"Erben und vererben!" - Kuoni Mueller & Partner

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"Erben und vererben!" - Kuoni Mueller & Partner
Ratgeber
«Erben und vererben!»
Die Nachfolgeregelung anzugehen bedeutet, eine emotionale Hürde zu überspringen. Die
Erfahrung zeigt jedoch, dass eine Nachlassplanung zu Lebzeiten im Endeffekt klare Ver-
hältnisse schafft. Man gestaltet selbst und sorgt dafür, wie sein späteres Vermögen unter
den Liebsten, Hinterbliebenen, Freunden oder allenfalls auch Institutionen aufzuteilen ist.
Der Ratgeber liefert Ihnen dazu einige wichtige Informationen und Anhaltspunkte.

Die fünf Grundregeln im Erbrecht                                                              2
Der letzte Wille                                                                              3
Übertragung einer Immobilie                                                                   4
Fragestellungen im Zuge der Übertragung                                                       5
Moderne Familienkonstellationen                                                               6
Erbengemeinschaften                                                                           6
Wenn Erben sich uneinig sind!                                                                 7
Weitere Informationen                                                                         8

                                                                                        1
Grossmutter     Grossvater                             Grossmutter           Grossvater

     Tante                                  Mutter              Vater                                          Onkel

     Cousin      Halbbruder                     Erblasser    Ehefrau/eingetragener Partner      Schwester

                                  Tochter              Adoptivsohn                               Nichte

                   Neffe           Enkel                    Enkelin                             Grossneffe

                                  Urenkel

                                                                                1. STAMM         2. STAMM      3. STAMM

                                                                                      Die gesetzlichen Erben des Erblassers

Die fünf Grundregeln im Erbrecht                             als Erben oder Vermächtnisnehmer orientieren möch-
1. Der überlebende Ehegatte/eingetragene Partner             te, findet unter www.spendenspiegel.ch umfassende
   erbt immer.                                               Informationen.
2. Die Erben der zum Erblasser näheren Stamm
   schliessen die Erben der zum Erblasser entfern-           Eine Stiftung ins Leben rufen!
   teren Stamm von deren Erbrecht aus.                       Verfügt der Erblasser über ein grosses Vermögen,
3. Ist ein Erbe innerhalb des Stamms verstorben,             eröffnet sich ihm die Möglichkeit, eine Stiftung ins
   fällt sein Anteil an seine Nachkommen.                    Leben zu rufen, die durch seine letztwillige Anord-
4. Sind keine Nachkommen vorhanden, so fällt die             nung mit seinem Vermögen aus seinem Nachlass
   Erbschaft je zur Hälfte an Vater- und Mutterseite.        bestückt wird: Das ihr gewidmete Vermögen erwirbt
5. Die Grosseltern der väterlichen und mütterlichen          die Stiftung unmittelbar vom Erblasser im Zeitpunkt
   Seite erben auf jeder Seite die Hälfte. Erst wenn         seines Ablebens. Auch Liegenschaften können Teil ei-
   keine Nachkommen bei keinem der beiden gros-              nes Stiftungsvermögens werden, was vor allem dann
   selterlichen Stämme vorhanden sind, erbt die              Sinn macht, wenn es sich bei der Liegenschaft um ein
   andere Seite des grosselterlichen Stammes alles.          Renditeobjekt oder ein herrschaftlicher Sitz, der dem
                                                             Stiftungszweck dienlich ist, handelt. Durch das Be-
Ein Erblasser, der keine pflichtteilsgeschützten Er-         gründen einer Stiftung, ist es möglich, ein Projekt ins
ben (also weder Ehegatte, eingetragenen Partner,             Leben zu rufen, das einem am Herzen liegt und sein
Nachkommen und – bis zum Inkrafttreten der bevor-            Vermögen zweckbezogen weiterbestehen lässt. Wird
stehenden Revision des Erbrechts – auch die Eltern)          der Stiftungszweck nach deren Gründung von der
hinterlässt, kann mittels letztwilliger Verfügung voll       Steuerbehörde als gemeinnützig eingestuft, kann sie
und ganz über sein Vermögen disponieren. Es steht            steuerfrei agieren. Grundsätzlich gibt es zahlreiche
ihm daher frei, sein gesamtes Vermögen zum Beispiel          Optionen, seine Hinterlassenschaft zu regeln, jedoch
seinem Patenkind, einem Freund und/oder Institutio-          können all diese Vorstellungen nach dem Ableben
nen zukommen zu lassen. Wer sich über Institutionen          eines Erblassers nur dann umgesetzt werden, wenn

