Status-Seminar: Bär, Wolf & Luchs Tagungsband - und 5. November 2006 Göttingen

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Status-Seminar: Bär, Wolf & Luchs Tagungsband - und 5. November 2006 Göttingen
Status-Seminar:
        Bär, Wolf & Luchs

              Tagungsband

                4. und 5. November 2006

                       Göttingen

                     Schirmherrschaft:
          Bundesumweltminister Sigmar Gabriel
                         &
                Gerold Wucherpfennig
(Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten in Thüringen)
Status-Seminar: Bär, Wolf & Luchs Tagungsband - und 5. November 2006 Göttingen
© Oliver Goetzl und Ivo Nörenberg (GULO FILM PRODUCTIONS)

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Status-Seminar: Bär, Wolf & Luchs Tagungsband - und 5. November 2006 Göttingen
Inhalt

Vorwort (Rüdiger Schmiedel [STIFTUNG für BÄREN]) …………………………………... 4
Vorwort (Prof. Dr. Wolfgang Rohe [HAWK]) ……………………………………………… 5
Grußwort des Bundesumweltministers Sigmar Gabriel ……………………….…………..… 7
Grußwort von Herrn Gerold Wucherpfennig (Minister für Bundes- und Europaangelegen-
heiten in Thüringen) ………………………………………………………………………..… 9
Mark Rissi (Präsident der STIFTUNG für BÄREN) ……………………………………….. 12
Dr. Andreas Zedrosser (Department of Ecology and Natural Resource Management,
              Norwegian University of Life Sciences & Institut für Wildbiologie der
              Universität für Bodenkultur Wien)
             „Brown bears in Scandinavia – their ecology and management”…...……… 16
             mit deutscher Zusammenfassung:
             „Biologie und Management der Braunbären in Skandinavien“ .…………… 21
Dr. Peter Blanché (Gesellschaft zum Schutz der Wölfe e.V.)
              „Wölfe in Deutschland“ ….………………………………………………….. 24
Dipl. Ing. Ole Anders (Nationalpark Harz)
               „Harzer Luchse“ ………….…………………………………………………. 28
Dr. Mathias Herrmann (OEKO-LOG field research)
             „Wildtierkorridore“ …………………………………………………………. 36
Dr. Felix Knauer und Petra Kaczensky (Forstzoologisches Institut der Albert-Ludwigs-
              Universität Freiburg i. Br.)
              „Grundlagen für das Zusammenleben von Mensch und Bär in den Alpen“… 46
Forstoberrat a.D. Ulrich Wotschikowsky (Verein für Arten-, Umwelt- und Naturschutz e.V.)
               „Wölfe und Jagd in Sachsen“ ………………………………………………. 49
Joanna Schönenberger (WWF Schweiz)
             „Bären der Schweiz“ ………………………………………………………... 55
Michaela Skuban (Carpathian Wildlife Society)
             „Bären der Slowakei“ ………………………………………………………. 58
Udo Gansloßer (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)
            „Carnivorengilden- ihre Bedeutung bei der Rückkehr der Großcarnivoren“. 59
Uwe Lagemann (Alternativer Bärenpark® Worbis)
           „Der Alternative Bärenpark® Worbis“ …………………………………….. 63
Resolution ………………………………………………………………………………...… 68

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Status-Seminar: Bär, Wolf & Luchs Tagungsband - und 5. November 2006 Göttingen
© Oliver Goetzl und Ivo Nörenberg (GULO FILM PRODUCTIONS)

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Status-Seminar: Bär, Wolf & Luchs Tagungsband - und 5. November 2006 Göttingen
Vorwort

Liebe Leser,

das zweite Worbiser Bärenforum stand unter dem Zeichen eines bewegten Wildtierjahres in
Deutschland.

Von der „Schutzgemeinschaft Deutsches Wild“ wurde der Braunbär bereits im Jahr 2005 zum
Tier des Jahres gekürt. Leider war wenig Resonanz in den Medien zu spüren. In vielen
Köpfen der Menschen der modernen westlichen Welt ist der Bär entweder weit weg oder ein
„Schauobjekt“ in Einrichtungen, die wenig Platz für das Tier und selten den Lebensraum
eines Bären in freier Wildbahn nachempfinden lassen. Viele Nachbarländer praktizieren ein
gutes Wildtiermanagement. Deutschland hatte keinen Managementplan und war demnach
nicht auf Wildtiere vorbereitet. Vorherrschende deutsche Meinung ist: Der Bär ist in
Deutschland ausgestorben. Falsch: Er wurde ausgerottet.

Als ich im November 2005 im Mitteldeutschen Rundfunk die Heimkehr der Bären über den
Alpenraum prophezeit habe, wurde ich nur belächelt. So, wie viele Wildtierspezialisten auch.
Und dann wurde das Jahr 2006 zum Jahr des Bären: Bruno kam und eroberte plötzlich die
Herzen von Millionen Deutschen und wurde so zum sympathischen Konkurrenten des Mas-
kottchens der Fußball-Weltmeisterschaft 2006.

Doch bald waren Behörden und die Medienwelt Deutschlands ob seiner wiederholten Wan-
derungen in Siedlungsnähe aufgeschreckt und eine Hatz auf Bruno begann. Nach einer an-
fänglich herzlichen Begrüßung durch den Umweltminister Bayerns konnte man nun nicht
mehr ernsthaft glauben, dass Bären in Deutschland willkommen sind. Nachdem die befohlene
Jagd auf Bruno erfolglos blieb, wurde der Abschuss beschlossen. Dabei wären Vergrä-
mungsmaßnahmen bei diesem noch sehr jungen Bären sehr wirkungsvoll gewesen. Videoauf-
nahmen zeigen eindeutig, wie nahe man dem Bären kommen konnte. Doch Vergrämungs-
maßnahmen waren wohl nie ernsthaft geplant. Die Kooperation mit den erfahrenen Nachbar-
ländern war unzureichend.

Die Wölfe erobern schon seit Jahrzehnten langsam ihren ursprünglichen Lebensraum zurück.
Sie waren clever und fanden die Lücke. Nun gilt es, diese Rückkehr zu sichern und den Men-
schen klar zu machen, dass im Alltag mehr Gefahren lauern, als diese von einem Wolfsrudel
ausgehen. Wir werden auch damit leben müssen, dass in der Nähe von Wohnansiedlungen
diese Beutegreifer Nahrung suchen und Konflikte auslösen.

Deutschland ist kein armes Land und so gesehen, ist die Existenz von Familien oder Berufs-
gruppen durch mögliche Konflikte mit Wölfen nicht gefährdet.

Wie kann man ökologische Ressourcen schaffen, ohne den Luchs als einen Prädator in un-
seren Wälder anzusehen?

