EILDIENST 1 /2017 - Aus dem Inhalt: Landkreistag NRW
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EILDIENST 1/2017 Aus dem Inhalt: Aktuelle Situation der NRW-Kommunalhaushalte Stärkung der Schulverantwortung vor Ort „Schulein der digitalen Welt“ – Gemeinsame Erklärung zur Umsetzung des Programms „Gute Schule 2020“
EILDIENST Heft 1/2017 Auf ein Wort Urteil des Verfassungsgerichtshofs zur schulischen Inklusion: Pragmatische Konnexitätslösung Nach einer Vielzahl intensiver Verhandlungsrunden hatten die kommunalen Spitzen- verbände mit dem Land im Frühsommer 2014 Einvernehmen über einen Belastungs- ausgleich für die schon im Vorjahr gesetzlich beschlossene Inklusion im Schulbereich – dem gemeinsamen Unterricht behinderter und nicht-behinderter Kinder – erzielt: Der Anspruch auf inklusive Beschulung und der Belastungsausgleich traten zum 1. August 2014 gleichzeitig in Kraft. Dazu musste ein neuer Weg beschritten werden, da das Land nur teilweise einen Konnexitätsanspruch der Kommunen („Wer bestellt, bezahlt“) anzuerkennen bereit war und insoweit ein Belastungsausgleich nur ohne Anerkennung einer Rechtspflicht nach dem Konnexitätsprinzip zu verhandeln war, dessen verfahrens- technische Gestaltung sich als anspruchsvoll erwies. Denn es handelte es sich um Kostenauswirkungen, die sich eben nicht von vornherein mit der notwendigen Genauigkeit abschätzen ließen. Schon deshalb war es notwen- dig, hierbei ein Instrument zu finden, das nicht nur den Ausgleich selbst, sondern auch eine realitätsbezogene Einstiegssumme und ein adäquates Werkzeug zum Nachsteuern gewährleisten konnte. Der Mechanismus dazu wurde mit dem Gesetz zur Förderung kommunaler Aufwendungen für die schulische Inklusion grundgelegt. Danach wurden zunächst 25 Millionen Euro jährlich zum Ausgleich der investiven Kosten der kommunalen Schulträger und 10 Millionen Euro jährlich als Pauschale im Hinblick auf die zusätzlichen Personalaufwendungen der kommunalen Sozial- und Jugendhilfeträger im Bereich der Inklusionshelfer festgelegt. Zugleich sieht eine Revisionsklausel vor, dass in den ersten Jahren jährlich und sodann in längerem Turnus eine Überprüfung der Entwicklung der Aufwendungen in den genannten Bereichen – gemessen an den Investitionsaufwendungen und den Aufwen- dungen für Inklusionshelfer nach § 35a SGB VII und § 54 SGB XII – mit der Folge der Anpassung des Belastungsausgleichs erfolgt. Die von allen drei kommunalen Spitzenverbänden, der Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen getroffene Verein barung ist von Pragmatismus geprägt. Ein solches Ergebnis kann nie ideal sein, zumal die festgelegten Pauschalen letztlich auf im Evaluationsverfahren ermittelte Durchschnittswerte zurückzuführen sind, die in einer Kommune auch deutlich anders ausfallen können. Vielleicht erklärt sich so, dass die damit verbundenen Rechtsfragen zwar nicht durch Kreise oder kreisfreie Städte, aber durch 52 kreisangehörige Gemeinden zur Überprüfung gestellt wurden. Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein- Westfalen hat nun in seiner Entscheidung vom 10. Januar 2017 die Verfassungsbeschwerden als unzulässig verworfen. Aber er hat doch Vieles gesagt, das zur Weiterentwicklung des Belastungsausgleichs für die Übertragung neuer oder die wesentliche Veränderung bestehender Aufgaben durch das Land beitragen wird. So lassen die Verfassungsrichter schon im konkreten Zusam- menhang der schulischen Inklusion erkennen, dass die Mehraufwendungen der kommunalen Aufgabenträger für nichtlehrendes Personal, das förderbedürftige Schüler an allgemeinen Schulen unterstützt (Inklusionshelfer), auch aus ihrer Sicht belastungsaus- gleichspflichtig sein können. Denn die Richter gehen davon aus, dass das Land auch hierfür einen – dem Umfang nach ungeprüft gebliebenen – „Ausgleich der Belastungen, die sich für die Kommunen aus dem 9. Schulrechtsänderungsgesetz ergeben“ gewährt habe. Das ist ein rechtlicher Quantensprung, denn exakt das hatte der Gesetzgeber zwar inhaltlich geregelt, aber nie ausdrücklich anerkennen wollen. Für die Kreise und kreisfreien Städte als örtliche Sozial- und Jugendhilfeträger bedeutet dies eine Bestätigung ihrer Auffassung. Dies trifft auf einen Rahmen, in dem sich die Anpassungsfähigkeit des Belastungsausgleichs erneut bewährt hat: Erst im Dezember 2016 war infolge der zweiten Evaluationsrunde der für die Inklusionshelfer geltende jährliche Betrag von zuvor 10 Millionen Euro auf 20 Millionen Euro angehoben worden. Zugleich wurde der für Investitionen zur Verfügung stehende Betrag aufgrund der ermittelten Kostenentwicklung um 5 Millionen Euro von zuvor 25 Millionen Euro auf nun 20 Millionen Euro jährlich abgesenkt. Der Belastungsausgleich insgesamt ist damit im laufenden Schuljahr von 35 Millionen Euro auf nunmehr 40 Millionen Euro jährlich gestiegen. Die Verdoppelung der für die Inklusionshelfer zur Verfügung stehenden Mittel entsprach der Forderung der kommu nalen Spitzenverbände und spiegelt die sich äußerst dynamisch entwickelnden Aufwendungen der örtlichen Sozial- und Jugend- hilfeträger für Integrationshilfen nach § 35a SGB VIII und § 54 SGB XII wider. Über den schulischen Zusammenhang hinaus ist die Wertung des Verfassungsgerichtshofs festzuhalten, dass auch eine nach gelagerte, aber zeitgleich in Kraft tretende Belastungsausgleichsregelung zur Erfüllung der Anforderungen der Landesverfassung an einen Belastungsausgleich ausreicht. Diese Option einer konsekutiven Regelung des Belastungsausgleichs könnte in den Berei- chen die Durchführbarkeit des Belastungsausgleichs stärken, in denen die Kostenfolgeabschätzung nicht realistisch im Vorhinein durchzuführen ist. Für diese Konstellation naht ein nächstes Beispiel: Die Kommunen haben das Bundesteilhabegesetz (BTHG) umzusetzen, dessen konnexitätsrelevante Stufen 2 und 3 zum 01.01.2018 bzw. zum 01.01.2020 in Kraft treten werden. Mit Blick auf solche Konstellationen hatten die kommunalen Spitzenverbände die Schaffung der Möglichkeit eines nachträglichen Aus- gleichs auch im Rahmen der Verfassungskommission des Landtages gefordert. Auch wenn dort dieses Ziel nicht erreicht wurde, besteht nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs eine entsprechende Leitlinie zur praktischen Handhabung. Dr. Martin Klein Hauptgeschäftsführer des Landkreistages Nordrhein-Westfalen 1
