STRUKTURSTUDIE BWe MOBIL 2011 - Baden-Württemberg auf dem Weg in die Elektromobilität - Fraunhofer ...
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Strukturstudie BWe mobil 2011 Baden-Württemberg auf dem Weg in die Elektromobilität e-mobil BW GmbH – Landesagentur für Elektromobilität und Brennstoffzellentechnologie Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS)
Inhalt Vorwort4 Kernergebnisse und Implikationen 5 1 Ausgangslage und Zielsetzung 6 2 Die Automobilindustrie auf dem Weg in die Elektromobilität 8 2.1 Elektromobile Antriebs- und Fahrzeugkonzepte 8 2.2 Komponenten von Elektrofahrzeugen und aktuelle Entwicklungsschwerpunkte 11 2.2.1 Energiespeicher 11 2.2.2 Komponenten des batterieelektrischen Antriebsstrangs 18 2.2.3 Sonstige Komponenten 27 2.3 Einflussfaktoren auf die Produktion 31 2.4 Heutige Märkte und Marktszenarios 35 2.4.1 Szenarios der Marktentwicklung 35 2.4.2 Lebenszykluskosten-Betrachtung 37 2.4.3 Konvergenz der Branchen 40 2.5 Überblick zur Förderung 44 3 Konsequenzen des Wandels für Baden-Württemberg 48 3.1 Die Bedeutung des Automobils für Baden-Württemberg 48 3.1.1 Automobilstandort Baden-Württemberg 48 3.1.2 Aktuelle Entwicklung bei Neuzulassungen 49 3.2 Struktur der Automobilindustrie in Baden-Württemberg 50 3.3 Die automobile Wertschöpfungsarchitektur und ihre Auswirkung auf die Beschäftigungsstruktur 51 3.3.1 Entwicklung der Herstellkosten batterieelektrischer Fahrzeugkonzepte 51 3.3.2 Marktentwicklung wesentlicher Antriebsstrangkomponenten 53 3.3.3 Konsequenzen für Baden-Württemberg 55 3.4 Die Produktionstechnik als Schlüsselfaktor im Wettbewerb 58 3.5 Ausbildung und Qualifizierung 61
4 Baden-Württemberg auf dem Weg in die Elektromobilität 62 4.1 Akteure und Kompetenzen im Bereich der Elektromobilität 62 4.1.1 Gesamtfahrzeug 62 4.1.2 Batterietechnik 62 4.1.3 Elektrifizierter Antriebsstrang 64 4.1.4 Leichtbau 66 4.1.5 Brennstoffzelle 68 4.1.6 Infrastruktur 69 4.1.7 Thermomanagement 71 4.2 Netzwerke und Cluster 71 4.3 Öffentlich geförderte Forschungsprojekte in Baden-Württemberg 72 5 Zusammenfassende Gesamtbetrachtung 74 Literaturverzeichnis76 Abbildungsverzeichnis86 Abkürzungsverzeichnis88 Experteninterviews91
Vorwort Baden-Württemberg ist die Inno- Elektromobilität ist die Mobilität vationsregion Nr. 1 in Europa mit der Zukunft. Megatrends wie eine einzigartig gewachsenen Struktu- zunehmende Erderwärmung, die ren und einer besonderen Unterneh- Endlichkeit unserer Ressourcen, mens- sowie einer exzellenten For- das Wachstum unserer Städte so- schungs- und Hochschullandschaft. wie ein steigender Lebensstandard Neben großen Automobilherstellern und der damit erstarkende Bedarf sind es im Land vor allem mittel- an Mobilität für Menschen und Gü- ständische Unternehmen, die einen ter macht eine Revolution unserer maßgeblichen Beitrag zur Wert- Fortbewegung unabdingbar. Der schöpfung der Automobilindustrie Weg hin zu einer nachhaltigen und leisten. Innovative Produkte, Lösun- intelligenten Mobilität in unseren gen und Dienstleistungen aus dem Land finden weltweiten Absatz und Städten hat gerade erst begonnen. Er erfordert ein Umdenken und Anerkennung. bedeutet gerade deshalb große Chancen, aber auch Risiken für alle beteiligten Akteure. Die kommenden Jahre werden durch striktere regulative Vorgaben Um die Elektromobilität zur Marktreife zu bringen, muss die Elektrifizie- hinsichtlich der notwendigen Verringerung schädlicher CO2-Emissionen rung des Antriebsstrangs im Systemzusammenhang gedacht werden. von Fahrzeugen geprägt sein. Gleichzeitig werden fossile Brennstoffe Mobilität erfordert zukünftig vor allem die Kompetenzen der Branchen zunehmend knapper. Konzepte für eine nachhaltige Mobilität, in denen Automobil, Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) und die Elektromobilität eine wichtige Komponente darstellt, bilden eine Energiewirtschaft. Nur über eine systemische und eng verzahnte Zu- wesentliche Voraussetzung, um diese ökologischen Herausforderungen sammenarbeit dieser drei Schlüsselbranchen, unter Berücksichtigung zu meistern und gleichzeitig wirtschaftliches Wachstum zu schaffen. des Querschnittsfelds der Produktion, können marktentscheidende Synergien entwickelt und die Industrialisierung der Elektromobilität Die Elektrifizierung des Antriebsstrangs bedeutet für die Automobilin- weiter vorangetrieben werden. Baden-Württemberg hat durch seine dustrie einen enormen Wandel: Durch entfallende und neue Komponen- traditionell gewachsene Automobilindustrie und seine gebündelte Kom- ten und Technologien werden sich Wertschöpfungsanteile zwischen petenz in den Branchen IKT und Energie die allerbesten Voraussetzun- unterschiedlichen Akteuren und möglicherweise auch zwischen Wirt- gen, eine weltweit führende Rolle in der Elektromobilität einzunehmen. schaftsregionen neu verteilen. Es wird nicht nur eine Vernetzung der Branchen wettbewerbsentschei- Baden-Württemberg ist für diesen Wandel gut aufgestellt. Bereits heu- dend sein. Kleine und mittlere Unternehmen bilden den Kern der wirt- te gibt es zahlreiche Aktivitäten und Clusterinitiativen im Land, die schaftlichen Stärke in Baden-Württemberg und sind gleichzeitig ihr den Wissenstransfer zwischen Forschung und Industrie fördern und Motor für Innovationen. Ihre Befähigung und aktive Einbindung in den zur Entwicklung gemeinsamer, branchenübergreifender Lösungsansät- Wandel hin zu Elektromobilität sind eine wesentliche Voraussetzung ze beitragen. Die vorliegende Studie gibt einen Überblick über diese Ak- für die internationale Wettbewerbsfähigkeit Baden-Württembergs und tivitäten und ermittelt, ausgehend von der heutigen Positionierung des ein Garant für die Sicherung von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen in Landes, zukünftige Potenziale und Risiken für die Automobilindustrie. der baden-württembergischen Automobilindustrie. Dr. Nils Schmid MdL Stellvertretender Ministerpräsident und Franz Loogen Minister für Finanzen und Wirtschaft des Landes Baden-Württemberg Geschäftsführer e-mobil BW
Kernergebnisse und Implikationen • Die Elektrifizierung des Antriebsstrangs ist in vollem Gange und • Baden-Württemberg ist als Technologiestandort für die Elektromo- keine Zukunftsvision mehr. Dabei wird die Elektrifizierung über die bilität gut aufgestellt. In der Forschung und Entwicklung (FuE) von verschiedenen Ausprägungsformen des Hybrids (Mild-, Voll-, Plug- elektrifizierten Antriebsstrangkomponenten und der zugehörigen in-Hybrid, Range-Extender) bis zum reinen Elektrofahrzeug mit der Ladeinfrastruktur entsteht durch die Zusammenarbeit von Hoch- Zeit zunehmen. schulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen ein solides Fundament, welches zukünftig weiter ausgebaut werden muss. • Im Jahr 2020 werden weltweit circa 50 Prozent mehr PKW ver- kauft werden als zum heutigen Stand. Relativ betrachtet soll der • Um zukünftig starke Beschäftigungseffekte im Land zu generie- Anteil von PKW mit reinem Verbrennungsmotor von heute rund 98 ren, ist es wichtig, eine hohe Wertschöpfungstiefe bei den »neuen Prozent auf circa 67 Prozent im Jahr 2020 fallen. Der Anteil rein Antriebsstrangkomponenten« zu erzeugen. Hierbei müssen die Er- batterieelektrischer Fahrzeugkonzepte könnte zu diesem Zeitpunkt kenntnisse aus FuE auf die industrielle Fertigung übertragen wer- rund 5 Prozent betragen. den. Der im Land hervorragend aufgestellte Anlagen- und Maschi- nenbau kann und muss diesen Prozess begleiten. • Nahezu die Hälfte des weltweiten Marktpotenzials (Zuwachs) im Jahr 2020 entfallen auf Komponenten des elektrifizierten An- • Große Wertschöpfungs- und Arbeitsplatzpotenziale für das Land triebsstrangs (elektrische Maschine, Leistungselektronik, Batte- bieten