Ersatz Poschiavinobrücke Miralago - Projektwettbewerb - ZUR GENEHMIGUNG - Amazon AWS

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Ersatz Poschiavinobrücke Miralago - Projektwettbewerb - ZUR GENEHMIGUNG - Amazon AWS
Projektwettbewerb

Ersatz Poschiavinobrücke Miralago
Ersatz Poschiavinobrücke Miralago - Projektwettbewerb - ZUR GENEHMIGUNG - Amazon AWS
Impressum
    Rhätische Bahn AG
    Infrastruktur
    Bahnhofstrasse 25
    7001 Chur

    Der Übersichtlichkeit halber wird in diesem Bericht für Funktionsbezeichnungen die männliche Form gewählt.
    Die Aussagen gelten in gleicher Form auch für Funktionsträgerinnen.

    Fotos Modelle: Nicola Pitaro
    Fotos Allgemein: Karl Baumann                                                                                24.01.2020

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Ersatz Poschiavinobrücke Miralago - Projektwettbewerb - ZUR GENEHMIGUNG - Amazon AWS
Inhaltsverzeichnis
  Die Aufgabe                                   5

  Das Verfahren                                 11

  Der Ablauf der Jurierung                      17

  Zusammenfassende Gedanken des Preisgerichts   23

  Das Siegerprojekt                             27

  Die zwei folgend rangierten Projekte          33

  Die nicht rangierten Projekte                 43

  Schlussäusserungen                            53

                                                     3
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Die Aufgabe

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Die Rhätische Bahn AG (RhB) veranstaltete einen einstufigen, anony-    Ausgangslage
    men Projektwettbewerb im Einladungsverfahren für den Ersatz der       Die Poschiavinobrücke Miralago wurde 1908 erstellt und quert den
    Poschiavinobrücke Miralago auf der Berninalinie von St. Moritz nach   Fluss Poschiavino nach der Haltestelle Miralago Richtung Tirano. Man
    Tirano. Das Ingenieurbüro ewp AG Chur unterstützte die RhB bei der    erwog, die historische Brücke zu erhalten. Doch die stählerne Brücke
    Durchführung des Wettbewerbs.                                         ist am Ende ihrer Lebensdauer angelangt und muss wegen unwirt-
                                                                          schaftlicher Überalterung und technischer Inkompatibilität durch
                                                                          einen Neubau ersetzt werden.

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Zudem plant das Tiefbauamt Graubünden im Zusammenhang mit der            Bauwerkliche Tätigkeiten, die unmittelbar an oder in der Nähe von
Erschliessung des Steinbruchs Motta di Miralago einen erweiterten        Bahnanlagen auf der Strecke des UNESCO Welterbes stattfinden,
Anschluss Miralago Süd mit einer separaten Linksabbiegespur für den      müssen in denkmalpflegerischen Fragen durch Spezialisten begleitet
Verkehr von Norden in Richtung Motta die Miralago. Die neue Strassen-    werden. So ziehen die RhB gemäss behördenverbindlichen Leitüberle-
lage tangiert im Bereich der Zufahrt zur Poschiavinobrücke das beste-    gungen aus dem kantonalen Richtplan (KRIP) bei Planungen, Projek-
hende Bahntrassee. Deshalb muss die Linienführung der Bahn auf           tierungen und bei der Ausführung von Neu- und Umbauten sowie
einer Länge von ca. 160 m angepasst werden, wodurch sich die Lage        Erneuerungen von Bahnanlagen auf der Albula- und Berninalinie
der Brücke verschiebt. Die bestehende Steinbogenbrücke, die als          Fachexperten bei. Sie unterstützen die RhB bei der Wahrung von
Erschliessung des Steinbruches Motta di Miralago dient, ist im IVS       Charakter und Erscheinungsbild der Bahn. Entsprechend stellt sich das
verzeichnet und bleibt erhalten.                                         Preisgericht dieses Wettbewerbs zusammen.

Das Tiefbauamt Graubünden hat ursprünglich ein anderes Konzept           Anforderungen an die Planungsteams
projektiert. Es war vorgesehen, die bestehende Steinbogenbrücke          Brücken prägen die Kulturlandschaft wesentlich. Ingenieure und
abzubrechen und durch eine neue Stahlbetonkonstruktion auf der           Architekten, die heute Brücken planen und bauen, befinden sich in
Südseite zu ersetzen. Die Bahnbrücke wäre beibehalten geblieben. Die     einem Spannungsfeld von bautechnischen, statischen und ästheti-
Bahnbrücke wies aber neben grundsätzlichen Mängeln bezüglich der         schen Ansprüchen. Ebenso gewichtet werden die landschaftliche
Ermüdungssicherheit auch Defizite im Bereich des Hochwasserschut-         Einpassung und die ökologische Integration. Die regionaltypische
zes auf. Deshalb entschied die RhB zusammen mit der Denkmalpflege         Vielfalt, Eigenart und Schönheit der gewachsenen Kulturlandschaft
Graubünden – im Sinne einer Interessensabwägung –, die Bahnbrü-          sind wesentliche Einflussfaktoren für die Planung und Ausführung von
cke durch einen Neubau zu ersetzen und dafür die inventarisierte         Bauwerken. Gelingt es, diese Punkte bei der Konzeption eines Trag-
Steinbogenbrücke zu erhalten. Im Gesamtkontext und in Bezug auf die      werks ausgewogen einzubeziehen, wird es nicht als Fremdkörper,
Eingliederung aller Bauwerke in die Umgebung ist dies die überzeu-       sondern als selbstverständlicher Teil der Landschaft wahrgenommen.
gendere Lösung.                                                          Dann kann gute Ingenieurbaukunst entstehen. Und aus der Synthese
                                                                         von landschaftsbezogener Gestaltung, ökologischen Belangen und
Ziele und Vorgaben des Ingenieurwettbewerbs                              technischen Standards wird gute Baukultur. – Ein gewichtiger Aspekt
Die Berninalinie von St. Moritz nach Tirano ist Bestandteil des UNESCO   für den Wettbewerb der Brücke an diesem Ort.
Weltkulturerbes Albula-Bernina der RhB. Ziel des vorliegenden Wett-
bewerbs war es deshalb, ein Bauwerk von hoher technischer und
architektonischer Qualität mit einer sehr guten Einbindung in die
Landschaft zu erhalten. Das neue Bauwerk hat dieses bedeutende
Umfeld zu berücksichtigen und sich in den Gesamtkontext Miralago
Süd in überzeugender Art einzugliedern.

