Hoffnung in überfüllten Gefängnissen - Fokus - bei ACAT-Schweiz

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Hoffnung in überfüllten Gefängnissen - Fokus - bei ACAT-Schweiz
Nr. 10 | Okt. 2016

                                                                          Fokus
                                                                 Kamerun: die Situation
                                                                  in den Gefängnissen
                                                                         Seite 2

          Hoffnung in überfüllten Gefängnissen

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   Fokus                    Kampagnen           Kommunikation                   Vereinsleben
   Überfüllte Gefängnisse   10. Oktober 2016    Rote Karte für die SVP!         Aus dem Vorstand
   Das Beispiel Kondengui   10. Dezember 2016   SOHRAM macht weiter             Neues vom Sekretariat
   Kampf gegen Boko Haram   Rückblick
Hoffnung in überfüllten Gefängnissen - Fokus - bei ACAT-Schweiz
Editorial / Aktuelles

   Editorial
   «Unsere Gefängnisse sind Sterbehäuser» – so Pierre Eoné über die Bedingungen in den Haftanstalten seines Heimatlands Kamerun.
   Die Häftlinge sind nachts in Zellen eingepfercht, wo es nicht für alle einen Schlafplatz hat. Einseitige Essensrationen einmal pro Tag
   führen zu Mangelernährung. Die Überbelegung sowie defekte sanitäre Anlagen und katastrophale hygienische Verhältnisse fördern
   die Übertragung von Krankheiten. Doch ausser Wunddesinfektion und Schmerzmitteln kann die Krankenstation keine Behandlung
   anbieten. Die Verschreibung von Medikamenten ist für die Patienten ein schwacher Trost, wenn weder Geld noch Angehörige vorhan-
   den sind, um die Medizin ausserhalb des Gefängnisses zu besorgen. Zu all dem gesellt sich die Perspektivelosigkeit für die nahezu
   70 Prozent Untersuchungshäftlinge, die aller Unschuldsvermutung zum Trotz zum Teil zwei Jahre oder länger auf ihren Prozess warten.

   Zum Glück gibt es in dieser Situation Ordensgemeinschaften und Nichtregierungsorganisationen wie EMINED, welche die grösste Not
   der Gefangenen lindern. Dass sie mit Spendengeldern Aufgaben übernehmen müssen, die eigentlich dem Staat obliegen würden,
   mag stossend sein. Doch was am Ende zählt ist, dass die Menschlichkeit auch in die Gefängnisse Eingang findet. Die Gefangenen,
   allen voran die verletzlichsten Gruppen wie Minderjährige erfahren, dass sie trotz der Inhaftierung als Menschen mit ihren Nöten
   und Bedürfnissen wahrgenommen werden und dass jemand an eine bessere Zukunft für sie glaubt. Das stimmt hoffnungsvoll und
   bestärkt uns darin, EMINED auch weiterhin zu unterstützen. Danke, dass Sie dieses Engagement mittragen! BR

Aktuelles
Förderverein «Freunde von EMINED»

Am 21. September 2016 wurde in Peseux                 tenden, finanzielle Unterstützung für die    Weitere Informationen zum Verein sowie
bei Neuenburg der Förderverein «Freunde               verschiedenen Tätigkeitsbereiche und die     ein Beitrittsformular finden Sie auf www.
von EMINED» gegründet. Dieser hat zum                 Betriebskosten, Information in der Schweiz   acat.ch unter dem Suchbegriff EMINED. BR
Zweck, das Fortbestehen von EMINED                    über die Arbeit von EMINED und schliess-
langfristig zu sichern. Konkret verfolgt der          lich Kontaktpflege mit anderen Organisa-
Verein die folgenden Ziele: Ideelle und prak-         tionen, Sponsoren oder Förderern, die die
tische Unterstützung der EMINED-Mitarbei-             Aufgaben von EMINED mittragen.

Impressum
Herausgeberin: ACAT-Schweiz, Aktion der Christen für die Abschaffung der Folter
Speichergasse 29, Postfach, 3001 Bern
Tel. 031 312 20 44. info@acat.ch, www.acat.ch
Postkonto 12-39693-7
Redaktionsteam: Hortense Gianini (HG) (Verantwortliche, h.gianini@acat.ch),
Bettina Ryser Ndeye (BR), Sophie Kreutzberg (SK), Florence Ngo Hongla, Lionel Grassy
Übersetzung: Bettina Ryser Ndeye (BR)
Titelbild: Ein Gefängnis in Malawi (Symbolbild) © Venturesafrica.com
Gestaltung Layout-Raster: www.neuweiss.ch, Bea Würgler, Bern
Druck: Brunner AG, Druck und Medien, Kriens
Nächste Ausgabe: Dezember 2016
Auflage: 540 auf Deutsch, 580 auf Französisch
Hoffnung in überfüllten Gefängnissen - Fokus - bei ACAT-Schweiz
Kamerun: die Situation in den Gefängnissen                                 Fokus

Überfüllte Gefängnisse: ein weit verbreitetes Übel in Kamerun

Laut den Statistiken der nationalen
Kommission für Menschenrechte und
Freiheiten in Kamerun (CNDHL) sassen zu
Beginn dieses Jahres 26‘702 Häftlinge in
den Gefängnissen des Landes ein, welche
theoretisch höchstens 17‘000 Häftlinge
aufnehmen könnten. Verzögerungen in den
Gerichtsverfahren erklären diese Über-
belegung, aber auch willkürliche Verhaf-
tungen sowie Misshandlungen, mit denen
von Verdächtigen Geständnisse erpresst
werden. In einem Bericht der Kommission
zum Zustand der Gefängnisse ist die Rede
von «beschränktem oder fehlendem Zugang
zu angemessener Gesundheitsversorgung,
schlechten hygienischen Bedingungen und
unangemessener Ernährung». Die Häftlin-
ge erhalten eine einzige Mahlzeit pro Tag
im Wert von weniger als 150 CFA-Franken
(25 Rappen).

