Erkrankungen der Aorta - Wissen schafft Heilung - Klinik und Poliklinik für Vaskuläre ...

 
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Erkrankungen der Aorta - Wissen schafft Heilung - Klinik und Poliklinik für Vaskuläre ...
Klinik und Poliklinik für Vaskuläre und Endovaskuläre Chirurgie
Klinikum rechts der Isar
Technische Universität München

       Erkrankungen der Aorta
       Wissen schafft Heilung
Erkrankungen der Aorta - Wissen schafft Heilung - Klinik und Poliklinik für Vaskuläre ...
Kontakte auf einen Blick
Diensthabender Arzt                              Telefon: 089 - 4140 5007

Gefäßzentrum/Gefäßambulanz                       Telefon: 089 - 4140 6666
(Vereinbarung ambulanter Termine)                                                             Fax: 089 - 4140 6668

Patientenmanagement                              Telefon: 089 - 4140 5266
(Vereinbarung von stationären und OP-Terminen)                                                Fax: 089 - 4140 8667

Chefsekretariat                                  Telefon: 089 - 4140 2167
                                                                                              Fax: 089 - 4140 4861

E-Mail                                           gefaesschirurgie@mri.tum.de

Klinik-Website                                   www.vascular.mri.tum.de

Münchner Aorten Centrum                          w ww.aortenzentrum-muenchen.de

Postanschrift                                    Klinik und Poliklinik für Vaskuläre und Endovaskuläre Chirurgie
                                                 Ismaninger Straße 22
                                                 81675 München
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Vorwort 01

Liebe Patientinnen,
liebe Patienten,
sehr verehrte
Leserinnen und Leser,
die Hauptschlagader (Aorta) ist die größte und wich-                         cherungsprojekt „Abdominales Aortenaneurysma
tigste Schlagader des Menschen, daher der Name                               (AAA)“ der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirur-
„Hauptschlagader“. Sie versorgt alle Organe mit                              gie und Gefäßmedizin (DGG).
sauerstoffreichem Blut, beginnend beim Herzmus-
kel, über den Kopf, die Bauchorgane sowie Unter-                             Dieses Informationsheft* soll unseren Patienten**
und Oberkörper. Zu den häufigsten Erkrankungen                               und allen sonstigen Interessierten einen Überblick
unserer Hauptschlagader gehören krankhafte Er-                               zur Diagnostik und Therapie zu verschiedenen Er-
weiterungen (Aneurysmen), akute oder chronische                              krankungen der Hauptschlagader geben. Unter Be-
Verschlüsse der Bauchschlagader und sog. Dissek-                             achtung nationaler und internationaler Leitlinien
tionen im Bereich der Brustschlagader.                                       wird die Behandlung immer individuell mit dem ein-
                                                                             zelnen Patienten abgestimmt.
Erkrankungen der Aorta benötigen eine differen-
zierte Diagnostik, Risikoeinschätzung und Metho-                             Patientensicherheit ist für uns das oberste Gebot,
denwahl. Außerdem müssen die von der Haupt-                                  deshalb bevorzugen wir prinzipiell Therapieverfah-
schlagader durchbluteten Organe (z.B. Niere, Le-                             ren mit einem möglichst niedrigen Behandlungsri-
ber, Unterkörper) beachtet werden. Um jedem ein-                             siko. Teil unseres Qualitätsmanagements sind die
zelnen Patienten eine individuelle Behandlung                                in diesem Heft dokumentierten Fallzahlen und Er-
anbieten zu können, ist eine reibungslose Zusam-                             gebnisse, die den hohen Versorgungsstandard der
menarbeit zwischen vielen medizinischen Fachrich-                            Klinik und Poliklinik für Vaskuläre und Endovaskulä-
tungen notwendig. Bereits im Jahr 2012 haben wir                             re Chirurgie am Universitätsklinikum rechts der Isar
daher das Münchner Aorten Centrum der Techni-                                belegen.
schen Universität München (MAC-TUM) gegrün-
det. In diesem Zentrum kooperieren wir sehr eng                              Ihr
mit dem Deutschen Herzzentrum München (DHM)
sowie verschiedenen Fachdisziplinen am Klinikum
rechts der Isar (Anästhesie, Kardiologie, Radiologie,
Nephrologie etc.).

Eine auf den einzelnen Patienten abgestimmte kom-                            Univ.-Prof. Dr. med. Hans-Henning Eckstein
plikationsarme und im Langzeitergebnis effektive                             Direktor der Klinik und Poliklinik für Vaskuläre und
Therapie ist uns besonders wichtig. Das hierfür not-                         Endovaskuläre Chirurgie am Klinikum rechts der Isar
wendige breite Behandlungsspektrum umfasst die                               der Technischen Universität München
konservative Therapie, die Implantation von aorta-
len Stentprothesen, den offen-chirurgischen Aor-
tenersatz sowie kombinierte offene und endovas-
kuläre Verfahren (sog. Hybrideingiffe).

Die klinischen Ergebnisse aller Aorteneingriffe am
Klinikum rechts der Isar werden prospektiv doku-
mentiert und kontinuierlich publiziert. Darüber hi-
naus erfolgt eine breite Forschungstätigkeit zur Bio-
logie verschiedener Aortenerkrankungen. Selbst-
verständlich beteiligen wir uns am Qualitätssi-

* erstellt unter Mitarbeit von Dr. M. Trenner, Dr. A. Busch, Dr. T. Stadlbauer
** zur besseren Lesbarkeit wird in diesem Infoheft nur die männliche Form verwendet
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04 Inhalt

            Inhalt
            Vorwort                                                                            01

            Das Aortenaneurysma Hintergrundwissen                                             06
                Was genau ist ein Aortenaneurysma und wie entsteht es?                        06
                Ursachen                                                                       06
                Warnsignale eines Aortenaneurysmas – worauf muss ich achten?                  07
                Ultraschall-Screening der Bauchaorta                                          07
                Weitergehende apparative Diagnostik von Aortenaneurysmen                      07
                Konservative Therapie und was kann ich selbst tun, um vorzusorgen?            08

            Das abdominale Aortenaneurysma (AAA)                                              10
                Offen-chirurgische Therapie des nicht-rupturierten AAA                        10
                Endovaskuläre Therapie des nicht-rupturierten Bauchaortenaneurysmas           10
                Welches Therapieverfahren ist für mich das Richtige?                          13
                Gesetzliche Vorgaben bei der Behandlung des AAA ab 2009                       14
                Offene oder endovaskuläre Therapie des rupturierten AAA                       14
                Penetrierendes Aortenulcus an der abdominalen Aorta (PAU)                     15

            Aneurysmen der thorakalen und
            thorako-abdominalen Aorta                                                         16
                Thorakales Aortenaneurysma (TAA)                                              16
                Thorako-abdominales Aortenaneurysma (TAAA)                                    16
                Endovaskuläre Therapie beim nicht-rupturierten TAA/TAAA                       17
                Offener Aortenersatz beim nicht-rupturierten TAA/TAAA                         18
                Kombinationsverfahren (offen/endovaskulär) beim nicht-rupturierten TAA/TAAA   18
                Therapie der rupturierten thorakalen/thorako-abdominalen Aorta                19

            Akutes Aortensyndrom                                                              20
                Was genau ist eine Aortendissektion oder eine Aortentranssektion?             20
                Warnsignale einer Aortendissektion – worauf muss ich achten?                  20
                Diagnostik beim akuten Aortensyndrom                                          22
                Therapie des akuten thorakalen Aortensyndroms                                 22
                Nachsorge nach akutem Aorten-Syndrom                                          23
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Inhalt 05

Akute und chronische Verschlüsse der
abdominalen Aorta                                                                     24
    Symptome und Diagnostik des akuten und chronischen Aortenverschlusses               24
    Therapie des akuten und chronischen Aortenverschlusses                              24

Infektionen der Aorta                                                                 25

Die Behandlung von Erkrankungen der Aorta                                              26
    Fallbesprechungen im Aorten- und Gefäßboard                                         26
    Mein Aufenthalt im Klinikum rechts der Isar                                         26
    Warum Kontrolluntersuchungen so wichtig sind!                                       29
    Follow-Up nach Operationen an der Aorta                                             30
    Wie häufig werden Erkrankungen der Aorta am Klinikum rechts der Isar behandelt?     32

Krankenhausinfektionen Unser Vorgehen in
Prophylaxe und Therapie                                                               34
    Screening und konsequente Vermeidung multiresistenter Krankenhauskeime              34
    Aktion saubere Hände                                                                34
    Antibiotic Stewardship (ABS)                                                        34
    Qualitätssicherungsverfahren und Surveillance                                       34

Unsere Klinik in den Medien                                                           36

Munich Vascular Conference (MAC)                                                      37

Lehre                                                                                  38

Forschungsbereich „Vaskuläre Biologie
und experimentelle Gefäßchirurgie“                                                    39

Klinische Forschung/Versorgungsforschung                                              40

Fragen?                                                                                41

Informationen                                                                          41