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Ausserdem sind Ingenieurbauwerke, insbesondere Brücken, ein               Die Randbedingungen betreffend das zu überquerende Gewässer
    wesentlicher Bestandteil unserer Infrastruktur. Sie dokumentieren die     wurden ebenfalls in einem Bericht beschrieben. Ein Freibord von 1.0 m
    Ingenieurbaukunst und Baukultur ihrer Zeit und können das Bild            muss für ein Hochwasserereignis HQ100 eingehalten werden, weshalb
    unserer Städte und unserer Kulturlandschaft positiv prägen und            die Unterkante der neuen Brücke die Kote von 962.00 m. ü. M. nicht
    bereichern. Der Schlüssel für gut gestaltete Brücken liegt auch im        unterschreiten darf. Das Bauwerk darf ausserdem keine Zwischenab-
    interdisziplinären Handeln von Ingenieuren, Architekten und Land-         stützungen im Flussbett aufweisen.
    schaftsplanern. Die am Wettbewerb teilnehmenden Planungsteams
    sollen daher die Fachdisziplinen Bauingenieurwesen (federführend),        Die technisch zu erfüllenden Anforderungen waren in der Nutzungs-
    Architektur und Landschaftsplanung abdecken.                              vereinbarung festgehalten. In konstruktiver Hinsicht sollte das Trag-
                                                                              werk folgende Bedingungen genügen:
    Technische Angaben
    Die Linienführung der Bahn wird wegen der neuen Strassenlage des          - Die neue Gleisgeometrie ist ohne Anpassungen in der Lage und
    Anschluss Miralago Süd verlegt und damit in diesem Bereich etwas            Höhe zu übernehmen.
    gestreckt. Die Länge der Linienverlegung beträgt 163.35 m. Sie beginnt    - Die Brücke ist mit einem Schotterbett zu versehen.
    ausgangs Miralago bei der Kilometrierung km 51.0 und endet in der         - Das Schotterbett soll ≥ 1.60 m ab Gleisachse breit sein.
    Situation am Weichenanfang W101, etwa 10 m nach dem Übergang              - Der Schotter soll von UK Schwelle bis OK Trogplatte mindestens 30 cm
    Motta di Miralago. Die Nivellette wird im Brückenbereich um                 stark sein.
    60 – 70 cm angehoben. Die Anpassung in der Höhe erfolgt bis zu            - Der Achsabstand Gleisachse bis Geländer beträgt e ≥ 2.50 m.
    km 51.450. Die Anpassung der Höhenlage zwischen dem Weichenan-            - Der volle Dienstweg soll beidseitig auf der ganzen Bauwerkslänge
    fang W101 und km 51.450 ist nicht Projektbestandteil. Die neue Linien-      40 cm breit sein.
    führung (Achse Bahntrassee) darf nicht verändert werden.                  - Oberhalb der Fahrbahn liegende Haupttragwerks(teile) sind durch
                                                                                massive seitliche Randborde vor direktem Anprall zu schützen (der
    Die geologischen und hydrologischen Verhältnisse wurden – soweit sie        Abstand a vom inneren Rand der Tragkonstruktion zur Gleichachse
    heute bekannt sind – in einem geologischen Gutachten beschrieben.           soll ≥ 2.50 m sein).
    Die Talstufe bei Miralago wurde spätglazial durch den Niedergang          - Die Brückenuntersicht muss aus Hochwasserschutzgründen glatt
    eines Bergsturzes, vermutlich aus der rechten Talseite, gebildet. Die       ausgebildet werden.
    Untersuchungen zeigen, dass die Bergsturzablagerungen wahrschein-
    lich mehreren Ereignissen zugeordnet werden müssen. Der Unter-            Weitere Details zu Quer-/Längsgefälle, Schottertrog, Brückenabschlüs-
    grund besteht aus einer Wechsellagerung von Bergsturz- und Bach-          se und -entwässerung sind detailliert in der Nutzungsvereinbarung
    schuttmaterial, welches in einer Tiefe von 20 bis 25 m von einer Moräne   erläutert, und die bewährten Grundsätze der baulichen Durchbildung,
    unterlagert wird. Die Felsoberfläche wurde in den durchgeführten           eine effiziente Kraftübertragung, die Ausführbarkeit in guter Qualität,
    Sondierbohrungen nicht erbohrt.                                           die Wirtschaftlichkeit, Unterhaltsfreundlichkeit und Dauerhaftigkeit
                                                                              waren zu berücksichtigen.

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Das neue Bauwerk kann ausserhalb des Betriebsgleises hergestellt
werden. Unter Umständen müssen einzelne Arbeitsschritte aus Sicher-
heits- und oder Zeitgründen in die Nachtbetriebspause verlegt wer-
den. Die Nachtbetriebspause dauert von 20.15 – 06.45 Uhr.

Es ist vorgesehen, das Brückenbauwerk in der Periode Juli 2021 – Mitte
März 2022 zu erstellen. Der Gleisbau erfolgt Ende März 2022 anlässlich
einer sechswöchigen Totalsperrung der Strecke Poschiavo – Tirano (21.
Februar – 01. April 2022).

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Das Verfahren

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Es handelt sich um einen einstufigen, anonymen Projektwettbewerb          Der Beizug von Fachleuten aus Architektur und / oder Landschaftsge-
     im Einladungsverfahren. Massgebende Grundlagen für die Durchfüh-         staltung war ausdrücklich erwünscht. Bei Planergemeinschaften
     rung des Wettbewerbs waren:                                              musste die Federführung allerdings bei einem Bauingenieur liegen.
                                                                              Eine Teilnahme der Fachleute (Ingenieure / Architekten / Landschafts-
     - Submissionsgesetz (SubG) des Kantons Graubünden vom                    architekten) in mehreren Teams war nicht zulässig.
       10.02.2004
     - Submissionsverordnung (SubV) des Kantons Graubünden vom                Preisgericht
       25.05.2004                                                             Das Preisgericht setzt sich aus nachfolgenden Personen zusammen:
     - die Ordnung 142 des SIA (Ordnung für Architektur- und Ingenieur-
       wettbewerbe, Ausgabe 2009)                                             Vertretung Bauherrschaft (mit Stimmrecht):
     - das Wettbewerbsprogramm                                                Karl Baumann                        Leiter Kunstbauten RhB (Vorsitz)
     - die Änderungen und Ergänzungen aufgrund der Fragenbeant-
       wortung                                                                Fachpreisrichter (mit Stimmrecht):
                                                                              Johannes Florin                      UNESCO Fachausschuss Bahn,
     Im Rahmen des Wettbewerbs erklärte der Veranstalter diese Grundla-                                            Denkmalpflege GR
     gen für sich und die Teilnehmenden als rechtsverbindlich. Die Teilneh-   Toni Häfliger                         UNESCO Fachausschuss Bahn,
     menden anerkannten insbesondere den Entscheid des Preisgerichts in                                            Fachexperte Eisenbahn-
     den fachlichen Belangen.                                                                                      denkmalpflege
                                                                              Clementine Hegner - van Rooden       Bauingenieurin, Oberägeri
     Der Projektwettbewerb wurde in deutscher Sprache durchgeführt.
     Ebenso waren die Wettbewerbsbeiträge in deutscher Sprache abzuge-        Fachpreisrichter (ohne Stimmrecht):
     ben.                                                                     Christof Messner                    UNESCO Fachausschuss Bahn,
                                                                                                                  Bundesamt für Kultur BAK,
     Teilnehmer                                                                                                   Sektion Heimatschutz und
     Für die Teilnahme am Wettbewerb wurden die folgenden Ingenieur-                                              Denkmalpflege
     büros eingeladen:
                                                                              Ersatzpreisrichter:
     -   ACS-Partner AG, Zürich                                               Angelo Berweger                      Projektleiter Kunstbauten RhB
     -   Bänziger Partner AG, Chur
     -   Chitvanni + Wille GmbH, Chur                                         Die allfällige Vertretung eines verhinderten stimmberechtigten Mit-
     -   Conzett Bronzini Partner AG, Chur                                    glieds des Preisgerichts erfolgte durch einen Ersatzpreisrichter. Nach
     -   Flückiger + Bosshard AG, Chur                                        Bedarf wären weitere Experten beigezogen worden.

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Die wertungsfreie Vorprüfung der Wettbewerbsbeiträge erfolgte durch    Termine
das Ingenieurbüro ewp AG Chur, Kasernenstrasse 36, 7000 Chur.          Die Wettbewerbsunterlagen wurden im August 2019 den Wettbewerbs-
                                                                       teilnehmern zur Verfügung gestellt.
Dem Preisgericht stand eine Gesamtpreissumme von CHF 50'000.-
(exkl. MwSt.) zur Verfügung. Unter sämtlichen Teilnehmenden wurden     Eingabetermin für die Wettbewerbsbeiträge war der 8. November
CHF 30'000.- gleichmässig als Festentschädigung verteilt. Für Preise   2019, für die Modelle der 22. November 2019. Die Jurierung erfolgte am
und Ankäufe standen CHF 20'000.- zur Verfügung. Es war vorgesehen      3. und am 11. Dezember 2019.
drei Preise zu vergeben. Die Festlegung der Preissummen erfolgte im
Rahmen der Beurteilung. Die Gesamtpreissumme wurde voll ausge-         Vorgesehen ist, die Projektierung mit Plangenehmigungsverfahren bis
richtet.                                                               September 2020 durchzuführen und das Bauwerk von Juli 2021 bis März
                                                                       2022 zu erstellen.
Die RhB beabsichtigt, den Empfehlungen des Preisgerichts zu folgen
und das siegreiche Team mit der Projektierung und technischen          Wettbewerbsunterlagen
Bauleitung für den Bau der Brücke zu beauftragen. Nicht Bestandteil    Das Wettbewerbsdossier umfasste neben dem Wettbewerbsprogramm
des Auftrags ist der bahntechnische Teil (Gleisbau, Beschotterung,     die Nutzungsvereinbarung für die Brücke, einen Situationsplan 1:200
Fahrleitungen, Verkabelung).                                           mit dem Wettbewerbsperimeter, Linienführungen und Höhenlinien,
                                                                       ein digitales Geländemodell, eine Situation 1:250 mit der Grundlagen-
Die Weiterbearbeitung erfolgt unter Vorbehalt der Projektgenehmi-      vermessung, eine Situation 1:1'500 mit der Gleisgeometrie, ein geolo-
gung durch die zuständigen Instanzen und der Kreditfreigabe durch      gisches Gutachten für die Brücke, ein Dokument zum Hochwasser-
den Verwaltungsrat der RhB. Die Weiterbearbeitung und die Auftrags-    schutz, Fotos der Brücke und ihre Umgebung, den UNESCO Beschrieb für
erteilung können in verschiedenen Phasen erfolgen. Notwendige          Kunstbauten der RhB, eine Wegleitung für das qualitätsvolle Planen
Anpassungen vor, während oder nach der Realisierung sind in gegen-     und Bauen im UNESCO Perimeter, eine Vorlage für die Kostenschätzung
seitigem Einvernehmen zwischen Projektverfasser und Bauherrschaft      für die Teilnehmer, ein «Offertformular Ingenieur», die Weisungen für
möglich. Auch ist eine Begleitung der Weiterbearbeitung durch eine     die Projektierung von Kunstbauten der RhB und Modelldaten.
Delegation des Preisgerichts möglich.
                                                                       Den Teilnehmern wurde eine 44 × 68 cm grosse Modellunterlage im
                                                                       Massstab 1:200 für den Einbau des Entwurfs abgegeben. Bis zum
                                                                       19. September 2019 konnten Fragen zum Wettbewerb gestellt werden.
                                                                       Die eingegangenen Fragen wurden vom Preisgericht schriftlich beant-
                                                                       wortet und bis am 27. November 2019 allen Teilnehmern zugestellt.
                                                                       Ausser der Beantwortung der schriftlich an die RhB gestellten Fragen
                                                                       wurden keine weiteren Auskünfte erteilt. Es fand keine Begehung und
                                                                       Erläuterung der Wettbewerbsaufgabe durch den Veranstalter statt.

