit dem in dieser Zeit starken Bevölkerungswachstum war eine ausgeprägte Bautätigkeit verbunden, deren re- präsentative Gebäude im Stil des Historismus auch heute noch in vielen Teilen das Stadtbild prägen. Wiesbaden ist Sitz zahlreicher Verwaltungsbe- hörden. Im privatwirtschaftlichen Bereich gibt es einen Schwerpunkt im Chemie- und Pharmabe- reich sowie dem Dienstleistungssektor. Gegen- über dem Landesdurchschnitt weist Wiesbaden einen überdurchschnittlichen Anteil an Beschäf- tigten im öffentlichen und privaten Dienstleis- tungsbereich auf. Die Verteilung der sozialversi- cherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer am Arbeitsort auf die verschiedenen Wirt- schaftsbereiche ist in Tab. 5 aufgelistet. Beschäftigte nach Wirtschaftsberei- Anteil chen [%] Land- und Forstwirtschaft, Fischerei 0,2 Produzierendes Gewerbe 15,6 Handel, Verkehr und Gastgewerbe 20,0 Unternehmensdienstleistungen 30,9 Öffentliche und private Dienstleistungen 33,3 Tab. 5: Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeit- nehmer in Wiesbaden und deren Verteilung auf die verschiedenen Wirtschaftsbereiche (Stand: 30.06.2016); Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt [7] Openstreetmap (www.openstreetmap.org), ODbL1.0 Legende [µg/m³] > 20 > 18 > 16 > 14 > 12 > 10 > 8 >6 >4 >2 2.2 Schätzung der Größe des ver- Abb. 7: Darstellung der durch den lokalen Fahrzeugver- kehr verursachten räumlichen Zusatzbelastung von schmutzten Gebiets NO 2 ; MISKAM-Berechnung mit Gebäuden (obere Abbildung) und ohne Gebäude (untere Abbildung) Bisher wurden in Wiesbaden nur Überschreitun- gen des Immissionsgrenzwertes von Stickstoff- Die untere Darstellung der der Abb. 7 simuliert dioxid gemessen. Die Feinstaubgrenzwerte die Ausbreitung von Stickstoffdioxid bei glei- wurden immer eingehalten. chem Verkehrsaufkommen, wenn es in dem gezeigten Gebiet keine Gebäude gäbe. Dabei - 14 -
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den wird deutlich, dass die Höhe der NO 2 - verminderte Strahlungsintensität durch Nie- Konzentration relativ schnell mit zunehmender derungs- bzw. Industriedunst und Nebel, Entfernung zur Quelle abnimmt. Wände, d.h. niedrige Windgeschwindigkeit mit erhöhtem Bauwerke, Lärmschutzwände u.ä.m. wirken Risiko zur Anreicherung von Luftschadstof- abschirmend gegenüber den dahinter liegenden fen Bereichen. Die Zunahme der Wärmebelastung lässt sich Die Länge der von Grenzwertüberschreitungen auch am Anstieg der mittleren Jahrestemperatur betroffenen Straßenabschnitte betrug 2017 ca. beobachten, siehe Abb. 8. 3 km. Bei einem durchschnittlichen Abstand zwischen den Häusern (Straßenraumbreite) von 1921-1950 1951 - 1980 1981 - 2010 ca. 32 m, ergibt sich ein Belastungsgebiet von ca. 0,1 km². Von Überschreitungen des NO 2 - Grenzwertes waren im Jahr 2017 rd. 4.900 Per- sonen direkt betroffen. 2.3 Topographie und Klima Topographie und Klima spielen für die Luftquali- Abb. 8: Entwicklung der mittleren Jahrestemperaturen im tät eines Ballungsraumes und deren Kommunen Ballungsraum Rhein-Main in der Zeit von 1921 bis eine wesentliche Rolle. 