Erfolgsfaktoren einer gelingenden Einbürgerungspraxis
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Erfolgsfaktoren einer gelingenden Einbürgerungspraxis Expertise des wissenschaftlichen Stabs des Sachverständigenrats für Integration und Migration im Auftrag der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration Verfasser: Nicholas Courtman und Jan Schneider
Zitiervorschlag: Courtman, Nicholas/Schneider, Jan 2021: Erfolgsfaktoren einer gelingenden Einbürgerungspraxis. Expertise für die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. Wissenschaftlicher Stab des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR), Berlin.
Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, Deutschland ist ein vielfältiges und wirtschaftlich erfolgreiches Land im Herzen Europas. Dazu hat auch die Einwanderungsgeschichte maßgeblich beigetragen. Heute gehören 21,2 Millionen Men- schen mit familiärer Einwanderungsgeschich- te zu unserer Gesellschaft. Das ist jede und jeder Vierte in unserer Bevölkerung. Für viele von ih- nen war Deutschland schon immer das Zuhause, für andere ist es in den vergangenen Jahren dazu geworden. Sie leben und arbeiten hier, ihre Kinder wachsen hier auf und gehen zur Schule, hier ha- ben sie Freunde, Bekannte und Kolleginnen und Kollegen gefunden. Teilhabe, Identifikation, Heimat – all das sind Ein Vorhaben des Themenforums „Bedeutung Bedürfnisse, die jeder Mensch kennt. Die deut- von Einbürgerung“ ist die vorliegende Experti- sche Staatsbürgerschaft ist Ausdruck für diesen se. Sie untersucht im kommunalen Vergleich die Wunsch und zugleich ein starkes Bekenntnis zu Strukturen, Entwicklungsbedingungen und Ent- unserer Gesellschaft, ihren Werten und demo- wicklungschancen der Einbürgerungsverfahren kratischen Institutionen. Wer sich bewusst für sie in unserem Land. Sie gibt Antworten, gewonnen entscheidet, erhält alle gesellschaftlichen und po- aus der kommunalen Praxis, wie Informations- litischen Rechte in Deutschland. Deshalb schafft kampagnen zur Einbürgerung attraktiver und die Staatsbürgerschaft nicht nur Zugehörigkeit, Verwaltungsverfahren effizienter gestaltet wer- sie festigt zugleich den Zusammenhalt in unse- den können, damit mehr Frauen und Männer sich rem Land. mit Herz und Überzeugung zu Deutschland be- kennen und den Weg zur deutschen Staatsbürger- Bislang gehen nur wenige Menschen, die die ge- schaft gehen. setzlichen Voraussetzungen für die Staatsbürger- schaft erfüllen und sich tagtäglich in unserem Ich danke den Autoren der Expertise vom Sach- Land einbringen, den Schritt der Einbürgerung. verständigenrat für Integration und Migration Die Einbürgerungszahlen in Deutschland stag- für ihre Analyse und umfangreichen Empfehlun- nieren seit Jahren auf niedrigem Niveau und sind gen für Bund, Länder und Kommunen. Den Lese- während der Corona-Pandemie nochmals rück- rinnen und Lesern wünsche ich eine aufschluss- läufig. reiche Lektüre und hoffe, dass die Expertise einen Beitrag zur Steigerung der Einbürgerungszah- Die Bundesregierung hat deshalb im November len und somit zum starken Zusammenhalt aller in 2020 eine Einbürgerungsoffensive beschlossen, Deutschland lebenden Menschen mit und ohne die gezielt für die Einbürgerung von gut integrier- familiäre Einwanderungsgeschichte leistet. ten Frauen und Männern wirbt und dazu beitra- gen soll, das Zugehörigkeitsgefühl und die Wert- Ihre schätzung der Vielfalt in unserem Land weiter zu fördern. Diesem Anliegen widmet sich auch der Nationale Aktionsplan Integration der Bundes- regierung mit vielen Vorhaben, um die Einbürge- Annette Widmann-Mauz rungspraxis in ganz Deutschland zu unterstützen. Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration
ERFOLGSFAKTOREN EINER GELINGENDEN EINBÜRGERUNGSPRAXIS Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung ............................................................................................................................. 6 1 Einleitung und Hintergrund ........................................................................................................... 8 2 Determinanten der Einbürgerungsabsicht und Wirkungspotenziale von einbürgerungsfördernden Maßnahmen ........................................................................... 11 2.1 Rechtliche Rahmenbedingungen ..............................................................................................................11 2.2 Einbürgerungsverhalten verschiedener Herkunftsgruppen ..............................................................14 2.3 Einbürgerungsabsicht und Einbürgerungsgeschehen: Weitere Determinanten und Einflussfaktoren ......................................................................................16 3 Einbürgerungsfördernde Maßnahmen: Kommunale Fallbeispiele .................................. 20 3.1 Hamburg: Einbürgerungskampagnen unter idealen verwaltungsorganisatorischen und politischen Bedingungen? ...................................................................................................................20 3.1.1 Ausgangslage und ergriffene Maßnahmen .................................................................................20 3.1.2 Effekte der Maßnahmen ................................................................................................................. 23 3.1.3 Analyse und Schlussfolgerungen ..................................................................................................23 3.2 Berlin: Einbürgerungskampagne ohne personelle Aufstockung der Einbürgerungsbehörden .......................................................................................................................27 3.2.1 Ausgangslage und ergriffene Maßnahmen .................................................................................27 3.2.2 Effekte der Maßnahmen ................................................................................................................. 29 3.2.3 Analyse und Schlussfolgerungen ..................................................................................................31 3.3 München: Wirkungspotenziale von personeller Aufstockung und Digitalisierung der Verwaltung ................................................................................................................................................33 3.3.1 Ausgangslage und ergriffene Maßnahmen .................................................................................33 3.3.2 Effekte der Maßnahmen ................................................................................................................. 36 3.3.3 Analyse und Schlussfolgerungen ..................................................................................................36 3.4 Bonn: Kooperation mit Nichtregierungsorganisationen und anderen staatlichen Stellen zur Förderung von Einbürgerung ................................................................................................38 3.4.1 Ausgangslage und ergriffene Maßnahmen .................................................................................38 3.4.2 Effekte der Maßnahmen ................................................................................................................. 42 3.4.3 Analyse und Schlussfolgerungen ..................................................................................................42
