Erblich bedingter Krebs - Ein Ratgeber der Krebsliga - Krebsliga Shop

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Erblich bedingter Krebs - Ein Ratgeber der Krebsliga - Krebsliga Shop
Erblich bedingter
Krebs

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Ein Ratgeber der Krebsliga
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Die Krebsligen der Schweiz:
Nah, persönlich, vertraulich, professionell
Wir beraten und unterstützen Sie und Ihre Angehörigen gerne in Ihrer
Nähe. Rund hundert Fachpersonen begleiten Sie unentgeltlich während
und nach einer Krebserkrankung an einem von über sechzig Stand­orten
in der Schweiz.
Zudem engagieren sich die Krebsligen in der Prävention, um einen gesun-
den Lebensstil zu fördern und damit das individuelle Risiko, an Krebs zu
­erkranken, weiter zu senken.

Impressum

Herausgeberin                                         Lektorat
Krebsliga Schweiz                                     Tino Heeg, Leiter Publizistik, Krebsliga Schweiz,
Effingerstrasse 40, Postfach,                         Bern
3001 Bern, Tel. 031 389 91 00,
                                                      Frühere Auflagen
info@krebsliga.ch, www.krebsliga.ch
                                                      Dr. med. Suzanne Braga, FMH Medizinische Ge-
Einige Textabschnitte dieser Broschüre sind in        netik, Bern; PD Dr. med. Nicole Bürki, Chefärztin
Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Ar-            Frauenklinik, Kantonsspital Liestal; Dr. med.
beitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung        Katharina Buser, FMH Innere Medizin, speziell
(SAKK) entstanden. Die Krebsliga Schweiz dankt        Onkologie, Bern; Prof. Dr. med. Monica Castig-
der SAKK für die Zusammenarbeit.                      lione, FMH Innere Medizin, speziell Onkologie,
                                                      Bern; PD Dr. med. Karl Heinimann, Medizinische
3. Auflage
                                                      Genetik UKBB, Universität Basel; Ruth Jahn,
Projektleitung und Redaktion
                                                      Wissenschaftsjournalistin, Bern; Susanne Lanz,
Barbara Karlen, Fachspezialistin Publizistik,
                                                      Krebsliga Schweiz, Bern; Dr. rer. nat. Rolf Marti,
Krebsliga Schweiz, Bern
                                                      Leiter Forschungsförderung, Krebsliga Schweiz,
Fachberatung                                          Bern; Prof. Dr. med. Hansjakob Müller, Medizini-
Dr. med. Rudolf Morant, Facharzt für Innere           sche Genetik UKBB, Universität Basel; Dr. med.
Medizin sowie Onkologie und Hämatologie,              Rosanna Zanetti Dällenbach, Leitende Ärztin
Tumorzentrum ZeTuP, Rapperswil-Jona                   Frauenklinik, Universitätsspital Basel
Prof. em. Dr. med. Hansjakob Müller, Facharzt
                                                      Titelbild
Medizinische Genetik, Universitätsspital Basel
                                                      iStock by Getty Images
Dr. med. Benno Röthlisberger, Medizinischer Lei-
ter (CMO), Medizinische Genetik FMH u. FAMH,          Illustrationen
Genetica AG, Zürich                                   S. 6: Stephan Spitzer, Medical Illustrator,
                                                      Frankfurt
Wir danken den betroffenen Personen für das
                                                      S. 9: Rahel Meyer, Luzern, www.meyer-grafik.ch
sorgfältige Lesen des Manuskripts und die wert-
vollen Rückmeldungen.                                 Fotos
                                                      S. 4: iStock by Getty Images
Mitarbeitende Krebsliga Schweiz
                                                      S. 16: Shutterstock; S. 36: Corbis/Specter, Zürich
Dr. med. Aline Flatz, wissenschaftliche Mitarbei-
terin Trends; Regula Schär, ehem. Leiterin Publi-     Design
zistik; Andrea Seitz, Fachspezialistin Publizistik;   Krebsliga Schweiz, Bern
Alexandra Uster, wissenschaftliche Mitarbeiterin
                                                      Druck
                                                      Mastra Druck AG, Schönbühl

Diese Broschüre ist auch in französischer und italienischer Sprache erhältlich.

© 2020, 2011, 2005, Krebsliga Schweiz, Bern | 3., überarbeitete Auflage

KLS | 10.2020 | 1500 D | 011005011111
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Inhalt

Vorwort                                         5

Was hat Krebs mit den Genen zu tun?             6
Sporadischer Krebs und erblich bedingter Krebs 8
Vererbte Genmutation und Krebsentstehung       10
Welche Krebsarten können erblich bedingt sein? 12

Hinweise auf eine Veranlagung                 17

Genetische Beratung                           18
Beratungsgespräch                              18
Ablauf einer genetischen Beratung             20

Gentest                                        24
Was ist ein Gentest?                          24
Gesetzliche Grundlage                         25

Mögliche Resultate des Gentests               27
Eine Veranlagung wird nachgewiesen            27
Keine Veranlagung wird nachgewiesen           27
Variante mit unklarer Bedeutung               28

Gentest: Ja oder Nein?                        30

Massnahmen bei einem erhöhten Krebsrisiko     32
Veranlagung für Brust- und Eierstockkrebs     32
Veranlagung für Dickdarm- und Enddarmkrebs    35
Veranlagung für schwarzen Hautkrebs
(Melanom)                                      35

Leben mit einem erhöhten Krebsrisiko          37

Erklärung von Fachausdrücken                  38

Beratung und Information                      40

                                                     Erblich bedingter Krebs   3
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Liebe Leserin, lieber Leser

Wird im Text nur      Tritt Krebs in Ihrer Familie häufig   Beratung sinnvoll und was ein
    die weibliche
                      auf? Dann fragen Sie sich viel-       Gentest ist. Wird eine Veranlagung
 oder männliche
Form verwendet,       leicht, ob Krebs in Ihrer Familie     festgestellt, sind Früherkennung
   gilt sie jeweils   weitervererbt wird und Sie selber     und vorbeugende Massnahmen
          für beide   auch gefährdet sind?                  wirkungsvolle Möglichkeiten, die-
   ­Geschlechter.
                                                            ser zu begegnen.
                      Sind Sie selbst von Krebs betrof-
                      fen? Dann machen Sie sich mög-        In zahlreichen weiteren Broschü-
                      licherweise Sorgen, ob Ihre Kinder    ren der Krebsliga finden Sie hilf-
                      oder andere Verwandte ein höhe-       reiche Informationen und Tipps.
                      res Erkrankungsrisiko für Krebs       Die Beraterinnen und Berater am
                      haben.                                Krebstelefon und in den kanto-
                                                            nalen und regionalen Krebsligen
                      Die Sorgen sind meist unbegrün-       sind auf Fragen rund um Krebs
                      det: Die meisten Verwandten von       spezialisiert. Sie helfen und be-
                      Krebsbetroffenen haben kein er-       gleiten Sie gerne. Sie finden die
                      höhtes Risiko, selber an Krebs zu     Adressen und Kontaktdaten der
                      erkranken. Allerdings gibt es Fa-     Beratungsstellen ab Seite 46.
                      milien, in denen eine Veranlagung
                      für bestimmte Krebsarten vererbt      Wir wünschen Ihnen und Ihrer
                      wird. Diese Veranlagung erhöht        Familie alles Gute.
                      das Risiko, an Krebs zu erkranken.
                                                                                  Ihre Krebsliga
                      Diese Broschüre beschreibt, was
                      erblich bedingter Krebs ist und wie
                      dieser vererbt wird. Sie erfahren,
                      in welchen Fällen eine genetische

                                                                         Erblich bedingter Krebs   5
Was hat Krebs mit den Genen zu tun?

In der Schweiz erkranken pro Jahr         Wir können das Erbgut mit einer Bib-
rund 41 700 Menschen neu an Krebs.        liothek vergleichen: Es hat Bücherge-
Wir sprechen von Krebs, wenn sich         stelle (Chromosomen), die aus sehr
Körperzellen bösartig und unkontrol-      vielen Büchern (Genen) bestehen.
liert vermehren.                          Darin steht der Bauplan von unserem
                                          Körper geschrieben.
Unser Körper besteht aus Billionen
von Zellen. Im Kern jeder Zelle ist das
gesamte Erbgut eines Menschen.
Das Erbgut ist der Bauplan von unse-
rem Körper. Dieser Bauplan besteht
aus Chromosomen. Die Chromoso-
men wiederum bestehen aus leiter-
förmigen DNS-Strängen (DNS steht
für Desoxyribonukleinsäure). Einzel-
ne Abschnitte von DNS-Strängen
heissen Gene.