neben den konventionellen Technologien (Getriebe, Effizi- riesystem, Ladegerät), was einem Wert von circa 100 Mrd. Euro enztechnologien oder der Abgasanlage beim Verbrennungsmotor) entspricht. auch die neuen Komponenten wie Leistungselektronik, elektrische Maschine und vor allem das Batteriesystem. • In der Herstellung neuer Komponenten werden starke Kostensen- kungspotenziale erwartet. Bis dahin werden rein batterieelektri- • Im Jahr 2020 könnten in Baden-Württemberg unter optimaler Aus- sche Fahrzeuge gegenüber herkömmlichen Verbrennern dennoch nutzung bestehender Potenziale nahezu 10.000 neue Arbeitsplätze deutlich höhere Herstellkosten aufweisen. Für eine zukünftige durch die »neuen Antriebsstrangkomponenten« entstehen. Der re- Kaufentscheidung spielen neben dem Kaufpreis auch sämtliche Be- lativ hohe Wertanteil der neuen Komponenten, aber auch der relativ triebskosten des Fahrzeugs (Kosten für Treibstoff, Strom, Steuern, hohe Automatisierungsgrad in der Herstellung bieten generell gute Versicherung und Wartung) eine wichtige Rolle. Voraussetzungen für eine regionale Herstellung. • Die Elektromobilität als branchenübergreifende Entwicklung wird • Kleine und mittlere Unternehmen als wesentliche Akteure in der nicht nur Einfluss auf die Automobilindustrie haben, sondern viel- automobilen Wertschöpfungslandschaft Baden-Württembergs mehr zu einer Konvergenz der Branchen Automobil-, IKT- und Ener- müssen aktiv in den Wissenstransfer großer Unternehmen und For- giewirtschaft führen. Innovative Geschäftsmodelle und ein sich schungseinrichtungen eingebunden werden. Nur durch die Befähi- wandelndes Nutzerverhalten rücken zudem in den Fokus. gung des Mittelstandes lässt sich eine wettbewerbsfähige »elekt- romobile« Wertschöpfungsstruktur ganzheitlich im Land etablieren. • Im Zuge des Wandels gehen Veränderungen im Bereich der Pro- duktionstechnik und der Qualifizierung von Arbeitskräften einher. Neben neuen Kompetenzen in der Verarbeitung und Herstellung müssen aus diesem Grund Lehr- und Ausbildungs- bzw. Weiterbil- dungsinhalte erweitert und angepasst werden.
Kapitel 1 Ausgangslage und Zielsetzung Blickt man auf die vergangenen zwei Jahre zurück, so lässt sich erken- • Welches Marktpotenzial entsteht im Bereich alternativer Antriebs- nen, dass das Thema »Elektromobilität« an Fahrt gewinnt. Bei der IAA konzepte? 2011 wurde dem Thema Elektromobilität bereits eine eigene Halle ge- • Wie ist die Automobilindustrie in Baden-Württemberg strukturiert? widmet. Alle namhaften Automobilhersteller präsentierten eine breite • Welche Auswirkungen auf die Wertschöpfungs- und Beschäfti- Palette verschiedenster elektromobiler Fahrzeugkonzepte für die kom- gungsstruktur hat die Elektromobilität in Baden-Württemberg? menden Jahre, aber auch Konzeptfahrzeuge, welche einen weiteren • Welche Akteure, Kompetenzen, Cluster und Initiativen bestehen in Blick in die Zukunft ermöglichen. Der dafür zugrunde liegende Techno- Baden-Württemberg im Bereich der Elektromobilität? logiewechsel weg vom Kraftfahrzeug mit konventionellem Antrieb hin zu alternativen und in diesem Sinne elektrifizierten Antriebskonzepten Dabei wurden neben umfangreichen Sekundärdatenrecherchen auch wird zu einer Vielzahl an Veränderungen führen. mehrere persönliche sowie telefonische Interviews mit Experten aus Industrie und Forschung durchgeführt. Die Aussagen und Meinungen Neben neu benötigten Werkstoffen und Produktionsverfahren ändern der Interviewpartner sind in den Kapiteln hervorgehoben und erlauben sich beispielsweise Qualifikationsanforderungen und Bildungsinhalte somit einen vertieften Einblick in das jeweilige Themenfeld. für angehende Arbeitskräfte. Die Struktur der bisherigen automobilen Wertschöpfungskette wird um neue Akteure erweitert. Eine Fülle an Geschäftsmodellen zwischen »alten« und gänzlich neuen Unternehmen im Markt, beispielsweise im Bereich der Batteriezellfertigung, lässt sich beobachten. Weiterhin rücken Aspekte wie die Informations- und Kommunikationstechnologie des Fahrzeugs, infrastrukturelle Arbeits- inhalte oder damit verbundene neue Marktchancen in den Mittelpunkt. Wurden Themenstellungen bisher nur rudimentär beachtet, so müssen die daraus resultierenden Herausforderungen an die Elektromobilität im Zuge des anstehenden Wandels gelöst und umgesetzt werden. Gerade für das Automobilland Baden-Württemberg ist ein derartiger Umbruch – wenn dieser auch aus dem jetzigen Verständnis noch recht langsam anläuft – als große Herausforderung zu sehen. Um seine Spit- zenposition auch weiterhin aufrechtzuerhalten, müssen die erwarteten Auswirkungen der Elektromobilität auf die automobile Wertschöpfung erfasst sowie die damit verbundenen Chancen und Risiken für das Land identifiziert werden. Im Rahmen der vorliegenden Strukturstudie 2011, die eine Überarbeitung der vorangegangenen Studie (2009/2010) ist, sollen aus diesem Grund folgende Fragestellungen im Mittelpunkt der Betrachtung stehen: • Welche technologischen Grundlagen und Entwicklungspfade exis- tieren? • Welchen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit kann die Produktions- technik leisten? • Welche neuen Betätigungsfelder entstehen? • Wie werden sich die Märkte sowie die Herstellkosten »neuer An- triebsstrangkomponenten« entwickeln?
Kapitel 2 Die Automobilindustrie auf dem Weg in die Elektromobilität 2.1 Elektromobile Antriebs- und Fahrzeugkonzepte »Elektromobile Antriebskonzepte« gewinnen zunehmend an Bedeu- • Hybridfahrzeuge (paralleler Hybrid, leistungsverzweigter Hybrid) tung. Dabei werden unter diesem Begriff sämtliche Personenkraft- Charakteristische Merkmale: Elektromotor zur Unterstützung des wagen, Nutzfahrzeuge sowie Zweiräder (Roller, Elektrofahrräder) im Fahrantriebs; Batterie durch Rekuperation aufladbar; Kombination Straßenverkehr verstanden, die zumindest einen Teil der Strecke rein eines klassischen Verbrennungsmotors mit Elektromotor; rein elek- elektrisch angetrieben zurücklegen können, gleich, ob sie ihre Energie trischer Antrieb teilweise möglich über geringe Reichweite. Je nach von einer Batterie oder einer Brennstoffzelle beziehen. Weiterhin wer- Unterstützung durch den Elektromotor wird auch von Mild- oder den Fahrzeugkonzepte berücksichtigt, die elektrische Komponenten Full-Hybrid gesprochen. zur Optimierung des Verbrennungsmotors besitzen. Im Rahmen die- Beispiele aktueller und geplanter Modelle: Toyota Prius, Daimler ses Kapitels sollen dazu die unterschiedlichen Konzepte, technischen S400 Hybrid, Daimler E300 Blue Tec Hybrid Grundlagen sowie mögliche Entwicklungspfade aufgezeigt werden. • Plug-in-Hybridfahrzeug (PHEV) Fahrzeuge können sowohl nach der Art des Antriebskonzepts als auch Charakteristische Merkmale: Elektromotor mit am Netz aufladba- nach Fahrzeugtyp unterschieden werden. Die Antriebskonzepte wiede- rer Batterie; Kombination von klassischem Verbrennungsmotor mit rum lassen sich in konventionell und elektromobil unterteilen, wobei Elektromotor; rein elektrischer Antrieb möglich, abhängig von Bat- unter konventionellen Antriebskonzepten Fahrzeuge mit herkömmli- teriegröße und Nutzung. Der Unterschied zum klassischen Hybrid chen sowie verbrauchsoptimierten Verbrennungsmotoren verstanden liegt in der Möglichkeit der Aufladung der Batterie über das Netz. werden. Elektromobile Antriebskonzepte hingegen umfassen, wie in Beispiele aktueller und geplanter Modelle: Fisker Karma, Prius Plug- Abbildung 1 ersichtlich, Hybridfahrzeuge (parallel, leistungsverzweigt), in, Daimler S500 Plug-In, BMW i8 Plug-in-Hybridfahrzeuge, Elektrofahrzeuge mit Reichweitenverlänge- rung (serieller Hybrid) sowie reine Elektrofahrzeuge und Brennstoffzel- lenfahrzeuge [Bundesregierung (2009)].
