Erblich bedingter Krebs - Ein Ratgeber der Krebsliga - Krebsliga Shop
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Die Krebsligen der Schweiz: Nah, persönlich, vertraulich, professionell Wir beraten und unterstützen Sie und Ihre Angehörigen gerne in Ihrer Nähe. Rund hundert Fachpersonen begleiten Sie unentgeltlich während und nach einer Krebserkrankung an einem von über sechzig Standorten in der Schweiz. Zudem engagieren sich die Krebsligen in der Prävention, um einen gesun- den Lebensstil zu fördern und damit das individuelle Risiko, an Krebs zu erkranken, weiter zu senken. Impressum Herausgeberin Lektorat Krebsliga Schweiz Tino Heeg, Leiter Publizistik, Krebsliga Schweiz, Effingerstrasse 40, Postfach, Bern 3001 Bern, Tel. 031 389 91 00, Frühere Auflagen info@krebsliga.ch, www.krebsliga.ch Dr. med. Suzanne Braga, FMH Medizinische Ge- Einige Textabschnitte dieser Broschüre sind in netik, Bern; PD Dr. med. Nicole Bürki, Chefärztin Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Ar- Frauenklinik, Kantonsspital Liestal; Dr. med. beitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung Katharina Buser, FMH Innere Medizin, speziell (SAKK) entstanden. Die Krebsliga Schweiz dankt Onkologie, Bern; Prof. Dr. med. Monica Castig- der SAKK für die Zusammenarbeit. lione, FMH Innere Medizin, speziell Onkologie, Bern; PD Dr. med. Karl Heinimann, Medizinische 3. Auflage Genetik UKBB, Universität Basel; Ruth Jahn, Projektleitung und Redaktion Wissenschaftsjournalistin, Bern; Susanne Lanz, Barbara Karlen, Fachspezialistin Publizistik, Krebsliga Schweiz, Bern; Dr. rer. nat. Rolf Marti, Krebsliga Schweiz, Bern Leiter Forschungsförderung, Krebsliga Schweiz, Fachberatung Bern; Prof. Dr. med. Hansjakob Müller, Medizini- Dr. med. Rudolf Morant, Facharzt für Innere sche Genetik UKBB, Universität Basel; Dr. med. Medizin sowie Onkologie und Hämatologie, Rosanna Zanetti Dällenbach, Leitende Ärztin Tumorzentrum ZeTuP, Rapperswil-Jona Frauenklinik, Universitätsspital Basel Prof. em. Dr. med. Hansjakob Müller, Facharzt Titelbild Medizinische Genetik, Universitätsspital Basel iStock by Getty Images Dr. med. Benno Röthlisberger, Medizinischer Lei- ter (CMO), Medizinische Genetik FMH u. FAMH, Illustrationen Genetica AG, Zürich S. 6: Stephan Spitzer, Medical Illustrator, Frankfurt Wir danken den betroffenen Personen für das S. 9: Rahel Meyer, Luzern, www.meyer-grafik.ch sorgfältige Lesen des Manuskripts und die wert- vollen Rückmeldungen. Fotos S. 4: iStock by Getty Images Mitarbeitende Krebsliga Schweiz S. 16: Shutterstock; S. 36: Corbis/Specter, Zürich Dr. med. Aline Flatz, wissenschaftliche Mitarbei- terin Trends; Regula Schär, ehem. Leiterin Publi- Design zistik; Andrea Seitz, Fachspezialistin Publizistik; Krebsliga Schweiz, Bern Alexandra Uster, wissenschaftliche Mitarbeiterin Druck Mastra Druck AG, Schönbühl Diese Broschüre ist auch in französischer und italienischer Sprache erhältlich. © 2020, 2011, 2005, Krebsliga Schweiz, Bern | 3., überarbeitete Auflage KLS | 10.2020 | 1500 D | 011005011111
Inhalt Vorwort 5 Was hat Krebs mit den Genen zu tun? 6 Sporadischer Krebs und erblich bedingter Krebs 8 Vererbte Genmutation und Krebsentstehung 10 Welche Krebsarten können erblich bedingt sein? 12 Hinweise auf eine Veranlagung 17 Genetische Beratung 18 Beratungsgespräch 18 Ablauf einer genetischen Beratung 20 Gentest 24 Was ist ein Gentest? 24 Gesetzliche Grundlage 25 Mögliche Resultate des Gentests 27 Eine Veranlagung wird nachgewiesen 27 Keine Veranlagung wird nachgewiesen 27 Variante mit unklarer Bedeutung 28 Gentest: Ja oder Nein? 30 Massnahmen bei einem erhöhten Krebsrisiko 32 Veranlagung für Brust- und Eierstockkrebs 32 Veranlagung für Dickdarm- und Enddarmkrebs 35 Veranlagung für schwarzen Hautkrebs (Melanom) 35 Leben mit einem erhöhten Krebsrisiko 37 Erklärung von Fachausdrücken 38 Beratung und Information 40 Erblich bedingter Krebs 3
Liebe Leserin, lieber Leser Wird im Text nur Tritt Krebs in Ihrer Familie häufig Beratung sinnvoll und was ein die weibliche auf? Dann fragen Sie sich viel- Gentest ist. Wird eine Veranlagung oder männliche Form verwendet, leicht, ob Krebs in Ihrer Familie festgestellt, sind Früherkennung gilt sie jeweils weitervererbt wird und Sie selber und vorbeugende Massnahmen für beide auch gefährdet sind? wirkungsvolle Möglichkeiten, die- Geschlechter. ser zu begegnen. Sind Sie selbst von Krebs betrof- fen? Dann machen Sie sich mög- In zahlreichen weiteren Broschü- licherweise Sorgen, ob Ihre Kinder ren der Krebsliga finden Sie hilf- oder andere Verwandte ein höhe- reiche Informationen und Tipps. res Erkrankungsrisiko für Krebs Die Beraterinnen und Berater am haben. Krebstelefon und in den kanto- nalen und regionalen Krebsligen Die Sorgen sind meist unbegrün- sind auf Fragen rund um Krebs det: Die meisten Verwandten von spezialisiert. Sie helfen und be- Krebsbetroffenen haben kein er- gleiten Sie gerne. Sie finden die höhtes Risiko, selber an Krebs zu Adressen und Kontaktdaten der erkranken. Allerdings gibt es Fa- Beratungsstellen ab Seite 46. milien, in denen eine Veranlagung für bestimmte Krebsarten vererbt Wir wünschen Ihnen und Ihrer wird. Diese Veranlagung erhöht Familie alles Gute. das Risiko, an Krebs zu erkranken. Ihre Krebsliga Diese Broschüre beschreibt, was erblich bedingter Krebs ist und wie dieser vererbt wird. Sie erfahren, in welchen Fällen eine genetische Erblich bedingter Krebs 5
Was hat Krebs mit den Genen zu tun? In der Schweiz erkranken pro Jahr Wir können das Erbgut mit einer Bib- rund 41 700 Menschen neu an Krebs. liothek vergleichen: Es hat Bücherge- Wir sprechen von Krebs, wenn sich stelle (Chromosomen), die aus sehr Körperzellen bösartig und unkontrol- vielen Büchern (Genen) bestehen. liert vermehren. Darin steht der Bauplan von unserem Körper geschrieben. Unser Körper besteht aus Billionen von Zellen. Im Kern jeder Zelle ist das gesamte Erbgut eines Menschen. Das Erbgut ist der Bauplan von unse- rem Körper. Dieser Bauplan besteht aus Chromosomen. Die Chromoso- men wiederum bestehen aus leiter- förmigen DNS-Strängen (DNS steht für Desoxyribonukleinsäure). Einzel- ne Abschnitte von DNS-Strängen heissen Gene. Unser Erbgut: der Bauplan von unserem Körper 6 Erblich bedingter Krebs
