Epidemiologisches Bulletin 46 2021 - Virchowbund
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AKTUELLE DATEN UND INFORMATIONEN ZU INFEKTIONSKRANKHEITEN UND PUBLIC HEALTH 46 Epidemiologisches 2021 Bulletin 18. November 2021 Infektionsschutz in Kitas und Schulen | STIKO: 13. Aktualisierung der COVID-19- Impfempfehlung
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2021 18. November 2021 2 Inhalt Warum müssen wir Kinder vor einer SARS-CoV-2-Infektion schützen? 3 In der COVID-19-Pandemie führten die bisherigen Kontaktbeschränkungen zu gravierenden Einschränkun- gen des Kita- und Schulbetriebs. Da für Kinder unter 12 Jahren noch kein Impfstoff zugelassen ist, kann ein kontinuierliches Betreuungs- und Bildungsangebot in Kitas und Schulen ohne erhöhtes Infektions- und Er- krankungsrisiko nur unter Aufrechterhaltung von infektionspräventiven Maßnahmen gewährleistet werden. (Dieser Beitrag erschien online vorab am 2. November 2021.) Beschluss der STIKO zur 13. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung 10 Die STIKO empfiehlt für die COVID-19-Grundimmunisierung bei unter 30-Jährigen nur noch den mRNA- Impfstoff Comirnaty, da in dieser Altersgruppe das Risiko des Auftretens einer Myokarditis nach Impfung mit dem mRNA-Impfstoff Spikevax höher ist als mit Comirnaty. Ebenso wird empfohlen, Personen im Alter < 30 Jahren, die bereits eine 1. Impfstoffdosis Spikevax erhalten hatten, bei der 2. Impfung mit Comirnaty zu impfen. Bei Indikation zu einer Auffrischimpfung oder Optimierung der Grundimmunisierung in dieser Altersgruppe soll unabhängig vom zuvor verwendeten Impfstoff Comirnaty eingesetzt werden. Wissenschaftliche Begründung der STIKO zur Empfehlung, im Alter unter 30 Jahren ausschließlich Comirnaty zur COVID-19-Grundimmunisierung und Auffrischimpfung zu verwenden 20 Seit dem Frühjahr 2021 ist bekannt, dass im Zusammenhang mit der Anwendung der mRNA-Impfstoffe Comirnaty und Spikevax insbesondere bei Jungen und jungen Männern Myo- und/oder Perikarditiden auftre- ten können. Aufgrund dieser Berichte hat die STIKO ihre Empfehlung zur COVID-19-Impfung mit Spikevax und Comirnaty überprüft und auf der Basis aktueller Daten eine erneute Risiko-Nutzen-Analyse durchgeführt. Aktuelle Statistik meldepflichtiger Infektionskrankheiten: 45. Woche 2021 33 Publikationshinweis: Aktuelles vom Journal of Health Monitoring 36 Impressum Herausgeber Allgemeine Hinweise/Nachdruck Robert Koch-Institut Die Ausgaben ab 1996 stehen im Internet zur Verfügung: Nordufer 20, 13353 Berlin www.rki.de/epidbull Telefon 030 18754 – 0 Inhalte externer Beiträge spiegeln nicht notwendigerweise Redaktion die Meinung des Robert Koch-Instituts wider. Dr. med. Jamela Seedat Dr. med. Maren Winkler (Vertretung) Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Telefon: 030 18754 – 23 24 Namensnennung 4.0 International Lizenz. E-Mail: SeedatJ@rki.de Nadja Harendt (Redaktionsassistenz) Telefon: 030 18754 – 24 55 Claudia Paape, Judith Petschelt (Vertretung) ISSN 2569-5266 E-Mail: EpiBull@rki.de Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit.
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2021 18. November 2021 3 Warum müssen wir Kinder vor einer SARS-CoV-2-Infektion schützen? Krankheitslast sowie Auswirkungen von Maßnah- das von jüngeren Kindern ausgehende Transmis men zur Eindämmung der Coronavirus Disease sionsrisiko noch nicht abschließend quantifiziert 2019-(COVID-19-)Pandemie sind sowohl in ver- ist, ist es mittlerweile gesichert, dass Kinder für schiedenen Altersgruppen als auch in der Bevölke- SARS-CoV-2 suszeptibel sind und auch innerhalb rung ungleichmäßig verteilt. In der COVID-19- dieser Altersgruppe das Virus übertragen können. Pandemie führten die bisherigen Kontaktbeschrän- Sie nehmen also am Transmissionsgeschehen kungen zu gravierenden Einschränkungen des re- teil. 6 – 11 COVID-19-Ausbrüche treten sowohl in Kitas gulären Kindertagesstätten- (Kita-) und Schulbe- als auch in Schulen auf.9,12 Im Herbst/Winter 2021/ triebs. Diese Einschränkungen waren und sind für 2022 kann es aus folgenden Gründen zu höheren viele Kinder und deren Familien sowie für Betreu- Inzidenzen als bisher bei Kindern kommen, wie dies ungs- und Lehrpersonal eine erhebliche Belas- bereits zu beobachten ist: Zum einen wird das aktu- tung.1 – 4 Für Kinder ab dem Alter von 12 Jahren ste- elle COVID-19-Infektionsgeschehen in Deutschland hen zugelassene und von der Ständigen Impfkom- zu etwa 99% von der SARS-CoV-2-Deltavariante mission (STIKO) empfohlene Impfstoffe zur Verfü- dominiert.13 Diese Deltavariante weist eine höhere gung, aber 1) ist aktuell die Mehrzahl der 12- bis Basisreproduktionszahl auf als die in den früheren 18-Jährigen nicht geimpft, und 2) ist momentan für Infektionswellen zirkulierenden Virusvarianten, sie rund 9 Millionen Kinder unter dem Alter von 12 Jah- ist also ansteckender.14 Zum anderen wurden im ver- ren kein Impfstoff zugelassen. Zwar wurde für die gangenen Herbst/Winter 2020/2021 weitreichende Altersgruppe 5 – 11 Jahre die Zulassung eines Impf- bevölkerungsbezogene Maßnahmen ergriffen, die stoffes gerade beantragt,5 aber auch unabhängig von das Infektionsgeschehen in der Gesamtbevölkerung der Option einer Impfung muss allen Kindern der begrenzten. Aktuell spielt sich das Infektionsge- Besuch von Kita und Schule ermöglicht werden. Da- schehen zunehmend in der ungeimpften und nicht- her plädieren wir für einen uneingeschränkten Zu- immunisierten Bevölkerung ab, weshalb auch die gang zu diesen essenziellen Einrichtungen und ein Altersgruppen der Kinder und Jugendlichen derzeit kontinuierliches Betreuungs- und Bildungsangebot am stärksten betroffen sind: In der Kalenderwoche ohne ein höheres Infektions- und Erkrankungsrisi- (KW) 42/2021 lag die 7-Tage-Inzidenz in den Alters- ko, was jedoch zu Zeiten der COVID-19-Pandemie gruppen 0 – 4 Jahre bei 67/100.000, 5 – 9 Jahre bei nur unter Aufrechterhaltung von infektionspräven- 