Ihr Team                                                                              42

Gefäßlexikon                                                                           46
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06 Das Aortenaneurysma – Hintergrundwissen

   Das Aortenaneurysma
   Hintergrundwissen
                   Was genau ist ein                                      Ursachen
                   Aortenaneurysma                                        Trotz intensiver Forschung ist die genaue Ursache
                   und wie entsteht es?                                   eines Aortenaneurysmas unbekannt. Auf mikrosko-
                                                                          pischer Ebene kann eine chronische Entzündung
                   Ein Aortenaneurysma ist definiert als eine perma-      sowie ein Abbau der wichtigsten Strukturproteine
                   nente Erweiterung der Hauptschlagader (Aorta) auf      der Aortenwand erkannt werden, die beide zu einer
                   das mindestens 1,5-fache der Norm. Der normale         schrittweisen Schwächung der Aorta führen.
                   Durchmesser der abdominalen Aorta beträgt ca. 2
                   cm. Mit zunehmendem Lebensalter steigt dieser et-      Ein genetischer Hintergrund konnte bisher nur bei
                   was an. Im Bereich der Bauchaorta spricht man ab       thorakalen Aortenaneurysmen und Aortendissekti-
                   einem Durchmesser von 30 mm von einem Bauch-           onen identifiziert werden (z.B. bei Bindegewebser-
                   aortenaneurysma (abdominales Aortenaneurysma           krankungen wie Marfan-, Ehlers-Danlos- oder Lo-
                   bzw. AAA).                                             eys-Dietz-Syndrom).

                                                                          Als anerkannte Risikofaktoren gelten ein fort-
                                                                          schreitendes Lebensalter (insbesondere >65 Jah-
                                                                          re), männliches Geschlecht, ehemaliger oder aktu-
                                                                          eller Nikotinkonsum und eine positive Familienana-
                                                                          mnese, d.h. das Auftreten eines Aneurysmas bei
                                                                          einem nahen Verwandten. Weitere Risikogruppen
                                                                          sind Patienten mit fortgeschrittener Arteriosklero-
                                                                          se (Koronare Herzerkrankung, periphere AVK), ar-
                                                                          terieller Hypertonie und einem Aneurysma an
                                                                          einer anderen Körperstelle (z.B. im Bereich
                                                                                                                             30%
                                                                          der Kniekehle). Das Vorliegen eines die-
                   Abbildung 1:
                                                                          ser Merkmale rechtfertigt bereits ein Ul-
                   Aneurysma der Aorta
                                                                          traschall-Screening der abdominalen
                                                                          Aorta.

                   Die Aorta zieht vom Herzen durch den Brustkorb und
                   den Bauch bis ins Becken. Je nach Lokalisation un-
                   terscheidet man thorakale (Brustkorb), thorako-ab-
                   dominale (Brustkorb und Bauchraum) und abdomi-
                   nale (Bauchraum) Aortenaneurysmen. Ca. 80% al-         Abbildung 2:
                                                                                                              15%
                   ler Aortenaneurysmen befinden sich im Bauchraum.       Querdurchmesser und
                                                                          Rupturrisiko/Jahr beim
                   Allen Aortenaneurysmen gemeinsam ist die Gefahr
                                                                          abdominalen Aortenaneurysma (AAA)
                   einer sogenannten Ruptur, also eines Einrisses mit
                   einer unmittelbar lebensbedrohlichen Blutung. Die-
                   se Gefahr steigt mit dem Durchmesser des Aneurys-
                   mas exponentiell an (Abbildung 2). Eine Ruptur der                              6%
                   Hauptschlagader ist ein unmittelbar lebensbedroh-
                   licher Notfall, der leider nur von wenigen Patienten
                   überlebt wird. Es ist deshalb sehr wichtig, Erweite-                 1%
                   rungen der Hauptschlagader frühzeitig zu erkennen       0%
                   und große rupturgefährdete Aneurysmen frühzeitig
                   zu operieren.                                          70mm
Erkrankungen der Aorta - Wissen schafft Heilung - Klinik und Poliklinik für Vaskuläre ...
The antero-posterior measuring plane with a consistent                IIa                    B                     [47,240,246,
                                                       calliper placement should be considered the preferred                                                              260,416,682]
                                                       method for ultrasound abdominal aortic diameter
                                                       measurement.
                                                                                                                           Das Aortenaneurysma – Hintergrundwissen 07
                                                     repeatability for the antero-posterior and transverse di-             2.2.2.2. Computed tomography angiography. Computed
                                                     ameters vary from 1.6 to 7.5 mm and from 2.8 to 15.4 mm,              tomography (CT) angiography (CTA) plays a key role in
                                                     respectively,47 which supports the use of the antero-                 assessing the extent of disease and therapeutic decision
                                                     posterior diameter as the principal measuring plane.                  making and planning. CTA is also the recommended imaging

Warnsignale eines
Aortenaneurysmas –
worauf muss ich achten?
Die Mehrzahl der Aortenaneurysmen verursacht
keine Symptome und wird dann zufällig im Rahmen
von Routineuntersuchungen oder bei der Abklärung                                                                                             B-Bild Sonographie eines
                                                                                                                                             abdominalen Aortenaneurysmas
anderer Erkrankungen erkannt. Bei schlanken Pati-
enten kann manchmal eine pulsierende Schwellung
                                  Figure 2.1. Caliper placement for measurement of aortic diameter. ITI ¼ inner to inner; LELE ¼ leading edge to leading edge; OTO ¼ outer to outer.
oberhalb des Bauchnabels beobachtet      bzw. getas-
tet werden. Je nachdem an welcherPlease
                                     Stelle     das An-
                                         cite this article in press as: Wanhainen A, et al., European Society for Vascular Surgery (ESVS) 2019 Clinical Practice Guidelines on the Management
                                   of Abdominal Aorto-iliac Artery Aneurysms, European Journal of Vascular and Endovascular Surgery (2018), https://doi.org/10.1016/j.ejvs.2018.09.020
eurysma auftritt (Brustkorb oder Bauchraum), kön-
nen in seltenen Fällen Bauch- oder Rückenschmer-
zen auftreten.

Bei einer akuten Aortendissektion (s. akute Aorten-
syndrome) treten oft stechende Schmerzen zwischen
den Schulterblättern auf. Zudem kann Unwohlsein
hinzukommen. Bei einem plötzlichen Einriss der Aorta
treten starke Schmerzen und ein Schockzustand auf.

Ultraschall-Screening
der Bauchaorta
Hierbei handelt es sich um eine einfache Ultra-
schall-Untersuchung, die überall verfügbar ist.

Weitergehende
apparative Diagnostik
von Aortenaneurysmen                                                                               Empfehlungen für ein Ultraschall-Screening
                                                                                                   des abdominalen Aortenaneurysmas (gemäß
Neben dem Ultraschall stehen zur weiterführenden                                                   den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für
Diagnostik folgende apparative Untersuchungsme-                                                    Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin, DGG)
thoden zur Verfügung:                                                                  • Einmalige Ultraschall-Untersuchung der Bauchaorta
• Kontrastmittelunterstützte Computertomogra-                                            bei Männern ab dem 65. Lebensjahr, insbesondere bei
                                                                                          ehemaligem oder aktuellem Nikotinabusus.
   phie (CTA)
                                                                                       • Einmalige Ultraschall-Untersuchung der Bauchaorta
• Kontrastmittelunterstützte Magnetresonanzan-                                           bei Männern und Frauen aller Altersstufen mit positi-
  giographie (MRA)                                                                        ver Familienanamnese.
• Kontrastmittelunterstützte Sonographie (CEUS)                                       • Einmalige Ultraschall-Untersuchung der Bauchaorta
• Transösophageale Echokardiographie (TEE)                                               bei Frauen ab dem 65. Lebensjahr mit vorbestehen-
                                                                                          dem oder aktuellem Nikotinabusus, kardialer Vor-
                                                                                          geschichte oder positiver Familienanamnese.
Die kontrastmittelunterstützte Computertomo-
                                                                                       • Ein einmaliger Ultraschall-Scan ist ausreichend, sofern
graphie bzw. CT-Angiographie (CTA) ist bei der                                            der Querdurchmesser der Bauchaorta < 3 cm liegt.
Diagnostik von Aortenerkrankungen sehr wichtig.
                                                                                       • Bei einem Querdurchmesser von 3 cm bis 4 cm sollte
Unter Ausnutzung moderner Software erfolgt eine                                           eine Ultraschall-Kontrolle nach 12 Monaten erfolgen.
individuelle Planung zur endovaskulären oder offe-                                     • Bei einem Querdurchmesser von 4 bis 4,5 cm sollte
nen Therapie. Die CTA wird auch zur postoperativen                                        eine Ultraschall-Kontrolle nach 6 Monaten erfolgen.
Erfolgskontrolle angewendet.                                                           • Ab einem Querdurchmesser von 4,5 cm sollte eine
                                                                                          gefäßchirurgische Expertise hinzugezogen werden
                                                                                          sowie eine CT-Angiographie zur Befund-Objektivie-
Die kontrastmittelunterstützte Magnetresonanz-
                                                                                          rung erfolgen.
angiographie (MRA) ist etwas ungenauer als die
                                                                                       • Ab einem Querdurchmesser von 5 bis 5,5 cm sollte die
CTA und wird im Klinikum rechts der Isar z.B. bei nie-                                    Indikation zur operativen Therapie erwogen werden;
renkranken Patienten angewandt, da das Kontrast-                                          bei Frauen liegt dieser Grenzwert bei 4,5 bis 5 cm.
Erkrankungen der Aorta - Wissen schafft Heilung - Klinik und Poliklinik für Vaskuläre ...
08 Das Aortenaneurysma – Hintergrundwissen