2010 Aus lufthygienischer Sicht sind vor allem die vergleichsweise niedrigen Windgeschwindigkei- 2.3.1 Da s Klim a in Wie s b a d e n ten im Ballungsraum und die damit im Zusam- menhang stehende Häufigkeit von Zeiten mit Der Ballungsraum Rhein-Main gehört zum ungünstigem Luftaustausch (austauscharme warmgemäßigten Regenklima der mittleren Brei- Wetterlagen) charakteristisch. ten. Mit überwiegend westlichen Winden werden das ganze Jahr über relativ feuchte Luftmassen vom Atlantik herangeführt, die zu Niederschlä- gen führen. Der ozeanische Einfluss, der von Nord-West nach Süd-Ost abnimmt, sorgt für milde Winter und nicht zu heiße Sommer. Die einzelnen Klimaelemente sind hier vor allem von der Lage und Geländehöhe des untersuch- ten Gebietes abhängig. Die Niederungen mit Höhenlagen zwischen 130 m und 300 m über NN sind gekennzeichnet durch vergleichsweise niedrige Windgeschwindigkeiten, relativ hohe Lufttemperaturen und geringe Niederschlagshö- hen, deren Hauptanteile in die Sommermonate fallen, wenn durch die hohe Einstrahlung ver- stärkt Schauer und Gewitter auftreten. In den Flusstälern und Talauen kommt es vor allem im Abb. 9: Windrichtungsverteilung an der Messstation des städtischen Hintergrunds Wiesbaden-Süd (Zeit- Herbst und Winter zur Nebelbildung. raum: Januar 2012 bis Dezember 2017) Bioklimatisch wird der Ballungsraum Rhein-Main und damit auch die Lage der Stadt Wiesbaden An der Luftmessstation des städtischen Hinter- als „belasteter“ Verdichtungsraum ausgewiesen. grunds Wiesbaden-Süd wurde zwischen Januar Er ist gekennzeichnet durch folgende klimati- 2016 und Dezember 2017 die kritische mittlere sche Eigenschaften: Windgeschwindigkeit von 1,5 m/s in 55% der Zeit unterschritten. In 33% der Zeit lag die Wärmebelastung durch Schwüle und hohe durchschnittliche Windgeschwindigkeit sogar Lufttemperaturen im Sommer, unterhalb von 1,0 m/s. stagnierende Luft, verbunden mit geschlos- sener Wolkendecke, hoher Feuchtigkeit und o Temperaturen um 0 C im Winter, - 15 -
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den 2.3.2 To p o g ra p h ie Aus naturräumlicher Sicht gehört der Ballungs- raum Rhein-Main zum „Rhein-Main-Tiefland“. Die Stadt Wiesbaden befindet sich am westli- chen (Becken-) Rand des Ballungsraums zwi- schen dem Rheingau und der Hochheimer Ebe- ne. Der Begriff „Tiefland“ verdeutlicht die einer Kessel- oder Beckenlage ähnliche Struktur, was das Höhenprofil in Abb. 10 und der Gelände- schnitt in Abb. 11 anschaulich macht. Verlauf des Geländeschnitts Abb. 11: Geländeschnitt durch Wiesbaden Begrenzt durch den Taunus im Norden können Abb. 10: Höhenprofil des Ballungsraums Rhein-Main die südwestlichen Winde, die in Wiesbaden die vorherrschende Windrichtung darstellen, vor allem im tief gelegenen Becken der Innenstadt nicht zu einer ausreichenden Durchlüftung bei- tragen wie das Höhenprofil in Abb. 11 nochmals verdeutlicht. - 16 -
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den 3 Zuständige Behörden In Hessen ist das Hessische Ministerium für Hessisches Ministerium für Umwelt, Klima- Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Ver- schutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz braucherschutz (HMUKLV) zuständige Behörde Mainzer Straße 80 für die Aufstellung und Fortschreibung von Luft- 65189 Wiesbaden reinhalteplänen (§ 2 ImSchZuV [8]). Grundlage der Luftreinhalteplanung ist die re- Hessisches Landesamt für Naturschutz, gelmäßige Untersuchung der Luftqualität, über Umwelt und Geologie die auch die Öffentlichkeit zu unterrichten ist. Rheingaustraße 186 Diese Aufgaben liegen in der Zuständigkeit des 65203 Wiesbaden Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geo- logie (§ 3 ImSchZuV). Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Für Maßnahmen im Straßenverkehr ist das Ein- Verkehr und Landesentwicklung vernehmen mit den zuständigen Straßenbau- Kaiser-Friedrich-Ring 75 und Straßenverkehrsbehörden erforderlich (§ 47 65185 Wiesbaden Abs. 4 BImSchG). Das Einvernehmen wird durch die oberste Straßenbau- und Straßenver- kehrsbehörde, das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesent- Magistrat der Stadt Wiesbaden wicklung (HMWEVL) erteilt. Dezernat für Umwelt, Grünflächen und Verkehr Gustav-Stresemann-Ring 15 65189 Wiesbaden Die Maßnahmen in Luftreinhalteplänen sind durch Anordnung oder sonstige Entscheidung Regierungspräsidium Darmstadt der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung Abteilung III 33.1 – Verkehrsinfrastruktur Straße durchzusetzen (§ 47 Abs. 6 BImSchG). In erster und Schiene Linie sind das die Behörden der jeweils betroffe- Wilhelminenstraße 1-3 nen Kommune sowie für Maßnahmen im Stra- 64283 Darmstadt ßenverkehr das Regierungspräsidium Darmstadt bzw. Hessen Mobil. Hessen Mobil Straßen- und Verkehrsmanagement Wilhelmstraße 10 65185 Wiesbaden - 17 -
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den 4 Art und Beurteilung der Verschmutzung 4.1 Entwicklung der Luftqualität in Wiesbaden Die Messung der Luftqualität in Wiesbaden er- folgt bereits seit vielen Jahrzehnten. Die Luft- messstation an der Ringkirche gehörte mit zu den ersten verkehrsnahen Messstandorten in Hessen überhaupt. Die Messstation des städti- schen Hintergrunds Wiesbaden-Süd nahm be- reits im Jahr 1976 die Messung von Luftschad- stoffen vor. Am Marktplatz wurde in der Zeit zwischen 1982 und 1996 die Messstation Wies- baden-Mitte betrieben, die aber aufgrund der Abb. 13: Anzahl der jährlichen Überschreitungen des PM 10 - Umstrukturierung des Messnetzes und der Tagesmittelwertes gleichlaufenden Entwicklung der Luftqualität im Vergleich zu den anderen Messstellen aufgege- Seit 2008 erfolgen an ausgewählten Stationen ben wurde. des städtischen Hintergrunds und seit 2010 auch verkehrsnah Messungen der kleineren Feinstaubfraktion PM 2,5 . Der dafür seit 2015 4.1.1 En twic klu n g d e r Fe in s ta u b b e la s - geltende Immissionsgrenzwert in Höhe von 25 tu n g µg/m³ wurde in Wiesbaden und auch an keiner anderen Stelle in Hessen jemals seit Aufnahme Hohe Feinstaubkonzentrationen (PM 10 ) stellten der Messungen überschritten. eine Zeit lang das gravierendste Gesundheits- problem durch Luftschadstoffe dar. In Wiesba- den wurden die dafür festgelegten Immissions- grenzwerte jedoch nie seit Beginn der Feinstaubmessungen überschritten. Abb. 14: Entwicklung der PM 2,5 -Belastung in Wiesbaden 4.1.2 En twic klu n g d e r S c h we fe ld io xid u n d Be n zo lb e la s tu n g Abb. 12: Entwicklung der PM 10 -Belastung in Wiesbaden Schwefeldioxid gehörte in den 80er Jahren zu den Hauptverursachern der berüchtigten Win- Im Jahresmittel liegen die PM 10 -Konzentrationen tersmogepisoden. Durch den Einbau von Ent- inzwischen selbst an den verkehrsbezogenen schwefelungsanlagen insbesondere bei den Messstationen unterhalb von 20 µg/m³, was der Industriebetrieben konnte die Immissionsbelas- Empfehlung für einen PM 10 -Jahresmittelwert der tung soweit reduziert werden, dass nicht nur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entspricht. Grenzwert seit langem sicher eingehalten, son- Auch die Einhaltung des Kurzzeitgrenzwertes dern bereits so weit unterschritten wird, dass von PM 10 stellt nie ein Problem dar. Hier liegt sich Messungen vieler Orts inzwischen erübri- der Immissionsgrenzwert bei 35 Überschreitun- gen. Die zum Schutz der menschlichen Ge- gen des Tagesmittelwertes von 50 µg/m³, die sundheit festgelegten Immissionsgrenzwerte für pro Jahr zulässigerweise überschritten werden Schwefeldioxid betragen 350 µg/m³ pro Stunde dürfen. bei 24 zulässigen Überschreitungen pro Jahr - 18 -
