Neue Märkte für neue Ideen - Wie osteuropäische Start-ups den Westen erkunden - OWC Verlag für Außenwirtschaft

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Neue Märkte für neue Ideen - Wie osteuropäische Start-ups den Westen erkunden - OWC Verlag für Außenwirtschaft
12 I 2017 12,00 € 63. Jahrgang H 30859F www.owc.de

Neue Märkte
für neue Ideen
Wie osteuropäische
Start-ups den Westen
erkunden

Kampf um Talente      Ausblick             Ausverkauft             Hoher Besuch
Wie der Fachkräfte-   Wie wird Russlands   Wie Polen um            Usbekische Firmen
mangel Russlands      Wirtschaft 2018?     den Laden-              zu Gast in Bayern
Wirtschaft hemmt                           schluss streitet
Neue Märkte für neue Ideen - Wie osteuropäische Start-ups den Westen erkunden - OWC Verlag für Außenwirtschaft
2. Manufacturer‘s
& IT-Forum

Lösungen für
deutsche Hersteller
in Russland, Belarus
und der Ukraine

16. Februar 2018
am Frankfurter Flughafen

Infos und Anmeldung
unter www.owc.de

Wir bewegen
Außenwirtschaft

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Neue Märkte für neue Ideen - Wie osteuropäische Start-ups den Westen erkunden - OWC Verlag für Außenwirtschaft
Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

der Start-up-Hype hat längst auch den Osten erreicht. In der Vergangenheit be-
richteten wir wiederholt über die Rahmenbedingungen und Ökosysteme für jun-
ge, innovative Unternehmen in Osteuropa und den GUS-Staaten. Natürlich sind
dort die Voraussetzungen andere als in den etablierten Start-up-Hubs dieser Welt,
zu denen ohne Frage auch Berlin gehört. Dennoch wächst auch in Minsk, Mos-
kau oder Warschau eine Generation gut ausgebildeter, international ausgerichte-
ter Unternehmer heran, die zu der globalen Start-up-Bewegung dazugehören wol-
len. Und viele von ihnen blicken im Rahmen ihrer Internationalisierungsstrategie
zuerst auf das nahegelegene Westeuropa. In unserem Titelthema begleiten wir ei-
nige von ihnen dabei, diesen Markt zu sondieren (ab S. 10).
    Welches Thema könnte besser geeignet sein, um ein turbulentes, aber alles in
allem positiv stimmendes Jahr 2017 abzuschließen? Die Wirtschaften in Osteu-
ropa haben sich in diesem Jahr gut entwickelt: Das gilt für Russland (S. 26), des-
sen Konjunktur gerade für die GUS-Länder ausschlaggebend ist, aber auch für die
Türkei (S. 34), auf die wir 2017 in vielen Heften einen besonderen Fokus gelegt      PATRICK BESSLER
haben, auch wenn sie geografisch etwas aus dem Rahmen fällt. Trotz anhalten-         Chefredakteur
der Spannungen zwischen einigen Ländern (S. 37) und nach wie vor vielen Kin-
derkrankheiten in den oft noch jungen Volkswirtschaften geht die Modernisie-         E-Mail: pb@owc.de
rung vielerorts voran. Da will sich auch Usbekistan einreihen. Nach dem Wech-
sel an der Spitze des Staates zeigt man sich zunehmend offen und reformlustig.
Das unterstrich im November eine große Delegation nach Deutschland (S. 46).
    Auch für den Verlag war 2017 ein bewegtes Jahr. Nach dem Relaunch aller Pu-
blikationen Ende 2016 haben wir kontinuierlich an unseren Heften gefeilt, eine
komplett neue Website mit täglich aktuellen News, Hintergründen und der wohl
umfangreichsten Sammlung an Terminen zu Außenwirtschaftsveranstaltungen
aus der Region Osteuropa in das WWW entlassen. Zudem haben wir unter an-
derem mit dem Manufacturer´s Forum ein neues Event-Konzept erfolgreich eta-
bliert, das wir im kommenden Februar fortführen werden. Und wir arbeiten be-
reits an den nächsten Neuerungen. Besuchen Sie uns auf www.owc.de und blei-
ben Sie up to date!

Ich möchte zudem an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, im Namen des ge-
samten OWC-Teams allen Kollegen, Partnern, Kunden und natürlich Ih-
nen als Leser zu danken für Ihre Treue, Zusammenarbeit und Unterstützung.
Seien sie mit uns gespannt auf ein ereignisreiches 2018!

  Ihr

  Patrick Bessler

                                                                                                         12.17 OstContact I 3
Neue Märkte für neue Ideen - Wie osteuropäische Start-ups den Westen erkunden - OWC Verlag für Außenwirtschaft
Inhalt

                                            10
                                            Osteuropa im Gründerfieber:
                                            Die Länder Osteuropas wollen am Start-up-Trend teilhaben.

Gründerfieber                      10      Russland/ EAWU 24                            Türkei                              34

Neue Märkte für neue Ideen           10    Kampf um Talente                     24      Wachstum trotz Turbulenzen          34
Osteuropäische Jungunternehmer              Der Fachkräftemangel hemmt langfristig        Dank Binnenkonsum und Bauge-
suchen in Deutschland nach neuen            das wirtschaftliche Potenzial. Wie kann       werbe boomt die Wirtschaft. Auch
Märkten, Partnern und Know-how.             man dieses Problem abfedern?                  die Touristen kommen wieder.

„Es brodelt!“                     18       Moderat positive Dynamik              26
Das russische Start-up Marvelmind           Die russische Wirtschaft hat sich erholt.
Robotics punktet mit ausgefeilter           Für 2018 ist eine stabile Entwicklung zu
Indoor-GPS-Technologie. Wir sprachen        erwarten. Tiefgehende Reformen sind
mit dem Gründer.                            aber unwahrscheinlich.                        Ukraine37
„Hightech-Macht“ bis 2030             20   Ende des digitalen Eldorados 29
Polen bietet noch wenige Start-ups und      Transnationales Online-Shoppen boomt          Sorgen wegen Russlands               37
geringes Venture Capital. In einem          in Russland. Doch Zollfreibeträge und         Krim-Brücke 
Bereich sind die Polen aber Weltspitze.     Mehrwertsteuerbefreiung könnten bald          Russland hat neue Regeln für die Passage
                                            ein Ende haben.                               der Kertsch-Straße eingeführt. Ukraini-
Klein aber fein                       23                                                 sche Häfen müssen nun auf kleinere
Tschechien ist zwar ein kleiner Markt für   Der neue Zollkodex kommt             30      Schiffe umsatteln.
Start-ups, aber interessant für Nischen-    Auf der Zollkonferenz der IHK
produkte.                                   Düsseldorf stellten Experten das neue
                                            Zoll-Rahmenwerk der EAWU vor.

                                            Gate zwischen EU und EAWU? 31
                                            Die Wirtschaft erholt sich weiter, die        Polen                               40
                                            Rahmenbedingungen für Investitionen
                                            werden besser. Fehlen nur noch die
                                            Investoren.                                   Streit um Sonntagshandel            40
                                                                                          Ein neuer Gesetzesentwurf sieht vor,
                                            Minsk sucht die Superreform  32              dass die Geschäfte am siebten Tag in
                                            Die Krise in Belarus bietet eine Chance       der Woche geschlossen bleiben. Das
                                            für Reformen. Doch die Regierung feilt        gesamte Land ist in Aufruhr.
                                            bisher nur an Details und enttäuscht
                                            unabhängige Experten.                         Post setzt auf Kurierdienste        42
                                                                                          Die staatliche Polnische Post zu
                                                                                          restrukturieren, ist nicht leicht.
                                                                                          Starke Gewerkschaften bestimmen
                                                                                          die Politik des Konzerns mit.

4 I OstContact 12.17
Neue Märkte für neue Ideen - Wie osteuropäische Start-ups den Westen erkunden - OWC Verlag für Außenwirtschaft
24                                          36                                         44
Russland: Was bringt die Wirtschaft         Polen: Kirche und Regierung wollen den     Usbekistan: Premierminister Aripov
2018?                                       Sonntagshandel abschaffen.                 wirbt um Investitionen.