Unser Erbgut: der Bauplan von unserem Körper

6   Erblich bedingter Krebs
Entstehung von Krebs                    Ursachen von Krebs
Zellen vermehren sich durch Teilung.    Krebserkrankungen sind auf Muta-
Bei der Teilung wird der Bauplan        tionen in den Genen zurückzuführen.
kopiert. Dabei entstehen neue Zel-      Mehrere Faktoren sind bekannt, die
len, die genau so sind wie die alten.   solche Mutationen begünstigen: Die
Manchmal kommt es zu Fehlern bei        natürliche Alterung, manche Lebens-
der Teilung. Diese Fehler führen zu     stile, erbliche Faktoren, aber auch
Veränderungen in den Genen der          manche Viren, Strahlen oder Schad-
neuen Zellen. Die Veränderungen in      stoffe in der Umwelt können bei der
den Genen bezeichnen Fachperso-         Entstehung von Krebs eine Rolle
nen als Mutationen.                     spielen.

Bildlich gesprochen stehen bei die-     Aber letztlich ist Krebs eine Krank-
ser fehlerhaften Teilung Bücher nicht   heit, die verschiedene, oft unbekann-
mehr am richtigen Ort oder sie wur -    te Ursachen hat.
den ausgetauscht. Meistens können
die neuen Zellen solche Fehler selber
erkennen und reparieren. Können sie
die Fehler nicht reparieren, sterben
die neuen Zellen in der Regel ab.

Lebt eine Zelle mit solchen Fehlern
weiter, vermehrt sie sich ungehin-
dert. Dann kann mit der Zeit Krebs
entstehen.

                                                       Erblich bedingter Krebs   7
Sporadischer Krebs und                   Tritt bei Menschen mit einer Gen-
erblich bedingter Krebs                  mutation Krebs auf, wird von erblich
                                         bedingtem Krebs oder hereditärem
Sporadischer Krebs                       Krebs gesprochen. Obwohl nicht der
Bei den meisten Betroffenen sind         Krebs an und für sich vererbt wird,
Genmutationen in wenigen Zellen          sondern nur die Veranlagung dazu.
ihres Körpers der Grund für die
Krebserkrankung. Diese Mutationen        Erhöhtes Krebsrisiko
entstehen irgendwann im Leben und        Menschen mit einer bestimmten ge-
beschränken sich meistens auf die        erbten Genmutation haben ein hö-
Zellen des Tumorgewebes. Die Muta-       heres Risiko, an bestimmten Krebs-
tionen befinden sich nicht in den üb-    arten wie zum Beispiel Brust- und
rigen Körperzellen. Deswegen kön-        Eierstockkrebs oder Dickdarmkrebs
nen sie nicht an Kinder weiterver-       zu erkranken als die Durchschnitts-
erbt werden. Die Ärztin oder der Arzt    bevölkerung. Ist man bereits an
spricht in diesem Fall von sporadisch    Krebs erkrankt und liegt eine solche
(das heisst gelegentlich, selten) auf-   Genmutation vor, kann das Risiko für
tretendem Krebs.                         andere Krebserkrankungen erhöht
                                         sein.
Erblich bedingter Krebs
Bei etwa fünf bis zehn Prozent aller     Mit einer solchen Genmutation ge-
Krebsbetroffenen ist eine Mutation       boren zu werden, bedeutet jedoch
in den Genen von Geburt an in all        nicht in jedem Fall, dass man an
ihren Körperzellen vorhanden. Die        Krebs erkrankt.
betroffenen Gene haben meist eine
Aufgabe bei der Reparatur von Schä-
den an der DNS oder bei der Kont-
rolle der Zellteilung.

Die Krebsbetroffenen haben diese
Mutation von ihrer Mutter oder von
ihrem Vater geerbt. Und sie können
diese Mutation an ihre Kinder weiter -    Gut zu wissen
vererben. Der Arzt spricht hier auch      Bei erblichem Krebs werden
von Keimbahnmutationen. Das be-           nicht Krebszellen vererbt, son-
deutet, dass die Mutation durch die       dern nur ein höheres Risiko, an
Keimzellen vererbt wird und in allen      Krebs zu erkranken.
Körperzellen vorkommt.

8   Erblich bedingter Krebs
Wie wird eine Genmutation              Hat ein Kind die Genmutation nicht
vererbt?                               geerbt, so sind auch dessen künftige
Die Genmutation kann sowohl vom        eigene Kinder nicht betroffen. Die
Vater wie auch von der Mutter an       Vererbung der Genmutation über-
Töchter oder Söhne vererbt werden.     springt keine Generation.

Jedes Kind erbt das mutierte Gen mit
einer Wahrscheinlichkeit von 50 Pro-
zent. Unabhängig davon, ob ein Ge-
schwister die Genmutation bereits
aufweist oder nicht. Der Arzt nennt
das eine autosomal-dominante Ver-
erbung.

Vererbung der Genmutation

                                                      Erblich bedingter Krebs   9
Vererbte Genmutation und                Die Kontroll- oder Reparaturfunktion
Krebsentstehung                         wirkt normalerweise dem unkontrol-
                                        lierten Wachstum und der bösartigen
Erbt man eine Genmutation, bedeu-       Veränderung von gesunden Körper-
tet das, dass man eine normale Gen-     zellen entgegen. Diese Funktionen
kopie und eine mutierte Genkopie        verhindern, dass Tumore entstehen.
erhalten hat.                           Deshalb heissen diese Gene Tumor-
                                        suppressorgene (wörtlich: Gene, die
Krebs kann dann entstehen, wenn         Tumore unterdrücken).
auch das normale Gen im Laufe des
Lebens von einer Mutation betroffen     Bildlich gesprochen kann man sagen,
ist. Sodass schliesslich beide Gene     dass Menschen normalerweise zwei
mutiert sind. Die Funktionen von die-   Sicherungen gegen die Entstehung
sem Gen fallen aus, die Krebsentste-    von Krebs haben. Ist man Trägerin
hung wird begünstigt.                   oder Träger einer Genmutation, hat
                                        man nur eine Sicherung. Das erklärt,
Häufig betrifft die vererbte Muta-      warum nicht alle Menschen mit einer
tion Gene, die die Zellteilung kont-    Veranlagung an Krebs erkranken.
rollieren oder eine Aufgabe bei der
Reparatur von DNS-Schäden haben.
Durch die Mutation funktioniert die
Kontroll- oder Reparaturfunktion
schlecht oder gar nicht mehr.

10   Erblich bedingter Krebs
Genmutationen und Krebsentstehung
 Personen ohne Veranlagung          Personen mit einer Veranlagung

 			        Von Vater und Mutter    			         Von einem Elternteil
 			        je ein                  			         ein mutiertes Gen (m)
 			        normales Gen (n)        			         geerbt.

  n n       geerbt.                 n  m

 			        Neumutation eines       			         Neumutation des
 			        normalen Gens           			         normalen Gens

 			        Ein mutiertes Gen (m)   			         Zwei mutierte Gene
 			        Ein normales Gen (n)    			         (m)

  n    m
                                    m  m        Funktion des Gens
                                    			         fällt aus.

 			Neumutation des
     normalen Gens                  			         Krebs kann entstehen.

 			        Zwei mutierte Gene
 			        (m)

 m  m       Funktion des Gens
 			        fällt aus.

 			        Krebs kann entstehen.

                                                 Erblich bedingter Krebs   11
Welche Krebsarten können                    Dabei kann es sein, dass ein einzel-
erblich bedingt sein?                       nes mutiertes Gen zu verschiedenen
                                            Krebsarten führt. Und es kann sein,
Von einigen Krebsarten ist bekannt,         dass mehrere mutierte Gene für eine
dass sie zu einem gewissen Anteil           Krebsart verantwortlich sind.
erblich bedingt sind.
                                            Brust- und Eierstockkrebs
Zu den bekannten und häufigsten             Brustkrebs ist in der westlichen Be-
erblich bedingten Krebskrankheiten          völkerung die häufigste Krebserkran-
zählen:                                     kung bei Frauen. In der Schweiz er -
• Brustkrebs                                kranken jährlich rund 6200 Frauen an
• Eierstockkrebs                            Brustkrebs und rund 600 Frauen an
• Dickdarm- und Enddarmkrebs                Eierstockkrebs.
• Gebärmutterkörperkrebs
• Prostatakrebs                             Bei fünf bis zehn Prozent der Betrof-
• Schwarzer Hautkrebs (Melanom)             fenen entsteht der Brustkrebs in-
                                            folge einer vererbten Veranlagung.
Ferner gehören auch Magen- und              Bei Eierstockkrebs liegt der erblich
Schilddrüsenkrebs dazu.                     bedingte Anteil bei rund 20 Prozent.