                   mittel nicht jodhaltig ist und die Niere nicht schädigt.   Medikamentös wird versucht, das Fortschreiten
                   Die MRA wird auch zur Nachuntersuchung der Aor-            der Erweiterung der Aorta durch die medikamentö-
                   tendissektion eingesetzt.                                  se Therapie der kardiovaskulären Risikofaktoren zu
                                                                              verzögern.
                   Die kontrastmittelunterstützte Sonographie
                   (CEUS – contrast enhanced ultrasound) ist die              An erster Stelle ist hier die strenge Behandlung der
                   wichtigste Methode nach einer endovaskulären OP            arteriellen Hypertonie zu nennen. Dies geschieht im
                   im Bereich der Bauchschlagader. CEUS ist quasi             Rahmen der antihypertensiven Therapie meist mit
                   nebenwirkungsfrei und optimal geeignet zur Diag-           mehreren Medikamenten unterschiedlicher Klas-
                   nose sog. Endoleckagen (Undichtigkeit).                    sen, die niedrig dosiert kombiniert werden. Dadurch
                                                                              treten in der Regel weniger unerwünschte Wirkun-
                   Beim thorakalen Aortenaneurysma und bei thoraka-           gen auf als bei der hochdosierten Gabe einzelner
                   ler Aortendissektion kann eine Ultraschalluntersu-         Substanzen. Zu den Medikamentengruppen gehö-
                   chung des Herzens (transösophageale Echokar-               ren vor allem Beta-Blocker, ACE-/AT1-Blocker, Cal-
                   diographie (TEE)) hilfreich sein.                          cium-Antagonisten und Diuretika.

                                                                                                Falls Sie noch Rauchen, ist es un-
                                                                                                bedingt notwendig, das Rauchen
                   Konservative Therapie                                                        vollständig zu beenden, da Aorten-
                   und was kann ich selbst                                                      aneurysmen bei Rauchern 3-mal
                                                                                                so schnell wachsen wie bei Nicht-
                   tun, um vorzusorgen?                                                         rauchern. Eine Reduktion des Rau-
                                                                              chens ist nicht ausreichend. Ein gesunder Lebens-
                   Die konservative Therapie hat zum Ziel, das weitere        stil mit wenig tierischen Fetten und viel Bewegung
                   Wachstum und vor allem die Ruptur des Aortenan-            ist ebenfalls sehr wichtig.
                   eurysmas zu verhindern. Eine maximale körperliche
                   Schonung ist nicht indiziert, allerdings sollten Spit-     Darüber hinaus ist das therapeutische Ziel, das
                   zenbelastungen, die zu deutlichen Blutdruckanstie-         Fortschreiten der Arteriosklerose, die in den meis-
                   gen und zu einer Erhöhung des intraabdominellen            ten Fällen vorliegt, zu verhindern. Diese betrifft vor
                   Druckes führen, vermieden werden. Hierzu gehört            allem auch die Herzkranzgefäße. Bei Vorliegen ei-
                   das Heben schwerer Lasten (z.B. Getränkekisten).           ner relevanten Arteriosklerose besteht die medika-
                   Bei sportlicher Betätigung ist das Krafttraining mit       mentöse Basistherapie aus einer lipidmodifizieren-
                   Gewichten zu vermeiden, Ausdauertraining ist zu            den Therapie, in der Regel mit einem Statin (Choles-
                   bevorzugen.                                                terinsenker), und einer gerinnungsaktiven Therapie,
                                                                              in der Regel ASS (Thrombozytenfunktionshemmer).
Erkrankungen der Aorta - Wissen schafft Heilung - Klinik und Poliklinik für Vaskuläre ...
Das Aortenaneurysma – Hintergrundwissen 09

Dr. med. Matthias Trenner, Oberarzt und Leiter des Aortenzentrums
PD Dr. med. Albert Busch, Oberarzt und stellv. Leiter des Aortenzentrums
Erkrankungen der Aorta - Wissen schafft Heilung - Klinik und Poliklinik für Vaskuläre ...
10 Das abdominale Aortenaneurysma (AAA)

    Das abdominale
    Aortenaneurysma (AAA)
                   Ca. 80 % aller Aortenaneurysmen befinden sich im Be-    Offen-chirurgische
                   reich der Bauchschlagader, zumeist unterhalb der Nie-
                   renarterienabgänge (infrarenal), seltener auch an die
                                                                           Therapie des
                   Nierenarterienabgänge heranreichend (juxtarenal).       nicht-rupturierten AAA
                   Ein abdominales Aortenaneurysma (AAA) kann mit-         Für die Therapie stehen der offene Aortenersatz
                   tels Ultraschall leicht diagnostiziert werden. Ab ei-   über einen Flanken- oder Bauchschnitt und die en-
                   nem Querdurchmesser von 4,5cm sollte ein Gefäß-         dovaskuläre Therapie mittels Stentprothese (EVAR
                   spezialist (idealerweise Gefäßchirurg) zur weiteren     = EndoVascular Aortic Repair) zur Verfügung.
                   Diagnostik und Einschätzung der Erkrankung kon-
                   sultiert werden.                                        Während der offenen OP wird die Hauptschlagader
                                                                           ober- und unterhalb des Aneurysmas vorüberge-
                   Ab einer maximalen Aneurysmagröße von ca. 5–5,5         hend ausgeklemmt und dann der erkrankte Teil der
                   cm (Frauen 5 cm) steigt das Risiko einer Ruptur an,     Aorta durch eine Kunststoff-Gefäßprothese in Form
                   sodass ab diesem Durchmesser eine präventive            eines Rohres (Rohrprothese) (Abbildung 3) oder ei-
                   OP erwogen werden sollte. Neben der reinen Grö-         ner sog. Y-Prothese ersetzt.
                   ße des Aneurysmas können allerdings auch andere
                   Faktoren bei der Entscheidungsfindung eine Rolle
                   spielen, so wird zum Beispiel bei sackförmigen AAA
                   oder bei raschem Wachstum (>1cm/Jahr) schon frü-        Endovaskuläre Therapie
                   her zu einer OP geraten.
                                                                           des nicht-rupturierten
                                                                           Bauchaortenaneurysmas
                     Beim Vorliegen eines abdominalen Aorten-
                     aneurysmas sollte ab einem Durchmesser                Infrarenales Aortenaneurysma
                     von 5–5,5 cm (bei Frauen ab 5 cm) eine
                     präventive OP erwogen werden.                         Bei der endovaskulären Therapie werden über die
                                                                           Leisten sog. Stentprothesen (Kombination aus Stent
                                                                           und Gefäßprothese) in die Aorta eingeführt und ober-
                   Vor jeder geplanten AAA-Operation muss eine in-         und unterhalb des AAA freigesetzt (Abbildung 4 auf
                   ternistisch-kardiologische Abklärung des individu-      der Seite 11). Im Vergleich zur offenen OP entfällt ein
                   ellen Behandlungsrisikos und der Begleiterkrankun-      Abklemmen der Aorta. Voraussetzung für die endo-
                   gen erfolgen. Dies beinhaltet u.a. die Durchführung     vaskuläre Therapie ist eine geeignete Anatomie des
                   einer Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echo-        AAA mit ausreichend langen „Landezonen“ (Ver-
                   kardiographie) und die Abschätzung der Lungen-          ankerung der Stentprothese). Nach endovaskulärer
                   und der Nierenfunktion. Im Einzelfall ist eine Herz-    Therapie müssen regelmäßige Kontrolluntersuchun-
                   katheteruntersuchung notwendig.                         gen erfolgen, um sicherzustellen, dass das AAA vom
                                                                           Blutstrom ausgeschaltet ist. Bei etwa jedem 10. Pa-
                                                                           tienten sind zumeist katheter-gestützte Korrekturein-
                                                                           griffe im weiteren Verlauf notwendig, nach einer of-
                                                                           fen-chirurgischen OP sind solche Folgeeingriffe sel-
                                                                           tener angezeigt.