Kein Problem mit der PiS              44
Goetz Linzenmeier baut in Gdańsk
Alurümpfe für Großyachten und               Rubriken
besetzt damit eine Nische. Die politi-
schen Spannungen mit Polen stören
ihn nicht.                                  Osteuropaverein                      53   Russlands WM-Stadien 56
                                            Östliche Partnerschaft: In der Ukraine,    Samara: Das Raumschiff
                                            Belarus, Moldau und Georgien setzt sich
                                            die wirtschaftliche Erholung fort.         Auf Geschäftsreise                  58

                                            Personal                            60    Vier Stunden bis Check-in ... 58
Usbekistan46                                                                          Budapest – Melange aus Süd und Ost

                                                                                       Meldungen                           59
„Gute Saat, gute Ernte!“           46
In Bayern wirbt eine usbekische                                                        Geschäftskalender                   61
Delegation für die Reformen im Land
und um deutsche Investitionen.                                                         Editorial                            3
                                                                                       Der Monatsüberblick                  6
                                                                                       Lissabon-Wladiwostok                52
                                                                                       Publikationen                       60
                                                                                       Vorschau/ Impressum                62
Estland                              50

Digitalisierungs-Weltmeister  50
Estland gehört weltweit zur Spitze,
wenn es um Digitalisierung geht.
Auch im wirtschaftlich starken Nord-
rhein-Westfalen will man sich von
den Esten etwas abschauen.

                                                                                                        12.17 OstContact I 5
Neue Märkte für neue Ideen - Wie osteuropäische Start-ups den Westen erkunden - OWC Verlag für Außenwirtschaft
Monatsüberblick

                                                                                       14. November
                                                                                       Deutschlands BIP legt
                                                                                       moderat zu
                                                                                       Das Bruttoinlandsprodukt Deutsch-
                                                                                       lands ist im dritten Quartal 2017 im Ver-
                                                                                       gleich zum Vorquartal um 0,8 Prozent
                                                                                       geklettert. Damit ist das Plus besser
                                                                                       ausgefallen als angenommen. Von der
                                                                                       Nachrichtenagentur Reuters befrag-
                                                                                       te Volkswirte waren lediglich von einer
                                                                                       Steigerung um 0,6 Prozent ausgegan-
                                                                                       gen. Staatlicher und privater Konsum
                                                                                       lagen hingegen ungefähr auf dem Ni-
                                                                                       veau des Vorquartals.

                                                                                       15. November
                                                                                       EU: Zweifel am polnischen
                                                                                       Rechtsstaat
                                                                                       Das EU-Parlament bezweifelt, dass Po-
                                                                                       len unter der Führung der nationalkon-
                                                                                       servativen Partei für Recht und Gerech-
                                                                                       tigkeit (PiS) noch den rechtsstaatlichen
                                                                                       Grundsätzen der Gemeinschaft ent-
                                                                                       spricht. Die EU-Abgeordneten haben
  Wirtschaftswachstum: gute Stimmung bei OECD-Generalsekretär Angel Gurría und
  Bundeskanzlerin Angela Merkel                                                        deswegen mit breiter Mehrheit dafür
                                                                                       gestimmt, gegen das Land eine forma-
                                                                                       le Prüfung einzuleiten. Die Politiker mo-
                                                                                       nieren insbesondere den Umbau des

Monatsüberblick November
                                                                                       Justizwesens, den die Regierung vor-
                                                                                       genommen hat, sowie Eingriffe in die

Die wichtigsten
                                                                                       Medien- und Versammlungsfreiheit.

Ereignisse der                                                                         23. November

Außenwirtschaft                                                                        Einkaufsmanager-Index
                                                                                       positiv
                                                                                       Die Stimmung unter den Managern der
                                                                                       Euro-Zone ist so gut wie seit Jahren
                                                                                       nicht. So ist der Einkaufsmanager-In-
                                                                                       dex (PMI) für das Verarbeitende Ge-
                                                                                       werbe und die Dienstleistungen in dem
13. November                               tok hat den Einbruch beim Ölpreis und       Wirtschaftsraum im November auf 57,5
Russlands Wirtschaft wächst                die Sanktionen des Westens mittlerwei-      Punkte geklettert. Im Vormonat hatte
langsamer                                  le recht gut weggesteckt.                   der Wert noch bei 56 Punkten gelegen.
Die russische Wirtschaft ist im dritten                                                Das ist der höchste Stand seit rund
Quartal langsamer gewachsen. Wie das                                                   sechseinhalb Jahren. Analysten waren
russische Statistikamt auf Basis vorläu-   14. November                                dagegen von einer Stagnation bei 55,9
figer Zahlen mitteilt, hat das Bruttoin-   Welthandel im vierten Quartal               Punkten ausgegangen. Ein Wert über
landsprodukt (BIP) im dritten Quartal      gewachsen                                   50 bedeutet eine positive Stimmung.
im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um      Der Welthandel dürfte im vierten Quar-
1,8 Prozent zugelegt. Im Frühjahr hatte    tal des laufenden Jahres moderat wach-
die Wirtschaft mit einer Wachstumsra-      sen. Das lässt sich am aktuellen Index      27. November
te von 2,5 Prozent so stark Fahrt aufge-   der Welthandelsorganisation WTO ab-         EU: Freihandelsabkommen
nommen wie seit rund fünf Jahren nicht     lesen, der bei 102,2 Punkten liegt. Da-     mit Neuseeland
                                                                                                                                   Foto: OECD, via flickr

mehr. Nachdem das BIP in den vorigen       mit hat sich der Wert gegenüber der letz-   Die EU will mit Neuseeland ein Freihan-
beiden Jahren geschrumpft war, winkt       ten Messung im August verlangsamt, als      delsabkommen schließen. Wie der
dem Land 2017 ein Wachstum von             das Niveau noch 102,6 Punkte betrug.        Pressedienst aiz.info berichtet, wird
mehr als zwei Prozent. Die Wirtschaft      Nichtsdestotrotz bedeutet dies eine kon-    Brüssel zu Beginn des kommenden
zwischen Kaliningrad und Wladiwos-         tinuierlich positive Entwicklung.           Jahres mit Vertretern des Landes ver-

6 I OstContact 12.17
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Succeed
                                                             with us
handeln. Die Gespräche dürften nicht
                                                 all over the world
                                                                                            »
einfach verlaufen: Für Neuseeland ist
die Landwirtschaft ein wichtiger Wirt-
schaftszweig. Gleiches gilt für die EU,       Small extract 2018
die ihren heimischen Agrarsektor mas-
siv fördert.                                  RUSSIA
                                          interplastica
27. November                                  21st International Trade Fair
Deutschland weiter größter                    Plastics and Rubber
                                              Moscow, 23 – 26 January 2018
Nettozahler in der EU
Deutschland hat im vergangenen Jahr       upakovka
rund 13 Milliarden Euro mehr in den           Processing & Packaging
EU-Haushalt gezahlt, als sie erhalten         Moscow, 23 – 26 January 2018
hat. Dies gab die EU-Kommission be-
kannt. Polen war nach wie vor das Mit-    CPM
                                              Collection Premiere Moscow
gliedsland, das am meisten profitierte.
                                              Moscow, 19 – 22 February 2018
Warschau kamen 2016 gut 7,1 Milliar-
den Euro mehr aus dem EU-Haushalt         NEFTEGAZ
zugute, als es einzahlen musste. Es           18th International Trade Fair
folgten bei den Nettoempfängern Ru-           Equipment and Technologies for the
                                              Oil and Gas Industry
mänien (6 Mio. EUR), Griechenland (4,3        Moscow, 16 – 19 April 2018
Mio. EUR) und Ungarn (3,6 Mio. EUR).
                                          METALLOOBRABOTKA
                                              19th International Exhibition of Equipment,
28. November                                  Instruments and Tools for the Metalworking
                                              Industry
Wirtschaft im Euroraum                        Moscow, 14 – 18 May 2018
wächst
Die Organisation für wirtschaftliche      LITMASH RUSSIA
Zusammenarbeit und Entwicklung                International Foundry Technology,
                                              Supplies and Castings Trade Fair
(OECD) hat ihre Prognosen für den Eu-
                                              Moscow, 29 May – 1 June 2018
ro-Raum für 2017 und 2018 erhöht. Ihre
Volkswirte gehen nun für das laufende     METALLURGY RUSSIA
Jahr von einem Wachstum von 2,4 Pro-          International Metallurgical Technology,
zent aus. In ihrem Bericht vom Septem-        Processes and Metal Products Trade Fair
                                              Moscow, 29 May – 1 June 2018
ber hatten sie noch mit einem Plus von
2,1 Prozent gerechnet. Im kommenden
                                          UGOL ROSSII & MINING
Jahr wird der Wirtschaftsraum den ak-         25th International Trade Fair for
tuellsten Erwartungen zufolge um 2,1          Coal Mining Technology, Preparation
                                              and Materials Handling
Prozent wachsen. Zuvor hatte die Prog-
                                              together with
nose noch bei 1,9 Prozent gelegen.
                                              NEDRA ROSSII
                                              4th International Trade Fair for Exploitation,
                                              Processing and Refining of Metals and
28. November                                  Industrial Minerals
Im- und Exporte: Preise                       and
gestiegen                                     SAFETY & HEALTH
                                              9th International Trade Fair for Occupational
Die Preise für die Exporte nach               Health and Safety for the Mining Industry
Deutschland haben sich im Oktober             Novokuznetsk, 5 – 8 June 2018
stärker erhöht als erwartet. Der Index
für Einfuhrpreise ist im Vergleich zum    CPM
Vormonat um 0,6 Prozent gestiegen.            Collection Premiere Moscow
                                              Moscow, 4 – 7 September 2018
Das geht aus Zahlen des Statistischen
Bundesamtes hervor. Volkswirte hatten
nur mit einem Plus von 0,4 Prozent ge-
rechnet. Gleichzeitig geht die deutsche       We are there where you need us
Industrie von einem weiteren Wachs-           – all over the world.
tum der Ausfuhren aus. Der Index der
                                              www.messe-duesseldorf.de
Exporterwartungen, der vom Ifo-Insti-
tut errechnet wird, hat sich im Novem-
ber auf 21,3 Punkte erhöht. Im Vormo-                                    Messe Düsseldorf GmbH
                                                  P.O. Box 10 10 06 _ 40001 Düsseldorf _ Germany
                                                                                                12.17
                                          Phone +49 (0) 2 11/45 60-01 _ Fax +49 (0) 2 11/45 60-77 40  OstContact I 7
                                                          www.messe-duesseldorf.de
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Monatsüberblick