Bei Menschen mit einer solchen Ver-         Im Zusammenhang mit Brust- und
anlagung ist in der Regel das Risiko        Eierstockkrebs ist die am häufigsten
für mehr als eine Krebsart erhöht.          vorkommende Erbkrankheit das erb-

     Familiäre Häufung
     Treten in einer Familie mehrere Krebskrankheiten auf, ohne dass ein
     eigentliches Vererbungsmuster erkennbar ist, wird von einer familiären
     Häufung gesprochen.

     Die Ursachen für familiäre Häufung sind oft nicht geklärt. Weil Krebs
     häufig ist, kann es sein, dass die familiäre Häufung rein zufällig ist. Oder
     dieselben Lebensumstände der Familienmitglieder wie etwa Ernährung
     oder Rauchen sowie Umwelteinflüsse, die auf uns einwirken, könnten
     Gründe dafür sein. Auch bisher unbekannte Gene können dafür verant-
     wortlich sein.

12     Erblich bedingter Krebs
lich bedingte Brust- und Eierstock-    Neben dem HBOC-Syndrom füh-
krebssyndrom HBOC (englisch He-        ren auch andere Tumorsyndrome
reditary Breast and Ovarian Cancer     zu einem erhöhten Brust- und/oder
Syndrome). Häufig wird HBOC durch      Eierstockkrebsrisiko. Unter anderem
Veränderungen in den Brustkrebs-       sind dies folgende: Li-Fraumeni-,
Genen BRCA1 und BRCA2 verur-           Cowden-, Peutz-Jeghers- und Lynch-
sacht. Die Abkürzung BRCA steht für    Syndrom (die einzelnen Syndrome
«Breast Cancer», das englische Wort    sind unten und auf Seite 15 beschrie-
für Brustkrebs.                        ben).

Das HBOC-Syndrom verursacht bei        Dickdarm- und Enddarmkrebs
Frauen ein stark erhöhtes Risiko für   Bei Frauen ist Dickdarm- und End-
Brust- und Eierstockkrebs. Bei Män-    darmkrebs die zweithäufigste und
nern besteht ebenfalls ein erhöhtes    bei Männern die dritthäufigste Krebs-
Risiko für Brustkrebs, aber auch für   erkrankung. Jährlich erkranken in der
Prostatakrebs. Unabhängig vom Ge-      Schweiz rund 4400 Menschen neu an
schlecht erkranken Menschen mit ei-    Dickdarm- und Enddarmkrebs.
nem HBOC-Syndrom öfter an
Bauchspeicheldrüsenkrebs und an        Etwa fünf Prozent der Erkrankungen
schwarzem Hautkrebs (Melanom) als      sind auf erbliche Faktoren zurückzu-
Menschen in der Durchschnittsbevöl-    führen.
kerung. Ob man ein erhöhtes Risiko
hat und wie hoch es ist, hängt von     Nicht-polypöser Darmkrebs (Lynch-
der individuellen Genmutation ab.      Syndrom)
                                       Die häufigste Form von erblichem
                                       Dickdarmkrebs ist der nicht-poly-
                                       pöse Darmkrebs HNPCC (englisch
                                       Hereditary Non-Polyposis Colorectal
 Erblicher Brust- und Eierstock-       Cancer). HNPCC wird auch als Lynch-
 krebs                                 Syndrom bezeichnet. Die Ursache für
 Mehr zum HBOC-Syndrom und             das Lynch-Syndrom sind Genmuta-
 wie mit einem erhöhten Risiko         tionen der so genannten MMR-Gene
 für Brust- und Eierstockkrebs         («Mismatch-repair»-Gene).
 umgegangen werden kann,
 erfahren Sie in der Krebsliga-        Die Genmutationen beim Lynch-Syn-
 Broschüre «Erblich bedingter          drom führen nicht nur zu Tumoren in
 Brust- und Eierstockkrebs».           der Darmschleimhaut. Deshalb tre-
                                       ten in den betroffenen Familien auch

                                                      Erblich bedingter Krebs   13
andere Krebserkrankungen häufiger        Leber und im Zentralnervensystem
auf als in der Durchschnittsbevölke-     auftreten.
rung. Dazu gehören beispielsweise:
Krebs in der Gebärmutterschleim-         Andere Tumorsyndrome wie Peutz-
haut, im Magen, im Dünndarm, in          Jeghers-, Cowden- und Li-Fraumeni-
den Nieren, im Harnleiter, in den        Syndrome führen ebenfalls zu einem
Gallenwegen, in der Bauchspeichel-       erhöhten Risiko für Dickdarm- und
drüse und in den Eierstöcken.            Enddarmkrebs.

Die Wahrscheinlichkeit, oft schon        Prostatakrebs
in jungen Jahren an Dickdarm- und        Jedes Jahr erkranken in der Schweiz
Enddarmkrebs zu erkranken, liegt         etwa 6100 Männer an Prostatakrebs.
beim erblichen Darmkrebs bei bis zu      Somit ist Prostatakrebs die am häu-
80 Prozent. Für Gebärmutterkörper-       figsten diagnostizierte Krebserkran-
krebs liegt die Wahrscheinlichkeit bei   kung bei Männern.
bis zu 70 Prozent. Für weitere Krebs-
arten wie Magen- und Dünndarm-           Bei aggressivem Prostatakrebs oder
krebs ist sie geringer.                  Prostatakrebs mit Metastasen (Able-
                                         ger) sind etwa zehn Prozent der Fälle
Familiäre adenomatöse Polyposis          erblich bedingt. In den betroffenen
(FAP)                                    Familien können neben gehäuften
Eine viel seltenere Form von erbli-      Fällen von Prostatakrebs auch Brust-
chem Dickdarmkrebs ist die familiäre     und Eierstockkrebs, Bauchspeichel-
adenomatöse Polyposis (FAP). Bei         drüsenkrebs und schwarzer Haut-
der FAP bilden sich bereits im frühen    krebs auftreten.
Lebensalter immer wieder unzählige
gutartige Schleimhautausstülpungen       Als Ursache für erblich bedingten
(Schleimhautpolypen) im Darm. Auch       Prostatakrebs wird am häufigsten
der Magen und der Dünndarm kön-          das BRCA2-bedingte HBOC-Syn-
nen befallen sein. Diese gutartigen      drom beschrieben.
Schleimhautpolypen können mit der
Zeit, auch bei jungen Menschen, zu       Schwarzer Hautkrebs (Melanom)
Darmkrebs führen.                        Der schwarze Hautkrebs ist bei
                                         Frauen und Männern die vierthäu-
Tumorneubildungen können auch            figste Krebsart. Es erkranken in der
in anderen Organen wie der Schild-       Schweiz pro Jahr etwa 2800 Men-
drüse, der Bauchspeicheldrüse, der       schen an schwarzem Hautkrebs.

14   Erblich bedingter Krebs
Fünf bis zehn Prozent der Fälle von     Bauchspeicheldrüsenkrebs oder Kno-
schwarzem Hautkrebs sind erblich        chensarkomen.
bedingt. In den betroffenen Familien
tritt im Vergleich zur Durchschnitts-   Peutz-Jeghers-Syndrom
bevölkerung auch Bauchspeicheldrü-      Bildet meist gutartige Wucherungen
senkrebs häufiger auf.                  (Hamartome) im Magen-Darm-Trakt.
                                        Betroffene haben ein erhöhtes Ri-
Als Ursache für erblich bedingten       siko, an Krebs im Magen-Darm-Be-
schwarzen Hautkrebs wird vorwie-        reich zu erkranken.
gend das familiäre atypische Mutter-
mal- und Melanom-Syndrom (kurz          Zudem besteht ein erhöhtes Er-
FAMMM) und das BRCA2-bedingte           krankungsrisiko unter anderem für
HBOC-Syndrom beschrieben.               Brust-, Eierstock- und Bauchspeichel-
                                        drüsenkrebs.
Weitere erbliche Tumorsyndrome
Es gibt weitere erbliche Tumorsyn-      Retinoblastom
drome, die das Risiko für bestimmte     Das ist eine Krebserkrankung des
Krebserkrankungen erhöhen. Sie          Auges. Retinoblastome entstehen in
sind alle sehr selten.                  der Netzhaut und kommen vorwie-
                                        gend im Kindesalter vor.
Cowden-Syndrom
Bildet mehrfache, meist gutartige       Von Hippel-Lindau-Erkrankung
Wucherungen (Hamartome) im Ge-          (VHL)
webe, unter anderem der Haut und        Bei der VHL-Erkrankung entwickeln
der Schleimhäute.                       sich Tumore in verschiedenen Orga-
                                        nen.
Betroffene haben zudem ein höhe-
res Risiko, an Brust-, Gebärmutter-     Betroffene haben ein erhöhtes Risiko,
schleimhaut-, Nierenzell-, Dickdarm-    an Nierenkrebs, Tumoren im Mittel-
und Schilddrüsenkrebs zu erkranken.     ohr und Bauchspeicheldrüsenkrebs
                                        zu erkranken.
Li-Fraumeni-Syndrom
Ist ein Tumorsyndrom, das unter-        Multiple endokrine Neoplasie (MEN)
schiedliche Organe befallen kann. Be-   Ist ein Überbegriff für verschiedene
troffene erkranken häufig im frühen     Tumorerkrankungen in endokrinen
Lebensalter an Weichteilsarkomen,       Drüsen wie beispielsweise in der
Tumoren des zentralen Nervensys-        Schild- oder in der Bauchspeichel-
tems, Leukämien, Brust-, Dickdarm-,     drüse.