Die Offensive gegen Boko Haram und Mas-
                                             Gefängnis Kondengui in Yaoundé © Cameroun-Info.Net
senverhaftungen unter der Bevölkerung
haben insbesondere in der Region Hoher
Norden die Überbelegung der Gefängnis-       sagt. Manche Häftlinge sind auch in andere           Quellen:
se verschärft. Mindestens 1300 Personen      Gefängnisse des Landes verlegt worden.               Geôles d‘Afrique, droits humains en milieu carcé-
wurden «willkürlich verhaftet, und viele                                                          ral au Cameroun. (Sammlung von Artikeln über die
von ihnen werden unter erbärmlichen Be-      Um das Übel der überfüllten Haftanstal-              Gefängnisse, Presseagentur Jade, Kamerun), 2012
dingungen festgehalten, was (seit 2014)      ten zu bekämpfen, arbeitet die Regierung             Internet:
Dutzende von Todesfällen zur Folge hat-      Kameruns auf den Bau neuer Gefängnisse               •     http://www.irinnews.org/fr/report/102340/
te», sagte Alioune Tine, Regionaldirektor    im Land hin. Zudem hat das Parlament im                    d%C3%A9t%C3%A9rioration-des-conditions-
                                                                                                        dans-les-prisons-camerounaises
von Amnesty International für West- und      Juli 2016 ein neues Strafgesetz genehmigt.           •     http://www.cndhl.cm/index.php/accueil
Zentralafrika, gegenüber dem Mediennetz-     Dieses beinhaltet Alternativen zur Haftstra-         •     h t t p : // w w w. l e m o n d e . f r/a f r i q u e /a r t i c -
werk IRIN. Mindestens 700 mutmassliche       fe, um die Gefängnisse zu entlasten. Das                   le/2016/06/29/le-projet- de- code-penal-
                                                                                                        met- en - peril - la - cohesion - sociale - au - ca -
Boko Haram-Terroristen sind gegenwärtig      neue Strafgesetz ist aber keineswegs un-                   meroun_4960764_3212.html
im Zentralgefängnis von Maroua inhaftiert,   umstritten, denn es behält insbesondere              •     ht tp://w w w.r fi.fr/afrique/20160704 - ca-
wo sich die ohnehin schon mangelhaften       die Todesstrafe bei und stellt Pressedelikte               meroun-le-nouveau-code-penal-adopte-le-
                                                                                                        parlement
Bedingungen «durch diese Massenverhaf-       und Ehebruch weiterhin unter Strafe. HG              •     h t t p s : // w w w . p r c . c m / f r/ m u l t i m e d i a /
tungen von mutmasslichen Boko Haram-                                                                    documents/4722-loi-2016-007-du-12-juillet-
Anhängern verschlimmert haben», wie der                                                                 2016-portant-code-penal-fr
Generalstaatsanwalt des Berufungsge-
richts des Hohen Nordens, Joseph Belporo,

                                                                                                                                                                             3
                                                                                                                                            Nr. 10 | Oktober 2016
Hoffnung in überfüllten Gefängnissen - Fokus - bei ACAT-Schweiz
Fokus          Kamerun: die Situation in den Gefängnissen

    Haftbedingungen der Minderjährigen in Kamerun
    am Beispiel des Zentralgefängnisses von Yaoundé-Kondengui

    Am 17. August 2016 sassen im Zent-                  zusammengepfercht; manche schlafen auf            jugendlichen Häftlinge, denn sie alle erhal-
    ralgefängnis     von      Yaoundé-Kondengui         dem blossen Boden.                                ten eine einzige Mahlzeit am Mittag. Diese
    4115 Häftlinge ein, darunter 215 Minder-                                                              besteht aus einer kleinen Portion Bohnen
    jährige zwischen 14 und 18 Jahren. Sie alle         Es liegt auf der Hand, dass es in diesem Ge-      mit Mais oder Reis im Wert von 100 CFA-
    sind in einer ursprünglich für 800 Personen         fängnis gravierende Probleme in Bezug auf         Franken, was 16 Rappen entspricht.
    konzipierten Anstalt untergebracht. Von den         Hygiene, Sauberkeit und Gesundheit gibt.
    215 jugendlichen Häftlingen sind nur 60             Mangels medizinischer Versorgung der In-          Die jungen Gefangenen sind mehrheitlich
    rechtskräftig verurteilt, während 155 sich in       haftierten kommt es oft zu Todesfällen. Die       Analphabeten; es gibt 17-Jährige, die weder
    Untersuchungshaft befinden – ein Ausdruck           Duschen sind defekt, die Toiletten verstopft,     lesen noch schreiben können, nicht einmal
    der schleppenden Gerichtsverfahren, mit             die Klärgruben übervoll; Parasiten wie Scha-      ihren eigenen Namen. Der Staat hat in den
    denen sich die kamerunische Justiz abzufin-         ben, Mücken und Ratten vermehren sich un-         Gefängnissen, so auch in Kondengui, keine
    den scheint.                                        kontrolliert. Dass Krankheiten wie Malaria,       Schulen vorgesehen. Zum Glück hat das
                                                        Tuberkulose und Hautkrankheiten (Krätze,          Foyer de l’Espérance (Heim der Hoffnung,
    Das Kondengui-Gefängnis zeichnet sich               Flechten etc.) in diesem Umfeld gedeihen,         eine religiöse Vereinigung) ein sozialpädago-
    also durch eine unbeschreibliche Überbele-          ist eine traurige Realität. Es gibt einen Arzt    gisches Zentrum geschaffen; dieses funktio-
    gung aus; man wähnt sich auf einem afrika-          auf über 4000 Gefangene, und die Kranken-         niert dank der Unterstützung von NGOs und
    nischen Markt. Nicht von ungefähr werden            station ist ein elender Ort, wo der Tod lauert,   Vereinen, darunter EMINED. Doch die Be-
    unsere Gefängnisse als Sterbehäuser be-             während es in der Apotheke an Medikamen-          dürfnisse für seinen Betrieb bleiben riesig.
    zeichnet. Diese Überbelegung hat ein Zu-            ten mangelt.
    sammenleben auf engstem Raum ohneglei-                                                                Die minderjährigen Häftlinge stammen
    chen zur Folge: An die zwanzig junge Leute          Überdies gehört die Mangelernährung               mehrheitlich aus dem Norden Kameruns
    sind in einem kleinen Raum von knapp 4m2            zum Alltag der erwachsenen wie auch der           (über 1000 km von Yaoundé) und aus dem
                                                                                                          Westen (300 km von Yaoundé). Manche ver-
                                                                                                          lassen ihre Heimatdörfer wegen der extre-
                                                                                                          men Armut ihrer Eltern, andere nach deren
                                                                                                          Tod. Sie wandern nach Yaoundé ab auf der
                                                                                                          Suche nach Arbeit. Wenn sie ankommen,
                                                                                                          sind sie leider mit Problemen wie fehlender
                                                                                                          Unterkunft, Unterernährung und Krankhei-
                                                                                                          ten konfrontiert. Sie landen auf der Strasse,
                                                                                                          manchmal für lange Zeit. Angesichts dieser
                                                                                                          Probleme begehen sie Straftaten, manch-
                                                                                                          mal auch Verbrechen, welche sie ins Ge-
                                                                                                          fängnis bringen.