                       nat hatte er bei 21 Punkten gelegen.
                       Dies war der höchste Stand seit Janu-
                       ar 2011.

                       28. November
                       Weltwirtschaft: höchstes
                       Wachstum seit acht Jahren
                       Die Weltwirtschaft wächst derzeit so
                       schnell wie seit acht Jahren nicht. Das
                       teilte die Organisation für wirtschaftli-
                       che Zusammenarbeit und Entwicklung
                       (OECD) mit. Die globale Wirtschaft wird
                       sich ihren Prognosen zufolge im kom-
                       menden Jahr um 3,7 Prozent verbes-
                       sern. Die USA, China und die Eurozo-
                       ne dürften den Annahmen zufolge auch
                       2018 weiter zulegen. Allerdings sei mit-
                       telfristig ein starkes Wachstum nicht ga-
                       rantiert, mahnen die Volkswirte der Or-
                       ganisation.

                       29. November
                       Kanada klagt gegen USA
                       Kanada geht wegen Sonderzöllen auf
                       Nadelschnitthölzer gegen die USA auf
                       Konfrontation. So hat die kanadische
                       Regierung vor der World Trade Orga-
                       nization (WTO) eine Prüfung der Zölle
                       beantragt, die Washington seit dem 1.
                       November verhängt hat. Die USA hat-
                       ten kanadische Lieferungen der Hölzer
                       mit Antidumping- und Ausgleichszöllen
                       von fast 21 Prozent belegt. Nach Auf-
                       fassung der USA verkaufen kanadische
                       Exporteure diese Waren in den USA
                       unter Marktpreis, zudem subventionie-
                       re Kanada seine eigenen Produzenten.

                       29. November
                       London nennt Kosten für
                       EU-Austritt
                       Die britische Regierung hat erstmals
                       ein konkretes Angebot für den Austritt
                       aus der EU vorgelegt, berichten Medi-
                       en. Laut EU-Diplomaten will Großbri-
                       tannien den finanziellen Verpflichtun-
                       gen nachkommen, die das Land erfüllen
                       muss, bevor es die Gemeinschaft ver-
                       lässt. Schätzungen zufolge geht es um
                       45 bis 55 Milliarden Euro, die Großbri-
                       tannien zahlen will. Damit haben zwar
                       beide Seiten einen wichtigen Schritt
                       bei den Verhandlungen nach vorne ge-
                       macht, ohne dass es aber zu einer offi-
                       ziellen Einigung gekommen wäre.

8 I OstContact 12.17
Neue Märkte für neue Ideen - Wie osteuropäische Start-ups den Westen erkunden - OWC Verlag für Außenwirtschaft
Interview

                                      Der russische Botschafter Wladimir Grinin geht Anfang
                                      2018 in den Ruhestand. Wir sprachen mit ihm über die bila-
                                      teralen Beziehungen in den letzten sieben Jahren.

                                      „Als ich vor sieben Jahren hierher kam, waren die Beziehun-
                                      gen auf ihrem Höhepunkt. Wir haben damals an der Weiter-
                                      entwicklung der strategischen Partnerschaft gearbeitet“, er-
                                      innert sich Grinin, der seit 2010 die Botschaft in Berlin leitet.
                                      „Öffentlich wurde das als Modernisierungspartnerschaft prä-
                                      sentiert. Bis Ende 2012, als es zu dem Beschluss des Bun-
                                      destags kam, der all diese Ideen auf Eis legte.“ Es folgte die
                                      Ukraine-Krise, die Beziehungen zwischen Russland und der
                                      EU stürzten in eine Eiszeit.

                                      „Wir haben aber trotzdem eine ziemlich feste Basis für un-
                                      sere Beziehungen aufgebaut und die existiert nach wie vor“,
                                      ist Grinin optimistisch. „Sie besteht vor allem in den Berei-
                                      chen Wirtschaft, Wissenschaft und Technik, Medizin, gewis-
                                      sermaßen in der Landwirtschaft und sehr stark im Bereich
                                      Kultur – bei Jugendlichen auf allen Ebenen und in verschie-
                                      denen Formaten. Ich glaube, das ist das, was wir weiter ver-
                                      festigen müssen, wenn wir wollen, dass Deutsche und Rus-
                                      sen ihre Zusammenarbeit fortsetzen und ihre Beziehungen
                                      verbessern.“
Foto: OWC/ Farkas

                                      Grinin war 1973 zum ersten Mal in Bonn im Diplomatischen
                                      Dienst. Wir fragen ihn nach Parallelen zu der Ost-West-La-
                                      gerbildung zu der Zeit des Kalten Krieges, die er damals mit-
                                      erlebte. Wir fragen ihn nach Wegen, wieder zueinander zu
                                      finden und das gegenseitige Bild voneinander zu verbessern.

                                      Und natürlich fragen wir nach den deutsch-russischen Bezie-

                    Der russische     hungen auf wirtschaftlicher Ebene. „Zwar kam es nicht grund-
                                      sätzlich zu negativen Änderungen, zu einer Entfremdung“, bi-

                    Botschafter       lanziert der Diplomat. „Aber trotzdem zur Entstehung vieler
                                      Fragen, Un- und Missverständnisse.“

                    Wladimir Grinin   Lesen Sie das ganze Interview jetzt in der aktuellen Ausga-

                    im Interview
                                      be des Deutsch-Russischen Wirtschaftsjahrbuchs 2017/18.

                                                                        Deutsch-Russisches
                                                                        Wirtschaftsjahrbuch
                                                                        2017/18

                                       Deutsch-Russisches
                                       Wirtschaftsjahrbuch
                                       Германо-Российский
                                       экономический ежегодник
                                       2017/2018
                                                                        Mehr unter www.owc.de und
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Neue Märkte für neue Ideen - Wie osteuropäische Start-ups den Westen erkunden - OWC Verlag für Außenwirtschaft
Neue Märkte für neue Ideen

     Neue
     Märkte
     für
     neue
     Ideen
     Die Start-up-Ökosysteme in Osteuropa haben sich in
     den vergangenen Jahren gut entwickelt, sind aber mit
     den etablierten Hubs wie London oder Berlin kaum zu
     vergleichen. Viele blicken nach Westen, auf der Suche
     nach Partnern, Kunden und Know-how. Im Rahmen ei-
     ner groß angelegten Tour sondierte eine Gruppe von
     Jungunternehmern den deutschen Markt.

10 I OstContact 12.17
12.17 OstContact I 11
                        Foto: Ruhr Summit 2017 / Jürgen Nobel
Neue Märkte für neue Ideen

Auf der Suche nach neuen Kunden und Partnern reisten 46 Start-ups aus 15 Ländern nach Berlin, Hamburg, Bochum und Dortmund.

