Erben und Vererben Eine kleine Einführung in das Erbrecht - Notariat Schöffmann
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N O TA R I AT INFORMIERT Erben und Vererben Eine kleine Einführung in das Erbrecht Notar Mag. Klaus Schöffmann | Mit den ab 2017 geltenden Änderungen
Erben und Vererben Eine kleine Einführung in das Erbrecht Inhaltsverzeichnis Das gesetzliche Erbrecht ............................................................................ Seite 8 Ehegatten .................................................................................................... Seite 8 Lebensgefährten ....................................................................................... Seite 10 Verwandte ................................................................................................ Seite 11 Adoption .................................................................................................. Seite 15 Erbunwürdigkeit ..................................................................................... Seite 16 Pflichtteilsrecht ....................................................................................... Seite 17 Checklist Ermittlung des Pflichtteilsanspruchs .......................... Seite 22 Letztwillige Verfügungen ....................................................................... Seite 28 Testament ................................................................................................ Seite 29 Goldene Regeln für Testamente ................................................. Seite 32 Ehegattentestament ................................................................................ Seite 33 Vermächtnis................................................................................................Seite 33 Pflegevermächtnis ................................................................................... Seite 34 Enterbung ................................................................................................ Seite 36 Pflichtteilsminderung ............................................................................. Seite 37 Übergeben oder Vererben? ..................................................................... Seite 39 Wohnungseigentum im Todesfall ........................................................... Seite 43 Unternehmensnachfolge ......................................................................... Seite 47 Zielsetzungen bei der Unternehmensnachfolge .......................... Seite 48 Goldene Regeln für Unternehmertestamente .............................. Seite 49 Bäuerliche Erbfolge ................................................................................. Seite 50 Verlassenschaftsverfahren ....................................................................... Seite 51 Steuern und Gebühren ............................................................................ Seite 53 Die europäische Erbrechtsverordnung ................................................... Seite 58 Exkurs: Vertretungsvorsorge .................................................................. Seite 62 Praktische Tipps für den Erbfall .............................................. Seite 70 Was Sie heute schon tun können .............................................. Seite 72 Die ersten Stunden danach ....................................................... Seite 75 Die Zeit nach dem Begräbnis ..................................................... Seite 78 2
N O TA R I AT Richtig vererben? Es gibt Situationen im Leben, in denen man mit dem Tod und seinen Folgen konfrontiert wird, etwa weil ein Verwandter oder Bekannter verstorben ist. Wir bieten Ihnen umfassende Rechtsbetreuung, insbesondere auf Man sollte sich aber auch rechtzeitig über den eigenen Tod Gedanken den folgenden Gebieten: machen und für den Fall der Fälle vorbereitet sein. Dies auch, damit unerwünschte Folgen für die Hinterbliebenen bestmöglichst vermie- • Liegenschaftsrecht einschließlich Wohnungseigentum, den werden. • Gesellschaftsrecht mit besonderem Augenmerk auf Umgründungen und Unternehmensvorsorge, • Familienrecht, Personen- und Vermögensvorsorge und • Wer wird einmal mein Haus erben, wenn ich nicht mehr bin? • alle Fragen rund um das Erbrecht • Wie kann ich sicher gehen, dass meine Liebsten nach Eine der Hauptaufgaben des Notars ist die Erstellung notarieller meinem Tod gut versorgt sind und jene, die sich Jahr Urkunden, um klare Verhältnisse zu schaffen und dadurch Streitig und Tag nicht kümmern, möglichst wenig erben? keiten zu vermeiden. Die umfangreiche Ausbildung im Notariat verbinden wir mit modernen Technologien – insbesondere im Bereich Diese Broschüre soll Ihnen dabei helfen, derartige Fragen zu beant- der Telekommunikation – um dem sicheren Recht auch rasch zum worten und einen ersten Überblick über das Erbrecht zu bekommen. Durchbruch zu verhelfen. Sie ersetzt aber keinesfalls die fachkundige Beratung bei Ihrem Wir laden Sie herzlich zu einem kostenfreien Erstgespräch ein! Notar, da Sie dieser, speziell Ihre Situation betreffend, beraten wird. Im Sommer 2015 wurde eine umfangreiche Reform des Erbrechts beschlossen. Die mit 1.1.2017 in Kraft tretenden Änderungen sind bereits eingearbeitet. An den jeweiligen Stellen finden Sie einen DR. BETTINA PIBER MAG. KLAUS SCHÖFFMANN Hinweis auf die Rechtslage bis 31.12.2016. Notarsubstitutin öffentlicher Notar www.notariat-schoeffmann.at
N O TA R I AT Erbrechtliche Gestaltungsmittel Unter Erbrecht versteht man alle Vorschriften, welche die Rechts- nachfolge betreffend das Vermögen eines Verstorbenen regeln. Das Erbrecht bestimmt, auf wen Rechte und Pflichten, Vermögenswerte und Verbindlichkeiten übergehen. Das Erbrecht beruht entweder auf einer letztwilligen Verfügung oder in Ermangelung einer solchen auf der gesetzlichen Erbfolge. Nach österreichischem Recht kann jeder von Todes wegen frei über sein Vermögen verfügen. Jeder kann also selbst bestimmen, an wen nach seinem Tod sein Vermögen fallen soll. Hat der Verstorbene von seiner Testierfreiheit nicht Gebrauch gemacht und kein Testament errichtet, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Nach der gesetzlichen Erbfolge bleibt das Vermögen in der Familie, in erster Linie beim Ehegatten und bei den Kindern. Einen gewissen Ausgleich zwischen dem System der Testierfreiheit und der gesetzlichen Erbfolge stellt das Pflichtteilsrecht dar. Liegt ein Testament vor und werden darin die nächsten Angehörigen des Verstorbenen (Ehegatte, Kinder, bis 31.12.2016 noch die Eltern) nicht berücksichtigt, haben diese als Pflichtteilsberechtigte einen Anspruch gegen die Testamentserben auf Zahlung eines bestimmten Betrages, den sogenannten Pflichtteil. 7