Fasst man zusammen, so sind Bär, Wolf und Luchs unbedingte Eckpfeiler für einen intakten
ökologischen Lebensraum. Es wird Zeit, dass wir alles dafür tun, uns den Tieren anzupassen.
Menschen haben es leichter als Wildtiere, das Verhalten zu verändern. Der Mensch hat eine
Heimat, die Wildtiere müssen sich ihre Heimat wieder erobern.

Das Seminar soll dazu beitragen, einen europaweiten Managementplan für große Beutegreifer

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anzuregen und eine internationale Kooperation aufbauen, damit die Vernetzung der Habitate
in Europa Länder übergreifend möglich ist.

Wir danken allen Förderern für die Unterstützung dieses Seminars, ganz besonders der Euro-
päischen Tierschutzstiftung in der Schweiz, der Volksbank Eichsfeld e.G. und der Steuerbe-
ratungsgesellschaft Kersting & Pickard und den vielen Einzelförderern.

Rüdiger Schmiedel
Geschäftsführer
Stiftung für Bären

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Status-Seminar: Bär, Wolf & Luchs Tagungsband - und 5. November 2006 Göttingen
Vorwort
Liebe Leser,
Bär, Wolf und Luchs waren einmal selbstverständlicher Bestandteil unserer Tierwelt. Als
Top-Prädatoren spielten sie eine wichtige Rolle in heimischen Ökosystemen. Sie lebten Jahr-
tausende mit den mitteleuropäischen Menschen zusammen. Keine Tierart wurde durch die
großen Raubtiere ausgerottet. Die intensive anthropogene Überformung der Landschaft und
die gezielte Jagd auf das Raubtiertrio führten zu ihrem Aussterben. Seitdem probieren Jäger
den zentralen Regulierungsmechanismus der Großraubtiere zu ersetzen.
Mit der Rückkehr der großen Beutegreifer ergibt sich wieder die Chance einer natürlichen
Entwicklung der heimischen Wildtierbestände. Insofern begrüßen Jäger mit ökologischem
Sachverstand die Wiederkehr der heimischen Großräuber. Der Pflegeaufwand für die Wildbe-
stände wird verringert. Kein Mensch kann besser die Beutepopulationen in einem gesunden
Zustand halten.
Für die Bevölkerung ergeben sich kaum direkte Beobachtungsmöglichkeiten. Lebensspuren
werden dagegen wieder erfahrbar. Dies kann positiv als Trittsiegel oder als nächtliches
Wolfsgeheul auftreten. Darauf freue ich mich! Allerdings sind auch negative Auswirkungen
auf Flächennutzungen zu erwarten. Weidetier- und Bienenhaltung müssen ihre gewohnte
Form ändern. Dazu gibt es erfolgreiche Beispiele aus dem europäischen Ausland. Länder mit
durchgehend traditionellen Bär- und Wolfsvorkommen können hier als Vorbilder dienen.
Diese Problematik ist mit einem professionellen Wildtiermanagement (siehe Resolution im
Anhang) lösbar. Ein finanzieller Ausgleich der Schäden gehört dazu.
Wesentlich umfangreicher ist die Aufgabenstellung Öffentlichkeitsarbeit. Die Bewusstsein-
bildung müsste früh einsetzen und kontinuierlich gefördert werden. Die Bürger benötigen
wieder Wildtierkenntnisse. Dieses Wissen kann sehr lebendig z.B. im Bärenpark Worbis ver-
mittelt werden. Aber auch die Wissenschaft und die anerkannten Verbände haben ihren Bei-
trag zu leisten. Seminare, Tagungsbände aber auch persönliche Aktivitäten sind erforderlich.
Wir benötigen ein europäisches Leitbild für die Zukunft mit unseren Heimkehrern. Wandern-
den Tierarten werden nur länderübergreifende Zielkonzepte in Politik und Verwaltung ge-
recht. Lassen Sie uns gemeinsam den Weg für unsere Großraubtiere in der Bevölkerung
schaffen!

Prof. Dr. Wolfgang Rohe
HAWK
Göttingen

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Status-Seminar: Bär, Wolf & Luchs Tagungsband - und 5. November 2006 Göttingen
© Oliver Goetzl und Ivo Nörenberg (GULO FILM PRODUCTIONS)

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Status-Seminar: Bär, Wolf & Luchs Tagungsband - und 5. November 2006 Göttingen
Grußwort
                      des Bundesumweltministers Sigmar Gabriel
                     zur Übernahme der Schirmherrschaft über das
                          Status-Seminar „Bär, Wolf & Luchs“
                              der STIFTUNG für BÄREN
                         vom 4. - 5. November 2006 in Göttingen