2
er zu Lebzeiten letztwillig in korrekter Art und Weise       •   ... wer für die Sicherung, Räumung und Verteilung
darüber verfügt hat. Daher ist es in diesen Fällen rat-          des Nachlasses verantwortlich sein soll (Ernen-
sam, einen professioneller Willensvollstrecker zu be-            nung eines professionellen Willensvollstreckers),
nennen, der für die Umsetzung des letzten Willens
verantwortlich ist und diesen durchzusetzen hat.             muss eine letztwillige Verfügung – also ein Testament
                                                             (eigenhändig oder in öffentlich beurkundeter Form)
8 Hat ein Erblasser verpasst, seinen Nachlass zu             oder einen Erbvertrag verfassen.
regeln und findet die zuständige Behörde keine erb-
berechtigen gesetzlichen Erben, so fällt sein gesam-         Form und Inhalt eines Testaments
tes Nachlassvermögen dem Gemeinwesen zu.                     Das Testament muss von einer mindestens 18-jäh-
                                                             rigen, urteilsfähigen Person verfasst werden. Hinzu
                                                             kommen formelle und inhaltliche Aspekte, die es zu
                                                             berücksichtigen gilt:
Der letzte Wille
                                                             Formell wird das handschriftliche Testament...
Im Normalfall* entscheidet sich der Testator zwi-
                                                             • vom Testator selbst,
schen einem der nachfolgenden Möglichkeiten:
                                                             • von Anfang bis zum Schluss von Hand geschrie-
                                                                ben und
•   Handschriftliches Testament
                                                             • mit Ort und Datum sowie Unterschrift versehen
•   Testament, welches vor einer Urkundsperson,
    i. d. R. einem Notar, unter Mitwirkung zweier
                                                             8 Es ist ausgeschlossen, dass ein Dritter (*mit
    Zeugen zustande kommt oder
                                                             Ausnahme des hier nicht weiter erläuterten Not-
•   dem Erbvertrag, der ebenfalls vor der Urkunds-
                                                             testamentes) für den Testator das Testament hand-
    person und zweier Zeugen begründet wird.
                                                             schriftlich schreibt, selbst wenn es dessen Willen
                                                             entsprechen sollte. Stellvertretung jeder Art ist
*Für Notfälle sieht das Gesetz zusätzlich das Nottestament
                                                             ausgeschlossen.
vor, welches nur unter besonderen, aussergewöhnlichen
Umständen zur Anwendung und unter Einhaltung streng
                                                             Öffentlich beurkundete Testamente
formaler Voraussetzungen entstehen kann.
                                                             Das öffentlich beurkundete Testament entsteht vor
                                                             einer öffentlichen Urkundsperson, meist vom kan-
Das richtige Timing!                                         tonalen Recht als Notar bezeichnet. Diese Urkunds-
Wer seine Erbfolge nicht der gesetzlichen Regelung           person nimmt dem Testator – unter Anwesenheit von
überlassen will, sondern über konkrete Vorstellungen         zwei Zeugen – seinen letzten Willen ab, der in einer
verfügt, ...                                                 Urkunde festgehalten wird.