                                                                                                                                                13
Projekteingabe                                                           Die Auflösung der Anonymität (Öffnung des Verfassercouverts) wurde
     Das einzureichende Projekt entsprach einem reduzierten Vorprojekt.       nach erfolgter Jurierung durchgeführt.
     Das bedeutete, dass sich die Arbeiten auf die für die Beurteilung
     massgebenden Kriterien beschränken sollten. Das Wettbewerbsdos-          Beurteilungskriterien
     sier umfasste den Projektplan mit der Situation, dem Längsschnitt, der   Das Brückenbauwerk soll im Sinn der Zielsetzung des Wettbewerbs
     Ansicht von Süden 1:100 und Querschnitten 1:50. Im Plan waren zudem      eine umfassend überzeugende Lösung der Aufgabe darstellen, in der
     wichtige weitere Informationen wie Details und Erläuterungen in frei     technische, wirtschaftliche und architektonische Überlegungen in
     wählbarem Massstab anzuordnen. Skizzen, etwa zur Erläuterung des         durchdacht abgewogener Gewichtung einfliessen. Entsprechend
     landschaftlichen Eingriffs, wurden hier oder im Erläuterungsbericht      diesem Grundsatz wurde das Projekt auf der Basis der nachstehenden
     entgegengenommen, auf Renderings war jedoch zu verzichten. Weiter        Beurteilungskriterien bewertet, wobei die Reihenfolge weder einer
     abzugeben waren ein Erläuterungsbericht mit Gedanken zum Projekt,        Hierarchie noch einer Gewichtung in der Bewertung entsprach:
     Bemerkungen zum landschaftlichen Eingriff, die Begründung der Wahl
     des Tragwerkskonzepts und der Materialwahl, Erläuterungen zum            - Gestaltung, Einbindung in die Landschaft
     Bauvorgang, eine nachvollziehbare Kostenschätzung ohne Honorare          - Baukosten, Wirtschaftlichkeit
     sowie statische Nachweise, wobei die Machbarkeit und die gewählten       - Robustheit, Dauerhaftigkeit, Gebrauchstauglichkeit und Nachhal-
     Hauptabmessungen in möglichst knapper, aber nachvollziehbarer              tigkeit
     Form nachzuweisen waren. Sämtliche Unterlagen mussten anonym             - Realisierbarkeit, Bauverfahren, Bauzeit
     und mit einem Kennwort versehen sein.                                    - Statisch-konstruktive Konzeption
                                                                              - Innovation
     Im verschlossenen Verfassercouvert waren das Kennwort des Projekts,
     der Name der Projektverfasser und der am Projekt beteiligten Mitar-      Aufgrund der Gesamtbewertung hat das Preisgericht die Projekte
     beiter aufzuführen. Dazu kam eine Honorarofferte für Bauingenieure       rangiert, die Preissummen festgesetzt und eine Empfehlung zuhanden
     oder Arbeitsgemeinschaften als Gesamtleiter, basierend auf der           der Auftraggeberin ausgesprochen.
     Ordnung SIA 103, für alle Teilleistungen, zuzüglich Nebenkosten und
     Reisespesen, gemäss dem abgegebenen Offertformular. Die Bauherr-
     schaft erklärte einen Schwierigkeitsgrad n = 1 und h = 135.- CHF/h als
     Verhandlungsgrundlage. Zur Illustration des Berichts des Preisgerichts
     verlangte die Veranstalterin einen Datenträger mit allen Unterlagen im
     Format PDF im verschlossenen Verfassercouvert. Jeder Teilnehmer
     hatte auch das Modell im Massstab 1:200 abzugeben. Die verlangten
     Unterlagen waren vollständig, zeitgerecht und in der notwendigen
     Anzahl Exemplaren einzureichen. Varianten waren nicht erlaubt.

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Der Ablauf der Jurierung

                           17
Am 3. Dezember 2019 traf das Preisgericht zum ersten Mal für die        Die Vorprüfer haben die Fakten aller Eingaben geprüft und nahmen
     Jurierung des Wettbewerbs «Ersatz Poschiavinobrücke Miralago»           Stellung zur formellen und inhaltlichen Vorprüfung. Sie präsentierten
     zusammen. Nach einer freien Besichtigung der vorab nach Zufallsprin-    den wertungsfreien Vorprüfungsbericht und gingen projektweise auf
     zip ausgestellten Wettbewerbsbeiträge und Modelle begrüsste Karl        die technischen Details ein.
     Baumann die Mitglieder des Preisgerichts, die Ersatzjuroren und die
     Vorprüfer.                                                              Vier Wettbewerbsbeiträge schlagen Stahltragwerke vor; ein Wettbe-
                                                                             werbsbeitrag eine vorgespannte Stahlbetonbrücke. Die Baukosten
     Die Jurierung beginnend, riefen sich die Mitglieder des Preisgerichts   wurden von den Projektverfassern von 0.98 Mio. CHF bis 2.28 Mio. CHF
     nochmals die ausformulierten Kriterien in Erinnerung. Das vordring-     geschätzt. Für das Offertformular hatte man die Kosten im Vorfeld des
     lichste Ziel eines Wettbewerbs besteht darin ein überzeugendes          Wettbewerbs auf 2.2 Mio. CHF geschätzt. Anlässlich der ersten Jurysit-
     Projekt zu finden. Doch in einem Wettbewerb geht es allgemein nicht      zung wurde entschieden die Kostenschätzungen sowie die statischen
     nur darum, ein Siegerprojekt zu küren, sondern in einer Runde ver-      Nachweise durch das Wettbewerbssekretariat genauer untersuchen zu
     schiedener Berufsgattungen über alle Projekte zu diskutieren – auch     lassen. Weiter wurde entschieden, zu Beginn der Jurierung die Wirt-
     nachfolgende «Sieger» sollen eruiert und an das Nachrückerprinzip       schaftlichkeit noch nicht stark zu gewichten, dieses Kriterium dann
     gedacht werden.                                                         aber im weiteren Verlauf genauer zu betrachten.

     Eingereichte Projekte (alphabetisch):                                   Gemäss Nutzungsvereinbarung ist ein minimales Längsgefälle von
                                                                             1.5 % einzuhalten. Diese Vorgabe ist bei den Beiträgen «LIVERA» und
     -   «acciaio e pietra»                                                  «MIRA» eingehalten. Bei den Beiträgen «acciaio e pietra», «origine»
     -   «LIVERA»                                                            und «Punt dal Meschin» ist das Längsgefälle nicht vollständig gelöst.
     -   «MIRA»
     -   «origine»                                                           Beim Projekt «Punt dal Meschin» ist die vorgegebene Kote der Unter-
     -   «Punt dal Meschin»                                                  kante von 962.00 m ü. M. nicht über die gesamte Länge eingehalten.