Sehr geehrte Damen und Herren,

Bär, Wolf und Luchs sind in Deutschland willkommen. Die Rückkehr dieser großen
Raubtiere in ihre natürlichen Lebensräume zeigt, dass sich die Rahmenbedingungen in
Deutschland positiv entwickelt haben und wir den in Europa und weltweit beklagten
Rückgang von Arten nicht nur als Einbahnstraße begreifen müssen. Am Beispiel von Bär,
Wolf und Luchs können wir beweisen, dass das gewünschte Miteinander von Natur und
Mensch keine Leerformel bleibt.
Bären, Wölfe und Luchse sind einst aus Deutschland verschwunden, weil sie verfolgt und ihre
Lebensräume zerstört wurden. Es wäre fatal, wenn die Tiere bei ihrer Rückkehr nach
Deutschland nun mit den gleichen Vorurteilen konfrontiert würden, die einst zu ihrer
Ausrottung führten. Ich trete dafür ein, dass die Lebensräume auch für große Säugetiere in
Deutschland erhalten und ggf. wieder geschaffen werden.
In Einzelfällen können allerdings gegen besonders aggressive Tiere auch Abwehrmaßnahmen
wie Vergrämung, ggf. auch der Fang einzelner Exemplare und als ultima ratio der Abschuss
erforderlich werden. Dies sollte jedoch wirklich die absolute Ausnahme sein. Was das
Schicksal des nach Bayern zugewanderten Braunbären betrifft, war eine Grenzsituation
eingetreten, die eine schwierige Abwägung zwischen Naturschutz und Sicherheit für die
Bevölkerung notwendig gemacht hat und die sich in der notwendigen Konsequenz keiner so
gewünscht hat.
Die Umsetzung des Artenschutzes ist Angelegenheit der Länder. Die Aktivitäten und
Aktionsradien dieser Tiere machen jedoch ein Engagement des Bundes ebenso erforderlich
wie anspruchsvolle nationale und internationale Bemühungen zum Schutz dieser Tiere.
Schließlich sind Bär, Wolf und Luchs so außergewöhnliche Flaggschiffe für den Naturschutz
in Deutschland, dass sich der Bund mit in der Pflicht sieht, die mit der Rückkehr dieser Tiere
verbundenen Herausforderungen koordinierend zu begleiten.
Zunächst müssen die Ansprüche der Tiere an ihre Lebensräume weiter erforscht werden. Es
gilt noch besser zu verstehen, was für die Tiere lebensnotwendig ist und warum. Auch müssen
wir unsere eigenen Ansichten und Verhaltensweisen überprüfen und versuchen, mit unseren
Aktivitäten so umzugehen, dass sie für Bär, Wolf und Luchs nicht den Charakter eines
Platzverweises haben. Wir müssen von Seiten des Naturschutzes bei den Betroffenen,
insbesondere bei den Tierhaltern, Jägern und Forstleuten, bei den Behörden und bei der
Bevölkerung erläutern und demonstrieren, dass große Raubtiere heute in Deutschland etwas
Positives und Einzigartiges sind, ihre Anwesenheit eine Chance bedeutet und niemand
dadurch unzumutbare Nachteile erleidet. Wirtschaftliche Schäden müssen gegebenenfalls
schnell ausgeglichen werden. Aufklärung ist das Gebot der Stunde. Das Wolfsmanagement in
Sachsen halte ich für ein herausragend positives Beispiel.
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Status-Seminar: Bär, Wolf & Luchs Tagungsband - und 5. November 2006 Göttingen
Deutschland engagiert sich bei der internationalen Zusammenarbeit. Es wäre den Tieren
wenig geholfen, wenn administrative Grenzen für ihr Management bestimmend wären. Daher
unterstütze ich die Europäische Kommission bei ihren Bemühungen, Leitfäden auch für den
Umgang mit großen Fleischfressern, wie Bär, Wolf und Luchs zu entwickeln. Für Bären hat
sich bereits eine Kooperation im Alpenraum etabliert an der das Bundesumweltministerium
aktiv beteiligt ist und die ein abgestimmtes Vorgehen zum Schutze der Bären als Ziel hat.
Gerne habe ich die Schirmherrschaft über das Status Seminar „Bär, Wolf & Luchs“
übernommen, denn ich bin davon überzeugt, dass auch dieses Seminar zu einer besseren
Information und zu einer weiteren Aufklärung beitragen kann.
In diesem Sinne wünsche ich allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern schon an dieser Stelle
fruchtbare Diskussionen und bereichernde Kontakte sowie einen informativen Besuch im
Alternativen Bärenpark Worbis.

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Grußwort
 Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei Gerold
                                 Wucherpfennig
                     zum Status-Seminar „Bär, Wolf & Luchs“
                      Sonnabend, 4. November 2006, 9.00 Uhr,
           Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst, Göttingen

Herr Prof. Rohe (HAWK), Vertreter der Stiftung für Bären, Vertreter des alternativen
Bärenparkes Worbis, werte Seminarteilnehmer, liebe Gäste,
herzlichen Gruß allen Teilnehmern des 2. Worbiser Bärenforums, das erfreulicherweise hier
in den Räumen der Göttinger Hochschule für Angewandte Wissenschaften und Kunst
stattfindet.
Zunächst möchte ich bemerken, dass ich bei Tierfreunden gern zu Gast bin. Dieses dürfte
allerdings auch aus meiner Biografie ersichtlich sein. Und deshalb habe ich auch gern
gemeinsam mit Bundesumweltminister Gabriel die Schirmherrschaft über Ihre wichtige
Beratung übernommen.
Vor fünf Jahren fand das 1. Worbiser Forum statt. Damals ging es um die verhaltensgerechte
Haltung von Bären in Gefangenschaft - das Spezialgebiet des Bärenparks in Worbis. Heute
nun wollen Sie sich mit einem erheblich weiter gefassten Thema beschäftigen. Es geht nicht
mehr nur um Bären, sondern auch um andere Wildtiere wie Wölfe und Luchse und es geht –
das ist ein wichtiger qualitativer Unterschied – um Tiere, die in Freiheit leben. Als Thüringer
Minister für vielerlei Angelegenheiten werden Sie es mir nachsehen, dass ich auch auf die
Wildkatzen hinweise, die wir z.B. in Nationalpark Hainich hegen und pflegen. Wildkatzen
gibt es jedoch zugegebenermaßen nicht nur im Hainich, sondern werden auch regelmäßig im
Eichsfeld, meiner Heimat, gesichtet.
Wie mir glaubhaft versichert wurde, soll aber ein Löwe, unser Thüringer Wappentier, noch
nicht gesichtet worden sein. Das „Niedersachsenpferd“ als Hannoveraner demgegenüber
allerorts. Aber Spaß beiseite: dass Sie Ihre Beratung international ausgerichtet haben, ist sehr
zu begrüßen, denn die Wildtiere, die in die Reviere ihrer einst vertriebenen oder ausgerotteten
Artgenossen einwandern, fragen keine „Einwanderungsbehörde“. Sie kennen keine Grenzen.
Wir alle hier wissen: die genannten Wildtiere gewinnen ihre ehemaligen Habitate weitgehend
eigenständig zurück – ohne direkte Ansiedlung. Dies ist für viele Mitbürger sehr erfreulich,
ist es doch auch ein Beleg dafür, dass trotz der allgemeinen Umweltproblematik auch Erfolge
erzielt werden können. Dies liegt daran, dass wir durch nachhaltige Landschaftsplanung und
Landschaftspflege die ursprünglichen Lebensräume renaturieren, aber auch an der
Anpassungsfähigkeit unserer vom Aussterben bedrohten Arten.
Erfreulicherweise steigt auch die Akzeptanz für diese Wildtiere in der Bevölkerung. Eine an
und für sich sehr positive Entwicklung. Ich bin überzeugt, dass eine Mehrheit in der
Bevölkerung heute Wildtiere in ihrer Umgebung als Indikator für die hohe Qualität ihrer
Umwelt zu schätzen weiß. Dennoch sind bei vielen Mitbürgern, nicht nur bei Jägern,
Forstleuten und Landwirten, noch viele tradierte Vorurteile anzutreffen. Die märchenhafte
Angst vor dem Wolf und die früher verbreitete Hysterie helfen jedoch nicht weiter.
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Sie auszuräumen, bedarf es intensiver Aufklärung und Information. Aber, natürlich ist nicht
zu leugnen, dass es zu Konflikten zwischen Mensch und Tier, zwischen ökonomischen und
ökologischen Interessen, kommen kann. In solchen Fällen müssen ausgewogene Maßnahmen
zum Schutz der Menschen vor den Tieren und der Tiere vor dem Menschen greifen. Ein
Vorschlag der Experten auf diesem Gebiet geht dahin, dazu ein Wildtier-Management zu
etablieren. Es könnte u.a. helfen, Anordnungen und Entscheidungen einzelner Staaten oder
Länder abzustimmen und zu koordinieren oder gemeinsam vorausschauend Pläne für ein
mögliches Auftreten von Raubtieren in bestimmten Regionen zu erarbeiten. Vermutlich wird
das Für und Wider eines solchen Wildtier-Managements bei den Vorträgen und Diskussionen
heute und morgen eine wichtige Rolle spielen.
Als Bär Bruno im Mai 2006 in Süddeutschland plötzlich auftauchte (nach 170 Jahren der erste
Artgenosse) sorgte er nicht nur tagelang für Schlagzeilen, sondern wurde anscheinend auch
um nationalen Problem. Man jagte den ersten Heimkehrer-Bären und gab ihn schließlich nach
37 Tagen zum Abschuss frei – was viele Tierschützer entsetzte und für Ihre „Stiftung für
Bären“ Anlass war, den 26. Juni zum „Bären-Gedenktag“ auszurufen.
Für Furore sorgte auch im Jahre 2004 ein aus einem Gehege in Sachsen entlaufener Wolf, von
dem man lange Zeit vermutete, es sei ein eingewandertes Tier.
Für das sehr unrühmliche Ende des Bären sind gewiss nicht nur seine „Besuche“ in
Hühnerställen oder bei einer Schafherde verantwortlich. Viel schwerer dürfte der Umstand
wiegen, dass es keine Aufklärung der Bevölkerung im Vorfeld gab (und gibt) und dass es an
einem Wildtier-Management fehlt. Die Deutschen waren ganz einfach nicht auf ein solch
natürliches Ereignis vorbereitet. Folglich gab es auch keine Prävention, d. h. keine
Maßnahmen zur Wiedereingliederung dieser Tiere. Dabei hilft, wie wir z.B. vom Bärenpark
Worbis wissen, schon allein ein kleiner intakter Stromzaun, allzu großen Tatendrang von
Wildtieren zu bremsen. Man sollte dies bei der nächsten Gelegenheit - und die kommt
garantiert – besser machen. Die Wölfe in Sachsen, irgendwann auch bei uns im Dreiländereck
Hessen, Niedersachsen Thüringen oder die Wildkatzen in Thüringen oder die Luchse im Harz
werden sich darüber freuen.
Bär Bruno, der den nach Deutschland wieder eingewanderten Wölfen oder Luchsen folgte –
war für viele Tierfreunde offizieller Anlass, ein internationales Wildtier-Management zu
fordern. Ich schließe mich dieser Aufforderung gern an und werde mich an geeigneter Stelle
in Berlin und Brüssel dafür verwenden. Wir brauchen, da stimmen wir gewiss überein, aber
nicht nur für Deutschland, sondern für Europa ein gemeinsames Wildtier-Management – weil
Tiere halt keine Grenzen kennen und ihnen unabhängig von Grenzen der gleiche Schutz
zukommen sollte.
Der Tagung hier in Niedersachen sowie der Exkursion ins Eichsfeld in unseren Worbiser
Bärenpark, der die höchsten Besucherzahlen aller Sehenswürdigkeiten im Eichsfeld aufweist,
wünsche ich ein gutes Gelingen. Den Initiatoren des Kolloquiums sowie dem Partner, der
Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst, gilt mein Dank und meine
Anerkennung für diese vermutlich einzigartige und überaus interessante Tagung, die eine
neue Etappe erfolgreicher Naturschutz- und insbesondere Tierschutzarbeit eröffnet.