Inhalt EILDIENST Heft 1/2017 EILDIENST 1/2017 Auf ein Wort Wort 1 Themen aktuell Kavalleriestraße 8 40213 Düsseldorf Aktuelle Situation der NRW-Kommunalhaushalte 5 Telefon 0211/ 300 491-0 Telefax 02 11/ 300 491-660 E-Mail: presse@lkt-nrw.de Internet: www.lkt-nrw.de Aus dem Landkreistag Impressum Vorstand des Landkreistags NRW am 06.12.2016 11 EILDIENST – Monatszeitschrift des Landkreistages Nordrhein-Westfalen Themen Herausgeber: Hauptgeschäftsführer Katastrophenschutzpläne versus Katastrophenschutzbedarfspläne 12 Dr. Martin Klein Redaktion: „Bunte Einheiten“ ziehen an einem Strang: Feuerwehren, Hilfs- und Erster Beigeordneter Dr. Marco Kuhn andere Organisationen werden im Kreis Warendorf gemeinsam geführt 13 Beigeordneter Dr. Christian v. Kraack Hauptreferent Dr. Markus Faber Referentin Dr. Andrea Garrelmann Stärkung der Schulverantwortung vor Ort 15 Referentin Dorothée Heimann Referent Thomas Krämer Referentin Kirsten Rüenbrink „Schule in der digitalen Welt“ – Gemeinsame Erklärung zur Hauptreferent Dr. Kai Zentara Umsetzung des Programms „Gute Schule 2020“ 17 Quelle Titelbild: eyetronic Klimaprojekt für Auszubildende mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet20 Redaktionsassistenz: Gaby Drommershausen Astrid Hälker Mit ALTBAU NEU lässt sich ausgezeichnet sanieren 22 Heike Schützmann Herstellung: ALBERSDRUCK GMBH & CO KG Das Porträt Leichlinger Straße 11 40591 Düsseldorf Werner Haßenkamp, Präsident der Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen25 ISSN 1860-3319 Im Fokus „Glasfaser – der Kreis Klever Weg zur zukunftsfähigen Infrastrukturausstattung“28 Medien-Spektrum: Aktuelle Pressemitteilungen Novellierung des Tariftreue- und Vergabegesetzes NRW: Landkreistag NRW kritisiert Übermaß an Bürokratie 30 Kreise in Nordrhein-Westfalen Enormer Anstieg der Pflegebedürftigen NRW: Landkreistag NRW: Hohe Pflegebedürftigkeit führt zu steigenden Kreisumlagen 30 2
EILDIENST Heft 1/2017 Inhalt EILDIENST 1/2017 Zum Urteil des Verfassungsgerichtshofes NRW – Schulische Inklusion: Pflicht des Landes zum Kostenausgleich bleibt bestehen 30 Kurznachrichten Allgemeines Statistisches Jahrbuch Nordrhein-Westfalen 2016 erschienen 31 Flüchtlingsunterbringung und -integration als kommunale Herausforderung 31 Mikrozensus 2017 startet in Nordrhein-Westfalen 32 Arbeit und Soziales Tätigkeitsbericht 2014-2015 der Aufsicht nach dem Wohn-und Teilhabegesetz NRW des Kreises Viersen 32 Sozialleistungsbericht 2016 des Kreises Warendorf veröffentlicht 32 Rund 2,1 Millionen Menschen in NRW erhielten Ende 2015 Leistungen der sozialen Mindestsicherung 32 Kreis Unna inklusiv - Viel auf den Weg gebracht 33 Bauen und Planen Wohnen 2014: mehr Wohnungen und weniger Leerstand als 2010 33 Familie, Kinder und Jugend Ausgaben für Kinder- und Jugendhilfe in NRW 2015 um 5,7 Prozent gestiegen 33 Familie online im Kreis Unna – Konferenz lenkt Blick auf Chancen der Digitalisierung 33 Gesundheit Zahl der Pflegebedürftigen in NRW um 9,7 Prozent gestiegen 34 Statistiker erwarten bis 2060 bis zu eine Million Pflegebedürftige in NRW 34 Integration Großes Interesse an „Sprache als Schlüssel zur Welt“ 35 3
Inhalt EILDIENST Heft 1/2017 EILDIENST 1/2017 Kultur Jahrbuch 2017 des Kreises Borken 35 Jahrbuch 2017 des Kreises Wesel 36 Jahrbuch 2017 des Kreises Höxter 36 Schule und Weiterbildung Studierendenzahl an NRW-Hochschulen im Wintersemester 2016/17 um 2,5 Prozent gestiegen 36 114.732 junge Menschen begannen in NRW eine duale Ausbildung 36 IT.NRW legt aktuelle Broschüre „Hochschulen in NRW“ vor 37 Umwelt Masterplan Umwelt und Gesundheit 37 Erfolg: Ennepe-Ruhr-Kreis gilt als Energie- und Klimaschutzkommune 37 Anteil erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch lag 2014 in NRW bei 4,1 Prozent 38 Wirtschaft und Verkehr Bewerbung für Regionale 2022/2025 „Region im Fluss _ Mittendrin in NRW“ 38 NRW-Verbraucherpreisindex: Höchste Teuerungsrate seit Juli 2013 39 80 Prozent der Internetnutzer in Nordrhein-Westfalen kauften online ein 39 Hinweise auf Veröffentlichungen Veröffentlichungen 40 4
EILDIENST Heft 1/2017 Thema aktuell Aktuelle Situation der NRW-Kommunalhaushalte – Zur Haushaltsentwicklung der Kreise und der Landschaftsverbände in den Jahren 2015 und 2016 – Von Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Klein und Hauptreferent Dr. Kai Zentara, Landkreistag Nordrhein-Westfalen Die Situation der Kommunalfinanzen war im Berichtszeitraum sehr deutlich von dem Flüchtlingszustrom ab Herbst 2015 und der Frage der Refinanzierung der in diesem Zusammenhang auf die kommunale Ebene zukommenden Herausforderungen geprägt. Sie waren im Rahmen fast aller finanzpolitischen Aktivitäten der kommunalen Spitzenverbände zu berücksichtigen. Der Bund hat im Jahr 2016 verschiedene Maßnah- men beschlossen, die den Kommunen bei der finanziellen Bewältigung des Flüchtlingszustroms, aber auch darüber hinaus zur Verbesserung ihrer allgemeinen Finanzlage – die gerade in Nordrhein-Westfalen seit Jahren äußerst problematisch ist – zu Gute kommen sollen. Diese Unterstützung ist zusammen mit den Maßnahmen des Landes Nordrhein-Westfalen vor dem Hintergrund der bei den 30 Kreisen, der Städteregion Aachen sowie der Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe durch den Land- kreistag Nordrhein-Westfalen erhobenen Haushaltsdaten einzuordnen. A. Flüchtlingszustrom stunden sind indessen nicht erstattet wor- sen. Diese entstehen, sobald das Bundes- den. Hier war allerdings vielfach erhebliche amt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Vorauszuschicken ist, dass in Nordrhein- Mehrarbeit insbesondere in den Abend- den Geflüchteten eine dauerhafte Aufent- Westfalen die Aufgabe der Unterbringung und Nachtstunden sowie am Wochen haltserlaubnis erteilt hat beziehungswei- von Flüchtlingen nach den einschlägigen ende zu verzeichnen. Diese wurde aller- se – nach Ablauf gewisser Fristen – auch Zuständigkeitsvorschriften des Landes- dings sehr häufig nicht in irgendeiner Form im Falle der Duldung und im Rahmen von rechts den Gemeinden obliegt. Für die abgerechnet, sondern erfolgte ausdrück- Kontingentmaßnahmen zu gewähren sind. Aufgabe der Erstaufnahme, die nach den lich freiwillig, nicht selten auch und gera- Seit Jahresbeginn werden die Leistungen geltenden Zuständigkeitsregelungen durch de im Zusammenwirken mit ehrenamtlich an diese Bedarfsgemeinschaften in der Sta- das Land zu bewältigen ist, wurden prak- Engagierten. Der in der Öffentlichkeit nicht tistik der Jobcenter besonders erfasst. Mitt- tisch alle Gemeinden und später auch die immer wertgeschätzte öffentliche Dienst lerweile liegen erste Zahlen für die Monate Kreise während der Phase des größten hat gerade bei der Bewältigung des Flücht- August und September 2016 vor, die aller- Zustroms im Rahmen einer sogenannten lingszustroms unter Beweis gestellt, dass dings einer weiteren Validierung bedür- Amtshilfe für das Land aktiv. Zum Teil hat- er vor allem im Krisenfall intensiv anpackt, fen: In Nordrhein-Westfalen ist die Zahl ten kleinere und mittlere Gemeinden die sich gerade bei humanitären Herausforde- der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten jeweiligen Kreisverwaltungen bereits seit rungen selbstständig einbringt und erheb- im Kontext mit Fluchtmigration, deren Herbst 2014 um Unterstützung bei der lichen Mehraufwand zu leisten imstande erster SGB II-Leistungsbezug ab Oktober Aufnahme von Flüchtlingen gebeten. Diese ist, ohne reflexartig nach einer Kompensa- 2015 