                                                                                                          Als Assistentin des Leiters der NGO EMINED
                                                                                                          (Encadrement des Mineurs en détention) bin
                                                                                                          ich seit über zehn Jahren für das Sekretariat
                                                                                                          verantwortlich und organisiere die erziehe-
                                                                                                          rischen Gespräche mit den minderjährigen
                                                                                                          Häftlingen. Ich besuche das Zentralgefäng-
                                                                                                          nis von Yaoundé-Kondengui im Schnitt zwei
                                                                                                          Mal pro Woche und habe ein offenes Ohr für
                                                                                                          diese jungen Leute, die vor allem Aufmerk-
                                                                                                          samkeit für ihre Sorgen brauchen. Die meis-
                                                                                                          ten von ihnen sind wegen Bagatelldelikten
                                                                                                          wie einfachen Diebstahls, Vagabundierens
                                                                                                          oder fehlender Identitätskarte inhaftiert. Es
                                                                                                          gibt aber auch solche, die in Gesellschaft
                                                                                                          mit Erwachsenen in Verbrechen gegen Leib
                                                                                                          und Leben verwickelt sind.
    Das Gefängnis Yaoundé-Kondengui anlässlich eines offiziellen Besuchs © EMINED, Pierre Eoné

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      Nr. 10 | Oktober 2016
Hoffnung in überfüllten Gefängnissen - Fokus - bei ACAT-Schweiz
Kamerun: die Situation in den Gefängnissen            Focus

Bei meinem Besuch im Gefängnis am
17. August 2016 habe ich den 17-jähri-
gen Jean aus Maroua im Hohen Norden
Kameruns angetroffen. Seine beiden Eltern
sind verstorben, er lebte auf der Gasse. Er
war dermassen hungrig, dass er, nach sei-
nen Aussagen, eines Nachts beschloss, ei-
ner zufällig vorbeigehenden Frau die Hand-
tasche zu entreissen. Andere Passanten
erwischten ihn kurz darauf. So kam Jean
auf den Polizeiposten und danach in Un-
tersuchungshaft im Kondengui-Gefängnis.
Dieser Junge hat keine Angehörigen in Ya-
oundé, bekommt somit keinen Familienbe-
such und hat keinen Anwalt. Ohne die Hilfe
von NGOs und Vereinigungen in unseren
Gefängnissen können Jugendliche wie Jean
von der normalen in die missbräuchliche
Untersuchungshaft gleiten, denn ein Dossi-
er kann im Justizwesen während mehrerer
Monate oder gar mehrerer Jahre liegen blei-
ben.

EMINED ist eine NGO, die seit über zehn
Jahren im Gefängniswesen tätig ist. Sie ver-
folgt das Hauptziel, die Minderjährigen in
der Haft und nach der Entlassung zu beglei-
ten. Sie unterstützt sie in folgenden Berei-
chen: Gesundheit (Erste-Hilfe-Medikamente
und Material für kleine Eingriffe); Hygiene
und Sauberkeit (Desinfektion, Rattenbe-
kämpfung, Javelwasser, Besen, Seifen für       Florence Ngo Hongla (sitzend, Mitte) in einem erzieherischen Gespräch. Diese Gespräche bieten den jungen
Körperpflege und Wäsche, Insektizide etc.);    Häftlingen eine psychologische Stütze und ein offenes Ohr © EMINED
Pädagogik (Schulmaterial, Lehrmaterialien,
Schulbänke etc.); Ernährung (ausgewogene       Häftlinge hat EMINED die grosse Herausfor-            haben und sie beim Gefängnisaustritt mit
Mahlzeiten anlässlich von nationalen und       derung angenommen, über 350 von ihnen                 einer Berufsbildung, einer Arbeitsstelle oder
religiösen Festen); Rechtshilfe (bisher für    aus dieser Hölle des Zentralgefängnisses              einem Startbeitrag für eine Handelstätig-
über 400 Minderjährige, Eröffnung von ge-      von Yaoundé herauszuholen. Die NGO konn-              keit wiedereinzugliedern. Damit kann man
richtlichen Verfahren, Übernahme von An-       te auch einige wieder in die Gesellschaft             vermeiden, dass sie rückfällig werden. Die
waltshonoraren, Bezahlung von Bussen der       eingliedern, sei es durch eine Berufsbil-             andere grosse Herausforderung lautet: Wie
Verurteilten); Vorbereitung auf die Wieder-    dung, sei es durch die Vermittlung von Stel-          kann das Werk von EMINED langfristig gesi-
eingliederung durch handwerklichen Unter-      len in Gewerbebetrieben wie Bäckereien.               chert werden? Nur Menschen guten Willens
richt im Gefängnis, zum Beispiel Weben von     Doch die Quote der juristischen Begleitung            können uns mit ihrer Grosszügigkeit helfen,
Taschen und Armbändern, Schuhmacherei,         und Wiedereingliederung bleibt angesichts             eine treffende Antwort zu finden.
Schneiderei, Elektronik und Informatik (Zur-   der beschränkten finanziellen Mittel unse-
Verfügung-Stellen von Ausbildungsmateria-      rer Organisation bescheiden.                          Die Organisation EMINED zählt auf all ihre
lien); gesellschaftliche Wiedereingliederung                                                         Freunde, um zu überleben und ihren jungen
durch Berufsbildung (Übernahme der Aus-        Heute steht EMINED vor einer doppelten                Schützlingen das Überleben zu ermögli-
bildungskosten von über 80 Jugendlichen        Herausforderung: Einerseits geht es da-               chen.
als Automechaniker, Schreiner und Maurer).     rum, so viele junge Leute wie möglich aus
                                               diesem Milieu herauszuholen, wo sie nie               Florence NGO HONGLA
In den zehn Jahren im Dienst dieser jungen     hätten landen dürfen, egal was sie getan              Assistentin des Leiters von EMINED

                                                                                                                                                          5
                                                                                                                                  Nr. 10 | Oktober 2016
Hoffnung in überfüllten Gefängnissen - Fokus - bei ACAT-Schweiz
Fokus          Kamerun: die Situation in den Gefängnissen

    Im Kampf gegen Boko Haram steht eine ganze Region unter Generalverdacht
    Der Hohe Norden Kameruns ist nicht nur eine der ärmsten Regionen des Landes, er ist seit einigen Jahren auch Ziel von Anschlägen
    und Übergriffen der islamistischen Gruppierung Boko Haram. Im Kampf gegen diese Organisation scheint der kamerunischen Regie-
    rung jedes Mittel recht zu sein, und sie macht sich massiver Menschenrechtsverletzungen gegenüber Zivilisten schuldig.