Entstehung von Krebs Ursachen von Krebs Zellen vermehren sich durch Teilung. Krebserkrankungen sind auf Muta- Bei der Teilung wird der Bauplan tionen in den Genen zurückzuführen. kopiert. Dabei entstehen neue Zel- Mehrere Faktoren sind bekannt, die len, die genau so sind wie die alten. solche Mutationen begünstigen: Die Manchmal kommt es zu Fehlern bei natürliche Alterung, manche Lebens- der Teilung. Diese Fehler führen zu stile, erbliche Faktoren, aber auch Veränderungen in den Genen der manche Viren, Strahlen oder Schad- neuen Zellen. Die Veränderungen in stoffe in der Umwelt können bei der den Genen bezeichnen Fachperso- Entstehung von Krebs eine Rolle nen als Mutationen. spielen. Bildlich gesprochen stehen bei die- Aber letztlich ist Krebs eine Krank- ser fehlerhaften Teilung Bücher nicht heit, die verschiedene, oft unbekann- mehr am richtigen Ort oder sie wur - te Ursachen hat. den ausgetauscht. Meistens können die neuen Zellen solche Fehler selber erkennen und reparieren. Können sie die Fehler nicht reparieren, sterben die neuen Zellen in der Regel ab. Lebt eine Zelle mit solchen Fehlern weiter, vermehrt sie sich ungehin- dert. Dann kann mit der Zeit Krebs entstehen. Erblich bedingter Krebs 7
Sporadischer Krebs und Tritt bei Menschen mit einer Gen- erblich bedingter Krebs mutation Krebs auf, wird von erblich bedingtem Krebs oder hereditärem Sporadischer Krebs Krebs gesprochen. Obwohl nicht der Bei den meisten Betroffenen sind Krebs an und für sich vererbt wird, Genmutationen in wenigen Zellen sondern nur die Veranlagung dazu. ihres Körpers der Grund für die Krebserkrankung. Diese Mutationen Erhöhtes Krebsrisiko entstehen irgendwann im Leben und Menschen mit einer bestimmten ge- beschränken sich meistens auf die erbten Genmutation haben ein hö- Zellen des Tumorgewebes. Die Muta- heres Risiko, an bestimmten Krebs- tionen befinden sich nicht in den üb- arten wie zum Beispiel Brust- und rigen Körperzellen. Deswegen kön- Eierstockkrebs oder Dickdarmkrebs nen sie nicht an Kinder weiterver- zu erkranken als die Durchschnitts- erbt werden. Die Ärztin oder der Arzt bevölkerung. Ist man bereits an spricht in diesem Fall von sporadisch Krebs erkrankt und liegt eine solche (das heisst gelegentlich, selten) auf- Genmutation vor, kann das Risiko für tretendem Krebs. andere Krebserkrankungen erhöht sein. Erblich bedingter Krebs Bei etwa fünf bis zehn Prozent aller Mit einer solchen Genmutation ge- Krebsbetroffenen ist eine Mutation boren zu werden, bedeutet jedoch in den Genen von Geburt an in all nicht in jedem Fall, dass man an ihren Körperzellen vorhanden. Die Krebs erkrankt. betroffenen Gene haben meist eine Aufgabe bei der Reparatur von Schä- den an der DNS oder bei der Kont- rolle der Zellteilung. Die Krebsbetroffenen haben diese Mutation von ihrer Mutter oder von ihrem Vater geerbt. Und sie können diese Mutation an ihre Kinder weiter - Gut zu wissen vererben. Der Arzt spricht hier auch Bei erblichem Krebs werden von Keimbahnmutationen. Das be- nicht Krebszellen vererbt, son- deutet, dass die Mutation durch die dern nur ein höheres Risiko, an Keimzellen vererbt wird und in allen Krebs zu erkranken. Körperzellen vorkommt. 8 Erblich bedingter Krebs
Wie wird eine Genmutation Hat ein Kind die Genmutation nicht vererbt? geerbt, so sind auch dessen künftige Die Genmutation kann sowohl vom eigene Kinder nicht betroffen. Die Vater wie auch von der Mutter an Vererbung der Genmutation über- Töchter oder Söhne vererbt werden. springt keine Generation. Jedes Kind erbt das mutierte Gen mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Pro- zent. Unabhängig davon, ob ein Ge- schwister die Genmutation bereits aufweist oder nicht. Der Arzt nennt das eine autosomal-dominante Ver- erbung. Vererbung der Genmutation Erblich bedingter Krebs 9
Vererbte Genmutation und Die Kontroll- oder Reparaturfunktion Krebsentstehung wirkt normalerweise dem unkontrol- lierten Wachstum und der bösartigen Erbt man eine Genmutation, bedeu- Veränderung von gesunden Körper- tet das, dass man eine normale Gen- zellen entgegen. Diese Funktionen kopie und eine mutierte Genkopie verhindern, dass Tumore entstehen. erhalten hat. Deshalb heissen diese Gene Tumor- suppressorgene (wörtlich: Gene, die Krebs kann dann entstehen, wenn Tumore unterdrücken). auch das normale Gen im Laufe des Lebens von einer Mutation betroffen Bildlich gesprochen kann man sagen, ist. Sodass schliesslich beide Gene dass Menschen normalerweise zwei mutiert sind. Die Funktionen von die- Sicherungen gegen die Entstehung sem Gen fallen aus, die Krebsentste- von Krebs haben. Ist man Trägerin hung wird begünstigt. oder Träger einer Genmutation, hat man nur eine Sicherung. Das erklärt, Häufig betrifft die vererbte Muta- warum nicht alle Menschen mit einer tion Gene, die die Zellteilung kont- Veranlagung an Krebs erkranken. rollieren oder eine Aufgabe bei der Reparatur von DNS-Schäden haben. Durch die Mutation funktioniert die Kontroll- oder Reparaturfunktion schlecht oder gar nicht mehr. 10 Erblich bedingter Krebs
Genmutationen und Krebsentstehung Personen ohne Veranlagung Personen mit einer Veranlagung Von Vater und Mutter Von einem Elternteil je ein ein mutiertes Gen (m) normales Gen (n) geerbt. n n geerbt. n m Neumutation eines Neumutation des normalen Gens normalen Gens Ein mutiertes Gen (m) Zwei mutierte Gene Ein normales Gen (n) (m) n m m m Funktion des Gens fällt aus. Neumutation des normalen Gens Krebs kann entstehen. Zwei mutierte Gene (m) m m Funktion des Gens fällt aus. Krebs kann entstehen. Erblich bedingter Krebs 11
Welche Krebsarten können Dabei kann es sein, dass ein einzel- erblich bedingt sein? nes mutiertes Gen zu verschiedenen Krebsarten führt. Und es kann sein, Von einigen Krebsarten ist bekannt, dass mehrere mutierte Gene für eine dass sie zu einem gewissen Anteil Krebsart verantwortlich sind. erblich bedingt sind. Brust- und Eierstockkrebs Zu den bekannten und häufigsten Brustkrebs ist in der westlichen Be- erblich bedingten Krebskrankheiten völkerung die häufigste Krebserkran- zählen: kung bei Frauen. In der Schweiz er - • Brustkrebs kranken jährlich rund 6200 Frauen an • Eierstockkrebs Brustkrebs und rund 600 Frauen an • Dickdarm- und Enddarmkrebs Eierstockkrebs. • Gebärmutterkörperkrebs • Prostatakrebs Bei fünf bis zehn Prozent der Betrof- • Schwarzer Hautkrebs (Melanom) fenen entsteht der Brustkrebs in- folge einer vererbten Veranlagung. Ferner gehören auch Magen- und Bei Eierstockkrebs liegt der erblich Schilddrüsenkrebs dazu. bedingte Anteil bei rund 20 Prozent. Bei Menschen mit einer solchen Ver- Im Zusammenhang mit Brust- und anlagung ist in der Regel das Risiko Eierstockkrebs ist die am häufigsten für mehr als eine Krebsart erhöht. vorkommende Erbkrankheit das erb- Familiäre Häufung Treten in einer Familie mehrere Krebskrankheiten auf, ohne dass ein eigentliches Vererbungsmuster erkennbar ist, wird von einer familiären Häufung gesprochen. Die Ursachen für familiäre Häufung sind oft nicht geklärt. Weil Krebs häufig ist, kann es sein, dass die familiäre Häufung rein zufällig ist. Oder dieselben Lebensumstände der Familienmitglieder wie etwa Ernährung oder Rauchen sowie Umwelteinflüsse, die auf uns einwirken, könnten Gründe dafür sein. Auch bisher unbekannte Gene können dafür verant- wortlich sein. 12 Erblich bedingter Krebs