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Mark Rissi
(Präsident der STIFTUNG FÜR BÄREN)

Guten Morgen meine Damen und Herren,

ich darf Sie im Namen der STIFTUNG FÜR BÄREN herzlich willkommen heißen. Ich bin
sicher, dass Sie zwei anregende Tage verbringen werden. Die STIFTUNG FÜR BÄREN führt
seit 10 Jahren in benachbarten Worbis die erste Bärenauffangstation Deutschlands. Sie sind
morgen alle herzlich dazu eingeladen, die Anlage mit den zwölf Bären und dem Wolfsrudel
zu besichtigen.

Es ist dies nun bereits das zweite Kolloquium, das wir
initiiert haben. Das erste - es fand vor vier Jahren in
Worbis statt - hatte zum Thema die „Verhaltensge-
rechte Bärenhaltung“.
Sie können bei Interesse den Tagungsband mit den
Referaten bei uns bestellen. Herausgegeben wurde der
Tagungsband von Herrn Privatdozent Dr. Udo Ganß-
losser. Es gelang uns, eine ganze Reihe international
renommierter Bärenspezialisten und Ethologen ins
Eichsfeld, nach Thüringen, zu lotsen. Unter anderem
Professor emeritus Ewald Isenbügel, den Tierarzt des
Züricher Zoos. Er stand sprachlos vor der Freianlage
und meinte, er hätte nicht erwartet, dass er mit 65
Jahren –kurz vor seiner Pensionierung- noch um-
denken müsste. Er war tief beeindruckt, dass es uns
gelungen ist, viele verhaltensgeschädigte Bären im
gleichen Areal zu halten, ohne dass es ernsthaften Zoff gibt. Zum Enrichment-Programm trägt
sicher wesentlich bei, dass die Bären in Worbis ihr Futter und Territorium gegenüber einem
Wolfsrudel verteidigen müssen.

Die Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, das Bewusstsein für den Missbrauch an Bären zu
fördern.

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Dies tun wird unter anderem eben mit dem Alternativen Bärenpark Worbis. Dort haben wir
ein europäisches Bäreninformationszentrum errichtet. Nebst der Betreuung der geretteten
Bären, die als Botschafter auf die Schicksale ihrer missbrauchten Artgenossen aufmerksam
machen, haben wir auch einen didaktisch angelegten Informationspfad errichtet.

In Planung haben wir eine weitere ähnliche Anlage im Schwarzwald.

Angefangen hat unser Engagement für geschundene, missbrauchte Bären eigentlich schon
                         viel früher. Zum Beispiel bei der Konfiszierung von Tanzbären
                         in Griechenland und der Türkei in den 80-er Jahren.