In einem kleinen Konferenzraum in einem Hinterhof in Ber-
lin-Mitte pitcht Dmitry Suvorov sein Projekt zur Probe. Es
sind nur noch wenige Tage bis zum großen Event in Dort-
mund, dem Ruhr Summit, auf dem Start-ups ihre Ideen und
Produkte vor rund 500 Teilnehmern präsentieren.
   Im Publikum sitzt eine Handvoll junger Vertreter deutscher
Multinationals wie SAP oder Lufthansa. Suvorovs Englisch ist
von einem osteuropäischen Akzent geprägt und ein bisschen
                                                                 „Es ist eigentlich egal, wo
gebrochen. Die typische Steve-Jobs-Art der Präsentation, wie
sie sich die Start-up-Vorbilder aus dem Silicon Valley und so
                                                                 du bist, das Business ist
viele andere Jungunternehmer weltweit mittlerweile angeeig-
net haben, geht ihm noch nicht so flüssig von der Hand. Per
                                                                 international.“
Powerpoint erklärt er Konstruktionspläne einer Gleisanla-
ge. Drei Minuten hat er zur Verfügung, um eine für den Lai-
en hochkomplexe Software zu erklären. Sein Unternehmen,
Exonit, hat ein System entwickelt, das eine Schnittstelle zwi-
schen CAD-Programmen und -daten einerseits und einem so-
genannten Geographic Information System (GIS) andererseits       dig ist, hatte den jungen Unternehmern aus aller Welt ohne-
bildet. Damit können bei der Planung großer Infrastrukturpro-    hin nahegelegt, keine zu überzogenen Erwartungen zu ha-
jekte, wie Bahnhöfe oder Kraftwerke, problemlos einzelne Ob-     ben. Die Start-up-Delegation, die auch die geballte Kraft der
jekte einbezogen werden.                                         deutschen (Außen-)Wirtschaftsförderung in Form des DIHK,
   Als der Pitch vorbei ist, gibt es ein kurzs Feedback, eini-   der Germany Trade & Invest und diverser IHKs und AHKs
ge Fragen zum Produkt. Wer das eine oder andere Start-up-        zeigen soll, hatte neben französischen, südkoreanischen, bra-
Event miterlebt hat, bei dem in den Kurzvorstellungen nicht      silianischen oder kenianischen Start-ups auch Jungunterneh-
zuletzt um Geld von Investoren geworben wird, dem ist klar:      mer aus Polen, Tschechien, dem Baltikum, Russland und eben
Wenn es bald mit der gesamten Delegation aus 46 Start-ups        Belarus nach Deutschland geholt.
aus 15 Ländern nach Dortmund zum Ruhr Summit geht, wird
Exonit keinen Preis abräumen.                                    Der Osten ist nicht genug
                                                                                                                                 Foto: DIHK

   Aber Michael Blank, der beim Deutschen Industrie- und         Es werde wohl niemand mit einem Koffer voll Geld von
Handelskammertag für New Economy und Start-ups zustän-           deutschen Investoren nach Hause zurückkehren, so Blank.

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Das dürften aber auch die wenigsten osteuropäischen Start-      und Reichtum gebracht. Darunter das eher unter Gamern be-
      ups erwartet haben, auch Exonit nicht. Für Dmitry Suvor-        kannte Wargaming, das hinter dem Megahit „World of Tanks“
      ov steht der Netzwerkgedanke ebenso im Vordergrund, wie         steckt, oder der Voice-over-IP-Dienst Viber, der gegenwärtig
      Feedback von anderen Unternehmern und Experten zu krie-         rund 900 Millionen Nutzer zählt. Während eigene belarussi-
      gen, ob die eigene Idee etwas taugt. Ob es im Westen einen      sche Akzeleratoren noch Mangelware sind, haben sich bereits
      Markt gibt. Schließlich ist „Belarus ein kleines Land mit ei-   russische und europäische Förderer und Investoren nieder-
      nem kleinen Markt“, erklärt Dmitry. Das System von Exonit       gelassen, um neue Innovationen zu scouten, berichtet Suvo-
      werde derzeit bereits von der belarussischen Bahn eingesetzt.   rov. Das Potenzial sei sehr groß, immerhin habe Belarus eine
      „Wir denken, dass es auch für andere Anwender nützlich ist“,    Menge hoch qualifizierte und unternehmerische junge Men-
      ist sich Suvorov sicher. „Für jeden, der seine Infrastruktur    schen zu bieten. Und IT-Spezialisten: Mit EPAM, IBA, Itransi-
      zeichnet, baut und dann nutzt.“ Nach Deutschland ist er ge-     tion und Intetics zählt das vergleichsweise kleine Land vier der
      kommen, um neue Ressourcen zu erschließen, das Produkt          weltweit 100 stärksten IT-Outsourcing-Unternehmen, berich-
      zu verbessern und eventuell Partner zu finden. Der Blick        tet Marinich. Rund 34.000 Programmier arbeiten in Belarus.
      nach Westen liegt für osteuropäische Start-ups nahe. Denn       Jedes Jahr spucken die Universitäten 3.000 neue aus.
      zwar steigt ihre Zahl und die Rahmenbedingungen verbes-             Die sind auch für Tatiana Solodovnikova das Hauptar-
      sern sich. Doch im Vergleich zum EU-Markt gibt es daheim        gument für Minsk als Standort für ihr Unternehmen. Sie ist
      noch wenig zu holen.                                            COO bei Certchain. Das belarussische Start-up entwickelt ei-
          Das belarussische Ökosystem habe sich in den vergange-      ne auf Blockchain-Technologie basierende Plattform, mit der
      nen fünf Jahren gut entwickelt, einige Phasen übersprungen      Zertifizierungsprozesse weltweit digitalisiert, vernetzt und da-
      und sich dabei stark an etablierten Start-up-Hubs orientiert,   mit vereinfacht und transparenter gemacht werden können.
      schreibt Tania Marinich in einem Blog. Sie ist Gründerin und    Die Technologie dahinter ist kompliziert, das Problem eigent-
      CEO unter anderem des Imaguru Startup-Hub, einem Netz aus       lich einfach: „Überall in der Welt sind diese Zertifizierungs-
      Akzeleratoren, das eigenen Angaben zufolge schon über 250       prozesse veraltet und ineffizient“, erklärt Solodovnikova. „Es
      Start-ups hervorgebracht hat. Zudem leitet sie den Minsker      ist eigentlich egal, wo Du bist, das Business ist international“,
      Akzelerator TechMinsk. Immer neue Coworking-Spaces und          so Solodovnikova. „In Belarus gibt es wirklich sehr talentier-
      Fortbildungsprogramme entstehen. Einige belarussische Start-    te und enthusiastische Entwickler. Und die sind viel billiger
      ups haben es weit über die Landesgrenzen hinaus zu Ruhm         als auf dem internationalen Markt.“

Russland       Kasachstan         Belarus       Ukraine       Polen

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Neue Märkte für neue Ideen

Russlands Premier Medwedew im Techno-Park Skolkovo: Das Vorzeigeprojekt bringt immer mehr professionelle Start-ups hervor.

Ökosystem in Kinderschuhen                                         nen, Innovationen in Unternehmen zu pushen und man so
Problematisch sind hingegen die rechtlichen und finanziellen       viel agiler sein kann. Sie fühlen sich wohl und werden sich
Rahmenbedingungen. Suvorov mache zwar Mut, dass die Un-            nicht ändern.“
terstützung durch den Staat zunehme. Minsk hat einen Ext-             Was belarussischen Start-ups vor allem fehlt, sind interna-
ra-Fonds eingerichtet, diverse Ministerien unterstützen die        tionale Kontakte und das Feedback international erfolgreicher
jungen Firmen. „Aber ich bin mir nicht sicher, wie effektiv        Unternehmen im Hightech-Bereich.
diese Politik wirklich ist“, ist der belarussische Programmierer
skeptisch. Zumal sich Start-ups per Definition auf internatio-     Moskau setzt auf Skolkovo
nale Märkte konzentrieren – und die staatlichen Programme          Ähnlich sieht es in Russland aus. Auch dort hat sich das
in erster Linie an lokalen Projekten interessiert seien. Zudem     Ökosystem in den vergangenen drei bis vier Jahren spürbar
bleiben Probleme mit den rechtlichen und finanziellen Rah-         entwickelt. Im Gegensatz zu Belarus behindert hier die Regie-
menbedingungen, unter anderem, was VC-Fonds angeht, In-            rung die Entwicklung nicht, sondern gilt als einer der Haupt-
solvenzen, das Durchsetzen von Verträgen oder den Schutz           treiber. Das wohl prominenteste Projekt ist der Technologie-
von Minderheiteninvestoren. Der politische Wille, diese Re-        park Skolkovo, in dem eine ganze „InnovationCity“ außerhalb
formen anzugehen, fehle, kritisiert Marinich. Unternehmer          Moskaus entstehen soll – inklusive Universität, Akzeleratoren
würden dafür bestraft, Risiken einzugehen.                         und gesamter zugehöriger Infrastruktur. Genau wie in Bela-
   Zudem fehlt es an unternehmerischer Erfahrung, sowohl           rus fehlt es aber auch in Russland noch an Geldgebern, ins-
auf Angebots- wie Nachfrageseite. Auch die Zahl der Unter-         besondere nachdem das Klima für Investitionen in riskan-
nehmer, die einen erfolgreichen Exit geschafft haben und ihr       te Projekte wie Start-ups infolge der Krisen von 2008/09 und
Know-how und Kapital wieder in Unternehmen aus der Re-             2014 gelitten hat. Davon, ein sogenanntes Unicorn hervorzu-
gion reinvestieren, ist gering. Die Angel-Investoren-Szene         bringen, also ein Start-up mit einem Marktwert von über ei-
steckt noch in den Kinderschuhen, ein wirkliches Netzwerk          ner Milliarde US-Dollar und globalem Einfluss, ist man noch
gebe es nicht. Eine Plattform hat 2015 ihre Arbeit eingestellt.    weit entfernt. Auch der russische Markt allein ist dafür natür-
Von den großen Konzernen sei nicht viel zu erwarten, glaubt        lich deutlich zu klein.
Tatiana Solodovnikova. Belarussische Unternehmen küm-                 Eine der größten Stärken der russischen Start-ups sieht Julia
merten sich nicht um Kooperationen mit Start-ups, kriti-           Tolkishevskaya, Managerin bei Skolkovo, in der starken tech-
siert sie. „Es ist traurig, aber ihre Einstellung hat sich im-     nischen Ausrichtung: „Im Vergleich zu vielen Start-ups aus
                                                                                                                                      Foto: Skolkovo