•   ... gewisse Personen über deren gesetzlichen             Erbvertrag
    Anteil hinaus zu begünstigen,                            Der Erbvertrag entspricht formell dem öffentlich
•   ... unter welchem Personenkreis sein Vermögen            beurkundeten Testament, wird aber unter mehreren
    aufzuteilen ist,                                         Parteien (bspw. Ehepartner, eingetragener Partner,
•   ... welchen Gegenstand an welche Person oder             Konkubinatspartner, Nachkommen oder auch Dritte)
    Institution auszurichten ist,                            geschlossen.
•   ... unter welchen Bedingungen oder Auflagen ein
    Empfänger einen Anteil an seinem Vermögen                Der Inhalt eines Erbvertrages
    erhalten soll,                                           Der Inhalt einer sogenannten letztwilligen Verfügung
•   ... was mit einem Erbanteil zu geschehen hat,            muss klar sein und Entschiedenheit ausstrahlen.
    wenn ein eingesetzter Bedachter weggefallen ist,         Dies bedeutet, aus dem Dokument muss ein gefes-
•   ... sein Vermögen zweckgebunden vergeben zu              tigter Wille erkennbar sein und Aufschluss darüber
    wollen,                                                  geben, wie ein Testator sein hinterlassenes Vermögen
•   ...jemanden einen Gegenstand oder Vermö-                 verteilt haben möchte.
    gensanteil aus dem Nachlassvermögen zuwen-
    den zu wollen, ohne ihn zum Erben zu machen,

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Übertragung einer Immobilie                              •   wie der Preis der Liegenschaft zu Stande gekom-
                                                             men ist,
Eltern überlegen sich gerne, bereits zu Lebzeiten ihre
                                                         •   in welcher Höhe ein allfälliges Nutzniessungs-
Liegenschaft an die nächste Generation weiterzurei-
                                                             oder Wohnrecht zu Gunsten des Erblassers den
chen. Das bringt viele Vorteile, aber auch Nachteile
                                                             Übernahmepreis beeinflusste,
die es zu bedenken gilt.
                                                         •   eine klare Regelung über die Ausgleichspflicht
                                                             unter den späteren Erben zu treffen,
•   Die Übertragung einer Liegenschaft zu Lebzei-
                                                         •   zu regeln, was mit einem allfälligen Mehrwert der
    ten an einen Nachkommen hat den Vorteil, dass
                                                             Liegenschaft – für den Zeitraum ab Übertragung
    bereits zu Lebzeiten des Erblassers in der Familie
                                                             des Objekte bis zum Todeszeitpunkt entstehen
    bestimmt wird, wer Eigentümer der Liegenschaft
                                                             könnte – zu geschehen hat,
    ist. Damit ist der Zuweisungsproblematik von
                                                         •   wie mit allfällig entstehenden Pflichtteilsverlet-
    Liegenschaften, die sich häufig anlässlich der
                                                             zungen infolge der lebzeitigen Liegenschafts-
    Abwicklung eines Nachlasses stellt, ein Riegel
                                                             übertragung umzugehen ist,
    geschoben.
                                                         •   ob die anderen Nachkommen – falls der finanzi-
                                                             elle Spielraum des Erblassers besteht, im glei-
•   Ist es dem Erblasser nicht möglich, diesen Ent-
                                                             chen Masse begünstigt worden sind,
    scheid zu Lebzeiten zu treffen, kann er versuchen,
                                                         •   etc.
    mit einer letztwilligen Teilungsanordnung im Rah-
    men der Nachlassabwicklung die Liegenschaft
                                                         8 Der Miteinbezug aller am Nachlass beteiligten
    einem konkreten Erben zuzuordnen. Respek-
                                                         Familienmitglieder schafft klare Verhältnisse und
    tieren die Erben dessen letztwillige Anordnung
                                                         sorgt für eine einfachere Abwicklung des Erbfalles.
    nicht, müssen sie einen – meist langen – Weg
    beschreiten, dieses Thema unter sich zu lösen.
                                                         Übertragung durch den Verkauf zum Verkehrswert
    Schlussendlich ist die Erbengemeinschaft nur
    dann zur Teilung fähig, wenn sie den Erbteilungs-    Die Übertragung einer Immobilie an einen Nachkom-
    vertrag einstimmig verabschiedet hat.                men kann als Verkauf zum Verkehrswert erfolgen:
                                                         Der effektive Wert der Immobilie ist in diesem Falle
•   Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass die Abtre-     mittels einer neutralen Schätzung zu bestimmen. Der
    tung des Wohneigentums an die jüngere Genera-        dadurch ermittelte Wert ist derjenige, den der über-
    tion heute nicht mehr vom Motiv getragen werden      nehmende Nachkomme bezahlen wird. Er bezahlt so
    sollte, das Eigentum vor dem Gemeinwesen zu          viel, wie auch ein Dritter auf dem freien Markt für die
    schützen, falls die Kosten eines Pflegeheimes un-    Liegenschaft bezahlen würde. Verfügt der Nachkom-
    bezahlbar würden. Können Eltern oder Grossel-        me nicht über genügend Kapital, können ihm die El-
    tern ihre Heimunterkunft nicht mehr begleichen,      tern allenfalls ein Darlehen gewähren oder er nimmt
    holen die Gemeinden die Fürsorgeleistungen bei       einen Kredit auf.
    nahen Verwandten, gestützt auf die Verwand-          8 Ein Ausgleich bezüglich dem Erwerbspreis oder
    tenunterstützungspflicht zurück. Dies kann dazu      eines allfälligen Mehrwerts muss sich der Nachkom-
    führen, dass eine vorsorglich übertragene Liegen-    me und spätere Erbe gegenüber seinen Miterben
    schaft durch die jüngere Generation zur Beglei-      nicht gefallen lassen, da er den Verkehrswert bezahlt
    chung dieser Schulden verkauft werden muss.          hat.