N O TA R I AT Das gesetzliche Erbrecht b) als gesetzliches Vorausvermächtnis zusätzlich (d.h. ohne Ein- rechnung in den gesetzlichen Erbteil und unabhängig davon, ob Die gesetzliche Erbfolge kommt zur Anwendung, wenn der Ehegatte Erbe ist oder nicht) • der Verstorbene keine letztwillige Verfügung hinterlassen hat, • das Recht, in der Ehewohnung weiter wohnen zu bleiben, • die hinterlassene letztwillige Verfügung ungültig ist, • die zum ehelichen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen, • die letztwillige Verfügung nur einen Teil soweit sie zu dessen Fortführung entsprechend den bisherigen des Nachlasses erfasst (Vermächtnis), Lebensverhältnissen erforderlich sind; • der eingesetzte Erbe die Erbschaft nicht annehmen kann oder will (wenn der eingesetzte Erbe z.B. vorverstorben oder c) a ls gesetzliches Vermächtnis bei einer gemeinsamen Eigentums- erbunwürdig ist oder er die Erbschaft ausschlägt). wohnung nach dem Wohnungseigentumsgesetz den Anteil des vorverstorbenen Wohnungseigentumspartners am Mindestanteil und damit verbundenen gemeinsamen Wohnungseigentum (also Ehegatten der gemeinsamen Eigentumswohnung). Der Überlebende hat – Der überlebende Ehegatte ist gesetzlicher Erbe. Ist die Ehe zum Zeit- sofern andere pflichtteilsberechtigte Personen vorhanden sind punkt des Todes des Verstorbenen rechtskräftig geschieden, hat der – für den Erwerb dieser Anteile einen „Übernahmspreis“ an den frühere Ehegatte kein Erbrecht. Nachlass zu bezahlen, der maximal die Hälfte des Verkehrswertes Der Umfang des gesetzlichen Erbrechts des Ehegatten ist davon abhän- der gesamten Eigentumswohnung beträgt. Diese Zahlung kann in gig, welche Verwandten des Verstorbenen neben ihm vorhanden sind. Härtefällen gestundet werden. Der Ehegatte erhält Das Wohnungseigentumsgesetz sieht das gemeinsame Wohnungs- eigentum nicht nur für Ehegatten, sondern für zwei Personen a) als gesetzlichen Erbteil generell als „Eigentümerpartnerschaft“ vor, also auch für z.B. • neben den Kindern des Verstorbenen und deren Lebensgefährten und einen Elternteil gemeinsam mit einem Kind. Nachkommen 1/3 des vorhandenen Nachlasses, • neben den Eltern des Verstorbenen 2/3 des Nachlasses und Daneben hat der überlebende Ehegatte bis zur Wiederverehelichung • in den übrigen Fällen den ganzen Nachlass grundsätzlich einen Anspruch auf Unterhalt gegenüber der Verlas- senschaft wie bei bestehender Ehe. Dieser Anspruch ist der Höhe ! bis 31.12.2016 erhält der Ehegatte • neben den Eltern des Verstorbenen und deren Kindern 2/3 des nach mit dem Wert der Verlassenschaft begrenzt. Hier hat sich der überlebende Ehegatte alles einrechnen zu lassen, was er nach dem Verstorbenen durch vertragliche oder letztwillige Zuwendungen, als Nachlasses, gesetzlichen Erbteil, Pflichtteil, öffentlich rechtliche oder privat- • neben den Großeltern 2/3 des Nachlasses sowie jenen Erbteil, rechtliche Leistungen (z.B. Pension, Lebensversicherung) erhält. der auf die Nachkommen vorverstorbener Großeltern entfiele, • wenn weder Kinder oder deren Nachkommen, noch Eltern,Großeltern oder Geschwister des Verstorbenen vorhanden sind, den ganzen Nachlass; 8 9
N O TA R I AT Lebensgefährten Sonderregelungen bestehen im Mietrecht, dort haben Lebensgefähr- ten unter bestimmten Umständen ein Eintrittsrecht in den Mietver- Unter Lebensgemeinschaft wird eine eheähnliche Geschlechts-, trag. Auch durch die Möglichkeit, gemeinsames Wohnungseigentum Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft verstanden. Sie ist jedoch – im zu begründen, kann eine Absicherung des Lebensgefährten erreicht Gegensatz zur Ehe – jederzeit einseitig lösbar. werden. Hier sind Vereinbarungen unter den Lebensgefährten sinn- Mit der Reform des Erbrechts wird für Lebensgefährten ein außer- voll. Dafür ist jedenfalls die notarielle Beratung anzuraten. ordentliches Erbrecht eingeführt. Dieses greift erst dann, wenn die Verlas- Kinder aus einer Lebensgemeinschaft haben ein Erbrecht nach bei- senschaft mangels anderer gesetzlicher Erben (z.B. Onkel, Großneffe, ...) den Eltern, sofern die Vaterschaft durch Anerkenntnis oder Urteil den Vermächtnisnehmern oder dem Bund zufallen würde. Ferner hat festgestellt wurde. Außereheliche Kinder sind nach beiden Eltern der Lebensgefährte nunmehr das auf ein Jahr befristete Recht, in der ehelichen Kindern erbrechtlich vollkommen gleichgestellt. gemeinsamen Wohnung weiter zu wohnen und die zum gemeinsa- men Haushalt gehörenden Sachen in dieser Zeit zu benutzen. Verwandte Voraussetzung ist grundsätzlich das Bestehen eines gemeinsamen Gleichermaßen erbberechtigt sind Verwandte aus ehelicher und Haushalts in den letzten drei Jahren und das Fehlen einer aufrechten unehelicher Abstammung. Das Verwandtschaftsverhältnis muss zu Ehe. Lebzeiten des Verstorbenen feststehen oder nach dessen Tod gericht- lich festgestellt werden. ACHTUNG Die Verwandten des Verstorbenen erben nach Linien (Parentelen). Eine Linie wird von einem Stammhaupt und seinen Nachkommen oder einem Stammelternpaar und dessen Nachkommen gebildet. Die Der Lebensgefährte hat nur ein nachrangiges Erbrecht! Linien kommen nacheinander zum Zug, d.h. die zweite Linie kann Möchten Sie Ihren Lebensgefährten absichern, muss zu nur erben, wenn aus der ersten Linie niemand zur Erbschaft gelangt, dessen Gunsten ein Testament errichtet werden! die nähere Linie schließt also die fernere aus (= „ jung vor alt“). Die Verwandtschaftslinien werden wie folgt gebildet: ! BIS 31.12.2016 Lebensgefährten haben KEIN gesetzliches Erbrecht. a) Zur ersten Linie gehören die ersten Nachkommen des Verstorbenen, also seine Kinder und Kindeskinder. Unter diesen wird die Erbschaft Sollen sie bedacht werden, muss eine letztwillige nach Köpfen geteilt. Vorverstorbene Kinder werden durch deren Verfügung errichtet werden. Nachkommen (Kindeskinder = Enkel, Urenkel, ...) repräsentiert. Hin- terlassen vorverstorbene Kinder keine Nachkommen, wächst deren Die dem Ehegatten zukommenden Mindestrechte schützen Lebens- Anteil den übrigen Kindern oder deren Nachkommen zu. gefährten nur eingeschränkt. Im schlimmsten Fall kann das zum Neben dem Ehegatten erben Angehörige der ersten Linie zusam- Verlust der Wohnversorgung führen. Gerade unter Lebensgefährten men immer zwei Drittel des Nachlasses. ist daher die Absicherung des Partners durch letzwillige Verfügung bedeutsam. 10 11