                                                       Erblich bedingter Krebs   15
16   Erblich bedingter Krebs
Hinweise auf eine Veranlagung

Tritt Krebs in Ihrer Familie häufig      Je nach Krebsart gibt es zusätzliche
auf? Dann möchten Sie vielleicht         Kriterien, die auf eine Veranlagung
wissen, ob Sie selbst ebenfalls ge-      hindeuten. Mehr dazu erfahren Sie in
fährdet sind.                            der Krebsliga-Broschüre «Erblich be-
                                         dingter Brust- und Eierstockkrebs».
Sind Sie selbst von Krebs betroffen?
Dann fragen Sie sich möglicher-          Ergeben sich Hinweise auf eine
weise, ob die Krebserkrankung erb-       Krebsveranlagung, ist ein Gespräch
lich bedingt ist. Und ob dadurch ein     mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem
erhöhtes Erkrankungsrisiko für Ihre      Hausarzt, dem Gynäkologen oder
Kinder oder andere Verwandten be-        Onkologen eine erste Möglichkeit,
steht.                                   sich zu informieren. Gemeinsam
                                         kann besprochen werden, ob für Sie
In dieser ungewissen Situation ist es    eine genetische Beratung sinnvoll ist.
verständlich, dass Sie sich um Ihre
eigene oder die Gesundheit ande-
rer sorgen. Oft sind die Sorgen un-
begründet. Die meisten Verwandten
von Krebsbetroffenen müssen nicht
mit einem erhöhten Risiko rechnen,
einmal selbst an Krebs zu erkranken.

Es gibt allerdings Hinweise, die auf
eine Veranlagung in Ihrer Familie
hindeuten:
• Eine Krebsart tritt in der Familie
   gehäuft auf.
• Mehrere Generationen hinterei-
   nander sind an Krebs erkrankt.
• Der Krebs tritt in jungem Lebens-
   alter auf (50 Jahre oder jünger bei
   Brust-, Darm- oder Gebärmutter-
   körperkrebs).
• Seltene Tumorarten wie Brust-
   krebs beim Mann treten auf.
• Es gibt mehrere gleichzeitig oder
   hintereinander auftretende Krebs-
   erkrankungen bei einer Person.

                                                         Erblich bedingter Krebs   17
Genetische Beratung

Beratungsgespräch                       • zum Thema erblich bedingte
                                          Krebserkrankungen,
Bei einer genetischen Beratung klä-     • zum Ablauf eines Gentests,
ren Sie mit einer Fachperson ab, ob     • zum gesetzlichen Rahmen eines
eine Krebsveranlagung vorliegen           Gentests und zu dessen Kosten,
könnte und ob weitere genetische        • zu den Auswirkungen möglicher
Abklärungen sinnvoll sind.                Testresultate,
                                        • zur Bedeutung der Risikoab-
Die genetische Beratung nimmt Be-         schätzung für Kinder und weitere
zug auf Ihre persönliche Situation        Verwandte.
und Ihre Bedürfnisse. Sie informiert
über alle Möglichkeiten, die Ihnen      Mit den Informationen der geneti-
zur Verfügung stehen und legt das       schen Beratung sollten Sie in der
weitere Vorgehen fest. Das Gespräch     Lage sein, gut informiert eine Ent-
hilft Ihnen, leichter eine Entschei-    scheidung zu treffen. Wichtig zu wis-
dung zu treffen.                        sen: Eine genetische Beratung stellt
                                        keine Verpflichtung für einen Gentest
Beim Beratungsgespräch erhalten         dar.
Sie gut verständliche Informationen:

     Das genetische Beratungsgespräch hilft Ihnen zu klären:
     • ob die Krebserkrankungen in Ihrer Familie eine erbliche Ursache
       haben könnten,
     • wie hoch Ihr persönliches Risiko ist, an Krebs zu erkranken,
     • ob Ihre Kinder ein erhöhtes Risiko haben, an Krebs zu erkranken,
     • ob ein Gentest bei Ihnen oder einem anderen Familienmitglied sinn-
       voll ist,
     • was die Vor- und Nachteile eines Gentests sind,
     • welche Testresultate bei einem Gentest zu erwarten sind,
     • welche Massnahmen zur Früherkennung und Vorbeugung von Krebs
       bei einer Genmutation geeignet sind,
     • ob Sie einen Gentest überhaupt durchführen lassen möchten,
     • ob Sie eine psychologische Betreuung wünschen oder sich einer
       Selbsthilfegruppe anschliessen möchten.

18     Erblich bedingter Krebs
Genetische Beratungsgespräche wer-
den von Fachärztinnen und Fachärz-
ten für Medizinische Genetik ange-
boten oder von Fachärzten mit einer
entsprechenden Zusatzausbildung.
Eine offizielle Liste mit Ärzten und
Zentren, die genetische Beratun-
gen anbieten, finden Sie hier: www.
sakk.ch/de/fuer-patienten/genetische-
beratung.

Grundsätzlich dürfen alle Menschen
eine genetische Beratung in An-
spruch nehmen. Ob ein solches Ge-
spräch notwendig und sinnvoll ist,
entscheiden Sie am besten gemein-
sam mit Ihrem Hausarzt und lassen
sich zuweisen.

Liegt eine Krebsveranlagung in Ihrer
Familie vor, werden die Kosten für
die genetische Beratung normaler-
weise von der Grundversicherung
der Krankenkasse übernommen.
Trotzdem ist es empfehlenswert, vor-
gängig eine Kostengutsprache einzu-
holen.

Sie dürfen sich auch direkt an eine
genetische Beratungsstelle wenden.
In diesem Fall ist es wichtig, dass Sie
vorgängig abklären, ob und unter
welchen Bedingungen Ihre Kranken-
kasse die Kosten für die genetische
Beratung übernimmt.

                                          Erblich bedingter Krebs   19
Ablauf einer genetischen                Wenn möglich werden vier Genera-
Beratung                                tionen erfasst: Die betroffene Person,
                                        Geschwister, Eltern, Kinder, Gross-
Das Beratungsgespräch dauert etwa       eltern, Onkel, Tanten. Die mütterliche
eine Stunde. Sie können sich gerne      und väterliche Seite Ihrer Familie
von einer vertrauten Person beglei-     werden getrennt aufgeführt.
ten lassen. Diese kann Sie bei der
Verarbeitung der Informationen un-      Damit Sie das Formular vollstän-
terstützen. Das Beratungsgespräch       dig ausfüllen können, brauchen Sie
wird protokolliert und in einem Be-     möglicherweise die Unterstützung
ratungsbrief zusammengefasst, um        Ihrer Verwandten.
Missverständnisse in der gegensei-
tigen Kommunikation zu verhindern.      Für die genetische Beratung ist es
                                        hilfreich, wenn Sie möglichst detail-
Als Grundlage für das Gespräch          lierte Angaben zu der Art der Krebs-
dienen die persönliche Krankenge-       erkrankung in Ihrer Familie und dem
schichte (Eigenanamnese), Eigen-        Erkrankungsalter machen können.
schaften einer allfällig bereits auf-   Nehmen Sie sich deshalb Zeit für
getretenen Tumorkrankheit (Patho-       diesen auch emotional nicht immer
logiebericht) sowie die gesundheits-    einfachen Prozess. Machen Sie sich
bezogene Familienanamnese, die in       aber keine Sorgen, wenn Sie auf-
einem Stammbaum zusammenge-             grund fehlender Informationen über
fasst werden kann.                      Ihre Familie nicht alles vollständig
                                        ausfüllen können.
Familienstammbaum
Der Familienstammbaum dient dazu,       Das Stammbaumformular wird Ih-
einer möglichen vorliegenden Krebs-     nen häufig vor einem Beratungster-
veranlagung auf die Spur zu kom-        min zugeschickt. Als ein mögliches
men. In diesem Stammbaum werden         Beispiel ist auf der nächsten Seite
alle an Krebs erkrankten Verwandten,    ein Schema eines Stammbaums auf-
aber auch alle gesunden Verwandten      geführt.
eingezeichnet.