mer noch nicht geändert“, sagt sie mit Blick auf die großen        anderen Ländern basieren unsere auf fundierten, spezifischen
staatlichen Konzerne. „Es fehlt an Wissen und Technolo-            Technologien oder Computeralgorithmen.“ In Russland habe
gie. Sie können nicht verstehen, dass Start-ups helfen kön-        man „ein großartiges Erbe an Grundlagenforschung aus der

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„In Sachen Open Innova-     Sowjetunion übernommen“, erklärt sie. Allerdings habe diese
                            in der Vergangenheit in einem geschlossenen System stattge-

tions ist Russland ein      funden. In Sachen Open Innovations sei Russland ein „recht
                            neuer Spieler auf der globalen Bühne“, meint die Managerin.

„recht neuer Spieler auf    Gerade bei der Internationalisierung gebe es viel zu tun. Auch
                            mit der Selbstvermarktung klappt es noch nicht immer so gut,

der globalen Bühne. (...)   gesteht Tolkishevskaya ein. „Natürlich brauchen unsere Un-
                            ternehmen noch mehr Erfahrung und Kontakte im Ausland,

Unsere Unternehmen          auch damit es ihnen leichter fällt, auf Englisch zu pitchen.“
                               Für Tolkishevskaya ist der Trip nach Berlin und Dortmund

brauchen mehr Erfah-        schon die zweite Deutschland-Reise für ihren Arbeitgeber.
                            „Wir wollten unsere Zusammenarbeit mit deutschen Part-

rung und Kontakte im        nern wieder aufleben lassen“, berichtet sie. Skolkovo spielt
                            bereits in der Oberliga: Mit Firmen wie SAP und Instituten

Ausland.“                   wie Fraunhofer oder die Helmholtz-Gemeinschaft bestehen
                            Kooperationen. Aber man will mehr. „SK“, so die Abkürzung
                            des Parks, soll eine international bekannte Trademark für rus-
                            sische Start-ups werden. Im laufenden Jahr beobachte Skol-
                            kovo so etwas wie einen „Boost“ in seinen Aktivitäten mit
                            deutschen Partnern. Diverse deutsche Delegationen besuch-
                            ten den Technopark, auch mit politischer Begleitung in Person
                            des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Skolko-
                            vo fördert vorrangig Start-ups aus den Bereichen Energieeffi-
                            zienz, Biomedizin, IKT, Raumfahrt, Telekommunikation und
                            fortschrittliche Industrietechnologien. Alles in allem gehören
                            rund 1.700 Tech-Unternehmen zum Skolkovo-Netzwerk. Wer
                            Mitglied werden will, muss nicht unbedingt vor Ort sein. Der

                                                                    12.17 OstContact I 15
Neue Märkte für neue Ideen

Auf dem Ruhr Summit kriegen die internationalen Start-ups einen Eindruck davon, wie groß die Szene in Deutschland bereits ist.

Technologiepark bietet seinen Unternehmen neben einer Be-            immer Qualität“, ist er überzeugt und ergänzt selbstbewusst:
freigung von der Einkommensteuer Trainings und Zugang zu             „Mir erscheint die Qualität in Russland und Belarus höher.“
Mentoren, die sie fit für den internationalen Markt machen              Julia Tolkishevskaya findet nach ihrer Deutschlandreise be-
sollen. Rein kommt in den Park allerings nur, wer „top-notch“-       sonders eindrucksvoll, wie gut organisiert deutsche Unterneh-
Technologien biete, betont Tolkishevskaya. Eine Gruppe von           men sind. „Es ist fast schon normal für sie, einen unterneh-
Experten prüft jedes Unternehmen, das sich die Förderungen           menseigenen Akzelerator zu haben und ununterbrochen auf
sichern will. „Das primäre Ziel unserer Start-ups liegt natür-       dem globalen Markt nach (Talenten und Technologien) zu su-
lich in der Kommerzialisierung“ ihrer Produkte, sagt die jun-        chen. Die Unternehmen haben ein sehr klares Bild davon, wel-
ge Managerin. In Deutschland und Europa suchen sie zwar              chen technologischen Bedarf sie haben.“ In Russland sei dies
auch Gelder, vor allem aber Partner und Kunden.                      „viel schlechter. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns.“
                                                                        Auch Tatiana Solodovnikova von Certchain ist zufrieden
Qualität statt Quantität                                             mit dem Trip. „Man hatte viele Meetings, redete und pitchte
Zurück in Deutschland: Wenige Tage später blickt Dmitry              die ganze Zeit. Ich habe sehr interessante Hinweise bekom-
Suporov auf den Ruhr Summit zurück. „In Belarus können               men, etwa dass ich mehr Fallbeispiele, simple Begriffe und Al-
wir nur von einer solchen Größe träumen“, schwärmt er. Ob            legorien benutzen sollte“, erzählt sie. „Im Oktober haben wir
die Reise für ihn ein Erfolg war? Ohne Frage. Dennoch hat            uns vorgenommen, so viel Feedback von internationalen Un-
sich seine Hoffnung auf eine konkrete Einschätzung, ob es für        ternehmen einzuholen wie möglich. Das Unternehmen be-
seine Software in entwickelten Märkten eine Nachfrage gibt,          findet sich noch in einer frühen Phase, konnte aber bereits
nicht erfüllt. Leider sei die Situation nach dem Ruhr Summit         den von Russland gesponserten ersten Preis beim Minsker
dieselbe wie zuvor. Denn bei Wettbewerben in Russland hat            Hackaton im September gewinnen, einen Wetbewerb für IT-
das Jungunternehmen es in der Vergangenheit zwar zweimal             Start-ups. „Wir wussten, dass es in Berlin, Hamburg, Bochum
                                                                                                                                      Foto: Ruhr Summit 2017 / Jürgen Nobel

ins Finale geschafft. „Gut gemacht, sieht nach einer coolen          und Düsseldorf eine hohe Konzentration von Herstellern und
Technologie aus“, lautete das Feedback, dann aber: „Es fällt         Investoren gibt“, sagt Solodovnikova. Oft treffe man mit der
uns schwer, eure Technologie richtig einzuordnen“, erinnert          noch neuen Technologie auf Unverständnis. Nicht so bei Fir-
sich Suvorov. Und auch in Deutschland habe es meist gehei-           men wie Lufthansa. „Die verstanden, worüber wir sprachen.
ßen: „Wir müssen uns mit technischen Experten beraten.“              Sie haben sich direkt einige der Start-ups rausgepickt und ge-
Suvorov übt auch Kritik am Start-up-Boom in Deutschland.             sagt: ok Leute, lasst uns das versuchen.“
Es gebe ein derart großes Angebot für neue Unternehmen,                 An dem Programm nahmen auf deutscher Seite unter an-
dass die Auswahl seitens der Investoren gerade in einer frühen       derem E.ON, die Deutsche Bahn, innogy, SAP, Wilo, die Luft-
Phase nicht immer sehr strikt sei. „Quantität bedeutet nicht         hansa und Airbus teil. Absichtlich, erklärt DIHK-Mann Blank,