N O TA R I AT ! BERECHNUNGSBEISPIEL Ein Witwer hinterlässt zwei Kinder. Es ist kein Testament Vollbürtige Geschwister (die mit dem Verstorbenen beide Eltern- teile gemeinsam haben) erhalten je einen Erbteil von beiden vorhanden. Die beiden Kinder erben nach der gesetzlichen vorverstorbenen Eltern, halbbürtige Geschwister (die mit dem Erbfolge je zur Hälfte. Enkelkinder kommen nicht zum Zug. Verstorbenen nur einen Elternteil gemeinsam haben) erhalten Ist eines von beiden Kindern vorverstorben und hinterlässt einen Erbteil nur vom vorverstorbenen gemeinsamen Elternteil. dieses vorverstorbene Kind wiederum zwei Kinder (zwei Enkel Neben dem Ehegatten erben die Eltern des Verstorbenen 1/3 des des Verstorbenen), erbt das überlebende Kind die Hälfte und Nachlasses. Geschwister des Verstorbenen und andere Verwandte jedes Enkelkind ein Viertel. Sie repräsentieren also das vor- haben neben dem Ehegatten kein gesetzliches Erbrecht mehr. verstorbene Kind des Verstorbenen und erhalten gemeinsam so viel, wie das vorverstorbene Kind erhalten hätte. c) Die vierte Linie bilden die Urgroßeltern. Ist eines der beiden Kinder kinderlos verstorben, wächst diese Hälfte dem überlebenden Kind zu, sodass dieses zur Gänze erbt. BIS 31.12.2016 ! ACHTUNG Neben dem Ehegatten erben Angehörige der zweiten Linie zusammen ein Drittel des Nachlasses. urch bloße Namensgebung wird keine Verwandtschaft D Die Ehegattin erhält zwei Drittel (und das Vorausvermächtnis, begründet. Kinder, die nur den Namen bekommen haben, Seite 9), der Vater ein Sechstel, die beiden Geschwister je ein müssen, damit sie erben können, entweder adoptiert Zwölftel des Nachlasses. oder testamentarisch berufen werden! Sind neben dem Ehegatten keine Kinder vorhanden, erhält der Ehepartner nicht automatisch den gesamten Nachlass! Neben ihm sind nämlich auch die Eltern und/oder Geschwister berufen. b) Sind Angehörige der ersten Linie nicht vorhanden oder können oder wollen diese nicht erben, dann fällt die Erbschaft an die An- Sind neben dem Ehegatten nur mehr zwei vollbürtige Geschwis- gehörigen der zweiten Linie. Zur zweiten Linie gehören die Eltern terdes Verstorbenen am Leben, so erhält der Ehegatte zwei des Verstorbenen und deren Nachkommen (Geschwister, Nichten, Drittel, die Geschwister je ein Sechstel des Nachlassvermögens. Neffen des Verstorbenen). Leben noch beide Eltern, so erben sie zu Soll der Ehegatte alleiniger Erbe (Universalerbe) sein, muss gleichen Teilen. Ist ein Elternteil vorverstorben, so treten dessen ein Testament errichtet werden. Die Geschwister sind nicht Kinder beziehungsweise Kindeskinder in sein Recht ein und pflichtteilsberechtigt, müssen daher auch nicht bedacht werden wird die Hälfte des verstorbenen Elternteils wird unter jenen (vergleiche dazu das Kapitel „Pflichtteilsrecht“, Seite 17). geteilt. Hinterlässt der vorverstorbene Elternteil keine Nachkom- men, so erhält seinen Erbteil der andere Elternteil bzw. – wenn auch dieser verstorben ist – dessen Nachkommen. 12 13
N O TA R I AT ! Fehlen Angehörige der zweiten Linie, dann erben die Durch die Adoption werden familiäre Beziehungen zwischen Angehörigen der dritten Linie. Das sind die Großeltern und Wahlelternteil und Wahlkind sowie dessen zum Zeitpunkt der für den Fall, dass diese vorverstorben sind, deren Nachkom- Adoption minderjährigen Kindern begründet. men. Sind neben dem Ehegatten nur mehr die Nachkommen Zu anderen Verwandten als dem Wahlelternteil werden keine famili- vorverstorbener Großeltern vorhanden, fällt dem Ehegatten ären Beziehungen begründet und es entsteht auch kein gesetzliches der ganze Erbteil zu. Erbrecht. Das Verwandtschaftsverhältnis des Wahlkindes zu dessen leiblichen Vorfahren bleibt jedoch bestehen. Ab 1.1.2017 Das Wahlkind erbt daher doppelt, sowohl nach den Wahleltern als auch nach den leiblichen Eltern. Verstirbt das Wahlkind ohne Nach- Der Verstorbene hinterlässt keine Nachkommen, jedoch kommen, erben zunächst die Adoptiveltern und, wenn diese bereits seine Ehegattin, seinen Vater und zwei vollbürtige vorverstorben sind, deren Nachkommen. Nur wenn beide nicht erben Geschwister. Die Mutter ist vorverstorben. können oder wollen, erben die leiblichen Eltern. Die Ehegattin erhält zwei Drittel + ein Sechstel der vorverstor- Die Adoption kann ein Mittel sein, erbrechtliche Gestaltungen benen Mutter (und das Vorausvermächtnis, Seite 9), der vorzubereiten. Zu denken ist auch an Fortbetriebsrechte nach der Vater ein Sechstel. Die beiden Geschwisterer sind nicht mehr Gewerbeordnung, die der Verlassenschaft, der Gattin sowie Kindern erbberechtigt. und Wahlkindern zustehen. Sind neben dem Ehegatten nur mehr zwei vollbürtige Geschwis- ter des Verstorbenen am Leben, so erhält der Ehegatte alles. Zu bedenken ist jedoch, dass für die Adoption gesetzliche Bedingun- Soll der Ehegatte neben den Eltern alles erhalten, muss ein gen (Adoptionsvertrag, gerichtliche Genehmigung, Zustimmungen, Testament errichtet werden. Eltern sind nicht mehr pflichtteils- Altersunterschied, ...) gefordert sind und neben steuerlichen Folgen berechtigt, müssen daher auch nicht bedacht werden (vergleiche auch einschneidende zivilrechtliche Folgen eintreten, so z.B. ein dazu das Kapitel „Pflichtteilsrecht“, Seite 17). gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht, aber auch familiäre Unter- haltsansprüche. Adoption Auch adoptierte Kinder erben gleich wie leibliche Kinder. 14 15