20   Erblich bedingter Krebs
Familienstammbaum

                   Mütterliche Seite        Väterliche Seite

                   Grossmutter Grossvater   Grossmutter Grossvater

Onkel              Tante         Mutter     Vater         Onkel              Tante

Geschwister                 		              ICH           Partner*in

Beispiel                                    Kinder
Name
Vorname
Geburtsjahr
Krebsart(en)
Erkrankungsalter

                                                               Erblich bedingter Krebs   21
Tipps für das Ausfüllen des Familienstammbaums
     Notieren Sie sich folgende Punkte:
     • Name, Geburtsjahr, Krebsart(en) und Erkrankungsalter folgender
        Verwandten:
        – Verwandte ersten Grades (Eltern, Geschwister, Kinder)
        – Verwandte zweiten Grades (Grosseltern, Onkel, Tanten)
     • Teilen Sie nach mütterlicher und väterlicher Seite auf.
     • Erfassen Sie auch alle gesunden Verwandten.
     • In der Regel werden die Stammbauminformationen von vier Genera-
        tionen geprüft.

Geht die Ärztin oder der Arzt auf-    Bereits nachgewiesene
grund des Stammbaums davon aus,       Genmutation
dass eine Krebsveranlagung vorlie-    Wurde in Ihrer Familie bereits eine
gen könnte, schlägt er Ihnen einen    Genmutation nachgewiesen, sollten
Gentest vor. Mehr dazu erfahren Sie   Sie dies dem Arzt in der genetischen
im Kapitel «Gentest».                 Beratung mitteilen. Vorteilhaft ist,
                                      wenn Sie den Untersuchungsbericht
                                      über die nachgewiesene Genmuta-
                                      tion mitnehmen. Denn in diesen Fäl-
                                      len kann eine gezielte Untersuchung
                                      erfolgen, die einfacher, schneller und
                                      wesentlich kostengünstiger ist, als
                                      die Suche nach einer vorerst noch
                                      unbekannten Genmutation.

22    Erblich bedingter Krebs
Fragen an die beratende Person
Die folgenden Fragen bieten Ihnen eine Hilfestellung als Vorbereitung
für das Beratungsgespräch. Stellen Sie offen Ihre persönlichen Fragen.
Nehmen Sie Ihre Notizen mit in das Gespräch.

• Was sind die Vor- und Nachteile eines Gentests?

• Wie lange dauert es, bis ich das Resultat des Gentests erhalte?

• Was bedeutet es, wenn eine Genmutation bei mir festgestellt wird?

• Wie hoch ist mein Risiko, an Krebs zu erkranken, wenn ich eine Gen-
  mutation habe?

• Wie sicher ist das Resultat eines Gentests?

• Wem muss ich das Resultat mitteilen?

• Habe ich die Genmutation an meine Kinder vererbt? Wer könnte sonst
  noch davon betroffen sein?

• Gibt es Möglichkeiten zur Früherkennung, falls eine Genmutation fest-
  gestellt wird? Gibt es vorbeugende Massnahmen?

• Hat die Genmutation eine Auswirkung auf meine Fruchtbarkeit?

• Wird der Gentest von der Krankenkasse bezahlt?

• Werden die Untersuchungen zur Früherkennung von der Kranken-
  kasse bezahlt?

• … notieren Sie hier Ihre weiteren Fragen:

• ……………………………………………………………………………………

• ……………………………………………………………………………………

                                                      Erblich bedingter Krebs   23
Gentest

Der Gentest soll klären, ob Sie Trä-    Werden mehrere Gene untersucht,
gerin oder Träger einer Genmutation     ist die Chance kleiner, eine Krebs-
sind. Vor einem Gentest muss eine       veranlagung zu verpassen. Wurde in
genetische Beratung (siehe S. 18 ff.)   der Familie eine Genmutation bereits
mit entsprechender Bedenkzeit statt-    nachgewiesen, kann mit gezielten
gefunden haben.                         Gentests überprüft werden, welche
                                        Familienmitglieder diese auch ha-
                                        ben.
Was ist ein Gentest?
                                        Einzelgentest
Bei einem Gentest handelt es sich       Der Einzelgentest untersucht nur ein
um eine Untersuchung der Gene. Da-      bestimmtes Gen. Er wird vor allem
bei wird das Erbgut eines Menschen      dann durchgeführt, wenn nach einer
in einem Labor mit verschiedensten      bestimmten Genmutation gesucht
Methoden untersucht.                    werden kann. Das ist der Fall, wenn
                                        in einer Familie bereits eine Gen-
Vereinfacht gesagt geschieht dies so:   mutation vorliegt und bekannt ist.
Aus den Zellen wird das Erbgut sepa-    Einzelgentests sind kostengünstiger
riert. Die Abfolge der «chemischen»     und erfordern weniger Zeit als ein
Buchstaben wird gelesen, aus denen      Genpanel.
alle Gene aufgebaut sind. Durch den
Vergleich der Buchstabenabfolge las-    Genpanel
sen sich unterschiedliche Gene und      Mit dem Genpaneltest werden meh-
Genmutationen genau erkennen.           rere Gene gleichzeitig untersucht.
                                        Welche Gene genau untersucht wer-
Einzelgentest oder Genpanel?            den, wird laufend dem aktuellen Wis-
Die Veranlagung zu Krebs in einem       sensstand angepasst.
bestimmten Organ, wie zum Bei-
spiel in der Brust, kann auf mehrere    Die Ärztin oder der Arzt informiert
mutierte Gene zurückzuführen sein.      Sie, welche Art von Test bei Ihnen in-
Andererseits kann ein einzelnes mu-     frage kommt.
tiertes Gen zu Krebs in verschiede-
nen Organen führen. Daher ist die       Durchführung des Gentests
Auswahl, welche Gene untersucht         Für die Untersuchung des Erbgu-
werden sollen, wichtig.                 tes wird Ihnen Blut abgenommen.
                                        Das Blut wird in einem Speziallabor

24   Erblich bedingter Krebs
für Genetik analysiert. Die Untersu-    Gentest über das Internet
chung im Labor dauert bis zu einem      Genetische Untersuchungsresultate
Monat. Schneller geht die Untersu-      müssen von einem dafür ausgebilde-
chung, wenn nach einer bekannten        ten Facharzt begutachtet und bewer-
Genmutation gesucht wird.               tet werden. Da dies bei einem Gen-
                                        test über das Internet nicht immer
Der beratende Arzt bespricht das Re-    gewährleistet ist, rät die Schweize-
sultat des Gentests bei einem weite-    rische Gesellschaft für Medizinische
ren Termin mit Ihnen.                   Genetik (SGMG) davon ab.

Kosten des Gentests
Die Kosten für einen Gentest reichen    Gesetzliche Grundlage
von 300 bis zu einigen tausend Fran-
ken. Die Kosten bemessen sich nach      Das Bundesgesetz für genetische
Anzahl der untersuchten Gene, nach      Untersuchungen beim Menschen
Grösse dieser Gene und nach der         (GUMG) regelt, unter welchen Be-
durchgeführten Technik im Labor.        dingungen Gentests durchgeführt
                                        werden dürfen. In der Regel werden
Die Krankenkassen sind bei der          genetische Untersuchungen erst ab
Übernahme der Kosten für einen          Erreichen der Volljährigkeit (18 Jahre)
Gentest zurückhaltend. Daher lohnt      durchgeführt. Ausser wenn vom Test-
es sich, vorgängig eine Kostengut-      resultat dringende Vorsorge- und
sprache durch den Arzt einholen zu      Therapiemassnahmen abhängen.
lassen.

Auch wenn in der Familie bereits eine
Genmutation nachgewiesen wurde,
ist es empfehlenswert, vorgängig ei-
ne Kostengutsprache einzuholen.