194/100.000 und 10 – 14 Jahre bei 237/100.000. In tiven Maßnahmen gelingen kann. Dazu gehört die KW 41/2021 wurden in acht Landkreisen und einer Umsetzung etablierter Hygiene- und Infektions- kreisfreien Stadt in der Altersgruppe der 10- bis schutzkonzepte, das Fernbleiben symptomatischer 19-Jährigen sogar I nzidenzen über 500/100.000 be- Kinder und Betreuender sowie Lehrender ebenso richtet. Nicht nur die 7-Tage-Inzidenzen der gemel- wie ein vollständiger Immunschutz aller weiteren deten SARS-CoV-2-Infektionen, welche durch un- Personen, in deren Obhut die Kinder leben und be- terschiedliche Teststrategien beeinflusst werden treut werden. Wir sollten die COVID-19-Pandemie können, sondern auch der starke Anstieg der Mel- dazu nutzen, diese essenziellen Einrichtungen jetzt dungen von Ausbrüchen im Schulsetting sprechen und für die Zukunft sicherer zu gestalten. für eine Zunahme der Infektionen. Auch die Daten der syndromischen Surveillance zur Gesamtsitua tion akuter respiratorischer Erkrankungen zeigen SARS-CoV-2-Infektionen bei Kindern einen deutlichen Anstieg bei Kindern im Kita- und Eine Transmission von Severe Acute Respiratory Schulalter.15 Bei der Inzidenz der 0- bis 4-Jährigen Syndrome Coronavirus 2 (SARS-CoV-2) ist von und ist zu beachten, dass im Gegensatz zu Schulkindern innerhalb jeder Altersgruppe möglich. Auch wenn in keinem Bundesland eine Testpflicht für Kitakin-
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2021 18. November 2021 4 der besteht, sodass hier von einer größeren Unterer- der 4 bzw. 12 Wochen noch vorliegen. Am häufigs- fassung ausgegangen werden muss. Alle anderen ten beschrieben sind Müdigkeit und schnelle Er- Altersgruppen weisen derzeit niedrigere 7-Tage- schöpfung nach Belastung, Luftnot, Kopfschmerzen, Inzidenzen als Schulkinder im Alter von 5 – 14 Jah- neurokognitive Symptome wie Gedächtnis- und ren auf 16 (Datenstand: 27.10.2021). Konzentrationsstörungen, dysautonome Störungen sowie kardiovaskuläre Symptome, aber auch Schlaf- SARS-CoV-2-Infektionen bei Kindern verlaufen, an- störungen, Ängstlichkeit und depressive Verstim- ders als bei Erwachsenen, meist mild bzw. asympto- mung.28 – 32 matisch. Wenn auch selten, so treten schwere Krankheitsverläufe und Todesfälle ebenfalls bei Kin- Derzeit ist ungeklärt, welche dieser Symptome ur- dern auf.17 – 20 Zudem können auch asymptomatisch sächlich mit der SARS-CoV-2-Infektion in Zusam- infizierte Kinder nach einer akuten SARS-CoV-2- menhang stehen, inwieweit sie zu bleibenden ge- Infektion die zwar seltene, aber schwere Folge sundheitlichen Einschränkungen im Alltag führen, erkrankung PIMS (Paediatric Inflammatory Multisys- und welche Rolle vorbestehende psychische und kör- tem Syndrome)/MIS-C (Multisystem Inflammatory perliche Gesundheitsprobleme für die Entwicklung Syndrome in Children) entwickeln.21 – 23 Bei zuneh- von Langzeitfolgen spielen. Die Studienlage deutet mender SARS-CoV-2-Ausbreitung unter Kindern darauf hin, dass zumindest ein Teil der Symptome könnte es im Winter zu einer hohen Zahl an Infek- eine Folge der COVID-19-Erkrankung darstellt, ist tionen im Kindes- und Jugendalter kommen. Je aber nicht eindeutig;34 – 38 manche Studien weisen mehr Kinder infiziert werden, desto höher würde Limitationen im Hinblick auf den Einschluss großer, dann auch die Anzahl der schweren Krankheitsver- bevölkerungsrepräsentativer Stichproben, die Aus- läufe ausfallen. Kinder mit Vorerkrankungen wä- wahl der Kontrollgruppen und ausreichend lange ren hiervon stärker betroffen, ebenso Kinder aus Nachbeobachtungszeiten auf.39 Aufgrund dieser he- Regionen mit niedrigerem sozioökonomischem terogenen Datenlage kann das Ausmaß langfristiger Status.17,24 – 27 gesundheitlicher Folgen einer SARS-CoV-2-Infek tion derzeit nicht eindeutig bewertet werden. Solan- Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Risiko für ge diese wichtige Frage nicht geklärt ist, sollten Kin- mögliche Langzeitfolgen einer SARS-CoV-2-Infek der der Gefahr einer Infektion nicht unnötig ausge- tion bei Kindern und Jugendlichen: Symptome, die setzt werden. im Anschluss an eine SARS-CoV-2-Infektion über die akute Krankheitsphase hinaus anhalten oder Zusätzlich zu den o. g. Ausführungen zur Krank- neu auftreten können. Eine große Kohortenstudie heitslast kommt die Tatsache, dass bisher keine ge- weist auf der Grundlage von Gesundheitsversor- zielte präventive oder kurative Therapie für Long gungsdaten darauf hin, dass nicht nur Erwachsene, COVID zur Verfügung steht. Auch deshalb ist es sondern auch Kinder und Jugendliche von Langzeit- wichtig, Kinder und Jugendliche vor möglichen lang folgen nach SARS-CoV-2-Infektion betroffen sind.33 anhaltenden oder dauerhaften Konsequenzen einer Bislang existiert jedoch keine allgemein akzeptierte SARS-CoV-2-Infektion bestmöglich zu schützen. klinische Falldefinition für Langzeitfolgen einer SARS-CoV-2-Infektion im Kindesalter. In aktuellen Ein zusätzlicher Grund für allgemeine Infektions- Leitlinien wird von Long COVID gesprochen, wenn schutzmaßnahmen ist die Reduktion von Infektio- Symptome über einen Zeitraum von 4 Wochen nen durch weitere Atemwegserreger. Die Maßnah- hinaus anhalten oder auch danach neu auftreten, men schützen nicht nur vor SARS-CoV-2-Infektio- ohne dass eine andere Erklärung dafür gefunden nen, sondern auch vor anderen respiratorischen werden kann. Der ebenfalls verwendete Begriff Post Virusinfektionen. Verdeutlichen lässt sich dies am COVID bezieht sich entsprechend auf einen Zeit- Beispiel des humanen Respiratorischen Synzytial- raum von mehr als 12 Wochen. Ähnlich wie bei Er- Virus (RSV), das in Deutschland für viele Hospitali- wachsenen werden bei Kindern und Jugendlichen sierungen bei Kleinkindern verantwortlich ist: Es eine Vielzahl verschiedener körperlicher, mentaler wird seit KW 31/2021 wieder regelmäßig im Sentinel und psychischer Symptome berichtet, die jenseits der Arbeitsgemeinschaft Influenza nachgewiesen.