lich bedingte Brust- und Eierstock- Neben dem HBOC-Syndrom füh- krebssyndrom HBOC (englisch He- ren auch andere Tumorsyndrome reditary Breast and Ovarian Cancer zu einem erhöhten Brust- und/oder Syndrome). Häufig wird HBOC durch Eierstockkrebsrisiko. Unter anderem Veränderungen in den Brustkrebs- sind dies folgende: Li-Fraumeni-, Genen BRCA1 und BRCA2 verur- Cowden-, Peutz-Jeghers- und Lynch- sacht. Die Abkürzung BRCA steht für Syndrom (die einzelnen Syndrome «Breast Cancer», das englische Wort sind unten und auf Seite 15 beschrie- für Brustkrebs. ben). Das HBOC-Syndrom verursacht bei Dickdarm- und Enddarmkrebs Frauen ein stark erhöhtes Risiko für Bei Frauen ist Dickdarm- und End- Brust- und Eierstockkrebs. Bei Män- darmkrebs die zweithäufigste und nern besteht ebenfalls ein erhöhtes bei Männern die dritthäufigste Krebs- Risiko für Brustkrebs, aber auch für erkrankung. Jährlich erkranken in der Prostatakrebs. Unabhängig vom Ge- Schweiz rund 4400 Menschen neu an schlecht erkranken Menschen mit ei- Dickdarm- und Enddarmkrebs. nem HBOC-Syndrom öfter an Bauchspeicheldrüsenkrebs und an Etwa fünf Prozent der Erkrankungen schwarzem Hautkrebs (Melanom) als sind auf erbliche Faktoren zurückzu- Menschen in der Durchschnittsbevöl- führen. kerung. Ob man ein erhöhtes Risiko hat und wie hoch es ist, hängt von Nicht-polypöser Darmkrebs (Lynch- der individuellen Genmutation ab. Syndrom) Die häufigste Form von erblichem Dickdarmkrebs ist der nicht-poly- pöse Darmkrebs HNPCC (englisch Hereditary Non-Polyposis Colorectal Erblicher Brust- und Eierstock- Cancer). HNPCC wird auch als Lynch- krebs Syndrom bezeichnet. Die Ursache für Mehr zum HBOC-Syndrom und das Lynch-Syndrom sind Genmuta- wie mit einem erhöhten Risiko tionen der so genannten MMR-Gene für Brust- und Eierstockkrebs («Mismatch-repair»-Gene). umgegangen werden kann, erfahren Sie in der Krebsliga- Die Genmutationen beim Lynch-Syn- Broschüre «Erblich bedingter drom führen nicht nur zu Tumoren in Brust- und Eierstockkrebs». der Darmschleimhaut. Deshalb tre- ten in den betroffenen Familien auch Erblich bedingter Krebs 13
andere Krebserkrankungen häufiger Leber und im Zentralnervensystem auf als in der Durchschnittsbevölke- auftreten. rung. Dazu gehören beispielsweise: Krebs in der Gebärmutterschleim- Andere Tumorsyndrome wie Peutz- haut, im Magen, im Dünndarm, in Jeghers-, Cowden- und Li-Fraumeni- den Nieren, im Harnleiter, in den Syndrome führen ebenfalls zu einem Gallenwegen, in der Bauchspeichel- erhöhten Risiko für Dickdarm- und drüse und in den Eierstöcken. Enddarmkrebs. Die Wahrscheinlichkeit, oft schon Prostatakrebs in jungen Jahren an Dickdarm- und Jedes Jahr erkranken in der Schweiz Enddarmkrebs zu erkranken, liegt etwa 6100 Männer an Prostatakrebs. beim erblichen Darmkrebs bei bis zu Somit ist Prostatakrebs die am häu- 80 Prozent. Für Gebärmutterkörper- figsten diagnostizierte Krebserkran- krebs liegt die Wahrscheinlichkeit bei kung bei Männern. bis zu 70 Prozent. Für weitere Krebs- arten wie Magen- und Dünndarm- Bei aggressivem Prostatakrebs oder krebs ist sie geringer. Prostatakrebs mit Metastasen (Able- ger) sind etwa zehn Prozent der Fälle Familiäre adenomatöse Polyposis erblich bedingt. In den betroffenen (FAP) Familien können neben gehäuften Eine viel seltenere Form von erbli- Fällen von Prostatakrebs auch Brust- chem Dickdarmkrebs ist die familiäre und Eierstockkrebs, Bauchspeichel- adenomatöse Polyposis (FAP). Bei drüsenkrebs und schwarzer Haut- der FAP bilden sich bereits im frühen krebs auftreten. Lebensalter immer wieder unzählige gutartige Schleimhautausstülpungen Als Ursache für erblich bedingten (Schleimhautpolypen) im Darm. Auch Prostatakrebs wird am häufigsten der Magen und der Dünndarm kön- das BRCA2-bedingte HBOC-Syn- nen befallen sein. Diese gutartigen drom beschrieben. Schleimhautpolypen können mit der Zeit, auch bei jungen Menschen, zu Schwarzer Hautkrebs (Melanom) Darmkrebs führen. Der schwarze Hautkrebs ist bei Frauen und Männern die vierthäu- Tumorneubildungen können auch figste Krebsart. Es erkranken in der in anderen Organen wie der Schild- Schweiz pro Jahr etwa 2800 Men- drüse, der Bauchspeicheldrüse, der schen an schwarzem Hautkrebs. 14 Erblich bedingter Krebs
Fünf bis zehn Prozent der Fälle von Bauchspeicheldrüsenkrebs oder Kno- schwarzem Hautkrebs sind erblich chensarkomen. bedingt. In den betroffenen Familien tritt im Vergleich zur Durchschnitts- Peutz-Jeghers-Syndrom bevölkerung auch Bauchspeicheldrü- Bildet meist gutartige Wucherungen senkrebs häufiger auf. (Hamartome) im Magen-Darm-Trakt. Betroffene haben ein erhöhtes Ri- Als Ursache für erblich bedingten siko, an Krebs im Magen-Darm-Be- schwarzen Hautkrebs wird vorwie- reich zu erkranken. gend das familiäre atypische Mutter- mal- und Melanom-Syndrom (kurz Zudem besteht ein erhöhtes Er- FAMMM) und das BRCA2-bedingte krankungsrisiko unter anderem für HBOC-Syndrom beschrieben. Brust-, Eierstock- und Bauchspeichel- drüsenkrebs. Weitere erbliche Tumorsyndrome Es gibt weitere erbliche Tumorsyn- Retinoblastom drome, die das Risiko für bestimmte Das ist eine Krebserkrankung des Krebserkrankungen erhöhen. Sie Auges. Retinoblastome entstehen in sind alle sehr selten. der Netzhaut und kommen vorwie- gend im Kindesalter vor. Cowden-Syndrom Bildet mehrfache, meist gutartige Von Hippel-Lindau-Erkrankung Wucherungen (Hamartome) im Ge- (VHL) webe, unter anderem der Haut und Bei der VHL-Erkrankung entwickeln der Schleimhäute. sich Tumore in verschiedenen Orga- nen. Betroffene haben zudem ein höhe- res Risiko, an Brust-, Gebärmutter- Betroffene haben ein erhöhtes Risiko, schleimhaut-, Nierenzell-, Dickdarm- an Nierenkrebs, Tumoren im Mittel- und Schilddrüsenkrebs zu erkranken. ohr und Bauchspeicheldrüsenkrebs zu erkranken. Li-Fraumeni-Syndrom Ist ein Tumorsyndrom, das unter- Multiple endokrine Neoplasie (MEN) schiedliche Organe befallen kann. Be- Ist ein Überbegriff für verschiedene troffene erkranken häufig im frühen Tumorerkrankungen in endokrinen Lebensalter an Weichteilsarkomen, Drüsen wie beispielsweise in der Tumoren des zentralen Nervensys- Schild- oder in der Bauchspeichel- tems, Leukämien, Brust-, Dickdarm-, drüse. Erblich bedingter Krebs 15