INHALTSVERZEICHNIS 3.5 Dresden: Kooperation mit Bildungseinrichtungen und Unternehmen .........................................44 3.5.1 Ausgangslage und ergriffene Maßnahmen .................................................................................44 3.5.2 Effekte der Maßnahmen ................................................................................................................. 47 3.5.3 Analyse und Schlussfolgerungen ..................................................................................................48 3.6 Landkreis Böblingen: Eigenständige kommunale Einbürgerungskampagne in einem Landkreis ........................................................................................................................................49 3.6.1 Ausgangslage und ergriffene Maßnahmen .................................................................................49 3.6.2 Effekte der Maßnahmen ................................................................................................................. 51 3.6.3 Analyse und Schlussfolgerungen ..................................................................................................51 3.7 Dithmarschen: Einbürgerungskampagne auf Landkreisebene in Verbindung mit einer landesweiten Kampagne ..............................................................................................................53 3.7.1 Ausgangslage und ergriffene Maßnahmen .................................................................................53 3.7.2 Effekte der Maßnahmen ................................................................................................................. 56 3.7.3 Analyse und Schlussfolgerungen ..................................................................................................57 3.8 Zwischenfazit: Wegweisende Praktiken – keine Patentrezepte .........................................................58 4 Handlungsempfehlungen für die Gestaltung von einbürgerungsfördernden Maßnahmen ....................................................................................................................................... 62 4.1 Bundesebene ...................................................................................................................................................65 4.2 Länderebene ....................................................................................................................................................67 4.3 Kommunale Ebene ........................................................................................................................................68 4.4 Fazit und Ausblick: Einbürgerungsoffensive im Mehrebenensystem .............................................70 Anhang ................................................................................................................................................. 76 Literatur ............................................................................................................................................................76 Abbildungsverzeichnis .................................................................................................................................78 Info-Boxen-Verzeichnis ...............................................................................................................................78 Tabellenverzeichnis .......................................................................................................................................79 Impressum .......................................................................................................................................................81
6 ERFOLGSFAKTOREN EINER GELINGENDEN EINBÜRGERUNGSPRAXIS Zusammenfassung Der Einbürgerung kommt eine zentrale Rolle für nen und Partner bzw. Netzwerke sowie (3) eine die Teilhabe und Identifikation von Zuwanderin- gute Ausstattung der Verwaltung. Darüber hinaus nen und Zuwanderern mit dauerhafter Aufent- verweist die Expertise (4) auf die Möglichkeit, eine haltsperspektive zu. Wichtige Rechte und Pflich- einheitlichere Rechtsanwendung etwa durch eine ten aus verschiedenen Lebensbereichen sind an aktualisierte Allgemeine Verwaltungsvorschrift zu die deutsche Staatsangehörigkeit geknüpft. Sie befördern, die für mehr Klarheit und Transparenz ist insbesondere Voraussetzung für die volle po- sorgen könnte. litische Teilhabe durch das aktive und das passi- ve Wahlrecht. Doch die Einbürgerungszahlen in (1) Die wirksamste Werbemaßnahme sind Brief- Deutschland stagnieren seit vielen Jahren auf ei- aktionen, mithilfe derer lange in Deutschland nem im internationalen Vergleich niedrigen Ni- lebende Ausländerinnen und Ausländer etwa veau – und das obwohl viele Ausländerinnen und durch die Amtsträgerinnen und Amtsträger Ausländer längst die hohen Anforderungen erfül- im Gemeindeamt sowie der Landkreisleitung len, die an die deutsche Staatsangehörigkeit ge- persönlich angeschrieben und zu einem Bera- knüpft sind, die deutsche Sprache sprechen, für tungsgespräch über die Einbürgerung eingela- ihren Lebensunterhalt aufkommen und gut inte- den werden. In allen Kommunen, in denen sol- griert sind. Dabei können erhebliche zahlenmäßi- che Briefaktionen stattfanden, nahm die Zahl der ge Unterschiede sowohl zwischen den Ländern als durchgeführten Beratungsgespräche, der gestell- auch zwischen verschiedenen Kommunen inner- ten Einbürgerungsanträge und der erfolgten Ein- halb desselben Bundeslandes festgestellt werden. bürgerungen zu. Auch andere Maßnahmen, die auf eine direkte und persönliche Ansprache der Wie lassen sich im Rahmen des geltenden Staats- Zielgruppe setzten, erwiesen sich als wirksam: Zu angehörigkeitsrechts die Einbürgerungszahlen er- nennen ist hier ein Einbürgerungslotsenprojekt, höhen? Was können Bund, Länder und Kommu- bei dem die Einbürgerungsbehörde kontinuier- nen tun, damit sich mehr Ausländerinnen und lich mit einer Migrantenorganisation als Träge- Ausländer, die alle Voraussetzungen erfüllen, für rin der Maßnahme zusammenarbeitet, wodurch die Einbürgerung entscheiden? Welches sind die ein guter Zugang in die Communitys gewährleis- zentralen Faktoren erfolgreicher Einbürgerungs- tet wird. kampagnen und welche Maßnahmen haben sich auf kommunaler sowie Länderebene bewährt, um (2) Für die Distribution aktueller, niedrigschwel- das Einbürgerungspotenzial besser auszuschöpfen? liger und zuverlässiger Informationen hat sich die Kooperation mit den Ausländerbehörden be- Die vorliegende Expertise wurde im Auftrag währt. So wird in vielen Kommunen etwa bei der der Beauftragten der Bundesregierung für Mi- Erteilung einer Niederlassungserlaubnis durch die gration, Flüchtlinge und Integration erstellt. Ausländerbehörde ebenso auf die konkreten Ein- Sie untersucht anhand von sieben kommuna- bürgerungsmöglichkeiten hingewiesen. len Fallbeispielen die Faktoren, die das örtliche Einbürgerungsgeschehen bedingen, und analy- Auch Informationsveranstaltungen der Behör- siert Ansätze und Strategien der zuständigen Be- den in Kooperation mit Akteuren aus Wissen- hörden, es zu stimulieren. Dabei werden auch die schaft, Forschung, Wirtschaft, Migrantenorga- Schnittstellen der kommunalen Verwaltung mit nisationen und Religionsgemeinschaften haben der Landesebene in den Blick genommen. sich vielerorts bewährt; ebenso die Erörterung der Thematik im Unterricht an weiterführenden Die Expertise identifiziert Praktiken auf der Ebene Schulen. Daneben liegt in der Digitalisierung ein der Kommunen sowie der Länder, mit denen das großes Potenzial für gute behördliche Praxis: Ne- Einbürgerungsgeschehen positiv beeinflusst wer- ben der Möglichkeit, online Informationen zu er- den kann. Dazu gehören (1) Maßnahmen, die für halten oder Termine zu buchen, kann dazu auch die Einbürgerung und ihre Vorteile personalisiert die unverbindliche webbasierte Prüfung der Vor- „werben“, (2) die Distribution niedrigschwelliger aussetzungen einer Einbürgerung gehören (Ein- Informationen über unterschiedliche Partnerin- bürgerungs-Quick-Check). So kann verständlich