                                                                           Abbildung 3: Offener Aortenersatz mit freigelegtem Aneurysma
                                                                           (links), Ausklemmen der Gefäße, Eröffnen des Aneurysmas
                                                                           und Einnähen der Prothese (Mitte) sowie Verschluss des
                                                                           Aneurysmasackes (rechts)
Das abdominale Aortenaneurysma (AAA)   11

Abbildung 4: Endovaskuläres Einbringen einer Stentprothese

                     3-D-rekonstruiertes AAA vor und
                       nach endovaskulärer Therapie
12 Das abdominale Aortenaneurysma (AAA)

                            Beispiel eines juxtarenalen AAA

                   Juxtarenales Aortenaneurysma
                   Ca. 10% aller Aneurysmen der Bauchschlagader
                   beginnen unmittelbar auf Höhe der Nierenarterien.
                   Für diese Patienten müssen individuelle Stentpro-
                   thesen mit Seitarmen für die Nieren- und ggfs.
                   auch Eingeweidearterien (sog. fenestrierte EVAR
                   bzw. FEVAR) angefertigt werden. Alternativ kommt
                   in dieser Situation immer auch eine offen-chirurgi-
                   sche OP in Betracht. Wie bei der endovaskulären
                   Versorgung des infrarenalen AAA sind Korrektur-
                   operationen nach endovaskulärer Versorgung häu-
                   figer, da Undichtigkeiten an den Verbindungsstel-
                   len der Stentgrafts auftreten können. Eine regel-
                   mäßige Nachuntersuchung mittels CT-Angiogra-
                                                                         Rekonstruktion einer CT-Angiographie vor und nach Implantation
                   phie und Ultraschall ist daher unerlässlich.          einer fenestrierten Endoprothese bei juxtarenalem AAA

                                                                                   Abbildung 5: Arbeitsplatz zur Planung von Aorteneingriffen
Das abdominale Aortenaneurysma (AAA)                          13

Endovaskuläre Therapie bei zusätzlichem
Beckenarterienaneurysma
Bei ca. 10-15% aller AAAs liegt zusätzlich ein behand-
lungsbedürftiges Aneurysma im Bereich der Beckenar-
terien vor.

Diese sind zumeist asymptomatisch, bergen jedoch
mit zunehmender Größe ebenfalls ein erhöhtes Ruptur-
risiko, weshalb ab einem Durchmesser von 30mm eine
operative Versorgung empfohlen wird. Beschwerden
des symptomatischen Beckenarterienaneurysmas ent-
stehen durch die Verdrängung von benachbarten Struk-
turen infolge des Raummangels im kleinen Becken, wie
z.B. der ableitenden Harnwege.

Auch für diese Patienten werden individuelle Stentpro-
thesen mit Seitarmen für die innere und äußere Becken-
schlagader benötigt. Alternativ kommt in dieser Situation
immer auch eine offen-chirurgische OP in Betracht, wo-
bei mittlerweile in den allermeisten Fällen eine wenig in-   Schematische Zeichnung einer Stentprothese mit Seitenarm für die innere
vasive endovaskuläre Therapie möglich ist.                   Beckenschlagader (links) und intraoperative Bildgebung (rechts)

Welches Therapieverfahren                                      Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Ge-
ist für mich das Richtige?                                     fäßmedizin (DGG, 2018) zum fusiformen abdominalen Aortenaneurysma
                                                               (AAA) (sprachlich modifiziert)
Zu welchem Therapieverfahren wir Ihnen raten, hängt            • Ein AAA kann definiert werden als eine Erweiterung der Bauchaorta
von vielen Faktoren ab. Nicht alle Patienten sind bezüg-          auf > 30 mm (Querdurchmesser)
lich Form und Lokalisation gleichermaßen für beide The-        • Die wesentlichen Risikofaktoren für die Entwicklung eines AAA sind
rapieverfahren geeignet. Hinzu kommt, dass nicht alle             neben dem Lebensalter, das männliche Geschlecht und Rauchen
Patienten aufgrund ihrer Begleiterkrankungen für eine of-      • Patienten sollen von den behandelnden Ärzten angehalten werden, das
                                                                  Rauchen aufzugeben, auch bei kleinen AAA und insbesondere auch
fene OP geeignet sind.                                            nach einer operativen Versorgung eines AAA
                                                               • Patienten mit einem AAA und kardiovaskulären Begleiterkrankungen
In unserer Klinik werden ca. 70% der AAA-Patienten en-            sollen zur kardiovaskulären Protektion Statine erhalten, sofern keine
dovaskulär behandelt. Jüngeren, ansonsten fitten Pati-            Kontraindikationen bestehen
enten, empfehlen wir auf Grund der niedrigeren Rate an         • Bei kardiovaskulärer Komorbidität sollte Patienten mit AAA die Thera-
„Korrekturoperationen“ häufig auch eine offene OP.                pie mit Thrombozytenaggregationshemmern empfohlen werden
                                                               • Patienten mit einem asymptomatischen infrarenalen oder juxtarenalen
                                                                  AAA von 5,5 cm oder größer sollen einer elektiven AAA-Versorgung
Individuelle Planung und Beratung                                 zugeführt werden
Wenn bei Ihnen ein Aortenaneurysma mit komplexer               • Bei Patienten mit infrarenalem oder juxtarenalem AAA von 5,0 bis 5,4
Anatomie und einer Behandlungsindikation festgestellt             cm kann eine elektive AAA-Versorgung erwogen werden
wurde, erfolgt die Besprechung der Befunde in unse-            • Bei Frauen sollte die invasive Versorgung in Betracht gezogen werden,
rem interdisziplinären Gefäßboard (Gefäßchirurgie, Ra-            wenn der maximale Aortendurchmesser 5,0 cm erreicht hat.
diologie, Kardiologie), um eine bestmögliche Therapie          • Bei einer AAA-Größenzunahme von >10 mm/Jahr soll unabhängig vom
mit allen Fachdisziplinen zu klären. Oberstes Ziel ist es,        AAA-Durchmesser eine Indikation zur konventionellen OP oder EVAR
                                                                  gesehen werden
eine individuell optimierte Therapie anzubieten. Selbst-
                                                               • Für Patienten mit akzeptablem periprozeduralem Risiko sollen die
verständlich wird hierbei auch der Patientenwunsch be-
                                                                  endovaskuläre (EVAR) und offen-chirurgische (OR) Therapie in gleicher
rücksichtigt. Gerne erklären wir Ihnen, welche Therapie           Weise empfohlen werden, sofern für EVAR eine anatomische Machbar-
für Sie am besten geeignet ist.                                   keit vorliegt
                                                               • Bei der Auswahl des Eingriffsverfahrens soll der Patientenwunsch be-
Parallel wird in den meisten Fällen die Möglichkeit einer         rücksichtigt werden, wobei auf Unterschiede zwischen EVAR und OR
                                                                  im periprozeduralen Verlauf und im Langzeitverlauf (Reinterventionen,
schonenden endovaskulären Versorgung mit spezieller
                                                                  Nachsorge, AAA-bezogene Langzeitsterblichkeit) hingewiesen werden
Planungssoftware (Abbildung 5) und in enger Abspra-               soll
che mit den zuständigen Herstellern geprüft.                   • Die Versorgung des AAA soll in spezialisierten Zentren erfolgen

                                                               Diese Empfehlungen gelten für das spindelförmige (fusiforme) AAA. Für sackförmige (exzentrisch)
                                                               AAA soll die Indikation zur Versorgung eines AAA individuell gestellt werden. (Quelle: https://www.
                                                               awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/004-014l__S3_Bauchaortenaneurysma_2018-08.pdf)
14 Das abdominale Aortenaneurysma (AAA)

                   Gesetzliche Vorgaben                                     Bezüglich der Notfallversorgung besteht gemein-
                                                                            sam mit den Kollegen der Anästhesie und Intensiv-
                   bei der Behandlung                                       medizin ein Algorithmus, der eine sofortige Abklä-
                                                                            rung und operative Versorgung dieser Patienten si-
                   des AAA ab 2009                                          cherstellt. Unsere Klinik stellt hierbei an sieben Ta-
                   Für das abdominale Aortenaneurysma (AAA) ist ein         gen der Woche rund um die Uhr ein Team für die
                   positiver Zusammenhang zwischen Fallzahl und             Notfalltherapie zur Verfügung. Der Schockraum in
                   fachlicher Qualifikation (Facharzt/Fachärztin für        der Notaufnahme des Klinikums garantiert dabei
                   Gefäßchirurgie) auf der einen Seite und einer nied-      die schnelle Diagnostik und Weiterleitung in den
                   rigen perioperativen Komplikationsrate auf der an-       OP. In Extremfällen kann bereits im Schockraum
                   deren Seite in der Literatur sehr gut belegt. Aus die-   die vorübergehende Abdichtung der Ruptur mit ei-
                   sem Grund hat der Gemeinsame Bundesausschuss             nem Ballon, der über die Leistengefäße eingebracht
                   (GBA) bereits 2009 eine Qualitätssicherungsver-          wird, erfolgen.
                   einbarung zum Bauchaortenaneurysma erlassen,
                   die vorsieht, dass die Behandlung des AAA ab Juli        Die einzige Möglichkeit, eine lebensbedrohliche
                   2009 nur noch in Kliniken erfolgen darf, die u.a. fol-   Ruptur der Aorta zu verhindern, ist die frühzeiti-
                   gende strukturelle und fachliche Voraussetzungen         ge Therapie großer Aortenaneurysmen.
                   erfüllen (siehe Kasten nächste Seite).