16 Erblich bedingter Krebs
Hinweise auf eine Veranlagung Tritt Krebs in Ihrer Familie häufig Je nach Krebsart gibt es zusätzliche auf? Dann möchten Sie vielleicht Kriterien, die auf eine Veranlagung wissen, ob Sie selbst ebenfalls ge- hindeuten. Mehr dazu erfahren Sie in fährdet sind. der Krebsliga-Broschüre «Erblich be- dingter Brust- und Eierstockkrebs». Sind Sie selbst von Krebs betroffen? Dann fragen Sie sich möglicher- Ergeben sich Hinweise auf eine weise, ob die Krebserkrankung erb- Krebsveranlagung, ist ein Gespräch lich bedingt ist. Und ob dadurch ein mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem erhöhtes Erkrankungsrisiko für Ihre Hausarzt, dem Gynäkologen oder Kinder oder andere Verwandten be- Onkologen eine erste Möglichkeit, steht. sich zu informieren. Gemeinsam kann besprochen werden, ob für Sie In dieser ungewissen Situation ist es eine genetische Beratung sinnvoll ist. verständlich, dass Sie sich um Ihre eigene oder die Gesundheit ande- rer sorgen. Oft sind die Sorgen un- begründet. Die meisten Verwandten von Krebsbetroffenen müssen nicht mit einem erhöhten Risiko rechnen, einmal selbst an Krebs zu erkranken. Es gibt allerdings Hinweise, die auf eine Veranlagung in Ihrer Familie hindeuten: • Eine Krebsart tritt in der Familie gehäuft auf. • Mehrere Generationen hinterei- nander sind an Krebs erkrankt. • Der Krebs tritt in jungem Lebens- alter auf (50 Jahre oder jünger bei Brust-, Darm- oder Gebärmutter- körperkrebs). • Seltene Tumorarten wie Brust- krebs beim Mann treten auf. • Es gibt mehrere gleichzeitig oder hintereinander auftretende Krebs- erkrankungen bei einer Person. Erblich bedingter Krebs 17
Genetische Beratung Beratungsgespräch • zum Thema erblich bedingte Krebserkrankungen, Bei einer genetischen Beratung klä- • zum Ablauf eines Gentests, ren Sie mit einer Fachperson ab, ob • zum gesetzlichen Rahmen eines eine Krebsveranlagung vorliegen Gentests und zu dessen Kosten, könnte und ob weitere genetische • zu den Auswirkungen möglicher Abklärungen sinnvoll sind. Testresultate, • zur Bedeutung der Risikoab- Die genetische Beratung nimmt Be- schätzung für Kinder und weitere zug auf Ihre persönliche Situation Verwandte. und Ihre Bedürfnisse. Sie informiert über alle Möglichkeiten, die Ihnen Mit den Informationen der geneti- zur Verfügung stehen und legt das schen Beratung sollten Sie in der weitere Vorgehen fest. Das Gespräch Lage sein, gut informiert eine Ent- hilft Ihnen, leichter eine Entschei- scheidung zu treffen. Wichtig zu wis- dung zu treffen. sen: Eine genetische Beratung stellt keine Verpflichtung für einen Gentest Beim Beratungsgespräch erhalten dar. Sie gut verständliche Informationen: Das genetische Beratungsgespräch hilft Ihnen zu klären: • ob die Krebserkrankungen in Ihrer Familie eine erbliche Ursache haben könnten, • wie hoch Ihr persönliches Risiko ist, an Krebs zu erkranken, • ob Ihre Kinder ein erhöhtes Risiko haben, an Krebs zu erkranken, • ob ein Gentest bei Ihnen oder einem anderen Familienmitglied sinn- voll ist, • was die Vor- und Nachteile eines Gentests sind, • welche Testresultate bei einem Gentest zu erwarten sind, • welche Massnahmen zur Früherkennung und Vorbeugung von Krebs bei einer Genmutation geeignet sind, • ob Sie einen Gentest überhaupt durchführen lassen möchten, • ob Sie eine psychologische Betreuung wünschen oder sich einer Selbsthilfegruppe anschliessen möchten. 18 Erblich bedingter Krebs
Genetische Beratungsgespräche wer- den von Fachärztinnen und Fachärz- ten für Medizinische Genetik ange- boten oder von Fachärzten mit einer entsprechenden Zusatzausbildung. Eine offizielle Liste mit Ärzten und Zentren, die genetische Beratun- gen anbieten, finden Sie hier: www. sakk.ch/de/fuer-patienten/genetische- beratung. Grundsätzlich dürfen alle Menschen eine genetische Beratung in An- spruch nehmen. Ob ein solches Ge- spräch notwendig und sinnvoll ist, entscheiden Sie am besten gemein- sam mit Ihrem Hausarzt und lassen sich zuweisen. Liegt eine Krebsveranlagung in Ihrer Familie vor, werden die Kosten für die genetische Beratung normaler- weise von der Grundversicherung der Krankenkasse übernommen. Trotzdem ist es empfehlenswert, vor- gängig eine Kostengutsprache einzu- holen. Sie dürfen sich auch direkt an eine genetische Beratungsstelle wenden. In diesem Fall ist es wichtig, dass Sie vorgängig abklären, ob und unter welchen Bedingungen Ihre Kranken- kasse die Kosten für die genetische Beratung übernimmt. Erblich bedingter Krebs 19
Ablauf einer genetischen Wenn möglich werden vier Genera- Beratung tionen erfasst: Die betroffene Person, Geschwister, Eltern, Kinder, Gross- Das Beratungsgespräch dauert etwa eltern, Onkel, Tanten. Die mütterliche eine Stunde. Sie können sich gerne und väterliche Seite Ihrer Familie von einer vertrauten Person beglei- werden getrennt aufgeführt. ten lassen. Diese kann Sie bei der Verarbeitung der Informationen un- Damit Sie das Formular vollstän- terstützen. Das Beratungsgespräch dig ausfüllen können, brauchen Sie wird protokolliert und in einem Be- möglicherweise die Unterstützung ratungsbrief zusammengefasst, um Ihrer Verwandten. Missverständnisse in der gegensei- tigen Kommunikation zu verhindern. Für die genetische Beratung ist es hilfreich, wenn Sie möglichst detail- Als Grundlage für das Gespräch lierte Angaben zu der Art der Krebs- dienen die persönliche Krankenge- erkrankung in Ihrer Familie und dem schichte (Eigenanamnese), Eigen- Erkrankungsalter machen können. schaften einer allfällig bereits auf- Nehmen Sie sich deshalb Zeit für getretenen Tumorkrankheit (Patho- diesen auch emotional nicht immer logiebericht) sowie die gesundheits- einfachen Prozess. Machen Sie sich bezogene Familienanamnese, die in aber keine Sorgen, wenn Sie auf- einem Stammbaum zusammenge- grund fehlender Informationen über fasst werden kann. Ihre Familie nicht alles vollständig ausfüllen können. Familienstammbaum Der Familienstammbaum dient dazu, Das Stammbaumformular wird Ih- einer möglichen vorliegenden Krebs- nen häufig vor einem Beratungster- veranlagung auf die Spur zu kom- min zugeschickt. Als ein mögliches men. In diesem Stammbaum werden Beispiel ist auf der nächsten Seite alle an Krebs erkrankten Verwandten, ein Schema eines Stammbaums auf- aber auch alle gesunden Verwandten geführt. eingezeichnet. 20 Erblich bedingter Krebs