N O TA R I AT Erbunwürdigkeit Pflichtteilsrecht Die Erbunwürdigkeitsgründe wurden neu gestaltet. Es gibt absolut Das Pflichtteilsrecht engt die gesetzliche Freiheit des Verstorbenen, wirkende Gründe und relative Gründe, die nur wirken, wenn der Ver- über sein Vermögen letztwillig zu verfügen, zugunsten von Nach- storbene aufgrund von Testierunfähigkeit, Unkenntnis oder aus an- kommen in gerader Linie sowie zugunsten des Ehegatten ein. deren Gründen nicht in der Lage war, eine Enterbung vorzunehmen. Pflichtteilsansprüche bestehen vor allem, wenn der Verstorbene eine Absolute Gründe: (wie bisher) formgültige letztwillige Verfügung errichtet und die Pflichtteilsbe- • schwere, gerichtlich strafbare Vorsatztaten (Strafdrohung min. rechtigten darin nicht entsprechend bedacht hat. 1 Jahr) gegen den Verstorbenen (§ 166 StGB Privilegierung in Zum Kreis der potentiell Pflichtteilsberechtigten gehören grundsätzlich der Familie) oder alle Nachkommen, also eheliche und uneheliche Kinder, Enkelkinder, • neu: gegen die Verlassenschaft, sowie Urenkelkinder, Adoptivkinder. Bei Fehlen von Kindern ist nur der • die Vereitelung des letzten Willens. Vereitelungsabsicht ist Ehegatte pflichtteilsberechtigt. erforderlich; ein Versuch ist jeweils ausreichend. Das Pflichtteilsrecht des Ehegatten besteht neben dem Pflichtteilsan- Relative Gründe: spruch der Nachkommen. • Zufügung schweren seelischen Leides („Psychoterror“ oder wiederholte schwere Beschimpfungen) Niemals pflichtteilsberechtigt sind die Geschwister des Verstorbenen. • die gröbliche Vernachlässigung familienrechtlicher Pflichten aus ! dem Eltern-Kind-Verhältnis sowie • schwerere gerichtlich strafbare Vorsatztaten, gegen Ehegatten, Bis 31.12.2016 sind Eltern, Großeltern und Urgroßeltern eingetragenen Partner oder Lebensgefährten des Verstorbenen sowie die Adoptiveltern pflichtteilsberechtigt. oder gegen einen Verwandten in gerader Linie. Alle Erbunwürdigkeitsgründe können durch (auch schlüssige) Verzeihung wegfallen, die keine strenge Testierfähigkeit voraussetzt. BEISPIEL Ein verheirateter Verstorbener hinterlässt Ehefrau und ! ACHTUNG drei Kinder. Die Ehefrau wurde testamentarisch zur Universalerbin eingesetzt. Insbesondere Handlungen, wie zum Beispiel eigenmächtiges in Die Kinder haben einen Pflichtteilsanspruch in der Höhe Besitz nehmen eines Sparbuchs oder eigenmächtige Behebungen der Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils, also die Hälfte von einem Konto, zu welchem man Zugang hat, können zur von je zwei Neuntel ergibt je ein Neuntel. Erbunwürdigkeit und damit zum Verlust des Erbrechts führen! Werden solche Handlungen nach dem Tod des Verstorbenen ge- setzt, ist eine Verzeihung nicht mehr möglich. Gleichfalls greift die strafrechtliche Privilegierung der Begehung im Familienkreis nicht mehr. 16 17
N O TA R I AT ! BERECHNUNGSBEISPIEL Der Verstorbene war Eigentümer eines Hotelbetriebes Neu ist, dass der Pflichtteil letztwillig durch alles hinterlassen werden kann, was in Geld bewertbar ist, so insbesondere Wohn- und Betriebsvermögen netto 2.200.000,- Fruchtgenussrechte, Rentenvermächtnisse und dergleichen. Auf eine Privatvermögen netto 600.000,- sofortige Verwertbarkeit kommt es nicht mehr an. Nachlassvermögen gesamt 2.800.000,- Ferner besteht nunmehr die Möglichkeit zur Stundung der Pflichtteils- Nachlassverbindlichkeiten -100.000,- zahlung. Diese kann letztwillig angeordnet max. auf 5 Jahre, oder auf reines Nachlassvermögen 2.700.000,- Antrag des Erben vom Gericht für max. 10 Jahre bewilligt werden; dies insbesondere dann, wenn die dem Erben zur Befriedigung seines gesetzliche Erbfolge: dringenden Wohnbedürfnisses dienende Wohnung oder ein Unterneh- Ist kein Testament vorhanden, kommt es zur men als Existenzgrundlage verkauft werden müsste. gesetzlichen Erbfolge und die Kinder erben zusammen 2/3, daher 1.800.000,- Testamentarische Erbfolge: ACHTUNG Ist die Gattin Testamentserbin, beträgt der Pflichtteilsanspruch der 3 Kinder zusammen 900.000,- Vor allem Unternehmer sollten prüfen, ob Rentenvermächtnisse und ist durch die Testamentserbin und für sie sinnvoll sind. Übernehmerin des Hotelbetriebes auszuzahlen. Dem Pflichtteilsberechtigten stehen in jedem Fall ab dem Todestag die gesetzlichen Zinsen (in Höhe von 4 % p.a.) zu. Beim derzeitigen Zinsniveau (Juni 2016) wird von der Stundungsmöglichkeit selten Auf das Pflichtteilsrecht kann lebzeitig oder im Zuge des Verlassen- Gebrauch gemacht werden. schaftsverfahrens verzichtet werden. Der lebzeitige Pflichtteilsver- zicht muss in Form eines Notariatsaktes abgegeben werden. Pflichtteilsberechtigte können zur korrekten Ermittlung ihres Pflicht- teilsanspruches die Errichtung eines Inventars und die Schätzung Der Pflichtteil gebührt vom reinen Nachlass, d.h. von allen Vermö- des gesamten Nachlasses durch Sachverständige verlangen. Bei min- genswerten, vermindert um die Schulden des Verstorbenen und die derjährigen Pflichtteilsberechtigten ist diese Schätzung vom Gesetz Todfallskosten (Begräbniskosten, Verlassenschaftsgebühren, Kosten sogar zwingend vorgeschrieben. der Inventarerrichtung und der Schätzung des Nachlassvermögens). Der Anspruch auf den Geldpflichtteil wird bereits mit dem Tod des Verstorbenen erworben, kann aber erst ein Jahr danach eingefordert BIS 31.12.2016 ! Bisher war der Pflichtteil sofort fällig und auszubezahlen. werden. Auf eine Leistungsfähigkeit des Erben wurde gesetzlich keine Rücksicht genommen. 18 19
N O TA R I AT Hinzu- und Anrechnung lebzeitiger Zuwendungen ist, damit bei mehreren pflichtteilsberechtigten Beschenkten nicht jeder den vollen Pflichtteil vom Wert der anderen Geschenke erhält. Die bisherige Differenzierung zwischen Vorempfängen und Vor- schüssen sowie Schenkungen bzw. zwischen Nachlasspflichtteil und Die Bewertung von Schenkungen erfolgt mit dem Wert zum Zeit- Schenkungspflichtteil wurde aufgegeben. Infolge der Erbrechtsre- punkt, in dem die Schenkung wirklich gemacht wurde (siehe sogleich form werden sämtliche lebzeitigen Zuwendungen (Schenkungen) unten), wobei eine Aufwertung auf den Todeszeitpunkt anhand einheitlich behandelt. des von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex erfolgt. Einschränkungen der Verfügungsfreiheit oder Verwertbarkeit Anrechnung von Zuwendungen auf den Todesfall (zB Wohnrechte) sind bei der Bewertung zu berücksichtigen. Alles, was Pflichtteilsberechtigte letztwillig oder als Erbteil erhalten, ist bei der Bestimmung ihres Pflichtteils in Anrechnung zu bringen. Unverändert unterliegen folgende Schenkungen keiner Anrechnung, Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen sofern nichts anderes vereinbart wurde: Schenkungen (ohne weitere Differenzierung), die der Pflichtteilsbe- rechtigte erhalten hat, sind auf Verlangen eines Pflichtteilsberech- • Schenkungen, die der Verstorbene ohne Schmälerung seines tigten oder Erben der Verlassenschaft hinzuzurechnen und auf den Stammvermögens (aus bloßen Erträgnissen, Zinsen) gemacht hat, Geldpflichtteil des Geschenknehmers anzurechnen. • Schenkungen zu gemeinnützigen Zwecken, in Entsprechung einer Schenkungen (ohne weitere Differenzierung), die ein Dritter vom sittlichen Pflicht oder aus Rücksicht des Anstandes, Verstorbenen erhalten hat, sind nur auf Verlangen eines Pflichtteils- • Schenkungen, die früher als 2 Jahre vor dem