    Kamerunische Soldaten patrouillieren am 17. Februar 2015 nahe Fotokol, an der nigerianischen Grenze. © afp.com/Reinnier Kaze

    «Die Realität ist einfach. Auf der einen Sei-        Der Hohe Norden, mit der Hauptstadt                  Strategische Bedeutung Kameruns für
    te stehen unsere Truppen, Verteidiger einer          Maroua, grenzt im Norden, Osten und Süd-             Boko Haram
    modernen und toleranten Gesellschaft, die            osten an den Tschad und im Westen an                 Zwischen 2011 bis 2014 war Kamerun
    die Ausübung der Menschenrechte, auch                Nigeria. Hohe Armut und immer wieder auf-            für Boko Haram vor allem als Rückzugs-
    der religiösen, und eine repräsentative              tretende Naturkatastrophen prägen den                gebiet und für finanzielle Belange interes-
    Demokratie garantiert. Auf der anderen               Hohen Norden. Viele Junge sehen keine                sant. Entführungen und entsprechende
    Seite stehen Bewegungen wie Boko Ha-                 Möglichkeiten in der Region und versuchen            Lösegeldforderungen erregten Aufsehen,
    ram, die einer fortschrittsfeindlichen und           im Süden des Landes Arbeit und Auskom-               und die nomadisch lebenden Hirten in der
    tyrannischen Gesellschaft anhängen, in               men zu finden. Oft landen sie aber auf den           Region kamen durch den Raub von Vieh zu
    der die menschliche Würde keinen Platz               Strassen der Hauptstadt Yaoundé.                     Schaden. Die durchlässige und schwer zu
    hat1», so die Worte des kamerunischen                                                                     kontrollierende Grenze zwischen Kamerun
    Präsidenten Paul Biya anlässlich der Eröff-          Die Regierung in Yaoundé steht der mehr-             und Nigeria begünstigte solche Überfälle.
    nungszeremonie der Konferenz des Rates               heitlich muslimischen Bevölkerung im
    für Frieden und Sicherheit in Zentralafrika          Hohen Norden misstrauisch gegenüber.                 Das Vorgehen von Boko Haram in Kame-
    (Council for Peace and Security/COPAX) im            Diese steht im Verdacht, Sympathien für              run änderte sich im Jahr 2015 massgeb-
    Februar 2015. Doch so einfach ist die Situ-          die ursprünglich in Nigeria ansässige Grup-          lich. Aggressivere Massnahmen, wie eine
    ation bei Weitem nicht, vor allem nicht für          pierung Boko Haram zu hegen. Demgegen-               gemeinsame Militärkoalition Nigerias und
    die lokale Bevölkerung.                              über wird die kamerunische Armee, die zur            seiner Nachbarstaaten, an der sich Kame-
                                                         Bekämpfung von Boko Haram in der Region              run mit fast 2500 Soldaten beteiligt, zwan-
    1
      http://cameroonblog.info/2015/02/16/sommet-
    extraordinaire-de-la-copax-a-yaounde-comment-        vermehrt präsent ist, von der Bevölkerung            gen Boko Haram in die Defensive.
    eradiquer-boko-haram/                                zunehmend als Bedrohung empfunden.

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      Nr. 10 | Oktober 2016
Hoffnung in überfüllten Gefängnissen - Fokus - bei ACAT-Schweiz
Kamerun: die Situation in den Gefängnissen         Fokus