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den bzw. 125 µg/m³ pro Tag bei zulässigen drei Der Zielwert zum Schutz der menschlichen Ge- Überschreitungen pro Jahr. Schwefeldioxid wur- sundheit vor Ozon beträgt 120 µg/m³ als höchs- de nur an den Messstationen im ländlichen ter Achtstundenmittelwert bei zulässigen 25 Raum sowie im städtischen Hintergrund gemes- Überschreitungen pro Jahr. Da Ozon durch sen. Stickoxide aus dem Verkehr teilweise zerstört wird, wird Ozon nicht verkehrsnah gemessen. Hohe Ozonkonzentrationen findet man aus die- sem Grund am ehesten in ländlichen Regionen. Der Zielwert wurde in Wiesbaden in den Jahren 2004 bis 2010 an der Luftmessstation Süd über- schritten, seither aber nicht mehr. 4.1.4 En twic klu n g d e r S tic ko xid b e la s tu n g (NO x u n d NO 2 ) Stickoxide, d.h. Stickstoffmonoxid (NO) und Abb. 15: Entwicklung der Schwefeldioxid- (SO 2 ) und Ben- Stickstoffdioxid (NO 2 ) entstehen im Wesentli- zolbelastung in Wiesbaden chen bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe. Direkt nach der Verbrennungseinrichtung wer- Der Immissionsgrenzwert für Benzol beträgt den die Stickoxide überwiegend in Form von NO 5 µg/m³ im Jahresmittel. Benzol wurde bis Ende emittiert und nur in geringem Anteil direkt in der 90er Jahre dem Kraftstoff zur Erhöhung der Form von NO 2 . Das NO wird an der Luft relativ Klopffestigkeit zugesetzt. Aufgrund seiner schnell zu NO 2 oxidiert, weshalb vor allem an krebserregenden Eigenschaften wurde ab dem emissionsfernen Standorten, wie den Luftmess- Jahr 2000 die Konzentration von Benzol im stationen des ländlichen Raums, fast nur noch Kraftstoff begrenzt. Der insbesondere aus Ab- NO 2 gemessen wird. gasemissionen freigesetzte Luftschadstoff wird daher nur an verkehrsbezogenen Standorten Um die Gesamtemissionen der Stickoxide bes- gemessen. ser einschätzen zu können, wird die gemessene Konzentration des Stickstoffmonoxids so umge- rechnet, als wenn es sich bereits zu Stickstoffdi- 4.1.3 En twic klu n g d e r Ozo n b e la s tu n g oxid umgewandelt hätte. Zusammen mit der gemessenen Konzentration von Stickstoffdioxid Die Konzentration von bodennahem Ozon wird erhält man eine Gesamtstickoxidkonzentration im Wesentlichen durch die Intensität der Son- (NO x ). Diese Gesamtstickstoffoxidkonzentration neneinstrahlung bedingt. Im Gegensatz zu stra- ist auch deshalb von Bedeutung, weil z.B. Emis- tosphärischem Ozon, das in großen Höhen ein sionsgrenzwerte bei Fahrzeugen und Industrie- Schutzschild gegen UV-Strahlung bildet, beein- anlagen ausschließlich auf NO x bezogen sind. trächtigt bodennahes Ozon die physische Leis- tungsfähigkeit und kann zu Atemwegsproblemen führen. Für Ozon existieren bisher lediglich Zielwerte. Abb. 17: Entwicklung der NO x -Konzentration in Wiesbaden Abb. 16: Entwicklung der Ozonbelastung in Wiesbaden Die Reduzierung der NO x -Konzentration ist zwar erfreulich, zeigt sie doch, dass emissionsmin- dernde Maßnahmen greifen. Sie reicht aber - 19 -
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den nicht aus, um das Problem gesundheitsgefähr- So wird der seit dem Jahr 2010 in Kraft getrete- dend hoher Stickstoffdioxidkonzentrationen ne Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid an (NO 2 ) zu lösen. Warum das Problem hoher den verkehrsnahen Messstationen Ringkirche NO 2 -Konzentrationen weiterhin besteht, wird in und Schiersteiner Straße noch immer deutlich Kap. 4.2 näher beleuchtet. überschritten, auch wenn sich hier die Maßnah- men der vorausgegangenen Luftreinhalte- und Aktionspläne positiv bemerkbar machen. Dagegen wurde der Kurzzeitgrenzwert für NO 2 in Höhe von 200 µg/m³ als Stundenmittelwert, der zulässigerweise bis zu 18 Mal im Jahr über- schritten werden darf, bisher immer eingehalten. 