     Das Protokoll wurde von Tino Tschenett, ewp AG Chur geschrieben.        Ein nicht vollständig gelöstes Längsgefälle sowie das nicht ganz
     Befangenheiten lagen keine vor.                                         eingehaltene Freibord wurden vom Preisgericht als nicht gravierend
                                                                             eingestuft. Das Preisgericht beschloss einstimmig alle fünf Beiträge zur
     Vorprüfung                                                              Jurierung zuzulassen. Die kritischen Punkte sollten jedoch in die
     Die wertungsfreie Vorprüfung der Wettbewerbsbeiträge erfolgte durch     Beurteilung einfliessen.
     die ewp AG Chur. Der Vorprüfungsbericht mit einer kurzen, wertungs-
     freien Zusammenfassung der Projekte wurde im Vorfeld dem Preisge-
     richt zur Verfügung gestellt.

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Formeller Beschluss über Ausschüsse                                    - «origine»                  Stahltrogrücke mit konstanter Höhe 1.60 m
Alle Wettbewerbsbeiträge wurden fristgerecht eingereicht. Es lag bei                                Spannweite 38.00 m
keiner Eingabe eine wesentliche Abweichung von Programmbestim-                                      Stahlgewicht 205 t
mungen vor, auch kein allfälliger Verstoss gegen das Anonymitätsge-                                 Betonvolumen 215 m3
bot und auch keine administrativen Ausschlussgründe. Kein Projekt                                   Baukosten exkl. MwSt. 2.28 Mio. CHF
wurde vom Wettbewerb ausgeschlossen.
                                                                       - «Punt dal Meschin»         Spannbetonbrücke mit gevoutetem
Erste Beurteilungsrunde – 1. Jurierungstag                                                          Überbau
In der ersten Beurteilungsrunde wurden alle Wettbewerbsbeiträge von                                 Spannweite 34.00 m
der Jury vorerst eingehend analysiert, diskutiert und beurteilt.                                    Betonvolumen 380 m3
                                                                                                    Baukosten exkl. MwSt. 0.98 Mio. CHF
Die wichtigsten Kenngrössen1) der Projekte sind:
                                                                       1)
                                                                            gemäss Angaben der Projektverfasser, unbereinigt
- «acciaio e pietra»       Stahltrogrücke mit konstanter Höhe 1.96 m
                           Spannweite 36.67 m                          In der ersten Beurteilungsrunde kristallisiert sich für das Preisgericht
                           Stahlgewicht 78 t                           die Einschätzung heraus, dass obenliegende Tragwerke hier als nicht
                           Betonvolumen 225 m3                         ganz nachvollziehbare Lösungen eingestuft werden. Das Preisgericht
                           Baukosten exkl. MwSt. 1.21 Mio. CHF         hat sich entschieden, vorerst keine Projekte aus dem Wettbewerb
                                                                       ausscheiden zu lassen und die Diskussion in der zweiten Beurteilungs-
- «LIVERA»                 Stahltrogrücke mit konstanter Höhe 1.50 m   runde weiterzuführen.
                           Spannweite 33.00 m
                           Stahlgewicht 114 t                          Zweite Beurteilungsrunde – 1. Jurierungstag
                           Betonvolumen 184 m3                         In der zweiten Beurteilungsrunde wurden alle Beiträge nochmals
                           Baukosten exkl. MwSt. 1.45 Mio. CHF         diskutiert und beurteilt. Ein obenliegendes Tragwerk sieht das Preis-
                                                                       gericht als für die Situation nicht adäquat. Es erscheint nicht sinnig,
- «MIRA»                   Stahlhohlkastenbrücke mit konstanter        das Lichtraumprofil des Gewässers auf Kosten des «obenliegenden»
                           Höhe 1.55 m                                 Landschaftsraums freizustellen. Nach eingehender Diskussion ent-
                           Spannweite 37.00 m                          schied sich das Preisgericht einstimmig, folgende Projekte aus dem
                           Stahlgewicht 175 t                          Wettbewerb ausscheiden zu lassen:
                           Betonvolumen 190 m3
                           Baukosten exkl. MwSt. 1.90 Mio. CHF         - «acciaio e pietra»
                                                                       - «origine»

                                                                                                                                                  19
Es verblieben:                                                            Folgende drei Projekte gingen definitiv in die Schlussbeurteilung:

     - «LIVERA»                                                                - «LIVERA»
     - «MIRA»                                                                  - «MIRA»
     - «Punt dal Meschin»                                                      - «Punt dal Meschin»

     Dritte Beurteilungsrunde – 2. Jurierungstag                               Schlussbeurteilung und Preiszuteilung
     Am 11. Dezember 2019 trat das Preisgericht zum zweiten Mal zusam-         Nach weiteren vertieften Besprechungen der drei Projekte, kürt das
     men.                                                                      Preisgericht das Projekt «MIRA» einstimmig zum Siegerprojekt. Es
                                                                               überzeugt sowohl in gestalterischer wie auch in technischer Hinsicht.
     Die auf diesen Tag abzuklärenden Informationen bezüglich der stati-       Das Bauwerk nimmt die leicht S-förmigen Linienführung des Gleises
     schen Nachweise und Kostenschätzungen wurden vom Wettbewerbs-             auf und fügt sich aus Sicht des Preisgerichts am besten in die Umge-
     sekretariat erläutert:                                                    bung ein. Es handelt sich um eine moderne Konstruktion und imple-
     Die statischen Nachweise wurden durch das Wettbewerbssekretariat          mentiert den bautechnischen Fortschritt.
     auf Nachvollziehbarkeit und Plausibilität geprüft. Der Umfang der
     statischen Nachweise variierte teilweise stark. Die Nachvollziehbarkeit   Das zweitplatzierte Projekt «LIVERA» beurteilt das Preisgericht als
     war nicht bei allen Projekten vollständig gegeben. Das Wettbewerbs-       sorgfältig gestaltetes Bauwerk mit Bezug zur Historie. Im Projekt ist
     sekretariat hat jedoch keine gravierenden Mängel festgestellt. Die        eine technische Weiterentwicklung sichtbar, aber die Einfügung in die
     Kostenschätzungen wurden ebenfalls auf Nachvollziehbarkeit, Plausi-       Umgebung konnte aufgrund des geraden Überbaus (bei geschwunge-
     bilität und Vergleichbarkeit geprüft. Sowohl das Wettbewerbssekreta-      ner Linienführung) nicht vollends überzeugen.
     riat wie auch die Vertreter der RhB sind der Meinung, dass die Kosten
     des kostengünstigsten Projekts zu tief geschätzt wurden. Die Baukos-      Den dritten Rang wurde dem Projekt «Punt dal Meschin» vergeben.
     ten werden tatsächlich auf ca. 1.5 Mio. CHF geschätzt.                    Das Preisgericht würdigt das Projekt als sorgfältig gestaltete, schlanke
                                                                               und überzeugend schwungvoll in die Topografie eingebettete Brücke.
     Vor dem zweiten Jurierungstag wurden den Mitgliedern des Preisge-         Das Preisgericht war allerdings der Ansicht, dass in dieser Umgebung
     richts alle digitalen Unteralgen der Wettbewerbsbeiträge zur Verfü-       eine Stahlbrücke eine adäquatere Lösung für eine Bahnanlage ist. Aus
     gung gestellt. Rückkommensanträge wurden keine formuliert.                Sicht aller Mitglieder des Preisgerichts war «Punt dal Meschin» für die
                                                                               Entscheidungsfindung und Diskussion ein äusserst wertvolles Projekt.
     Die im Wettbewerb verbleibenden drei Projekte wurden in der dritten
     Beurteilungsrunde nochmals diskutiert und beurteilt. «MIRA» und
     «Punt dal Meschin» vermochten das Preisgericht durch die Übernahme
     der S-förmigen Linienführung zu überzeugen. «LIVERA» als gerade
     Brücke überzeugt das Preisgericht mit ihrem Bezug zur Historie.