ZUSAMMENFASSUNG 7 über die Einbürgerung informiert und zu diesem personalisierter Briefaktionen, um einbürge- Schritt motiviert werden. rungsberechtigte Ausländerinnen und Auslän- der für die Einbürgerung zu gewinnen. (3) Damit Informations- und Werbemaßnahmen ihre volle Wirkung entfalten können, ist die an- Die Länder sollten gemessene personelle Ausstattung der Einbür- gerungsbehörden eine zentrale Voraussetzung. Zahlreiche der für die Expertise befragten Einbür- • Kommunen durch eindeutige Vorgaben, Er- fahrungsaustausche und Workshops zu Pro- gerungsbehörden hatten teils erhebliche Schwie- zess- und Serviceoptimierung sowie durch die rigkeiten, offene Stellen zeitnah mit geeignetem Entwicklung von Musterschreiben und andere Personal zu besetzen. Das führte zu Antragsrück- Materialien noch besser unterstützen; ständen bzw. verlängerten Prüf- und Bearbei- tungszeiten. Gerade im Zuge von Einbürgerungs- kampagnen sollten Länder und Kommunen daher • die Themen Einbürgerung und Staatsangehö- rigkeit unter Nutzung entsprechender Hand- rechtzeitig für Personalaufstockungen sorgen. reichungen und Unterrichtsmaterialien stärker im Schulkontext verankern; (4) Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht wurde zuletzt 2001 aktualisiert und deckt die geltende Rechtsla- • nutzerfreundliche elektronische Angebote ent- wickeln (digitaler Einbürgerungsantrag). ge beim Thema Einbürgerung nur unzureichend ab. Die anschließend veröffentlichten Vorläufi- Für den Bund liegt es nahe, gen Anwendungshinweise zum Staatsangehörig- keitsgesetz bzw. ergänzende Rundschreiben des zuständigen Bundesministeriums des Innern, für • eine bundesweit einheitliche Anwendungs- grundlage für das Einbürgerungsrecht durch Bau und Heimat (BMI) sind für die Länder nicht die Aktualisierung der Allgemeinen Verwal- bindend. Dies hat eine teilweise divergierende tungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht Verordnungs- und Weisungslage in den Ländern zu schaffen; zur Folge und somit auch unterschiedliche Vor- gaben zur Ermessensausübung bei der Einbürge- rung. Eine Aktualisierung der Verwaltungsvor- • auf dieser Basis den von Bayern und Nord- rhein-Westfalen entwickelten Digitalen Ein- schrift könnte zum einen die Rechtsanwendung bürgerungs-Quick-Check für eine bundeswei- stärker vereinheitlichen, zum anderen würde sie te Einbürgerungsoffensive zu übernehmen und Einbürgerungsinteressierten die Orientierung er- weiterzuentwickeln; leichtern. Die Expertise kommt auf Grundlage dieser Analy- • Foren des Erfahrungsaustausches über Maß- nahmen und Praktiken zu organisieren, bei se zu Handlungsempfehlungen, die sich an Kom- denen sich unterschiedliche Stakeholder – munen, Länder sowie den Bund richten. darunter Migrantenorganisationen, Einbürge- rungsbehörden, Integrationsbeauftragte, Wis- Dazu gehören für die Kommunen senschaft und Unternehmen – regelmäßig begegnen; • die formalisierte Einbindung verschiedener Be- hörden und Stellen (wie Ausländerbehörden, Integrationsbeauftragte oder Integrationsbei- • eine „konzertierte Einbürgerungsoffensive“ un- ter seiner Federführung durchzuführen. Hier- räte) in die lokale Informationspolitik sowie die bei ist die Einbeziehung von Ländern und Schaffung oder Nutzung von Netzwerkstruk- Kommunen sowie eine enge Abstimmung zen- turen; tral, damit diese auch für die erforderlichen Personalkapazitäten sorgen können, um gestei- • die flexible und an die jeweiligen Kapazitäten angepasste Durchführung motivierender und gerte Antragszahlen zu bearbeiten.
8 ERFOLGSFAKTOREN EINER GELINGENDEN EINBÜRGERUNGSPRAXIS 1. Einleitung und Hintergrund Die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammen- mokratiedefizit durch Unterinklusion führen – halts und die Gestaltung der Integration von Zu- anders ausgedrückt: Staatliche Entscheidungen gewanderten und Personen mit familiärer Ein- sind dann nicht hinreichend legitimiert (vgl. SVR wanderungsgeschichte in Deutschland sind 2021: 36). zentrale Aufgaben der Bundesregierung. Ein wichtiger Aspekt der Integrationspolitik, der aber Die Politik in Deutschland ist sich dieses Prob- oft vernachlässigt wird, ist die Förderung poli- lems zunehmend bewusst, und die Bundesregie- tischer Teilhabe (vgl. SVR-Forschungsbereich rung hat im Zuge der Phase V „Zusammenhalt 2020b: 6). Das aktive und passive Wahlrecht auf stärken – Zukunft gestalten“ des Nationalen Akti- der Ebene des Bundes und der Länder erfordert onsplans Integration (NAP-I) im Rahmen des The- in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich menforums „Bedeutung von Einbürgerung“ den den Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit. Das Zusammenhang zwischen Staatsangehörigkeits- Staatsangehörigkeitsrecht und die Einbürgerung recht, Einbürgerungspraktiken und politischer In- spielen dadurch in Bezug auf politische Integrati- tegration erörtert (Bundesregierung 2021: 62–71). on eine Schlüsselrolle (SVR 2021: 36). In einer Reihe von Workshops mit Vertreterin- nen und Vertretern von Bundesministerien, Lan- Im Jahr 2020 lebten 5.045.415 Menschen mit aus- desministerien, kommunalen Einbürgerungsbe- ländischer Staatsangehörigkeit bereits seit mehr hörden, Wissenschaft, Migrantenorganisationen als zehn Jahren in Deutschland und erfüllten da- und der Freien Wohlfahrtspflege wurden im Hin- mit eine zentrale Voraussetzung, nämlich die blick auf das Thema Einbürgerung und den Ein- erforderliche Voraufenthaltszeit, für die Ein- bürgerungsprozess Erfahrungen und Empfehlun- bürgerung.1 Das waren knapp 48 Prozent der Be- gen gesammelt und beraten. Übergeordnetes Ziel völkerung ohne deutsche Staatsangehörigkeit des Themenforums war es, Wege zur Verbesse- (Statistisches Bundesamt 2021a: 86–89). Im glei- rung des Einbürgerungsprozesses zu identifizie- chen Jahr ließen sich jedoch nur 109.880 Perso- ren, um dadurch „deutlich mehr Ausländerinnen nen einbürgern. Das sog. ausgeschöpfte Einbür- und Ausländer für die Einbürgerung zu gewin- gerungspotenzial (aEP) betrug damit 2,2 Prozent nen“ (ebd.: 64). (Statistisches Bundesamt 2021b: 14–15). Dies ist sowohl anteilig (2019: 2,5 %) als auch in absolu- Zu diesem Ziel hatte sich die Bundesregierung zu- ten Zahlen (2019: 128.905) ein deutlicher Rück- letzt auch im abschließenden Maßnahmenkatalog gang gegenüber dem Vorjahr (Statistisches Bun- des Kabinettsausschusses zur Bekämpfung von desamt 2021b: 14). Der aktuelle Rückgang muss Rechtsextremismus und Rassismus2 klar bekannt, zwar auch vor dem Hintergrund der Corona-Pan- der im November 2020 veröffentlicht wurde. Als demie und der damit verbundenen Komplikatio- eine Maßnahme, die u. a. in der Zuständigkeit der nen für das Verwaltungshandeln gesehen werden, Beauftragten der Bundesregierung für Migrati- jedoch sind die Einbürgerungszahlen seit Jah- on, Flüchtlinge und Integration fällt, ist darin eine ren insgesamt niedrig. Aus demokratiepolitischer „Einbürgerungsoffensive“ vorgesehen. Diese soll Sicht ist dieser Zustand unbefriedigend: Da in De- „gezielt für die Möglichkeit einer Einbürgerung mokratien die Herrschaft vom Volk ausgeht, also werben, um gut integrierten Ausländerinnen und durch den Wahlakt von Bürgerinnen und Bür- Ausländern, die [die] gesetzlichen Voraussetzun- gern, sollte ein möglichst großer Teil der volljäh- gen erfüllen, die volle Teilhabe zu ermöglichen“ rigen und dauerhaft ansässigen Bevölkerung auch (Presse- und Informationsamt der Bundesregie- die staatsbürgerlichen Rechte besitzen (vgl. Dahl rung 2020: 10). 1989: 108–114). Zudem kann dies zu einem De- 1 Eine Einbürgerung nach § 10 StAG erfordert i. d. R. nur acht Jahre Aufenthalt im Land. Um das ausgeschöpfte Einbürgerungspotenzial (aEP) zu errechnen, bezieht das Statistische Bundesamt jedoch die Zahl der Einbürgerungen in einem Jahr auf die Zahl der Ausländer- innen und Ausländer, die seit mindestens zehn Jahren in Deutschland wohnen. 2 https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/kabinett-rechtsextremismus-1819828, zuletzt abgerufen am 15.06.2021