erfolgte, allein im Vergleich August erfolgte etwa durch die Freigabe von Kreis- tion in Form von Überstundengutschriften, und September um 5.378 von 42.037 auf sporthallen und anderen Liegenschaften Gehaltszuschlägen oder Mehrarbeitsver- 47.415 Personen (=12,8%) angestiegen. der Kreise sowie vor allem durch personelle gütung zu fragen. Die Ausgaben für diese Gruppe erhöhten Hilfestellungen. Die insoweit den Kommu- sich im Monatsvergleich um 1.458.036 von nen entstandenen Kosten sollten gemäß I. Dauerhafte Ausgabensteigerungen der 11.116.041 auf 12.574.077 (=13,1%). Zusage des Landes vollständig erstattet Kreishaushalte in Folge des Flüchtlings- Es steht zu erwarten, dass sich die Stei- werden (vgl. zum derzeitigen Stand die zustroms gerungsraten im weiteren Verlauf des Landtags-Drs. 16/13783). Die Maßgabe Gleichwohl hat der Flüchtlingszustrom, Jahres 2016 noch erhöhen, da das BAMF dafür war, dass zur Beseitigung anderwei- infolgedessen mit Stand vom 01.10.2016 beabsichtigt, seine Bearbeitungsquote zu tig drohender Obdachlosigkeit eine unbü- bislang 214.489 Personen im Sinne von steigern. Genaue Zahlen für das Gesamt- rokratische und rasche Unterbringung in § 2 und § 3 Absatz 6 Flüchtlingsaufnahme- jahr 2016 sind jedoch erst im April 2017 adäquater Form geleistet werden sollte. gesetz (FlüAG) nach Nordrhein-Westfalen zu erwarten. Der Blick auf weitere ver- Nach Bewältigung einer Überlastungs- kamen (vgl. Landtags-Drs. 16/13814), fügbare Daten der Arbeitsmarktstatistik phase sind die in Aussicht genommenen beträchtliche Kosten für die Kreise zur zeigt ebenfalls beträchtliche Steigerungs- Erstattungen durch das Land – mit regio- Folge. Diese resultieren aus ihrer Rolle als raten: Im Januar 2016 waren in Nord nal unterschiedlichen Zeitverzögerungen Sozial- und Jugendhilfeträger (1.), aus dem rhein-Westfalen 1.684.399 Personen in – weitgehend erfolgt. Ungedeckte Kosten Aufgabenzuwachs in den Fachämtern (2.) bezugsberechtigten Bedarfsgemeinschaf- für die Unterbringung und Versorgung und weiteren Integrationskosten (3.). ten erfasst, davon 481.003 mit dem Merk- von Flüchtlingen in der Akutphase sind mal „Ausländer“, im August 2016 waren den Kreisen daher nicht entstanden. Die 1. Steigerung von Sozialausgaben insgesamt 1.701.113 bezugsberechtigt, zusätzlichen Personalkosten in Form vieler Namentlich die Kosten der Unterkunft davon aber 521.158 mit dem Merkmal Tausend zusätzlich aufgewandter Über- nach dem SGB II werden stark anwach- „Ausländer“. Während also die allgemeine 5
Thema aktuell EILDIENST Heft 1/2017 Bezugsberechtigung von Januar bis August beschafft werden. Kommunale Integra- dem SGB II (KdU) übernimmt. Dafür wur- lediglich um 16.714 Personen (=0,99%) tionsprogramme, Sprachkurse und vieles den im Jahr 2016 400 Millionen Euro, für zunahm, vergrößerte sich die Gruppe mit mehr (vgl. zu den Anforderungen aus Sicht 2017 900 Millionen Euro und für 2018 dem Merkmal „Ausländer“ um 40.155 des Landtages den am 14.09.2016 mit 1,3 Milliarden Euro im Bundeshaushalt zur Personen (=8,34%). Die Gruppe mit dem den Stimmen der Regierungsfraktionen Verfügung gestellt. War es zur Jahresmitte Merkmal „Deutsche“ verringerte sich im beschlossenen Antrag „Gelingende Inte- fraglich, ob der Betrag im Jahr 2016 aus- Vergleichszeitraum von 1.194.643 auf gration von Flüchtlingen. Ein Integrations- kömmlich ist, kann nun erwartet werden, 1.171.870 Personen (= -1,9%). Auch ein plan für NRW.“ – Drucksache 16/11229) dass die Summe von 84 Millionen Euro für Blick auf die amtliche Kassenstatistik alar- müssen refinanziert werden. Die Kreise NRW (nach Königsteiner Schlüssel) aus- miert: Im Vergleich der drei Quartale 2015 sind betroffen, soweit sie selbst entspre- reichen dürfte, weil das BAMF sein selbst und 2016 ist ein erheblicher Anstieg der chende Einrichtungen (z.B. Berufskollegs gestecktes Bearbeitungsziel von einer Mil- Auszahlungen der Kommunen in Nord oder Förderschulen) betreiben, die in Folge lion Bescheidungen offenbar weit verfehlt. rhein-Westfalen für soziale Leistungen von des Flüchtlingszustroms von mehr Men- Nach der Asylgeschäftsstatistik des BAMF 9,6% (= 1,27 Milliarden Euro) zu verzeich- schen als ursprünglich geplant in Anspruch für den Monat November 2016 wurden nen. Erhebliche Steigerungsraten sind auch genommen werden. bis zum 30.11.2016 insgesamt lediglich für die Betreuung ausländischer minder- Die von den Kreisen und kreisfreien Städ- 615.527 Entscheidungen über Asylanträ- jähriger Flüchtlinge durch die Jugendämter ten betriebenen kommunalen Integrati- ge getroffen. Indes bleibt die genaue Ent- der Kreise zu verzeichnen. Diese sind aber onszentren sind ebenfalls ausgebaut wor- wicklung hier zu beobachten. Namentlich bisher noch nicht belastbar. den. Bis zum Sommer 2016 stieg allein für die Jahre 2017 und 2018 ist erneut die Beim Blick auf die Kosten der Kreise darf bei den Kreisen die Zahlen der in diesem Frage zu stellen, ob die Mittel ausreichen, nicht übersehen werden, dass die Sozial- Bereich beschäftigten Mitarbeiter auf über um eine Vollfinanzierung sicherzustellen. gesetzbücher etliche weitere Leistungen 100 Vollzeitäquivalente. Es war eine sich vorsehen, die von Flüchtlingen in Anspruch verstärkende Tendenz der Kommunen zu 2. Kosten für unbegleitete minderjährige genommen werden können, etwa im beobachten, über die Landesförderung Flüchtlinge Bereich des SGB II für Wohnraumbeschaf- hinaus weitere Stellen aus eigenen Mitteln Die Leistungskosten für unbegleitete min- fung und Umzüge, für die Erstausstattung zu schaffen (vgl. hierzu den Ergebnisbe- derjährige Flüchtlinge werden gemäß § 89d der Wohnung sowie bei Schwangerschaft richt der wissenschaftlichen Begleitung der Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) vollständig und Geburt oder für psychosoziale Betreu- Kommunalen Integrationszentren und der durch das Land erstattet. Hinsichtlich der ung. Diese bleiben kommunale Belastun- Landesweiten Koordinierungsstelle NRW daneben entstehenden Verwaltungskosten gen und werden durch höhere Anteile des der Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Personalkosten, Vorhaltung von Arbeits- Bundes bei den Kosten der Unterkunft und Integrationsforschung in Kooperati- plätzen) wurde auf Grundlage des 5. AG (KdU) nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB on mit dem Institut für Politikwissenschaft KJHG NRW eine Verpflichtung des Landes II) nicht reduziert. der Universität Münster; abrufbar unter: erreicht, eine pauschale Erstattung je Fall https://www.mais.nrw/sites/default/files/ zu bestimmten Stichtagen vorzunehmen. 