                   Offene oder
                   endovaskuläre Therapie
                   des rupturierten AAA
                   Die infrarenale Aortenruptur stellt eine akut lebens-
                   bedrohliche Erkrankung dar, die ein sofortiges Ein-
                   greifen erfordert. Kommt es zu einer Aneurysma-
                   ruptur, klagen Patienten über plötzliche Rücken-
                   oder Bauchschmerzen, in vielen Fällen kommt es zu
                   einem Abfall des Blutdruckes.

                   CT-Angiographie eines rupturierten AAA

                   Bei einer Aortenruptur erreichen nur 20% der
                   Patienten rechtzeitig eine Klinik!

                   Erreicht der Patient die Notaufnahme, stehen auch
                   beim rupturierten AAA (rAAA) die oben beschriebe-
                   nen Therapieverfahren zur Verfügung. Am Klinikum
                   rechts der Isar versuchen wir, alle Patienten mit rup-
                   turiertem Aortenaneurysma aufgrund des deutlich
                   geringeren Blutverlustes mit einer Stentprothese
                   endovaskulär zu versorgen. Dies ist bei mittlerweile
                   >50% aller Notfall-Patienten möglich.
Das abdominale Aortenaneurysma (AAA)                      15

Penetrierendes
                                                     • Präoperative Diagnostik des AAA durch ein interdisziplinäres Team unter besonderer
Aortenulcus an der                                      Berücksichtigung der Gefäßchirurgie, der Radiologie, der Inneren Medizin (Kardiologie,
                                                        Pulmonologie, Gastroenterologie)
abdominalen Aorta (PAU)                              • Der fachlich leitende Arzt und mindestens ein weiterer klinisch tätiger Arzt müssen über
Das akute PAU zählt zum akuten Aortensyndrom.           die Facharztanerkennung Gefäßchirurgie verfügen. Die genannten Ärzte müssen mit allen
                                                        gängigen Verfahren zur Behandlung und Operation von Bauchaortenaneurysmen vertraut
Bei chronischen PAUs besteht, ähnlich wie beim
                                                        sein.
AAA, die Gefahr der Aortenruptur. Die Indikations-
                                                     • Zu jeder Zeit muss ein eigenständiger gefäßchirurgischer Dienst sichergestellt sein.
stellung erfolgt individuell nach anatomischer Ge-
                                                     • Nachfolgende
                                                       	               Einrichtungen müssen jederzeit zur Verfügung stehen:
gebenheit. Üblicherweise kann auch hier eine en-
                                                       - dem technischen Fortschritt entsprechender OP-Saal mit anästhesiologischem Equip-
dovaskuläre Stentgraftversorgung erfolgen.                ment sowie Möglichkeiten der intraoperativen bildgebenden Diagnostik, insbesondere
                                                          Angiographie
                                                       - Intensivstation in räumlicher Nähe zum OP-Saal
                                                       - dem technischen Fortschritt entsprechende bildgebende Verfahren über 24 Stunden
                                                       - invasive Kardiologie, ggf. in Kooperation Nierenersatztherapie
                                                       - L abormedizin bzw. klinisch-chemisches Labor, Sicherstellung der Transfusionsmedizin
16 Aneurysmen der thorakalen und thorako-abdominalen Aorta

    Aneurysmen der
    thorakalen und thorako-
    abdominalen Aorta
                    Thorakales                                            Thorako-abdominales
                    Aortenaneurysma (TAA)                                 Aortenaneurysma (TAAA)
                    Aneurysmen, die sich im Bereich der Brustschlag-      Bei dem eher seltenen thorako-abdominalen Aor-
                    ader ausbilden, bezeichnet man als thorakale An-      tenaneurysma (TAAA) liegt eine Erkrankung der
                    eurysmen (TAA). Sie sind deutlich seltener als An-    Brust- und der Bauchaorta vor. Diese Aneurysmen
                    eurysmen im Bereich des Abdomens. Die häufigs-        stellen aufgrund ihres Ausmaßes eine besondere
                    ten Lokalisationen im Bereich der Brustaorta sind     Herausforderung dar. Wird ein solches Aneurysma
                    die aufsteigende Aorta (Aorta ascendens, herz-        z.B. durch Ultraschalluntersuchung diagnostiziert,
                    nah), gefolgt von der absteigenden Aorta (Aorta de-   ist eine Kontrolle mittels CT-Angiographie notwen-
                    scendens) und dem Aortenbogen. Aneurysmen der         dig. Das Risiko eines Einrisses (Ruptur) steigt ab ei-
                    Brustaorta werden meist im Rahmen von Routine-        nem Durchmesser von 6 cm sprunghaft an. We-
                    untersuchungen (Röntgen der Lunge) zufällig diag-     sentlich bei der Behandlungsindikation ist die Ver-
                    nostiziert. Symptome können Brust- und Rücken-        hältnismäßigkeit des operativen Risikos zum Spon-
                    schmerzen sein, die Mehrzahl der TAA und TAAA         tanverlauf.
                    verursacht jedoch keine Beschwerden. Aneurys-
                    men im Bereich der Brustschlagader können so-         Die Besonderheit der thorako-abdominalen Aneu-
                    nographisch nicht beurteilt werden und bedürfen       rysmen liegt darin begründet, dass die Organar-
                    zwingend einer weiterführenden Diagnostik mittels     terien (Niere, Darm, Leber) nah am Aneurysma lie-
                    Computertomographie (CTA). Aneurysmen im Be-          gen oder sogar aus dem Aneurysma entspringen.
                    reich der aufsteigenden Aorta müssen unter Ver-       Dies erfordert eine anspruchsvolle Therapie. Je
                    wendung einer Herz-Lungen-Maschine (künstlicher       nach Ausdehnung des Aneurysmas und OP-Ver-
                    Kreislauf) herzchirurgisch behandelt werden. Zur      fahren ist das Risiko eines Organversagens durch
                    Verhinderung einer Ruptur werden Aneurysmen der       verminderte Durchblutung unterschiedlich hoch
                    Brustaorta ab einem Durchmesser von 5,5-6 cm          ausgeprägt. Die Querschnittslähmung (vorüberge-
                    behandelt.                                            hend oder bleibend) stellt neben dem akuten Nie-
                                                                          renversagen und dem Herzinfarkt die gefürchtetste
                                                                          Behandlungskomplikation dar. Über einen am Tag
                                                                          vor der Operation im Bereich der Wirbelsäule einge-
                                                                          brachten Katheter (Spinalkatheter) kann die Durch-
                                                                          blutung des Rückenmarks indirekt kontrolliert und
                                                                          durch das Ablassen von Liquorflüssigkeit aus dem
                                                                          Rückenmarkskanal positiv beeinflusst werden. Der
                                                                          Katheter wird in der Regel einen Tag nach der Ope-
                                                                          ration entfernt.

                                                                          Vor der Operation eines thorako-abdominalen
                                                                          Aortenaneurysmas (TAAA) ist eine umfassende
                                                                          Abklärung von Herz, Lunge und Nierenfunktion
                                                                          notwendig.

                   CT-Angiographie
                       eines TAAA
Aneurysmen der thorakalen und thorako-abdominalen Aorta              17

Sonderfall: sekundär-expandierende                      der Nieren- und Darmarterienabgänge angefertigt,
Aortendissektion                                        in welche dann kleine Stents eingebracht werden.
Einige Aneurysmen im Bereich der Brustaorta und         Alternativ kommen auch lange Stentprothesen in
des Übergangs zur Bauchaorta entstehen nach ei-         Frage, die mit kleinen Seitarmen (branches) verse-
ner ggfs. schon längere Zeit zurückliegenden Aor-       hen sind. Durch diese neuen Technologien kann die
tendissektion (Einriss der inneren Schicht der          Durchblutung der Bauchorgane gewährleistet wer-
Aorta mit Einblutung in die Aortenwand). In die-        den, obwohl die Aortenprothese bis in die Brust-
sem Fall sprechen wir von einer sekundär-expan-         aorta reicht. Diese speziell angefertigten Stentpro-
dierenden Aortendissektion.                             thesen werden als fenestrierte Stentprothesen (FE-
                                                        VAR) oder mit Seitärmchen versehene Stentprothe-
Behandlungsindikation                                   sen (branched EVAR bzw. BEVAR) bezeichnet.
Gemäß der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für
Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG) wird emp-         Um das Risiko einer Querschnittslähmung so nied-
fohlen, Aneurysmen im Bereich der thorakalen oder       rig wie irgend möglich zu halten, führen wir die en-
thorako-abdominalen Aorta mit einem maximalen           dovaskuläre Therapie dieser Aneurysmen fast im-
Querdurchmesser von 5,5 cm zu behandeln, sofern         mer in zwei, gelegentlich sogar in drei Schritten
eine endovaskuläre Therapie möglich ist. Ist eine of-   durch. Beim ersten Eingriff wird das Aneurysma
fen-chirurgische Therapie notwendig, sollte ab ei-      nicht komplett behandelt, sondern ein Seitarm oder
nem Querdurchmesser von 6 cm eine Therapie er-          ein Prothesenschenkel zur Beckenarterie offen ge-
wogen werden.                                           lassen. In einem Zeitraum zwischen 1 bis 4 Wochen
                                                        bilden sich nun Umgehungskreisläufe zum Rücken-
Bei Patienten mit Bindegewebserkrankung wie             mark aus, bis in einem zweiten Schritt dann die
Marfan-, Ehlers-Danlos oder Loeys-Dietz-Syndrom         Operation – häufig in örtlicher Betäubung – kom-
ist diese Grenze bei 5 cm zu ziehen und ein offe-       plettiert wird. Zwischen den beiden Operationen ist
ner Aortenersatz empfohlen. Ein rasches Aneurys-        das Aneurysma nicht komplett ausgeschaltet. Bei
mawachstum von 0,5 cm pro Jahr sowie Symptome           Auftreten von Bauch- oder Rückenschmerzen muss
wie Rückenschmerzen, Heiserkeit oder Schluckstö-        der Patient daher umgehend die Klinik aufsuchen,
rungen stellen ebenfalls dringliche Behandlungsin-      da das Aneurysma sich vergrößert haben könnte
dikationen dar.                                         und weiterhin die Gefahr einer Ruptur besteht.