                                                                                                       Richtlinien zum Schutz
Als Reaktion verübten die Extremisten          von Folter zwischen November 2014 und                   von Häftlingen
vermehrt Selbstmordanschläge, auch in          Oktober 2015 dokumentiert, des Weiteren
Kamerun. Mitte Juli 2015 war sogar die         Verschwindenlassen von Menschen, unnö-                  Bereits im Jahr 1955 hat der Erste Kon-
immerhin 100 Kilometer von der nigeriani-      tige und sehr lange Haftstrafen ohne Ver-               gress der Vereinten Nationen für Ver-
schen Grenze entfernte Stadt Maroua von        fahren oder Anklage.                                    brechensverhütung und die Behandlung
einem Anschlag betroffen. Hunderte Zivilis-                                                            Straffälliger in Genf die Mindestgrundsätze
ten wurden 2015 laut offiziellen Angaben       Die meisten Folterfälle stellte Amnesty auf             für die Behandlung der Gefangenen verab-
Opfer von Anschlägen im Hohen Norden.          militärischen Stützpunkten der BIR fest,                schiedet. Diese beinhalten Vorgaben zur
                                               wo Menschen in Incommunicado-Haft, das                  Unterbringung, Verpflegung, Gesundheits-
Gegenmassnahmen seit April 2014                heisst ohne Zugang zu einem Anwalt oder                 fürsorge und Betreuung der Häftlinge und
Die kamerunische Regierung hatte zugesi-       zu Familienangehörigen gehalten wurden,                 sind auf den Schutz von deren Menschen-
chert, in ihrem Kampf gegen Boko Haram         bevor sie in die regulären Gefängnisse                  würde ausgerichtet. Auch der Aspekt der
die Menschenrechte zu respektieren. Sie        überführt wurden.                                       Wiedereingliederung der Gefangenen in die
legitimiert ihr Vorgehen unter anderem mit                                                             Gesellschaft nach Verbüssung der Strafe
einem Anti-Terrorgesetz von 2014. Die-         Es erstaunt insofern nicht, dass die Men-               ist darin geregelt.
ses sieht für terroristische Verbrechen die    schen im Hohen Norden den Sicherheits-
Todesstrafe vor. Für Anklagen wegen Ter-       kräften nicht trauen. Kameruns Regierung                Bedeutende Entwicklungen im Menschen-
rorismus ist ein spezielles Militärgericht     hingegen fürchtet die ideologische Infiltra-            rechtsschutz und in der Strafjustiz machten
zuständig. 2015 wurden 89 Personen we-         tion durch Boko Haram. Tatsächlich ist es               ab 2010 eine Überarbeitung in acht Berei-
gen angeblicher Mitgliedschaft bei Boko        schwierig einzuschätzen, wer Teil von Boko              chen nötig. So wurde unter dem Gesichts-
Haram hingerichtet. Das Gesetz hat der ka-     Haram ist und inwieweit die Gruppierung                 punkt der Achtung der Menschenwürde
merunischen Regierung Lob von Seiten des       Mitglieder und Sympathisanten in Kame-                  von Gefangenen das Verbot von Folter und
Exekutivdirektoriums des UN-Ausschusses        run hat. Immer wieder wird taucht der Be-               anderer grausamer, unmenschlicher oder
zur Bekämpfung des Terrorismus (CTED)          griff «Gespenst» oder «Phantom» auf, um                 erniedrigender Behandlung oder Strafe in-
unter Leitung von Jean-Paul Laborde ein-       Boko Haram zu beschreiben.                              tegriert. Auch die Pflicht des Staates, für
gebracht. Die Opposition und unabhängige                                                               eine gleichwertige Gesundheitsversorgung
Medien hingegen haben es wegen der brei-       Die einfache Realität                                   im Gefängnis wie ausserhalb zu sorgen, ist
ten Auslegungsmöglichkeit scharf kritisiert.   Die Situation für die Bevölkerung hat sich              neu in den Richtlinien verankert.
Als ausreichender Beweis für eine Verurtei-    noch in einem weiteren Aspekt verschärft:
lung reicht schon eine einzelne, ungeprüfte    So wurden die meisten Grenzübergänge zu                 Am 17. Dezember 2015 verabschiedete
Denunziation. Bei Verdacht auf Terrorismus     Nigeria geschlossen, um Attentätern den                 die UNO-Generalversammlung die revidier-
einer Einzelperson werden oft ganze Dör-       Zugang nach Kamerun zu erschweren. Da-                  ten Richtlinien unter dem Namen «Nelson
fer in Sippenhaft genommen, was mass-          mit ist der früher florierende Handel über              Mandela –Regeln». Die Organisation Penal
geblich dazu beigetragen hat, dass die         die Grenze weitgehend zum Erliegen ge-                  Reform International bezeichnet die Min-
Gefängnispopulation sprunghaft ange-           kommen. Aus den Nachbarländern fliehen                  destgrundsätze als zentralen Rahmen für
stiegen ist und die sowieso schon über-        tausende Menschen vor der Gewalt und                    die Beurteilung der Behandlung von Gefan-
füllten Gefängnisse noch voller werden.        der Unsicherheit, auch dies ist nicht ein-              genen durch Aufsichts- und Inspektions-
Besonders die Situation im Gefängnis vom       fach zu verkraften für die Region.                      mechanismen.
Maroua ist prekär, wo gemäss Amnesty
International bis zu acht Personen monat-      Die einfache Realität, die Präsident Paul               Auch die Afrikanische Kommission für Men-
lich aufgrund der Überbelegung der Zellen      Biya behauptet, gibt es für die Menschen                schenrechte und die Rechte der Völker hat
sterben.                                       im Hohen Norden nicht. SK                               zahlreiche Empfehlungen und Richtlinien
                                                                                                       verabschiedet, zum Beispiel zu Haftbe-
Als weitere Antwort auf die Bedrohung                                                                  dingungen, Rechtshilfe im Strafrecht, Ge-
                                               Quellen:
durch die islamistische Gruppierung wur-                                                               sundheit von Häftlingen und – unter dem
de eine 5000 Mann starke Spezialeinheit        •    Amnesty International Report (2016) «Right         Namen «Richtlinien von Robben Island»
geschaffen: die CSchnellen Eingreifbatail-          cause, wrong means: Human rights violated          - Massnahmen zur Folterprävention. All
                                                    and justice denied in Cameroon’s fight against
lons» (Bataillon d’Intervention Rapide/BIR).        Boko Haram»                                        diese Texte, wie auch die Nelson-Mandela-
Sie gelten als effizienter und schlagkräfti-   •    Armed Conflict Location & Event Data Project’s     Regeln der Vereinten Nationen, sind zwar
ger als die normale kamerunische Armee.             (ACLED) (2015): «Conflict trends (no. 34), real-   für die Staaten nicht verbindlich, als Ziel-
                                                    time analysis of African political violence»
Jedoch stehen sie unter massiver Kritik:       •    Denis M. Tull, Stiftung Wissenschaft und Poli-     vorgabe kommt ihnen aber trotzdem eine
Im Kampf gegen vermeintliche Terroristen            tik (2015): «Kamerun und Boko Haram. Warum         grosse Bedeutung zu. BR
machen sich vor allem diese BIR-Einheiten           es jetzt gilt, über Terrorismus und Sicherheit
                                                    hinauszudenken», online unter: https://www.        APT, die Vereinigung zur Verhütung von Folter, hat
zahlreicher Menschenrechtsverletzungen              swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/        eine ausführliche Datenbank zu Aspekten der Haft
schuldig. Amnesty International hat 29 Fälle        aktuell/2015A76_tll.pdf                            erarbeitet, wo Informationen nach einzelnen Prob-
                                                                                                       lembereichen, verbunden mit speziellen Gruppen
                                                                                                       von Häftlingen, abrufbar sind: http://www.apt.ch/
                                                                                                       detention-focus/.

                                                                                                                                                            7
                                                                                                                                    Nr. 10 | Oktober 2016
Hoffnung in überfüllten Gefängnissen - Fokus - bei ACAT-Schweiz
Kampagnen

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    Welttag gegen die Todesstrafe - 10. Oktober 2016

    Am 10. Oktober ist der 14. Welttag gegen      Die Weltweite Koalition gegen die Todes-
    die Todesstrafe. Viele Länder haben den       strafe (WCDAP) und ACAT-Schweiz setzen
    Schritt zur Abschaffung der Todesstrafe       deshalb den Fokus der Kampagne dieses
    bereits vollzogen. Zuletzt Guinea, das am     Jahr auf die Thematik der Todesstrafe für
    4. Juli, nach einem 14-jährigen Morato-       Terrorismus. Es ist ein schwieriges und
    rium von Hinrichtungen, die Todesstrafe       emotionales Thema, doch gerade unter
    endgültig aus seinem Strafgesetzbuch          einer solchen, vermeintlich neuen Bedro-
    verbannt hat. Die Höchststrafe wurde in       hung ist es gefährlich, die hart erkämpften
    30 Jahre Gefängnis umgewandelt.               Errungenschaften wie Menschenrechte
                                                  ausser Kraft setzen zu wollen. Viel zu oft
    Leider gibt es auch Entwicklungen in die      wird auch in Diskussionen hierzulande
    andere Richtung. Staaten wie Pakistan         die Todesstrafe für Terrorismus als an-
    oder Jordanien haben, ebenfalls nach          gebracht erachtet. Gegen diese oftmals
    langjähriger Aussetzung der Todesstrafe,      populistischen und aufgeregten Diskurse
    wieder Hinrichtungen durchgeführt. Ein        gilt es, entschlossen Position zu beziehen.
    Argument dafür ist die Bedrohung durch        Daher fordern wir Sie als ACAT-Mitglieder
    «Terrorismus». Was genau unter «Terroris-     auf, die öffentliche Meinung mitzugestal-
    mus» verstanden wird, ist jedoch sehr will-   ten. Verfassen Sie Leserbriefe, beziehen
    kürlich, und die abschreckende Wirkung        Sie Stellung in den Sozialen Medien, damit
    dieser Strafe ist zur Genüge widerlegt        klar und deutlich wird: die Todesstrafe ist
    worden.                                       inakzeptabel, unter allen Umständen. SK