20
Das Preisgericht rangierte daraufhin die drei Projekte eindeutig.        Die Ingenieurarbeiten für die Projektierung der Poschiavinobrücke
                                                                         Miralago werden somit an das Ingenieurbüro Bänziger Partner AG,
1. Rang                 «MIRA»                                           Chur vergeben.
2. Rang                 «LIVERA»
3. Rang                 «Punt dal Meschin»                               Die weiteren Teilnehmer waren (alphabetisch nach Projektname
                                                                         geordnet):
Das Preisgeld von 20'000 CHF (exkl. MwSt.) teilte das Preisgericht wie
folgt zu:                                                                «acciaio e pietra»     ACS-Partner AG, Zürich

«MIRA»                  CHF 10'000.-                                     «origine»              Flückiger + Bosshard AG, Chur
«LIVERA»                CHF 7'000.-                                                             Architekturbüro Rolf Mühlethaler, Bern
«Punt dal Meschin»      CHF 3'000.-                                                             w+s Landschaftsarchitekten AG, Solothurn

Alle Entscheidungen dieses Tages erfolgten einstimmig.                   Der Sieger wurde von der RhB telefonisch informiert, die anderen
                                                                         Teilnehmer per Post. Allen Beteiligten wird der Bericht des Preisge-
Im Anschluss an die Beurteilung und die Prämierung der Arbeiten          richts zugestellt sowie Ort und Zeit der Ausstellung mitgeteilt.
öffnete das Preisgericht die Verfassercouverts und stellte die Namen
der Verfasser aller eingereichten Projekte fest.                         Die prämierten Wettbewerbsbeiträge gehen in das Eigentum der
                                                                         Auftraggeberin über. Das Urheberrecht verbleibt bei den Teilnehmern.
Die Preisträger sind:                                                    Das Plangenehmigungsprojekt wird bis September 2020 ausgearbeitet,
                                                                         und die Ausführung ist von Juli 2021 bis März 2022 vorgesehen.
«MIRA»                  Bänziger Partner AG, Chur
                        Ritter Schumacher AG, Chur                       Die Ausstellung sämtlicher Wettbewerbsbeiträge wird am 10. Februar
                                                                         2020 um 18 Uhr in der Aula der Fachhochschule Graubünden eröffnet.
«LIVERA»                Chitvanni + Wille GmbH, Chur                     Sie wird bis am 21. Februar täglich von 8:00 bis 19:00 Uhr geöffnet sein.
                        Gredig Walser Architekten AG, Bad Ragaz
                        Kohler Landschaftsarchitektur GmbH, Bad          Karl Baumann bedankt sich bei den Teilnehmern und schliesst die
                        Ragaz                                            Sitzung.

«Punt dal Meschin»      Conzett Bronzini Partner AG, Chur
                        Cangemi Architekten, Chur
                        Müller Illien Landschaftsarchitekten GmbH,
                        Zürich

                                                                                                                                                     21
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Zusammenfassende Gedanken des Preisgerichts

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Die Bahnlinien der RhB sind subtil in die vielfältige Kulturlandschaft    Eine Bahnlinie erschliesst nicht nur, sie wird gleichwohl auch Teil der
     hineingelegt und mit der Zeit hineingewachsen. Sie bilden mit der         Landschaft, stellt für die Passagiere die Aussicht in den Mittelpunkt
     besonderen Topographie eine Einheit und wirken als deren Akzentuie-       und lässt die Fahrgäste durch die Landschaft gleiten. Auch diesen
     rung. Als UNESCO Welterbe stellen sie ein hervorragendes Beispiel eines   Aspekt veranschaulicht das Kandidaturdossier: «Wie die frühen
     technischen Ensembles dar, das den Höhepunkt der Glanzzeit der            Touristenplakate um 1880 zeigen, ging es anfänglich vor allem darum,
     Hochgebirgsbahnen illustriert. Die Gebirgsbahn der RhB in der Kultur-     den Betrachtern mit Hilfe von Fahrplänen und anhand der Abbildung
     landschaft Bernina (und Albula) ist ein Meisterwerk kreativen Schaf-      von Verkehrsmitteln in rauschender Fahrt zu beweisen, dass die
     fens, entstanden aus einem einzigartigen Zusammenspiel von ästhe-         Erschliessung ihres Reiseziels sichergestellt sei. Als diese Erschliessung
     tischem Anspruch, ingenieurspezifischer Höchstleistung, technischer        jedoch tatsächlich geleistet ist und die Albulabahn im Engadin ein-
     Innovation und perfektem Handwerk zu einem Gesamtkunstwerk.               fährt, verschiebt sich die Gewichtung. Die Plakate wollen nun nicht
                                                                               mehr informieren, die Bahn als ein selbstverständlich gewordenes
     Die Berninastrecke aus dem Jahr 1910 von St. Moritz nach Tirano ist       Objekt muss nicht länger visualisiert werden, vielmehr setzen die
     Bestandteil des UNESCO Weltkulturerbes RhB. Im Kandidaturdossier          Illustratoren auf Atmosphäre und rücken Landschaft und Aussicht in
     wird beschrieben, dass «der Abschnitt beim Lago di Poschiavo anders       den Mittelpunkt.» Das Gleiten durch die Landschaft gleichsam auf der
     als die Strecke in Passnähe nicht als spektakulär, sondern vielmehr als   «idealen Linie» ist typisch für Bahnanlagen und wird auf der Bernina-
     malerisch wahrgenommen wird.» Verläuft die Bahn am Seeufer des            linie - als Teil des UNESCO Welterbes – in besonderer Weise inszeniert.
     Lago di Poschiavo noch im Felsanschnitt, führt sie bei Miralago an den    Dieses Gleiten wird durch zahlreiche Kunstbauten – wie Tunnels,
     Einrichtungen zum Aufstau des Sees vorbei und zwischen einer Häu-         Bahndämme und -einschnitte, Tunnels und Brücken – ermöglicht.
     sergruppe durch. Danach zieht sie sich in fast ununterbrochenem
     70 ‰-Gefälle vom Ausfluss des Lago di Poschiavo bis zum Talboden           Mit dem Ersatz einer Brücke auf diesem Abschnitt in der Kernzone des
     des Veltlins. Die Überquerung des Flusses Poschiavino erfolgt schief-     UNESCO Welterbes sollte deshalb und natürlich wiederum ein Bauwerk
     winklig mit einer Stahlfachwerkbrücke. Auch wird im Kandidaturdos-        von aktuell hoher technischer und architektonischer Qualität mit einer
     sier erläutert, dass «schon zur Zeit des Bahnbaus die zu durchfahrende    sehr guten Einbindung in die Landschaft entstehen.
     Landschaft als von aussergewöhnlicher, schutzwürdiger Qualität
     qualifiziert wurde. Die adäquate Einpassung der Bahninfrastruktur          Die RhB baute – wenn immer angebracht und möglich – überzeugt mit
     wurde denn auch stark gewichtet, gleichzeitig war die Streckenfüh-        neuen Technologien und den zu der Zeit der Ausführung umsetzbaren
     rung selbst – vor allem im Falle der Berninabahn – darauf angelegt,       baulichen Möglichkeiten. Ausserdem ist ein wichtiges Merkmal der
     die Landschaft dem Reisenden möglichst in ihrer ganzen Grossartigkeit     Beninalinie, dass die Kunstbauten konstruktiv auf das notwendige
     zu präsentieren und ihm so ein Landschaftserlebnis zu bieten. Die         Minimum ausgelegt sind. Kleinere Stahlbrücke entsprechen im Aus-
     wichtigen Sichtbezüge in die umgebende Kulturlandschaft sind eine         baustandard fast nur einer Hilfsbrücke. Die beiden grösseren, bereits
     Qualität des Objekts.»                                                    beim Bahnbau erstellten Poschiavonobrücken bei Miralago und in
                                                                               Tirano wurden baugleich und in einem höheren Standard ausgebildet.
                                                                               Jene in Tirano wurde 2007 durch eine Stahlbrücke aus Vollwandträgern