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Die Belarussin Tatiana Solodovnikova erklärt ihre Blockchain-Technologie: „Die verstanden, worüber wir sprachen.“

habe man den Start-ups nicht nur die Berliner Szene gezeigt,                     kamen – mit staatlicher Förderung im Rücken. Auch die re-
sondern sie durch die halbe Republik geschickt – dahin, wo                       gionalen IHKs und Standortförderer zeigten sich erfreut. Nie-
die deutsche Wirtschaft sitzt. Das Interesse der dort ansässi-                   derlassungen vielversprechender Nachwuchsfirmen aus dem
gen Unternehmen wie des Pumpenherstellers Wilo oder von                          Technologiebereich würden sie gerne sehen. Mindestens zwei
Tengelmann sei ohnehin größer als in Berlin, dass vor Start-                     russische Unternehmen wollen in Deutschland ein Büro er-
ups quasi überquillt. Die osteuropäischen Start-ups haben sich                   öffnen, berichtet Skolkovo-Managerin Tolkishevskaya. Wel-
„sehr professionell“ dargeboten, resümiert Blank. Das gelte                      che das sind, könne sie aber noch nicht verraten.
insbesondere für die russischen und tschechischen Firmen.
Vor allem bei den Russen merke man, dass sie gut vorbereitet                                                                  Patrick Bessler

                                                                                        - Vollständige Führung der Buchhaltung ihrer
                                                                                          russischen Niederlassung
                                                                                        - Vorbereitung und Einreichung aller notwendigen
                                                                                          Berichte und Steuererklärungen
     Kommunikation. Buchführung. Kunde.                                                 - Quartalsabschlüsse und Jahresabschluss

     Kontakte                                                                           - Prüfung und Wiederherstellung der buchhalteri-
                                                                                          schen Erfassung
      Aleksandr Khanin, Partner                109544, Russische Föderation,
      aleksandr.khanin@kbk-accounting.de       Moskau, Bulvar Entuziastov, Geb. 2,      - Vorbereitung zur Liquidation
                                               Business-Zentrum “Golden Gate”
      Thomas Brand, Partner
      thomas.brand@kbk-accounting.de           +7 495 662 33 30
                                                                                        - Berichterstattung nach internationalen Rech-
                                               www.kbk-accounting.de                      nungslegungsvorschriften (IFRS)
      Valeria Khmelevskaya, Partner
      valeria.khmelevskaya@kbk-accounting.de                                            - Interim-Management

                                                                                                                         12.17 OstContact I 17
Neue Märkte für neue Ideen

„Es brodelt!“
Zentimetergenaue Positionsbestimmung im Raum – das verspricht das russische
Tech-Start-up Marvelmind Robotics. Auf dem Dortmunder Ruhr-Summit im Oktober
holte das innovative Unternehmen den zweiten Platz in einem Wettbewerb. Wir
sprachen mit Gründer Maxim Tretjakow über seine Expansionsziele in Deutschland.

Herr Tretjakow, was ist Ihr Produkt? Wer kauft es?                benötigen. Wenn es Treffen gibt, fliegen wir einfach dorthin.
Tretjkakow: Unser Produkt basiert auf dem Problem, dass           Aber in Deutschland ist mir erstmals in den Kopf gekommen,
GPS in Räumen nicht funktioniert. Es ist ein Navigationssys-      dass es vielleicht doch wichtig ist, eine Niederlassung zu ha-
tem, das zentimetergenau in Räumen funktioniert. Das heißt,       ben. Alle großen Unternehmen fragen immer danach. Das
Sie können einen Roboter von Punkt A zu Punkt B senden,           kostet Geld, birgt Risiken, Steuern müssen gezahlt, Mitarbei-
wie mit einem normalen GPS – aber mit einer Genauigkeit           ter eingestellt werden. Wenn man aber alles gut kalkuliert,
von zwei Zentimetern anstatt fünf bis zehn Metern. Es kann        kann das mehr Vor- als Nachteile haben. Mich hat vor allem
auch für Tracking verwendet werden, etwa für Virtual-Reali-       NRW als Standort angesprochen. Die Vertreter haben damit
ty-Systeme oder für Personen-Tracking. Wir haben verschie-        geworben, dass in einem Umkreis von 500 Kilometern um
dene Kunden: große wie kleine Unternehmen, Universitäten          Düsseldorf 160 Millionen Menschen leben. Das ist natürlich
oder PC-Liebhaber. Vor allem Unternehmen, die autonome            eine super Konzentration. Zudem sind London, Paris oder
Drohnen-Helis für Innen, VR ohne Kabel und Roboter an-
bieten, kaufen bei uns. Ein anderes Beispiel sind Verlader für
Innen. Wenn wir auf Messen sind und das Verlader-Tracking
vorführen, tragen wir einen Helm mit dem Tracking-System.
Das hat einige Leute inspiriert, sodass wir zurzeit viele Nach-   „Es gibt wenige Men-
fragen etwa aus der Ölverarbeitungsbranche oder dem Ber-
gbau haben.                                                       schen mit genug Geld,
Was war Ihre Motivation, an der Start-up-Reise nach Deutsch-      die auch in kleine Start-
land teilzunehmen?
Tretjakow: Deutschland ist einer unserer wichtigsten Märk-        ups investieren.“
te und weit entwickelt bei Technologien für Automatisie-
rung und Industrie 4.0. Deshalb konnten wir uns die Reise
nicht entgehen lassen. Obwohl gleichzeitig das Open-Inno-
vations-Forum in Moskau stattfand, bin ich nach Deutsch-          Amsterdam nur eine Flugstunde entfernt. In die Niederlan-
land gekommen. Deutschland ist ein Markt mit großem Po-           de, wo wir sehr viele Kunden haben, kann man sogar mit dem
tenzial, hohem Innovationsgrad und vielen Kunden. Unsere          Auto fahren. Dies ist ein Faktor, der für NRW spricht. Wir
Motivation war vor allem, unserer Verkäufe anzukurbeln und        werden nicht sofort expandieren, aber das spricht tatsächlich
uns in Deutschland zu zeigen. Wir haben dort bereits Kun-         für Deutschland statt die USA. Die Start-ups aus Russland,
den und so hatten wir die Gelegenheit sie auch zu treffen. Der    die dabei waren, haben zum Teil auch schon Repräsentanzen
westeuropäische Markt ist für uns die Nummer zwei hinter          in Deutschland. Ich weiß nicht, inwieweit ihnen das wirklich
den USA. Wir tun natürlich alles, um uns zu vergrößern. Wir       hilft, aber dass sie welche haben, ist auch ein Argument dafür.
haben auch nach Finanzierung gesucht, aber als russisches
Unternehmen hat man es schwer. Wenige Fonds interessie-           Wie international ist das Start-up-Ökosystem in Russland? Wie
ren sich für Unternehmen, die nicht aus Deutschland kom-          schätzen Sie es insgesamt ein?
men. Für uns war die Reise vor allem Marketing. Wir woll-         Tretjakow: Wir versuchen uns auf dem westlichen Markt nicht
                                                                                                                                     Foto: IHK zu Dortmund/ Schütze

ten unser Produkt zeigen, denn Kunden aus Hochtechnolo-           unbedingt als russisches Start-up zu positionieren. Im Westen
gie-Bereichen wie IoT, Industrie 4.0 und Robotics gibt es in      lassen sich westliche Start-ups leichter verkaufen, in den USA
Deutschland zuhauf.                                               amerikanische, in Russland russische und so weiter. Ich kenne
                                                                  nicht viele internationale Start-ups in Russland. Sicher gibt es
Was haben Sie für Ihr Geschäft von der Reise mitgenommen?         sie, aber sie sind wohl eher unüblich. Auf jeden Fall brodelt es
Tretjakow: Ich habe angefangen, über eine Repräsentanz nach-      im russischen Ökosystem. Noch vor zehn, zwölf Jahren gab es
zudenken. Bisher haben wir keine, weil wir sie nicht dringend     in Russland nichts. Ich beobachte mit großem Interesse, wie

18 I OstContact 12.17
Zentimetergenaue Positionsbestimmung per Sensor auf dem Helm: Marvelmind-Gründer Maxim Tretjakow präsentiert sein Produkt.