Tod des Verstor- berechtigten hinzu- bzw. anzurechnen. benen an nicht pflichtteilsberechtigte Personen (Dritte) gemacht worden sind. Die Schenkung auf den Todesfall ist zukünftig wie eine Schenkung Die zweijährige Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem die unter Lebenden zu behandeln. Der Beschenkte hat wie ein Vermächt- Schenkung wirklich gemacht wurde. Dies ist der Fall, wenn der nisnehmer ein Forderungsrecht gegen die Verlassenschaft bzw. die Verstorbene die Zuwendung endgültig erbracht hat. Noch nicht Erben. endgültig erbracht ist eine Schenkung zB bei zurückbehaltenem Neu ist, dass die Anrechnung einer Schenkung an einen Pflichtteils- Fruchtgenussrecht (das Recht das Haus nicht nur bewohnen zu berechtigten durch letztwillige Verfügung oder durch schriftliche dürfen, sondern auch vermieten zu können). Ein bloßes Woh- Vereinbarung (Notariatsakt) unter Lebenden ausgeschlossen werden nungsgebrauchsrecht (das Recht das Haus zum eigenen Gebrauch kann. Zukünftig ist daher die Nichtanrechnung in der Schenkungs- bewohnen zu dürfen) schadet aber nicht; diesfalls beginnt die urkunde zu vereinbaren, wenn der Beschenkte die Zuwendung Zweijahresfrist mit dem Übergabezeitpunkt zu laufen. zusätzlich zu seinem späteren Pflichtteil erhalten soll. Ferner wird man regelmäßig vereinbaren, dass die Schenkung aber sehr wohl auf eine „Pflichtteilserhöhung wegen anderer Schenkungen“ anzurechnen 20 21
N O TA R I AT Checkliste: Ermittlung des Pflichtteilsanspruches BEISPIEL Der Verstorbene schenkt mehr als zwei Jahre vor seinem ! PFLICHTTEILSBERECHNUNG BETRAG Tod seinem Sohn den Großteil seines Vermögens. Dieser hat Aktivvermögen des Verstorbenen laut Schätzung viele Jahre zuvor (und ohne Zusammenhang mit der nunmeh- + (Verkehrswert) rigen Schenkung) mittels Notariatsakt auf seinen gesetzlichen - Schulden Pflichtteil verzichtet. Nach der derzeitigen Rechtsprechung des Obersten Gerichts- - Todfallskosten (Begräbnis) hofes kommt dem Beschenkten bei einem wirksamen Pflicht- Kosten der Regelung des Nachlasses (Gerichtskommissär, teilsverzicht die Zweijahresfrist des § 785 Absatz 3 ABGB - Gerichtsgebühr, Sachverständigenkosten) zugute. Ist also z.B. noch eine Tochter vorhanden, kann diese + Wertänderungen zwischen Todestag und Zuzählung keine Schenkungsanrechnung verlangen! Einziger Zweck des Pflichtteilsverzichtes darf dabei aber = reiner Nachlass als Bemessungsgrundlage nicht die Verhinderung von Pflichtteilsansprüchen sein, dies wäre rechtsmissbräuchlich. + auf Verlangen Hinzurechnung von Schenkungen = erhöhter Nachlass als Bemessungsgrundlage Auskunftsanspruch Ermittlung der Pflichtteilsquote Bisher war ein eigener Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtig- gegebenenfalls Anrechnung von letztwilligen Zuwendungen, ten, zum Beispiel betreffend zurückliegender Schenkungen, Konto- - des Erbteils und von Schenkungen beim jeweiligen Pflicht- bewegungen vor dem Todestag, etc. im Erbrecht nicht geregelt. teilsberechtigten Unklar war, ob dieser Anspruch auch gegenüber dem Beschenkten = Pflichtteilsanspruch bestand oder nur gegenüber der Verlassenschaft und dem Erben. Nunmehr wurde ein eigenständiger und weitgehender Auskunftsan- spruch im Erbrecht verankert. Auskunftsberechtigt ist nicht nur der Pflichtteilsberechtigte, sondern auch der Erbe sowie der Vermächtnisnehmer. Auskunftspflichtigt sind die Verlassenschaft, die Erben und die Geschenknehmer. Der die Auskunft Begehrende muss allerdings beweisen, dass der Anspruchsgegener tatsächlich eine anrechenbare Schenkung erhalten hat. 22 23
N O TA R I AT Übergangene Kinder können im Ablebensfall der Eltern Pflichtteilsansprüche geltend machen. Diesen Pflichtteilsansprüchen sind über Verlangen lebzeitig erfolgte Schenkungen an andere Kinder hinzuzurechnen. Ist im Nachlass weniger vorhanden, als sich aufgrund dieser Bestimmungen rechnerisch an Anspruch ergibt, haben den Fehlbetrag die beschenkten Geschwister zu leisten. Daher wird aus Anlass der Vertragsbesprechung der Notar auf diese Ansprüche auch ausdrücklich aufmerksam machen und dazu raten, solche Pflichtteils- ansprüche bereits lebzeitig zu regeln. Nicht zuletzt deshalb, weil sich infolge von zukünftigen Aufwendungen (z.B. Aus- und Umbauten) erhebliche Bewertungsprobleme ergeben können. BIS 31.12.2016 Unterschieden wird zwischen dem Nachlasspflichtteil ! und dem Schenkungspflichtteil. Nachlasspflichtteil In den Nachlasspflichtteil haben sich alle Pflichtteilsberech- tigten einrechnen zu lassen, was sie letztwillig erhalten. Der Pflichtteilsberechtigte Ehegatte hat sich außerdem das gesetzli- che Vorausvermächtnis (siehe Seite 9) einrechnen zu lassen. Ferner haben sich alle Pflichtteilsberechtigten anrechnen zu lassen, was sie zu Lebzeiten des Verstorbenen als Vorschluss auf den Pflichtteil erhalten haben. Dies musste bei Hingabe der Zuwendung vereinbart worden sein. Pflichtteilsberechtigte Nachkommen müssen sich außerdem sogenannte Vorempfänge anrechnen lassen. Darunter versteht man die Ausstattung, Zuwendungen für den Berufsantritt und Aufwendungen, die der Verstorbene zur Bezahlung der Schul- den eines volljährigen Kindes getätigt hat. Der Ausgleich zwischen den Kindern erfolgt nur mit mitteln des Nachlasses. Bei der gesetzlichen Erbfolge bestehen - zur 24 25
N O TA R I AT ! Vermeidung von Benachteiligungen - ähnliche Einrechnungs- Mein Pflichtteil ist weg! Die Übergabe aus Sicht der übergangenen Kinder vorschriften. In der notariellen Praxis taucht immer wieder die Frage auf, warum Die Schenkung auf den Todesfall wird bei Rechtslage bis die Eltern die elterliche Liegenschaft einem Geschwisterteil zuwenden 31.12.2016 bei Berechnung des Nachlasspflichtteils berück- konnten, ohne dass die übrigen Kinder davon etwas wussten und sichtigt und nicht als Schenkung unter Lebenden bei der die Eltern so „den Erbteil verschenkt“ haben. Berechnung des Schenkungspflichtteils. Grundsätzlich sind Schenkungen auch ohne Zuziehung der übrigen Schenkungspflichtteil Geschwister möglich. Wird dabei auch den Eltern ein Recht einge- Durch die Schenkungsanrechnung wird verhindert, dass der räumt (Wohn-, Fruchtgenussrecht, eine Rente), so liegt keine reine Pflichtteilsanspruch der Pflichtteilsberechtigten durch unent- Schenkung, sondern eine Übergabe („gemischte Schenkung“) vor. geltliche Zuwendungen des Verstorbenen zu Lebzeiten, die nicht Diese Verträge sind in der Regel notariatsaktspflichtig und es trifft als Vorempfang oder