• Elektrofahrzeug mit Reichweitenverlängerung (REEV) Charakteristische Merkmale: Starker Elektromotor mit am Netz aufladbarer Batterie; rein elektrischer Antrieb; mo- difizierter Verbrennungsmotor mit beschränkter Leistung zur Aufladung der Batterie, auch serieller Hybrid genannt. Beispiele aktueller und geplanter Modelle: GM Volt, Opel Ampera, Audi A1 e-tron, Daimler Blue Zero E-Cell Plus • Batterieelektrisches Fahrzeug (BEV) Charakteristische Merkmale: Starker Elektromotor mit am Netz aufladbarer Batterie; kein Verbrennungsmotor, kein Treibstofftank, keine Abgasanlage; für die Batterieladung wird lediglich das Strom- netz und Rekuperation genutzt. Beispiele aktueller und geplanter Modelle: Mitsubishi i-MiEV, Nis- san Leaf, Smart E-Drive, Tesla Roadster, Daimler A-Klasse E-Cell, Audi A2 e-tron, Renault Fluence Z.E. • Brennstoffzellenfahrzeug (FCEV) Charakteristische Merkmale: Elektromotor wird über Energieträger Wasserstoff und Energiewandler Brennstoffzelle mit elektrischer Energie versorgt; verfügt ebenfalls über Batterie (Rekuperation). Beispiele aktueller und geplanter Modelle: Honda Clarity, Daimler F-Cell (B-Klasse), Opel Hydrogen 4 Bezüglich der Fahrzeugkonzepte kann zwischen Fahrzeugen des Indi- vidualverkehrs (PKW, Zweiräder, Nutzfahrzeuge, Arbeitsfahrzeuge) und des öffentlichen Verkehrs (Busse, schienengebundene Fahrzeuge, Schiffe) differenziert werden. Abbildung 2 zeigt beispielhaft Ausfüh- rungen für unterschiedliche Einsatzgebiete.
Kapitel 2 zeuge (FCEV) zeichnet sich für die nächsten Jahre noch eine sehr ge- »In Zukunft wird es definitiv eine große Vielfalt an Antriebstech- ringe Marktverfügbarkeit ab. Abbildung 3 zeigt einen Ausschnitt der nologien geben – sicher auch zum Leidwesen der Automobilindus- trie, weil sie alle Technologien parallel entwickeln muss und nicht Ankündigungen von Fahrzeugherstellern für den modifizierten Perso- nur die klassischen zwei Technologien Otto- und Diesel-Motor.« nen-Individualverkehr mit zeitlicher Perspektive. Prof. Dr. Werner Tillmetz, Mitglied des Vorstandes – Elektrochemische Speichertechnologien, Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff- »Wir arbeiten gleichzeitig an verschiedenen Antriebskonzepten. Forschung Baden-Württemberg (ZSW) Unser Ziel ist, dass sich die Module und Komponenten der unter- schiedlichen Antriebskonzepte überdecken, sodass sie austausch- bar und skalierbar werden. Nur so kann der noch unsicheren Marktentwicklung entgegnet werden.« War die Marktverfügbarkeit von elektromobilen Fahrzeugen in den ver- gangenen Jahren noch sehr gering, so verspricht eine Vielzahl unter- Peter Froeschle, Leiter Strategische Energieprojekte & Marktentwick- schiedlicher Fahrzeugkonzepte der Hersteller in den kommenden Jahren lung Brennstoffzellen-/Batteriefahrzeuge, Daimler AG das Bild der Automobillandschaft entscheidend zu verändern. Neben weiteren Hybridvarianten (HEV) kündigen die Automobilbauer vor al- lem auch zahlreiche Modelle im Bereich Plug-in-Hybrid (PHEV) Fahr- zeuge mit Reichweitenverlängerung (REEV) und rein batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge (BEV) an. Im Bereich der Brennstoffzellenfahr- Honda Insight Abbildung 3: Auswahl aktueller und geplanter elektromobiler Fahrzeugkonzepte3 3 Eigene Darstellung
2.2 Komponenten von Elektrofahrzeugen und ten von wiederaufladbaren Sekundär-Batterien (Blei-Säure, NiMH, aktuelle Entwicklungsschwerpunkte Li-Ion), der Energieträger Wasserstoff zusammen mit dem Energie- wandler Brennstoffzelle sowie Kondensatoren. Wesentliche Kriterien 2.2.1 Energiespeicher zur Auswahl stellen die gravimetrische Energiedichte [Wh/kg] sowie die Leistungsdichte [W/kg] dar. Diese werden üblicherweise in einem Ein Elektroantrieb muss die benötigte elektrische Energie immer aus sogenannten Ragone Plot dargestellt (siehe Abbildung 4). einer geeigneten Energiequelle beziehen – diese setzt er dann hochef- fizient mit einem Wirkungsgrad von über 90 Prozent in Antriebsleistung Vergleicht man die Energiedichte von Batterien mit der von Benzin um. Der Energiespeicher ist damit die Kernkomponente der Elektromo- oder Wasserstoff, so wird ein gravierender Nachteil der Sekundär- bilität, da er sowohl die Leistungsfähigkeit als auch die Reichweite des zellen sichtbar (vgl. Abbildung 5). Diese relativ geringe Energiedichte Fahrzeugs maßgeblich bestimmt. resultiert in der Anforderung, schwere Batteriepacks in das Fahrzeug zu verbauen, um akzeptable Reichweiten zu erzielen. Vorteile hingegen 2.2.1.1 Energiespeicher allgemein sind unter anderem die relativ zum Verbrennungsmotor überragende Effizienz des Elektroantriebs (Effizienz Verbrennungsmotor max. 30 Nach dem aktuellen Stand der Technik stehen verschiedene Alter- Prozent vs. Effizienz Elektromotor 90 Prozent) sowie die lokale Emis- nativen zur Auswahl: Zu nennen sind insbesondere verschiedene Ar- sionsfreiheit. Abbildung 4: Ragone Plot4 4 Sauer (2009)
Kapitel 2 Neben der Energiedichte müssen bei der Auswahl eines geeigneten Energieträgers weitere Faktoren berücksichtigt werden. Hierzu zäh- len: Leistungsdichte, Sicherheit, kalendarische Lebensdauer, Zyklen- festigkeit, nutzbare Kapazität (Depth-of-Discharge, DoD), Selbstent- ladungsrate und natürlich die Kosten. Jeder Typ von Energiespeicher weist spezifische Vorteile, aber auch Nachteile auf [Oertel (2008)]. Es wird somit klar, dass es momentan nicht den einen Energiespei- cher gibt, sondern verschiedene Speicher ihre jeweiligen Vorteile in unterschiedlichen Bereichen ausspielen können. Abbildung 6 fasst die wesentlichen Vor- und Nachteile unterschiedlicher Energiespeicher so- wie deren Weiterentwicklungsmöglichkeiten zusammen. Im Anschluss daran wird aufgrund der Relevanz im automotiven Bereich näher auf die Lithium-Batteriezellen-Technologie eingegangen. Abbildung 5: Die gravimetrische Energiedichte unterschiedlicher Energieträger im Vergleich5 5 Eigene Darstellung
Wasserstoff/ Li-Ion Supercaps NiMH Blei-Säure i. V. m. Brennstoffzelle -Energiedichte - dreimal so -Hohe - spezifische Energie -Zuverlässig - und robust -Zuverlässig - und robust, -Niedrige - Herstellungskosten hoch wie Benzin -Hohe - Zell-Nennspannung -Hohe - kalendarische tiefentladefähig (Materialpreis, Technik) (33.3kWh/kg) -Gute - Zyklenfestigkeit und Lebensdauer, sehr -Lange - Standzeit im -In - großen Stückzahlen und Lebensdauer mit (Thermo- hohe Zyklenzahl entladenen Zustand diversen Dimensionen verfügbar Vorteile und Batteriemanagement) -Sehr - große Leistungs- -Bei - tiefen Temperaturen möglich dichte entladefähig -Kein - »Memory-Effekt« -Geringe - Selbstentladung -Wirkungsgrad - (48%) gering, -Hohe - Kosten -Hohe - Selbstentladung -Hohe - Selbstentladung -Im - allgemeinen geringe Zyklen- allerdings noch besser als -Reaktiv - mit Luft und Feuch- (parasitäre, interne (besonders bei erhöhter festigkeit Verbrennungsmotor tigkeit Ströme) Temperatur) -Nicht - tiefentladefähig -Speicherung - von Wasser- -Aufwendiges - Batteriema- -Großer - Spannungshub -Schlechte - Zykleneffi- -Niedrige - Energiedichte stoff problematisch nagement (elektrisch und -Sehr - kleine Energie- zienz -Schlechte - Ladezustandserhal- Nach- -Infrastruktur - noch nicht thermisch) dichte -Nur - bedingt schnellla- tung (Sulfatisierung) teile vorhanden -Hoher - Überwachungs- defähig -Geringe - Lebensdauer -Hohe - Kosten für Brennstoff- aufwand -Relativ - geringe Energie- zellensystem -Großes - Gefahrenpo- dichte -Wärmeabfuhr - der Nieder- tenzial im Abuse-Fall temperatur-Brennstoffzelle problematisch -Einsatz - neuer, kostengünsti- -Kurzfristige - Weiterentwick- -EEStor - Inc. (Austin/ -Verringerung - der -Durch - den Ersatz der Blei-Anode ger Katalysatoren lungen am Li-Ion Texas): Kondensator Selbstentladung durch durch eine Kohlenstoffelektrode -Weiterentwicklung - der Hoch- -Speicher - betreffen die mit ferroelektrischer verbesserte Separator- (Fa. Axion) ist ein preiswerter temperatur-Brennstoffzelle Elektrodenmaterialen zur keramischer Schicht materialien »Batterie-Supercap« realisier- für den mobilen Bereich Erhöhung der Speicherdichte, (Bariumtitanat) bar Weiter- -Einsatz - neuer Speichermög- Elektrolyte, Separatoren, Ge- als Dielektrikum -Kürzere - Ladzeiten entwick- lichkeiten für Wasserstoff häuse zur Verbesserung der (abgeschätzte Energie -Höhere - Leistungsdichte lungs- -Kostengünstige - und gut Performance und Sicherheit dichte bis 340 Wh/kg, -Verbesserte - Zyklenlebensdauer möglich- verfügbare Verfahren zur -Batteriemanagement - zur Er- noch keine Produkte) keiten Wasserstoffherstellung zielung hoher kalendarischer Lebensdauer und Zyklenzahl bei gleichzeitig hoher Entlade- tiefe -Gute - Eignung für Energie- -Höchstes - Potenzial, aller- -Die - Kombination -Auf - Grund der relativ -Blei-Säure-Akkumulatoren - speicherung/ Wandlung im dings noch hohe Kosten für von Supercaps mit geringen Energiedichte, sind aufgrund der geringen stationären Bereich den Einsatz bei Elektrotrak- Speichern hoher der hohen Selbstentla- Energiedichte und geringen -Mobiler - Bereich bisher tion Energiedichte bietet dung und der schlechten Lebensdauer für PHEV und BEV auf Spezialanwendungen -Geringe - Stückzahl für geringe Potenzial Schnellladefähigkeit nicht geeignet beschränkt Anzahl an E-Fahrzeugen sind NiMH-Akkumula- Fazit -Kostenreduktion - notwendig zunächst problematisch toren nur bedingt für für automobilen Einsatz -Optimierte - Produktion und PHEV und BEV geeignet -Kostengünstige - und umwelt- Serienreife bei Consumer -Das - System ist aller- schonende Herstellung von Products dings ausgereift und Wasserstoff muss realisiert sehr robust werden Abbildung 6: Verschiedene Energiespeicher im Vergleich6 6 Eigene Darstellung
Kapitel 2 2.2.1.2 Lithium-Batteriezellen Automobile Anwendungen Aufbau und Charakteristika Für das Elektromobil sind nicht nur neue Zellchemien, sondern auch neue Zelltypen gefragt. Der Trend geht hier zu größeren Zellen. Neben Die Lithium-Batterie besitzt unter anderem aufgrund ihrer verhältnis- der bisher oft verwendeten Rundzelle sind für den Fahrzeugbereich mäßig guten Energiedichte (50 bis 200 Wh/kg) und Leistungsdichte meist prismatische Zellen oder Pouch-Zellen (sogenannte Coffee-Bags) (bis zu 5.000 W/kg) das höchste Potenzial für den Einsatz in zukünf- in Entwicklung. tigen Hybrid- und batterieelektrischen Fahrzeugen. Auch spricht die erreichbare hohe Zyklenfestigkeit (etwa 3.000 Zyklen bis 80 Prozent Aus dem in Abbildung 4 erkennbaren Zielkonflikt zwischen Leistungs- DoD) sowie eine hohe Zykleneffizienz (etwa 96 Prozent bei 80 Pro- dichte und Energiedichte resultiert je nach gewählter Zellchemie und zent DoD) für einen Einsatz der Batterie im Fahrzeug. Allerdings sind Zellaufbau eine Differenzierung in Hochenergie- und Hochleistungs- Lithium-Batterien verhältnismäßig teuer. Die Batteriezellen bestehen batterien: Während die erste eine hohe Reichweite des Fahrzeugs aus 2 Elektroden (negative Anode und positive Kathode), welche von ermöglicht (beispielsweise bei einem batterieelektrischen Fahrzeug einem Separator getrennt werden und meist ein Elektrolyt enthalten. erwünscht), erlaubt die zweite eine starke Leistungsaufnahme und -ab- Wiederaufladbare Lithium-Batterien lassen sich je nach gewähltem gabe (wie sie beispielsweise bei Rekuperation oder Boost-Funktionen Elektrodenmaterial sowie Separator und Elektrolyten in Lithium-Ionen- im Hybrid gefordert sind). Batterien (Lithium-Ion mit flüssigem Elektrolyt sowie Lithium-Ion-Po- lymer mit Gelelektrolyt) und Lithium-Metall-Batterien (Lithium-Metall Zu berücksichtigen ist hierbei auch die bei den Konzepten unterschied- mit flüssigem Elektrolyt sowie Lithium-Polymer mit Polymerelektrolyt) liche nutzbare Batteriekapazität. Diese wird bei Hybriden etwa auf 10 unterteilen. Je nach Materialwahl ergeben sich unterschiedliche Eigen- Prozent und eine sehr hohe Zyklenanzahl ausgelegt (d.h., man verwen- schaften und Charakteristiken der Zellen. det nur etwa 10 Prozent der nominal verfügbaren Kapazität), bei bat- terieelektrischen Fahrzeugen bis über 80 Prozent und eine geringere Consumer-Bereich Anzahl an Ladezyklen. Im Consumer-Products-Bereich werden Lithium-Ionen-Batterien seit Unterschiedliche Zellchemien Langem eingesetzt. Meist finden hierbei eine Lithium-Kobalt-Oxid (LiCoO2)-Kathode, eine Lithium-Graphit-Anode, ein organischer Elek- Neben der LiCoO2-Batterie existiert eine Vielzahl an Ansätzen, wel- trolyt und ein Polyethylen-Separator Verwendung. Japan, Korea und che durch den Einsatz neuer Materialien für Kathode und Elektrode China führen diesen Markt hinsichtlich Technologie und Produktion wesentliche Verbesserungen der Eigenschaften der Batterie erreicht an. Bei einem Einsatz dieser Consumer-Products-Zellen im Automo- haben, insbesondere bezüglich der Energiedichte. Beispielhaft sei die bil erweisen sich allerdings Eigenschaftsausprägungen hinsichtlich Lithiumeisenphosphat-Zelle erwähnt, welche sich auch dadurch aus- Sicherheit, Lebensdauer und Alterung der Zellen als problematisch, zeichnet, dass kein »Thermal Runaway« (unkontrollierter Temperatur- die aufgrund kurzer Innovationszyklen oder geringer Belastungen im anstieg als exotherme Reaktion durch freigesetzten Sauerstoff, wel- Consumer-Bereich nicht zum Tragen kommen. Da für die neuen Kon- cher bis zur Explosion der Zelle führen kann) bei erhöhter Temperatur zepte und Materialien sowie Anforderungen auch neue Prozesse und der Zelle stattfindet. Verfahren notwendig werden, ist bislang offen, inwieweit die bisheri- Abbildung 7 zeigt einen Überblick über vier unterschiedliche Li-Ion- gen Hersteller von Consumer-Lithium-Batterien von ihrem Know-how Batterietypen und deren jeweilige Eigenschaftsausprägung. Hohe im Umgang mit den Ausgangsmaterialien und der Produktion kleinerer Materialkosten für Anode und Kathode, aber auch für verwendete Zellen profitieren können. Aluminium- und Kupferfolien sowie Elektrolyt und Separator bis hin zu aufwendigen Produktionsverfahren und hohen Maschinenkosten resul- tieren in hohen Preisen für Lithium-Ionen-Fahrzeugzellen.