2. Personalkosten asset/document/mais_integration_bilanz_ Nicht unterschätzt werden sollte, dass ki.pdf ) 3. „Integrationspauschale“ des Bundes sich die Kommunen in Folge des Flücht- In einer weiteren Besprechung zwischen lingszustroms gezwungen sahen, ihren II. Beschlossene Entlastungen von Bund der Bundeskanzlerin und den Minister- Personalbestand auch jenseits der Auf- und Land präsidentinnen und Ministerpräsidenten gaben des Betriebs von Unterkünften 1. Übernahme der Kosten der Unterkunft der Länder am 07.07.2016 hat sich der und der Versorgung von Flüchtlingen in von Flüchtlingen Bund verpflichtet, den Ländern insgesamt erheblichem Umfang auszubauen. Allein Bereits im Oktober 2015 hat der Land- zwei Milliarden Euro in den in den Jahren wegen der hohen Fallzahlen, die ent- kreistag NRW erste Hochrechnungen vor- 2016-2018 zur Verfügung zu stellen, um sprechende Betreuung und Begleitung genommen, die einen starken Zuwachs Integrationsaufgaben zu bewältigen (sog. erfordern, waren in den Kreisverwaltun- insbesondere in der zweiten Jahreshälfte „Integrationspauschale“). Da erkennbar gen namentlich die Ausländerbehörden 2016 im Bereich der Kosten der Unterkunft wurde, dass das Land Nordrhein-Westfa- und die Jugendämter betroffen, die einen prognostizierten (vgl. das Editorial „Auf ein len – wie weitere Bundesländer – beab- beträchtlichen Arbeitszuwachs zu ver- Wort“ der Ausgabe 10/2015 des EILDIEN- sichtigte, den auf NRW entfallenden Anteil zeichnen hatten, aber auch in Gesund- STES, S. 341; „Flüchtlinge brauchen Unter- von 434 Millionen Euro pro Jahr voll- heits- und Sozialämtern wurden zusätzli- kunft und Heizung: Beteiligungsquote des ständig dem Landeshaushalt zuzuführen, che Kräfte eingestellt sowie entsprechende Bundes muss angepasst werden“). In kon- haben die kommunalen Spitzenverbände Sachinvestitionen in Büroausstattungen et zertiertem Zusammenwirken der kommu- in NRW Anfang November 2016 nochmals cetera vorgenommen. Eine Erhebung des nalen Spitzenverbände und ihrer Mitglie- einen politischen Vorstoß unternommen Landkreistages NRW hat ergeben, dass im der wurden die politischen Entscheidungs- und sich unmittelbar an die Vorsitzenden Zeitraum bis August 2016 über 700 neue träger auf der Bundesebene adressiert, um der im Landtag vertretenen Fraktionen und Stellen (Vollzeitäquivalente) allein bei den die Risiken für die Haushalte der Kreise die Ministerpräsidentin mit dem Anliegen Kreisen geschaffen wurden. und kreisfreien Städte zu beschreiben und gewandt, zumindest einen angemessenen eine Gegenfinanzierung durch den Bund Teil dieser Mittel an die Kommunen wei- 3. Integrationskosten einzufordern. Mit Erfolg: Am 16.06.2016 terzuleiten. Indes wurde mit Beschluss des Die eigentliche Aufgabe der Integration wurde zwischen der Bundeskanzlerin und Haushaltsgesetzes 2017 am 14.12.2016 der Flüchtlinge ist in den Städten und den Ministerpräsidentinnen und Minister- festgeschrieben, dass zumindest die Mittel Gemeinden zu leisten. Es müssen zusätz- präsidenten der Länder vereinbart, dass für die Jahre 2016 und 2017 den Kommu- liche Plätze in Kindertagesstätten und der Bund in den kommenden drei Jahren nen nicht zugutekommen sollen. Dies ist Schulen eingerichtet, entsprechendes die den Kommunen entstehenden Kosten ein vorläufiges Ergebnis, da die Opposition Personal eingestellt und Räumlichkeiten für die Unterkunft der Flüchtlinge nach im Landtag das Thema ihrerseits mit Anträ- 6
EILDIENST Heft 1/2017 Thema aktuell gen in den Fokus genommen hat, die etwa rung nicht auf Widerhall. Bei einem Blick Bundespolitik anbetrifft, für die Kommu- im Fall der CDU-Landtagsfraktion eine in die Zukunft muss weiterhin konstatiert nal-, in Sonderheit auch die Kreisfinan- vollständige Weiterleitung an die Kommu- werden, dass der maßgebliche Faktor die zen, erfreulich beendet worden zu sein. In nen fordert (LT-Drs. 16/13533). Zahl der Flüchtlinge ist, die ins Land kom- einem großen Rechtsetzungspaket, dem men. Insofern bestehen weiterhin in mit- „Gesetz zur Beteiligung des Bundes an den III. Vorläufiges Fazit telfristiger Sicht erhebliche Unsicherheiten, Kosten der Integration und zur weiteren Angesichts dieser Fakten fällt die vorläufige die sich auch daraus ergeben, dass unab- Entlastung von Ländern und Kommunen“, Bilanz der Refinanzierung der flüchtlings- sehbar ist, wie sich der Familiennachzug das am 01.12.2016 im Bundesgesetzblatt bedingten Mehrkosten der Kommunen im tatsächlich entwickelt. veröffentlicht wurde, ist nicht nur die unter Allgemeinen und der Kreise im Besonderen A. geschilderte Entlastung bei den Flücht- gemischt aus: Durch umfassende Einwir- lingskosten legislativ umgesetzt worden. B. Die allgemeine Entwick- kung auf die Bundespolitik konnte erreicht Das Gesetz regelt nun auch – endlich – die werden, dass zumindest die Kosten für lung der Kreisfinanzen, bereits im Koalitionsvertrag von CDU/CSU die Unterbringung und Versorgung der namentlich der Sozialauf- und SPD im Dezember 2013 angekündigte Flüchtlinge sowohl in der Akutphase nach wendungen, im Lichte der Entlastung der Kommunen in Deutschland den asylrechtlichen Vorschriften als auch beschlossenen Bundesent- um fünf Milliarden Euro; allerdings erst nach dem Wechsel in das SGB II-System, lastungen ab dem Jahr 2018. Dies erscheint wenig und die Betreuung von unbegleiteten min- zufriedenstellend, da die entsprechenden derjährigen Flüchtlingen – zumindest was Das Jahr 2016 erscheint auf den ersten Mittel angesichts der ausgezeichneten die Jahre 2016 und 2017 betrifft – als im Blick, zumindest was die Aktivitäten der Einnahmesituation des Bundes ohne Wei- Großen und Ganzen gegenfinanziert gel- ten können. Weitaus weniger Optimismus ist mit Blick Kommunale Sozialaufwendungen Nordrhein-Westfalen auf die weiteren Integrationskosten, die (ausgewählte Hilfearten - kumulierte Darstellung - netto - in T€) insbesondere auf die Städte und Gemein- 18,0 Kinder- und Jugendhilfe den zukommen, angebracht. Aber auch die Kreise als örtliche Sozialhilfeträger 16,0 Eingliederungshilfe für Menschen mit haben jenseits ihrer Finanzierungspflich- Behinderungen ten im Rahmen des SGB II mit zusätzlichen 14,0 flüchtlingsbedingten Kosten zu rechnen, Kosten der Unterkunft und Heizung - 12,0 Nettoausgaben nach Bundesbeteiligung so vor allem im Bereich des SGB XII (Sozi- alhilfe; Eingliederungshilfe für behinderte 10,0 Hilfe zur Pflege Menschen; Gesundheitshilfe) sowie des SGB XI (Pflegewohngeld; Hilfe zur Pflege). 