1. EINLEITUNG UND HINTERGRUND 9 Mit Blick auf diese beiden Vorhaben hat die Be- (u. a. soziodemografische Merkmale und Zu- auftragte der Bundesregierung für Migration, sammensetzung der ausländischen Bevölke- Flüchtlinge und Integration die vorliegende Ex- rung) bestmöglich berücksichtigen? pertise zur kommunalen Einbürgerungspraxis und zu landesweiten und kommunalen einbür- 4. Wie müssen die verschiedenen föderalen Ebe- gerungsfördernden Maßnahmen in Auftrag ge- nen ineinandergreifen, damit sich die Poten- geben. Sie soll auf der Basis von Fallstudien Ein- ziale von Einbürgerungskampagnen optimal blick in die kommunale Einbürgerungspraxis in entfalten können? Deutschland geben und vor allem Good-Practice- Beispiele kommunaler und landesweiter Ein- Methodische Herangehensweise bürgerungspolitik und -praxis identifizieren. Das Für die Erstellung der Studie wurde ein differen- können Einbürgerungskampagnen in Verbindung ziertes Fallstudien-Design gewählt. Dabei wur- mit zusätzlichem Personaleinsatz bei den Behör- den nach dem most different-Prinzip (Levy 2008) den sein, aber auch niedrigschwellige Maßnah- Fälle vergleichend analysiert, die im Hinblick auf men im Bereich der Verwaltungsorganisation, ausgewählte Merkmale eine möglichst große Va- die darauf abzielen, mehr Menschen für die Ein- rianz aufweisen. So kann beurteilt werden, wie bürgerung zu gewinnen und damit die Einbürge- bestimmte Maßnahmen in ihrem jeweiligen kom- rungszahlen zu steigern. Die Expertise soll ebenso munalen Kontext zur Dynamisierung des Ein- dazu beitragen, Informationskampagnen zur Ein- bürgerungsgeschehens beitragen. Entsprechend bürgerung zu verbessern, und Anhaltspunkte da- wurden bei der Fallauswahl nicht nur Unterschie- für liefern, wie eine künftige bundesweite Kampa- de in der konkreten Ausgestaltung von Kampag- gne gestaltet werden kann. nen und Informationsmaßnahmen berücksich- tigt, sondern auch regionale Spezifika, darunter Leitfragen die Diversität von Regionen und Kommunen (z. B. Aus dem Arbeitsauftrag für die Expertise ergeben Großstadt vs. Klein- oder Mittelstadt vs. Land- sich vier übergeordnete Fragestellungen: kreis) sowie Unterschiede in der Zusammenset- zung der ausländischen Bevölkerung vor Ort. 1. Was kennzeichnet Kommunen, die das Ein- bürgerungspotenzial besonders gut ausschöp- Die Fallauswahl erfolgte in zwei Schritten: der fen? Was prägt die dortigen Verwaltungsstruk- Vorrecherche und der anschließenden Auswer- turen und -prozesse, welche Merkmale hat die tung der Informationen. Zunächst wurden für je- ausländische Bevölkerung, wie sieht die Kam- des Bundesland die potenziell relevantesten Fälle pagnenarbeit aus, wie und mit welcher quali- von Einbürgerungskampagnen auf kommuna- tativen und quantitativen Ausstattung arbeiten ler sowie Landesebene identifiziert. Dies erfolg- die Behörden, die dort für Einbürgerung zu- te auf der Basis von Sekundärforschung und Li- ständig sind? teraturrecherche, Hintergrundgesprächen mit Akteurinnen und Akteuren aus der Praxis sowie 2. Welche Faktoren sind für den Erfolg von Ein- einem systematischen Vergleich regionaler Ein- bürgerungskampagnen auf kommunaler Ebe- bürgerungsstatistiken. Für Letzteren wurde beim ne maßgeblich? Was zeichnet Kampagnen aus, Statistischen Bundesamt eine Sonderauswer- in deren Folge die Zahl der Einbürgerungen si- tung zum ausgeschöpften Einbürgerungspoten- gnifikant ansteigt oder langfristig auf hohem zial auf kommunaler Ebene für die Jahre 2011 bis Niveau bleibt? 2019 in Auftrag gegeben. Als Resultat der Vorre- cherche wurden 31 Gebietskörperschaften iden- 3. Welche Spezifika sind entscheidend, um gelin- tifiziert – darunter überwiegend kreisfreie Städ- gende Einbürgerungskampagnen auf Bundes- te –, in denen die Einbürgerungsverwaltung und Landesebene zu planen und umzusetzen? Einbürgerungskampagnen oder sonstige einbür- Wie können Einbürgerungskampagnen und gerungsförderliche Maßnahmen eingesetzt hatte. sonstige einbürgerungsfördernde Maßnahmen In einem zweiten Schritt wurden im Sinne mög- die jeweiligen kommunalen Gegebenheiten lichst unterschiedlicher Fallprägungen sieben
10 ERFOLGSFAKTOREN EINER GELINGENDEN EINBÜRGERUNGSPRAXIS Kommunen ausgewählt, in denen sich beson- ders gute bzw. lehrreiche Praktiken fanden; diese wurden anschließend vertiefend analysiert. Diese Auswahl wurde sowohl mit dem externen wissen- schaftlichen Berater des Projekts, Prof. Dr. Diet- rich Thränhardt,3 als auch mit dem Arbeitsstab der Beauftragten der Bundesregierung für Migra- tion, Flüchtlinge und Integration validiert. Neben einer umfassenden inhaltlichen Recher- che auf den kommunalen Webseiten sowie in ein- schlägigen Dokumenten der jeweiligen Stadträ- te und Kreistage bzw. der zuständigen Dezernate oder Ämter wurde in jeder der sieben Kommunen mindestens ein Hintergrundgespräch mit einer Vertreterin oder einem Vertreter der Einbürge- rungsbehörde – meist auf Leitungsebene – ge- führt. Teilweise kam es zu mehrmaligen Telefona- ten und Nachfragen, teilweise wurden ergänzende Fragen schriftlich beantwortet. Um auch alterna- tive Perspektiven auf das Einbürgerungsgesche- hen vor Ort zu berücksichtigen, wurde zusätzlich versucht, mit Vertreterinnen und Vertretern kom- munaler oder landesweit aktiver Migrantenorga- nisationen sowie mit Mitgliedern der jeweiligen Ausländer-, Migrations- oder Integrationsbeirä- te bzw. den kommunalen Integrationsbeauftrag- ten zu sprechen. Weiterhin wurden mit den für Staatsangehörigkeitsrecht zuständigen Referen- tinnen und Referenten der Länder oder ggf. den Leitungen der zuständigen Mittelbehörden Hin- tergrundgespräche geführt.4 Alle Gespräche wur- den stichwortartig protokolliert und anschließend anonymisiert. Die daraus resultierenden Informa- tionen und Einschätzungen flossen als maßgeb- liche Quellen in die kommunalen Fallstudien ein. Sämtliche Informationen und Sachdarstellungen, die nicht ausschließlich Zahlen betreffen oder durch Quellenangaben belegt werden, entstam- men diesen Interviews.5 3 Die Autoren danken Herrn Prof. Dr. Dietrich Thränhardt für die fundierte und sachverständige Beratung sowie Antonia Below als studentische Hilfskraft für ihre Unterstützung im Projekt. 4 In vielen Bundesländern werden bestimmte Einbürgerungen weder von der kommunalen Einbürgerungsbehörde vorgenommen noch von dem für Staatsangehörigkeitsrecht zuständigen Ministerium, sondern von einer Mittelbehörde. In Hessen entscheiden die drei Regierungspräsidien als Mittelbehörden sogar über alle Einbürgerungsanträge (vgl. dazu unten Kap. 2.1). 5 Die Autoren dieser Expertise danken allen Gesprächspartnerinnen und -partnern für die sehr informativen und erhellenden Gespräche sowie für das Entgegenkommen und die zügige Beantwortung der im Vorfeld eingereichten und ggf. nachträglich gestellten Fragen.