Weitere Stolpersteine
                                                         Übertragung als gemischte Schenkung
Ein Stolperstein bei der Übertragung von Liegen-
schaften zu Lebzeiten des Erblassers stellt die Frage    Überträgt ein Erblasser seinem Nachkommen eine
nach der Höhe der Bewertung der Liegenschaft oder        Liegenschaft unter dem Verkehrswert gegen Ein-
nach dem richtigen Preis. Die Idee, die Liegenschaft     räumung eines Gegengeschäftes in Form von einer
innerhalb der Familie zu Konditionen zu übertragen,      geldwerten Leistung, eines Wohnrechts, einer Nutz-
die unter dem eigentlichen Verkehrswert liegt, wird      niessung oder Übernahme der Hypothek, so liegt eine
gerne ins Feld geführt. Es lohnt sich in diesen Fällen   gemischte Schenkung vor.
die ganze Familie einzubeziehen und folgende Krite-      8 Der geschenkte Betrag ist gegenüber den spä-
rien in einem Erbvertrag festzuhalten:                   teren Miterben anlässlich der Nachlassabwicklung
4
ausgleichungspflichtig. Ebenso ist ein allfälliger
Mehrwert der Liegenschaft auszugleichen. Dadurch
kann eine gut gemeinte gemischte Schenkung im
Erbfall zu einer finanziellen Belastung desjenigen
werden, der die Liegenschaft übernommen hat.                       «Der Miteinbezug
                                                            aller am Nachlass beteiligten
Übertragung als Schenkung/Erbvorbezug                     Familienmitglieder schafft klare
Der Erblasser überlässt sein Haus einem Nachkom-           Verhältnisse und sorgt für eine
men ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten.                  einfachere Abwicklung
Hat der Erblasser mehrere Nachkommen, so steht
diesen spätestens anlässlich der Nachlassabwick-
                                                                    des Erbfalles.»
lung einen monetären Ausgleich zu, sodass schlus-
sendlich alle Erben wertmässig gleichgestellt sind.
8 Nebst dem eigentlichen Ausgleich über die ange-
fallene Schenkung/Erbvorbezug kann wiederum ein       8 Empfehlung: Die Übergabe von Liegenschaften
allfälliger Wertzuwachs der Liegenschaft ebenfalls    auf die nächste Generation fordert die ganze Familie.
zur Ausgleichung Diskussionspunkt unter den späte-    Transparentes Handeln hilft: Falls möglich ist bereits
ren Erben darstellen.                                 zu Lebzeiten einen Ausgleich unter den künftigen
                                                      Erben zu schaffen. Im besten Fall wird die gesamte
Die Übertragung einer Immobilie auf Nachkommen        Angelegenheit erbvertraglich unter Miteinbezug aller
kann allenfalls mit einem Wohn- oder Nutznies-        späteren Erben geregelt.
sungsrecht zu Gunsten des Abtretenden verbunden       Welche der vorstehenden Varianten einer Immobili-
werden. Ein solches Recht schmälert den Wert der      enübertragung sich am Besten eignet, hängt von den
Liegenschaft und ist bei der Feststellung des Über-   konkreten Verhältnissen und persönlichen Umstän-
nahmewertes vom Verkehrswert in Abzug zu bringen.     den ab und ist jeweils sorgfältig zu prüfen!