4.1.5 Be la s tu n g s s itu a tio n 2017 In Tab. 6 werden die Messergebnisse des Jah- res 2017 dargestellt. In der Tabelle enthalten sind auch die Jahresmittelwerte der Passiv- Abb. 18: Entwicklung der NO 2 -Jahresmittelwerte in Wiesba- den sammlermessungen enthalten. PM 2,5 PM 10 NO 2 SO 2 C6H6 Komponente Kenngröße JM 24-h JM 1-h JM 1-h 24-h JM JM Grenzwert 25 50 40 200 40 350 125 20 5 zulässige Überschrei- 35 18 24 3 tungen / a Einheit µg/m³ Anz. µg/m³ Anz. µg/m³ Anz. Anz. µg/m³ µg/m³ Bahnhofsvorplatz* - - - - 45,1 - - - - Erich-Ollenhauer-Straße* - - - - 39,0 - - - - Mainzer Straße* - - - - 49,0 - - - - Ringkirche 12,9 7 19,3 0 48,9 - - - 1,41 Schiersteiner Straße - 9 19,4 0 50,0 - - - - Süd 10,7 6 16,7 0 28,5 0 0 0,9 - *NO 2 -Passivsammler-Messung Tab. 6: Messergebnisse für das Jahr 2017 in Wiesbaden Die Messwerte an der Station des städtischen aus beiden erfolgen. Wann ortsfeste Messungen Hintergrunds Wiesbaden-Süd zeigen eine be- erfolgen müssen und wann Modellrechnungen reits vergleichsweise hohe Hintergrundbelas- ausreichen, ist durch die 39. BImSchV geregelt. tung. Mit nahezu 30 µg/m³ Stickstoffdioxid wer- Die Verordnung macht dabei konkrete Vorga- den drei Viertel des Immissionsgrenzwertes ben, ab welchen Schadstoffkonzentrationen bereits ausgeschöpft. Zur Überschreitung des ortsfeste Messungen vorzunehmen sind sowie Grenzwertes bedarf es dann keiner besonders zu deren Anzahl, Standorten und Methode der hohen Zusatzbelastung aus dem lokalen Ver- Probenahme. kehr. Für die Beurteilung der Luftqualität in Wiesba- den wurde eine Kombination aus beiden Mög- lichkeiten gewählt. Neben den ortsfesten Mes- 4.2 Angewandte Beurteilungstech- sungen (siehe Kapitel 1.3) wurden Modellrech- nik nungen zur Beurteilung der Luftqualität in 114 Straßenabschnitten vorgenommen. Die Luftqualität eines Gebiets oder Ballungs- raums kann entweder durch ortsfeste Messun- gen, Modellrechnungen oder eine Kombination - 20 -
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den 4.2.1 Be iträ g e zu r Ge s a m tb e la s tu n g Der Zusatzbelastung aus dem lokalen Ver- kehr, d.h. der Luftschadstoffkonzentration, Die höchsten Immissionskonzentrationen wer- die durch den lokalen Verkehr in einer den regelmäßig an den verkehrsbezogenen Straße verursacht wird. Zusammen mit der Messstationen registriert. Die dort gemessene städtischen Hintergrundbelastung addiert Luftschadstoffbelastung (Gesamtbelastung) sich die verkehrsbedingte Zusatzbelastung setzt sich aus verschiedenen Beiträgen zusam- zur Gesamtbelastung. Diese wird an den men, die nicht separat gemessen werden kön- verkehrsbezogenen Messstationen regis- nen. Wie sich diese Gesamtbelastung zusam- triert. mensetzt wird in Kap. 6.1 dargestellt. 4.2.2 Mo d e llre c h n u n g e n zu r Erm ittlu n g d e r d e r Ve ru rs a c h e ra n te ile Zur Ermittlung der Verursacheranteile wurden Ausbreitungsrechnungen [9] beauftragt. Mit Hilfe solcher Modellberechnungen kann eine Aussa- ge z.B. über den Ferneintrag von Luftschadstof- fen mit der in den Ballungsraum einströmenden Luft als auch über die Immissionsanteile aus der Industrie, den Gebäudeheizungen und dem Kfz- Verkehr getroffen werden. Die Modellrechnun- gen wurden dabei für Hauptbelastungspunkte in den Städten durchgeführt. Abb. 19: Zusammensetzung der Einzelbeiträge zur Schad- Die rechnerische Bestimmung der Beiträge von stoffbelastung