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2021 18. November 2021 5 Die RSV-Nachweise sind in den letzten Wochen ländern sehr unterschiedlich und leider oft nur un- stark gestiegen und liegen deutlich über den Werten zureichend implementiert. Dabei erlauben kluge der Vorjahre um diese Jahreszeit.15 Dies ist vermut- Testkonzepte eine gezielteres und mit möglichst lich die Folge einer aufgrund von Kontaktbeschrän- wenig Einschränkungen und Fehlzeiten verbunde- kungen ausgebliebenen RSV-Saison im Winter nes Quarantäne-Vorgehen. 2020/2021. Da RSV hauptsächlich unter jungen Kindern im Vorschulalter zirkuliert, sollten im Dass alle Räume, in denen sich Kinder mitunter Herbst/Winter 2021/2022 auch deshalb vor allem stundenlang aufhalten, hinreichend gelüftet werden symptomatische Kitakinder konsequent zu Hause müssen, ist schon lange Stand des Wissens.51,52 Es bleiben, um RSV-Übertragungen und potenziell ist unter dem Aspekt der Raumlufthygiene sowohl schwere Verläufe bei den anderen Kitakindern und für schlecht als auch gut zu lüftende Kita- und Klas- deren jüngeren Geschwistern zu verhindern.40 Auch senräume dringend anzuraten, diese mit CO2- Co-Infektionen von SARS-CoV-2 und RSV sowie an- Sensoren/-Ampeln auszustatten, da das Lüften über deren Erregern sind beschrieben.41 Fenster meist sehr subjektiv gehandhabt wird. Es wird vielfach zu wenig, mitunter aber auch „zu viel“ gelüftet, wodurch in kalten Jahreszeiten die Akzep- Welche Schutzmaßnahmen stehen zur tanz dieser Maßnahme sinkt. Die aktuelle Situation Verfügung? bietet die Gelegenheit, hier einen nachhaltigen Fort- Eine konsequente Umsetzung der bekannten Kon- schritt zu erreichen. Eine bessere Raumlüftung stei- zepte zur Infektionsprävention42 – 44 ist die Vorausset- gert zudem die Aufnahmefähigkeit der Kinder, för- zung für einen kontinuierlichen Kitabetrieb und dert den Lernerfolg, das Wohlbefinden und die Ge- Präsenzunterricht, ohne dass ein im Vergleich zum sundheit. Alltagsleben deutlich erhöhtes Infektionsrisiko für Kinder besteht.45 Die Konzepte basieren auf einer Die genannten Schutzmaßnahmen sollten über Multikomponenten-Strategie und beinhalten die den Herbst/Winter 2021/2022 in allen Kitas und Kohortierung in möglichst kleinen definierten Schulen aufrechterhalten bleiben. Ein weiterer wich- (Lern-)Gruppen (in Schulen möglichst mit konstan- tiger Aspekt, um den Eintrag von SARS-CoV-2- ten Sitznachbarn), Lüftungskonzepte (ggf. unter Infektionen in Schulklassen und Kita-Gruppen ge- Nutzung von Luftreinigern), die AHA+L-Regeln nerell zu minimieren ist die Kokon-Strategie: Die (Abstand halten, Hygiene beachten, Alltag mit Wahrnehmung des Impfangebots durch Erzie- Maske und Lüften), altersgerechte systematische hungs- und Lehrpersonal sowie alle Personen im Testkonzepte und das altersadaptierte Tragen von Haushalt (z. B. Eltern, Geschwister) und häuslichen Mund-Nasen-Schutz.46 Das Tragen von Mund- Umfeld der Kinder, für die eine STIKO-Empfeh- Nasen-Schutz in Schulen reduziert nachweislich lung zur C OVID-19-Impfung besteht.53 Darüber deutlich die Zahl der Ausbrüche und pädiatrischen hinaus ist das Risiko von Einträgen und Ausbrü- COVID-19-Fälle.47,48 chen in Kitas und Schulen grundsätzlich beträcht- lich verringert, wenn eine niedrige Gesamtinzidenz Konsequente systematische s erielle Testungen re- in der Bevölkerung vorliegt. duzieren das Transmissionsrisiko durch prä- oder asymptomatisch infizierte Kinder. Bei der Test- durchführung empfiehlt das Robert Koch-Institut Infektionsschutz und Betreuungs- und (RKI) für Kinder im Kita- und Grundschulalter Bildungsauftrag gehören zusammen Lolli-Pool-PCR-Tests, da Antigentests für diese Der Infektionsschutz darf nicht in Konkurrenz zur Altersgruppen nur unzureichend geeignet sind. Offenhaltung von Bildungseinrichtungen stehen, Die Vor- und Nachteile der Verwendung von Anti- sondern muss im Gegenteil als Voraussetzung für gentests, PCR- und Lolli-Pool-PCR-Tests sind hin- einen kontinuierlichen Betrieb und die Offenhal- reichend publiziert.44,49,50 Altersgerechte Testkon- tung verstanden werden: Kitas und Schulen sollen zepte in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen geöffnet bleiben, aber es gilt sicher zu stellen, dass werden – insbesondere in Kitas – von den Bundes- sie für Kinder eine möglichst sichere Umgebung
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2021 18. November 2021 6 darstellen. Dort, wo dies nicht umgesetzt wird oder heits- und Todesfällen, Gewalterfahrungen und so- nicht umgesetzt werden kann (z. B. aufgrund von zialen Spannungen in der Familie bedacht werden. Personalmangel oder mangelnder Finanzierung von altersgerechten präventiven Testkonzepten), steigt das Infektionsrisiko.25 Kitas und Schulen sollten nachhaltig sicherer gestaltet werden Viele Untersuchungen belegen, dass Schließungen Infektionsschutz für Kinder darf daher nicht bedeu- und Einschränkungen des Regelbetriebes von Bil- ten, dass Kitas und Schulen proaktiv längerfristig dungs- und Gemeinschaftseinrichtungen (inklusive geschlossen werden. Vielmehr müssen Kitas und Sportvereine und niederschwellige Angebote der Schulen durch gute, altersgerechte Schutzkonzepte Jugendarbeit und Sozialfürsorge) negative Konse- effektiv vor dem Eintrag von SARS-CoV-2-Infektio- quenzen für einen erheblichen Anteil der Kinder nen und Ausbrüchen geschützt und offengehalten und ihrer Familien haben.54 Dies gilt insbesondere werden, ohne Kinder einem erhöhten Infektions für Kinder aus sozial benachteiligten Familien, Fa- risiko auszusetzen. Dadurch können auch krank- milien in wirtschaftlich prekärer Lebenssituation heitsbedingte (reaktive) Schließungen und Ausfälle sowie für viele Familien mit Migrationshinter- von Betreuung oder Unterricht minimiert werden. grund.55,56 Kinder und Jugendliche sind bislang Kita- und Schulkinder können sich ihre Exposition stark durch das Pandemiemanagement belastet nicht „aussuchen“: Familien mit Kindern, die in worden. Jetzt ist es eine gesamtgesellschaftliche und Kitas betreut werden, sind meist aus beruflichen politische Aufgabe, die Solidarität der Kinder und Gründen auf die Betreuung angewiesen; für Schul- Jugendlichen, die ihnen zum Schutz der älteren Be- kinder besteht eine Schulpflicht. Wir sollten die völkerung vor schweren Infektionsverläufen/Todes- COVID-19-Pandemie dazu nutzen, diese Einrichtun- fällen und zum Schutz vor einer Überlastung des gen jetzt und für die Zukunft sicherer zu gestalten. Gesundheitssystems abverlangt wurde, zurückzu- geben: Ihnen ihr Recht auf Bildung und soziale Teil- Betreuungs- und Bildungseinrichtungen sollten da- habe zu gewähren und sie gleichzeitig bestmöglich bei unterstützt werden, die empfohlenen Schutz- vor einer SARS-CoV-2-Infektion zu schützen. Wir maßnahmen umzusetzen. Dadurch kann, neben sollten auf den letzten Metern des Pandemiemara- der Verringerung des Risikos für Infektionseinträge thons nicht nachlassen – auch im Hinblick auf die und Ausbrüche, auch die berechtigte Sorge von Kin- Perspektive, dass in absehbarer Zeit für besonders dern und deren Eltern vor Ansteckungen beim Be- gefährdete Kinder unter 12 Jahren Impfstoffe zur such einer Kita oder Schule genommen werden. Verfügung stehen werden. Es ist Konsens, dass bei der Analyse und Bewertung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Gesundheit der Bevölkerung nicht nur akute und besonders schwere, sondern auch längerfristige ge- sundheitliche Folgen berücksichtigt werden müs- sen. Hierzu zählen neben Langzeitfolgen einer SARS-CoV-2-Infektion auch indirekte Auswirkun- gen auf die körperliche und psychische Gesundheit durch besondere psychische Belastungen, sowie veränderte Lebens- und Versorgungsbedingungen im Verlauf des Pandemiegeschehens.57 Gerade bei Kindern und Jugendlichen müssen hier auch Reak- tionen auf Belastungen durch Kontaktbeschränkun- gen wie Kita- und Schulschließungen oder trauma- tische Erlebnisse im Zusammenhang mit Krank-