Endovaskuläre Therapie
beim nicht-rupturierten
TAA/TAAA
Endovaskulärer Aortenersatz (Thoracic
EndoVascular Aortic Repair, TEVAR)
1994 wurde erstmals ein thorakales Aneurysma mit
einer Stentprothese behandelt. Durch die Möglich-
keit der endovaskulären Therapie entfällt das hohe
Aortenklemmen und die vorübergehende Durchblu-
tungsstörung von Organen, Rückenmark und der
Beine. Mittlerweile hat sich das endovaskuläre Vor-
gehen als Standardtherapie in der Behandlung des
TAA etabliert.

Endovaskuläre Therapie des TAAA mit
fenestrierten Stentprothesen (FEVAR)
und Stentprothesen mit Seitenarmen
(branched EVAR)
Seit wenigen Jahren können thorako-abdomina-
le Aortenaneurysmen durch individuell angefertigte
Stentprothesen ebenfalls über Punktionen und klei-
                                                                                                               Thorakoabdominale
ne Schnitte in der Leiste und am Oberarm behan-
                                                                                                               Stentprothese
delt werden. Hierbei werden innerhalb der Stent-                                                               mit Seitarmen zur
prothese Öffnungen (Fenestrierungen) auf Höhe                                                                  Therapie eines TAAA
18 Aneurysmen der thorakalen und thorako-abdominalen Aorta

                    Offener Aortenersatz                                    In Einzelfällen kommt auch eine Herz-Lungen-Ma-
                                                                            schine für die kontinuierliche Durchblutung der
                    beim nicht-rupturierten                                 Bauchorgane und der Beine zur Anwendung. Wie
                                                                            beim abdominalen Aortenersatz wird die erkrankte
                    TAA/TAAA                                                Aorta durch eine Gefäßprothese ersetzt. Anschlie-
                    Die klassische Form der Behandlung thorakaler und       ßend ist eine Überwachung auf der Intensivstation
                    thorako-abdominaler Aortenaneurysmen erfolgt über       notwendig. Diese Operation wird nur dann durchge-
                    eine Eröffnung des Brustkorbes und ggfs. auch des       führt, wenn eine Therapie mit Stentprothesen nicht
                    Bauchraumes von der linken Seite her. Für die betrof-   möglich ist.
                    fenen Patienten stellt eine offene OP an Brust- und
                    Bauchschlagader eine erhebliche physiologische Be-
                    lastung dar. Neben dem operationsspezifischen Trau-
                    ma bestehen während der Ausklemmung der Schlag-         Kombinationsverfahren
                    ader zusätzliche Risiken für den Patienten, wie z.B.
                    eine Durchblutungsstörung des Rückenmarks (spina-
                                                                            (offen/endovaskulär) beim
                    le Ischämie). In enger Zusammenarbeit mit der Anäs-     nicht-rupturierten TAA/
                    thesie können wir das Risiko der spinalen Ischämie
                    mittels perioperativem Monitoring und ggf. Liquor-      TAAA
                    drainagen (Spinalkatheter) reduzieren.
                                                                            Cervikale Hybridverfahren
                                                                            In manchen Fällen reicht das thorakale Aortenan-
                                                                            eurysma zu nah an die im Aortenbogen abgehen-
                                                                            den Gefäße heran, welche die Arme und den Kopf
                                                                            mit Blut versorgen. Deshalb müssen bei einigen Pa-
                                                                            tienten vor der Implantation der endovaskulären
                                                                            Stentprothese die linke Schulterarterie (A. subcla-
                                                                            via), bzw. die linke Halsschlagader (A. carotis com-
                                                                            munis) umgesetzt (Transposition) bzw. mittels eines
                                                                            Bypasses umgeleitet werden.

                                                                            Abdominale Hybridverfahren
                                                                            Bei der abdominalen Hybrid-OP werden zunächst
                                                                            Bypässe (meist von einer Beckenarterie) zu den
                     Offene OP eines                                        Nieren- und Darmarterien (A. renalis, A. mesente-
                     thorakalen                                             rica superior, Truncus coeliacus) angelegt. Hier-
                     Aortenaneu-
                     rysmas (TAA)
                                                                            für ist die Eröffnung des Bauchraumes notwendig.
                                                                            Anschließend kann eine endovaskuläre Ausschal-
                                                                            tung des Aneurysmas durch Überstenten der zu-
                                                                            vor revaskularisierten Organarterienabgänge erfol-
                                                                            gen. Durch diese Verbindung zweier Operationsver-
                                                                            fahren kann eine höhere Aortenklemmung und ein
                                                                            belastender Zweihöhleneingriff mit Eröffnung von
                                                                            Bauch- und Brustraum vermieden werden.

                             Schematische
                           Darstellung des
                          offenen thorako-
                              abdominalen
                    Aortenersatzes mittels
                      Rohrprothese (links)
                         und Einsetzen der
                      Eingeweide- und der
                    Nierenarterien (rechts)
19

Therapie der rupturierten
thorakalen/thorako-
abdominalen Aorta
Im Notfall ist die endovaskuläre Therapie das Mittel                     Kugeliges
                                                                         Aneurysma des
der Wahl beim rupturierten thorakalen Aneurysma.
                                                                         Aortenbogens
Durch die schnelle minimal invasive Möglichkeit, die                     (Innenseite)
Aortenruptur mittels eines Stentgrafts „von innen“
abzudecken, kann ein signifikanter Überlebensvor-
teil für den Patienten erreicht werden.

Die Ruptur eines thorako-abdominalen Aortenaneu-
rysmas kann in Einzelfällen ebenfalls endovaskulär
behandelt werden. Alternativ kommt eine offen-chi-
rurgische Behandlung mit Eröffnung des Brust- und
Bauchraums in Frage. Die Ruptur dieser sehr aus-
gedehnten Aortenaneurysmen wird allerdings auch
in erfahrenen Zentren nur sehr selten überlebt.

                                                                         Therapie mit
                                                                         thorakaler
                                                                         Stentprothese
                                                                         (TEVAR)

OP eines thorakalen Aortenaneurysmas (TAA) im Klinikum rechts der Isar
20 Akutes Aortensyndrom

   Akutes Aortensyndrom
                           Was genau ist eine                                      Warnsignale einer
                           Aortendissektion oder                                   Aortendissektion –
                           eine Aortentranssektion?                                worauf muss ich achten?
                           Unter dem Begriff akutes thorakales Aortensyn-          Das klassische Symptom der akuten Aortendissekti-
                           drom werden die akute Aortendissektion (inkl. des       on ist ein heftiger plötzlich einsetzender Brust- oder
                           intramuralen Hämatoms), die traumatische Aorten-        Rückenschmerz mit Ausstrahlung zwischen beide
                           ruptur (Aortentranssektion) und das sog. penetrie-      Schulterblätter. Bei der Typ A-Dissektion kann zu-
                           rende Aortenulkus (PAU) zusammengefasst.                sätzlich ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall auf-
                                                                                   treten. Bei der Typ B-Dissektion können durch Ver-
                           Akute Aortendissektion und                              legung von Seitästen der Aorta schwere Durchblu-
                           Intramurales Hämatom (IMH)                              tungsstörungen auftreten (Oberbauchorgane, Darm,
                           Bei der akuten Aortendissektion kommt es zu einem       Querschnittslähmung bei spinaler Ischämie, akutes
                           Einriss (Entry) und einer Unterblutung der inneren      Nierenversagen, akute Extremitätenischämie).
                           Wandschicht der Aorta. Hierdurch kann sich inner-
                           halb der Aortenwand eine Membran bilden, die die        Die Aortendissektion wird nach der Stanford Klassi-
                           Aorta in einen sog. „wahren Kanal“ und einen sog.       fikation in Typ A (Entry im Bereich der aufsteigenden
                           „Falschkanal“ aufteilt. Dadurch besteht die Gefahr,     Aorta bzw. des Aortenbogens) und in Typ B (Entry
                           dass die nun dünnere Aortenwand sich erweitern          im Bereich der absteigenden Aorta hinter dem Ab-
                           oder sogar platzen kann. Zudem kann die neu ent-        gang der linken Schulterarterie) eingeteilt. Zeitlich
                           standene Membran Seitenäste der Aorta verschlie-        wird die akute (< 2 Wochen nach Dissektionsereig-
                           ßen und schwere Durchblutungsstörungen (sog.            nis) von der subakuten (2 bis 6 Wochen nach Erster-
                           Malperfusion) verursachen.                              eignis) und der chronischen Dissektion (> 6 Wochen
                                                                                   nach Erstereignis) unterschieden.