                                                        Erblich bedingter Krebs   25
Bundesgesetz für genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG)
     In der Schweiz gilt das Bundesgesetz für genetische Untersuchungen
     beim Menschen (GUMG, Stand 1. Januar 2014). Es gelten folgende
     Grundsätze:
     • Niemand darf wegen seines Erbguts diskriminiert werden.
     • Das Erbgut einer Person darf nur untersucht, registriert oder offen-
        bart werden, wenn die betroffene Person zustimmt oder es das
        Gesetz vorschreibt.
     • Genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken müssen
        einen vorbeugenden therapeutischen Zweck haben oder als Grund-
        lage für die Familien- oder Lebensplanung dienen.
     • Genetische Untersuchungen müssen von einer genetischen Beratung
        begleitet sein.
     • Es gilt das «Recht auf Nichtwissen»: Jede Person hat das Recht, die
        Kenntnisname von Informationen über Ihr Erbgut zu verweigern.
     • Die Ärztin oder der Arzt darf das Untersuchungsresultat nur mit aus-
        drücklicher Zustimmung der betroffenen Person den Verwandten,
        der Ehegattin oder dem Ehegatten, der Partnerin oder dem Partner
        mitteilen. Aber: Wird die Zustimmung verweigert, so kann die Ärztin
        oder der Arzt die Entbindung vom Berufsgeheimnis beantragen. Zum
        Beispiel, falls dies für die Gesundheit der Verwandten des Betroffe-
        nen wichtig ist.

Dieses Gesetz wurde überarbeitet und tritt 2021 in Kraft. Auch ab 2021 gel-
ten die oben aufgeführten Grundsätze bei Untersuchungen für medizinische
Zwecke.

26    Erblich bedingter Krebs
Mögliche Resultate des Gentests

Das Resultat eines Gentests wird Ih-    eine genetische Beratung und einen
nen in einem persönlichen Gespräch      gezielten Gentest nachzudenken. Da-
von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt mit-   mit kann geklärt werden, ob auch sie
geteilt.                                Trägerin oder Träger der Genmuta-
                                        tion sind.

Eine Veranlagung wird
nachgewiesen                            Keine Veranlagung wird
                                        nachgewiesen
Wird bei Ihnen eine Veranlagung
nachgewiesen, spricht man von ei-       Das bedeutet, dass Sie in den unter-
nem pathologischen Resultat. Der        suchten Genen keine Mutation ha-
Arzt informiert Sie über das damit      ben. Das ist eine gute Nachricht. Es
verbundene erhöhte Risiko, an Krebs     bedeutet aber nicht, dass Sie nie an
zu erkranken. Wichtig ist, dass der     Krebs erkranken werden.
Nachweis einer Veranlagung keine
Krebsdiagnose ist.                      Im Zusammenhang mit Ihrer eige-
                                        nen oder der familiären Krebsbelas-
Jedoch besteht für Menschen mit         tung kann dieses Resultat aber un-
einer nachgewiesenen genetischen        ter schiedliche Bedeutungen haben.
Mutation ein höheres Risiko, an einer
bestimmten Krebsart zu erkranken,       Familiäre Häufung mit nach-
als für Menschen ohne angeborene        gewiesener Genmutation
genetische Mutation.                    Bei einer bekannten, bereits nach-
                                        gewiesenen Genmutation innerhalb
Der Arzt empfiehlt Ihnen regel-         der Familie ist das Resultat eine Ent-
mässige Untersuchungen zur Früh-        lastung. In diesem Fall bedeutet das
erkennung. Er bespricht Vorsorge-       Resultat, dass die getestete Person
massnahmen, wie Ernährung, Nicht-       die Genmutation nicht geerbt hat.
rauchen und körperliche Bewegung.
Und er diskutiert mögliche andere       Familiäre Häufung ohne nach-
Massnahmen, wie beispielsweise          gewiesene Genmutation
eine risikoreduzierende Operation.      Wurde bei Ihnen trotz der familiären
                                        Häufung von Krebs keine Genmuta-
Ausserdem wird er Ihnen raten, Ihre     tion festgestellt, bedeutet das nicht,
Verwandten über die Veranlagung zu      dass eine erbliche Veranlagung voll-
informieren. Ihre Verwandten haben      ständig ausgeschlossen ist.
dann die Möglichkeit, ebenfalls über

                                                        Erblich bedingter Krebs   27
Ursachen dafür sind:                     Falls kein krebserkranktes Familien-
• Eine vorliegende genetische            mitglied getestet werden kann, ist
  Mutation konnte mit den Unter-         ein Resultat ohne Nachweis schwie-
  suchungsmethoden nicht erkannt         rig zu beurteilen. Das Resultat sagt
  werden.                                nichts darüber aus, ob die an Krebs
• Die vorliegende Genmutation ist        erkrankte Person nicht doch Träger
  unbekannt und wurde deshalb            einer Genmutation ist.
  nicht gefunden.
• Die Genmutation liegt auf einem
  nicht untersuchten Gen.                Variante mit unklarer
• Die familiäre Häufung entsteht         Bedeutung
  durch Zufall oder andere Gründe,
  die sich nicht erklären lassen.        Manchmal stellt das Labor in den
                                         untersuchten Genen eine Mutation
Es kann sein, dass der Arzt trotz feh-   fest, die nicht klar eingeordnet wer-
lendem Nachweis einer Veranlagung        den kann. Dieser Befund wird als
ein erhöhtes Erkrankungsrisiko bei       Variante unklarer Signifikanz (VUS)
Ihnen einschätzt. In diesem Fall wer-    bezeichnet. Für die Betroffenen hat
den Ihnen individuell angepasste,        dies zunächst keine Konsequenzen
regelmässige Untersuchungen zur          und wird wie ein Testresultat ohne
Früherkennung empfohlen.                 Nachweis einer Krebsveranlagung
                                         behandelt.
Gentest an krebserkrankter Person
Gentests sollten, wann immer mög-        Die Ärzte empfehlen, dieses Resultat
lich, bei krebserkrankten Familienmit-   einige Jahre später erneut zu über-
gliedern durchgeführt werden. Vor-       prüfen.
zugsweise bei der Person mit dem
jüngsten Erkrankungsalter.

28   Erblich bedingter Krebs
Mögliche Resultate eines Gentests

                                         Eine Veränderung mit
           Eine Mutation                                                          Keine Mutation
                                      unbekannter Bedeutung (VUS)
          wurde gefunden                                                          wurde gefunden
                                            wurde gefunden

                                                Das Krebsrisiko                      Das Krebsrisiko
          Das Krebsrisiko            richtet sich nach der persönlichen   richtet sich nach der persönlichen
            ist erhöht                     Krankheitsgeschichte/                Krankheitsgeschichte/
                                             Familiengeschichte                   Familiengeschichte

        Früherkennung und                    Früherkennung und                    Früherkennung und
            Vorbeugung                           Vorbeugung                           Vorbeugung
    sollte anhand des mutierten      richtet sich nach der persönlichen   richtet sich nach der persönlichen
      Gens diskutiert werden               Krankheitsgeschichte/                Krankheitsgeschichte/
                                              Familiengeschichte                   Familiengeschichte

         Familienmitglieder               Familienmitglieder                   Familienmitglieder
   sollten gezielt getestet werden    müssen nicht getestet werden         müssen nicht getestet werden

                                                                               Erblich bedingter Krebs         29
Gentest: Ja oder Nein?

Eine Entscheidung für oder gegen        Die Gespräche mit Ihrer Hausärztin
einen Gentest zu treffen, ist nicht     oder Ihrem Hausarzt, mit der Familie,
einfach. Schliesslich ist es möglich,   mit Freunden sowie die genetische
dass bei Ihnen eine Veranlagung         Beratung über Vor- und Nachteile
nachgewiesen wird, und Sie mit dem      eines Gentests, können Ihnen helfen,
Wissen um ein erhöhtes Krebsrisiko      eine Entscheidung zu treffen.
weiterleben.

Für die Entscheidungsfindung kann es hilfreich sein, eine Liste mit Vor- und
Nachteilen zu erstellen. Einige sind hier aufgeführt:

     Vorteile eines Gentests
     • Das individuelle Krebsrisiko kann durch den Arzt beurteilt werden.
     • Sie erhalten eine individuelle Beratung beim Umgang mit einem
       erhöhten Krebsrisiko.
     • Sie können mit vorbeugenden oder therapeutischen Massnahmen Ihr
       Erkrankungsrisiko zum Teil deutlich verringern.
     • Die Untersuchung kann Aufschluss geben, ob Sie ein erhöhtes Krebs-
       risiko für weitere Krebsarten haben.
     • Wird bei Ihnen eine Genmutation nachgewiesen und sind Sie von
       Krebs betroffen, kann Ihre Therapie möglicherweise zielgerichtet
       angepasst werden.
     • Es werden vorbeugende Massnahmen bei Ihren noch nicht an Krebs
       erkrankten Verwandten möglich.