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2021 18. November 2021 7 Literatur bulletin Europeen sur les maladies transmissibles = 1 Vuorikari R, Velicu, A., Chaudron, S., Cachia, R. and European communicable disease bulletin 2020; 25. Di Gioia, R.: How families handled emergency 13 Robert Koch-Institut: Berichte zu Virusvarianten von remote schooling during the Covid-19 lockdown in SARS-CoV-2 in Deutschland. https://www.rki.de/ spring 2020. Publications Office of the European DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/ Union, Luxembourg 2020. DESH/Berichte-VOC-tab.html 2 Martin Bujard EvdD, Kerstin Ruckdeschel, Inga Laß, 14 Keeling MJ: Estimating the Transmission Advantage Carolin Thönnissen, Almut Schumann, Norbert F. for B.1.617.2. https://assets.publishing.service.gov. Schneider: Belastungen von Kindern, Jugendlichen uk/government/uploads/system/uploads/attach- und Eltern in der Corona-Pandemie. Bundesinstitut ment_data/file/993156/S1269_WARWICKTransmis- für Bevölkerungsforschung (BiB) 2021. sion_Advantage.pdf 3 Huebener M, Waights S, Spiess CK, Siegel NA, 15 Influenza A: Wochenbericht der AGI-Ausgabe Wagner GG: Parental well-being in times of Covid-19 40/2021. https://influenza.rki.de/Wochenberich- in Germany. Review of economics of the household te/2021_2022/2021-40.pdf 2021: 1-32. 16 Robert Koch-Institut: Wochenberichte zu 4 Patrick SW, Henkhaus LE, Zickafoose JS, et al.: Well- COVID-19. https://www.rki.de/DE/Content/InfA- being of Parents and Children During the COVID-19 Z/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/ Pandemic: A National Survey. Pediatrics 2020; 146. Wochenbericht/Wochenberichte_Tab.html 5 BioNTech: Pfizer und BioNTech geben positive Er- 17 Armann J, Doenhardt M, Hufnagel M, et al.: Risk gebnisse aus Zulassungsstudie für COVID-19-Impf- factors for hospitalization, disease severity and stoff bei Kindern im Alter von 5 bis 11 Jahren be- mortality in children and adolescents with kannt. https://investors.biontech.de/node/10841/pdf COVID-19: Results from a nationwide German 6 Dawood FS, Porucznik CA, Veguilla V, et al.: registry. medRxiv 2021: 2021.06.07.21258488. Incidence Rates, Household Infection Risk, and 18 DGPI: Aktuelle Ergebnisse der DGPI-Datensamm- Clinical Characteristics of SARS-CoV-2 Infection lung von stationären COVID-19 Fällen bei Kindern Among Children and Adults in Utah and New York und Jugendlichen in Deutschland. https://dgpi.de/ City, New York. JAMA pediatrics 2021. covid-19-survey-update/ 7 Paul LA, Daneman N, Schwartz KL, et al.: Associa 19 Bixler D, Miller AD, Mattison CP, et al.: tion of Age and Pediatric Household Transmission SARS-CoV-2-Associated Deaths Among Persons of SARS-CoV-2 Infection. JAMA pediatrics 2021. Aged < 21 Years – United States, February 12 – 8 Chu VT, Yousaf AR, Chang K, et al.: Household July 31, 2020. MMWR Morbidity and mortality Transmission of SARS-CoV-2 from Children and weekly report 2020; 69: 1324-9. Adolescents. New England Journal of Medicine 20 Gotzinger F, Santiago-Garcia B, Noguera-Julian A, 2021; 385: 954-6. et al.: COVID-19 in children and adolescents in 9 Meuris C, Kremer C, Geerinck A, et al.: Transmission Europe: a multinational, multicentre cohort study. of SARS-CoV-2 After COVID-19 Screening and Lancet Child Adolesc Health 2020; 4: 653-61. Mitigation Measures for Primary School Children 21 Jiang L, Tang K, Levin M, et al.: COVID-19 and multi- Attending School in Liège, Belgium. JAMA Network system inflammatory syndrome in children and Open 2021; 4: e2128757-e. adolescents. The Lancet Infectious diseases 2020; 10 Jones TC, Biele G, Mühlemann B, et al.: Estimating 20: e276-e88. infectiousness throughout SARS-CoV-2 infection 22 Kaushik A, Gupta S, Sood M, Sharma S, Verma S: course. Science 2021; 373: eabi5273. A Systematic Review of Multisystem Inflammatory 11 Laxminarayan R, Wahl B, Dudala SR, et al.: Epide- Syndrome in Children Associated With SARS-CoV-2 miology and transmission dynamics of COVID-19 in Infection. Pediatr Infect Dis J 2020; 39: e340-e6. two Indian states. Science 2020; 370: 691-7. 23 Belay ED, Abrams J, Oster ME, et al.: Trends in Geo- 12 Otte Im Kampe E, Lehfeld AS, Buda S, Buchholz U, graphic and Temporal Distribution of US Children Haas W: Surveillance of COVID-19 school outbreaks, With Multisystem Inflammatory Syndrome During Germany, March to August 2020. Euro surveillance: the COVID-19 Pandemic. JAMA pediatrics 2021; 175: 837-45.
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2021 18. November 2021 8 24 Wachtler B, Michalski N, Nowossadeck E, et al.: So- 35 Radtke T, Ulyte A, Puhan MA, Kriemler S: Long-term cioeconomic inequalities and COVID-19 – A review Symptoms After SARS-CoV-2 Infection in Children of the current international literature. 2020: 3-17. and Adolescents. JAMA 2021; 326: 869-71. 25 Neuberger F, Grgic M, Diefenbacher S, et al.: 36 Blankenburg J, Wekenborg MK, Reichert J, et al.: COVID-19 infections in day care centres in Germany: Mental health of Adolescents in the Pandemic: Social and organisational determinants of infections Long-COVID19 or Long-Pandemic Syndrome? in children and staff in the second and third wave of medRxiv 2021: 2021.05.11.21257037. the pandemic. medRxiv 2021: 2021.06.07.21257958. 37 Miller F, Nguyen V, Navaratnam AM, et al.: Preva- 26 Hoebel J MN, Wachtler B, Diercke M, Neuhauser H, lence of persistent symptoms in children during the Wieler LH, Hövener C: Sozioökonomische Unter- COVID-19 pandemic: evidence from a household schiede im Infektionsrisiko während der zweiten cohort study in England and Wales. medRxiv 2021: SARS-CoV-2-Welle in Deutschland. Deutsches Ärzte- 2021.05.28.21257602. blatt 2021. 38 Office for National Statistics (ONS) UK: Technical 27 DGPI: Aktuelle Ergebnisse der Datensammlung von article: Updated estimates of the prevalence of Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome post-acute symptoms among people with corona (PIMS) Fällen bei Kindern und Jugendlichen in virus (COVID-19) in the UK: 26 April 2020 to 1 Au- Deutschland. https://dgpi.de/pims-survey-update/ gust 2021. https://www.ons.gov.uk/peoplepopulati- 28 Whitaker M, Elliott J, Chadeau-Hyam M, et al.: onandcommunity/healthandsocialcare/conditions- Persistent symptoms following SARS-CoV-2 infec anddiseases/articles/technicalarticleupdatedestima- tion in a random community sample of 508,707 tesoftheprevalenceofpostacutesymptomsamong- people. medRxiv 2021: 2021.06.28.21259452. peoplewithcoronaviruscovid19intheuk/26ap- ril2020to1august2021 29 Blomberg B, Mohn KG-I, Brokstad KA, et al.: Long 39 Terence Stephenson SPP, Roz Shafran, Bianca De COVID in a prospective cohort of home-isolated patients. Nature Medicine 2021; 27: 1607-13. Stavola, Natalia Rojas, Kelsey McOwat, Ruth Simmons, Maria Zavala, Lauren O’Mahoney, Trudie 30 Office for National Statistics (ONS) UK: Prevalence Chalder, Esther Crawley, Tamsin Ford, Anthony of ongoing symptoms following coronavirus Harnden, Isobel Heyman, Olivia Swann, Liz Whitta- (COVID-19) infection in the UK: 2 September 2021. ker, CLoCk Consortium CLoCk Consortium, Shamez https://www.ons.gov.uk/peoplepopulationandcom Ladhani: Long COVID - the physical and mental munity/healthandsocialcare/conditionsanddiseases/ health of children and non-hospitalised young peop- bulletins/prevalenceofongoingsymptomsfollowingco le 3 months after SARS-CoV-2 infection; a national ronaviruscovid19infectionintheuk/2september2021 matched cohort study (The CLoCk) Study. https:// 31 Hampshire A, Trender W, Chamberlain SR, et al.: www.researchsquare.com/article/rs-798316/v1 pre- Cognitive deficits in people who have recovered print under review. from COVID-19. EClinicalMedicine 2021; 39. 40 Konsiliarlabor für RSV PuHFRüE, Robert Koch- 32 Zimmermann P, Pittet LF, Curtis N: How Common Institut. Einschätzung der aktuellen Situation zur Is Long COVID in Children and Adolescents? The RSV-Aktivität. Epidemiologisches Bulletin 36/2021. Pediatric Infectious Disease Journal 9000. 41 Alvares PA: SARS-CoV-2 and Respiratory Syncytial 33 Roessler M, Tesch F, Batram M, et al.: Post Virus Coinfection in Hospitalized Pediatric Patients. COVID-19 in children, adolescents, and adults: Pediatr Infect Dis J 2021; 40: e164-e6. results of a matched cohort study including more 42 Robert Koch-Institut: 1 Präventionsmaßnahmen in than 150,000 individuals with COVID-19. medRxiv Schulen während der COVID-19 Pandemie Empfeh- 2021: 2021.10.21.21265133. lungen des Robert Koch-Instituts für Schulen. 34 Chevinsky JR, Tao G, Lavery AM, et al.: Late Condi- https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuarti- tions Diagnosed 1 – 4 Months Following an Initial ges_Coronavirus/Praevention-Schulen.pdf?__blob=- Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) Encounter: A publicationFile Matched-Cohort Study Using Inpatient and Outpa 43 AWMF: Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle tient Administrative Data-United States, 1 March – der SARS-CoV-2-Übertragung in Schulen – Lebende 30 June 2020. Clinical infectious diseases: an official Leitlinie. https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ publication of the Infectious Diseases Society of ll/027-076.html America 2021; 73: S5-s16.