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ersetzt. Die Widerlager konnten in der Grundsubstanz erhalten bleiben     wicklung, die sich grundlegend von den ursprünglichen Prinzipien
und mussten lediglich auf die neue Geometrie angepasst werden. Dem        beim Bahnbau unterscheidet, widerspiegeln darf.
Preisgericht war es daher nach eingehenden Diskussionen und Ausei-
nandersetzung mit dem Spektrum an eingegangenen Lösungsvor-               Alle eingereichten Projekte sind sorgfältig ausgearbeitet und teilweise
schlägen wichtig, dass sich dieser Ansatz im Siegerprojekt widerspie-     sehr ausführlich beschrieben. Basierend auf den gegebenen Rahmen-
geln würde – ohne dass der Neubau dabei zu einer Antithese zur            bedingungen haben die Planerteams unterschiedliche Überquerun-
bestehenden Brücke oder gar zur Berninalinie mit ihren Kunstbauten        gen entworfen – ein Beweis, dass Wettbewerbe eine wertvolle und
aus vor allem Stahl- und Natursteinbrücken werden würde. Im Sieger-       qualitätsvolle Bandbreite an Lösungen aufzeigen können. Keine
projekt sollte das zeitgenössische Verständnis einer bautechnischen       ikonischen Landmarken – das wäre von der RhB auch nicht gewünscht
und sensiblen Weiterentwicklung sichtbar sein, gezeigt in techni-         gewesen –, mit typologisch dennoch ganz eigen ausgeprägten Kon-
schen, statischen, gestalterischen und konstruktiven Ausführungen.        struktionen, mit charakteristischer und dennoch zurückhaltender
Genauso veranschaulicht aber auch im Umgang bzw. in der Auseinan-         Formgebung. Das Preisgericht schätzt die Bemühungen der Teilneh-
dersetzung mit geographischen und geologischen Bedingungen,               menden und begrüsst vor allem auch die Auseinandersetzung mit den
welche sich in der vorgegebenen Linienführung resp. dem Trassee           Projekten nicht nur auf der vorauszusetzenden technischen, sondern
zeigen. Die neue Brücke sollte kein historisierendes Teilstück der        auch auf der wichtigen gestalterischen Ebene. Die Teilnehmenden
Strecke sein, sondern den technischen Fortschritt in qualitätsvoller      stellten die Technologie und Systematik der Bahn ins Zentrum, blickten
und zurückhaltender Weise dokumentieren.                                  aber auch von aussen auf das neue Bauwerk und berücksichtigen die
                                                                          bestehende Strassenbrücke als Teil des Kontextes. Entsprechend lobt
Moderne Brücken können sich mit ihrer Lage und Formgebung gegen-          und würdigt das Preisgericht dieses ausnahmslose Engagement bei
wärtig von der detaillierten Topografie lösen. Sie können sich als         allen Teilnehmern – hoffend übrigens, dass die historische Strassen-
Teilstück eines ganzen Trassees schwungvoll und selbstverständlich in     brücke künftig weiterhin einspurig befahrbar bleiben wird, da Strasse
die Landschaft einbetten. Womit auch die Linienführung als formbe-        und Bahn in diesem Abschnitt seit jeher ein enges Geflecht bilden, das
stimmendes Kriterium und bautechnische Rahmenbedingung an                 es in dieser Form zu erhalten würdig wäre. Trotz der überschaubaren
Bedeutung gewonnen hat. Damit kann die Brückenkonstruktion                Anzahl an Eingaben hat sich mit den fünf Projekten also eine ein-
innerhalb eines gewissen Rahmens direkt auf die Trasseeführung            drückliche Vielfalt ergeben, die es innerhalb des Preisgerichts intensiv
reagieren (wie es in grösserem Massstab auch bei Viadukten in Erschei-    zu diskutieren, verstehen, vergleichen und beurteilen galt.
nung tritt). Eine solche Lösung befindet sich somit in gewisser Weise
innerhalb der baukulturellen Bautradition und Historie der RhB, was
zur eingehend durch das Preisgericht diskutierten Frage führte, ob sich
das Bauwerk dem leichten Schwung der Linienführung anpassen oder
doch eher gerade gebaut werden solle. Das Preisgericht ist der Mei-
nung, dass der gegenwärtig mögliche Ansatz einer S-förmig
geschwungenen Trassierung sich im Brückenkonzept als Weiterent-

                                                                                                                                                     25
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Das Siegerprojekt

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1. Rang              «MIRA»
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                                                                                                                    Bänziger Partner AG, Chur;
                                                                                                                   Ritter Schumacher AG, Chur

     Beurteilung des Preisgerichts

     Projektbeschrieb                                                     welcher der S-förmigen horizontalen Linienführung folgt und somit im
     Die beim Projekt «MIRA» vorgeschlagene Brücke besteht aus einem      Grundriss gekrümmt ist. Die 40 mm dicken Stege des Hohlkastenträ-
     unter der Bahnlinie angeordneten Stahltragwerk mit einer Spannwei-   gers sind schräg angeordnet, womit ein trapezförmiger Querschnitt
     te von 37 m. Die Widerlager und angrenzenden Flügelmauern in         mit einer Breite auf der Oberseite von 5.40 m und auf der Unterseite
     Massivbau sind mit Natursteinen verkleidet. Die Kronen der Flügel-   von 2.80 m resultiert. Die Oberflansche sind 1.10 m breit, weisen eine
     mauern sind zudem mit Granitplatten abgedeckt. Der Überbau ist als   Dicke von 70 mm auf und werden gleichzeitig als Dienstwege genutzt.
     Stahlhohlkastenträger mit konstanter Höhe von 1.55 m ausgebildet,

28
29
Der Stahlhohlkastenträger ist in regelmässigen Abständen mittels        verschweisst, so dass auf einen Korrosionsschutz auf der Innenseite
     Querschotten mit variabler Höhe ausgesteift. Die auf die Querschotten   des Hohlkastenträgers verzichtet werden kann. Auf der Aussenseite ist
     aufgelegte Fahrbahnplatte wird von einem 40 mm dicken Blech             der Stahlhohlkastenträger mit einem Korrosionsschutzanstrich verse-
     gebildet. Unten ist der Hohlkasten mittels eines 40 mm dicken Blechs    hen.
     abgeschlossen. Die Entwässerung in Längsrichtung erfolgt über das
     Dachgefälle von 1.5 %. Die Tropfnase an den Aussenseiten der Ober-      Der Überbau ist über vier Topflager gehalten, wobei in Brückenlängs-
     flansche weist die gleiche Höhe wie die Granitabdeckplatten der          richtung auf der Seite Miralago zwei feste Lager den horizontalen
     Flügelmauern auf, wobei dadurch in der Ansicht ein durchgehendes        Fixpunkt bilden. Auf der Seite Brusio sind zwei in Längsrichtung
     Band entsteht. Als Absturzsicherung schlägt der Projektverfasser nach   verschiebliche Lager vorgesehen.
     Innen geneigte Geländer vor. Der Stahlhohlkastenträger ist luftdicht

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Die Widerlager bestehen aus Stahlbeton und sind jeweils über zwei        unter der beidseitig auskragenden Fahrbahn versteckt. Das Projekt
Schächte mit einem Durchmesser von 3.5 m fundiert. Die Widerlager-       überzeugt in gestalterischer und in technischer Hinsicht. Einzig die
wände und Flügelmauern sind vertikal ausgebildet und in Anlehnung        Geländer mit der äusseren Neigung nach Innen vermögen nicht zu
an den Bestand vollflächig mit Natursteinen verkleidet. Der Überbau       überzeugen, da sie wenig selbstverständlich und im Kontext der Bahn
wird ohne sichtbaren Endquerträger auf die Widerlagerkonstruktionen      «übermotiviert» wirken. Letztlich entsteht aber ein spannender
abgesetzt. Die Entwässerung des Überbaus wird sichergestellt indem       Kontrast zur bestehenden, in unmittelbarer Nachbarschaft stehenden
der Trog mit einer zum Widerlager überstehenden Schürze ausgebildet      Bogenbrücke und eine bemerkenswerte relative Filigranität des neuen
wird. Es sind keine Fahrbahnübergänge notwendig.                         Brückenträgers im Vergleich zur Massivität der Bogenbrücke.