(der Technologiepark, Anm.) Skolkovo – wir sind übrigens            ternational wettbewerbsfähig sein. Wenn sich die Geschäfts-
ein Skolkovo-Start-up – unter finnischer Beratung vieles aus        bedingungen so wie in China verbessern würden, wäre es für
dem Ökosystem Finnlands adaptiert hat. Ob die Entwicklung           uns einfacher, international zu verkaufen. Wenn nicht, wer-
gut ist, ist schwierig zu sagen. Auf der einen Seite gibt es Rie-   den Unternehmen wie wir andere Möglichkeiten finden, ih-
seninvestitionen, auf der anderen Seite ist nicht klar, ob diese    re Produkte zwar in Russland zu erfinden und zu projektie-
Anstrengungen richtig sind. Wohin soll es gehen? Da gibt es         ren, aber in einem anderen Land zu produzieren. Deutschland
viele Meinungen. Wichtig ist, dass sich das System einpendelt.      ist für uns in dieser Hinsicht allerdings auch nicht hilfreich.
                                                                    China ist da günstiger und schneller. Also: In Russland gibt
Woran fehlt es? Wie könnte der Staat helfen?                        es Skolkovo, es gibt Zollverbesserungen – aber nicht genü-
Tretjakow: Das Start-up-System unterscheidet sich nicht von         gend. Die Fördermittelpolitik ist nicht schlecht. Es gibt viele,
anderen Business-Systemen. Deshalb muss man dem Busi-               die helfen wollen und man kann Hilfe bekommen, wenn man
ness im Ganzen helfen. Ich habe lange in China gewohnt.             sie braucht. Aber natürlich ist das mit viel Bürokratie verbun-
Dort gibt es zwar viele Einschränkungen, etwa beim Inter-           den. Wir als Skolkovo-Resident verlieren viel Zeit mit For-
net. Aber es ist viel einfacher, Geschäfte zu machen. Nehmen        malitäten. Venture-Kapital entwickelt sich zwar, aber es gibt
Sie zum Beispiel Warensendungen an den Kunden. In Russ-             im Unterschied zu Deutschland, wo es auch nicht viele Ven-
land ist das schier unmöglich für uns, weil es dort viele Zoll-     ture-Fonds gibt, wenige Menschen mit genug Geld, die auch
beschränkungen gibt. Für große Lieferungen wie Waggons              in kleine Start-ups investieren – sogenannte Family-Investi-
oder Flugzeuge ist es möglich, aber für uns, die wir Waren an       tionen. Aber da wir vor einigen Jahren noch bei null standen
zwei, drei Kunden senden wollen: keine Chance. Der russische        und die Entwicklung heute fast explosionsartig ist, bin ich si-
Markt ist viel kleiner als der chinesische, der amerikanische       cher, dass es das bald auch in Russland geben wird.
und auch kleiner als der europäische. Diese Märkte zeichnet
aus, dass sie offen sind, für die, die drin sind. Wir sollten uns   Herr Tretjakow, wir danken Ihnen für das Gespräch.
an Finnland orientieren. Die Unternehmen dort produzieren
vor allem für den internationalen Markt. Nur wenige könn-                                 Das Interview führte Elena Matschilski.
ten vom finnischen Markt allein leben, dafür muss man sehr
klein sein. Russland ist groß, aber auch dort ist der inländi-
sche Markt klein. Wir brauchen also Produkte, die wir auf der
ganzen Welt verkaufen können. Wir werden oft gefragt, ob
wir in Russland wettbewerbsfähig sind. Ich finde, das ist eine
unsinnige Frage: Wir müssen nicht in Russland, sondern in-

                                                                                                             12.17 OstContact I 19
Neue Märkte für neue Ideen

Bis 2030 zur „Hightech-Macht“-
Polens Start-up-Szene ist kaum entwickelt. Relativ wenige Firmen und geringes
Venture Capital prägen das Bild. In einem Bereich gehören die Polen allerdings
bereits zur Weltspitze.

„80 Milliarden Dollar“, sagt Anna Białas. „Das war allein        le spielen. Auf dem fünften Platz folgt Ungarn, während sich
im Jahr 2016 der Wert der Waren, die man weltweit wegen          die Tschechen auf dem neunten befinden. Die Deutschen ent-
schlechter Lagerung oder aufgrund eines unzureichenden           täuschen und rangieren nur weit abgeschlagen auf der 14.
Transportes vernichten musste,“ erklärt die Sprecherin von       Position.
efento, einem Krakauer Start-up. „Dabei handelte es sich             „Die Polen tragen eben Innovations- und Talentgene in
meistens um Medikamente und Lebensmittel“, erläutert sie         sich“, zeigt sich auch Mateusz Morawiecki selbstbewusst. Der
ein wichtiges Detail aus dem Geschäftsplan ihrer Firma. Die-     polnische Minister führt das Entwicklungsressort – ein Su-
ser milliardenschwere Verlust, den die Unternehmen jedes         perministerium aus Kompetenzen für Wirtschaft und Finan-
Jahr erleiden müssten, sei ein Grund gewesen, efento aus der     zen. Und Morawiecki setzt noch einen drauf: „Ich glaube,
Taufe zu heben. Białas Unternehmen entwickelt beispielswei-      dass Polen bis zum Jahr 2030 eine wahre Hightech-Macht
se eine Serverplattform, mit deren Hilfe ein Pharmagroß-         werden kann.“ Polen könne seiner Einschätzung zufolge ein
händler die Temperatur und Feuchtigkeit in seinen Lager-
hallen messen kann.

Meisten Firmen in Warschau, Krakau und an
der Ostsee                                                       „Viele Unternehmen wer-
Efento ist eines von zwei polnischen Start-ups, das an einem
gesonderten Programm der Deutschen Telekom (DT) teil-            den nur mithilfe geringer
nimmt, das Projekte fördert, die sich mit dem Internet der
Dinge („internet of things“/ IOT) beschäftigen. Durchgeführt     Eigenmittel gegründet.“
wird das Programm von hub:raum – einem Inkubator, den
die DT gegründet hat, um internationale Firmen zu fördern.
Der deutsche Konzern unterstützt derzeit zwölf Unterneh-
men aus ganz Europa – darunter fünf aus Osteuropa.               Land sein, das Entwicklungs- und Innovationstrends setzt.
   Polens Start-ups konzentrieren sich auf drei Zentren im       „Und zwar in vielen Bereichen“, unterstreicht der Minister.
Land. Die meisten von ihnen haben ihren Hauptsitz in War-           Warschau will eine Politik verfolgen, die Start-ups in jeg-
schau, Krakau sowie in der Ostseedreistadt Gdańsk, Gdy-          licher Hinsicht unterstützt. Die Regierung hat sich dabei das
nia und Sopot. Ein Fokus liegt auf der Entwicklung von           Yozma-Programm von Israel aus dem Jahr 1993 zum Vor-
B2B-Software. Insofern ist efento ein typischer Vertreter der    bild genommen. Hier hatte der Staat Venture-Capital-Unter-
polnischen Szene. Darüber hinaus spielen Firmen aus der Di-      nehmen steuerliche Anreize geboten. Dadurch war es Israel
gital-Health-Branche sowie dem Fintech-Geschäft eine wich-       gelungen, die Zahl der Investitionen erheblich zu erhöhen.
tige Rolle.
                                                                 Gelder bitter nötig
Programmierer unter den besten der Welt                          Einen Schritt dahin hat die polnische Regierung bereits ge-
Der Markt ist zwar noch verhältnismäßig klein, wenn man          macht, indem sie 2015 das Programm „Start in Poland“ aus
die Zahl der Unternehmen berücksichtigt, die derzeit gera-       der Taufe gehoben hat. In den kommenden sieben Jahren sol-
de einmal bei 3.000 liegt. Doch genießen die polnischen Pro-     len für das Förderprogramm insgesamt drei Milliarden Zło-
grammierer einen herausragend guten Ruf. So führt die in-        ty (oder rund 700 Mio. EUR) bereitgestellt werden. Der Staat
ternationale IT-Plattform HackerRank, die Firmen aus der         geht davon aus, dass rund 1.500 Firmen davon Gebrauch ma-
Branche bei der Rekrutierung von Personal unterstützt, die       chen werden.
Polen auf ihrer aktuellen Liste der besten Fachleute ganz weit      Dass die Regierung verstärkt öffentliche Gelder für die Fi-
vorne: Unter 50 Ländern liegen sie auf Platz drei. Davor kom-    nanzierung bereitstellt, ist auch bitter nötig, weil immer mehr
men nur China, das den ersten Rang belegt, sowie Russland.       Polen ihre Unternehmung aus eigener Tasche finanzieren.
Auffallend ist, dass Ostmitteleuropa generell eine starke Rol-   Wie aus einer aktuellen Studie „Startup in Poland 2017“ her-

20 I OstContact 12.17
vorgeht, greifen bei der Firmengründung 60 Prozent aller Be-     sitiv, weil die Venture-Capital-Geber, die sich in den polni-
            fragten auf ihre eigenen Ersparnisse zurück. Zwölf Monate        schen Unternehmen engagieren, diesen Firmen oft auch den
            zuvor war es noch die Hälfte. Diejenigen Start-ups, die exter-   Zugang zu den Märkten ermöglichen“, fügt sie im Gespräch
            ne Mittel in Anspruch nehmen, nutzen meistens Gelder des         mit dem polnischen Portal wpolityce.pl hinzu.
            polnischen Staates oder Hilfen der EU. Aber auch ausländi-           „Viele Unternehmen werden mit geringen Eigenmitteln
            sches und einheimisches Venture-Capital (VC) ist eine wich-      gegründet“, bestätigt auch Białas von efento. „Deswegen ge-
            tige Stütze für die Firmen.                                      hen sie auch ein hohes Risiko ein, sollte die Unternehmung
               „Wir beobachten, dass immer mehr polnische Start-ups          scheitern.“ Ein kritischer Punkt. Ihrer Beobachtung zufolge
            Kapital im Ausland suchen“, erklärt Julia Krysztofiak-Szopa,     stellten zwar immer mehr Venture-Capital-Geber finanziel-
            die Vorsitzende der Stiftung Startup Poland, die ebenso da-      le Mittel bereit, „doch bleibt der Bedarf danach groß“, so die
            bei helfen soll, die Szene im Land aufzubauen. „Das ist po-      efento-Sprecherin.
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Neue Märkte für neue Ideen