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2021 18. November 2021 9 44 Seifried J BS, Oh DY, Michel J, Nitsche A, Jenny MA, Screening von Kindern in KiTas und Grundschulen Wieler LH, Antão E-M, Jung-Sendzik T, Dürrwald R, mittels Lolli-Pool-PCR-Testungen auf SARS-CoV-2 Diercke M, Haas W, Abu Sin M, Eckmanns T, als Teil eines Multikomponenten-Präventionskon- Hamouda O, Mielke M: Was ist bei Antigentests zur zepts. Epid Bull 2021;26:3-8. Eigenanwendung (Selbsttests) zum Nachweis von 54 Larsen L, Helland MS, Holt T: The impact of school SARS-CoV-2 zu beachten? Epid Bull 2021;8:3-9. closure and social isolation on children in vulnerable 45 Lessler J, Grabowski MK, Grantz KH, et al.: House- families during COVID-19: a focus on children’s hold COVID-19 risk and in-person schooling. reactions. European child & adolescent psychiatry Science 2021; 372: 1092-7. 2021: 1-11. 46 Robert Koch-Institut: Vorbereitung auf den Herbst/ 55 Ravens-Sieberer U, Kaman A, Erhart M, Devine J, Winter 2021/22. https://www.rki.de/DE/Content/In- Schlack R, Otto C: Impact of the COVID-19 pande- fAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Downloads/Vorbe- mic on quality of life and mental health in children reitung-Herbst-Winter.pdf?__blob=publicationFile and adolescents in Germany. European child & 47 Jehn M, McCullough JM, Dale AP, et al.: Associati- adolescent psychiatry 2021: 1-11. on Between K-12 School Mask Policies and School- 56 Chaabane S, Doraiswamy S, Chaabna K, Mamtani Associated COVID-19 Outbreaks – Maricopa and R, Cheema S: The Impact of COVID-19 School Clo- Pima Counties, Arizona, July – August 2021. sure on Child and Adolescent Health: A Rapid Syste- MMWR Morbidity and mortality weekly report matic Review. Children (Basel, Switzerland) 2021; 8. 2021; 70: 1372-3. 57 Ravens-Sieberer U, Kaman A, Erhart M, et al.: Quali- 48 Budzyn SE, Panaggio MJ, Parks SE, et al.: Pediatric ty of life and mental health in children and adole- COVID-19 Cases in Counties With and Without scents during the first year of the COVID-19 pande- School Mask Requirements – United States, July 1 – mic: results of a two-wave nationwide population- September 4, 2021. MMWR Morbidity and mortality based study. European child & adolescent psychiatry weekly report 2021; 70: 1377-8. 2021: 1-14. 49 Dewald F H-RQG, Steger G, Suárez I, Joachim A, Di Cristanziano V, Wunsch M, Heger E, Knops E, Autoren Baeza-Flores G, Laveaga del Valle D, Roblero- a) Prof. Dr. Lothar H. Wieler | b) Prof. Dr. Georg Häcker Hernandez A, Magaña-Cerino J, Torres-Hernandez a) A, Ruiz-Quiñones J, Hellmich M, Asche-meier D, Präsident Robert Koch-Institut b) Lehmann C, Meyer M, T Weber L, Hünseler C, Präsident Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Schega K, Kossow A, Wiesmüller G, Rybniker J, Mikrobiologie Dötsch J, Fätkenheuer G, Kaiser R, Klein F: Lolli- Korrespondenz: President@rki.de Methode als Grundlage einer SARS-CoV-2-Surveil- lance in Kitas und Schulen. Epid Bull 2021;32:3-10. 50 Seifried J BS, von Kleist M, Jenny MA, Antão E, Oh Vorgeschlagene Zitierweise DY, Jung-Sendzik T, Broich K, Denkinger C, Barten- Wieler LH, Häcker G: Warum müssen wir Kinder vor schlager T, Schaade L, Hamouda O, Mielke M: einer SARS-CoV-2-Infektion schützen? Antigentests als ergänzendes Instrument in der Epid Bull 2021;46:3 -9 | DOI 10.25646/9204 Pandemiebekämpfung – Frequenz, Adhärenz und Testqualität sind entscheidende Faktoren für den (Dieser Artikel ist online vorab am 2. November 2021 Erfolg. Epid Bull 2021;17:3-14. erschienen.) 51 Prather KA, Marr LC, Schooley RT, McDiarmid MA, Wilson ME, Milton DK: Airborne transmission of Interessenkonflikt SARS-CoV-2. Science 2020; 370: 303-4. Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt 52 Wells WF: Airborne Contagion and Air Hygiene: An besteht. Ecological Study of Droplet Infections. Journal of the American Medical Association 1955; 159: 90-. 53 Seifried J BS, Oh DY, Hauer B, Schaade L, Hamouda O, Mielke M: PCR-Testkapazitäten nutzen für Perso- nengruppen ohne Impfmöglichkeit: Serielles
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2021 18. November 2021 10 Mitteilung der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut Beschluss der STIKO zur 13. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung STIKO-Empfehlung zur COVID-19-Impfung Aktualisierung vom 18. November 2021 Bei der Coronavirus Disease 2019-(COVID-19-) dieser Altersgruppe Comirnaty eingesetzt wer- Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission den, und zwar unabhängig vom zuvor verwen- (STIKO) handelt es sich um eine Indikationsimpf deten Impfstoff. Wenngleich bezüglich der empfehlung im Rahmen einer Pandemie. Die Impfung von Schwangeren bisher keine verglei- STIKO nimmt kontinuierlich eine Bewertung des chenden Sicherheitsdaten für Comirnaty und Nutzens und des Risikos der COVID-19-Impfung Spikevax vorliegen, empfiehlt die STIKO, dass auf Basis der verfügbaren Daten sowohl für die All- Schwangeren unabhängig vom Alter bei einer gemeinbevölkerung als auch für spezielle Zielgrup- COVID-19-Impfung Comirnaty angeboten pen vor. Sobald neue Impfstoffe zugelassen und werden soll. verfügbar sind oder neue Erkenntnisse mit Einfluss auf diese Empfehlung bekannt werden, wird die STIKO ihre COVID-19-Impfempfehlung aktualisie- Impfziele ren. Die Publikation jeder Aktualisierung erfolgt im Ziel der COVID-19-Impfempfehlung der STIKO ist Epidemiologischen Bulletin (Epid Bull) und wird auf es, schwere Verläufe, Hospitalisierungen und Tod der Webseite des Robert Koch-Instituts (RKI) be- sowie Langzeitfolgen durch COVID-19 in der Bevöl- kannt gegeben. Ob es in Zukunft eine Standard kerung Deutschlands so weit wie möglich zu redu- impfempfehlung oder eine Indikationsimpfemp- zieren. fehlung geben wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilt werden. ▶▶ Insbesondere Menschen, die infolge von Alter oder Vorerkrankungen ein hohes Risiko haben, an COVID-19 schwer zu erkranken oder zu ver- In der hier vorliegenden 13. Aktualisierung emp- sterben, sollen durch die Impfung geschützt fiehlt die STIKO, bei unter 30-Jährigen für die werden. COVID-19-Grundimmunisierung nur noch den ▶▶ Ziel der Impfung von Schwangeren und Stillen- mRNA-Impfstoff Comirnaty von BioNTech/ den ist die Verhinderung schwerer COVID-19- Pfizer einzusetzen, da in dieser Altersgruppe Verläufe und von Todesfällen in dieser Gruppe das Risiko des Auftretens einer Myokarditis nach sowie die Verhinderung von mütterlichen und Impfung mit dem mRNA-Impfstoff Spikevax fetalen/neonatalen Schwangerschaftskomplika- von Moderna höher ist als mit Comirnaty. tionen durch eine Infektion mit dem Severe Ebenso wird empfohlen, Personen im Alter Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2 < 30 Jahren, die bereits eine 1. Impfstoffdosis (SARS-CoV-2). Spikevax erhalten hatten, bei der 2. Impfung mit ▶▶ Durch die Impfung von Kindern und Jugend Comirnaty zu impfen. Weiterhin soll bei Indika- lichen ab 12 Jahren sollen COVID-19-Erkran- tion zu einer Auffrischimpfung oder zu einer kungen und Hospitalisierungen in dieser Al- Optimierung der Grundimmunisierung in tersgruppe sowie denkbare Langzeitfolgen der
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2021 18. November 2021 11 SARS-CoV-2-Infektion verhindert werden. Zu- Impfstoffe (Comirnaty der Firma BioNTech/Pfizer sätzliches Ziel ist es, auch indirekte Folgen von und Spikevax der Firma Moderna; beide zugelassen SARS-CoV-2-Infektionen zu reduzieren, wie ab 12 Jahren) sowie 2 Vektor-basierte Impfstoffe z. B. Isolations- und Quarantänephasen. Die (Vaxzevria der Firma AstraZeneca und COVID-19 STIKO spricht sich jedoch explizit dagegen aus, Vaccine Janssen der Firma Janssen Cilag Interna dass der Zugang von Kindern und Jugendlichen tional; beide zugelassen ab 18 Jahren). Bei keinem zur Teilhabe an Bildung, Kultur und anderen dieser Impfstoffe handelt es sich um einen Lebend Aktivitäten des sozialen Lebens vom Vorliegen impfstoff. einer Impfung abhängig gemacht wird. ▶▶ Personen mit erhöhtem arbeitsbedingtem ▶▶ Die STIKO empfiehlt die Verwendung von SARS-CoV-2-Expositionsrisiko (berufliche Indi- Comirnaty ab 12 Jahren, die Verwendung von kation) sollen prioritär geschützt werden. Spikevax ab 30 Jahren und die Verwendung der ▶▶ Verhinderung von Transmission sowie Schutz Impfstoffe Vaxzevria und COVID-19 Vaccine in Umgebungen mit hohem Anteil vulnerabler Janssen ab dem Alter von 60 Jahren. Personen und in solchen mit hohem Ausbruchs ▶▶ Für eine vollständige Grundimmunisierung potenzial sind bei den beiden mRNA-Impfstoffen und ▶▶ Die Impfung soll zusätzlich die Aufrechterhal- beim Impfstoff Vaxzevria jeweils 2 Impfstoff tung staatlicher Funktionen und des öffentlichen dosen notwendig. Lebens unterstützen. ▶▶ Die COVID-19 Vaccine Janssen ist für die Grund immunisierung mit einer 1-maligen Impfstoffe Impfstoffdosis zugelassen. Allerdings emp- Für die Impfung gegen COVID-19 sind aktuell in fiehlt die STIKO hier eine Optimierung des der Europäischen Union (EU) 4 Impfstoffe zugelas- Impfschutzes durch eine zusätzliche mRNA- sen (s. Tab. 1). Es handelt sich dabei um 2 mRNA- Impfstoffdosis. Alters- Grundimmunisierung Auffrischimpfung gruppe 1. Impfstoffdosis 2. Impfstoffdosis Impfstofftyp, Impfabstand1 3. Impfstoffdosis2 Mindestabstand zur (Jahre) bzw. Impfschema (Wochen) 2. Impfstoffdosis (Monate) ≥ 12 Comirnaty Comirnaty mRNA 3–6 Comirnaty in der Regel 6 ≥ 30 Spikevax (100 µg) Spikevax (100 µg) mRNA 4–6 Spikevax (50 µg)6 in der Regel 6 ≥ 60 Vaxzevria Comirnaty Heterologes Impfschema5 ab 4 Comirnaty in der Regel 6 ≥ 60 Vaxzevria Spikevax (100 µg) Heterologes Impfschema 5 ab 4 Spikevax (50 µg)6 in der Regel 6 ≥ 60 COVID-19 Comirnaty Heterologes Impfschema5 ab 4 Comirnaty in der Regel 6 Vaccine Janssen3,4 ≥ 60 COVID-19 Spikevax (100 µg) Heterologes Impfschema5 ab 4 Spikevax (50 µg )6 in der Regel 6 Vaccine Janssen3,4 alle Impfung mit einem in der EU nicht zugelassenen Impfstoff. ab 4 Comirnaty oder in der Regel 6 Empfehlung: erneute Impfserie mit einem in der EU zugelassenen Spikevax (50 µg )6 Impfstoff Tab. 1 | Von der STIKO empfohlene Impfstoffe und Impfabstände zur Grundimmunisierung und Auffrischimpfung gegen COVID-19 von Immungesunden (Stand: 18.11.2021) 1 Sollte der empfohlene Abstand zwischen der 1. und 2. Impfstoffdosis überschritten worden sein, kann die Impfserie dennoch fortgesetzt werden und muss nicht neu begonnen werden. 2 Für die Auffrischimpfung soll möglichst der mRNA-Impfstoff verwendet werden, der bei der Grundimmunisierung zur Anwendung kam. Wenn dieser nicht verfügbar ist, kann der jeweils andere mRNA-Impfstoff verwendet werden. 3 Bisher ist die COVID-19 Vaccine Janssen nur für eine 1-malige Dosierung zugelas- sen. Zur klinischen Wirksamkeit und Sicherheit des Zwei-Dosis-Regimes (Phase 3-ENSEMBLE 2-Studie) gibt es bisher nur eine Pressemitteilung des Herstellers vom 21. September 2021. 4 Für dieses optimierte Grundimmunisierungsregime gibt es bisher keine publizierten Immunogenitäts-, Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten. Die Empfehlung beruht auf immunologischer Plausibilität und der Analogie zur heterologen Vaxzevria/mRNA-Impfung. 5 Für eine ausführliche Darstellung der Immunogeni- tät, Sicherheit und Wirksamkeit dieses heterologen Impfregimes siehe 8. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung der STIKO. 6 Für die Auffrischimpfung von Personen mit Immundefizienz soll Spikevax in einer Dosierung von 100 µg verwendet werden (siehe 11. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung der STIKO).