2 DETERMINANTEN DER EINBÜRGERUNGSABSICHT UND WIRKUNGSPOTENZIALE 11 VON EINBÜRGERUNGSFÖRDERNDEN MASSNAHMEN 2 Determinanten der Einbürgerungs- absicht und Wirkungspotenziale von einbürgerungsfördernden Maßnahmen Die Ergebnisse der bisherigen Forschung deuten Um eine einheitliche Anwendung des Staatsange- darauf hin, dass die individuelle Einbürgerungs- hörigkeitsrechts sicherzustellen, kann der Bund absicht und das allgemeine Einbürgerungsgesche- mit Zustimmung des Bundesrats allgemeine Ver- hen in Deutschland von ganz unterschiedlichen waltungsvorschriften erlassen (Art. 84 Abs. 2 GG), Faktoren bestimmt werden. Diese haben auf das die seine Ausführung verbindlich vorgeben. Für jeweilige Einbürgerungsgeschehen vor Ort zwar die ersten fünf Jahrzehnte der Existenz der Bun- zum Teil erhebliche Auswirkungen, sie lassen desrepublik gab es keine solche allgemeine Ver- sich jedoch nur selten von einem Landkreis, ei- waltungsvorschrift für das Staatsangehörigkeits- ner kreisfreien Stadt oder einem Bundesland be- recht: Von dieser Möglichkeit machte der Bund einflussen. Im Folgenden werden die wichtigsten erst im Jahr 2000 Gebrauch, als er die Allgemeine Faktoren und ihre Bedeutung für die kommuna- Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeits- le und landesweite Einbürgerungspolitik zusam- recht (StAR-VwV) erließ, die im Februar 2001 in mengefasst. Kraft trat. Da die StAR-VwV seit 2001 nicht mehr aktualisiert wurde und viele inzwischen einge- führte Änderungen im Staatsangehörigkeits- 2.1 Rechtliche Rahmen- recht nicht berücksichtigt, ist sie „nur noch in Tei- len anwendbar“ (Hailbronner/Maaßen/Hecker/ bedingungen Kau 2017: § 8 StAG Rn. 10). Die Vorläufigen An- wendungshinweise zum Staatsangehörigkeitsge- In der Bundesrepublik Deutschland wird das setz (VAH-StAG), die das BMI zuletzt im Jahr 2015 Staatsangehörigkeitsrecht vorwiegend durch das veröffentlicht hat,6 berücksichtigen die zwischen Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) geregelt. Die- 2004 und 2015 durchgeführten Änderungen. Die ses Gesetz beruht in wesentlichen Teilen auf dem VAH-StAG sind aber keine Verwaltungsvorschrif- Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913, ten, sie geben den Ländern lediglich unverbindli- das seit seinem Inkrafttreten vielfach geändert che Hinweise, wie das Staatsangehörigkeitsrecht wurde. Der Name des Gesetzes wurde im Zuge ei- einschließlich der jüngeren Änderungen anzu- ner umfassenden Reform des Staatsangehörig- wenden ist (Hailbronner/Maaßen/Hecker/Kau keitsrechts zur Jahrtausendwende geändert (SVR 2017: Vorb StAG Rn. 4). Ein weiteres Mittel, das der 2021: 38). Staatsangehörigkeitsrecht ist Bundes- Bund verwendet, um die Ausführung des Staats- recht, das von den Ländern als eigene Angelegen- angehörigkeitsrechts stärker zu vereinheitlichen, heit ausgeführt wird (Art. 73 Abs. 1 Nr. 3; Art. 83 sind Rundschreiben des BMI an die Länderminis- GG). Die einzige Staatsangehörigkeitsbehörde terien, die für das Staatsangehörigkeitsrecht zu- auf Bundesebene ist das Bundesverwaltungsamt. ständig sind. Diese Rundschreiben sind jedoch Als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des wie die VAH-StAG unverbindlich. Zudem sind sie Bundesministeriums des Innern, für Bau und Hei- anders als die 2015 veröffentlichten VAH-StAG mat (BMI) regelt es staatsangehörigkeits- und ein- nicht öffentlich einzusehen. bürgerungsrechtliche Angelegenheiten von Per- sonen mit Wohnsitz im Ausland (§§ 13–14 StAG). Zuständigkeiten in den Ländern Für die Ausführung des Staatsangehörigkeits- Die für das Staatsangehörigkeitsrecht zuständi- rechts im Inland sind allein die Länder zuständig gen Ministerien der Länder erlassen eigene Ver- (§§ 8–10 StAG). waltungsvorschriften, Richtlinien und Rund- schreiben, die die Verwaltungsvorschriften und 6 Im Februar 2020 wurde eine Ergänzung der VAH-StAG auf der Webseite des BMI veröffentlicht. Diese bezog sich nur auf die Behandlung von Nachfahren von ehemaligen deutschen Staatsangehörigen bei Einbürgerung nach § 8 StAG.