Der Brückenneubau erfolgt unter Aufrechterhaltung des Bahnbetriebs       Die Brücke folgt dynamisch der leichten Biegung des Trassees. Dabei
vorwiegend in Tagarbeit. Der Projektverfasser sieht vor, die 175 t       bedingen sich Doppelkrümmung und Brückenquerschnitt statisch –
schwere Stahlkonstruktion des Überbaus in vier Teile im Werk vorzu-      der Hohlkasten nimmt die im Träger resultierende Torsionsbeanspru-
fertigen, per Sondertransport anzuliefern und vor Ort mittels Baustel-   chung auf. Das statische System ist effizient. Ebenso aber lebt das
lenschweissungen in lokalen Einhausungen zusammenzusetzen. Der           Projekt von der äusserlich kaum sichtbaren Krümmung des Stahlträ-
Überbau wird anschliessend mittels Verschub resp. Montagegerüst auf      gers. Sie verweist auf den heutigen Stand der Bautechnik. Dank ihr
die vorgängig erstellten Widerlagerkonstruktionen verschoben. Der        kann die Brücke fliessend die S-Kurve der Linienführung übernehmen,
Gleisbau, die Demontage der bestehenden Brücke und der Rückbau           womit sie sich selbstverständlich in die Umgebung einbettet. Dies
der bestehenden Widerlager erfolgen in der geplanten sechswöchigen       verdeutlicht den bautechnischen Fortschritt: Historische Brücken über
Totalsperre.                                                             ein Tal, ein Gewässer oder eine Verwerfung waren als Gerade und mit
                                                                         möglichst kleinen Spannweiten konzipiert. Die Einbettung und Lage
Die Baukosten exkl. MwSt. werden vom Projektverfasser auf 1.90 Mio.      eines Trassees im Gebirge sind geometrisch und ingenieurtechnisch
CHF geschätzt.                                                           anspruchsvoll, wozu Brücken als dienende Elemente unverzichtbar
                                                                         waren.
Würdigung
«MIRA» präsentiert sich als modern ausformulierte und funktionale        Das Projekt unterordnet sich der Linienführung der Bahn und unter-
Brücke mit einer gestalterisch sehr zurückhaltenden Erscheinung. Alle    stützt damit auch die Bedeutung des optimalen Betriebs und Fahr-
Bauteile der Brückenkonstruktion mit unten liegendem Tragwerk, der       komforts. Es integriert sich in selbstverständlicher Weise in den
Fahrbahn und den Widerlagern folgen einem einheitlichen Konzept          Gesamtkontext der eisenbahnhistorisch bedeutenden Bahnanlage.
und sind aufeinander abgestimmt gestaltet. Ein durchgehendes Band        Das bei Eisenbahnen seit jeher verfolgte Konzept, neue Anlagen in das
mit Granitplatten zeichnet zusammen mit dem gleich hohen Stahl-          System und die Umgebung zu integrieren, jedoch jeweils wieder nach
winkel an der Oberkante der Fahrbahn eine feine und durchgehende         den aktuellen bautechnischen und betrieblichen Erkenntnissen zu
horizontale Linie. Das Brückenbauwerk erscheint zudem optisch            bauen, gleichsam «state oft the art», wird mit «MIRA» auf zeitgenössi-
leicht, da sich der als Hohlkasten ausgebildete Träger im Schatten       sche Weise weitergeführt.

                                                                                                                                                  31
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Die zwei folgend rangierten Projekte

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2. Rang               «LIVERA»
                                                                                                                                  Projektverfasser
                                                                                                             Chitvanni + Wille GmbH, Chur; Gredig
                                                                                                          Walser Architekten AG, Bad Ragaz; Kohler
                                                                                                          Landschaftsarchitektur GmbH, Bad Ragaz

     Beurteilung des Preisgerichts

     Projektbeschrieb                                                          1.80 m angeordnet. Die oberen Flansche werden als Dienstwege
     «LIVERA» besteht aus einer Stahltrogbrücke mit einer Spannweite von       genutzt. Sie ragen aus statischen Gründen (klar definierte Anprallkan-
     ca. 33 m. Der Stahltrog hat eine Höhe von 1.50 m, was einer Schlankheit   te) in den Schottertrog. Die Flanschoberfläche wird mit einer rutsch-
     von 1/22 entspricht. Im Grundriss ist die Brücke gerade.                  festen Dickbeschichtung versehen. Die Oberflansche sind leicht gegen
                                                                               den Schottertrog geneigt, so dass kein Regen- oder Schmelzwasser
     In der Ansicht segmentieren die als Steifen bezeichneten vertikalen       stehen bleibt. Die unteren Flansche werden durch die weiter aussen-
     Bleche das Stegblech. Die Geländerpfosten sind im selben Abstand von      liegenden oberen Flansche grösstenteils vor der Witterung geschützt.

34
35
Die Vorgabe einer glatten Brückenuntersicht wird mit einem einge-            Die in Massivbauweise erstellten Widerlager und die daran anschlies-
     schweissten Blech zwischen den unteren Flanschen erfüllt. Der Schott-        senden Flügelmauern werden mit Natursteinen verkleidet. Die Lager-
     ertrogboden wird mit einem grösseren Längsgefälle von 1.63 % als die         bank wird im Grundriss von den Flügelmauer durch den vertikalen
     Gleisebene mit 1.05 % projektiert. Dadurch variieren die Schotter-           Abschluss und durch die nach Innen versetzte Flucht klar abgesetzt.
     trogstärke und die Höhe der Querrippen. Die Entwässerung des Schott-         Durch den monolithischen Bau der Widerlager mit den Flügelmauern
     ertrogs erfolgt über eine Sickerleitung, die in einen seitlich platzierten   wird ein massiver Endkörper geschaffen, der Reserven für die Ablei-
     Schlammsammler entwässert und von dort in den Vorfluter eingeleitet           tung der Horizontalkräfte beinhaltet. Die Flügelmauern werden
     wird.                                                                        analog den auf der Bahnstrecke vorhandenen Trockensteinmauern mit
                                                                                  Anzug ausgebildet.

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Die neuen Widerlager werden hinter den bestehenden Ufermauern             notwendige Mass). Allerdings wirkt die Annäherung der Brücke an ein
erstellt. Dafür ist ein lokaler Abbruch der Ufermauern mit einem          traditionelles Bild etwas zu gewollt und zu «angestrengt».
entsprechenden Wiederaufbau nach der Erstellung der Fundation
vorgesehen. Für die Brückenunterbauten sind rückverankerte Baugru-        Die Gesamterscheinung der Brücke wirkt mit unterschiedlichen
bensicherungen notwendig.                                                 Neigungen und vielen, rhythmisierenden Elementen formal etwas
                                                                          unruhig. Auch die Aussenrippen können nicht vollständig überzeugen,
Der Brückenüberbau wird auf Seite Brusio fest gelagert und auf der        zu kräftig erscheinen sie in der Ansicht mit ihrer tiefen Kassettenbil-
gegenüberliegenden Seite mit zwei in Längsrichtung verschieblichen        dung. Ausserdem erscheinen die einzelnen Brückenelemente wie
Lagern ausgestattet. Als Lager sind Stahlkonstruktionen vorgesehen.       Widerlager, Träger, Fahrbahnplatte, Geländer als einzelne, aufgeteilte
Das Gewicht der Brücke beträgt ca. 114 t. Unter Berücksichtigung          Bauteile. Das gestalterische Gesamtkonzept, das dem Prinzip der
verschiedener Aspekte (Gewicht, Abmessungen, Statik) resultieren          Addition von einzelnen Haupttragelementen zu einem zusammen-
sechs Bauteile für den Brückenüberbau, die im Werk komplett vorge-        hängenden Ganzen zugrunde zu liegen scheint, wirkt unzureichend
fertigt werden können. Diese Teile mit einem Gewicht von ca. 19 t         aufeinander abgestimmt und zu wenig ausgereift. Selbst die Widerla-
können auf die Baustelle transportiert und mit einem Mobilkran auf        ger mit der abgestuften Auflagerbank scheinen zu eigenständig und
Lehrgerüste eingehoben werden. Dort werden sie dann zusammenge-           letztlich wenig als Teil eines einheitlichen Gestaltungskonzepts.
schweisst. Für die beiden Lehrgerüste müssen zwei provisorische
Fundamente im Hochwasserbereich des Flussbettes erstellt werden.          Es fällt im Modell kaum auf, dass die Brücke innerhalb der geschwun-
Zur Ausführung der Stahlbauarbeiten ist ein Gerüst unter den neuen        genen Trasseeführung als gerade Konstruktion definiert ist. Die über
Brückenbauteilen notwendig, wofür gemäss der Analyse des Projekt-         die eigentliche Brücke – über die Widerlager hinaus – führenden
verfassers genügend Höhe vorhanden ist.                                   Geländer folgen der Biegung des Trassees und ergeben so eine Annä-
                                                                          herung der polygonalen Linie an die S-Form des Trassees. Gut sichtbar
Die Baukosten exkl. MwSt. werden vom Projektverfasser auf 1.56 Mio.       ist jedoch die geschwungene Gleisführung auf dem geraden Strecken-
CHF geschätzt. Die Bauzeit wird mit 7.5 Monaten angegeben.                abschnitt der Brücke und hinterlässt auf der schmalen Brücke – die
                                                                          schmalste der im Wettbewerb eingegebenen geraden Brücken – eine
Würdigung                                                                 gestalterisch, fahrspezifisch und optisch irritierende Unstimmigkeit.
«LIVERA» ist ein gestalterisch und konstruktiv schlüssiges Bauwerk. Das
durchdachte Gesamtkonzept beeindruckt und die historisierend
wirkende Ausformulierung des Stahlbaus verleiht dem Neubau eine
gewisse Selbstverständlichkeit. Das ausführlich beschriebene und
sorgfältig ausgeführte Projekt weist einen bautechnisch überzeugen-
den Stahlbauquerschnitt auf. Die unterschiedliche obere und untere
Breite ist sinnvoll und konsequent auf die gegebenen Rahmenbedin-
gungen abgestimmt (oben für Lichtraumprofil, unten auf das statisch