8,0 Hilfe zum Lebensunterhalt Von einzelnen, eher punktuellen Maßnah- men des Bundes und des Landes abge- 6,0 sehen, wird momentan offenbar – unter Hilfe zur Gesundheit Inkaufnahme durchaus beachtlicher Unter- 4,0 schiede in der finanziellen Leistungskraft Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer 2,0 und ungeachtet der Frage, ob sich eine Schwierigkeiten und Hilfe in anderen Lebenslagen Kommune in der Haushaltssicherung oder 0,0 im Stärkungspakt Stadtfinanzen befindet – 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 erwartet, dass die Kommunen die zusätz- lichen Lasten selbst schultern. Während Abbildung 1 insoweit Landes- politiker bereit Diff. sind, diese Thema- in Mio. € 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2015/2007 proz. tik zumindest zu Hilfe zur Pflege 693 699 743 753 787 829 843 896 919 +150 +21,7% diskutieren, muss Eingliederungshilfe für Menschen bei Vorstößen, die mit Behinderungen 2.693 2.826 2.996 3.138 3.268 3.617 3.536 3.813 3.961 +843 +31,3% bislang ungedeck- Hilfe zum Lebensunterhalt 133 207 260 274 279 300 363 395 421 +230 +173,3% ten zusätzlichen Hilfe zur Gesundheit 244 251 206 204 221 213 212 213 197 -32 -13,0% Personalkosten der Hilfe zur Überwindung besonderer Kommunen auf die sozialer Schwierigkeiten und Hilfe in anderen Lebenslagen 91 101 93 110 108 113 124 124 129 +33 +35,9% Agenda zu setzen, von einer voll- Kinder- und Jugendhilfe 4.427 4.822 5.103 5.608 6.017 6.651 7.087 7.513 7.943 +2.660 +60,1% ständigen Verwei- Kosten der Unterkunft und Heizung - Nettoausgaben nach gerungshaltung Bundesbeteiligung 2.312 2.368 2.549 2.717 2.585 2.580 2.723 2.823 2.879 +411 +17,8% gesprochen wer- Summe 10.593 11.273 11.951 12.803 13.264 14.303 14.888 15.777 16.449 +4.295 +40,5% den. Forderungen Veränderung ggü. Vj. (absolut) +680 +678 +852 +461 +1.039 +585 +889 +672 nach einer ange- Veränderung ggü. Vj. (prozentual) +6,4% +6,0% +7,1% +3,6% +7,8% +4,1% +6,0% +4,3% messenen Unter- stützung in diesem Bereich stoßen bei der Landesregie- Tabelle 1 7
Thema aktuell EILDIENST Heft 1/2017 Kommunale Sozialaufwendungen Nordrhein-Westfalen 2015 teres bereits im Jahr 2016 oder 2017 hät- (ausgewählte Leistungsarten - netto - in TE) ten bereitgestellt werden können und die Kommunale Sozialaufwendungen Nordrhein-Westfalen 2015 9.000.000 Kinder- und Jugendhilfe (ausgewählte Leistungsarten - netto - in TE) derzeit amtierende Bundesregierung nur bis zum Herbst 2017 gewählt ist, so dass 9.000.000 8.000.000 Kinder- und Jugendhilfe die Entlastung faktisch durch die neue im Eingliederungshilfe für September zu wählende Bundesregierung 8.000.000 7.000.000 Menschen mit Behinderungen gewährt wird. Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen Fraglich erscheint nun, ob die grundsätzlich 7.000.000 6.000.000 4.319.578 Kosten der Unterkunft und Heizung - Nettoausgaben nach zu begrüßende, aber in ihrer Höhe gedec- 3.623.841 Bundesbeteiligung kelte und damit nicht dynamisch ausge- Kosten der Unterkunft und 6.000.000 5.000.000 4.319.578 Heizung Hilfe - Nettoausgaben nach zur Überwindung staltete Finanzspritze des Bundes nachhal- 3.623.841 Bundesbeteiligung besonderer sozialer tige Effekte für die Kreishaushalte zeitigen 5.000.000 Schwierigkeiten und Hilfe in 4.000.000 Hilfe zur Überwindung können. Angesichts der Erkenntnisse aus anderen Lebenslagen besonderer Hilfe sozialer zum Lebensunterhalt der Haushaltsumfrage des Landkreistages 4.000.000 Schwierigkeiten und Hilfe in 3.000.000 1.756.509 Nordrhein-Westfalen sind hier erhebliche 2.204.681 anderen Lebenslagen Hilfe zum Lebensunterhalt Zweifel angebracht. Auch in den Jahren 3.000.000 2.000.000 1.756.509 Hilfe zur Gesundheit 2015 und 2016 stiegen die von den Krei- 2.204.681 sen zu tragenden Soziallasten weiterhin 1.616.375 2.000.000 1.000.000 1.262.883 Hilfe zur Gesundheit linear an (vgl. Abbildung 1 auf Seite 7). Hilfe zur Überwindung In den ausgewählten Leistungsarten Hilfe 1.616.375 besonderer sozialer 1.000.000 0 1.262.883 zur Pflege, Eingliederungshilfe für Men- Schwierigkeiten und Hilfe in Hilfe zurLebenslagen Überwindung Kreisfreier Raum Kreisangehöriger Raum anderen schen mit Behinderungen, Hilfe zum besonderer sozialer Lebensunterhalt, Hilfe zur Gesundheit, 0 Schwierigkeiten und Hilfe in Kreisfreier Raum Kreisangehöriger Raum anderen Lebenslagen Hilfe zur Überwindung besonderer sozi- aler Schwierigkeiten und Hilfe in anderen Lebenslagen, Kinder- und Jugendhilfe Abbildung 2 sowie Kosten der Unterkunft und Heizung ist im Zeitraum der Haushaltsjahre 2007 Zunahme der Aufwendungen für die Eingliederungshilfe für Behinderte bis 2015 eine Steigerung der Nettoauf- wendungen (also nach Bundesbeteiligung und Zu-/Abnahme des Aufkommens aus der Landschaftsumlage an den Kosten der Unterkunft – KdU) um 2009für Zunahme der Aufwendungen bis die 2015 (in T€) Eingliederungshilfe für Behinderte 4,295 Milliarden Euro, nämlich von 10,6 1.200.000 und Zu-/Abnahme des Aufkommens aus der Landschaftsumlage Milliarden Euro auf 16,4 Milliarden Euro 2009 bis 2015 (in T€) festzustellen. Dies bedeutet eine Steige- 1.200.000 1.000.000 rung um 40,5 Prozent bei einer mittleren jährlichen Steigungsrate von 5,6 Prozent (vgl. Tabelle 1 auf Seite 7). 1.000.000 800.000 Diese Aufwendungen sind auch im Jahr Zunahme jährlicher Aufwendungen der Landschaftsverbände für die 2015 zwischen kreisfreiem Raum (kreis- 800.000 600.000 Eingliederungshilfe (in T€ - 2009 bis freie Städte zuzüglich Landschaftsverbände Zunahme jährlicher Aufwendungen der 2015) nach Umlagegrundlagen) und kreisange- Landschaftsverbände für die Zunahme des jährlichen Aufkommens 600.000 Eingliederungshilfe (in T€ - 2009 bis hörigem Raum (kreisangehörige Gemein- 400.000 der Landschaftsumlage (in T€ - 2009 bis 2015) den, Kreise und Landschaftsverbände nach 2015) Zunahme des jährlichen Aufkommens Umlagegrundlagen) relativ gleich verteilt: 400.000 200.000 der Landschaftsumlage (in T€ - 2009 bis Es entfallen in den genannten Leistungsar- 2015) ten etwa 8,6 Milliarden Euro (52 %) auf 200.000 0 den kreisangehörigen Raum und etwa 7,9 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Summe Milliarden Euro (48 %) auf den kreisfreien Raum (vgl. dazu Abbildung 2). -200.0000 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Summe Wie wird die Entwicklung bei den Sozial- Abbildung 3 -200.000 ausgaben aktuell in den Haushalten auf- gefangen? im vorliegend zu betrachtenden Zeitraum die Umlagen der Kreise weiter unterpro- Welche Folgen die Kostensteigerungen in absoluten Zahlen immer weiter gestiegen portional, wie ein Blick auf die folgende im Bereich der Eingliederungshilfe, soweit (2016: 2,53 Milliarden Euro), der Anteil am Abbildung 5 belegt. Die Kreise legen einen sie von Landschaftsverbänden zu erbrin- Aufkommen der allgemeinen Kreisumla- immer geringeren Anteil der Gesamtauf- gen ist, auf die Entwicklung der Land- ge, der sich von 2010-2014 stark erhöhte, wendungen auf die Gemeinden um. schaftsumlage hat, zeigt Abbildung 3: stagnierte in den letzten zwei Jahren eher, Aber auch der in den letzten Jahren schon Gleichzeitig wird (erneut) deutlich, dass die allerdings auf dem bekannt hohen Niveau als äußerst kritisch eingeschätzte Eigen- Landschaftsverbände offensichtlich den von 45 Prozent (vgl. dazu Abbildung 4). kapitaleinsatz beider umlagefinanzierter Kostenaufwuchs bislang nicht vollständig Trotz der ungebrochenen Entwicklungen Ebenen – Kreise und Landschaftsverbän- durch eine Steigerung der Einnahmen aus im Bereich der Nettoaufwendungen für de – setzt sich immer noch fort: Von den der Landschaftsumlage finanziert haben. soziale Leistungen, die im kreisangehöri- einstmals in den NKF-Eröffnungsbilanzen Zwar ist die vom kreisangehörigen Raum gen Raum zu über 80 Prozent durch die vorhandenen etwa 1,22 Milliarden Euro an aufzubringende Landschaftsumlage auch Kreise getragen werden, entwickelten sich Ausgleichsrücklagen der Kreise und Land- 8