Abbildung 7: Eigenschaften von Lithium-Ionen-Batterietypen7 Entwicklungstendenzen • Hochenergieakkumulatoren (Metall-Luft-Zellen wie beispielsweise Lithium-Luft- oder Lithium-Schwefel-Zellen Die technologischen Entwicklungen konzentrieren sich dabei aktuell • Reduktion des Gefährdungspotenzials und Auswirkungen durch auf folgende Punkte [Tübke (2008b); Sauer (2009); Winter (2011)]: interne und externe Kurzschlüsse, Überladung, Tiefentladung und Wärmezufuhr • Steigerung der Sicherheit, beispielsweise durch neue Elektroden: • Verringerung der Kosten, beispielsweise durch neue Elektroden: Anodenmaterialien (TiO2, Metalllegierungen), Kathodenmaterialien Anodenmaterialien (TiO2), Kathodenmaterialien (LiMn2O4, LiFePO4) (LiMn2O4, LiFePO4), Separatoren (keramisch), Elektrolyt (polymere • Erhöhung der Lebensdauer und Zyklenbeständigkeit: beispielsweise Elektrolyte, ionische Flüssigkeiten, keramische Elektrolyte) durch neue Zellchemien (LiNiCoMnO2, LiNiCoAlO2) • Erhöhung der Energiedichte der Anode durch Steigerung des Li- • Optimierung der Leistungsfähigkeit auch bei niedrigeren Tempera- thium-Anteils: beispielsweise durch neue Anodenmaterialien wie turen Silizium-Anodenmaterial (LiSi5) oder Zinn • Belebung alternativer Konzepte (Redox Flow) • Ersatz organischer Lösungsmittel und Separatoren durch Anorganik und Keramik • Alternative Materialstrukturen: Beispielsweise durch Nanopartikel- ektroden und nanostrukturierte Elektroden (für Anode und Kathode) 7 Eigene Darstellung in Anlehnung an Tübke (2008a)
Kapitel 2 2.2.1.3 Zukünftige Zellchemien besteht aus reinem Lithiummetall, während die Kathode aus einem poröses Mn3O4/C-Gemisch besteht und durch von außen zugeführte Batterietechnologien neuer Generationen basieren häufig auf metal- Luft ersetzt wird. Die theoretisch erreichbare Energiedichte liegt bei lischen Anoden, beispielsweise Lithium-Schwefel oder Lithium-Luft. 5.200 Wh/kg mit Berücksichtigung des Sauerstoffs (11.140 Wh/kg Hierdurch lassen sich signifikant höhere Energiedichten erreichen. Eine ohne Berücksichtigung des Sauerstoffs). Die Zellspannung liegt dabei Herausforderung dabei ist aktuell noch die Wiederaufladung: Hierbei bei etwa 2,9 Volt. kommt es zu einer ungleichmäßigen Ablagerung des Lithiums. Dadurch Aktuelle Werte erreichen bisher etwa 700 Wh/kg bei 300 Vollzyklen werden sogenannte Dendriten gebildet, die mit mehrmaligem Aufladen (PolyPlus Battery in Berkeley, CA) [Tübke (2011)]. Es wird erwartet, den Separator durchdringen und somit zum internen Kurzschluss und dass kommerziell einsetzbare Systeme mindestens noch 20 Jahre Ent- Ausfall der Zelle führen können. Zurzeit werden insbesondere Lithium- wicklungszeit benötigen [Möller (2011)]. Schwefel für die mittelfristige Perspektive und Lithium-Sauerstoff für die langfristige Perspektive diskutiert. Neben der Leistungsfähigkeit Hochvolt-Batterien der Zellen haben allerdings die Sicherheit und geforderte Lebensdauer die höchste Wichtigkeit für die Automobilbauer. Diese gilt es grund- Weitere Entwicklungen zielen darauf, höhere Spannungen in den Zel- legend zu erfüllen, bevor ein Serieneinsatz der Zellen wahrscheinlich len zu ermöglichen. Damit könnte man mit einer geringeren Anzahl an wird. Zellen auskommen. Zielgrößen liegen hier bei 4,5 bis 5 Volt. Hochvolt- Materialien gelten bereits als anwendungstechnisch fortgeschritten Lithium-Schwefel-Zelle (beispielsweise LiNiMnCoO2, LiCoPO4, LiNiPO4), müssen allerdings noch in den Bereich zukünftiger Technologien im Automobilbau einge- Die Lithium-Schwefel-Zelle besteht im geladenen Zustand aus einer gliedert werden [Hartnig (2011)]. metallischen Lithium-Anode, die mit einer schwefeltragenden Katho- Der Spannungsbereich lässt sich allerdings nicht beliebig erhöhen, da de verbunden ist. Hierbei ergeben sich ein hoher Anteil an aktivem insbesondere derzeitige Materialien bei höheren Spannungen instabil Material sowie eine große Oberfläche und gute Leitfähigkeit. Daraus werden und auch hochvoltstabile Elektrolyte nicht vorliegend sind resultieren eine theoretische Energiedichte von 1.675 Wh/kg sowie [Möller (2011)]. eine Leistungsdichte von 3.900 W/kg. Die Zellspannung liegt etwa zwischen 2,2 und 2,5 Volt. Ungelöst ist bisher ein parasitärer Shuttle- Lithium-Metall-Polymer-Batterie Mechanismus, der neben der erwünschten chemischen Reaktion ab- läuft. Dieser führt zu einer hohen Selbstentladung der Zelle und einer Der Separator/Elektrolyt besteht aus einem Polymer, welches das den- schlechten Effizienz. dritische Wachstum des Lithiums beim Wiederaufladen verhindern und die Sicherheit der Batterie gewährleisten soll. Aktuell erreichte tatsächliche Werte liegen bei 350 Wh/kg und 300 Ein Vorteil der LMP-Batterie liegt bei einem hohen Wirkungsgrad, wel- Vollzyklen (Sion Power Corporation). Entwicklungen richten sich insbe- cher bis zu 99,7 Prozent betragen kann. Die Lithium-Metall-Polymer- sondere auf die Reduzierung der Kostenstruktur der Elektroden, Erhö- Batterie (LMP) ist bereits seit einiger Zeit bekannt, konnte aber bisher hung der tatsächlichen Energiedichte (bis etwa 600 Wh/kg werden hier aufgrund ungelöster Probleme keine Anwendung im Automobilbau fin- für möglich angesehen), Erhöhung der Zyklenfestigkeit (angestrebt > den. Ein Grund war beispielsweise, dass Strom in den Zellen bislang 2.000 Zyklen) und des Weiteren auf die Lösung des Problems des so- erst ab 60 Grad Celsius fließen konnte. genannten »Shuttle Mechanismus« [Tübke (2011); Hagen (2011)]. Die Technologie wurde auch bekannt, als die Firma DMB mit einer 600-km-Fahrt von München nach Berlin damit warb, die Probleme der Lithium-Sauerstoff-Batterien Technologie gelöst zu haben: durch einen speziellen schichtartigen Aufbau (mittels 4-Layer-Technologie) sowie eine neuartige Material- Lithium-Sauerstoff-Batterien versprechen aktuell die größten Ener- kombination. Die generelle Sicherheit und Funktionsfähigkeit konnte giedichten und damit Reichweiten bei gleichem Gewicht. Die Anode durch die Bundesanstalt für Materialforschung und DEKRA bestä-