Vorschuss zu behandeln sind, geschmälert den Notar als Urkundenerrichter eine umfassende Belehrungspflicht. oder gänzlich vereitelt wird. So wird der Notar mit den Beteiligten die Rechtsfolgen dieser Über- Auf Verlangen eines pflichtteilsberechtigten Kindes oder Ehe- gabe ausführlich besprechen, insbesondere was die Sicherstellung gatten sind deshalb bestimmte Schenkungen an pflichtteilsbe- von Rechten der Übergeber im Grundbuch betrifft, aber auch die rechtigte Personen oder auch an Dritte rechnerisch dem aktiven erb- und steuerrechtlichen Konsequenzen. Genauso wie den Notar Nachlassvermögen hinzuzufügen, so als wäre die Schenkung jedoch eine umfassende Belehrungspflicht trifft, hat er gegenüber nicht vorgenommen worden. Außenstehenden strikte Verschwiegenheit zu bewahren und ist nicht Von diesem rechnerisch erhöhten Nachlass ist sodann der zur Auskunftserteilung an dritte Personen berechtigt. Schenkungspflichtteil zu berechnen. Der Pflichtteilsberechtigte Übergangene Kinder können im Ablebensfall der Eltern Pflichtteils- kann im Falle dessen, dass der Nachlass zur Erfüllung des ansprüche geltend machen. Diesen Pflichtteilsansprüchen sind über Schenkungspflichtteils nicht ausreicht, sich an den Beschenkten Verlangen lebzeitig erfolgte Schenkungen an andere Kinder hinzu- halten. zurechnen. Ist im Nachlass weniger vorhanden, als sich aufgrund dieser Bestim- mungen rechnerisch an Anspruch ergibt, haben den Fehlbetrag die beschenkten Geschwister zu leisten. Daher ist anzuraten, dass alle Kinder bei lebzeigigen Verträgen mit- einbezogen werden. 26 27
N O TA R I AT Letztwillige Verfügungen Testament Der Verstorbene kann zu Lebzeiten durch rechtsgeschäftliche Erklä- Das eigenhändige Testament ist die einfachste Testamentsform. Es rung bestimmen, an wen nach seinem Tod sein Vermögen fallen soll. kann leicht an geänderte Verhältnisse angepasst werden. Zu seiner Letztwillige Verfügungen werden immer dann errichtet, wenn der Gültigkeit ist erforderlich, dass es eigenhändig geschrieben und Testator mit der gesetzlichen Erbfolgeregelung nicht oder nur teil- eigenhändig unterschrieben wurde. weise einverstanden ist. Zu den einseitigen, jederzeit widerruflichen In der notariellen Praxis tauchen aber immer wieder Schwierigkeiten Erklärungen von Todes wegen gehören: mit eigenhändigen Testamenten auf, da hier oft Formfehler unter- • Das Testament laufen, wie z.B. folgender: Ein Testament wird eigenhändig mit der • Das Vermächtnis Schreibmaschine geschrieben und vom Verstorbenen unterschrieben. • Die Pflichtteilsminderung Dieses Testament ist nichtig und wird in der Verlassenschaftsver- • Die Enterbung handlung nicht berücksichtigt! • Die Stiftung von Todes wegen • Die widerrufliche Bezugsberechtigung der (Lebens-) Versicherung Ein eigenhändiges Testament muss mit der Hand geschrieben werden und ist am Ende des Textes zu unterschreiben.Zur zeitlichen Ein- ordnung (es gilt immer das zeitlich letzte Testament) sollten Ort und Zu den zwei- oder mehrseitigen, nur im Einvernehmen unter den Datum der Errichtung beigesetzt werden. jeweiligen Vertragspartnern abänderbaren Rechtsgeschäften von Todes wegen, zählen: Um solche Formfehler und damit die Nichtigkeit Ihres Testaments • Der Erbvertrag zu vermeiden, können Sie Ihr eigenhändig geschriebenes Testament • Der Erbverzichtsvertrag kostenlos bei Ihrem Notar überprüfen lassen. • Der Pflichtteilsverzichtsvertrag • Der Schenkungs-, Übergabs- und Kaufvertrag auf den Todesfall • Gütergemeinschaft auf den Todesfall BEISPIEL Mein Letzter Wille! ! Ich, Rudolf Sorglos, Kaufmann, Salmstrasse 3, 9020 Klagen- • Rechtsnachfolgeklauseln in Gesellschaftsverträgen furt, setze zum Erben meines gesamten Vermögens meinen • Die unwiderrufliche Bezugsberechtigung in der Lebensversicherung Neffen, Rudi Strebsam, Badgasse 5, 9020 Klagenfurt, ein. Klagenfurt, am 9.6.2016 Rudolf Sorglos Bei Unklarheiten oder umfangreicheren Verfügungen ist jedenfalls die rechtskundige Beratung bei einem Notar dringend anzuraten, da die Gültigkeit letztwilliger Verfügungen an sehr strenge Formvorschrif- Um fremdhändige Testamente fälschungssicherer zu machen, wurden ten gebunden ist (der Testator kann ja nicht mehr gefragt werden, strengere Formvorschriften eingeführt. Das fremdhändige Testament wie er eine konkrete Regelung gemeint hat!). muss der Verstorbene weiterhin selbst unterschrieben haben. Zusätzlich muss er eigenhändig einen Zusatz anbringen, mit dem er bekräftigt, dass das Testament seinen letzten Willen enthält: zB „Das ist mein letzter Wille“ . 28 29
N O TA R I AT Außerdem muss die Unterschrift vor drei gleichzeitig anwesenden Zeugen gesetzt werden. Die Zeugen müssen ihren Namen, ihr ACHTUNG Geburtsdatum und/oder ihre Adresse angeben und mit dem Hinweis auf ihre Zeugeneigenschaft , zB „als Zeuge“, unterschreiben. Ein nicht nach den Formvorschriften errichtetes Testament Sie müssen die Identität des Verstorbenen bestätigen können und ist nichtig und im Verlassenschaftsverfahren überhaupt dürfen nicht befangen sein. Befangen sind Begünstigte sowie deren nicht zu berücksichtigen! So kommt es in vielen Fällen nahe Angehörige. Unter anderem sind daher als Zeugen ungeeignet: zur gesetzlichen Erbfolge. Der Bedachte sowie dessen Ehegatte, eingetragener Partner oder Lebensgefährte, seine Eltern, Kinder und Geschwister oder die in diesem Grad Verschwägerten. Am geeignetsten sind außenstehende neutrale Die Erstellung eines Testamentes bei einem Notar gibt die Sicher- Zeugen. heit, ein formgültiges Testament errichtet zu haben, dessen Auffind- barkeit durch Eintragung (nur der Errichtungsdaten nicht auch des ! Bis 31.12.2016 ist die eigenhändige Bekräftigung und die Anga- Inhaltes) im Testamentsregister der Österreichischen Notariatskammer sichergestellt ist. be des Geburtsdatums und/oder der Adresse bei den Zeugen noch In bestimmten Fällen, zum Beispiel wenn ein mündiger Minderjähriger nicht erforderlich. Die neuen Formvorschriften gelten nur für testieren möchte, ist die Form eines mündlichen Testaments vor Verfügungen die nach dem 31.12.2016 errichtet werden, können Gericht oder Notar vorgeschrieben. aber schon vorher angewendet werden. Sie können sich durch Testamentserrichtung beim Notar auch sicher sein, dass die Ansprüche der Verwandten (z.B. Pflichtteile!) und die steu- Können Personen, für die ein Sachwalter bestellt wurde, nur erlichen Folgen der Erbschaft durch einen Fachmann überprüft sind. mündliche vor Gericht oder Notar testieren, sofern dies vom Gericht vorgeschrieben wurde. Diese Gesetzesbestimmung Die Kosten der Errichtung und Verwahrung eines einfachen notariellen wurde durch das Erbrechtsänderungsgesetz ersatzlos gestrichen. Testamentes belaufen sich derzeit auf ca. EUR 400,-. Der Gewinn an Sicherheit beträgt in der Regel ein Vielfaches! Zur Sicherung der Auffindbarkeit des Testaments - unabhängig davon, ob selbstgeschrieben oder nicht - sollte dieses bei einem Notar oder bei einem Bezirksgericht hinterlegt werden, die Auffind- barkeit wird dann durch Eintragung im Österreichischen Zentralen Testamentsregister sichergestellt. 30 31