EILDIENST Heft 1/2017 Thema aktuell Landesweites Aufkommen der allgemeinen Kreisumlage (T€) 6.000.000 50% schaftsverbände waren Ende des Jahres 49% Landesweites Aufkommen der allgemeinen Kreisumlage (T€) 2016 gerade noch etwa 303 Millionen Euro 5.000.000 48% übrig. Damit wurden etwa 917 Millionen 6.000.000 50% 47% Euro zur Umlagedämpfung verwendet. Die 4.000.000 49% davon bei den Kreisen noch vorhandenen 5.000.000 46% 48% 154 Millionen Euro entsprechen vom Volu- 3.000.000 45% men her 2,71 Prozent des Aufkommens 47% 4.000.000 44% der allgemeinen Umlage im Jahr 2016 2.000.000 46% (5,68 Milliarden €) (vgl. Abbildung 6): 43% 3.000.000 45% Angesichts dieser Entwicklung der Haus- 1.000.000 42% 44% halte müssen die gewohnten Vergleiche 2.000.000 41% in ihrer Aussagekraft weiterhin eher vor- 43% sichtiger eingeschätzt werden: Dank der 0 40% 1.000.000 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 42% weiterhin sehr erfreulichen gemeindlichen 41% Steuerentwicklung sind die Umlagegrund- Aufkommen Kreisumlage ohne Landschaftsumlage lagen der Kreise im Haushaltsjahr 2016 0 40% 2010 Anteil Landschaftsumlage 2011 2012 2013 2014 2015 2016 gegenüber dem Vorjahr um 520 Millionen Prozentualer Anteil Landschaftsumlage an der Allg. Kreisumlage Euro gestiegen (2016/2015: +3,8 %) (vgl. Aufkommen Kreisumlage ohne Landschaftsumlage dazu Abbildung 7 auf Seite 10). Anteil Landschaftsumlage War zwar 2014 noch durchgängig ein Prozentualer Anteil Landschaftsumlage an der Allg. Kreisumlage Rückgang der Hebesätze der allgemeinen Kreisumlagen zu 2013 festzustellen, stellt Abbildung 4 sich die Lage im Vergleich 2016/2015 deutlich heterogener dar (vgl. dazu Abbil- dung 8 auf Seite 10). Vergleich Umlageaufkommen und Gesamtaufwendungen der Das jeweilige Aufkommen aus der allge- Kreise in Nordrhein-Westfalen in T€ meinen Kreisumlage hat aber wieder im 16.000.000 Vergleich Umlageaufkommen und Gesamtaufwendungen der Vergleich 2016/2015 fast durchgehend zugenommen (+4,7 %) (vgl. dazu Abbil- Kreise in Nordrhein-Westfalen in T€ 14.000.000 dung 9 auf Seite 10). 16.000.000 Diese Befunde müssen allerdings in den 12.000.000 Hintergrund der Gesamtaufwendungen 14.000.000 10.000.000 der Kreise eingebettet werden, die eben- 12.000.000 falls – von wenigen Ausnahmen abgese- 8.000.000 Umlageaufkommen der Kreise hen – im Jahresvergleich deutlich steigen 10.000.000 Gesamtaufwendungen der Kreise 6.000.000 (2016: 13,46 Milliarden €; Veränderung 8.000.000 Umlageaufkommen der Kreise 2016/2015: +729 Millionen Euro bzw. 4.000.000 Gesamtaufwendungen der Kreise +5,72 %) (vgl. Abbildung 10 auf Seite 10). 6.000.000 2.000.000 4.000.000 Fazit 0 2.000.000 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Im Vergleich zum Haushaltsjahr 2000 0 (6,7 Milliarden Euro) haben sich die Abbildung 5 Gesamtaufwendungen der Kreise mittler- 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 weile mehr als verdoppelt. Dies ist zum Veränderung des Gesamtaufwands, Eigenkapitaleinsatz, allergrößten Teil auf die Kostensteigerun- Veränderungen der Schlüsselzuweisungen und der allgemeinen gen im Sozialbereich zurückzuführen. Die Einnahmen der Kreise aus der Kreisumlage Umlage der Kreise und und den Schlüsselzuweisungen hielten mit Landschaftsverbände 2010 bis 2016 (in T€) dieser Dynamik nicht mit; der Einsatz von 5.500.000 Eigenkapital wurde mittlerweile so weit getrieben, dass nur noch geringe Bestän- 4.500.000 de vorhanden sind. Der Bundesgesetzge- Eigenkapitaleinsatz der Kreise und ber hat durch verschiedene Maßnahmen, Landschaftsverbände 3.500.000 wie der Übernahme der Grundsicherung Veränderung der Schlüsselzuweisungen im Alter oder einzelne Investitionshilfen, in an die Kreise und Landschaftsverbände 2.500.000 der jüngeren Vergangenheit diese bedenk- Veränderung der allgemeinen Umlage liche Entwicklung allenfalls abgebremst, der Kreise und Landschaftsverbände 1.500.000 aber nicht nachhaltig gestoppt. Dies steht Veränderung des Gesamtaufwands der auch für die im Jahr 2017 gewährte Entla- Kreise und Landschaftsverbände 500.000 stung in Höhe von 2,5 Milliarden Euro und ab 2018 in Höhe von 5 Milliarden Euro zu -500.000 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Summe erwarten. Die Sozialaufwendungen wer- den sich absehbar weiter dynamisch ent- Abbildung 6 wickeln, nicht nur weil sich die Zahl der 9
Thema aktuell EILDIENST Heft 1/2017 Differenz Umlagegrundlagen 2016/2015 (Mio. €) Differenz Hebesatz Allgemeine Umlage 2016/2015 - 40 - 30 - 20 - 10 +0 + 10 + 20 + 30 + 40 + 50 + 60 + 70 (%-Punkte) Kreis Kleve - 1,50 - 1,00 - 0,50 + 0,00 + 0,50 + 1,00 + 1,50 + 2,00 + 2,50 + 3,00 + 3,50 Kreis Mettmann Rhein-Kreis Neuss Kreis Kleve Kreis Viersen Kreis Mettmann Kreis Wesel Rhein-Kreis Neuss Kreis Viersen Städteregion Aachen Kreis Wesel Kreis Düren Rhein-Erft-Kreis Städteregion Aachen Kreis Düren Kreis Euskirchen Rhein-Erft-Kreis Kreis Heinsberg Kreis Euskirchen Oberbergischer Kreis Kreis Heinsberg Rheinisch-Bergischer Kreis Oberbergischer Kreis Rhein-Sieg-Kreis Rheinisch-Bergischer Kreis Rhein-Sieg-Kreis Kreis Borken Kreis Coesfeld Kreis Borken Kreis Recklinghausen Kreis Coesfeld Kreis Steinfurt Kreis Recklinghausen Kreis Warendorf Kreis Steinfurt Kreis Warendorf Kreis Gütersloh Kreis Herford Kreis Gütersloh Kreis Höxter Kreis Herford Kreis Lippe Kreis Höxter Kreis Minden-Lübbecke Kreis Lippe Kreis Paderborn Kreis Minden-Lübbecke Kreis Paderborn Ennepe-Ruhr-Kreis Ennepe-Ruhr-Kreis Hochsauerlandkreis Hochsauerlandkreis Märkischer Kreis Märkischer Kreis Kreis Olpe Kreis Olpe Kreis Siegen-Wittgenstein Kreis Siegen-Wittgenstein Kreis Soest Kreis Soest Kreis Unna Kreis Unna Abbildung 7 Abbildung 8 Abbildung 9 Abbildung 10 Anspruchsberechtigten weiter erhöhen dar – gerade mit Blick auf die finanziellen Bund in ihrer Wirkung in wenigen Jahren dürfte und die Löhne der beschäftigten Konsequenzen. Die Landschaftsverbände, verpufft sein wird. Gerade im nun begin- Menschen steigern werden, sondern auch die durch dieses Gesetz hauptsächlich in nenden Wahljahr 2017 muss daher die weil Leistungsstandards und -tatbestän- Pflicht genommen werden, planen aber dauerhafte und dynamische Entlastung der de weiter ausgedehnt werden. Das im schon jetzt mittelfristige große Bedarfe ein Kommunen bei den Soziallasten höchste Dezember 2016 von Bundestag und Bun- und prognostizieren eine signifikante Stei- Priorität in der politischen Agenda erhal- desrat beschlossene Bundesteilhabegesetz, gerung der Landschaftsumlage. Es ist also ten: Nachhaltigkeit ist hier der Maßstab! das in mehreren zeitlichen Stufen Wirk- keine Schwarzmalerei vorherzusagen, dass samkeit erlangt, stellt sich nicht nur inhalt- die durchaus zu würdigende 5-Milliarden- EILDIENST LKT NRW lich noch als kaum aufzuhellende Größe Entlastung der Kommunen durch den Nr. 1/Januar 2017 20.32.01.1 10