tigt werden.8 Experten aus Wissenschaft und Forschung bezweifeln rensulfonsäure-Membran zum Einsatz. Je nach Materialpaarung der allerdings die Darstellung des Reichweitenrekords [vgl. u. A. Winter Elektrolyte ergeben sich unterschiedlich erreichte Spannungsebenen (2011)]. von etwa 1,0 bis 2,2 V (Graphitelektroden mit wässrigem Elektrolyt bei max. 1,7 V) [Tübke (2011)]. 2.2.1.4 Supercaps Aktuelle Entwicklungsziele sind insbesondere neue Elektrolytsysteme Elektrochemische Doppelschichtkondensatoren (auch Ultracaps oder für höhere Energiedichten, aber auch Elektrodenoptimierung für mehr Supercaps) besitzen eine große Oberfläche und eine geringe Dicke des Leistung sowie Reduzierung der Anlagen- und Wartungskosten durch Dielektrikums. Supercaps zeichnen sich insbesondere durch eine we- bspw. neue Membranen. Die Energiekapazität wird im Wesentlichen sentlich verbesserte Leistungsaufnahme und -abgabe (gravimetrische von der Tankgröße für die Elektrolytlösung bestimmt und ist leicht Leistungsdichte bis 20.000 W/kg) und hohe Wirkungsgrade (Zyklenef- skalierbar. Der Wirkungsgrad liegt bei bis zu 80 Prozent. Das Sys- fizienz 98 Prozent bei 80 Prozent DoD) im Vergleich zu Batterien aus. tem bietet einen flexibler Aufbau (Trennung von Energiespeicher und Ebenso verfügen sie über eine hohe Zyklenfestigkeit (ca. 500.000 Zy- -wandler) und zeichnet sich durch eine lange Lebensdauer und eine klen bei 80 Prozent DoD). Demgegenüber stehen hohe Kosten und eine hohe Zyklenfestigkeit (> 10.000) aus. Ebenfalls liegen ein geringer geringe Energiedichte (gravimetrische Energiedichte von etwa 4 Wh/ Wartungsaufwand, schnelle Ansprechzeit (μs-ms), gute Überlade- und kg) [vgl. u. A. Frost & Sullivan (2009); Tübke (2011)]. Supercaps könn- Tiefentladetoleranz sowie keine Selbstentladung vor. Die wässrigen ten eine interessante Erweiterung zu bestehenden Li-Ion-Energiespei- Elektrolyte führen allerdings auch zu einer geringen Energiedichte so- cher darstellen und eine Unterstützung im »Stop-and-Go« bieten, aber wie hohen Kosten im Hochenergiebereich [Tübke (2011)]. Die Ener- auch allgemein bei kurzzeitigen starken Ladevorgängen (Rekuperation) giedichte ist abhängig von der Löslichkeit der Redoxpaare und liegt und Entladevorgängen (Boost-Funktion) die Batterie entlasten. Die aktuell bei etwa 70 Wh pro Liter Elektrolytflüssigkeiten bei einer hohe Leistungsdichte könnte allerdings einen Einsatz in Mild-Hybriden Vanadium-Bromid-Verbindung. unterstützen. Durch die geringe Energiedichte eignen sich bisherige Systeme allerdings nicht zur Energiespeicherung von rein elektrischen Im angestrebten Leistungsbereich bieten Redox-Flow-Batterien ein Fahrzeugen. aussichtsreiches Entwicklungspotenzial, um durch dezentrale, netzin- tegrierte Stromspeicher die Netzkapazitäten besser auszunutzen und 2.2.1.5 Redox-Flow-Batterien Engpässe zu vermeiden. Sie ist damit insbesondere für stationäre An- wendungen interessant. Das Verfahren der Redox-Flow-Batterien beruht auf dem Prinzip der Speicherung von chemischer Energie in Form von gelösten Redox-Paa- ren in externen Tanks. Die Stromerzeugung erfolgt in einem getrennten Leistungsmodul. Den Elektroden wird während der Entladung kontinu- ierlich der umzusetzende gelöste Stoff aus den Vorratstanks zugeführt und das entstehende Produkt ebenfalls in einen Vorratsbehälter abge- führt. Zum Laden wird die Pumprichtung des Elektrolyten umgedreht. Man unterscheidet Redox-Flow-Batterien mit zwei flüssigen elektro- aktiven Komponenten sowie Hybrid-Flow-Batterien mit einer flüssigen und einer festen elektroaktiven Komponente. Als Elektrolyt kann bei der Redox-Flow-Batterie Vanadium, Vanadium-Bromid, Polysulfid-Bro- mid oder Eisen-Chrom eingesetzt werden. Bei der Hybrid-Flow-Batterie ist hingehen Zink-Brom oder Cer-Zink im Einsatz. Die Elektrolyte sind meist kohlenstoffbasiert oder aus Graphit und teils als Filz ausgeprägt. Als Separator kommt zumeist Nafion (112, 125) oder auch Polysty- 8 Die Bundesanstalt für Materialforschung hat bisher sicherheitstechnische Untersuchungen auf Grundlage des UN-Prüfhandbuchs zur Beförderung gefährlicher Güter durchgeführt. Hierbei ist untersucht worden, ob die Technologie bei extremen Klima- und Luftdruckschwankungen, elektrischen Kurzschlüssen, Überladung oder Falschpolung sowie bei starken mechanischen Einflüssen wie Schwingungen, Stoß und Aufprall sicher sei. Ebenfalls wurde der von der DEKRA durchgeführte Reichweitentest bestanden, der die Be- und Entladung der Batterie, die Ermittlung des Fahr- widerstandes und der Maximalgeschwindigkeit sowie die allgemeine technische Sicherheit des Fahrzeugs überprüft [Pudenz (2011)].