N O TA R I AT Ehegattentestament GOLDENE REGELN FÜR TESTAMENTE Eine Sonderform des Testamentes ist das gemeinsame Testament von Ehegatten. Wird es eigenhändig geschrieben, muss jeder Ehegatte (!) • L etztwillige Verfügungen werden niemals zu früh verfasst. Gerade auch die gesamte Verfügung eigenhändig schreiben und unterschreiben. junge Paare mit minderjährigen Kindern sollten vorsorglich eine letztwillige Ist es nur von einem Teil geschrieben und unterschrieben und hat der Verfügung errichten. andere Ehegatte lediglich unterschrieben, ist es nur für den Schreiber • V erfügt werden sollte über alle wesentlichen Vermögenswerte, ein gültiges Testament! insbesondere über Unternehmen, Grundstücke, Eigentumswohnungen, Wohnungseinrichtung, Schmuck, Wertgegenstände, Kraftfahrzeuge, Sparbücher und Wertpapiere. ACHTUNG • W ichtiges Anliegen ist in der Regel die Vermögenserhaltung. Die letztwillige Anordnung sollte jedenfalls eine konkrete Das eigenhändige Ehegattentestament muss von jedem Ehegatten Vermögensaufteilung unter den Erben beinhalten und einen klaren vollziehbaren Willen zum Ausdruck bringen. zur Gänze selbst geschrieben und unterschrieben werden, sonst ist es für den Ehegatten, der nur unterschreibt, ungültig! • Komplizierte Verfügungen, die Unternehmensnachfolgen, grundbücher- liche Sicherstellungen (z.B. Belastungs- und Veräußerungsverbote, Wohn- oder Fruchtgenussrechte), oder Zuwendungen an mehrere Generationen (z.B. Überlassungsverpflichtungen oder Nacherbschaften) zum Inhalt Vermächtnis haben, sollen unbedingt vom Fachmann erstellt werden. Vom Testament unterscheidet sich das Vermächtnis dadurch, dass es Der Notar ist – durch seine Tätigkeit als Gerichtskommissär in Verlassenschaftsverfahren – erfahrener Experte, auch was die keine Erbeinsetzung beinhaltet. Nur hinsichtlich einzelner Vermö- Umsetzbarkeit letztwilliger Verfügungen betrifft. genswerte werden Verfügungen getroffen. ! • D ie steuerlichen Auswirkungen von Testamenten sind zu beachten. BEISPIEL Vergleiche die steuerlichen Auswirkungen im Kapitel „Steuern und Gebühren“, Seite 53). Vermächtnis! Ich, Rudolf Sorglos, Salmstrasse 3, 9020 Klagenfurt, • B ei der Aufteilung des Nachlasses sind insbesondere Ansprüche Minder jähriger, Pflegebefohlener und Pflichtberechtigter zu berücksichtigen. vermache meine Goldmünzensammlung meiner Nichte, Edeltraud Strebsam, Alter Platz 22, 9020 Klagenfurt. • D ie Formgültigkeit der Verfügung ist durch Errichtung beim Notar oder Überprüfung durch diesen sicherzustellen. (Was nützt ein formungültiges Klagenfurt am Wörthersee, am 9.6.2016 Testament, das im Verlassenschaftsverfahren nicht berücksichtigt wird?) Rudolf Sorglos • D ie Auffindbarkeit ist – durch Hinterlegung beim Notar oder Bezirksgericht – sicherzustellen. • D ie letztwillige Anordnung sollte regelmäßig (ungefähr alle 5 Jahre) Für die Formerfordernisse gilt das zu Testamenten Gesagte. auf ihre Gültigkeit überprüft und – falls erforderlich – aktualisiert werden. 32 33
N O TA R I AT Pflegevermächtnis (ab 1.1.2017) Bisher musste sich derjenige aus der Familie, der die Pflege zB der Entzogen werden kann es nur bei Vorliegen eines Enterbungsgrundes. Eltern auf sich genommen hat, die Abgeltung dieser Leistung häufig Von der Beitragspflicht zur Pflichtteilserfüllung ist der Pflegever- in aufreibenden Bereicherungsprozessen gegen die Verlassenschaft mächtnisnehmer ausgenommen. Es geht den Verlassenschaftsgläu- oder die Erben erkämpfen. Vielfach gingen diese Personen überhaupt bigern nach; gegenüber anderen Vermächtnissen ist es allerdings leer aus. vorrangig. Mit dem neuen Pflegevermächtnis wird die Abgeltung von Pflege- Die Höhe des Vermächtnisses richtet sich nach dem verschafften leistungen, die in vielen Fällen vor dem Tod nicht geklärt wird, für Nutzen (insb. den ersparten Aufwendungen) ohne Rücksicht auf den den Pflegenden erleichtert. Das Pflegevermächtnis ist zu den Pflicht- Verlassenschaftswert. teilsansprüchen vorrangig. Es handelt sich dabei um ein gesetzliches Vermächtnis, das gegenüber dem Verstorbenen in den letzten drei Jahren vor seinem Tod erbrachte BEISPIEL Rudolf Sorglos wurde von seiner Tochter Edeltraud ! Pflegeleistungen naher Angehöriger abgelten soll. Voraussetzung ist, zwei Jahre lang gepflegt. dass der Angehörige insgesamt mindestens sechs Monate lang in nicht Kommt es zur Erbfolge, erhält Edeltraud vor Berechnung bloß geringfügigem Ausmaß (durchschnittlich mehr als 20 Stunden pro der Erbquoten eine Abgeltung für ihre Pflegeleistungen Monat) Pflegeleistungen erbracht hat. (Pflegevermächtnis). Dies muss Rudolf Sorglos NICHT extra verfügen, dieser Anspruch ergibt sich aus dem Gesetz. Dass die Leistungen im Rahmen einer familienrechtlichen Beistands- pflicht erbracht wurden, schadet dabei nicht. Der Gerichtskommissär hat im Verlassenschaftsverfahren auf eine Potentiell anspruchsberechtigt sind alle als gesetzliche Erben in einvernehmliche Festsetzung hinzuwirken. Es ist daher zukünftig Betracht kommenden Personen und deren Ehegatten, eingetragene für Sie als pflegende Person noch wichtiger, genaue Aufzeichnungen Partner, Lebensgefährten einschließlich der Kinder dieser Personen über die von Ihnen erbrachten Pflegeleistungen zu führen, sowie der Lebensgefährte des Verstorbenen und seine Kinder. um Streitigkeiten über die Höhe des Pflegevermächtnisses zu Das Vermächtnis fällt aus, wenn ein Entgelt vereinbart wurde bzw. vermeiden. soweit die Pflegeleistungen durch anrechenbare letztwillige Zuwen- dungen des Verstorbenen oder durch Zuwendungen Dritter oder der öffentlichen Hand abgegolten sind. ACHTUNG Ansonsten gebührt es als Vorausvermächtnis zusätzlich zum Pflichtteil und anderen Leistungen aus der Verlassenschaft, wobei Um Ihre Pflegeleistungen später auch nachweisen zu können, der Verstorbene jedoch abgesehen vom Pflichtteil eine Anrechnung sollten Sie darüber Aufzeichnungen führen. anordnen kann. 34 35