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2021 18. November 2021 12 Empfehlung für Personen ab 18 Jahren A) Personen im Alter ≥ 60 Jahren Die STIKO empfiehlt die Impfung gegen COVID-19 B) Personen im Alter ab 18 Jahren mit Grunderkrankungen, für alle Personen ab 18 Jahren. Für einzelne Perso- die ein erhöhtes Risiko für schwere COVID-19-Verläufe haben, z. B. ▶▶ Angeborene oder erworbene Immundefizienz bzw. Immunsup- nengruppen besteht aufgrund von Vorerkrankungen pression (z. B. HIV-Infektion, Z. n. Organtransplantation mit oder anderen Risikokonstellationen eine besondere immunsuppressiver Therapie) ▶▶ Autoimmunerkrankungen, inkl. rheumatologische Erkrankungen Indikation für die bevorzugte Impfung (s. Tab. 2). ▶▶ Chronische Herz-Kreislauf-Erkrankungen ▶▶ Chronische Krankheiten der Atmungsorgane ▶▶ Chronische Lebererkrankungen, inkl. Leberzirrhose Für die Impfung soll bei unter 30-Jährigen nur Co- ▶▶ Chronische Nierenerkrankungen ▶▶ Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen mirnaty eingesetzt werden, da in dieser Altersgrup- ▶▶ Chronische neurologische Erkrankungen pe das Risiko des Auftretens einer Myo-/Perikarditis ▶▶ Demenz oder geistige Behinderung ▶▶ Psychiatrische Erkrankungen nach Impfung mit Spikevax höher ist als nach Co- ▶▶ Stoffwechselerkrankungen, inkl. Adipositas mit Body Mass Index mirnaty. Bei Personen über 30 Jahren kann einer der (BMI) > 30 kg/m2 und Diabetes mellitus ▶▶ Trisomie 21 beiden zugelassenen mRNA-Impfstoffe (Comirnaty, ▶▶ Krebserkrankungen unter immunsuppressiver, antineoplastischer Spikevax) verwendet werden. Die Grundimmunisie- Therapie rung kann bei ≥ 60-Jährigen auch mit einem der bei- C) Frauen im gebärfähigen Alter, noch ungeimpfte Schwangere ab dem 2. Trimenon sowie noch ungeimpfte Stillende den zugelassenen Vektor-basierten Impfstoffe (Vax- D) Kinder und Jugendliche im Alter von 12 – 17 Jahren mit zevria, COVID-19 Vaccine Janssen) erfolgen. Die Al- Grunderkrankungen, die ein erhöhtes Risiko für schwere tersbeschränkung erfolgte aufgrund der beobachte- COVID-19-Verläufe haben ▶▶ Adipositas (> 97. Perzentile des BMI) ten thromboembolischen Ereignisse (s. Tab. 1). ▶▶ Angeborene oder erworbene Immundefizienz oder relevante Immunsuppression ▶▶ Angeborene zyanotische Herzfehler (O -Ruhesättigung < 80 %) 2 Personen, die mit 1 Impfstoffdosis COVID-19 Vac- und Einkammerherzen nach Fontan-Operation ▶▶ Chronische Lungenerkrankungen mit einer anhaltenden cine Janssen grundimmunisiert worden sind, sollen Einschränkung der Lungenfunktion unterhalb der 5. Perzentile, zur Optimierung ihres Impfschutzes eine weitere definiert als z-Score-Wert < –1,64 für die forcierte Einsekunden kapazität (FEV1) oder Vitalkapazität (FVC). (Ein gut eingestelltes Impfung erhalten. Asthma bronchiale ist hier nicht inkludiert). ▶▶ Chronische Nierenerkrankungen ▶▶ Chronische neurologische oder neuromuskuläre Erkrankungen ▶▶ Die Impfung soll mit einem der beiden zugelas- ▶▶ Diabetes mellitus, wenn nicht gut eingestellt bzw. mit HbA1c- senen mRNA-Impfstoffe (heterologes Impf- Wert > 9,0 % ▶▶ Schwere Herzinsuffizienz schema) ab 4 Wochen nach der Janssen-Imp- ▶▶ Schwere pulmonale Hypertonie ▶▶ Syndromale Erkrankungen mit schwerer Beeinträchtigung fung erfolgen, wobei Spikevax erst ab dem Alter ▶▶ Trisomie 21 von ≥ 30 Jahren und nicht bei Schwangeren ein- ▶▶ Tumorerkrankungen und maligne hämatologische Erkrankungen gesetzt werden soll. E) BewohnerInnen von SeniorInnen- und Altenpflegeheimen sowie BewohnerInnen in Gemeinschaftsunterkünften (Alter: ≥ 12 Jahre) ▶▶ Zur klinischen Wirksamkeit und Sicherheit F) Enge Kontaktpersonen von Schwangeren oder Personen mit (Phase 3-Studiendaten) des homologen Zwei- einem Risiko für schwere COVID-19-Verläufe (Alter: ≥ 12 Jahre) Dosis-Regimes für die COVID-19 Vaccine Jans- G) Personen, die arbeitsbedingt besonders exponiert sind, engen sen liegen bisher nur nicht publizierte, vorläu- Kontakt zu vulnerablen Personengruppen haben, oder Personen in Schlüsselpositionen, z. B. fige Daten vor. Die STIKO wird diese Daten ▶▶ Personal mit erhöhtem Expositionsrisiko in medizinischen Einrichtungen nach Verfügbarkeit bewerten. Bei positiver Be- ▶▶ Personal mit engem Kontakt zu vulnerablen Gruppen in wertung wird es auch möglich werden, bei Per- medizinischen Einrichtungen ▶▶ Pflegepersonal und andere Tätige in der ambulanten und sonen im Alter ≥ 60 Jahren eine 2. Impfstoff stationären Altenpflege oder Versorgung von Personen mit dosis der COVID-19 Vaccine Janssen zur Opti- Demenz oder geistiger Behinderung ▶▶ Tätige in Gemeinschaftsunterkünften mierung des Impfschutzes ab 8 Wochen nach ▶▶ Medizinisches Personal im Öffentlichen Gesundheitsdienst der 1. Janssen-Impfung zu verwenden. (ÖGD) ▶▶ LehrerInnen und ErzieherInnen ▶▶ Beschäftigte im Einzelhandel ▶▶ Beschäftigte zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit Wenn vor oder nach einer verabreichten COVID-19 ▶▶ Personal in Schlüsselpositionen der Landes- und Bundesregie- Vaccine Janssen-Impfstoffdosis eine labordiagnos- rungen ▶▶ Berufsgruppen der kritischen Infrastruktur tisch gesicherte Infektion aufgetreten ist, wird der- zeit keine weitere Impfung mit einem mRNA-Impf- Tab. 2 | Personen mit besonderer Indikation für eine stoff oder der COVID-19 Vaccine Janssen empfoh- COVID-19-Impfung (Die Gruppen und Vorerkrankungen sind nicht nach Relevanz geordnet.) Stand: 18.11.2021 len.