Kapitel 2 2.2.2 Komponenten des batterieelektrischen Antriebsstrangs 2.2.2.1 Batteriesystem Für einen Einsatz in Kraftfahrzeugen müssen die Sekundärzellen zu Batteriesystemen zusammengefasst werden. Hierzu werden Module aus den Einzelzellen gebildet. Die Zellen können in Reihenschaltung zur Spannungserhöhung zusammengefasst werden. Übliche Werte für Bat- teriesysteme in Fahrzeugen betragen bis zu 400 V. Diese Module wer- den anschließend in einem Gesamtsystem gebündelt, um die Kapazität zu erhöhen [Blazejak (2009)]. Neben den Zellmodulen umfasst ein ge- samtes Batteriesystem auch noch Komponenten zum elektronischen, elektrischen, thermischen und mechanischen Zusammenschluss (vgl. Abbildung 8). Aus unterschiedlichen Zelltypen leiten sich unterschiedliche Anforde- rungen an das Gesamtsystem ab, beispielsweise hinsichtlich Kühlung und Packaging. Dies hat direkten Einfluss auf die Komplexität und die Gesamtkosten des Systems. Es ist daher notwendig, die Batterie als Abbildung 8: Die Wertschöpfungsstufen der Batterieherstellung9 Gesamtsystem zu verstehen und entsprechend nicht nur einzelne Kom- ponenten zu verbessern, um eine Systemverbesserung zu erreichen, sondern eine systemische Optimierung zu betreiben. Diese holistische im Laufe der Zeit weiter auseinanderdriften. Das Batteriemanagement Betrachtung bei der Konzeption und Optimierung des Systems ist not- organisiert diese Unterschiede und wird deshalb als Schlüsselkompo- wendig, da dies direkten Einfluss auf die Charakteristik des Gesamt- nente zum dauerhaften Einsatz von Li-Ionen-Batterien in Fahrzeugen systems hat. gesehen. Batteriemanagement Batterie-Thermomanagement Das Batteriemanagement überwacht den Ladezustand der einzelnen Lithium-Ionen-Hochleistungsbatterien erfordern neben einem Batterie- Zellen, regelt die Kommunikation zwischen den Modulen sowie der management auch ein aktives thermisches Management zur Übernah- Gesamtbatterie, analysiert relevante Sensordaten und steuert Maß- me von Kühlung und Erwärmung der Batterie. nahmen zur Behebung unerwünschter Abweichungen durch beispiels- weise Ansteuerung der Batteriekühlung, Ladungsausgleich zwischen Die Alterung einer Lithium-Ionen-Batterie hängt insbesondere von der Zellen (Cell-Balancing) bis hin zu Sicherheitsabschaltung bei kritischem Nutzung (Lade-, Entladeströme, Tiefentladungen) und Einsatzbedingun- Zustand. gen ab und bestimmt die nutzbare Lebensdauer. Der Automobilbau for- dert ein End-of-Life (80 Prozent Restkapazität/DoD) für die Nutzungs- Das Elektrolytsystem der Lithium-Ionen-Zelle ist nicht überladefähig dauer eines Fahrzeugs (10 bis 15 Jahre) bei Einsatztemperaturen von und damit empfindlich gegen Über- oder Tiefentladung. Produktions- etwa 40 °C [Brotz (2007); Fehrenbacher (2009)]. unterschiede führen zu unterschiedlichen Zelleigenschaften, welche 9 Eigene Darstellung; Bildmaterial: Saftbatteries (2011) I Batteriemodul (2011) I Johnson Controls (2011) I SB LiMotive (2011) I ELAB 2011
Abbildung 9: Die Wohlfühltemperatur von Batteriezellen10 2.2.2.2 Elektrische Maschine Charakteristika Die elektrische Maschine kann den Verbrennungsmotor als Antriebs- Aufgrund seiner Drehmomentcharakteristik eignet sich der Elektromo- quelle erweitern und verbessern (Verbesserung des Wirkungsgrades tor hervorragend für einen Einsatz als Antriebsmotor in Fahrzeugen: von Verbrennungskraftmaschinen im Teillastbereich bei Hybriden) oder Das maximale Drehmoment steht bereits ab Drehzahl 0 zur Verfügung, auch komplett ersetzen (beispielsweise in den Konzepten REEV, BEV, es bleibt bis zu einer gewissen Drehzahl konstant und sinkt dann erst FCEV). Die Verwendung des Begriffs »elektrische Maschine« ist ange- ab (Feldschwächebereich). Deshalb kann auf eine Kupplung verzich- bracht, da die meisten Elektroantriebe sowohl als Motor als auch als tet werden und man benötigt nur ein Übersetzungsgetriebe. Weitere Generator zur Energierückgewinnung betrieben werden können. Vorteile sind der hohe Wirkungsgrad (bis 95 Prozent), problemloser Teillastbereich, Drehmoment ab Stillstand, Rekuperationsmöglichkeit, Robustheit, hohe Lebensdauer, geringe Wartungskosten, gute Skalier- barkeit und relative Geräuscharmut. Darüber hinaus kann der Motor eine gewisse Zeit auch über der eigentlichen Nennleistung (Überlast- bereich) betrieben werden, ohne Schaden zu nehmen. Drehstrommotoren Drehstrommaschinen sind Wechselstrommaschinen mit einem 3-pha- sigen Wechselstrom. Die Drehfeldwicklungen befinden sich im Stator (auch Ständer) des Motors. Die drei Wechselspannungen des Dreh- stroms sind dabei jeweils um 120 Grad versetzt und speisen die Wick- lungen mit den nachfolgenden Strömen. Im Fahrzeug muss hierfür der Gleichstrom aus der Batterie in einen 3-phasige Wechselstrom gewan- delt und dann der Elektromotor situationsgerecht angesteuert werden. Hierzu sind sogenannte Inverter (oder Wechselrichter) notwendig. Dadurch entsteht im Motor ein magnetisches Drehfeld, welchem der Abbildung 10: Drehmoment und Leistungskennlinien im Vergleich11 Rotor folgt. 10 Vgl. Tübke (2008a) 11 Eigene Darstellung
Kapitel 2 Motortopologie Magnete) erfolgen oder durch eine Fremderregung in Spulen (Aufbau eines Magnetfelds durch stromdurchflossene Spulen) zulasten des Grundsätzlich lassen sich gemäß dem Laufverhalten von Stator und Wirkungsgrades. In Abhängigkeit der Motortopologien ergeben sich Rotor die Drehstrommaschinen in Synchron- und Asynchronmotoren spezifische Rotor- und Statorkonstruktionen, diese sind in Abbildung unterteilen. Da bei Letzterem zwischen der Felderzeugung des Magnet- 11 dargestellt [Franke (2011a)]. feldes im Rotor und im Stator ein Zeitverzug besteht, läuft der Rotor zeitlich verzögert und damit asynchron. Dafür punktet der Motor mit Ausführungsformen guter Leistungsdichte, einem einfachen Aufbau und einfacher Rege- lung sowie damit, dass er ohne Magnete auskommt. Der Synchronmo- Die verschiedenen Ausführungsformen werden nachfolgend skizziert tor hingegen weist einen noch höheren Wirkungsgrad und Leistungs- [vgl. u. A. Freialdenhoven (2009); Mathoy (2010); Hofmann (2010)]. dichte aus. Die Drehzahl des Rotors folgt der vorgegebenen Frequenz und dem magnetischen Drehfeld im Stator synchron. Dies erfordert Asynchronmaschine (ASM): Ein Merkmal der Asynchronmaschine, allerdings einen höheren Regelaufwand. Die Ausführung des Rotors auch Induktionsmaschine genannt, ist die Kurzschlusswicklung im kann mit teuren Permanentmagneten (vergrabene oder Oberflächen- Rotor (Läufer). Der aus Blechen aufgebaute Rotor besitzt meist eine Abbildung 11: Motortopologien12 12 Eigene Darstellung nach Franke (2011a)