Familienstammbaum Mütterliche Seite Väterliche Seite Grossmutter Grossvater Grossmutter Grossvater Onkel Tante Mutter Vater Onkel Tante Geschwister ICH Partner*in Beispiel Kinder Name Vorname Geburtsjahr Krebsart(en) Erkrankungsalter Erblich bedingter Krebs 21
Tipps für das Ausfüllen des Familienstammbaums Notieren Sie sich folgende Punkte: • Name, Geburtsjahr, Krebsart(en) und Erkrankungsalter folgender Verwandten: – Verwandte ersten Grades (Eltern, Geschwister, Kinder) – Verwandte zweiten Grades (Grosseltern, Onkel, Tanten) • Teilen Sie nach mütterlicher und väterlicher Seite auf. • Erfassen Sie auch alle gesunden Verwandten. • In der Regel werden die Stammbauminformationen von vier Genera- tionen geprüft. Geht die Ärztin oder der Arzt auf- Bereits nachgewiesene grund des Stammbaums davon aus, Genmutation dass eine Krebsveranlagung vorlie- Wurde in Ihrer Familie bereits eine gen könnte, schlägt er Ihnen einen Genmutation nachgewiesen, sollten Gentest vor. Mehr dazu erfahren Sie Sie dies dem Arzt in der genetischen im Kapitel «Gentest». Beratung mitteilen. Vorteilhaft ist, wenn Sie den Untersuchungsbericht über die nachgewiesene Genmuta- tion mitnehmen. Denn in diesen Fäl- len kann eine gezielte Untersuchung erfolgen, die einfacher, schneller und wesentlich kostengünstiger ist, als die Suche nach einer vorerst noch unbekannten Genmutation. 22 Erblich bedingter Krebs
Fragen an die beratende Person Die folgenden Fragen bieten Ihnen eine Hilfestellung als Vorbereitung für das Beratungsgespräch. Stellen Sie offen Ihre persönlichen Fragen. Nehmen Sie Ihre Notizen mit in das Gespräch. • Was sind die Vor- und Nachteile eines Gentests? • Wie lange dauert es, bis ich das Resultat des Gentests erhalte? • Was bedeutet es, wenn eine Genmutation bei mir festgestellt wird? • Wie hoch ist mein Risiko, an Krebs zu erkranken, wenn ich eine Gen- mutation habe? • Wie sicher ist das Resultat eines Gentests? • Wem muss ich das Resultat mitteilen? • Habe ich die Genmutation an meine Kinder vererbt? Wer könnte sonst noch davon betroffen sein? • Gibt es Möglichkeiten zur Früherkennung, falls eine Genmutation fest- gestellt wird? Gibt es vorbeugende Massnahmen? • Hat die Genmutation eine Auswirkung auf meine Fruchtbarkeit? • Wird der Gentest von der Krankenkasse bezahlt? • Werden die Untersuchungen zur Früherkennung von der Kranken- kasse bezahlt? • … notieren Sie hier Ihre weiteren Fragen: • …………………………………………………………………………………… • …………………………………………………………………………………… Erblich bedingter Krebs 23
Gentest Der Gentest soll klären, ob Sie Trä- Werden mehrere Gene untersucht, gerin oder Träger einer Genmutation ist die Chance kleiner, eine Krebs- sind. Vor einem Gentest muss eine veranlagung zu verpassen. Wurde in genetische Beratung (siehe S. 18 ff.) der Familie eine Genmutation bereits mit entsprechender Bedenkzeit statt- nachgewiesen, kann mit gezielten gefunden haben. Gentests überprüft werden, welche Familienmitglieder diese auch ha- ben. Was ist ein Gentest? Einzelgentest Bei einem Gentest handelt es sich Der Einzelgentest untersucht nur ein um eine Untersuchung der Gene. Da- bestimmtes Gen. Er wird vor allem bei wird das Erbgut eines Menschen dann durchgeführt, wenn nach einer in einem Labor mit verschiedensten bestimmten Genmutation gesucht Methoden untersucht. werden kann. Das ist der Fall, wenn in einer Familie bereits eine Gen- Vereinfacht gesagt geschieht dies so: mutation vorliegt und bekannt ist. Aus den Zellen wird das Erbgut sepa- Einzelgentests sind kostengünstiger riert. Die Abfolge der «chemischen» und erfordern weniger Zeit als ein Buchstaben wird gelesen, aus denen Genpanel. alle Gene aufgebaut sind. Durch den Vergleich der Buchstabenabfolge las- Genpanel sen sich unterschiedliche Gene und Mit dem Genpaneltest werden meh- Genmutationen genau erkennen. rere Gene gleichzeitig untersucht. Welche Gene genau untersucht wer- Einzelgentest oder Genpanel? den, wird laufend dem aktuellen Wis- Die Veranlagung zu Krebs in einem sensstand angepasst. bestimmten Organ, wie zum Bei- spiel in der Brust, kann auf mehrere Die Ärztin oder der Arzt informiert mutierte Gene zurückzuführen sein. Sie, welche Art von Test bei Ihnen in- Andererseits kann ein einzelnes mu- frage kommt. tiertes Gen zu Krebs in verschiede- nen Organen führen. Daher ist die Durchführung des Gentests Auswahl, welche Gene untersucht Für die Untersuchung des Erbgu- werden sollen, wichtig. tes wird Ihnen Blut abgenommen. Das Blut wird in einem Speziallabor 24 Erblich bedingter Krebs
für Genetik analysiert. Die Untersu- Gentest über das Internet chung im Labor dauert bis zu einem Genetische Untersuchungsresultate Monat. Schneller geht die Untersu- müssen von einem dafür ausgebilde- chung, wenn nach einer bekannten ten Facharzt begutachtet und bewer- Genmutation gesucht wird. tet werden. Da dies bei einem Gen- test über das Internet nicht immer Der beratende Arzt bespricht das Re- gewährleistet ist, rät die Schweize- sultat des Gentests bei einem weite- rische Gesellschaft für Medizinische ren Termin mit Ihnen. Genetik (SGMG) davon ab. Kosten des Gentests Die Kosten für einen Gentest reichen Gesetzliche Grundlage von 300 bis zu einigen tausend Fran- ken. Die Kosten bemessen sich nach Das Bundesgesetz für genetische Anzahl der untersuchten Gene, nach Untersuchungen beim Menschen Grösse dieser Gene und nach der (GUMG) regelt, unter welchen Be- durchgeführten Technik im Labor. dingungen Gentests durchgeführt werden dürfen. In der Regel werden Die Krankenkassen sind bei der genetische Untersuchungen erst ab Übernahme der Kosten für einen Erreichen der Volljährigkeit (18 Jahre) Gentest zurückhaltend. Daher lohnt durchgeführt. Ausser wenn vom Test- es sich, vorgängig eine Kostengut- resultat dringende Vorsorge- und sprache durch den Arzt einholen zu Therapiemassnahmen abhängen. lassen. Auch wenn in der Familie bereits eine Genmutation nachgewiesen wurde, ist es empfehlenswert, vorgängig ei- ne Kostengutsprache einzuholen. Erblich bedingter Krebs 25