         Typische Einrissorte von Dissektionen im
           Bereich der aufsteigenden Aorta (Typ A
    Dissektion) und der absteigenden Aorta (Typ B
                                       Dissektion)
                                                                      Stanford A                                      Stanford B
Akutes Aortensyndrom              21

Die akute Aortendissektion betrifft Männer häufiger                                                 Penetrierendes
als Frauen (5:1). Risikofaktoren sind u.a. arterielle                                               Aortenulcus (PAU)
                                                                                                    in der Brustaorta
Hypertonie, vorbestehende Aneurysmen, angebo-                                                       (3-D-Rekonstruktion)
rene Bindegewebsstörungen (Marfan-, Ehlers-Dan-
los-Syndrom), vorherige Herz- oder Aorten-OP, bis-
kuspide Aortenklappe (Fehlbildung des Herzens).

Die akute Aortendissektion Typ A stellt einen abso-
luten Notfall dar und muss umgehend herzchirur-
gisch mittels offenem chirurgischem Ersatz der auf-
steigenden Aorta (Aorta ascendens) versorgt wer-
den. Hier arbeiten wir eng mit den Kollegen des
Deutschen Herzzentrums in München zusammen
(24h Notfallservice: 089 / 1218 - 3106).

Bei der akuten Aortendissektion Typ B oder der
traumatischen Aortentranssektion handelt es sich
um ein Krankheitsbild, welches am besten in der
Gefäßchirurgie behandelt wird (24h Notfallservice
am Klinikum rechts der Isar: 089 / 4140 - 5007).

Das intramurale Hämatom ist eine Sonderform der
akuten Aortendissektion, bei der es im Falschkanal
sehr früh zu einer Thrombosierung kommt. Der Ver-
lauf ist in der Regel gutartig, eine OP ist nur selten
angezeigt.

Penetrierendes Aortenulkus (PAU)
Beim penetrierenden Aortenulcus kommt es eben-
falls zu einem Einriss der inneren Wandschich-
ten der Aorta. Akut oder chronisch entwickelt sich
dann eine Aussackung wie bei einem Aneurysma.
Ein PAU kann auch in der Bauchaorta entstehen.
Die Notwendigkeit einer endovaskulären Therapie
(TEVAR, s.u.) wird individuell anhand der Größe, der
                                                                                                                  Schemazeichnung einer
Lokalisation und der klinischen Symptomatik ent-
                                                                                                                  traumatischen thorakalen
schieden.                                                                                                         Aortenruptur (Aortentranssektion) an
                                                                                                                  typischer Stelle
Traumatische Aortenruptur
(Aortentranssektion)                                      Aortentranssektion an typischer Stelle in der CT-Angiographie vor (links) und nach endovaskulärer
Eine Aortentranssektion tritt infolge eines Traumas       Stentprothese (rechts)
mit erheblicher stumpfer Gewalteinwirkung auf,
häufig im Rahmen von sog. Hochrasanztraumen
(Frontalzusammenstöße, Stürze aus großer Höhe),
aber auch bei Explosionen mit hohen Druckwel-
len. Eine sog. Prädilektionsstelle (typische Stelle für
das Auftreten) liegt unmittelbar hinter dem Abgang
der linken A. subclavia (Aortenisthmus). Die Aorten-
wand reißt in der Regel von innen nach außen, wo-
bei die bindegewebsreiche äußere Wandschicht
(Adventitia) am stabilsten ist. Komplette Transsek-
tionen verlaufen meist tödlich.

Bei der Hälfte der betroffenen Patienten fehlen äu-
ßere Verletzungen, sodass die Diagnose der trau-
matischen Aortentranssektion am Unfallort schwie-
rig ist. Die häufigsten Symptome sind Brustschmerz,
Atemnot, Bewusstlosigkeit und Blutdruckabfall.
22

     Akute Aortendissektion Typ B,      Akute Aortendissektion Typ B: intraoperative Angiographien vor (links) und nach Implantation einer
     seitliche Ansicht (CT-Angio)       Stentrothese (rechts)

     Diagnostik beim                                                Endovaskulärer Aortenersatz TEVAR
                                                                    (Thoracic EndoVascular Aortic Repair)
     akuten Aortensyndrom                                           Im Notfall wird bei der akuten komplizierten B-Dis-
     In unserer Klinik erhalten Patienten bei Verdacht auf          sektion heutzutage eine endovaskuläre Therapie mit
     ein akutes Aortensyndrom umgehend eine CT-An-                  thorakaler Stentprothese durchgeführt. Der techni-
     giographie (CTA), in welcher sich Lokalisation und             sche Erfolg einer Stentimplantation im Rahmen von
     Ausdehnung der thorakalen Aortenerkrankung und                 Dissektionen liegt derzeit bei 98%, hängt jedoch
     die Durchblutungssituation aller Organe am besten              stark von der Art (unkompliziert/kompliziert) und dem
     beurteilen lässt.                                              Stadium (akut/chronisch) der Dissektion ab.

                                                                    Die frühzeitige endovaskuläre Behandlung von zu-
                                                                    nächst konservativ behandelten Patienten kann
     Therapie des                                                   ebenfalls notwendig sein, insbesondere um spätere
     akuten thorakalen                                              Komplikationen (z.B. Ausbildung eines großen Aneu-
                                                                    rysmas) zu verhindern.
     Aortensyndroms
     Konservative Therapie
     Die Patienten werden intensivmedizinisch über-
     wacht, um beim Eintreten von erneuten Warnsigna-
     len (z.B. plötzlich wieder einsetzender Brust- oder
     Rückenschmerz) sofort handeln zu können. Im Mit-
     telpunkt steht die medikamentöse Behandlung der
     Schmerzen und die Blutdrucksenkung. Bei unkom-
     pliziertem Verlauf erfolgt am 3. Tag eine erneute
     CTA. Bleibt der Patient weiterhin ohne Komplika-
     tionen, werden die intravenösen Medikamente auf
     Tablettenform umgestellt und der Patient kann auf
     die Normalstation verlegt werden. Nach Entlassung
     sind lebenslang eine strikte Einstellung des Blutdru-
     ckes und regelmäßige Kontrolluntersuchungen not-
     wendig (siehe Abschnitt Nachsorge).
Akutes Aortensyndrom 23

                                                              Nachsorge nach
                                                              akutem Aorten-Syndrom
                                                              Im Falle einer Aortendissektion ist eine strikte Nach-
                                                              sorge unerlässlich, um eine sog. sekundäre Expan-
                                                              sion mit der Ausbildung eines thorako-abdominel-
                                                              len Aortenaneurysmas frühzeitig zu erkennen.

                                                              Regelmäßige Nachsorgetermine inkl. CTA oder
                                                              MRT (keine Röntgenstrahlung, keine Kontrastmit-
                                                              telbelastung)-Kontrollen sind daher nach 3, 6 und
3D-Rekonstruktion einer CT-Angiographie eines Patienten mit   12 Monaten nach Erkrankungsbeginn notwendig.
chronischer Aortendissektion                                  Bei stabilen Befunden erfolgt die Nachsorge da-
                                                              nach 1x/Jahr.

Das Klinikum rechts der Isar verfügt über alle Mög-
lichkeiten zur optimalen Versorgung von Patienten
mit Typ-B-Dissektionen (Schockraum, Intensivsta-
tion, OP). Komplizierte Erkrankungen der Aorta wer-
den grundsätzlich im Rahmen der regelmäßig statt-
findenden interdisziplinären Konferenz (Aortenboard)
besprochen, um diesen Patienten anschließend eine
individuell optimale Behandlung anbieten zu können.