N O TA R I AT Enterbung Es kann aus verschiedensten Gründen dazu kommen, dass der Ver- storbene den pflichtteilsberechtigten Personen nichts hinterlassen Bis 31.12.2016 ist die Rechtslage bei der Enterbung im Wesentlichen ! gleich wie ab 1.1.2017, eine Kausalität wurde nicht gefordert. will. Um einem Pflichtteilsberechtigten seinen Pflichtteil rechtswirk- sam zu entziehen, bedarf es der Enterbung. Einem Pflichtteilsberechtigten kann der Pflichtteil durch letztwillige Die Enterbung sollte jedenfalls in einer letztwilligen Verfügung aus- Anordnung bei Vorliegen eines der im Gesetz genannten Enterbungs- drücklich angeordnet werden. grundes gänzlich entzogen werden. Einen Enterbung auf Vorrat ist Durch die Enterbung werden die Pflichtteilsansprüche der übrigen nicht (mehr) möglich, da nunmehr eine Ursächlichkeit (Kausalität) Noterben erhöht, da der Enterbte als nicht vorhanden betrachtet wird. zwischen der konkret verwerflichen Handlung und der konkreten Zur sogenannten Enterbung in guter Absicht siehe das folgende letztwilligen Enterbungsverfügung bestehen muss. Kapitel „Der verschuldete Sohn“. Eine Entziehung des Pflichtteils (Enterbung) kann letztwillig angeord- net werden, wenn der Pflichtteilsberechtigte Stiftung von Todes wegen • gegen den Verstorbenen eine gerichtlich strafbare Handlung Die Stiftung von Todes wegen ist ein immer seltener gewähltes begangen hat, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit Instrument bei großen Vermögensmassen. Die Rücksprache mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, oder Notar und Steuerberater ist dringend zu empfehlen. • g egen den Ehegatten, eingetragenen Partner, Lebensgefährten oder Verwandten in gerader Linie, die Geschwister des Verstorbenen und deren Kinder, Ehegatten, eingetragenen Partner oder Lebensgefährten Pflichtteilsminderung sowie die Stiefkinder des Verstorbenen eine gerichtlich strafbare „Der verschuldete Sohn“ Handlung begangen hat, die nur vorsätzlich begangen werden Unter gewissen Umständen kann der den Kindern zustehende Erb- kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, bzw. Pflichtteil gemindert oder ganz entzogen werden. Hiezu bedarf • absichtlich die Verwirklichung des wahren letzten Willens des es in der Regel einer letztwilligen Verfügung. Verstorbenen vereitelt oder zu vereiteln versucht hat, So zum Beispiel, wenn ein Kind verschwenderisch oder verschul- • d em Verstorbenen in verwerflicher Weise schweres seelisches Leid det ist. Der Verstorbene kann das verschwenderische Kind auf den zugefügt hat, Pflichtteil setzen und diesen dessen Nachkommen zuwenden: Wenn bei einem sehr verschuldeten (oder verschwenderischen) Pflicht- • s onst seine familienrechtlichen Pflichten gegenüber dem Verstor- teilsberechtigten die wahrscheinliche Gefahr besteht, dass der ihm benen gröblich vernachlässigt hat, oder gebührende Pflichtteil zum größten Teil seinen Kindern entgehen •w egen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer würde, so kann der Verstorbene diesen Pflichtteil, statt ihn dem Handlungen zu einer lebenslangen oder zwanzigjährigen Frei- Pflichtteilsberechtigten (seinem Sohn, seiner Tochter) zu belassen, heitsstrafe verurteilt worden ist. dessen Kindern zuwenden. Dieser Enterbungsgrund ist übrigens auch auf den Ehegatten anwendbar. 36 37
N O TA R I AT ! Ein Vater überlegt sich, wie das Vermögen nach seinem BEISPIEL BEISPIEL Ein verwitweter Vater hat zwei Kinder. Zur Tochter bestand ! Tode unter seinen beiden Söhnen aufzuteilen sei. Einer der nie eine Nahebeziehung, sie haben nie im gemeinsamen Fami- beiden Söhne, ein selbständiger Gewerbetreibender, war lienverband gelebt und auch sonst keinen Kontakt unterhalten. zuvor mit seinem Unternehmen in Konkurs gegangen und Lediglich Alimentationszahlungen wurden geleistet. Nun soll hat mit sehr hohen Forderungen seiner Gläubiger zu das Vermögen dem ehelichen Sohn zugewendet werden. kämpfen. Der Vater will dennoch beide Söhne bedenken, Die Tochter soll so wenig wie möglich erhalten. das Familienvermögen jedoch nicht dem Zugriff der Im Testament wird daher verfügt: Gläubiger des einen Sohnes aussetzen. Mein letzter Wille! Im Beispielfall sah der Vater in seinem Testament dann vor, Zum Erben setze ich meinen Sohn Peter Sorglos ein. Den dass der eine, unverschuldete Sohn den ihm zukommenden Pflichtteilsanspruch meiner Tochter, zu der zeitlebens kein Erbteil erhielt und anstatt des verschuldeten zweiten Sohnes familiäres Naheverhältnis bestand, mindere ich auf die Hälfte. dessen Kinder den ansonsten ihrem Vater zufallenden Teil des Klagenfurt am Wörthersee, am 9.6.2016 Nachlasses bekommen sollten. So konnte die Vermögensüber- Rudolf Sorglos führung in der Familie geregelt werden und das Familienver- Die Tochter erhält 1/8 des Nachlasses als geminderten mögen dem Zugriff Außenstehender entzogen werden. Pflichtteil. Ohne Testament bekämen die beiden Kinder je die Hälfte des Nachlasses. Bei derartigen Verfügungen ist jedenfalls die Hilfe Ihres Notars angeraten. Das außereheliche Kind Übergeben oder Vererben? Außereheliche Kinder erben gleich wie eheliche Kinder. Erbrechtliche Ein Beispielfall Unterschiede zwischen ehelichen und unehelichen Kindern sind seit Soll ich mein Haus übergeben oder vererben? Diese Frage wird im 1991 abgeschafft. Unter bestimmten Umständen kann der Pflichtteil Zuge von Beratungen dem Notar oder Steuerberater oft gestellt. Sie unehelicher Kinder reduziert werden. Wenn der Verstorbene über einen kann nur im Einzelfall nach Abwägung aller Aspekte beantwortet längeren Zeitraum vor dem Tod (rund 20 Jahre; bis 31.12.2016 werden. zu keiner Zeit) zu seinen Kind kein Naheverhältnis hatte, wie es Der grundsätzliche Unterschied zwischen Übergabe und testamenta- zwischen Familienangehörigen gewöhnlich besteht, dann kann der rischer Regelung ist folgender: Pflichtteil halbiert werden. Diese Reduktion des Pflichtteils muss (im • Die Übergabe ist ein Vertrag, der einseitig nicht mehr abgeändert Testament) ausdrücklich verfügt werden. Die Pflichtteilsminderung oder widerrufen werden kann („übergeben ist übergeben“). erhöht nach der Rechtslage ab 1.1.2017 die Pflichtteilsansprüche der • Ein Testament kann jedoch jederzeit abgeändert oder widerrufen anderen pflichtteilsberechtigten Nachkommen. werden. 38 39
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