  Wichtige Fragestellungen im Zuge einer Übertragung einer Liegenschaft!

  Die Übergabe einer Immobilie an seine Nachkommen,Wist im Einzelfall zu prüfen. Es gibt diesbezüglich
  keine Patentlösung. Es gilt daher im Zusammenhang mit dieser Frage zu klären,

  •   welches Ziel mit der Übergabe einer Liegenschaft zu Lebzeiten für die «Gebenden» wie die «Über-
      nehmenden» verfolgt werden soll,
  •   ob die Liegenschaft finanziell für die übernehmende Generation tragbar sei,
  •   zu welchem Preis die Liegenschaft an die Nachkommen übertragen werden soll,
  •   ob das Errichten eines Wohn- oder Nutzniessungsrecht an der zu übertragenden Liegenschaft sinn-
      voll erscheint,
  •   ob die Liegenschaft mittels Schenkung, Erbvorbezug, Darlehen oder einer Mischlösung übertragen
      werden soll,
  •   ob ein Rückkaufs-, Gewinnbeteiligungs- oder Vorkaufsrecht im Grundbuch einzutragen sei,
  •   ob und in welchem Masse eine solche Übergabe betreffend weitere Nachkommen auszugleichen
      ist,
  •   welche steuerlichen Folgen die Übertragung einer Liegenschaft auslösen wird,
  •   welche sozialversicherungsrechtlichen Themen allenfalls zu klären sind.