                            Die Haltung von Tanzbären war damals in diesen Ländern be-
                            reits verboten. Doch die Polizei musste die Halter und ihre Bä-
                            ren immer wieder laufen lassen, weil keine bedürfnisgerechte
                            Auffangstation bestand. Dies bewog die Welttierschutzgesell-
                            schaft - und ich bin da seit vielen Jahren im Vorstand - in meh-
                            reren Ländern große Auffangstationen zu bauen. Am 17. No-
                            vember, also in zwei Wochen, wird die nächste große Anlage,
                            diesmal in Rumänien, in Sichtweite des berühmt-berüchtigten
                            Count Dracula Schlosses eröffnet. Die Mitarbeiter aus Rumä-
                            nien haben in diesem Sommer eine Woche in Worbis verbracht,
                            um aus unseren Erfahrungen zu lernen.

In Deutschland und in vielen Ländern ist das
Vorführen von Tanzbären mittlerweile ver-
boten. Doch die Durchsetzung der Gesetze ist
in einigen Ländern noch sehr schwierig. So-
lange sich Touristen in Osteuropa mit Tanz-
bären fotografieren lassen, Geld aus Mitleid,
aber auch aus Begeisterung zahlen, wird es
Tanzbären geben. Tanzbären haben eine lange
traurige Tradition. Aus Indien und der Türkei
kommend, verbreiteten sich die Vorführungen

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über weite Teile Europas.

                In der Regel töten Bärenfänger Bärinnen in der Natur, um an die Jungen zu
                kommen. Bei der „Ausbildung“ der Tanzbären geht es nicht ohne
                gewaltsame Methoden, denn nicht Lust und Talent bringen die Bären zum
                Tanzen, sondern Schmerz und Angst. Dem Bären wird ein Loch durch die
                Oberlippe oder die Nase gestochen, um daran eine Kette zu befestigen, oder
                es wird ihnen der Gaumenknochen durchbohrt um daran eine Schlinge zu
                befestigen. Nur so bekommen die Bärenhalter das Tier unter Kontrolle.

Um dem Bären das so genannte Tanzen beizubringen, wird er auf heiße Eisenplatten oder
glühende Kohlen gestellt oder an der Nasenkette hochgezogen. Um dem Schmerz zu
entgehen, hebt er abwechselnd die Tatzen. Während dieser Prozedur wird Musik gespielt. So
bringt das Tier die Töne mit den Schmerzen in Verbindung. Später reicht die Musik, um dem
Bären Angst zu machen. Er hebt sicherheitshalber die Tatzen und „tanzt“ für die Touristen.
Nach den Auftritten eines Tages ist die Qual nicht zu Ende. Mit der Kette am Baum oder
Mauer angebunden, erwartet er den nächsten schrecklichen Arbeitstag. Die Ernährung ist
einseitig und schlecht.

Doch es gab und
gibt nach wie vor
auch noch an-
dere, vielleicht
noch brutalere
Missbräuche mit
Bären. In Pa-
kistan entdeckte
und dokumen-
tierte ich anfangs
der 90er Jahre
einen seltsamen
Sport, den ur-
sprünglich     die
britischen Kolo-
nialherren einge-
führt hatten: Die
Schaukämpfe
zwischen einem
angebundenen Bären und zwei Bullterriern.

                                                   Bis zu 7000 Männer und Jugendliche
                                                   ergötzten sich bei solch einer Veran-
                                                   staltung. Für den Kampf wird der Bär
                                                   an seiner empfindlichen Nase mitten in
                                                   der Arena angepflockt. Krallen und
                                                   Zähne wurden ihm als Jungtier ent-
                                                   fernt. Gelingt es den abgerichteten
                                                   Hunden, sich in die Schnauze des Bä-
                                                   ren zu verbeißen und werfen sie ihn in-
                                                   nerhalb von zwei Minuten auf den
                                                   Rücken, haben die Hundehalter, in der

                                                                                       14
Regel reiche Großgrundbesitzer, gewonnen. Drückt der Bär die Hunde zu Boden – er kann
nur seine Körpermasse zum Einsatz bringen -, wird dem Bärenhüter der Sieg zugesprochen.
Ein Kampfbär bleibt ein Kampfbär bis zu seinem Tod. Eine vorzeitige Begnadigung, für
mehrere Siege vielleicht, gibt es nicht. Diese Schaukämpfe werden dank der internationalen
Proteste heute geahndet und werden nur noch sporadisch abgehalten.

Dann gibt es noch die über 7000 Bären, die als lebende Zapfsäulen in den Bärenfarmen für
                          die Gewinnung von Bärengalle in engen Käfigen gehalten werden.
                          Bärengalle wird in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM)
                          seit 6000 Jahren eingesetzt. Vor 3000 Jahren begann man, Kra-
                          genbären zu jagen und zu töten, um aus Bärengalle Arznei herzu-
                          stellen. Seit den 70-er Jahren gibt es Bärenfarmen, in denen Bären
                          in körperkleine Käfige, ähnlich wie Särge, gepfercht sind. Per
Katheder, der implantiert ist, wird den Bären täglich Gallensaft abgezapft, der gegen viele
Leiden, von Karies bis Leberzirrhose, verschrieben wird. Der Wirkstoff ist die Ursodeoxy-
colische Säure, die übrigens auch synthetisch hergestellt werden kann. Das fanden Wissen-
schaftler bereits 1955 heraus. Durch Mangel an Bewegung und fehlendem Gallensaft leiden
die Tiere an Schmerzen und Verdauungsstörungen, haben deformierte Skelette und Muskel-
                           schwund. Es ist nicht ungewöhnlich, dass diesen Tieren auch die
                           Tatzen abgeschlagen werden, die den Gewinn noch erhöhen, denn
                           Tatzen gelten als Delikatesse. Außer im asiatischen Raum sind
                           vergleichbare Haltungen nicht bekannt. Da immer noch ein recht
                           hoher Bedarf an Bärengalle besteht und der Markt durch Bären-
                           farmen nicht gesättigt wird, haben Wilderer hier eine Marktlücke
entdeckt. Auch in Amerika und Russland werden Bären geschossen, um die Gallenblasen Ge-
winn bringend zu verkaufen. Bärenfarmen gibt es
in China, Korea und Vietnam. Auch da sind wir
an der internationalen Kampagne beteiligt, damit
auf China vor der Olympiade Druck gemacht
wird. In Vietnam ist es gelungen, die Regierung
auf eine umfassende Chip-Registrierung der in
Gefangenschaft gehaltenen Bären festzulegen. Es
sollen keine neuen Bären mehr für die Gallepro-
duktion verwendet werden. Dies bedeutet einen
eigentlichen Durchbruch.