EILDIENST Heft 1/2017 Aus dem Landkreistag Vorstand des LKT NRW am 06.12.2016 I n seiner Sitzung am 06.12.2016, unter Vorsitz von Präsident Landrat Thomas Hendele, Kreis Mettmann, beschäftigte im ÖPNV immer noch nicht eindeutig sei und es keinerlei Konnexitätsregelungen im neuen Tariftreue- und Vergabegesetz dem Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucher- schutz des Landes Nordrhein-Westfalen sich der Vorstand des Landkreistages NRW NRW geben solle. (MKULNV) ausgehandelten Rahmenver- unter anderem mit dem Tariftreue- und Des Weiteren beschäftigte sich der Vor- trag. Unterstützung fand auch das von Vergabegesetz NRW. Die Vorstandsmit- stand mit dem auf Bundesebene geplan- den kommunalen Spitzenverbänden ver- glieder begrüßten, dass sich die kommuna- ten Unterhaltsvorschussgesetz. Soweit die antwortete Online-Portal Interkommu- len Spitzenverbände mit der Landesregie- am 14.10.2016 durch die Konferenz der nale Zusammenarbeit. Der Vorstand rief rung inzwischen auf einen Belastungsaus- Regierungschefs von Bund und Ländern dazu auf, Vorhaben über interkommunale gleich verständigen konnten. Vorgesehen mit Beschluss zur Neuregelung des bun- Zusammenarbeit in das Portal einzustellen ist ein Gesamtbetrag in Höhe von rund desstaatlichen Finanzausgleichssystems und das Portal für die Weiterentwicklung 20,4 Millionen Euro, mit dem – im Sinne ab 2020 vereinbarte Ausweitung des von Kooperationsaktivitäten zu nutzen. eines Einmalbetrages – der in den Jahren Unterhaltsvorschusses umgesetzt werden Thematisiert wurde zudem das Bundesteil- 2013 und 2014 entstandene Aufwand sollte, forderte der Vorstand den Vorrang habegesetz. Der Vorstand forderte in die- ausgeglichen werden soll. Unter Berück- der Verweisung von SGB II-Beziehern auf sem Zusammenhang die frühzeitige Schaf- sichtigung der jeweiligen Einwohnerzah- den Unterhaltsvorschuss zu beseitigen, fung einer Zuständigkeitsregelung in NRW. len beträgt der Ausgleichsbetrag für die da ansonsten im Wesentlichen eine Bela- Der Konzeption der bundesgesetzlichen kreisfreien Städte rund 8,4 Millionen Euro stungsverschiebung zugunsten des Bundes Trennung von existenzsichernden Leistun- und für den kreisangehörigen Raum rund und zu Lasten der kommunal finanzierten gen und Fachleistungen müsse auch eine 11,8 Millionen Euro; auf die beiden Land- Kinder- und Jugendhilfe erfolgen würde entsprechende Zuständigkeitsverteilung schaftsverbände und den Regionalverband (vgl. dazu EILDIENST LKT NRW Nr. 12/ auf örtliche und überörtliche Träger der Ruhr entfällt ein Ausgleichsbetrag von Dezember 2016, S. 409 sowie S. 440 ff). Sozialhilfe folgen und eine Delegations jeweils rund 51.000 Euro. Des Weiteren sei es angesichts der auf lösung entsprechend AG-SGB II NRW Ein Entwurf einer Kostenausgleichsverord- die zu erwartende Fallzahlenentwicklung beziehungsweise AG-SGB XII NRW zwi- nung zum Tariftreue- und Vergabegesetz nicht ausgerichteten Personalsituation in schen überörtlichem und örtlichem Träger NRW, mit dem die vorstehend skizzierten den Unterhaltsvorschusskassen erforder- der Sozialhilfe unter der Einräumung einer Verständigungen umgesetzt werden, ist lich, das Inkrafttreten zu verschieben und Option der Weiterdelegation auf kreisan- seitens der Landesregierung beschlossen sicherzustellen, dass der Bund den Ländern gehörige Gemeinden geschaffen werden. und dem für Wirtschaft zuständigen Aus- die eintretende Nettozusatzbelastung im Weiteres Thema war der Gesetzentwurf schuss des Landtags zur Herstellung des Bereich der Leistungs- sowie der Verwal- zur Stärkung des Kreistages, zu dem Einvernehmens zugeleitet worden. Der tungsaufwendungen erstattet und die Län- der Vorstand seine ablehnende Haltung Vorstand ging davon aus, dass dieses Ein- der diese vollumfänglich durch Absenkung bekräftigte (vgl. dazu EILDIENST LKT NRW vernehmen noch im Jahre 2016 hergestellt der landesinternen Beteiligungssätze und Nr. 10/Oktober 2016, S 309 sowie S 313 wird. Sodann kann der auf die einzelnen Abrechnung des Zusatzverwaltungsauf- ff; EILDIENST LKT NRW Nr. 12/Dezember Kommunen entfallende Anteil – voraus- wands an die kommunalen Leistungsträger 2016, S. 413 ff). sichtlich im ersten Quartal 2017 – ausge- weiterleiten. Schließlich begrüßten die Vorstandsmit- zahlt werden. Kritisch sahen die Vorstands- Die Vorstandsmitglieder diskutierten glieder das Landesprogramm „Gute Schule mitglieder hingegen das Gesetzgebungs- außerdem über das „Integrierte DV- 2020 – Schule in der digitalen Welt mit der verfahren zur Novellierung des Tariftreue- System Verbraucherschutz“, mit dem die dazu vorgesehenen Gemeinsamen Erklä- und Vergabegesetzes NRW. Problematisch informationstechnische Vernetzung der rung der kommunalen Spitzenverbände sei insbesondere, dass für den Bereich kommunalen Behörden und der Landes- und des Landes (vgl. dazu EILDIENST LKT des Umweltschutzes und der ILO-Ker- behörden im Bereich des gesundheitlichen NRW Nr. 1/Januar 2017, S. 17 – in diesem narbeitsnormen nur ein relativ niedriger Verbraucherschutzes gewährleistet wer- Heft). Schwellenwert von 5.000 Euro vorgesehen den soll. Im Ergebnis erteilte der Vorstand sei, die Formulierung zu einer möglichen seine Zustimmung zu dem hierzu zwischen EILDIENST LKT NRW Mehrzahl repräsentativer Tarifverträge den kommunalen Spitzenverbänden und Nr. 1/Januar 2017 00.10.10 11
Themen EILDIENST Heft 1/2017 Katastrophenschutzpläne versus Katastrophenschutzbedarfspläne Von Helge Klinkert, Leitende Kreisrechtsdirektorin und Dezernentin für Öffentliche Sicherheit und Ordnung beim Kreis Siegen-Wittgenstein Der nordrhein-westfälische Gesetzgeber hat im neuen Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz (BHKG) die ehemals genannten „Gefahrenabwehrpläne“ neu als Katastrophenschutzpläne in das Gesetz aufgenommen. Daher stellt sich nunmehr die Frage, ob hiermit eine qualitative Veränderung der Katastrophenschutzplanung in den Kreisen und kreisfreien Städten einhergehen muss. Um diese Frage zu beantworten, sollte eine Analyse der Sicherheits- oder besser gesagt Bedrohungslage in den Kreisen und kreisfreien Städten vorangestellt werden. D ie Wahrscheinlichkeit von wetterbe- dingten Krisen oder Katastrophen hat in den letzten Jahren deutlich zugenom- ergibt eine Analyse der vorhandenen kriti- schen Infrastruktur. Heute mehr als früher, gibt es durch Ereignisse an Einrichtungen Diese Form der Bedrohung ist neu und mit den bisher zu bewältigenden Lagen – auf die das Land weitgehend gut vorbereitet men. Wissenschaftliche Analysen belegen, der grundversorgenden Infrastruktur Aus- ist – keineswegs zu vergleichen. Extremi- dass hier eine zunehmende Tendenz fest- wirkungen, die zumindest einer Betrach- stische Anschläge können gekennzeichnet stellbar ist. Hierbei kann es grundsätzlich tung unterzogen werden sollten. sein, von einer multiplen Anschlagsserie. überall örtlich zu wetterbedingten Ausnah- Eine neu hinzugekommene Bedrohungs- In einem Zeitpunkt, in dem alle Kräfte bei mesituationen kommen. Allerdings gibt es lage ergibt sicher allerdings inzwischen einem ersten Anschlag gebunden sind, wird hier Gegenden in denen die Wahrschein- durch Ereignisse wie sie in Ansbach, Würz- ein zweiter oder dritter Anschlag verübt, lichkeit höher ist als in anderen. Welches burg und München stattgefunden haben. für den dann möglicherweise die Ressour- raumimmanente Bedrohungspotential in Extremistisch motivierte Anschläge, die cen fehlen. Eine neue nicht zu unterschät- einem Kreis oder einer Stadt vorhanden ist, eine Vielzahl von Menschen treffen sollen. zende Problemlage ist bei der Bewältigung Katastrophenschutz-Übung auf dem Siegerland Flughafen, bei dem ein Flugzeugabsturz simuliert wurde. 12