                                                                                                           5
Moderne Familienkonstellationen                           vorgesehen. Nur Blutsverwandte verfügen – neben
Patchworkfamilien                                         Ehepartnern und Adoptivkindern – über einen ge-
                                                          setzlichen Anspruch auf einen Erbteil. Auch das So-
Patchworkfamilien mit Nachkommen stellen eine
                                                          zialversicherungsrecht berücksichtigt ausschliesslich
Herausforderung für die erbrechtliche Planung dar.
                                                          die klassische Kernfamilie.
Vor allem für die Kinder können ungerechte Konstel-
                                                          Auch wenn Konkubinatspaare mit Bezug auf die all-
lationen entstehen, abhängig davon, welcher Partner
                                                          gemeine Steuersituation gegenüber den Ehepaaren
zuerst verstirbt. Nebst der Regelung des Güterrech-
                                                          besser gestellt sind, hört die finanzielle Bevorzugung
tes zwischen den Ehegatten, ist eine testamentari-
                                                          im Rahmen der erb- und sozialversicherungsrechtli-
sche oder erbvertragliche Regelung in diesen Fällen
                                                          chen Belange sowie der Schenkungs- und Erbschaft-
angezeigt. Das Gesetz stellt nebst der Pflichtteilsset-
                                                          steuer auf.
zung von gesetzlichen Erben, Instrumente (wie bspw.
die Vor- und Nacherbschaft, Wohn- und Nutznies-
                                                          8 Eine letztwillige Regelung zu Gunsten des Konku-
sungsregelungen) zur Verfügung, die im Falle der
                                                          binatspartners erscheint dann unumgänglich, wenn
erbrechtlichen Regelung mögliche Lösungsansätze
                                                          dieser für die Nachkommen des anderen oder die
bieten können. Sie sind jedoch für die Betroffenen
                                                          gemeinsamen eigenen sorgt und daher auf seinen
in der konkreten Handhabung fordernd und es ist
                                                          eigenen beruflichen Altersvorsorgeaufbau ganz oder
unablässig, sich im Vornherein von professioneller
                                                          teilweise verzichten muss. Ebenso der Besitz eines
Seite darüber genaustens informieren und beraten zu
                                                          Eigenheimes ruft nach einer erbrechtlichen Regelung
lassen.
                                                          – ungeachtet davon, ob Nachkommen vorhanden sind
                                                          oder nicht. Gesetzlich vorgesehene Instrumente den
                                                          Nachlass zu regeln, wurden vorstehend unter dem
                                                          Passus «Patchworkfamilien» genannt. Sie sind auch
          «Das Schweizerische                             bezüglich der erbrechtlichen Regelung für Konkubi-
        Erbrecht hat für moderne                          natspaare mögliche anwendbare Instrumente.
       Familienformen immer noch
       keine speziellen Regelungen                        8 Da Konkubinatspartner sozialversicherungs-
                                                          rechtlich ungeschützt sind und keinen Anspruch auf
              vorgesehen.»                                eine Hinterbliebenenrente der AHV (1. Säule) haben,
                                                          lohnt es sich für Konkubinatspartner zu prüfen, ob
                                                          weitere finanzielle Absicherungen durch das Treffen
                                                          von Begünstigungsregelungen im Rahmen der beruf-
                                                          lichen Vorsorge (2. Säule), der freiwilligen Vorsorge/
Partnerschaften ohne Trauschein
                                                          allfälligen Lebensversicherungsprodukten (3. Säule a
Ohne testamentarische Anordnung hinterlässt ein
                                                          und b) vorzusehen sind. Diese können – nebst einer
                                                          erbrechtlichen Regelung – dafür ausschlaggebend
•   kinderloser Konkubinatspartner seinen gesetzli-
                                                          sein, ob ein hinterbliebener Konkubinatspartner die
    chen Erben gemäss dem Stammesprinzip in fol-
                                                          gemeinsame Liegenschaft weiterhin behalten kann
    gender Reihenfolge: Eltern, Geschwister, Nichten,
                                                          oder nicht.
    Neffen, Grosseltern, Grossnichten, Grossneffen
    oder ein
•   Konkubinatspartner mit Nachkommen (unabhän-
    gig davon, aus welcher Beziehung diese stam-          Erbengemeinschaften
    men), diesen                                          Liquidationsgemeinschaft
                                                          Die Erbengemeinschaft ist eine Liquidationsgemein-
sein gesamtes Nachlassvermögen. Der Konkubinats-
                                                          schaft, welche alle Personen umfasst, die über eine
partner geht leer aus und bleibt erbrechtlich unbe-
                                                          Erbenstellung verfügen. Sie hat den Zweck, sich
rücksichtigt.
                                                          aufzulösen und ist daher nicht auf eine langfristige
                                                          Existenz ausgerichtet. Diese Tatsache führt zu einem
Das Schweizerische Erbrecht hat für moderne Fami-
                                                          gewissen Handlungszwang.
lienformen immer noch keine speziellen Regelungen