    Kampagne zum Menschenrechtstag - 10. Dezember 2016

    «Zwischen Machen und Lassen – zur Unver-      für die Verbesserung der Situation von kran-   meiner Schwachheit rühmen, damit die
    fügbarkeit der menschlichen Würde», unter     ken Gefangenen in der Schweiz engagieren.      Kraft Christi auf mich herabkommt» (2. Ko-
    diesem Thema wird der Menschenrechts-                                                        rinther 12,9). SK
    tag am 10. Dezember stattfinden. Gemein-      «Er aber antwortete mir: Meine Gnade ge-
    sam mit den drei Landeskirchen wird sich      nügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der
    ACAT-Schweiz dieses Jahr mit einer Petition   Schwachheit. Viel lieber also will ich mich

    Neuigkeiten
    ... zur Nächtlichen Gebetswache 2016

    «Welche Verantwortung tragen wir als          folgreiche Schweiz von heute mit einer         Es gab sehr erfreuliche Entwicklungen für
    Christen und Christinnen, als Menschen-       menschlichen und solidarischen Stimme          zwei der zehn Folteropfer, deren Schick-
    rechtsaktivistinnen und -aktivisten für die   in der Welt von morgen besteht. Wir alle       sale vorgestellt wurden: Biram Dah Abeid,
    Fremden, die in unser Land gelangen, um       sind diese Stimme. Bekennen wir Farbe          Präsident der Vereinigung zur Abschaffung
    hier zu leben?» fragten wir in der Medita-    für eine menschliche Schweiz. Jetzt». Viele    der Sklaverei in Mauretanien (IRA) wurde
    tion anlässlich der Nächtlichen Gebets-       Mitglieder sind unserem Aufruf gefolgt und     im Laufe seines Revisionsverfahren am
    wache. Es ist keine rhetorische Frage. Sie    haben verschiedene Aktionen in der Nacht       17. Mai 2016 freigelassen. Nach wie vor
    stellt sich unmittelbar und sie wird uns      des 26. Juni durchgeführt. Sie reichten        ist Sklaverei in Mauretanien ein gravieren-
    noch lange Zeit beschäftigen.                 vom privaten, stillen Gebet bis zu aufwän-     des Problem.
                                                  dig organisierten Andachten in Kirchen.
    Integriert in die Kampagne war deshalb        In der Schweiz fanden 18 solche Anlässe        Seine Freiheit wiedererlangt hat auch José
    auch die Aktion des HEKS «Farbe beken-        statt, weltweit waren es mehr als 250 ver-     Marcos Mavungo. Der Oberste Gerichtshof
    nen für eine menschliche Schweiz»: «Wir       schiedene Aktionen.                            in Angola hat den Menschenrechtsaktivis-
    setzen uns dafür ein, dass unsere er-                                                        ten mangels Beweisen freigesprochen. SK

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      Nr. 10 | Oktober 2016
Kampagnen

... zum Karfreitag 2016

Die diesjährige Karfreitagskampagne unter-       über 1500 Fälle von ungerechtfertigter Haft          Folter, dann wurde der Vorentwurf des Leit-
stützte das FIACAT-Projekt «missbräuchliche      in den für die Aktion ausgewählten Gefäng-           fadens in Gruppen überarbeitet. Die Teilneh-
Untersuchungshaft» und zielte darauf ab,         nissen feststellen – mehr als 1200 seit              merInnen genehmigten anschliessend den
dieses Phänomen in der Demokratischen            März 2016 in der DR Kongo. Die Dossiers              Entwurf des Handbuchs und konnten den In-
Republik Kongo (DR Kongo) einzudämmen.           sind gegenwärtig in Bearbeitung, und über            halt verinnerlichen. Das Handbuch wurde in
Lionel Grassy, einer der Projektkoordinato-      160 Häftlinge sind bereits in den Genuss ei-         750 Exemplaren gedruckt und von den acht
ren, erläutert die Ergebnisse vor Ort in der     ner vorläufigen oder endgültigen Freilassung         Sektionen von ACAT-DR Kongo in den ver-
DR Kongo.                                        gekommen.                                            schiedenen Provinzen des Landes verteilt.