Bundesgesetz für genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG) In der Schweiz gilt das Bundesgesetz für genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG, Stand 1. Januar 2014). Es gelten folgende Grundsätze: • Niemand darf wegen seines Erbguts diskriminiert werden. • Das Erbgut einer Person darf nur untersucht, registriert oder offen- bart werden, wenn die betroffene Person zustimmt oder es das Gesetz vorschreibt. • Genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken müssen einen vorbeugenden therapeutischen Zweck haben oder als Grund- lage für die Familien- oder Lebensplanung dienen. • Genetische Untersuchungen müssen von einer genetischen Beratung begleitet sein. • Es gilt das «Recht auf Nichtwissen»: Jede Person hat das Recht, die Kenntnisname von Informationen über Ihr Erbgut zu verweigern. • Die Ärztin oder der Arzt darf das Untersuchungsresultat nur mit aus- drücklicher Zustimmung der betroffenen Person den Verwandten, der Ehegattin oder dem Ehegatten, der Partnerin oder dem Partner mitteilen. Aber: Wird die Zustimmung verweigert, so kann die Ärztin oder der Arzt die Entbindung vom Berufsgeheimnis beantragen. Zum Beispiel, falls dies für die Gesundheit der Verwandten des Betroffe- nen wichtig ist. Dieses Gesetz wurde überarbeitet und tritt 2021 in Kraft. Auch ab 2021 gel- ten die oben aufgeführten Grundsätze bei Untersuchungen für medizinische Zwecke. 26 Erblich bedingter Krebs
Mögliche Resultate des Gentests Das Resultat eines Gentests wird Ih- eine genetische Beratung und einen nen in einem persönlichen Gespräch gezielten Gentest nachzudenken. Da- von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt mit- mit kann geklärt werden, ob auch sie geteilt. Trägerin oder Träger der Genmuta- tion sind. Eine Veranlagung wird nachgewiesen Keine Veranlagung wird nachgewiesen Wird bei Ihnen eine Veranlagung nachgewiesen, spricht man von ei- Das bedeutet, dass Sie in den unter- nem pathologischen Resultat. Der suchten Genen keine Mutation ha- Arzt informiert Sie über das damit ben. Das ist eine gute Nachricht. Es verbundene erhöhte Risiko, an Krebs bedeutet aber nicht, dass Sie nie an zu erkranken. Wichtig ist, dass der Krebs erkranken werden. Nachweis einer Veranlagung keine Krebsdiagnose ist. Im Zusammenhang mit Ihrer eige- nen oder der familiären Krebsbelas- Jedoch besteht für Menschen mit tung kann dieses Resultat aber un- einer nachgewiesenen genetischen ter schiedliche Bedeutungen haben. Mutation ein höheres Risiko, an einer bestimmten Krebsart zu erkranken, Familiäre Häufung mit nach- als für Menschen ohne angeborene gewiesener Genmutation genetische Mutation. Bei einer bekannten, bereits nach- gewiesenen Genmutation innerhalb Der Arzt empfiehlt Ihnen regel- der Familie ist das Resultat eine Ent- mässige Untersuchungen zur Früh- lastung. In diesem Fall bedeutet das erkennung. Er bespricht Vorsorge- Resultat, dass die getestete Person massnahmen, wie Ernährung, Nicht- die Genmutation nicht geerbt hat. rauchen und körperliche Bewegung. Und er diskutiert mögliche andere Familiäre Häufung ohne nach- Massnahmen, wie beispielsweise gewiesene Genmutation eine risikoreduzierende Operation. Wurde bei Ihnen trotz der familiären Häufung von Krebs keine Genmuta- Ausserdem wird er Ihnen raten, Ihre tion festgestellt, bedeutet das nicht, Verwandten über die Veranlagung zu dass eine erbliche Veranlagung voll- informieren. Ihre Verwandten haben ständig ausgeschlossen ist. dann die Möglichkeit, ebenfalls über Erblich bedingter Krebs 27
Ursachen dafür sind: Falls kein krebserkranktes Familien- • Eine vorliegende genetische mitglied getestet werden kann, ist Mutation konnte mit den Unter- ein Resultat ohne Nachweis schwie- suchungsmethoden nicht erkannt rig zu beurteilen. Das Resultat sagt werden. nichts darüber aus, ob die an Krebs • Die vorliegende Genmutation ist erkrankte Person nicht doch Träger unbekannt und wurde deshalb einer Genmutation ist. nicht gefunden. • Die Genmutation liegt auf einem nicht untersuchten Gen. Variante mit unklarer • Die familiäre Häufung entsteht Bedeutung durch Zufall oder andere Gründe, die sich nicht erklären lassen. Manchmal stellt das Labor in den untersuchten Genen eine Mutation Es kann sein, dass der Arzt trotz feh- fest, die nicht klar eingeordnet wer- lendem Nachweis einer Veranlagung den kann. Dieser Befund wird als ein erhöhtes Erkrankungsrisiko bei Variante unklarer Signifikanz (VUS) Ihnen einschätzt. In diesem Fall wer- bezeichnet. Für die Betroffenen hat den Ihnen individuell angepasste, dies zunächst keine Konsequenzen regelmässige Untersuchungen zur und wird wie ein Testresultat ohne Früherkennung empfohlen. Nachweis einer Krebsveranlagung behandelt. Gentest an krebserkrankter Person Gentests sollten, wann immer mög- Die Ärzte empfehlen, dieses Resultat lich, bei krebserkrankten Familienmit- einige Jahre später erneut zu über- gliedern durchgeführt werden. Vor- prüfen. zugsweise bei der Person mit dem jüngsten Erkrankungsalter. 28 Erblich bedingter Krebs
Mögliche Resultate eines Gentests Eine Veränderung mit Eine Mutation Keine Mutation unbekannter Bedeutung (VUS) wurde gefunden wurde gefunden wurde gefunden Das Krebsrisiko Das Krebsrisiko Das Krebsrisiko richtet sich nach der persönlichen richtet sich nach der persönlichen ist erhöht Krankheitsgeschichte/ Krankheitsgeschichte/ Familiengeschichte Familiengeschichte Früherkennung und Früherkennung und Früherkennung und Vorbeugung Vorbeugung Vorbeugung sollte anhand des mutierten richtet sich nach der persönlichen richtet sich nach der persönlichen Gens diskutiert werden Krankheitsgeschichte/ Krankheitsgeschichte/ Familiengeschichte Familiengeschichte Familienmitglieder Familienmitglieder Familienmitglieder sollten gezielt getestet werden müssen nicht getestet werden müssen nicht getestet werden Erblich bedingter Krebs 29
Gentest: Ja oder Nein? Eine Entscheidung für oder gegen Die Gespräche mit Ihrer Hausärztin einen Gentest zu treffen, ist nicht oder Ihrem Hausarzt, mit der Familie, einfach. Schliesslich ist es möglich, mit Freunden sowie die genetische dass bei Ihnen eine Veranlagung Beratung über Vor- und Nachteile nachgewiesen wird, und Sie mit dem eines Gentests, können Ihnen helfen, Wissen um ein erhöhtes Krebsrisiko eine Entscheidung zu treffen. weiterleben. Für die Entscheidungsfindung kann es hilfreich sein, eine Liste mit Vor- und Nachteilen zu erstellen. Einige sind hier aufgeführt: Vorteile eines Gentests • Das individuelle Krebsrisiko kann durch den Arzt beurteilt werden. • Sie erhalten eine individuelle Beratung beim Umgang mit einem erhöhten Krebsrisiko. • Sie können mit vorbeugenden oder therapeutischen Massnahmen Ihr Erkrankungsrisiko zum Teil deutlich verringern. • Die Untersuchung kann Aufschluss geben, ob Sie ein erhöhtes Krebs- risiko für weitere Krebsarten haben. • Wird bei Ihnen eine Genmutation nachgewiesen und sind Sie von Krebs betroffen, kann Ihre Therapie möglicherweise zielgerichtet angepasst werden. • Es werden vorbeugende Massnahmen bei Ihren noch nicht an Krebs erkrankten Verwandten möglich. Nachteile eines Gentests • Ein unklares Resultat kann Sie verunsichern. • Eine nachgewiesene Genmutation kann in Ihren Lebensmittelpunkt rücken. • Die Genmutation wird zu einer Familienangelegenheit und erfordert die gemeinsame Auseinandersetzung mit dem Thema. • Wird bei Ihnen eine Genmutation nachgewiesen, können Sie unter Umständen beispielsweise keine Lebensversicherung oder Zusatz- versicherung bei der Krankenkasse abschliessen. 30 Erblich bedingter Krebs