     Nachteile eines Gentests
     • Ein unklares Resultat kann Sie verunsichern.
     • Eine nachgewiesene Genmutation kann in Ihren Lebensmittelpunkt
       rücken.
     • Die Genmutation wird zu einer Familienangelegenheit und erfordert
       die gemeinsame Auseinandersetzung mit dem Thema.
     • Wird bei Ihnen eine Genmutation nachgewiesen, können Sie unter
       Umständen beispielsweise keine Lebensversicherung oder Zusatz-
       versicherung bei der Krankenkasse abschliessen.

30    Erblich bedingter Krebs
Gewissheit oder Ungewissheit?          Wird bei Ihnen eine Genmutation
Die Ungewissheit, ein mögliches er-    nachgewiesen, bedeutet das nicht,
höhtes Krebsrisiko zu haben, kann      dass Sie krank werden: Sie sind Trä-
von Ängsten und Sorgen begleitet       gerin oder Träger einer Genmutation.
sein. Es ist aber auch verständlich,   Wann, und ob Sie Krebs bekommen,
wenn Sie beim Gedanken an das          hängt auch von weiteren Bedingun-
Resultat Ängste, Zweifel oder Sor-     gen ab.
gen empfinden. Sie müssen sich
vielleicht mit einem erhöhten Krebs-   Nehmen Sie sich genügend Zeit für
risiko auseinandersetzen. Möglicher-   diese wichtige Entscheidung. Wägen
weise werden dabei Erinnerungen        Sie für sich Vor- und Nachteile ab.
an Verwandte wach, die an Krebs er-    Manchmal lohnt es sich auch, ein-
krankt oder gestorben sind.            fach auf sein Bauchgefühl zu hören.
                                       Sprechen Sie mit Ihrer Familie und
Die folgenden Fragen können Ihnen      Freunden darüber. Weitere fachliche
helfen, mehr Klarheit zu bekommen:     Beratungs- und Unterstützungsange-
• Kann ich mit der Ungewissheit        bote finden Sie ab Seite 40 ff.
  leben, ob ich eine Krebsveran-
  lagung in mir trage oder nicht?
• Will ich Gewissheit haben, ob ich
  eine Krebsveranlagung habe oder
  nicht?
• Wie gehe ich damit um, wenn
  eine Genmutation nachgewiesen
  wird?
• Wie fühle ich mich, wenn ich an
  den Gentest denke?
• Was bedeutet das Resultat für
  mich und meine Familie?

                                                      Erblich bedingter Krebs   31
Massnahmen bei einem erhöhten
Krebsrisiko

Die Ärztin oder der Arzt schlägt Ihnen   Veranlagung für Brust-
Massnahmen zur Früherkennung und         und Eierstockkrebs
vorbeugende Massnahmen vor. Zu-
dem legt der Arzt fest, in welchem
Alter und in welcher Häufigkeit die      Veranlagung für Brustkrebs
Massnahmen durchgeführt werden           Als Früherkennung kommt eine Kom-
sollen.                                  bination von folgenden Untersuchun-
                                         gen infrage: regelmässige Selbstun-
Das Ziel dieser Massnahmen ist,          tersuchung der Brust, Mammogra-
Krebs vorzubeugen oder die Krebs-        fie, Magnetresonanztomografie (MRT)
erkrankung frühzeitig zu entdecken.      und Ultraschall.
Wird Krebs in einem frühen Krank-
heitsstadium festgestellt, sind die      Selbstuntersuchung der Brust
Heilungschancen besser.                  Das ist eine einfache Methode, um
                                         Veränderungen der Brust wahrzu-
Im Allgemeinen kann einem erhöhten       nehmen. Der beste Zeitpunkt für das
Krebsrisiko mit folgenden drei Mass-     Abtasten liegt zwischen dem 7. und
nahmen begegnet werden: Unter-           12. Tag nach Beginn der Periode.
suchungen zur Früherkennung, vor-
beugende chirurgische Entfernung         Wichtig: Die Selbstuntersuchung der
des entsprechenden Organs und risi-      Brust ist kein Ersatz für die regelmäs-
koarmer Lebensstil.                      sige ärztliche Kontrolle, sondern ist
                                         als ergänzende Massnahme zu ver-
Im Folgenden werden Massnahmen           stehen.
bei den häufigsten erblich beding-
ten Krebserkrankungen beschrieben.       Mammografie, MRT und Ultraschall
Welche der genannten Massnahmen          Bei allen drei Untersuchungen han-
für eine bestimmte Person infrage        delt es sich um bildgebende Verfah-
kommt, muss im Gespräch mit den          ren. Die Mammografie ist eine Rönt-
zuständigen Ärzten geklärt werden.       genuntersuchung der Brust. Die MRT
                                         und Ultraschall erzeugen Bilder ohne
                                         Röntgenstrahlen. Sie liefern genaue
                                         Bilder von Gewebeveränderungen in
                                         der Brust.

32   Erblich bedingter Krebs
Vorbeugende chirurgische                 Lassen Sie sich bei der Entschei-
Entfernung                               dungsfindung von Fachpersonen be-
Eine wirksame Möglichkeit, das Ri-       raten und begleiten. Sprechen Sie
siko zu minimieren, ist die vorbeu-      ebenfalls mit Freunden und Ange-
gende beidseitige Entfernung des         hörigen und nehmen Sie sich genü-
Brustgewebes. Dabei wird in der          gend Zeit für diese Entscheidung.
Regel das Drüsengewebe der Brust
unter Bewahrung der Haut entfernt.       Veranlagung für Eierstockkrebs
Das entfernte Brustgewebe wird           Bis zur chirurgischen Entfernung der
durch körpereigenes Gewebe oder          Eierstöcke werden jährliche Kont-
durch Silikonprothesen ersetzt. Die      rollen mit Ultraschall der Eierstöcke
Brust kann so direkt oder auch nach-     empfohlen.
träglich wiederaufgebaut werden.
                                         Da es für Eierstockkrebs aber keine
Das Risiko, über die Lebenszeit an       sichere und verlässliche Früherken-
Brustkrebs zu erkranken, beträgt         nungsuntersuchung gibt, bietet der
bei Frauen mit einer BRCA1- oder         Ultraschall keine Alternative zu der
BRCA2-Mutation 60 bis 80 Prozent.        klar empfohlenen chirurgischen Ent-
Mit der vorbeugenden Entfernung          fernung der Eierstöcke und Eileiter
wird das Risiko fast vollständig redu-   ab dem 40. Lebensjahr.
ziert.
                                         Vorbeugende chirurgische
Früherkennungsuntersuchung oder          Entfernung
vorbeugende Entfernung der Brust?        Dabei werden die Eierstöcke und
Fachpersonen empfehlen beide             Eileiter entfernt. Wurden die Eier-
Massnahmen. Ob eine Brustentfer-         stöcke entfernt, können die Betroffe-
nung für Sie infrage kommt, ist eine     nen keine Kinder mehr bekommen.
sehr    persönliche     Entscheidung.    Deshalb soll die Operation nach Ab-
Wichtig ist, dass Sie gut informiert     schluss der Familienplanung durch-
sind über Ihr individuelles Risiko       geführt werden.
und über den Nutzen der Operation.
Dieser Nutzen ist abhängig vom ak-
tuellen Alter, weiteren Erkrankungen
und auch von bereits durchgemach-
ten Krebserkrankungen.

                                                        Erblich bedingter Krebs   33
Um zu verhindern, dass die betrof-       nahmen sollten bereits ab dem 40.
fenen Frauen direkt nach der Ent-        Lebensjahr begonnen werden. Mehr
fernung der Eierstöcke in die Wech-      dazu lesen Sie in der Früherken-
seljahre eintreten, kann bei nicht an    nungsbroschüre (siehe S. 42).
Brustkrebs erkrankten Frauen bis
zum 50. Lebensjahr eine Hormonthe-
rapie erfolgen. Die künstliche Gabe
von Hormonen ersetzt die Hormone,         Mehr zu...
die durch die Entfernung der Eierstö-     ...vorbeugenden Operationen
cke fehlen.                               bei Brustkrebs und zum Um-
                                          gang mit erhöhtem Brust- und
Veranlagung für Brustkrebs                Eierstockkrebsrisiko erfahren
bei Männern                               Sie in den Krebsliga-Broschüren
Auch Männer können eine Veranla-          «Wiederaufbau der Brust und
gung für Brustkrebs haben. Ist das        Brustprothesen» und «Erblich
der Fall, ist das Brustkrebserkran-       bedingter Brust- und Eierstock-
kungsrisiko erhöht.                       krebs».