Offener Aortenersatz
Eine offen-chirurgische Therapie wird beim Vor-
liegen einer akuten Aortendissektion kaum noch
durchgeführt.
24 Akute und chronische Verschlüsse der abdominalen Aorta

    Akute und chronische
    Verschlüsse der
    abdominalen Aorta
                           Symptome und Diagnostik                                 sätzlich können Nierenversagen, eine Querschnitts-
                                                                                   lähmung oder Stuhl-/Harninkontinenz auftreten. Es
                           des akuten und chroni-                                  sind an den unteren Extremitäten keine Pulse tast-
                           schen Aortenverschlusses                                oder dopplerbar. Mittels Duplexsonographie der
                                                                                   Aorta kann der Thrombus dargestellt werden. Die Er-
                           Einen Verschluss der Hauptschlagader bezeichnet         krankung ist für den Patienten lebensbedrohlich.
                           man als Leriche-Syndrom (Erstbeschreiber René
                           Leriche, französischer Chirurg). Dieser tritt am häu-   Chronischer Aortenverschluss
                           figsten zwischen dem Abgang der Nierenarterien          Ursache der chronischen Verschlusskrankheit der
                           und der Aufteilung in die Beckenschlagadern auf.        Aorta ist in 90% der Fälle eine schwere Arterioskle-
                           Es wird zwischen einem akuten Leriche-Syndrom           rose bei Risikofaktoren (Diabetes mellitus, Rauchen,
                           (plötzlicher Aortenverschluss → Notfall) und einem      Arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie). Die Patienten
                           chronischen Aortenverschluss unterschieden.             leiden unter der sog. „Schaufensterkrankheit“ (Clau-
                                                                                   dicatio intermittens), mit nur noch kurzer schmerz-
                           Akuter Aortenverschluss                                 freier Gehstrecke und ggfs. Ruheschmerzen. Es be-
                           (Leriche-Syndrom)                                       stehen nur schwache Dopplersignale in den Beinar-
                           Die Bauchaorta kann durch kardiale Embolie (Blut-       terien. In der CT-Angiographie oder MR-Angiogra-
                           gerinnsel aus dem Herzen, z.B. bei Vorhofflimmern)      phie lässt sich der Verschluss der Aorta nachweisen.
                           oder durch eine arterielle Thrombose der Aorta bei
                           vorbestehender peripherer arterieller Verschluss-
                           krankheit (pAVK) verursacht werden.
                                                                                   Therapie des akuten
                           Das akute Leriche-Syndrom äußert sich in plötzlich      und chronischen
                           auftretenden starken Schmerzen in den Beinen, zu-
                                                                                   Aortenverschlusses
                                                                                   Konservative, offene oder
                                                                                   endovaskuläre Therapie
                                                                                   Bei akutem Leriche-Syndrom ist eine sofortige The-
                                                                                   rapie vital indiziert. Das Zeitfenster beträgt nur 6-10
                                                                                   Stunden. Zunächst wird bei frischer Thrombose/Em-
                                                                                   bolie eine endovaskuläre oder transfemorale Throm-
                                                                                   bektomie durchgeführt (Leistenschnitt). Gelingt dies
                                                                                   nicht, muss ein Bypass von der Aorta auf die Leisten-
                                                                                   arterien angelegt werden. Aufgrund des meist schon
                                                                                   präoperativ schlechten Allgemeinzustandes der Pa-
                                                                                   tienten ist das Krankheitsbild auch bei erfolgreicher
                                                                                   OP lebensbedrohlich.

                                                                                   Der chronische Aortenverschluss kann stadienab-
                                                                                   hängig konservativ (Bewegung, Medikamente), en-
      3D Rekonstruktion                                                            dovaskulär mittels Stentangioplastie oder durch An-
               einer CT-
                                                                                   lage eines Bypass behandelt werden. Im Frühstadi-
       Angiographie mit
          Verschluss der                                                           um kann bei bis zu 95% der Patienten Beschwerde-
      infrarenalen Aorta                                                           freiheit erzielt werden.
25

Einer der weltweit modernsten Hybrid-Operationssäle im OP-Zentrum Nord des Klinikums rechts der Isar

Infektionen der Aorta
Eine primäre Infektion der Aorta durch Bakterien                                                       Infektion der
oder Viren ist sehr selten. Mögliche Symptome sind                                                     Aorta im PET-CT
Müdigkeit, allgemeines Krankheitsgefühl, Fieber
und Gewichtsverlust. Im Verlauf kann es zu einer Er-
weiterung der Aorta kommen (z.B. mykotisches An-
eurysma). Einer Entzündung der Aorta ohne Erre-
ger liegt meist eine rheumatische Grunderkrankung
(Vaskulitis, Autoimmunerkrankung) zu Grunde.

Kommt es zu einer Entzündung der Aorta nach vo-                        Ein Protheseninfekt im Bereich der Aorta wird zu-
rangegangener Operation (endovaskulär mittels                          nächst mit Antibiotika behandelt, welche am Anfang
Stentprothese oder offener Ersatz mit Gefäßpro-                        intravenös gegeben werden müssen. Eine operative
these), spricht man von einem Protheseninfekt. Die                     Entfernung der infizierten Prothese ist notwendig bei
Symptome sind wie oben beschrieben unspezi-                            ausgedehnten Infektionen oder einer Arrosion von be-
fisch. Ein Protheseninfekt kann jedoch auch rasch                      nachbarten Darmanteilen (z.B. aorto-duodenale Fis-
zu einer lebensbedrohlichen Blutvergiftung (Sepsis)                    tel). Als Ersatzmaterial wird zumeist Perikard (Herz-
führen. Besteht der Verdacht auf eine solche Infek-                    beutelgewebe vom Rind) verwendet. Eine endovas-
tion, wird ein sog. PET-CT durchgeführt, um mögli-                     kuläre Therapie kann hier allenfalls als eine überbrü-
che Entzündungsherde nachzuweisen.                                     ckende Maßnahme im Notfall durchgeführt werden.
26 Die Behandlung von Erkrankungen der Aorta

    Die Behandlung von
    Erkrankungen der Aorta
    Münchner Aorten Centrum (MAC)
    am Klinikum rechts der Isar
                    In Ergänzung des im Jahr 2000 gegründeten Inter-
                    disziplinären Gefäßzentrums am Klinikum rechts
                                                                            Fallbesprechungen im
                    der Isar haben wir im Jahr 2012 das Münchner Aor-       Aorten- und Gefäßboard
                    ten Centrum (MAC) der Technischen Universität
                    München gegründet. In diesem Zentrum kooperie-          Alle Patienten werden in unseren interdisziplinären
                    ren wir sehr eng mit dem Deutschen Herzzentrum          Fallbesprechungen diskutiert. Hierbei werden die
                    München (Herzchirurgie, Kinderkardiologie, Kardio-      Art der Aortenerkrankung, Lebensalter und Begleit-
                    logie) und zahlreichen weiteren Partnern am Klini-      erkrankungen, die Dringlichkeit der Therapie, das
                    kum rechts der Isar (u.a. mit den Instituten und Kli-   Behandlungsrisiko und auch der Patientenwunsch
                    niken für Anästhesie, Radiologie, Kardiologie, Ne-      berücksichtigt. Am Ende steht dann eine möglichst
                    phrologie und Nuklearmedizin).                          individuelle Therapieempfehlung.

                    Die ambulante Betreuung unserer Patienten
                    erfolgt in unserer Spezialsprechstunde für
                    Aortenerkrankungen (Montag von 13 bis                   Mein Aufenthalt im
                    16 Uhr, Tel. 089 - 4140 6666)
                                                                            Klinikum rechts der Isar
                                                                            Aufnahme- und Entlassmanagement

                                                                            Prästationärer Tag
                                                                            In der Regel bitten wir Sie, einige Tage vor Ihrer
                                                                            geplanten OP zu einem sog. prästationären Tag
                                                                            zu erscheinen, an welchem wir alle für die OP not-
                                                                            wendigen Vorbereitungen durchführen. Dazu zäh-
                                                                            len u.a. eine Blutentnahme, eine körperliche Un-
                                                                            tersuchung sowie EKG, Röntgen der Lunge, Ult-
                                                                            raschall und Besprechung Ihres derzeitigen Me-
                                                                            dikamentenplans. Außerdem erfolgen an diesem
                                                                            Tag die eingehende OP-Aufklärung und die Vor-
                                                                            stellung in der Anästhesie. Damit all dies reibungs-
                                                                            los ablaufen kann und wir Sie optimal vorbereiten
                                                                            können, bringen Sie bitte Untersuchungsbefunde,
                                                                            Arztberichte und eine aktuelle Medikamentenliste
                                                                            mit.

                                                                            Das Klinikum rechts der Isar hat sich zum Ziel ge-
                                                                            setzt, zur Verhinderung von Krankenhausinfektio-
                                                                            nen beizutragen. Patienten vor offen-chirurgischen
                                                                            Behandlungen im Bereich des Bauches (Bauch-
                                                                            und/oder Beckengefäße, z.B. Aorta) bekommen bei
                                                                            der prästationären Vorbereitung unseren Patien-
                                                                            tenratgeber ‚Nosokomiale Pneumonie‘ sowie einen
                                                                            Atemtrainer, mit dem Sie zu Hause regelmäßig üben
                                                                            können. In diesem Ratgeber erfahren Sie, was Sie
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