bestimmten Emittentengruppen erfordert die Anwendung eines chemischen Transportmo- Die Gesamtbelastung in einem Straßenzug setzt dells, da Stickstoffdioxid überwiegend über sich zusammen aus: chemische Prozesse gebildet wird. Zur Anwen- Dem grenzüberschreitenden Ferneintrag, dung kam das chemische Transportmodell d.h. der Luftschadstoffkonzentration, die REM-CALGRID (RCG), das an der FU Berlin durch Emissionen außerhalb von Hessen entwickelt wurde. Das RCG-Modell berechnet verursacht wurde und mit der freien Luft- die Konzentration von Schadstoffen an einem strömung eingetragen wird. Ort in Abhängigkeit von der Emission, von phy- sikalischen und chemischen Prozessen während Der regionalen Hintergrundbelastung, d.h. des Transportvorgangs in der Atmosphäre sowie der Luftschadstoffkonzentration wie sie ab- von meteorologischen und topographischen seits größerer Emissionsquellen wie Indust- Einflüssen. rieanlagen, Städten oder Straßen gemes- sen wird. Hier kommen vermehrt auch an- Die Ergebnisse der Ausbreitungsrechnungen dere Schadstoffquellen wie Emissionen aus sind für die Stadt Wiesbaden im Kap. 6.1 darge- der Landwirtschaft oder aus natürlichen stellt. Quellen zum Tragen. Die regionale Hinter- grundbelastung wird zusammen mit dem Ferneintrag an den Messstationen im länd- 4.2.3 Be re c h n u n g d e r ve rke h rs b e d in g te n lichen Raum gemessen. Zu s a tzb e la s tu n g d u rc h Mo d e llre c h - Der Zusatzbelastung städtischer Hinter- nung grund, d.h. der Luftschadstoffkonzentration, die durch die Emissionen aus Industriean- Da nur an einzelnen Stellen in der Stadt Wies- lagen, Gewerbebetrieben, Verkehr und baden die Schadstoffbelastung konkret durch Gebäudeheizung innerhalb einer Kommu- Messungen ermittelt wird, erfolgt die Beurteilung ne verursacht wird. Die gesamte städtische der Luftqualität im übrigen Stadtgebiet anhand Hintergrundbelastung wird zusammen mit von Modellrechnungen. der regionalen Hintergrundbelastung an Zur Ermittlung der verkehrsbedingte Zusatzbe- den Messstationen des städtischen Hinter- lastung wurden alle Hauptverkehrsstraßen in grunds gemessen. Wiesbaden untersucht. - 21 -
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den schen Wetterdienstes sowie straßenspezifische Daten zur Verkehrszusammensetzung und - stärke verwendet. MISKAM (Mikroskaliges Klima- und Ausbrei- tungsmodell) ist ein dreidimensionales nicht- hydrostatisches Strömungs- und Ausbreitungs- modell für die kleinräumige Prognose von Wind- verteilung und Konzentrationen in der Umge- bung von Einzelgebäuden sowie in Straßen bis hin zu Stadtteilen. Mit ihrer Hilfe kann die verkehrsbedingte Zu- satzbelastung in einer Straße anhand der Fakto- ren Verkehrsmenge, Anteile der Fahrzeugtypen (Pkw, leichte und schwere Nutzfahrzeuge sowie Busse), Qualität des Verkehrsflusses, Höhe der Openstreetmap (www.openstreetmap.org), ODbL1.0 Abgasemissionen der verschiedenen Fahrzeug- Abb. 20: Hauptverkehrsstraßennetz in Wiesbaden (gelbe typen unter den verschiedenen Bedingungen, Markierung) Steigungen, Bebauungssituation (Höhe und Porosität der Bebauung, Breite der Straßen) Als Berechnungsmodelle kommen die Pro- sowie Lage der Straße zur Hauptwindrichtung em/luft gramme IMMIS sowie MISKAM zum Ein- berechnet werden. Zusammen mit der städti- em/luft satz. IMMIS berechnet die durch Kraftfahr- schen Vorbelastung, die sich aus den Messun- zeuge erzeugten Emissionen und modelliert die gen der Messstation des städtischen Hinter- Ausbreitung der Immissionen von Luftschadstof- grunds ergeben, kann dann die Gesamtbelas- fen im Straßenraum. Es beruht auf dem CPB- tung in einem Straßenzug ermittelt werden. Die Modell für Straßenschluchten und einem Box- Ergebnisse dieser Berechnungen sind in Kap. Modell für offene Bebauungen. Als Modell-Input 6.3 dargestellt. werden eine 10 Jahres-Klimatologie des Deut - 22 -