Stabwicklung, in der die Stäbe durch zwei Kurzschlussringe verbun- ber notwendig. Jeder permanentmagneterregte Motor weist allerdings den sind. Hierdurch kommt es zu teils sehr hohen Strömen im Rotor. auch ein durch seinen Magnetgehalt definiertes Grenzmoment auf. Bei Das erreichte Drehmoment ist proportional zur Differenz (Schlupf) der hohen Drehzahlen kommt es des Weiteren zu großen Verlusten und nur Umlaufgeschwindigkeit zur Netzfrequenz. Die Maschine besitzt einen moderaten Leistungen. Der Bereich hoher Drehzahlen (Feldschwäche- großen Drehzahlbereich konstanter Leistungsabgabe bei gleichblei- bereich) erfordert sehr hohe Blindstromkomponenten vom Umrichter. bender Umrichterbelastung und hohem Gesamtwirkungsgrad. Dabei Ebenfalls sind sehr hohe Kurzschlussströme und Leerlaufspannungen kommt die ASM ohne Schleifkontakte zum Rotor aus (im Gegensatz bei Umrichterdefekten möglich. Auch in der Serienfertigung ist von zur Gleichstrommaschine oder der fremderregten Synchronmaschine). einem aufwendigen Fertigungsprozess auszugehen. Die permanentma- Die Asynchronmaschine hat einen sehr einfachen und preiswerten Auf- gneterregte Synchronmaschine ist aktuell die am weitesten verbrei- bau bei geringem Volumen und Gewicht. Ebenfalls wird nur eine rela- tete Maschine bei Hybriden. Aber auch als Traktionsmotor wird sie tiv kostengünstige Steuerung und Impulsgeber benötigt. Die ASM ist vermehrt eingesetzt. eine sogenannte High-Speed-Maschine (im Gegensatz zur High-Power- Maschine) und erfordert damit ein Getriebe. Bei höheren Drehzahlen Stromerregte Synchronmaschine (SSM): Fremderregte Synchron- zeigt die Asynchronmaschine allerdings einen quadratisch abnehmen- maschinen werden insbesondere bei größeren Synchronmotoren um- den Drehmomentverlauf. Hochpolige Motoren erfordern des Weiteren gesetzt. Während der Stator den gleichen Aufbau wie eine PSM hat, sehr präzise und kleine Luftspalte für gute Stromphasenwinkel. Auch weist der Rotor eine Magnetisierung durch Stromzufuhr von außen auf führen die Rotorverluste bei tiefen Drehzahlen und hohen Drehmomen- (anstelle der Magnete beim PSM). Hierzu besitzt der Rotor Schenkel- ten zu hohen Rotortemperaturen. Der Wirkungsgrad liegt allerdings un- pole, welche mit Wicklungen versehen sind oder Vollpole mit eingezo- terhalb des Wirkungsgrads der Synchronmaschine. Sie gilt als sicher, genen Wicklungen. Die Magnetisierung des Rotors (auch Läufer oder ökonomisch und eignet sich für urbane Anwendungen. Einsatz findet Polrad genannt) erfolgt über die stromerregten Pole. Die Erregerwick- sie bisher beispielsweise beim Tesla Roadster. lungen werden über Schleifringe (teils Bürsten) mit Strom versorgt. Bei größeren Maschinen (Durchmesser über 400 mm) kann auch eine be- Permanenterregte Synchronmaschine (PSM): Der Statoraufbau rührungslose Übertragung erfolgen. Im Unterschied zu Gleichstrommo- einer permanentmagneterregten Synchronmaschine ähnelt dem einer toren muss allerdings nur wenig Strom in den Rotor übertragen wer- Asynchronmaschine. Neben verteilten Wicklungen können hier auch den. Stromerregte Synchronmotoren erreichen für etwa 30 Sekunden konzentrierte Wicklungen Anwendung finden. Der Rotor (auch Läufer das 2,5-Fache und für 5 Sekunden das bis zu 4-Fache des Nennwerts. oder Polrad genannt) ist des Weiteren mit Permanentmagneten ver- Ein großer Vorteil ist, dass keine Magnete dafür eingesetzt werden sehen. Diese können an der Oberfläche fixiert sein (Oberflächenmag- müssen. Ebenfalls weist die Maschine keinen Leistungsabfall bei höhe- nete) oder sich in Taschen innerhalb des Rotors befinden (vergrabene ren Drehzahlen auf. Sie besitzt auch einen sehr hohen Wirkungsgrad, Magnete). Sie weist einen einfachen mechanischen und elektrischen allerdings eine geringere Leistungsdichte als PMS. Zudem bestehen Aufbau auf (keine Bürsten, keine Schleifkontakte, keine komplizierten eine kleine Wirkungsgradverschlechterung und die Notwendigkeit einer Wicklungen). Auch sind hochpolige Motorentypen leicht herstellbar. zusätzlichen Leistungselektronik zur Bereitstellung des Erregerstroms Die Maschine entwickelt bei kurzgeschlossenen Wicklungen ein hohes im Rotor. Eine Sonderbauform der stromerregten Synchronmaschine Bremsmoment (Sicherheitsfunktion, kann aber auch Risiken bergen) ist die Hybrid-Synchronmaschine: Durch den zusätzlichen Einsatz von und besitzt einen sehr guten Wirkungsgrad im unteren Drehzahlniveau Permanentmagneten kann eine Erhöhung des Reluktanzmoments er- und Teillastbereich. Sie zählt damit zu den High-Power-Maschinen. Die reicht werden. Dies ist vorteilhaft, um im Notbetrieb ein ausreichendes PSM erreicht eine sehr hohe Drehmoment- und Leistungsdichte. Insbe- Drehmoment auch ohne Stromerregung zu ermöglichen. sondere bei der Verwendung von Seltenen Erden (Nd-Fe-B-Magneten) ist eine sehr kompakte Bauart möglich – sogar noch kompakter als bei Synchrone Reluktanzmaschine (SyR): Reluktanzmotoren basieren fremderregten Synchronmaschinen. Der notwendige Einsatz von selte- auf dem Prinzip, dass sich ein magnetisierbarer (aber selbst nicht ma- nen Erdmetallen führt allerdings zu hohen Materialkosten und zu Ab- gnetischer) Körper in der Richtung des äußeren Felds ausrichtet. Bei hängigkeiten von Importen. Ebenfalls ist ein kostspieliger Rotorlagege- der synchronen Reluktanzmaschine erfolgt die Erregung durch eine
Kapitel 2 zur angelegten Spannung nacheilende Stromkomponente. Der Stator Stunden) [Franke (2011a)]. Durch die unterschiedlichen Motorkon- weist Wicklungsspulen (verteilt oder konzentriert) auf. Der Rotor be- zepte und neuen Anforderungen ergeben sich auch neue Herausfor- steht ebenfalls aus einer Vielzahl geblechter Segmente, die mit unma- derungen an die Unternehmen und notwendigen Fertigungsverfahren, gnetischen Elementen verbunden sind. Es sind keine Rotorwicklungen welche es nun für die automobile Serienfertigung zu entwickeln gilt. oder Magnete nötig. Die synchrone Reluktanzmaschine weist eine einfache Bauart und äußerste Robustheit auf. Eine hohe Drehmoment- Aktuell sind bereits einige Automobilhersteller aktiv, Elektromotoren ausbeute ist allerdings mit Geräuschentwicklung verbunden, da das in Eigenregie (Beispiel BMW) oder in Zusammenarbeit mit einem Zu- Drehmoment durch Pulsströme erreicht wird, welche auch radial wir- lieferer (Beispiel Daimler mit Bosch) zu entwickeln und zu fertigen. kende Kräfte und damit eine Geräuschentwicklung hervorrufen. Dies Die Fertigung der Elektromotoren könnte damit zur Kernkompetenz der ist konstruktiv zu lösen. Durch die Bauform ergibt sich eine sehr hohe Automobilhersteller werden. Automobilhersteller könnten dabei bei- Eigensicherheit. Um die fehlende Dauermagnetisierung zu kompensie- spielsweise Maschinenkomponenten wie Rotor und Stator in Eigenre- ren, bieten sich Möglichkeiten zur Kombination des Reluktanzprinzips gie fertigen, die Leistungselektronik zukaufen und den Zusammenbau und der permanenten Erregung an. Hierbei sind Sonderformen wie ein und die Integration ins Fahrzeug übernehmen [Schäfer (2010)]. vormagnetisierter Reluktanzmotor oder hybrider Reluktanzmotor mög- lich. Die hybriderregte Maschine enthält deutlich weniger Magnetma- terialien als die PSM. Trotzdem erreicht man einen Drehzahlbereich konstanter Leistung wie bei der Asynchronmaschine, aber mit höhe- rem Wirkungsgrad im unteren Drehzahlbereich. Allerdings reicht die Kurzzeit-Überlastbarkeit nicht an die Eigenschaften einer PMS heran. Für eine hohe Querreaktanz sind wie bei der ASM sehr präzise und kleine Luftspalte einzuhalten. Ebenfalls werden auch sehr hohe Anfor- derungen an das reduzierte Material gestellt und die Motortopologie weist eine komplexe Regelung auf. Anforderungen und Herausforderungen Bei der Auswahl eines optimalen Antriebskonzepts für Elektro- und Hybridfahrzeuge liegt das Augenmerk auf der Systemabstimmung von Motor, Leistungselektronik und Getriebe, um so ein Optimum bei Kos- ten, Gewicht, Leistungsdichte und Wirkungsgrad sowie Sicherheit und Zuverlässigkeit zu erzielen. Anzumerken bleibt, dass gravierende unterschiedliche Anforderungen aus dem Industriebereich sowie dem Automobilbau an die Produktion elektrischer Maschinen gestellt werden. Beispielhaft zu nennen sind im Automobilbau eine höhere Lieferqualität (100 Parts-per-million, d.h. Anzahl Fehlerteile bei 1 Mio. produzierten Einheiten) und Liefertreue (100 Prozent) sowie eine stärkere Automatisierung (Lohnanteil etwa 5 Prozent), allerdings auch eine reduzierte Lebensdauer (etwa 4.000
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