12 ERFOLGSFAKTOREN EINER GELINGENDEN EINBÜRGERUNGSPRAXIS Anwendungshinweise des Bundes ergänzen, Die meisten Einbürgerungen in Deutschland konkretisieren und auslegen. Diese binden das werden über § 10 StAG durchgeführt, der einen Verwaltungshandeln der mittleren und unte- Rechtsanspruch auf Einbürgerung gewährt, so- ren Landesbehörden, die für die Ausführung des fern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Zu Staatsangehörigkeitsrechts zuständig sind. Wie diesen zählt ein rechtmäßiger gewöhnlicher Auf- in Staatsangehörigkeits- und Einbürgerungsan- enthalt in Deutschland von i. d. R. acht Jahren gelegenheiten die Zuständigkeiten und Entschei- (§ 10 Abs. 1 S. 1 StAG). Bei erfolgreichem Abschluss dungskompetenzen zwischen obersten, mittle- eines Integrationskurses reduziert sich die Frist ren und unteren Landesbehörden verteilt sind, auf sieben Jahre; bei Vorliegen besonderer Inte- variiert zwischen den Bundesländern erheb- grationsleistungen kann sie sogar auf sechs Jah- lich. In Brandenburg etwa liegt für alle Aspek- re verkürzt werden (§ 10 Abs. 3 StAG). Weitere Vo- te des Staatsangehörigkeitsrechts die Ausführung raussetzungen sind: Deutschkenntnisse auf dem bei den Staatsangehörigkeitsbehörden der Land- Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Refe- kreise und kreisfreien Städte. Das für Staatsan- renzrahmens für Sprachen (§ 10 Abs. 4 StAG); die gehörigkeitsangelegenheiten zuständige Minis- Kenntnis der Rechts- und Gesellschaftsordnung terium hat die Fachaufsicht inne.7 In Thüringen (nachgewiesen durch einen bestandenen Einbür- hingegen sind die Staatsangehörigkeitsbehörden gerungstest); die Fähigkeit, den Lebensunterhalt der Landkreise und kreisfreien Städte nur für An- ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen zu spruchseinbürgerungen zuständig; über Anträge bestreiten – es sei denn, ihre Inanspruchnahme auf Ermessenseinbürgerungen entscheidet dage- ist nicht selbst zu vertreten (§ 10 Abs. 1 Nr. 3); und gen das Thüringische Landesverwaltungsamt, das Straffreiheit mit Ausnahme geringfügiger Stra- den Status einer mittleren Landesbehörde hat.8 fen sowie Verfassungstreue. Darüber hinaus müs- Trotz der Verwaltungsvorschriften, Erlasse, An- sen Antragstellende aus Drittstaaten bereit sein, wendungshinweise und Rundschreiben des Bun- ihre alte Staatsangehörigkeit aufzugeben (Staats- des und der obersten Landesbehörden wird das angehörige von EU-Mitgliedstaaten und der Staatsangehörigkeitsrecht oft auch innerhalb ei- Schweiz müssen dies nicht). Mehrstaatigkeit wird nes Bundeslandes unterschiedlich ausgelegt und bei dieser Einbürgerung nur bei Personen hin- angewendet. Dies ist zum Teil auf die vielen un- genommen, denen die Entlassung aus der ande- bestimmten Rechtsbegriffe im Staatsangehörig- ren Staatsangehörigkeit nicht möglich oder nicht keitsrecht zurückzuführen, die im Einzelfall auf zumutbar ist. Wie unten detaillierter ausgeführt kommunaler Verwaltungsebene unterschiedlich wird, ist den Ausnahmen von der Regel ein eige- ausgelegt und angewendet werden können. ner Paragraf gewidmet (§ 12 StAG).10 Einbürgerung nach dem Staatsangehörig Zusammenfassend ist festzustellen, dass die An- keitsgesetz forderungen ebenso vielfältig sind wie die Aus- Welche Voraussetzungen in Deutschland lebende nahmen davon und dass das deutsche Staatsan- Ausländerinnen und Ausländer für eine Einbür- gehörigkeitsrecht oft die Auslegung zahlreicher gerung erfüllen müssen, ist in §§ 8–10 StAG gere- unbestimmter Rechtsbegriffe erfordert. Ob z. B. gelt.9 § 8 StAG regelt die Ermessenseinbürgerung, eine antragstellende Person die Inanspruchnah- § 9 StAG die Einbürgerung von Ehegatten deut- me von Sozialleistungen selbst zu vertreten hat, scher Staatsangehöriger und § 10 StAG die An- ist ein auslegungsbedürftiger Tatbestand, den die spruchseinbürgerung. Einbürgerungsbehörde „selbständig und eigen- 7 Gesetz über die Zuständigkeit in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten vom 10. September 2013, GVBl. für das Land Brandenburg I, S. 1. 8 Thüringer Verordnung zur Bestimmung von Zuständigkeiten im Geschäftsbereich des Innenministeriums vom 15. April 2008, GVBl. für den Freistaat Thüringen, S. 102. 9 Die Einbürgerungsmöglichkeiten von Ausländerinnen und Ausländern mit Wohnsitz im Ausland sind in §§ 13–14 StAG geregelt. 10 Tatsächlich wird seit Jahren bei über der Hälfte aller jährlichen Einbürgerungen Mehrstaatigkeit hingenommen. 2020 waren es 63 Prozent aller Einbürgerungen (Statistisches Bundesamt 2021b: 129).
