Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg

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Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
Ausgabe Nr. 11/2017 | November | www.adventisten-heute.de | ISSN 2190-0825

adventisten                                   Die Zeitschr if t der
                             S i e b e n t e n - Ta g s - A d v e n t i s t e n   heute
 Leben mit „Meer-Mentalität“
 Seite 7

 Begegnung wurde
 Begeisterung
 Seite 18

 120 Jahre adventistisches
 Sozialwerk in Deutschland
 Seite 20

                                                    Die Zukunft
                                                     des Lesens
                                                                                   ab Seite 8
Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
N e u e          B ü c h e r           d e s     A d v e n t - Ve r l a g s           L ü n e b u r g

Reformation geht weiter!
Thesenanschlag                                                                     William G. Johnsson
                                                                                   Ist das noch meine Kirche?

für Adventisten                                                                    Adventismus nach San Antonio
                                                                                   176 Seiten,

W
                                                                                   Softcover, 14 x 21 cm
     illiam Johnsson konfrontiert seine Kir-
                                                                                   15,90 Euro (12,90 Euro
     che in seinem neuesten Buch mit ihrer                                         für Leserkreismitglieder),
eigenen gegenwärtigen Wahrheit. Der ehe-                                           Art.-Nr. 1970
malige Herausgeber von Adventist Review
und Adventist World formuliert kenntnis-                                                    *
reich und prägnant zehn große Fragen, vor
denen die Adventisten jetzt stehen. Der
Autor ist gewiss: San Antonio 2015 mar-
kiert eine Weggabelung, der Wandel wird
kommen! Wird er über uns hereinbrechen
und somit zur existenziellen Bedrohung,

                                                                                                                  * Weitere Infos wie Inhaltsverzeichnis oder Leseproben sind auf www.advent-verlag.de abrufbar.
oder gestalten wir ihn aktiv mit?
Ein Buch, über das man reden wird.

Eine bleibende
Aufgabe                                           „Dieses Buch ist eine

                                                                                                                  Der QR-Code führt Smartphones direkt zur Internetseite des Buches.
                                                       Klasse für sich!“

W     irft die Kirchengeschichte neues Licht
      auf die Herausforderung des Glaubens
in Gemeinde und Gesellschaft? Wo liegen
                                                            (Ty Gibson)
                                                   „Die Schlüsse, die er
                                                      zieht, werden den
die theologischen Wurzeln der adventisti-
                                                    Leser überraschen.“
schen Heiligtumslehre und was hat diese
                                                    (Dwight K. Nelson)
mit dem konkreten „sozialen Auftrag“ der
ersten Adventisten zu tun? Sind wir heute                   Nicholas Miller
viel zu zurückhaltend in gesellschaftlichen                  Re:formation
                                                  Neue Antworten aus der
Fragen und enthalten der Öffentlichkeit
                                                        Kirchengeschichte
unsere christliche Position vor?               ca. 208 Seiten, 14 x 21 cm
Nicholas Miller, Professor für Kirchenge-      16,90 Euro (13,90 Euro für
schichte an der Andrews-Universität (USA),          Leserkreismitglieder),
macht mit diesem Buch nicht nur deutlich,                    Art.-Nr. 1964
dass Reformation ein stets neu zu gestalten-
der Prozess bleibt, sondern dass sie das Le-
                                                            *
ben in Gemeinde und Gesellschaft betrifft.

                                                                                   Leserkreis-
Bestellmöglichkeiten                                                             Mitglied werden
• Am Büchertisch oder im Onlineshop: www.adventist-media.de                   • bis zu 30 % Preisermäßigung
• Tel.: 0800 2383680, Fax: 04131 9835-500                                     • automatische Lieferung
• E-Mail: bestellen@advent-verlag.de                                            sofort nach Erscheinen
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Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
editor ial | i nhal t