EILDIENST Heft 1/2017 Themen von Anschlagslagen hinzugekommen: der nach dem die Schadenslage auslösenden • Rettungsbedarfspläne Eigenschutz der Rettungskräfte. Ereignis sprach- und entscheidungsfähig • Umweltalarmpläne Diese Problematik – bei den Anschlägen sein müssen. Ob das so ist, muss jeder • Brandschutzbedarfspläne von Würzburg sehr deutlich hervorge- Landrat beziehungsweise Oberbürgermei- • MANV Pläne treten – muss akut in der Situation ent- ster für sich entscheiden. • Überörtliche-Hilfe Pläne schieden werden. Hierbei verfügen zwar In einer Gefahrenlage müssen die ver- (z.B. RP Arnsberg) die Einsatzleitungen über entsprechenden schiedenen Hilfesysteme optimal verzahnt • Landeskonzepte Erfahrungen, für die Krisenstäbe und auch werden. Polizeiliche und nicht-polizeiliche Ein mit Augenmaß durchgeführter Pla- die Landräte und Oberbürgermeister, die Gefahrenabwehr, Feuerwehr und Hilfsor- nungsprozess, der sowohl die sich ver- hier möglicherweise Entscheidungen zu ganisationen, Feuerwehr und Rettungs- ändernde Risikolandschaft als auch die treffen haben, kann auf entsprechende dienst, medizinischer und nicht-medizi- vorhandenen Schutz- und Bewältigungs- Erfahrungen so gut wie kaum zurückge- nischer Bereich, Haupt- und Ehrenamt, strukturen darstellt, transparente Ergebnis- griffen werden. Einsatzleitung und Krisenstab und nicht se festhält und durch geübte Inhalte pra- Der Verfassungsschutz des Landes NRW zuletzt alle am Einsatz Beteiligten und die xistauglich ist, führt in der Gefahrenlage berichtet von einer großen Anzahl von Medien. zu besonnenem Handeln und nachweisbar potentiell zu extremistischen Anschlägen Die Frage ist, sind die Kreise und Städte wahrgenommener Verantwortung für die bereiten Menschen. Entscheidend ist hier- darauf vorbereitet, diese neue Form von Bürgerinnen und Bürger des Kreises oder bei, dass die Entscheidung eines Menschen, Gefahrenlagen so abzuarbeiten, wie es der kreisfreien Stadt. einen Anschlag zu verüben, das Risiko in der Vergangenheit für die bekannten Diese professionelle Herangehenswei- potential an genau der Stelle erhöht, an der Gefahrenlagen gegolten hat? se auch an andere Politikfelder wie unter er sich gerade befindet. Hierbei kann es Diese Frage muss jeder Landrat, jeder anderem Bauleitplanung, soziale Probleme sich um Großstädte handeln, hierbei kann Oberbürgermeister für sich beantworten. (Pflegebedarfsplanung) oder aktuell einen aber – wie in Ansbach realisiert – auch der Der Gesetzgeber hat sich insofern posi- Breitbandausbau sollte für den Bereich der ländliche Raum betroffen sein. Die Frage ist tioniert, als er den neuen „Katastrophen- Gefahrenabwehr mindestens auch möglich zu stellen, ist auch der ländliche Raum vor- schutzplan“ als alle 5 Jahre fortzuschrei- sein. Jeder Landrat und jeder Oberbürger- bereitet auf die Bewältigung der Auswir- benden Plan in das Gesetz aufgenommen meister sollte sich fragen, ob eine ausrei- kungen eines extremistischen Anschlages. hat. Die örtlich zuständigen Katastrophen- chende Vorbereitung gewährleistet ist und Die Bewältigung einer Anschlagssituation schutzbehörden müssen nun entscheiden, wenn nicht, entsprechende Prozesse ein- oder einer anderen Gefahrenlage hat aber in welchem Umfang sie dieser Aufgabe leiten. darüber hinaus für die Hauptverwaltungs- nachkommen. Dies kann eine Katastrophenschutzbe- beamten wie Landräte und Oberbürger- Es wäre sinnvoll und vielleicht auch not- darfsplanung sein, muss es aber nicht. meister eine weitere durch die sozialen wendig, wenn hierzu ein „Sicherheitsent- Entscheidend ist nicht das Instrument, ent- Medien entwickelte neue Herausforderung wicklungsplanung“ in den Kreisen und scheidend ist, ob der Verantwortliche für verursacht. Informationen von und aus kreisfreien Städten implementiert würde, sich sagen kann, seine Mitarbeiter auf die dem Gefahrenbereich sind deutlich eher in die die einzelnen Bereiche, für die bereits Gefahrenlage optimal vorbereitet zu haben der Öffentlichkeit als die Informationspoli- bisher verpflichtend oder freiwillig Pläne und selbst vorbereitet zu sein. tik der Verantwortlichen die Medien errei- erarbeitet wurden, verzahnt. chen. Daraus ergibt sich, dass heute die • Katastrophenschutzplan EILDIENST LKT NRW Landräte und Oberbürgermeister sofort • Sonderschutzpläne, Störfallverordnung Nr. 1/Januar 2017 38.10.02 „Bunte Einheiten“ ziehen an einem Strang: Feuerwehren, Hilfs- und andere Organisationen werden im Kreis Warendorf gemeinsam geführt Von Petra Schreier, Ordnungsdezernentin des Kreises Warendorf Sowohl durch die in den vergangenen Jahren getätigten großen Investitionen – insbesondere im Bereich der Fahrzeugtechnik – als auch durch sein Konzept des Zusammenwirkens der im Bereich der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr tätigen Organisationen hat der Kreis Warendorf ein effektives Führungssystem geschaffen. In den letzten Jahren wurde auch das Münsterland häufig von Starkregen-Ereignissen heimgesucht, die die Notwendigkeit derartiger Systeme auch im ländlichen Raum verdeutlichen. D ass bei Großschadensereignissen eine organisierte Führungsunterstützung nötig ist, hat der Kreis Warendorf schon organisationen zu ermöglichen. Seit 2001 gibt es deshalb den Stab der Einsatzleitung und die Fernmeldeeinheit, in denen unter- Kreise zur Leitung und Koordinierung von Großeinsatzlagen und Einsätzen bei Kata- strophen entsprechende Einheiten und Ein- deutlich früher erkannt. Eine zentrale schiedliche Organisationen mitwirken. richtungen vorhalten. Frühzeitig hatte der Anforderung dabei ist es, ein möglichst Das Gesetz über den Brandschutz, die Hil- Kreis Warendorf diesen Bedarf erkannt. reibungsloses Zusammenspiel der Einsatz- feleistung und den Katastrophenschutz Aus diesem Grund wurden die beiden kräfte von Feuerwehren mit anderen Hilfs- (BHKG) NRW von 2015 sieht vor, dass die oben genannten Einheiten gegründet. 13
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