Jedoch sind regelmässige bildge-
bende Brustuntersuchungen nicht
notwendig. Betroffene Männer soll-
ten selbst festgestellte Veränderun-
gen an der Brust allerdings umge-
hend abklären lassen.

Veranlagung für Prostatakrebs
Neben dem erhöhten Risiko für Brust-
krebs ist auch das Risiko für Prosta-
takrebs erhöht. Bei den betroffenen
Männern tritt Prostatakrebs häufig
bereits im jüngeren Alter (etwa ab 50
Jahren) und oft auch in aggressiverer
Form auf.

Betroffene Männer mit einer Gen-
mutation sollten mit ihrer Ärztin oder
ihrem Arzt über Massnahmen zur
Früherkennung sprechen. Die Mass-

34   Erblich bedingter Krebs
Veranlagung für Dickdarm-             Veranlagung für schwar-
und Enddarmkrebs                      zen Hautkrebs (Melanom)
Beim Lynch-Syndrom sind Darm-         Empfohlen wird, drei bis viermal pro
und Magenspiegelung sowie Ultra-      Jahr die Haut selber auf Veränderun-
schall der Gebärmutter mögliche       gen zu untersuchen. Zusätzlich soll
Massnahmen zur Früherkennung.         die Hautärztin oder der Hautarzt ein-
                                      mal pro Jahr die Haut untersuchen.
Beim FAP-Syndrom werden Darm-
und Magenspiegelung sowie Ult-        Als vorbeugende Massnahme soll
raschall des Bauchraums und der       die direkte Sonnenstrahlung vermie-
Schilddrüse als Massnahmen zur        den werden. Mehr dazu erfahren Sie
Früherkennung vorgeschlagen.          in den Krebsliga-Broschüren «Mela-
                                      nom» und «Sonnenschutz».
Vorbeugende chirurgische
Entfernung
Beim Lynch-Syndrom kann eine Ent-
fernung der Gebärmutter und der
Eierstöcke als eine vorbeugende
Massnahme besprochen werden.

Beim FAP-Syndrom wird die Ent-
fernung des Dickdarms vor dem
20. Lebensjahr empfohlen. Damit
soll die Bildung von Krebs im Dick-
darm verhindert werden.

                                                     Erblich bedingter Krebs   35
36   Erblich bedingter Krebs
Leben mit einem erhöhten Krebsrisiko

Krebserkrankungen können – auch           Über die Krebsveranlagung
mit einem Gentest – weder sicher          sprechen
vorhergesagt noch sicher ausge-           Das Sprechen über die Krebsveran-
schlossen werden.                         lagung kann eine Herausforderung
                                          sein. Jedoch ist es wichtig, dass Sie
Eine Krebsveranlagung kann ver-           Ihre Verwandten informieren. Denn
schiedene Gefühle wie etwa Angst,         das Resultat hat nicht nur für Sie eine
Schuld, Scham und Wut auslösen. Es        Bedeutung, sondern auch für Ihre
ist verständlich, dass Sie sich Sorgen    Verwandten. Sie können ebenfalls
machen. Es erfordert Zeit, mit einem      Trägerin oder Träger einer Genmu-
vermuteten familiären Krebsrisiko         tation sein und somit ein erhöhtes
oder mit einer nachgewiesenen ge-         Krebsrisiko haben.
netischen Mutation umzugehen.
                                          Mit Ihrer Information bekommen Ihre
Sind die Gefühle belastend, sprechen      Verwandten die Möglichkeit, selber
Sie mit einer ärztlichen Fachperson       über einen Gentest nachzudenken.
darüber. Eine Psychoonkologin oder        Sie können sich frühzeitig informie-
ein Psychoonkologe unterstützt Sie        ren und mit vorbeugenden Massnah-
bei der Bewältigung und Verarbei-         men das Krebsrisiko senken.
tung einer Krebsveranlagung. Viel-
leicht hilft es Ihnen, sich mit anderen   Durch gezielte Untersuchungen zur
Betroffenen auszutauschen (siehe          Früherkennung können Krebserkran-
S. 41). Weitere fachliche Beratungs-      kungen wie Brust- oder Darmkrebs
und Unterstützungsangebote finden         frühzeitig erkannt und behandelt
Sie ab Seite 40 ff.                       werden. Damit lassen sich Lebens-
                                          qualität und Lebenserwartung der
Eine Krebsveranlagung hat auch Fol-       Betroffenen verbessern.
gen für die Familienplanung. Einige
vorbeugende Massnahmen, die das           Wichtig ist, dass Sie gut informiert
Krebsrisiko senken, können sich auf       sind, damit Sie Ihr eigenes Krebs-
die Fruchtbarkeit auswirken. Die Ent-     risiko richtig einschätzen können.
fernung der Eierstöcke und/oder der       Lassen Sie sich fachlich kompetent
Gebärmutter machen unfruchtbar.           beraten und begleiten, wann immer
Besprechen Sie mit der genetischen        Unsicherheiten oder Schwierigkei-
Beratung Themen rund um die Fa-           ten auftreten sollten und lassen Sie
milienplanung und Fruchtbarkeit,          keine Fragen offen.
bevor Sie sich für eine Behandlung
entscheiden.

                                                          Erblich bedingter Krebs   37
Erklärung von Fachausdrücken

Anamnese                               Keimzellen
Umfasst Art, Beginn und Verlauf der    Das sind Ei- und Samenzellen.
aktuellen Beschwerden sowie die frü-
here Krankengeschichte.                Krebs
                                       Der Name ist ein Sammelbegriff für
Benigne                                viele verschiedene bösartige Erkran-
Benigne (gutartige) Tumore wachsen     kungen. Dabei handelt es sich um
innerhalb der natürlichen Gewebe-      Zellen, die sich ungehindert vermeh-
grenze. Sie bilden keine Metastasen    ren, sich im Körper ausbreiten und
(Ableger).                             gesundes Gewebe und Organe zer-
                                       stören können.
DNS
Abkürzung für Desoxyribonuklein-       Maligne
säure. Träger der Erbinformationen.    Bösartige (maligne) Tumore wach-
                                       sen unkontrolliert, wachsen in das
Gen                                    Nachbargewebe ein und bilden Me-
Gene sind einzelne Abschnitte eines    tastasen (Ableger).
DNS-Strangs. Sie sind Träger von In-
formationen für die Herstellung von    Mutation
bestimmten Eiweissen. Sind Gene        Bleibende Umwandlung im Erbgut,
mutiert, kann es sein, dass sie ihre   die vererbt werden kann. Mutierte
Aufgabe nicht mehr erfüllen können.    Gene bilden falsches oder kein Ei-
                                       weiss mehr. Das mutierte Gen kann
Genom                                  seine Aufgabe nicht mehr erfüllen.
Alle Gene zusammen werden als Ge-
nom bezeichnet.                        Paneldiagnostik
                                       Zeitgleiche Analyse einer grossen
Genotyp                                Anzahl von Genen.
Gesamte genetische Informationen
einer Zelle.                           Pathogen
                                       Krankmachend
Keimbahnmutation
Veränderung, die in den Keimzellen
(Ei- und Samenzelle) vorkommt.

38   Erblich bedingter Krebs
Risikofaktoren
Faktoren, welche die Entstehung
einer bestimmten Erkrankung be-
günstigen. Bei Krebs sind das unter
anderem folgende Faktoren: der na-
türliche Alterungsprozess, Rauchen,
Alkoholkonsum, einseitige Ernäh-
rung, bestimmte Viren, Bewegungs-
mangel, UV-Strahlung, genetische
Faktoren.

Tumordisposition
Veranlagung für eine Krebserkran-
kung.

Tumorsyndrome
Das sind erbliche Syndrome, die das
Risiko, an bestimmten Krebsarten zu
erkranken, erhöhen. Diesen Tumor-
syndromen liegen Genmutationen
zugrunde. Einige Krebsarten treten
dabei im Rahmen des Syndroms
sehr häufig auf, bei anderen ist das
Erkrankungsrisiko nicht oder nur we-
nig erhöht.

Veranlagung
Angeborene Eigenschaft

Zelle
Kleinste lebensfähige Einheit des
Körpers mit Zellkern. Die Zellen ent-
halten das Erbmaterial.

                                        Erblich bedingter Krebs   39
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