In Nordamerika und in Russland dürfen Touristen einen Jagdurlaub buchen. Die Jäger
                                         kommen auch aus Deutschland! Und aus der
                                         Schweiz. Die Schweizer sind da keinen Deut bes-
                                         ser. Jagderfolg wird garantiert und bringt eine
                                         Menge Geld für den „Veranstalterstaat“. In
                                         Kanada liegen z. B. die Staatseinkünfte durch die
                                         Jagd bei mehr als 100 Millionen Dollar. In Nord-
                                         amerika setzen Jagdorganisationen teilweise Flug-
                                         zeuge ein, um die Standorte der starken Bären aus-
                                         zukundschaften, denn nur ein starker Bär ist ein
                                         guter Trophäenbär. Diese Jagdmethode verändert
                                         jedoch die Population. Die Starken sterben aus, die
Schwachen und Kranken pflanzen sich fort. Wie viele Bären zum Abschuss freigegeben sind,
legt eine Behörde anhand von geschätzten Bärenzahlen fest.

                                                                                         15
Dabei ist es in den Wildgebieten bis heute nicht möglich, die Zahlen nur annähernd genau zu
erfassen. Ergebnisse von Bärenforschern unterscheiden sich bis zu 100 Prozent. In Osteuropa
wiederum werden die Bären für die Jagd regelrecht gemästet – mit Tierkadavern, Mais und
sogar mit Hausmüll. Die Tiere gewöhnen sich an die Gerüche und verursachen dann durchaus
Schäden in den Siedlungen. Den Jägern müsste der Frohsinn über den Jagderfolg eigentlich
vergehen angesichts der Tatsache, dass Bären vielfach gefährdet sind: durch Zerstörung des
Lebensraums, durch Wilderei, unzureichende Müllbeseitigung, Unfälle mit Fahrzeugen und
nicht zuletzt durch die Trophäenjagd selbst. Dem Jagdtouristen wird es egal sein, sobald er
seine Trophäe im Wohnzimmer aufgestellt hat und sich als Held feiern lässt. Dass Geldhaie
seine Jagd und seinen Erfolg vorbereitet haben, verschweigt er.

Deutsche haben nun im Frühling dieses Jahres auch in Deutschland Jagd gemacht auf einen
Bären. Deutschland hat noch kein Bärenkonzept. Wir werden ja heute und morgen noch
Gelegenheit haben, zu erfahren, wie andere Länder mit den einwandernden Beutegreifern
umgehen. Ich wünsche Ihnen im Namen der STIFTUNG FÜR BÄREN ein lehrreiches,
spannendes Wochenende.

          So hat uns „Bruno“ bewegt !
                                                                 Rosenheim
                                      Bad Tölz

                                       15.6.         24.6.

                   16.6..                                            23.6.
                                                 18.6.
                                                         25.6.               Kufstein
        Garmisch                      14.6.                  21.6.

                             13.6..
           Mai
                                                  20.6.

                                       11.6..
                 Innsbruck
   www.baer.de

                                                                                        16
Dr. Andreas Zedrosser: Brown bears in Scandinavia – their ecology and management

Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft
Universität für Bodenkultur Wien
Gregor-Mendel Str. 33
1180 Wien, Österreich
und
Institute for Ecology
Norwegian University of Life Sciences
Pb. 5003
1432 Ås, Norway

Department of Integrative Biology, Institute of Wildlife Biology and Game Management,
University of Natural Resources and Applied Life Sciences, Vienna, Gregor Mendel Str. 33,
A - 1180 Vienna, Austria;
Department for Ecology and Natural Resource Management, Norwegian University of Life
Sciences, PO Box 5003, NO - 1432 Ås, Norway.

 INTRODUCTION
  The conservation and management of large carnivores is often difficult and controversial,
because they occur in low densities, have large home ranges, conflict with many human inter-
ests, and are expensive to study (Gittleman et al. 2001). This is also true for brown bears (Ur-
sus arctos), and throughout the world, many brown bear populations are declining and be-
coming fragmented and isolated, due to commercial overexploitation, excessive mortality,
habitat degradation and destruction, and natural resource development (Servheen et al. 1999,
Zedrosser et al. 2001).
  The brown bear population was almost exterminated in Scandinavia at the end of the 19th
century, but conservation efforts initiated by the Swedish government were successful and the
population is increasing in size and distribution (Swenson et al. 1995). Because of this, there
was a need for general knowledge about the ecology of the brown bear and managers needed
specific knowledge about many aspects of the ecology and population dynamics of the spe-
cies to successfully manage this population recovery. Therefore a radiotelemetry study of
brown bears, the Scandinavian Brown Bear Research Project (SBBRP), was started in 1984
and 1985 in two study areas in Sweden (Fig. 1). Between 1984 and 2006, the SBBRP has
captured 525 bears totally 1251 times. We routinely capture the bears in the spring using a
helicopter. Radiomarked females with yearlings are all captured, and the female yearlings are
radiocollared. Thereby we have built a data base consisting of many pedigrees, consisting of
up to five generations. We know the mothers of 79% of our study animals (69% from field
observations and 10% from DNA analyses) and the fathers of 61% (DNA analyses).

THE DECLINE AND SUBSEQUENT RECOVERY OF BROWN BEARS IN SCANDINAVIA
  Originally, bears were found throughout Scandinavia. Based on records of bountied bears
by county, we estimated that there were 4,700-4,800 bears in Scandinavia around 1850
(Swenson et al. 1995). An enormous number of bears were killed, 2,605 in Sweden and 5,164
in Norway during 1856-93, and the populations declined quickly. The low point for the brown
bear population was about 1930, when about 130 bears were left in four populations that
survived. At the beginning of the 1900s the Swedish Hunters’ Association and the Swedish
Royal Academy of Sciences called for saving the species. All bounties were eliminated in
Sweden in 1893, but this did not happen in Norway before 1973, 80 years later. The effective

                                                                                             17
efforts to save the bear from extinction were those related to the economics of killing bears by
removing bounties and declaring all dead bears to be the property of the government
(Sweden) (Swenson et al. 1995). The number of bears in Sweden had increased enough by
1943 that a conservative hunting season was initiated. Since then, the number of bears has
increased while being hunted (Swenson et al. 1994). The populations in both study areas
showed high population growth rates (r = 0.13 or λ = 1.14 in the north and r = 0.15 or λ = 1.16
in the south) due to a combination of high survival rates and high reproductive rates. The
Scandinavian brown bear populations showed the highest population growth rates yet
recorded for brown bears (Sæther et al. 1998), in addition to the highest reproductive rates yet
recorded for brown bears. The latest estimate of bears in Scandinavia was about 2550 (2350-
2900) in 2005 (Kindberg & Swenson 2006).