                                                                                                                                                    37
3. Rang              «Punt dal Meschin»
                                                                                                                                Projektverfasser
                                                                                                              Conzett Bronzini Partner AG, Chur;
                                                                                                         Cangemi Architekten, Chur; Müller Illien
                                                                                                           Landschaftsarchitekten GmbH, Zürich

     Beurteilung des Preisgerichts

     Projektbeschrieb                                                       Der zu den Widerlagern hin stark gevoutete Brückenträger weist in
     «Punt dal Meschin» besteht aus einem auf Bohrpfählen fundierten        Flussmitte eine Höhe von 0.80 m und bei den Widerlagern 1.90 m auf.
     Stahlbetonrahmen mit Randfeldern als Gegengewichte. Sie weist eine     Seine Unterkante ragt in einem kurzen Abschnitt im Bereich der
     Gesamtlänge von 71.0 m auf. Die Spannweite über dem Poschiavino        Ufermauern leicht ins Hochwasserprofil ein. Der in Längsrichtung
     beträgt 34.0 m. Die Länge der Randfelder beträgt 18.5 m und wurde so   teilweise vorgespannte Brückenträger besteht in der Hauptspannwei-
     gewählt, dass an den Brückenenden keine abhebenden Kräfte entste-      te aus einer 5.30 m breiten und 0.30 m dicken Fahrbahnplatte sowie
     hen. Die Brücke folgt in der Situation der S-förmigen Bahnlinie.       einer 2.0 m breiten zentralen Rippe. In den Randfeldern ist er auf der

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39
Unterseite mit einer zusätzlichen 3.0 m breiten und 0.40 m dicken      Randfelder auf dem glatt abgezogenen Magerbeton und zwei aufei-
     Platte abgeschlossen. Die Höhe des Brückenträgers in den Randfeldern   nander verlegten Kunststoffbahnen gelagert. Die integral ausgebilde-
     ist variabel. Das 3.20 m breite Schotterbett wird beidseitig mittels   te Brücke weist keine Lager und Fahrbahnübergänge auf. Die Entwäs-
     0.50 m hohen Brüstungen gehalten. Die Fahrbahnplatte ist beidseitig    serung erfolgt in Längsrichtung zum Widerlager auf der Seite Brusio.
     mittels Geländer abgeschlossen.                                        Dort wird das Wasser gefasst, in einen Schlammsammler gereinigt und
                                                                            zum Vorfluter geleitet.
     Die Widerlager sind jeweils auf sieben Bohrpfählen mit einem Durch-
     messer von 508 mm fundiert. Sie tragend die Lasten in den tieferen,    Die Brücke wird neben dem bestehenden Bahntrassee weitgehend
     tragfähigen Baugrund ab. Die Randfelder bzw. die Gegengewichte         ohne Behinderung des Bahnbetriebs gebaut. Nachdem die Bohrpfähle
     sind flach fundiert. Um die Reibung zu minimieren, werden die           erstellt sind, wird der Brückenträger in der Hauptspannweite mittels

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eines an obenliegenden Gerüstträgern aufgehängten Lehrgerüsts            Im Modell wird die Problematik anderweitig sichtbar: Die Brücke löst
gebaut. Dadurch sind während des Bauzustands keine Abstützungen          sich ingenieurtechnisch zwar gekonnt von der Topografie und fügt sich
im Flussbett notwendig. Nach Erhärten des Betons wird der Brücken-       geschmeidig und elegant in die Umgebung ein. Aber das Freie und
träger vorgespannt. Anschliessend werden die Randfelder erstellt,        Grosszügige, wie es die Verfasser in den Plänen aufgreifen, und das
wobei die Vorspannkabel in den Arbeitsfugen gekoppelt werden. Die        Erlebnis, das sie beschreiben, kommt im Modell nicht zur Geltung.
unterwasserseitige Konsolplatte Richtung Brusio befindet sich auf         Ausserdem erscheinen die Übergänge von Stahlbeton zu Ufermauern
einer Länge von ca. 5.0 m im bestehenden Bahntrassee und wird im         fraglich; es entstehen ungeklärte Zwischenräume. Die vertikalen
Rahmen der sechswöchigen Totalsperre fertig erstellt. Die Umlegung       Verformungen am Ende der Konsolen könnten zudem problematisch
des Bahntrassees, der Abbruch der bestehenden Brücke inklusive           sein.
seiner Widerlager sowie die Umgebungsarbeiten erfolgen ebenfalls in
der sechswöchigen Totalsperre.                                           Dieses Projekt wirft grundsätzliche, typologische Fragen auf, ob auf der
                                                                         Berninalinie eine Stahlbetonbrücke gebaut werden soll oder nicht. Die
Der Projektverfasser schätzt die Baukosten exkl. MwSt. auf 0.98 Mio.     Brücke mit ihren technischen und gestalterischen Qualitäten befindet
CHF.                                                                     sich mit der Materialisierung ausserhalb der Systematik im Strecken-
                                                                         abschnitt – und der grundsätzlich schlicht und minimalisiert gebauten
Würdigung                                                                Berninalinie. Der Vorschlag hat durchaus seinen Reiz, indem das neue
«Punt dal Meschin» ist eine sorgfältig gestaltete, schlanke und über-    Bauwerk punktuell als moderne Ergänzung, ja fast als punktuelles
zeugend schwungvoll in die Topografie eingebettete Brücke. Das            Kunstwerk und Antithese zur bestehenden Brücke gelesen werden
Projekt folgt elegant der Doppelkrümmung der vorgegebenen Linien-        kann. Diesen konzeptionellen Ansatz in Form einer leichten Stahlbe-
führung. Die Spannbetonbrücke mit einem 2.0 m breiten Querschnitt        tonbrücke erachtet das Preisgericht aber nach ausführlicher Diskussion
überzeugt bautechnisch, auch wenn – oder gerade weil – das Trag-         als fremd, aber für die Diskussion als wertvoll. In der Streckenbetrach-
werk für eine Eisenbahnbrücke optisch überraschend schmal ist. Die       tung erscheint der Ansatz als keine nachvollziehbare Lösung. Stahlbe-
leichtfüssig wirkende Formensprache erinnert an eine Fussgängerbrü-      ton scheint hier die unzutreffende Materialität.
cke. Darin erkennt das Preisgericht allerdings ein Problem der Ange-
messenheit: Das Brückentragwerk ist architektonisch schlank und          Hingegen lobt das Preisgericht den formalen Ansatz der doppeltge-
dynamisch, dennoch erscheint das Projekt im Kontext der Bernina-         krümmten Brücke, der materialspezifisch adäquat umgesetzt ist. Diese
bahn etwas fremdartig. Für die RhB ein solch filigranes Bauwerk zu        Ausführungsform wurde allgemein eingehend diskutiert, analysiert
bauen, erscheint aus der Geschichte der Bahn heraus weniger schlüs-      und bewertet. «Punt dal Meschin» war für diese Auseinandersetzung
sig. Das Projekt, dessen geschätzte Baukosten als eher zu tief empfun-   «Krümmung versus Gerade» und letztlich auch für die Entscheidungs-
den werden, wirkt im Kontext gleichsam als «zu edel».                    findung im Wettbewerb ein äusserst wertvolles, relevantes und
                                                                         geradezu notwendiges Projekt.

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