2 DETERMINANTEN DER EINBÜRGERUNGSABSICHT UND WIRKUNGSPOTENZIALE 13 VON EINBÜRGERUNGSFÖRDERNDEN MASSNAHMEN verantwortlich“ prüfen kann (Hailbronner/Maa- wenn die betreffende Person sie nicht selbst zu ßen/Hecker/Kau 2017: StAG § 10 Rn. 42). Die Ein- vertreten hat (§ 8 StAG S. 1 Abs. 4; Hailbronner/ bürgerungsbehörden gehen bei dieser Prüfung Maaßen/Hecker/Kau 2017: § 8 StAG Rn. 37).12 jedoch zum Teil sehr unterschiedlich vor. Im Viele der Voraussetzungen in § 8 StAG sind nordrhein-westfälischen Landkreis Düren bei- nicht gesetzlich normiert, ihre Bewertung erfor- spielsweise wird eine Standardabfrage beim zu- dert eine Auslegung durch die jeweils zuständi- ständigen Jobcenter durchgeführt, ob gegen die ge Behörde. Dadurch gibt es in einigen Punkten betreffende Person Sanktionen wegen mangeln- mehr Flexibilität als bei Einbürgerungen nach der Mitwirkung bei der Jobsuche verhängt wur- § 10 StAG. In § 8 StAG sind auch Erleichterungen den. In anderen Kreisen und kreisfreien Städten für bestimmte Personengruppen oder Anwen- in Nordrhein-Westfalen und in anderen Bundes- dungsfälle vorgeschrieben: Anerkannte Flücht- ländern müssen Antragstellende hingegen weitere linge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonventi- Nachweise vorlegen. Üblich ist auch eine Progno- on z. B. können nach sechs Jahren Aufenthalt in se darüber, ob der oder die Antragstellende in Zu- Deutschland eingebürgert werden (StAR-VwV kunft auf Sozialleistungen angewiesen sein könn- Nr. 8.1.3.1), sofern sie die sonstigen dort genann- te (Hailbronner/Maaßen/Hecker/Kau 2017: § 10 ten Voraussetzungen erfüllen – nach § 10 StAG StAG Rn. 36). Eine solche prognostische Prüfung ist dies hingegen nur bei besonderen Integrati- ist weder in der StAR-VwV noch in den VAH-StAG onsleistungen möglich. vorgesehen, sie hat sich vielmehr als Ergebnis des behördlichen Handelns und der Rechtsprechung Ein wichtiger Bereich, in dem §§ 8 und 10 StAG seit den späten 1990er Jahren entwickelt (vgl. Hof- eine unterschiedliche Praxis ermöglichen, ist mann/Oberhäuser 2013).11 die Hinnahme der Mehrstaatigkeit bei der Ein- bürgerung. Nach beiden Paragrafen sollte Mehr- Neben dem Einbürgerungsanspruch nach § 10 staatigkeit grundsätzlich vermieden werden (§ 10 StAG gibt es auch die Möglichkeit, eine Ermes- Abs. 1 Nr. 4 StAG; StAR-VwV Nr. 8.1.2.6; VAH-StAG senseinbürgerung nach §§ 8 oder 9 StAG zu be- 8.1.2.6.3). Für Einbürgerungen nach § 10 StAG re- antragen. § 9 StAG regelt die Einbürgerungsmög- gelt § 12 abschließend Ausnahmen von diesem lichkeiten von Ausländerinnen und Ausländern, Grundsatz: Danach dürfen Staatsangehörige von die mit deutschen Staatsangehörigen verheiratet EU-Mitgliedstaaten und der Schweiz bei der Ein- sind oder in einer eingetragenen Partnerschaft bürgerung ihre bisherige Staatsangehörigkeit bei- leben. Für sie ist die notwendige Aufenthalts- behalten. Für Angehörige von Drittstaaten ist dauer im Land auf drei Jahre reduziert, wenn die dies nur in Ausnahmefällen möglich, insbesonde- eheliche Lebensgemeinschaft oder Lebenspart- re, wenn die Aufgabe der Staatsangehörigkeit im nerschaft seit mindestens drei Jahren besteht Recht des ausländischen Staates nicht vorgesehen (Hailbronner/Maaßen/Hecker/Kau 2017: § 9 oder de facto nicht durchführbar ist oder wenn StAG Rn. 20). Ausländerinnen und Ausländer, die dieser Staat einen gestellten Entlassungsantrag nicht mit deutschen Staatsangehörigen verhei- über einen Zeitraum von zwei Jahren nicht be- ratet oder verpartnert sind, können eine Ermes- scheidet (§ 12 Abs. 1 StAG). Bei einer Einbürgerung senseinbürgerung nach § 8 StAG beantragen. Da- nach § 8 StAG kann auch jenseits solcher Fälle für gelten zum Teil höhere Voraussetzungen als Mehrstaatigkeit hingenommen werden, sofern an für eine Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG; der Einbürgerung der antragstellenden Person ein so ist die Inanspruchnahme von Sozialleistungen besonderes öffentliches Interesse besteht. Hinwei- bei § 8 ein härteres Ausschlusskriterium, auch se zur Beurteilung des öffentlichen Interesses und 11 Antragstellende, die trotz einer Erwerbstätigkeit auf ergänzende Leistungen der Grundsicherung angewiesen sind, Geringverdienende, die keine Sozialleistungen bekommen, sowie Antragstellende mit befristeten Arbeitsverträgen bestehen diese prognostische Prüfung oftmals nicht (Lämmermann 2013: 57; vgl. auch Manhart 2012: 239). Auch für Selbständige mit schwankenden Einkünften kann es schwierig sein, das Kriterium der Unterhaltsfähigkeit zu erfüllen, selbst wenn sie keine Sozialleistungen in Anspruch nehmen. 12 Von dieser Voraussetzung kann bei § 8 StAG zur Vermeidung einer besonderen Härte oder aus Gründen des öffentlichen Interesses abgesehen werden.
14 ERFOLGSFAKTOREN EINER GELINGENDEN EINBÜRGERUNGSPRAXIS entsprechenden Ausnahmen bei der Hinnahme sich bei Personen mit ausgeprägter Doppeliden- von Mehrstaatigkeit finden sich zum Teil in den tität Zugehörigkeits- bzw. Loyalitätskonflikte er- VAH-StAG und StAR-VwV, zum Teil durch unver- geben können (Sauer 2019: 30–31; vgl. auch Wun- öffentlichte Rundschreiben. derlich 2005: 141–142). Ob bei der Einbürgerung Mehrstaatigkeit hin- genommen wird, hat auf das Einbürgerungsge- schehen in Deutschland erheblichen Einfluss. So 2.2 Einbürgerungsverhalten haben verschiedene Studien ermittelt, dass die verschiedener Herkunfts- Bedingung, bei der Einbürgerung die bisherige gruppen Staatsangehörigkeit aufzugeben, die individuelle Einbürgerungsbereitschaft von Ausländerinnen Die Wirksamkeit kommunaler Maßnahmen zur und Ausländern am stärksten mindert (Wein- Förderung der Einbürgerung wird auch erheblich mann et al. 2012: 262–267; Thränhardt 2017: 33; davon beeinflusst, wie sich die ausländische Be- Sauer 2019: 17; Anschau/Vortmann 2020: 86). völkerung vor Ort jeweils zusammensetzt. So zei- Dies kann sowohl praktische als auch identifi- gen Angehörige von EU-Mitgliedstaaten in der katorisch-emotionale Gründe haben. So geht Regel weniger Interesse an der Einbürgerung die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit als Drittstaatsangehörige, denn durch die Uni- mit dem Verlust von Rechten einher, etwa dem onsmitgliedschaft genießen sie bereits fast alle Wahlrecht im Land der bisherigen Staatsange- staatsbürgerlichen Rechte, die deutsche Staats- hörigkeit. Zudem erschwert sie Einreise und Auf- angehörige haben (Worbs 2008: 38-40; SVR 2021: enthalt in dem betreffenden Staat und