Entwurf Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, 2. Fortschreibung Teilplan Wiesba- den 5 Ursprung der Verschmutzung Von den sechs Emittentengruppen 5.1 Liste der wichtigsten Emissi- onsquellen biogene und nicht gefasste Quellen, Luftschadstoffe sind sowohl anthropogenen Gebäudeheizung, (vom Menschen geschaffen) als auch biogenen Industrie, (von Lebewesen geschaffen) oder geogenen (von der Erde geschaffen) Ursprungs. Dies trifft Verkehr (Kfz-, Schienen- und Schiffsver- insbesondere für Feinstaub zu, der in manchen kehr sowie Flugverkehr bis 300 m über Teilen Europas in nicht unerheblichem Maß aus Grund), Quellen (z.B. Meersalzaerosole) stammt, die nicht mit Maßnahmen zu beeinflussen sind. Im Kleingewerbe und Gegensatz dazu gehören Stickstoffdioxid oder privater Verbrauch und Handwerk die Stickoxide insgesamt zu den ganz überwie- gend anthropogen verursachten Luftschadstof- haben der Kfz-Verkehr, die Industrie und die fen. Es existieren zwar auch hierfür natürliche Gebäudeheizung im Hinblick auf die Einhaltung Quellen wie z.B. Waldbrände, Vulkanausbrüche, der Grenzwerte der 39. BImSchV die größte mikrobiologische Reaktionen in Böden oder Relevanz für die Luftreinhalteplanung. ähnliches mehr, sie sind jedoch nur in sehr un- tergeordnetem Maß für die hohen Stickstoffdi- Die Schadstoffemissionen von Industrieanlagen oxidkonzentrationen in unseren Städten. sind nach Vorgabe der Verordnung über Emis- sionserklärungen – 11. BImSchV [11] – alle vier Jahre mitzuteilen. Nach der 5. Verwaltungsvorschrift zum Bundes- Immissionsschutzgesetz [12] ist das Emissions- kataster für die Gebäudeheizung und den Ver- kehr in der Regel alle sechs Jahre fortzuschrei- ben. Die aktuellen Erhebungen stammen in Be- zug auf die Gebäudeheizung und die Industrie jeweils aus dem Jahr 2012. Die Verkehrsemissionen entstammen der re- gelmäßig alle fünf Jahre bundesweit durchge- führten Verkehrszählung, die zusammen mit den Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs (HBE- FA) die Gesamtverkehrsemissionen ergeben. Da die offiziellen Verkehrszählungen für das hessische Emissionskataster „Kfz-Verkehre“ nur Verkehrsdaten auf Bundesautobahnen, Bundes- straßen und Landstraßen außerhalb von ge- schlossenen Ortschaften umfassen, wurden zur Beurteilung der Immissionen auch weitere aktu- elle innerstädtische Zählungen der Stadt Wies- baden berücksichtigt. Abb. 21: Darstellung der anthropogen verursachten NO 2 - 5.2 Industrieemissionen Belastung in Hessen [9] Das Emissionskataster Industrie erfasst die Emissionen der im Anhang der 4. BImSchV [13] Stickoxide entstehen in erster Linie bei Verbren- genannten genehmigungsbedürftigen Anlagen. nungsvorgängen. Wesentliche Emissionsverur- Die seitens der Industrie berichteten Emissionen sacher sind der Verkehr, Industrieanlagen – hier bilden die Grundlage des Industrie- vor allem Kraftwerke – sowie die Gebäudehei- Emissionskatasters. zung. Einen Überblick über die Entwicklung der wesentlichen Emittenten gibt das hessische In Wiesbaden wurden mit Stand 2012 40 ge- Emissionskataster. Es wird für das Bundesland nehmigungsbedürftige Anlagen betrieben, die Hessen vom HLNUG geführt [10]. der Emissionserklärungspflicht unterliegen. - 23 -
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