Das Projekt «missbräuchliche Untersu-            Der Fortschritt des Projekts in der                  FIACAT und ACAT-DR Kongo haben sich da-
chungshaft» der FIACAT                           DR Kongo                                             raufhin mit nationalen Behörden wie auch
Seit September 2014 setzt die FIACAT in          Das Haft- und Rehabilitationszentrum CPRK            mit internationalen Institutionen und dip-
drei Ländern Afrikas (Benin, Elfenbeinküste      von Kinshasa in der DR Kongo, bekannt                lomatischen Vertretungen in der DR Kongo
und DR Kongo) ein Projekt zur Bekämpfung         unter dem Namen Makala, weist mit 7000               getroffen, um sicherzustellen, dass die
der missbräuchlichen Untersuchungshaft           Häftlingen auf 1500 Plätze eine Überbe-              Schlussfolgerungen der Workshops umge-
um. Es hat zum Ziel, Misshandlung an Orten       legung von 450 Prozent auf. In diesem Ge-            setzt werden. Dabei wurde an die Verpflich-
des Freiheitsentzugs vorzubeugen. Das Pro-       fängnis liegt der Anteil von Untersuchungs-          tungen der DR Kongo aus ihren internationa-
gramm wird insbesondere vom Sonderfonds          häftlingen bei nahezu 75 Prozent. Die FIACAT         len Abkommen erinnert.
OPCAT der Vereinten Nationen unterstützt,        hat sich zusammen mit der örtlichen ACAT-
der aus dem Fakultativprotokoll zum Über-        DR Kongo dieser Problematik angenommen               Die Mitglieder von ACAT-DR Kongo haben in-
einkommen gegen Folter hervorgegangen            und hat dort das Projekt zur Bekämpfung              zwischen die Besuche im Gefängnis Makala
ist, sowie vom Auswärtigen Amt der Bundes-       der missbräuchlichen Untersuchungshaft               aufgenommen, um Fälle von missbräuch-
republik Deutschland, von der MONUSCO            umgesetzt.                                           licher Untersuchungshaft zu identifizieren.
(Mission der Vereinten Nationen für die Sta-                                                          Schon bei ihrem ersten Besuch in Makala
bilisierung in der Demokratischen Republik       FIACAT und ACAT-DR Kongo haben in                    haben sie zusammen mit drei fachkundigen
Kongo), der Tavola Valdese und von Mitglie-      Kinshasa einen zweitägigen Workshop                  Anwälten 393 Fälle von missbräuchlicher
dern des ACAT-Netzes.                            zum Thema «Fortbildung für Justizpersonal            Untersuchungshaft festgestellt und haben
                                                 und Zivilgesellschaft in Sachen Einhaltung           mit der Bearbeitung der Dossiers begonnen.
Im Rahmen dieses Programms fanden                der rechtlichen Garantien» organisiert. Die          Manche Angeklagte sind freigekommen,
Weiterbildungsworkshops zur Einhaltung           39 Teilnehmenden hatten Gelegenheit, den             während die Dossiers von anderen geprüft
der rechtlichen Garantien für das Justizper-     «Leitfaden zu den rechtlichen Garantien des          werden.
sonal und die Zivilgesellschaft statt. Die       angeklagten Häftlings» zu erarbeiten. Zuerst
130 Teilnehmenden in den drei Ländern er-        gaben die Fachreferenten einen Abriss über           Lionel Grassy
arbeiteten dabei pro Land einen «Leitfaden       den Inhalt der Strafprozessordnung und hiel-         FIACAT - Ständiger Vertreter bei den europäi-
zu den rechtlichen Garantien der Angeklag-       ten einen Vortrag über die Bekämpfung von            schen Institutionen in Brüssel
ten». Damit soll eigenverantwortliches Han-
deln gefördert werden, denn das praktische       Das Seminar zu missbräuchlicher Untersuchungshaft in der DR Kongo, mit Delegationen der Justiz und des
                                                 Gefängniswesens sowie Mitgliedern von ACAT. © FIACAT
Handbuch wird von der Zivilgesellschaft bei
Gefängnisbesuchen eingesetzt, um die Häft-
linge über ihre Rechte zu informieren und
anhand von Dokumentationsblättern zuhan-
den der Anwälte Fälle von ungerechtfertigter
Haft zu erkennen. Der Leitfaden findet breite
Akzeptanz bei den Behörden wie auch bei
der Zivilgesellschaft, da er von beiden Seiten
gemeinsam erarbeitet wurde. Er ermöglicht
durch seine Kürze und die Verständlichkeit
für Nichtjuristen eine bessere Begleitung der
Häftlinge bei den Ermittlungen zu ihrem Fall.

In der Elfenbeinküste wurde das Dokument
mit Unterstützung verschiedener Partner in
allen Gefängnissen des Landes zugänglich
gemacht. Dadurch konnten die Häftlinge
VertreterInnen der Zivilgesellschaft kontak-
tieren und sie um rechtliche Unterstützung
bitten. Mit der Schulung und dem Handbuch
konnten die Projektverantwortlichen bereits

                                                                                                                                                           9
                                                                                                                                   Nr. 10 | Oktober 2016
Kommunikation / FIACAT

     KOMMUNIKATION

     Rote Karte für die SVP-Initiative!
     «Wir lassen uns unsere Menschenrechte           die Journalistinnen zu einer Medienorien-
     nicht nehmen!» Dies haben am Freitag,           tierung ein, um sie über die Gefahr dieser
     12. August, zahlreiche Menschen bekun-          Initiative für die Menschenrechte in der
     det, indem sie der gleichentags eingereich-     Schweiz zu informieren und ihr Argumenta-
     ten SVP-Initiative «Schweizer Recht statt       rium vorzustellen.
     fremde Richter» auf dem Bundesplatz in
     Bern oder in einer online-Aktion die rote       75 NGOs, darunter ACAT-Schweiz, haben
     Karte zeigten. Ziel der Aktion war es, die      sich im Rahmen der vom Verein «Dialog
     Bevölkerung auf die Gefahr dieser Initiative    EMRK» lancierten Kampagne «Schutzfaktor
     hinzuweisen, welche im Endeffekt auf die        M – Menschenrechte schützen uns» an der
     Kündigung der Europäischen Menschen-            virtuellen Aktion «Rote Karte» und an der
     rechtskonvention (EMRK) abzielt.                Kundgebung beteiligt. HG

     Noch vor der Pressekonferenz der Initian-
     ten lud die NGO-Koalition «Dialog EMRK»

     SOHRAM macht trotz Putschversuch in der Türkei weiter
     Yavuz Binbay, der Gründer und Leiter der        Gefahr von Repression durch die türki-           schulischen Nachhilfeunterricht an. Seit ein
     Organisation SOHRAM in Diyarbakir im Süd-       schen Behörden nach sich ziehen, was den         paar Jahren setzt sich SOHRAM auch für sy-
     osten der Türkei, hat im August das Sekre-      Verantwortlichen von SOHRAM Anlass zur           rische Flüchtlinge ein.
     tariat von ACAT-Schweiz besucht.                Sorge gibt.
                                                                                                      ACAT-Schweiz unterstützt die Arbeit von
     Glücklicherweise haben der misslungene          SOHRAM ist ein Zentrum für Sozialhilfe, Re-      SOHRAM seit über zehn Jahren und beob-
     Staatsstreich vom Juli 2016 und die gegen-      habilitation und Reintegration für benach-       achtet die aktuelle Situation. HG
     wärtigen Säuberungen gegen Anhänger von         teiligte Bevölkerungsgruppen. Die politisch
     Fethullah Gülen den Betrieb von SOHRAM          neutrale Institution bietet den zahlreichen      Spenden zugunsten von SOHRAM können
     nicht    beeinträchtigt.  Gülen-Anhänger        Inlandflüchtlingen, die im Krieg zwischen        Sie auf das Postkonto von ACAT-Schweiz,
     könnten jedoch als Opfer von Gewalt bei         der türkischen Armee und der kurdischen          12-39693-7, mit Vermerk SOHRAM über-
     SOHRAM psychotherapeutische Behand-             Guerilla Gewalt und Repression erlitten          weisen.
     lung in Anspruch nehmen. Dies würde die         haben, psychologische Behandlung und