SOCIAL ORGANIZATION AND DISPERSAL
  Brown bears are commonly assumed to be non-social and non-territorial (e.g. Schwartz et
al. 2003). However our results show that female brown bears are more social than previously
assumed, and that both males and females show evidence of territorial behavior. The home
range size of adult male and female brown bears is inversely related to population density
(Dahle et al. 2003a), suggesting some form of territoriality-confirmed kin-related social
structure among female brown bears (Støen et al. 2005). Most female brown bears live in
multigenerational matrilinear assemblages and apparently show some form of territorial be-
havior against unrelated females (Støen et al. 2005). Dahle et al. (2006) found that the home-
range size of subadult female brown bears decreased less with increasing population density
than for subadult males, which is also consistent with the occurrence of matrilinear assem-
blages. There appears to be some resource competition due to a hierarchial system among the
related females in these matrilinear assemblages, because reproductive suppression is evident
among young females that overlap home ranges with their mothers (Støen et al. 2006b).
  Female dispersal has been considered to be rare in bears (Rogers 1987, Schwartz &
Franzmann 1992). The documentation of how a brown bear population expands showed that
females do disperse and presented evidence that female dispersal might be inversely density
dependent. Støen et al. (2006a) found that in Scandinavian bears, 32-46% of the females dis-
persed from their natal home range, both females and males dispersed farther than had been
documented in North America, and that natal dispersal probability and distances are inversely
related to population density.

REPRODUCTION AND SEXUALLY SELECTED INFANTICIDE
  Brown bears have a promiscuous mating system (Schwartz et al. 2003b). Dahle & Swenson
(2003) found that both males and estrous females roamed during the breeding season, suppos-
edly to seek mates. A female brown bear in Scandinavia gives birth every other year and has a
mean litter size of 2.4 cubs per litter (Zedrosser 2006).
  Our studies have yielded an example of an indirect effect of hunting on bear populations,
sexually selected infanticide (SSI), which is when adult males kill dependent offspring, but
never their own, to gain access for reproduction with the mother (Swenson 2003, Swenson et
al. 1997b, 2001a, b, Bellemain et al. 2006a, b). SSI seems to be promoted by the disruption of
the male social organization when resident adult males die (usually due to hunting), thus al-
lowing new males into an area or perhaps allowing other resident males to realign their home
ranges. These “new” males try to improve their reproductive success by killing the dependent
offspring of females in the area to subsequently mate with these females. Our results show
support for the requirements of the SSI-hypothesis; that infanticidal males should not kill off-
spring they have sired; that infanticidal males should mate with the mother of the dead infant,
and that the male should sire the females’ subsequent offspring (Bellemain et al. 2006a). In

                                                                                             18
addition, females with cubs showed several counterstrategies to SSI; aggressive physical de-
fense, avoiding males, promiscuity, and perhaps postconception mating (Swenson 2003). SSI
seems to also affect the mating system of brown bears. Because neighboring males are poten-
tially infanticidal, polyandry is a counterstrategy (Bellemain et al. 2006a). As expected, fa-
thers are chosen from among the spatially closer males, but among them, the females select
the largest, most heterogygous and less inbred males (Bellemain et al. 2006b). Nevertheless, it
is important to point out that SSI is a controversial subject. Several North American bear ex-
perts do not accept its occurrence, at least in brown bear populations in North America (e.g.
Miller et al. 2003). One potential reason for the apparent difference in occurrence of SSI be-
tween the continents is that primiparous females seem to be most susceptible to SSI, with sus-
ceptibility increasing with decreasing age of first birth (Zedrosser 2006). Scandinavian brown
bears give birth earlier than those in North America (Zedrosser 2006).

FORAGING ECOLOGY
An important aspect of a species' ecology is its diet. In terms of digestible energy, ungulates,
mostly carrion, were most important during the spring (Dahle et al. 1998). During summer,
ants, forbs, and ungulates (reindeer Rangifer tarandus and moose Alces alces) were the most
important food items, and in autumn, berries (Empetrum nigrum, Vaccinium myrtillus) were
most important. We estimated that bears obtained 44-46% and 14-30% of their annual energy
intake from berries and ungulates, respectively. Ants provided an estimated 20% of the total
annual digestible energy, and comprised 12, 16, and 4% of the fecal volume in spring,
summer, and autumn, respectively (Swenson et al. 1999a). To gain body mass prior to
denning, brown bears relied on carbohydrate-rich berries in autumn.

BEAR-HUMAN CONFLICTS

We have identified three major areas where brown bears cause conflicts with human interests
in Scandinavia: predation on moose, depredations on livestock, especially sheep, and danger
to human safety (Swenson et al. 1998). These subjects seem to be most important in
influencing the public’s attitude towards bears.
We studied bear predation on moose, using radio-collared moose in our southern study area.
Bears killed about 26% of the calves and 92% of the predation took place when the calves
were 2 million free-ranging, unguarded domestic sheep. Each bear in Norway kills on average
an estimated minimum of 50 sheep annually (Swenson & Andrén 2005). This is in great con-
trast to the situation in Sweden, where sheep are kept within electric fences in areas with
bears, and there are very few losses. The killing of depredating bears in Norway had no sig-
nificant loss-reducing effect the following year, indicating that it was not an effective method
to reduce losses the following year, presumably because of high rates of immigration from
Sweden (Sagør et al. 1997). Bears and the present method of sheep husbandry in Norway are
incompatible and to obtaine the dual political goals of more bears and fewer losses of sheep to
bears can only be reached by changing the method of sheep husbandry or separating sheep
and bears geographically (Sagør et al. 1997).
  The brown bear is a powerful carnivore that has hurt and killed people (Herrero 1985), and
many people in Scandinavia are afraid of bears (Røskaft et al. 2003). We analyzed 114

                                                                                             19
encounters between bears and researchers in Scandinavia (Swenson et al. 1999b). We found
that bears usually left the area when meeting a person. There were no attacks during the 114
meetings, but bluff charges occurred in 4% of the meetings. When combining all similar
studies in Eurasia, we found that no personal injuries had occurred in 818 encounters with
bears by research personnel. Blowing and growling were apparently warning behaviors
associated with the presence of cubs or carcasses. The Scandinavian bear is generally not
aggressive, although females with cubs and bears defending carcasses are more prone to act
aggressively. The most dangerous bear is a wounded bear (Swenson et al. 1999b).

CONCLUSIONS
  Our results show that brown bears can be conserved in human-dominated landscapes in
Scandinavia. Although the boreal forests of Scandinavia are quite different from those of
Central Europe, it appears that the results of our studies have more relevance to understanding
and managing brown bears in Central Europe than to those in North America. We hope that
our research contributes to management and conserving brown bear populations not only in
Scandinavia, but also elsewhere in Europe.