Gewissheit oder Ungewissheit? Wird bei Ihnen eine Genmutation Die Ungewissheit, ein mögliches er- nachgewiesen, bedeutet das nicht, höhtes Krebsrisiko zu haben, kann dass Sie krank werden: Sie sind Trä- von Ängsten und Sorgen begleitet gerin oder Träger einer Genmutation. sein. Es ist aber auch verständlich, Wann, und ob Sie Krebs bekommen, wenn Sie beim Gedanken an das hängt auch von weiteren Bedingun- Resultat Ängste, Zweifel oder Sor- gen ab. gen empfinden. Sie müssen sich vielleicht mit einem erhöhten Krebs- Nehmen Sie sich genügend Zeit für risiko auseinandersetzen. Möglicher- diese wichtige Entscheidung. Wägen weise werden dabei Erinnerungen Sie für sich Vor- und Nachteile ab. an Verwandte wach, die an Krebs er- Manchmal lohnt es sich auch, ein- krankt oder gestorben sind. fach auf sein Bauchgefühl zu hören. Sprechen Sie mit Ihrer Familie und Die folgenden Fragen können Ihnen Freunden darüber. Weitere fachliche helfen, mehr Klarheit zu bekommen: Beratungs- und Unterstützungsange- • Kann ich mit der Ungewissheit bote finden Sie ab Seite 40 ff. leben, ob ich eine Krebsveran- lagung in mir trage oder nicht? • Will ich Gewissheit haben, ob ich eine Krebsveranlagung habe oder nicht? • Wie gehe ich damit um, wenn eine Genmutation nachgewiesen wird? • Wie fühle ich mich, wenn ich an den Gentest denke? • Was bedeutet das Resultat für mich und meine Familie? Erblich bedingter Krebs 31
Massnahmen bei einem erhöhten Krebsrisiko Die Ärztin oder der Arzt schlägt Ihnen Veranlagung für Brust- Massnahmen zur Früherkennung und und Eierstockkrebs vorbeugende Massnahmen vor. Zu- dem legt der Arzt fest, in welchem Alter und in welcher Häufigkeit die Veranlagung für Brustkrebs Massnahmen durchgeführt werden Als Früherkennung kommt eine Kom- sollen. bination von folgenden Untersuchun- gen infrage: regelmässige Selbstun- Das Ziel dieser Massnahmen ist, tersuchung der Brust, Mammogra- Krebs vorzubeugen oder die Krebs- fie, Magnetresonanztomografie (MRT) erkrankung frühzeitig zu entdecken. und Ultraschall. Wird Krebs in einem frühen Krank- heitsstadium festgestellt, sind die Selbstuntersuchung der Brust Heilungschancen besser. Das ist eine einfache Methode, um Veränderungen der Brust wahrzu- Im Allgemeinen kann einem erhöhten nehmen. Der beste Zeitpunkt für das Krebsrisiko mit folgenden drei Mass- Abtasten liegt zwischen dem 7. und nahmen begegnet werden: Unter- 12. Tag nach Beginn der Periode. suchungen zur Früherkennung, vor- beugende chirurgische Entfernung Wichtig: Die Selbstuntersuchung der des entsprechenden Organs und risi- Brust ist kein Ersatz für die regelmäs- koarmer Lebensstil. sige ärztliche Kontrolle, sondern ist als ergänzende Massnahme zu ver- Im Folgenden werden Massnahmen stehen. bei den häufigsten erblich beding- ten Krebserkrankungen beschrieben. Mammografie, MRT und Ultraschall Welche der genannten Massnahmen Bei allen drei Untersuchungen han- für eine bestimmte Person infrage delt es sich um bildgebende Verfah- kommt, muss im Gespräch mit den ren. Die Mammografie ist eine Rönt- zuständigen Ärzten geklärt werden. genuntersuchung der Brust. Die MRT und Ultraschall erzeugen Bilder ohne Röntgenstrahlen. Sie liefern genaue Bilder von Gewebeveränderungen in der Brust. 32 Erblich bedingter Krebs
Vorbeugende chirurgische Lassen Sie sich bei der Entschei- Entfernung dungsfindung von Fachpersonen be- Eine wirksame Möglichkeit, das Ri- raten und begleiten. Sprechen Sie siko zu minimieren, ist die vorbeu- ebenfalls mit Freunden und Ange- gende beidseitige Entfernung des hörigen und nehmen Sie sich genü- Brustgewebes. Dabei wird in der gend Zeit für diese Entscheidung. Regel das Drüsengewebe der Brust unter Bewahrung der Haut entfernt. Veranlagung für Eierstockkrebs Das entfernte Brustgewebe wird Bis zur chirurgischen Entfernung der durch körpereigenes Gewebe oder Eierstöcke werden jährliche Kont- durch Silikonprothesen ersetzt. Die rollen mit Ultraschall der Eierstöcke Brust kann so direkt oder auch nach- empfohlen. träglich wiederaufgebaut werden. Da es für Eierstockkrebs aber keine Das Risiko, über die Lebenszeit an sichere und verlässliche Früherken- Brustkrebs zu erkranken, beträgt nungsuntersuchung gibt, bietet der bei Frauen mit einer BRCA1- oder Ultraschall keine Alternative zu der BRCA2-Mutation 60 bis 80 Prozent. klar empfohlenen chirurgischen Ent- Mit der vorbeugenden Entfernung fernung der Eierstöcke und Eileiter wird das Risiko fast vollständig redu- ab dem 40. Lebensjahr. ziert. Vorbeugende chirurgische Früherkennungsuntersuchung oder Entfernung vorbeugende Entfernung der Brust? Dabei werden die Eierstöcke und Fachpersonen empfehlen beide Eileiter entfernt. Wurden die Eier- Massnahmen. Ob eine Brustentfer- stöcke entfernt, können die Betroffe- nung für Sie infrage kommt, ist eine nen keine Kinder mehr bekommen. sehr persönliche Entscheidung. Deshalb soll die Operation nach Ab- Wichtig ist, dass Sie gut informiert schluss der Familienplanung durch- sind über Ihr individuelles Risiko geführt werden. und über den Nutzen der Operation. Dieser Nutzen ist abhängig vom ak- tuellen Alter, weiteren Erkrankungen und auch von bereits durchgemach- ten Krebserkrankungen. Erblich bedingter Krebs 33