kann Erb- 38-40). Eine Ausnahme bilden hier Staatsange- schaftsangelegenheiten verkomplizieren. Nicht hörige ‚neuer‘ EU-Mitgliedstaaten wie Rumäni- zuletzt kann die Entlassung aus der bisherigen en, Polen oder Bulgarien (vgl. Kovacheva 2021: Staatsangehörigkeit für die Antragstellenden mit 155–189; Thränhardt 2017: 14). Auch innerhalb erheblichem Aufwand (Reisen) und hohen Kos- der Gruppe der Drittstaatsangehörigen variiert ten verbunden sein, die die Grenze des nach § 12 das Einbürgerungsinteresse; entsprechend ist die Abs. 1 Nr. 5 StAG Unzumutbaren nicht über- Einbürgerungsaktivität stark herkunftslandspezi- schreiten.13 fisch. Türkische Staatsangehörige in Deutschland lassen sich z. B. relativ selten einbürgern (Wit- Jenseits der materiellen Faktoren kann die Aufga- te 2018), was damit zusammenhängt, dass sie in be der bisherigen Staatsangehörigkeit auch einen der Regel ihre türkische Staatsangehörigkeit bei emotional herausfordernden Akt bedeuten (vgl. Einbürgerung aufgeben müssen (vgl. Thränhardt Diehl/Blohm 2008; Witte 2018). Der Grundsatz 2017: 17).14 Staatsangehörige anderer Länder wie der Vermeidung von Mehrstaatigkeit kann daher Iran oder Afghanistan, bei denen Mehrstaatigkeit bei einbürgerungsberechtigten Ausländerinnen bei der Einbürgerung grundsätzlich hingenom- und Ausländern die Bereitschaft zur Einbürge- men wird,15 haben ein viel stärkeres Interesse an rung hemmen (vgl. Weinmann et al. 2012: 252), da einer Einbürgerung (Weinmann et al. 2012: 280). 13 Diese Unzumutbarkeitsgrenze ist gemäß der Vorläufigen Anwendungshinweise zum Staatsangehörigkeitsrecht erreicht, wenn die Gebühren ein durchschnittliches Bruttomonatseinkommen der einzubürgernden Person überschreiten und mindestens 1.278 Euro betragen. So müssen US-amerikanische Staatsangehörige beispielsweise 2.350 US-Dollar zahlen, um aus ihrer Staatsangehörigkeit entlassen zu werden (Thränhardt 2017: 11). 14 Seit 2009 können türkische Staatsangehörige allerdings bei der Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit zwecks Annahme einer neuen Staatsangehörigkeit eine „blaue Karte“ (mavi kart) beantragen, die ihnen in der Türkei fast alle staatsbürgerlichen Rechte einräumt, mit Ausnahme des aktiven und passiven Wahlrechts. 15 Die Vorläufigen Anwendungshinweise zum Staatsangehörigkeitsgesetz (VAH-StAG) geben vor, dass bei der Einbürgerung von iranischen und afghanischen Staatsangehörigen Mehrstaatigkeit grundsätzlich hingenommen wird, weil eine Entlassung aus der Staatsangehörigkeit dieser Länder faktisch unmöglich ist (Nr. 12.1.2.2 VAH-StAG). Irak wird in den VAH-StAG von 2015 nicht als eines der Länder genannt, bei denen Mehrstaatigkeit grundsätzlich zu akzeptieren ist. Mehrere Bundesländer nehmen sie bei der Einbür- gerung irakischer Staatsangehöriger jedoch hin, weil es sehr schwierig wäre, die für die Entlassung nötigen Unterlagen zu beschaffen (Statistisches Bundesamt 2021: 4).
2 DETERMINANTEN DER EINBÜRGERUNGSABSICHT UND WIRKUNGSPOTENZIALE 15 VON EINBÜRGERUNGSFÖRDERNDEN MASSNAHMEN Dies zeigt sich an den großen Unterschieden im den Landkreis noch für die kreisfreie Stadt Olden- ausgeschöpften Einbürgerungspotenzial (aEP)16 burg festgestellt werden, dass dort besondere ein- nach (bisheriger) Staatsangehörigkeit (Tab. 1).17 bürgerungsfördernde Maßnahmen umgesetzt würden. Zwar veranstalteten beide Kommunen Die sehr unterschiedlichen Verhaltensmuster zei- bis zum Beginn der Corona-Pandemie regelmä- gen, dass die Intensität des kommunalen Einbür- ßig Einbürgerungsfeiern, zu denen Vertreterinnen gerungsgeschehens nicht nur ein Resultat be- und Vertreter der Presse und andere Multiplikato- hördlichen Handelns ist, sondern oftmals auch rinnen und Multiplikatoren eingeladen wurden, auf die Zusammensetzung der ausländischen Be- um die Wertschätzung der Einbürgerung nach au- völkerung vor Ort zurückzuführen ist. ßen zu betonen und mittelbar für Einbürgerung zu werben. Darüber hinausgehende informie- Dies lässt sich besonders deutlich am Beispiel der rende oder aktiv werbende Maßnahmen wie z. B. Region Oldenburg aufzeigen. Sowohl beim Land- Briefaktionen, Plakatwerbung oder Kooperation kreis Oldenburg als auch bei der kreisfreien Stadt mit nichtstaatlichen Organisationen oder Migran- liegt das aEP weit über dem Bundes- und dem tenselbstorganisationen wurden jedoch nicht er- niedersächsischen Landesdurchschnitt (Abb. 1). griffen. Dieses außergewöhnlich hohe aEP könnte als In- Vielmehr wirkt sich die Zusammensetzung der diz für eine besonders erfolgreiche aktive kom- ausländischen Bevölkerung günstig auf die Ein- munale Einbürgerungspolitik interpretiert bürgerungszahlen aus, wie die Mitarbeitenden der werden. Tatsächlich konnte im Rahmen der Re- örtlichen Einbürgerungsbehörden bestätigten. cherchen für die vorliegende Expertise weder für In der Stadt Oldenburg ist die irakisch-jesidische Tab. 1: Ausgeschöpftes Einbürgerungspotenzial (in Prozent) nach Staatsangehörigkeit, 2011–2020 (ausgewählte, quantitativ bedeutsame Staatsangehörigkeiten) 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Afghanistan 10,3 9,7 11,1 11,5 10,5 10,8 11,0 12,4 12,8 13,2 Bulgarien 10,9 10,1 9,2 7,7 6,6 6,3 6,3 4,9 4,7 4,0 Irak 21,0 12,2 10,0 9,9 11,1 11,7 11,5 13,0 13,3 11,9 Iran 9,3 8,3 8,6 8,7 9,0 9,8 10,3 12,2 15,5 16,3 Italien 0,4 0,5 0,6 0,7 0,7 0,8 0,9 0,9 1,0 0,9 Nigeria 14,0 12,5 12,4 11,3 12,1 11,3 10,2 11,0 10,7 9,7 Rumänien 7,6 6,8 6,5 6,1 6,5 7,8 8,3 6,9 8,2 7,4 Syrien 11,6 9,4 9,4 10,7 11,5 12,5 13,7 16,0 19,7 38,417 Türkei 2,0 2,3 2,0 1,6 1,4 1,2 1,1 1,2 1,2 0,9 Vereinigtes 0,4 0,4 0,6 0,7 0,9 3,9 10,0 8,9 22,7 8,9 Königreich Quelle: Statistisches Bundesamt 2017: 21–29; 2021b 16 Das ausgeschöpfte Einbürgerungspotenzial (aEP) bezieht die Zahl der Einbürgerungen eines Jahres auf die Zahl der Ausländerinnen und Ausländer, die seit mindestens zehn Jahren in Deutschland leben. Es wird davon ausgegangen, dass die Mehrheit dieser Auslände- rinnen und Ausländer die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Einbürgerung nach § 10 StAG erfüllt. Diese Annahme trifft nicht in jedem Einzelfall zu, gibt aber ein zutreffendes Gesamtbild (Statistisches Bundesamt 2021b: 7). 17 Viele der syrischen Staatsangehörigen in Deutschland sind anerkannte Flüchtlinge und können dadurch oft schon nach sechs Jahren eingebürgert werden. So ist dieses extrem hohe aEP wohl eine nach oben verzerrte Statistik.
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