6
Liquidation anstreben                                   Erbengemeinschaft bis zur Teilung unterstützt, indem
Erbengemeinschaften sollten die Teilung des Nach-       er für sie eine akzeptable und faire Lösung aufbereitet.
lassvermögens nicht auf die lange Bank schieben:
Verstirbt ein Mitglied der Erbengemeinschaft, treten
an dessen Stelle seine Erben. Dies kann zu komple-      Wenn Erben sich uneinig sind!
xen erbrechtlichen Konstellationen führen und das       Für zerstrittene Erben ist es schwer, die Erbteilung
soziale und emotionale Gefüge einer Erbengemein-        durchzusetzen. Jedem Erbe steht von Gesetzes we-
schaft aufwühlen, wodurch die anstehende Erbtei-        gen das Recht zu, jederzeit die Erbteilung verlangen
lung im Vollzug nur noch schwer zu bewerkstelligen      zu können. Finden die Erben zu keiner gemeinsamen
ist. Mut zur Teilung wird gefordert! Lassen Sie sich    Lösung, kann ein einzelner Erbe diese gerichtlich
dabei helfen.                                           erzwingen. Auf der Homepage des Bezirksgerichtes
                                                        Zürich ist zu lesen, dass Erbteilungsklagen, zu den
                                                        aufwendigsten und teuersten Verfahren überhaupt
Gesamteigentum am Nachlassvermögen                      gehören. Das Bezirksgericht rät: “Deshalb: Teilen Sie
Die Erbengemeinschaft ist eine Gemeinschaft zur ge-     miteinander, nicht mit uns.“
samten Hand und verfügt als solche über alle Rechte
und Pflichten, die sich aus der Erbschaft ergeben.      Ernennung eines Teilungsbeauftragten
Die Erben können nur gemeinsam und einstimmig –         Damit eine Erbstreitigkeit nicht vor Gericht ausgetra-
ungeachtet der jeweiligen Höhe des Erbanteiles eines    gen werden muss, lohnt es sich, wenn die Erben aktiv
einzelnen Erben – über die Erbschaft verfügen. Folge    versuchen, miteinander das Gespräch aufrecht zu er-
davon ist, dass kein einzelner Erbe bis zur durchge-    halten und auf diesem Weg gemeinsam eine Lösung
führten Erbteilung selbständige Rechte an den ein-      zu erarbeiten. Allenfalls verständigen sich die Erben
zelnen Erbschaftsobjekten innehat. So kann sie nur      darüber, eine neutrale, lösungsorientierte, fachkundi-
gemeinsam entscheiden, um beispielsweise...             ge Person (Anwalt, Rechtsberater, Treuhänder) als
                                                        ihren Teilungsbeauftragten zu bestimmen, der den
•   eine wertvolle Uhr des Erblassers zu verkaufen,     letzten Willen des Testators umsetzt (falls ein Testa-
•   eine Liegenschaft einem der Erben zuzuteilen        ment vorliegt) oder er die gesetzliche Teilung vorbe-
    oder an einen Dritten zu veräussern,                reitet (falls der Verstorbene keine Regelung hinterlas-
•   gegenüber einem Mieter in einer Liegenschaft        sen hat).
    des Erblassers die Kündigung auszusprechen,
•   über Kauf/Verkauf bezüglich von im Nachlassver-     Stellvertretung einzelner Erben
    mögen befindlichen Wertschriften zu bestimmen,      Gelingt es der Erbengemeinschaft nicht, sich auf
•   einen Auftrag an einen Gärtner zur Pflege des       einen Teilungsbeauftragten zu einigen, kann es für
    erblasserischen Gartens zu erteilen,                einen einzelnen Erben oder eine Erbengruppe ratsam
•   die Sanierung der Heizungsanlage in einer Lie-      sein, sich dennoch von einer fachkundigen Person
    genschaft des Erblassers vorzunehmen.               vertreten zu lassen. Wird eine Vertretung gut gewählt,
                                                        kann sie für emotionale Entwirrung sorgen, die Ruhe
8 Fazit: Die Faktoren, dass die Erbengemein-            unter den Erben einkehren lässt und dadurch eine
schaft eine Zwangsgemeinschaft, deren Existenz          aussergerichtliche Erbteilung möglich macht.
zur Liquidation bestimmt ist und nur basierend auf
Einstimmigkeit fähig ist, zu handeln, beschwört viele   Behördlich bestellter Erbenvertreter
unliebsame Geister herauf. Schon einfache Vermö-        Kommt keine der vorgenannten Wege in Frage, so
gensverhältnisse können dazu führen, dass Erben         sieht das Gesetz vor, dass ein einzelner Erbe gericht-
untereinander uneins sind über die Teilung. Ist die     lich einen Erbenvertreter für die Erbengemeinschaft
Erbengemeinschaft auf sich alleine gestellt, weil der   beantragen kann. Dieser verwaltet sodann den Nach-
Erblasser kein Testament hinterlassen oder im Testa-    lass und bereitet die Erbteilung vor. Die Durchführung
ment keinen Willensvollstrecker ernannt hat, kann es    der Teilung obliegt schlussendlich den Erben oder
für eine Erbengemeinschaft gewinnbringend sein, ei-     dem Gericht.
nen sachkundigen, neutralen Vertreter zu bestimmt,
der ihre Rechte und Pflichten wahrnimmt und die