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2021 18. November 2021 13 Die STIKO empfiehlt allen Personen, die bisher nur Einrichtungen so lange wie möglich aufrecht zu er- eine Dosis eines Vektor-basierten Impfstoffes erhal- halten, sollten Eltern, LehrerInnen, ErzieherInnen ten haben, ein heterologes Impfschema (d. h. 1. Imp- sowie andere Betreuungspersonen von Kindern fung mit Vaxzevria oder der COVID-19 Vaccine Jans- und Jugendlichen das Impfangebot dringend wahr- sen, gefolgt von einer Dosis eines mRNA-Impfstoffs nehmen. in einem Abstand von mindestens 4 Wochen). Eine 2-malige Vaxzevria-Impfung (homologes Vax/Vax- Schema) im empfohlenen Intervall schützte bisher Empfehlung für Schwangere und Stillende ebenfalls gut vor schweren Erkrankungen und Tod Die STIKO empfiehlt allen ungeimpften Personen infolge einer SARS-CoV-2-Infektionen (einschließ- im gebärfähigen Alter dringend die Impfung gegen lich der Delta-Variante), ist aber der homologen COVID-19, so dass ein optimaler Schutz vor dieser mRNA-Impfung und der heterologen Impfung Erkrankung bereits vor Eintritt einer Schwanger- (Vax/mRNA) hinsichtlich Schutzdauer, Schutz vor schaft besteht (s. Tab. 2). Infektionen, Reduktion der Virusausscheidung und Hemmung der Transmission unterlegen. Noch ungeimpften Schwangeren wird die Impfung mit 2 Dosen des mRNA-Impfstoffs Comirnaty ab dem 2. Trimenon empfohlen. Wenn die Schwanger- Empfehlung für Kinder und Jugendliche schaft nach bereits erfolgter Erstimpfung festge- im Alter von 12 – 17 Jahren stellt wurde, sollte die Zweitimpfung erst ab dem Die STIKO empfiehlt für alle 12 – 17-Jährigen die 2. Trimenon durchgeführt werden. Darüber hinaus COVID-19-Impfung mit zwei Dosen des mRNA- empfiehlt die STIKO ungeimpften Stillenden die Impfstoffs Comirnaty im Abstand von 3 – 6 Wochen Impfung mit 2 Dosen eines mRNA-Impfstoffs wo- (s. Tab. 1). Die Impfung erfordert eine ärztliche Auf- bei bei unter 30-Jährigen nur Comirnaty eingesetzt klärung unter Berücksichtigung des Nutzens und werden soll, da in dieser Altersgruppe das Risiko des Risikos, die auch für die betroffenen Kinder und des Auftretens einer Myo-/Perikarditis nach Imp- Jugendlichen verständlich sein muss. fung mit Spikevax höher ist als nach Comirnaty. Kinder und Jugendliche, die aufgrund einer Vorer- krankung ein erhöhtes Risiko für einen schweren Empfehlungen zur Auffrischimpfung COVID-19-Verlauf (s. Tab. 2) haben, sollen bevor- Folgenden Personen soll eine Auffrischimpfung an- zugt berücksichtigt werden. Gleiches gilt für Kin- geboten werden: der und Jugendliche ab 12 Jahren, in deren Umfeld ▶▶ Personen im Alter von ≥ 70 Jahren sich Angehörige oder andere Kontaktpersonen mit ▶▶ BewohnerInnen und Betreute in Einrichtun- hoher Gefährdung für einen schweren COVID-19- gen der Pflege für alte Menschen. Aufgrund Verlauf befinden, die selbst nicht geimpft werden des erhöhten Ausbruchspotenzials sind hier können oder bei denen anzunehmen ist, dass auch BewohnerInnen und Betreute jeglichen Alters nach Impfung kein ausreichender Schutz besteht eingeschlossen. (z. B. Menschen unter immunsuppressiver Thera- ▶▶ Personen mit einer Immundefizienz (ID) (De- pie). tails siehe unten „Empfehlung zur COVID-19- Impfung von Personen mit Immundefizienz“) Für Jugendliche, die arbeitsbedingt entweder ein er- ▶▶ Pflegepersonal und andere Tätige, die direkte höhtes Expositionsrisiko aufweisen oder engen Kontakte mit mehreren zu pflegenden Personen Kontakt zu vulnerablen Personengruppen haben, haben, in Einrichtungen der Pflege für (i) alte besteht eine berufliche Impfindikation (s. Tab. 2, Menschen oder (ii) für andere Menschen mit Abschnitt G). einem erhöhten Risiko für schwere COVID-19- Verläufe Um Viruseinträge in Gemeinschaftseinrichtungen ▶▶ Personal in medizinischen Einrichtungen mit (Schulen und andere Einrichtungen für Kinder und direktem PatientInnenkontakt Jugendliche) zu minimieren und den Betrieb dieser
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2021 18. November 2021 14 Unabhängig davon, welcher Impfstoff bei der stand von 3 – 6 [Comirnaty] bzw. 4 – 6 Wochen [Spike- Grundimmunisierung verwendet wurde, soll für die vax in der Dosierung 100 μg]). Bei Personen < 30 Auffrischimpfung ein mRNA-Impfstoff eingesetzt Jahren empfiehlt die STIKO aufgrund des höheren werden. Bei Personen < 30 Jahren empfiehlt die Myokarditisrisikos, welches bei der Impfung mit STIKO aufgrund des höheren Myokarditisrisikos Spikevax in dieser Altersgruppe beobachtet wurde, nach der Anwendung von Spikevax ausschließlich ausschließlich die Verwendung von Comirnaty. Comirnaty. Comirnaty ist für die Auffrischimpfung in derselben Dosierung wie für die Grundimmuni- Personen mit einer ID, die bisher als 1. Impfstoff sierung zugelassen. Spikevax ist für die Auffrisch dosis einen Vektor-basierten Impfstoff (Vaxzevria impfung von Immungesunden in der halben Dosis oder COVID-19 Vaccine Janssen) erhalten haben, (50 µg) zugelassen. Für die Auffrischimpfung soll sollen derzeit als weitere Impfstoffdosis einen möglichst der mRNA-Impfstoff benutzt werden, der mRNA-Impfstoff (im Alter < 30 Jahre nur Comirnaty) bei der Grundimmunisierung zur Anwendung ge- im Abstand von > 4 Wochen erhalten. kommen ist. Wenn dieser nicht verfügbar ist, kann auch der jeweils andere mRNA-Impfstoff eingesetzt Allen Personen mit ID soll in der Regel 6 Monate werden. nach einer COVID-19-Grundimmunisierung (ho- mologes oder heterologes Impfschema) eine Auf Die Auffrischimpfung soll in der Regel 6 Monate frischimpfung mit einem mRNA-Impfstoff angebo- nach der aus 2 Impfstoffdosen bestehenden Grund ten werden. Für die Auffrischimpfung soll in der immunisierung verabreicht werden. Personen, die Regel der mRNA-Impfstoff benutzt werden, der bei vor oder nach der COVID-19-Impfung eine labor der Grundimmunisierung zur Anwendung gekom- diagnostisch gesicherte SARS-CoV-2-Infektion men ist. Wenn dieser nicht verfügbar ist, kann auch durchgemacht haben, wird derzeit keine Auffrisch der jeweils andere mRNA-Impfstoff eingesetzt wer- impfung empfohlen. Das gilt auch für Personen den. Für Personen ab 12 Jahren mit ID ist Comirnaty nach Impfung mit der COVID-19 Vaccine Janssen. als 3. Impfstoffdosis zugelassen. Die Dosierung (30 μg) für die Auffrischimpfung ist dieselbe wie für die Grundimmunisierung. Spikevax ist für die Empfehlung zur COVID-19-Impfung von 3. Impfstoffdosis von PatientInnen mit ID mit der Personen mit Immundefizienz (ID) für die Grundimmunisierung verwendeten Dosie- Immunsupprimierende oder immunmodulierende rung (100 μg) ab einem Alter von 12 Jahren zugelas- Therapien können prinzipiell auch bei einer anste- sen, sollte jedoch aufgrund des höheren Myokardi- henden Impfstoffgabe weitergeführt werden. Emp- tisrisikos nur bei Personen im Alter von ≥ 30 Jahren fehlenswert für den bestmöglichen Impferfolg ist und nicht bei Schwangeren verwendet werden. eine möglichst geringe Immunsuppression zum Zeitpunkt der Impfung. So sollte z. B. der Impfzeit- Bei schwer immundefizienten Personen mit einer punkt in die Mitte der Verabreichungsintervalle der erwartbar stark verminderten Impfantwort (s. Tab. 3) immunsupprimierenden oder immunmodulieren- kann die 3. Impfstoffdosis bereits 4 Wochen nach den Medikation gelegt werden. Bei geplanter anti- der 2. Impfstoffdosis als Optimierung der primären neoplastischer Therapie („Chemotherapie“) soll die Impfserie verabreicht werden. Über den Zeitpunkt Impfung mindestens 2 Wochen vor deren Beginn einer Auffrischimpfung nach der primären Impf erfolgen, um eine suffiziente Immunantwort zu er- serie bestehend aus 3 Impfstoffdosen muss bei die- möglichen. Eine Handreichung findet sich in den sen Personen im Einzelfall entschieden werden (sie- Anwendungshinweisen der STIKO zum Impfen bei he auch 11. Aktualisierung der COVID-19-Impfemp- verschiedenen Erkrankungen mit ID und unter im- fehlung der STIKO). munsuppressiver Therapie. Eine serologische Antikörpertestung wird nicht Bisher ungeimpfte Personen mit einer ID sollen zu- grundsätzlich empfohlen. Der Wert, der einen fort- nächst eine Impfserie mit einem mRNA-Impfstoff bestehenden Schutz bedeutet und damit eine 3. Impf- erhalten (bestehend aus 2 Impfstoffdosen im Ab- stoffdosis unnötig machen würde, ist nicht bekannt.
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