                                                                 Start-ups in Polen
                                                                 Der durchschnittliche Gründer...
                                                                 ... ist zwischen 30 und 39 Jahre alt
                                                                 ... verfügt über höhere Bildung/ Studienabschluss
                                                                 ... finanziert sein Unternehmen vornehmlich aus
                                                                      Eigenmitteln
                                                                 ... ist im B2B-Bereich aktiv
                                                                 ... leitet eine Mikrofirma mit bis zu zehn Angestellten
                                                                 ... verkauft an andere Kleinstfirmen oder mittlere
                                                                      Unternehmen in Polen

                                                                 „Die beiden Mitbegründer des pol-
                                                                 nischen B2B-Dienstleisters efento,
                                                                 Piotr Szydłowski (l.) und Karol
                                                                 Zaręba, gehören zu den jungen
                                                                 Polen, die den Sprung in die
                                                                 Selbstständigkeit gewagt haben.
                                                                 Hier freuen sie sich darüber, dass
                                                                 die Deutsche Telekom sie für ein
                                                                 Sonderprogramm für Start-ups
                                                                 ausgewählt hat.“

Polen bei VC auf Platz 2 in der Region                           Die besten Entwickler
Hier hat Polen tatsächlich noch Nachholbedarf, wenn man
sich die Gesamtinvestitionen anschaut, die die zehn größten      Ranking der IT-Entwickler weltweit
Venture-Capital-Unternehmen zwischen 2015 und 2016 getä-
tigt haben. Mit insgesamt 340 Millionen Złoty (rund 77 Mio.      01         China                                         100,0
EUR) liegt Polen in der Region nur auf dem zweiten Platz.
Tschechien ist mit 380 Millionen Złoty (85 Mio. EUR) der         02         Russland                                       99,9
Spitzenreiter, wie aus einer Statistik der Tageszeitung Rzecz-   03         Polen                                          98,0
pospolita hervorgeht. Auf dem dritten Rang befindet sich Un-     04         Schweiz                                         97,9
garn (68 Mio. EUR), gefolgt von der Slowakei (8 Mio. EUR).
                                                                 05         Ungarn                                         93,9
   Ebenso schwach sieht es bei den Ausgaben für Forschung
und Entwicklung (F&E) aus, die das Land pro Jahr tätigt. So      06         Japan                                           92,1
hat Polen im Jahr 2015 dafür gerade einmal ein Prozent am        07         Taiwan                                         91,2
Bruttoinlandsprodukt (BIP) ausgegeben. Das berichtet die
                                                                 08         Frankreich                                     91,2
UNESCO. In Tschechien waren es 1,9 Prozent, in der Slowa-
kei 1,2 Prozent und in Ungarn 1,4 Prozent. In Deutschland        09         Tschechien                                     90,7
lag dieser Wert bei 2,9 Prozent. Anna Białas sieht der Zukunft   10         Italien                                        90,2
trotzdem positiv entgegen: „Die polnischen Start-ups verfü-      11         Ukraine                                        88,7
gen über ein großes Entwicklungspotenzial. Polnische Inge-
                                                                 12         Bulgarien                                      87,2
nieure haben ein großes Know-how und viel Erfahrung, die
sie sich während ihrer Arbeit in großen Konzernen angeeig-       13         Singapur                                        87,1
net haben“, lobt sie.                                            14         Deutschland                                    84,3
                                              Sebastian Becker
                                                                 15         Finnland                                       84,3
                                                                 16         Belgien                                         84,1
                                                                 17         Hongkong                                       83,6
                                                                 18         Spanien                                        83,4
                                                                 19         Australien                                     83,2
                                                                 20         Rumänien                                        81,9
                                                                                                                  Quelle: HackerRank
22 I OstContact 12.17
Tschechien: Der richtige Markt für
die richtigen Technologien
Tschechien ist zwar ein relativ kleiner Markt für Start-ups, aber interessant für
Nischenprodukte. Ein wichtiger Accelerator ist StartupYard.

„Der Mietmarkt ist in Tschechien noch sehr unstrukturiert
und nur wenig entwickelt“, sagt Klara Flisnikova. „Besonders,     „Oft verfügen Start-ups
wenn man ihn mit den westlichen Ländern vergleicht“, fügt
die Managerin hinzu. Flisnokova hat RentRocket mitbegrün-         zwar über eine interes-
det – ein Immobilien-Start-up aus Prag. „RentRocket ist ei-
ne Immobilienplattform, mit deren Hilfe Vermieter ihre Im-        sante Technologie,
mobilien verwalten können“, erklärt die junge Geschäftsfrau.
Dabei soll der gesamte Mietprozess digitalisiert werden – von     wissen aber nicht, in
der Auflistung der einzelnen Häuser und Wohnungen sowie
den Mietern bis zu Einzelfragen, die die Vermietung betref-       welcher Branche man
fen. „Alles aus einer Hand“, so Flisnikova, die auch gleichzei-
tig CEO von RentRocket ist.                                       diese einsetzen kann.“
StartupYard älteste Einrichtung in der Region
Ihr junges Unternehmen gehört zu den Firmen, die vom Pra-
ger Accelerator StartupYard (SY) über einen bestimmten Zeit-      kei oder aus solchen, eher exotischen Märkten wie Georgien.
raum durch Coaching unterstützt worden sind, um ihnen zu          „Allein im laufenden Jahr 2017 haben wir 15 Start-ups geför-
einer schnellen Entwicklung zu verhelfen. SY existiert seit       dert und eine Gesamtsumme von 425.000 Euro in sie inves-
2011 und ist damit die älteste private Institution ihrer Art in   tiert“, erklärt Maloux.
Mittelosteuropa (MOE). Darüber hinaus gilt SY als führen-            Sein Unternehmen konzentriere sich auf die Förderung
der Accelerator in der gesamten Region.                           von Technologie-Firmen. „Oft verfügen junge Start-ups zwar
    „Wir wählen die Unternehmen gemeinsam mit unseren             über eine interessante Technologie, wissen aber nicht, in wel-
Mentoren aus“, erklärt Cedric Maloux, CEO von SY im Ge-           cher Branche man diese einsetzen kann“, sagt der Manager.
spräch mit OstContact. Dabei handelt es sich seinen Aussa-        „Wir bringen diese Firmen dann mit potenziellen Geschäfts-
gen zufolge um Manager, Geschäftsleute und Investoren, die        partnern zusammen“, fügt er hinzu. Von denen gibt es im Ver-
ebenso national wie international Rang und Namen haben.           gleich zum Westen nur verhältnismäßig wenige. Deswegen ist
Beispielsweise gehören dazu David Slansky, Partner von KP-        Tschechien eher ein Nischenmarkt, wo spezielle Start-ups ihre
MG, sowie James McGrath, Managing Director von Mars.              Produkte anbieten. Dazu zählen etwa Firmen, die mit Block-
    „Wir unterstützen Firmen, die sich in einem sehr frühen       chain-Technologie arbeiten, die beispielsweise in der Gesund-
Stadium befinden,“ sagt Maloux. „Deswegen haben diese Un-         heitsbranche bei der Dokumentation von medizinischen In-
ternehmen oft nur sehr wenig Kontakte, verfügen über keine        formationen verwendet wird. „Wir gehen für 2018 und 2019
klare Strategie und haben nur wenig Erfahrung. Sie können         davon aus, dass immer mehr Unternehmen erscheinen, die
auf unser lokales und internationales Netzwerk zurückgrei-        hier aktiv sind,“ erklärt der CEO. 			                     sb
fen“, erklärt der CEO. Im Gegenzug müssen die Firmen An-
teile an SY abtreten.

Unter den geförderten Start-ups auch eine
Firma aus Georgien
In Zahlen liest sich das so: Der Prager Accelerator hat in den
vergangenen sechs Jahren in 59 Firmen insgesamt 2,2 Mil-
liarden Kronen (rund 86 Mio. EUR) investiert. Das berich-
tet die tschechische Wirtschaftszeitung Hospodářské noviny.
SY unterstützt nicht nur einheimische Firmen, sondern auch
Unternehmen aus dem benachbarten Polen und der Slowa-

                                                                                                          12.17 OstContact I 23
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