     FIACAT UND NATIONALE ACATs
     Internationaler Rat der FIACAT
     Im vergangenen Juni/Juli haben die Delegier-    Von den neun Kandidierenden für das In-          Januar 2017 ein siebtes Büro-Mitglied wählen
     ten der nationalen ACATs erstmals in elektro-   ternationale Büro (Vorstand) der FIACAT er-      zu lassen, das für die Region Zentrales Afrika/
     nischen Abstimmungen zu den anstehenden         reichten nur fünf das absolute Mehr. Gewählt     Madagaskar zuständig sein und möglichst
     Geschäften und Wahlen Stellung genommen.        wurden die beiden Bisherigen Massimo Corti       von dort stammen soll.
                                                     (Italien) und Jean-Bernard Marie (Frankreich)
     Paul Angaman aus der Elfenbeinküste wurde       sowie Claire Doran (Kanada), Emilie Petitguyot   Die Delegierten im Internationalen Rat haben
     zum neuen Präsidenten der FIACAT gewählt.       (Belgien) und der von ACAT-Schweiz portierte     ausserdem den Rechenschaftsbericht 2012-
     Nach Studien der Geografie, Politikwissen-      Kandidat Jean-Daniel Vigny. Von den drei Kan-    2015 der Präsidentin, die Rechnung 2015,
     schaft und Pädagogik unterrichtet der 53-jäh-   didierenden aus der Region Zentrales Afrika/     das Budget 2016 und den Strategieplan
     rige bisherige Präsident von ACAT-Elfenbein-    Madagaskar hat niemand die nötige Anzahl         2016-2019 genehmigt und die Aufnahme von
     küste an pädagogischen Ausbildungsstätten       Stimmen auf sich vereint. Das Internationale     ACAT-Schweden beschlossen. BR
     das Fach Menschenrechte. Er wird sein Amt       Büro in neuer Zusammensetzung hat sich in
     als Nachfolger von Sylvie Bukhari-de Pontual    seiner ersten Sitzung per Skype dafür aus-
     per 1. Januar 2017 antreten.                    gesprochen, in einer weiteren Wahlrunde im

10
       Nr. 10 | Oktober 2016
Vereinseleben

Aktuelles aus dem Vorstand

Der Vorstand hat eine Terminumfrage bei den ACAT-Gruppen beschlossen für ein Gruppentreffen anfangs 2017. Das Treffen soll auch
interessierten Einzelmitgliedern offenstehen.

Das Datum der nächsten Generalversammlung wurde auf Samstag, 20. Mai 2017 festgelegt. BR

Neues aus dem Sekretariat
Wir gratulieren Lise Corpataux ganz herzlich zur Geburt ihrer zweiten Tochter Julie Chiara,
die am 4. August zur Welt gekommen ist, und wünschen der ganzen Familie alles Gute!
Lise Corpataux ist noch bis Ende Februar 2017 im Mutterschaftsurlaub und wird während
dieser Zeit von Sophie Kreutzberg vertreten.                                                  Die Mitglieder haben
Im Team heissen wir Yvette Spicher aus Wünnewil herzlich willkommen! Sie arbeitet als         das Wort
Nachfolgerin von Martha Buntschu seit Anfang September im ACAT-Sekretariat und kann
ihre beruflichen Erfahrungen als kaufmännische Angestellte sowie als Katechetin bestens       Möchten Sie auf einen Artikel im acat-
einbringen. BR                                                                                news reagieren, über eine Erfahrung
                                                                                              in Ihrer ACAT-Gruppe berichten oder
                                                                                              sich über einen Aspekt der Tätigkeit
                                                                                              von ACAT-Schweiz austauschen? Die
                                                                                              Rubrik «Die Mitglieder haben das Wort»
                                                                                              ist für Sie! Ihre Beiträge können Sie
                                                                                              an h.gianini@acat.ch oder info@acat.
                                                                                              ch senden oder per Post an: ACAT-
                                                                                              Schweiz, Speichergasse 29, Postfach,
                                                                                              3001 Bern. HG

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††     Einzelperson: Jahresbeitrag mindestens CHF 70.– (reduziert für Personen mit niedrigem Einkommen: mindestens CHF 35.–)
††     Paar: Jahresbeitrag mindestens CHF 90.– (reduziert: mindestens CHF 45.–)
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Veranstaltungen

Oktober - Dezember 2016

Bern                            Anlässe in Zentrum5 zum Thema Wirtschaftflüchtlinge aus Westafrika:

           28.10.2016   19.30   «Die aktuelle Lage in Israel und Palästina und die Arbeit schweize-
                                rischer Akteure für Frieden und Entwicklung». Kurzreferat von Roland
                                Dittli, Programmleiter swisspeace

           16.11.2016   19.00   «Es ist ja nur ein Tram...» Filmpremiere in Bern

           14.12.2016   19.30   Sokul-Kulturabend über syrische Flüchtlinge in der Schweiz

                                Ort: Zentrum5, Flurstrasse 26b, 3014 Bern

Luzern     19.10.2016   19.00   «Der Mittlere Osten und Afrika – noch zu retten?»
                                Was müsste geschehen, um die zahlreichen Konflikte in diesen Regionen
                                zu überwinden? Andreas Zumach im Gespräch mit Erich Gysling, einem
                                ausgewiesenen Experten für den Mittleren Osten und Afrika.
                                Eintritt Fr. 18.- | Fr. 15.- (Studierende)
                                Ort: RomeroHaus, Kreuzbuchstrasse 44, Luzern

                                «Den Frieden wagen: Kolumbien nach 50 Jahren Bürgerkrieg»
                                Luz E. Romero und Ricardo Esquivia, zwei kolumbianische Vertreter/
                                innen des Schweizer Friedensförderungsprogramms, erzählen von den
                                Herausforderungen der Versöhnung und des Neubeginns.

Zürich     24.10.2016   18.30   Ort: AKI, Katholische Hochschulgemeinde, Hirschengraben 86, Zürich

Luzern     25.10.2016   19.00   Ort: RomeroHaus, Kreuzbuchstrasse 44, Luzern

Bern       27.10.2016   19.00   Ort: Käfigturm, Marktgasse 67, Bern

Basel      01.11.2016   18.30   Ort: unternehmen mitte, Gerbergasse 30, Basel

                                                                                      Bitte frankieren

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