                                                                                                              7
8 Deshalb: Fällt es einem einzelnen oder mehreren                Lassen Sie sich fachkundig beraten!
Erben schwer, mit den anderen Erben zu kommuni-                  Kommen Sie zum Schluss, der Zeitpunkt der Über-
zieren, sollte frühzeitig überlegt werden, sich von              gabe Ihrer Liegenschaft sei günstig, regeln Sie nicht
neutraler Seite gegenüber den anderen Erben bera-                nur diesen Teilaspekt der Vermögensübertragung,
ten oder vertreten zu lassen, bevor die Fronten derart           sondern stellen Sie dies in den Kontext zu Ihrem ge-
verhärtet sind und sich der Gerichtsweg als einzige              samten Nachlassregelung. Binden sie, wenn möglich,
Lösung präsentiert.                                              die ganze Familie in diesen Prozess ein. Dadurch
                                                                 verhindern Sie, dass es nach Ihrem Ableben zwischen
Willensvollstrecker
                                                                 Ihrem Ehepartner oder Lebensgefährten und Ihren
Zerstrittene Erben haben es in der Regel leichter,               Nachkommen zu unliebsamen Überraschungen
wenn der Erblasser einen Willensvollstrecker in                  kommt. Regeln Sie Ihren Nachlass ganzheitlich und
seinem Testament ernannt hat, da dieser ab dem
                                                                 umfassend.
Todestag des Erblassers als neutraler Dritter für die
Umsetzung der Anordnungen des Testators verant-
wortlich ist.

Ausbezahlung der Miterben
Wird die Auszahlung der Miterben problematisch,
                                                                                       Kezia Baader
kann es daran liegen, dass der Nachlass zur Haupt-
                                                                                       Dr. iur. LL.M.
sache aus einem grossen unteilbaren Vermögenswert                                      Partnerin
(z. B. Liegenschaft) besteht und nur geringes anderes                                  Rechts- und Erbschaftsberaterin
Vermögen vorhanden ist.                                                                WildbachPartner AG, Zürich

    Glossar

    Testator:
    Eine natürliche Person, die ein Testament verfasst hat.

    Erblasser:
    Eine natürliche Person, deren Nachlass nach ihrem Tod an andere Personen weitergegeben wird.

    Pflichtteilsgeschützte Erben:
    Der Gesetzgeber stellt ihnen einen Anteil am gesetzlichen Erbteil sicher, wodurch eine Verletzung des
    Pflichtteilsanspruches oder gar eine Enterbung durch den Erblasser von ihnen nicht hingenommen
    werden muss: Ehepartner, eingetragener Partner, Nachkommen, Eltern (nach aktuellem Erbrecht –
    jedoch nach Inkrafttreten des revidierten Erbrechts entfällt der Pflichtteilsschutz der Eltern).

    Letztwillige Verfügung:
    Testament

    Nachlass:
    Alles, was der Verstorbene hinterlässt bildet den Nachlass. Dazu gehört neben Vermögen oder Ver-
    pflichtungen auch Dokumente, private Schriftstücke, privater Besitz im Allgemeinen.

Kuoni Mueller & Partner Residential AG I Schweizergasse 21 I CH-8001 Zürich I +41 43 344 65 65 I residential@kmp.ch I www.kmp.ch

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