Um zu verhindern, dass die betrof- nahmen sollten bereits ab dem 40. fenen Frauen direkt nach der Ent- Lebensjahr begonnen werden. Mehr fernung der Eierstöcke in die Wech- dazu lesen Sie in der Früherken- seljahre eintreten, kann bei nicht an nungsbroschüre (siehe S. 42). Brustkrebs erkrankten Frauen bis zum 50. Lebensjahr eine Hormonthe- rapie erfolgen. Die künstliche Gabe von Hormonen ersetzt die Hormone, Mehr zu... die durch die Entfernung der Eierstö- ...vorbeugenden Operationen cke fehlen. bei Brustkrebs und zum Um- gang mit erhöhtem Brust- und Veranlagung für Brustkrebs Eierstockkrebsrisiko erfahren bei Männern Sie in den Krebsliga-Broschüren Auch Männer können eine Veranla- «Wiederaufbau der Brust und gung für Brustkrebs haben. Ist das Brustprothesen» und «Erblich der Fall, ist das Brustkrebserkran- bedingter Brust- und Eierstock- kungsrisiko erhöht. krebs». Jedoch sind regelmässige bildge- bende Brustuntersuchungen nicht notwendig. Betroffene Männer soll- ten selbst festgestellte Veränderun- gen an der Brust allerdings umge- hend abklären lassen. Veranlagung für Prostatakrebs Neben dem erhöhten Risiko für Brust- krebs ist auch das Risiko für Prosta- takrebs erhöht. Bei den betroffenen Männern tritt Prostatakrebs häufig bereits im jüngeren Alter (etwa ab 50 Jahren) und oft auch in aggressiverer Form auf. Betroffene Männer mit einer Gen- mutation sollten mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt über Massnahmen zur Früherkennung sprechen. Die Mass- 34 Erblich bedingter Krebs
Veranlagung für Dickdarm- Veranlagung für schwar- und Enddarmkrebs zen Hautkrebs (Melanom) Beim Lynch-Syndrom sind Darm- Empfohlen wird, drei bis viermal pro und Magenspiegelung sowie Ultra- Jahr die Haut selber auf Veränderun- schall der Gebärmutter mögliche gen zu untersuchen. Zusätzlich soll Massnahmen zur Früherkennung. die Hautärztin oder der Hautarzt ein- mal pro Jahr die Haut untersuchen. Beim FAP-Syndrom werden Darm- und Magenspiegelung sowie Ult- Als vorbeugende Massnahme soll raschall des Bauchraums und der die direkte Sonnenstrahlung vermie- Schilddrüse als Massnahmen zur den werden. Mehr dazu erfahren Sie Früherkennung vorgeschlagen. in den Krebsliga-Broschüren «Mela- nom» und «Sonnenschutz». Vorbeugende chirurgische Entfernung Beim Lynch-Syndrom kann eine Ent- fernung der Gebärmutter und der Eierstöcke als eine vorbeugende Massnahme besprochen werden. Beim FAP-Syndrom wird die Ent- fernung des Dickdarms vor dem 20. Lebensjahr empfohlen. Damit soll die Bildung von Krebs im Dick- darm verhindert werden. Erblich bedingter Krebs 35
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Leben mit einem erhöhten Krebsrisiko Krebserkrankungen können – auch Über die Krebsveranlagung mit einem Gentest – weder sicher sprechen vorhergesagt noch sicher ausge- Das Sprechen über die Krebsveran- schlossen werden. lagung kann eine Herausforderung sein. Jedoch ist es wichtig, dass Sie Eine Krebsveranlagung kann ver- Ihre Verwandten informieren. Denn schiedene Gefühle wie etwa Angst, das Resultat hat nicht nur für Sie eine Schuld, Scham und Wut auslösen. Es Bedeutung, sondern auch für Ihre ist verständlich, dass Sie sich Sorgen Verwandten. Sie können ebenfalls machen. Es erfordert Zeit, mit einem Trägerin oder Träger einer Genmu- vermuteten familiären Krebsrisiko tation sein und somit ein erhöhtes oder mit einer nachgewiesenen ge- Krebsrisiko haben. netischen Mutation umzugehen. Mit Ihrer Information bekommen Ihre Sind die Gefühle belastend, sprechen Verwandten die Möglichkeit, selber Sie mit einer ärztlichen Fachperson über einen Gentest nachzudenken. darüber. Eine Psychoonkologin oder Sie können sich frühzeitig informie- ein Psychoonkologe unterstützt Sie ren und mit vorbeugenden Massnah- bei der Bewältigung und Verarbei- men das Krebsrisiko senken. tung einer Krebsveranlagung. Viel- leicht hilft es Ihnen, sich mit anderen Durch gezielte Untersuchungen zur Betroffenen auszutauschen (siehe Früherkennung können Krebserkran- S. 41). Weitere fachliche Beratungs- kungen wie Brust- oder Darmkrebs und Unterstützungsangebote finden frühzeitig erkannt und behandelt Sie ab Seite 40 ff. werden. Damit lassen sich Lebens- qualität und Lebenserwartung der Eine Krebsveranlagung hat auch Fol- Betroffenen verbessern. gen für die Familienplanung. Einige vorbeugende Massnahmen, die das Wichtig ist, dass Sie gut informiert Krebsrisiko senken, können sich auf sind, damit Sie Ihr eigenes Krebs- die Fruchtbarkeit auswirken. Die Ent- risiko richtig einschätzen können. fernung der Eierstöcke und/oder der Lassen Sie sich fachlich kompetent Gebärmutter machen unfruchtbar. beraten und begleiten, wann immer Besprechen Sie mit der genetischen Unsicherheiten oder Schwierigkei- Beratung Themen rund um die Fa- ten auftreten sollten und lassen Sie milienplanung und Fruchtbarkeit, keine Fragen offen. bevor Sie sich für eine Behandlung entscheiden. Erblich bedingter Krebs 37
Erklärung von Fachausdrücken Anamnese Keimzellen Umfasst Art, Beginn und Verlauf der Das sind Ei- und Samenzellen. aktuellen Beschwerden sowie die frü- here Krankengeschichte. Krebs Der Name ist ein Sammelbegriff für Benigne viele verschiedene bösartige Erkran- Benigne (gutartige) Tumore wachsen kungen. Dabei handelt es sich um innerhalb der natürlichen Gewebe- Zellen, die sich ungehindert vermeh- grenze. Sie bilden keine Metastasen ren, sich im Körper ausbreiten und (Ableger). gesundes Gewebe und Organe zer- stören können. DNS Abkürzung für Desoxyribonuklein- Maligne säure. Träger der Erbinformationen. Bösartige (maligne) Tumore wach- sen unkontrolliert, wachsen in das Gen Nachbargewebe ein und bilden Me- Gene sind einzelne Abschnitte eines tastasen (Ableger). DNS-Strangs. Sie sind Träger von In- formationen für die Herstellung von Mutation bestimmten Eiweissen. Sind Gene Bleibende Umwandlung im Erbgut, mutiert, kann es sein, dass sie ihre die vererbt werden kann. Mutierte Aufgabe nicht mehr erfüllen können. Gene bilden falsches oder kein Ei- weiss mehr. Das mutierte Gen kann Genom seine Aufgabe nicht mehr erfüllen. Alle Gene zusammen werden als Ge- nom bezeichnet. Paneldiagnostik Zeitgleiche Analyse einer grossen Genotyp Anzahl von Genen. Gesamte genetische Informationen einer Zelle. Pathogen Krankmachend Keimbahnmutation Veränderung, die in den Keimzellen (Ei- und Samenzelle) vorkommt. 38 Erblich bedingter Krebs
Risikofaktoren Faktoren, welche die Entstehung einer bestimmten Erkrankung be- günstigen. Bei Krebs sind das unter anderem folgende Faktoren: der na- türliche Alterungsprozess, Rauchen, Alkoholkonsum, einseitige Ernäh- rung, bestimmte Viren, Bewegungs- mangel, UV-Strahlung, genetische Faktoren. Tumordisposition Veranlagung für eine Krebserkran- kung. Tumorsyndrome Das sind erbliche Syndrome, die das Risiko, an bestimmten Krebsarten zu erkranken, erhöhen. Diesen Tumor- syndromen liegen Genmutationen zugrunde. Einige Krebsarten treten dabei im Rahmen des Syndroms sehr häufig auf, bei anderen ist das Erkrankungsrisiko nicht oder nur we- nig erhöht. Veranlagung Angeborene Eigenschaft Zelle Kleinste lebensfähige Einheit des Körpers mit Zellkern. Die Zellen ent- halten das Erbmaterial. Erblich bedingter Krebs 39
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