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                                                                                                  21
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Fig.1. Map of the northern and southern study areas
of the Scandinavian Brown Bear Research Project
showing the areas where bears are captured and
marked (light red) and the area within which male
bears marked by the project have immigrated (red
lines).

Zusammenfassung: „Ökologie und Management des Braunbären in Skandinavien“
Als reproduzierende Tierart wurde der Braunbär durch staatlich geförderte Massnahmen in
Norwegen vollständig und in Schweden beinahe ausgerottet. Am Populationstiefpunkt waren
in Schweden nur etwa 130 Bären in vier voneinander isolierten Populationen vorhanden.
Jedoch zu Ende des 19. Jahrhunderts wurden in Schweden Schutzmassnahmen ergriffen, die
Populationen begannen zu wachsen, und 1930 wurde wieder mit einer streng reglementierten
Jagd begonnen. Der Bestand nahm weiterhin zu, umfasst heute etwa 2500 Tiere und das
Verbreitungsgebiet erstreckt sich über zwei Drittel Schwedens.
Das skandinavische Bärenforschungsprojekt wurde 1984 begonnen um biologische und
ökologische Grundlagen für das Management der Population zu erstellen. Das Bärenprojekt
läuft weiterhin und basiert darauf Einzelindividuen von der Geburt bis zum Tod
wissenschaftlich zu beobachten. Bis heute wurden über 500 Bären gefangen und mit
Radiohalsbändern versehen. In meinem Vortrag werde ich für das Management wichtige
Forschungsergebnisse über Abwanderung, soziale Organisation, Populationsdynamik und
Fortpflanzung präsentieren. Ich werde ausserdem auf Konflikte zwischen Bären und

                                                                                                  22
Menschen und deren Handhabung in Skandinavien eingehen, zum Beispiel die Gefahr für den
Menschen oder das Töten von Haustieren durch Bären. Bedingt durch Unterschiede im
Management und in der Schafhaltung sind die Konflikte in Norwegen (heutige
Populationgrösse ~50 Bären) bedeutend grösser und schwerwiegender als in Schweden mit
seiner grossen Bärenpopulation. Schafhaltung in Norwegen beinhaltet das unbeaufsichtigte
Grasen von Schafen im Wald, und der Staat bezahlt hohe Kompensationen für bewiesene oder
vermutete Schäden durch Raubtiere, ohne dass Besitzer Massnahme für den Schutz ihrer
Tiere ergreifen müssen. Auch der schwedische Staat bezahlt Kompensation, jedoch nur wenn
der Schafhalter Schutzmassnahmen gegen wilde Raubtiere vorweisen kann; dadurch gibt es in
Schweden nur sehr geringe Verluste durch Raubtiere und die verursachten Kosten sind
gering.

                                                                                      23
Dr. Peter Blanché: Wölfe in Deutschland

Gesellschaft zum Schutz der Wölfe e.V.
Geschäftsführender Vorstand                                    Schutzstatus
                                                               Bundesnaturschutzgesetz §10 Abs. 2 Nr. 8 (prioritäre Art) und Nr. 11
Riedstr.14                                                     (streng geschützte Art)
85244 Riedenzhofen                                             Bundesartenschutzverordnung Anhang 6 (soweit in Anhang A der
Tel.: 08139-1666                                               EG-Artenschutz Verordnung
                                                               Bundesjagdgesetz, nicht als dem Jagdrecht unterliegende Art nach § 2
Fax.: 08139-995804                                             Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie), Anhang II (Prioritäre Art, für
Mobil: 0171-8647444                                             deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen)
                                                                sowie in Anhang IV (Streng zu schützende Tierart).
                                                               EG-Artenschutz-Verordnung (EG) Nr. 338/97 Anhang A.
Der Wolf war in historischer Zeit                              Berner Konvention, Anhang II (Streng geschützte Tierart)
praktisch über die gesamte Nordhalbkugel                       Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) Anhang II
der Erde verbreitet, wurde aber bis
                                      Heutige Wolfsverbreitung und –migration
ins vergangene Jahrhundert hinein                    in Europa
massiv bekämpft und in vielen
Gebieten, vor allem in Mitteleuropa
praktisch ausgerottet. Gegen Ende
des letzten Jahrhunderts setzte durch                                                Schweden
soziale       und      ökonomische                                                     47 - 57

Veränderungen eine Umkehr dieser
Tendenz ein, so dass die Wölfe                                           Norwegen
                                                                              28
                                                                                                    Finnland
                                                                                                       118
derzeit gerade in Mitteleuropa  GZSDW
ihre alten Gebiete wieder                                                                                 Estland
                                                                                                            100       Russland
besiedeln. Das wird durch ihren                                                                          Lettland
                                                                                                                   40.000 - 50.000
                                                                                                          300-500
hohen Schutzstatus als „prioritäre
                                                                                                       Litauen
Art“     unterstützt.  Auch      nach                                                                    600
                                                                                                             Weissrussland
Deutschland wandern seit der                                                                     Polen        2.000 - 2.500
Öffnung des „Eisernen Vorhangs“                                          Deutschland           600 - 700
                                                                                16
vermehrt Wölfe ein, im Nordosten                                                                                    Ukraine
                                                                                                                     2.000
                                                                                   Tschechien
aus Polen und im Südosten aus                                                          10      Slowakei
                                                                                                  350
Tschechien kommend. Im Mai 2006                          Frankreich    CH
                                                                                   Österreich
                                                                                               Slowenien
                                                                                       ?
wurde in Bayern ein Wolf                                     50         3
                                                                          Italien    30 50
                                                                                                   30
                                                                                                           Rumänien
überfahren, der aus Italien einge-                                      400 - 450
                                                                                          Bosnien             3.100
wandert war.                                                                                 400     1.000
                                                                                                             Bulgarien
                                                                                                                1.000
In Sachsen haben Wölfe in der                Spanien
                                              2.000                                                     1.000
Oberlausitz im Jahr 2000 erstmals                                                                  1.000 Griechenland 7.000 - 11.000
                                                                                                               400           Türkei
wieder ein Rudel gebildet und
Welpen aufgezogen. Diese kleine
Population ist bisher sehr erfolg-
reich, es konnte in den vergangenen
                                                    Legende:
                                                    1.000        Wolfspopulation pro Land geschätzt

                                                                 Verbreitungsgebiet von Wölfen in Europa

                                                                 Migrationen innerhalb Europas

                                                                 Migration nach Deutschland

                                                Jahren regelmäßig Reproduktion nachgewiesen werden.
                                                Seit 2003 ist ein zweites Territorium von Wölfen
                                                besiedelt, so dass das gesamte Wolfsgebiet derzeit ca.
                                                700 km² umfasst. Im vergangenen Winter konnten sogar

                                     © Lupus                                                                            24
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