                                     Atmen durch Lesen                                                                           aktuell | Report
                           „Heutzutage betrachte ich den Film als die moderns-
                           te Methode des Geschichtenerzählens.“ Diese Aus-                                                      4 STA-Kurznachrichten / Mit „Branding“ besser
                           sage stammt von Jared Thurmon, dem Direktor für                                                          wahrgenommen werden
                           Strategie und Marketing bei Adventist Review und                                                      5 Eine lebendige Tradition / Neue Strukturen im
                           Adventist World, nachzulesen im empfehlenswerten                                                         Lüneburger Verlag
                           Titelthema der Septemberausgabe von Adventist                                                         5 Report: Weltjugendleiterkongress 2018 in Kassel
                           World (S. 24). Vermutlich hat er Recht. Das Medium
                           „Film“ erzeugt eine kaum zu überbietende Aufmerk-
                           samkeit. Und es gibt hervorragende Spielfilme mit                                                     Kolumne
komplexen Storys, faszinierende Dokumentationen und jede Menge origineller
YouTube-Filme, die ein wachsendes, meist junges Publikum erreichen. Deshalb                                                      7 Leben mit „Meer-Mentalität“
ist dieses Medium für missionarische Zwecke bestens geeignet.                                                                       (Elisabeth Schoft)
    Dennoch las ich diesen Satz mit gemischten Gefühlen. Denn Lesen bie-
tet mehr, es schult das Denken, wir begreifen vielschichtige, nuancierte Ge-
schehnisse besser. Durch Lesen erschließen wir das Weltwissen für uns, und es                                                    Thema des Monats:
kurbelt das Nachdenken über uns selbst an. Auch die emotionale, phantasie­                                                       Die Zukunft des Lesens
anregende Wirkung des Lesens ist nicht zu unterschätzen; sie fördert Kreati-
vität und Lebensfreude. Durch die innere Beteiligung beim Lesen entstehen                                                        8 Rettungsringe aus Papier (Rinaldo Chiriac)
die Bilder im Kopf. Wenn ich mir nach der Lektüre einer Geschichte deren                                                        10 I m Niedergang? (Ursula Herget)
Verfilmung ansehe, bin ich zuweilen enttäuscht – nicht deshalb, weil der Film                                                   12 Autor: ein Traumberuf (Titus Müller)
schlecht ist, sondern weil ich mir manches ganz anders zusammenphantasiert                                                      13 „Erst gerollt, dann gestapelt, gebunden und
habe. Wenn ich hingegen erst den Film sehe und danach das Buch lese, ist mei-
                                                                                                                                    gescrollt“ (Interview mit Daniel Wildemann)
ne Phantasie gefesselt (hier bekommt die Einschätzung „fesselnder Film“ für
                                                                                                                                14 Der Leserkreis Advent-Verlag
mich eine ganz neue Bedeutung) und die Lektüre wird langweilig.
                                                                                                                                15 Ein neuer Weg der Buchevangelisation
    Als eine Buchreligion hat das Christentum eine enge Beziehung zum Lesen.
Wie verändert die schwindende Lesepraxis einen Glauben, dessen bestimmende
Erkenntnisquelle ein Buch ist? Was passiert mit der Spiritualität, wenn die
                                                                                                                                 Adventgemeinde aktuell
wichtigste geistliche Disziplin – das Lesen und Reflektieren göttlich inspirier-
ter Texte – immer mehr nachlässt? Bei Luthers Reformation spielte der Zugang
zur Bibel eine entscheidende Rolle. Ein Glaube ohne (selbst)ständiges (Bibel)                                                   16 Lesermeinungen
lesen würde uns über kurz oder lang ins Mittelalter zurückversetzen, wo die
Gläubigen nur das konsumierten, was ihnen die damaligen Geistlichen vorsetz-
                                                                                                                                 Die Novemberausgabe von Adventist World
ten. Christoph Raedel, ein evangelikaler Theologe, brachte es auf den Punkt,
                                                                                                                                 besteht aus den Lesungen zur Gebetswoche
als er sagte: „Ohne Bibelstudium geht dem Glauben der Atem aus.“
    Die Beiträge zum Thema dieses Monats laden dazu ein, den Wert des Lesens
                                                                                                                                 für Erwachsene und Kinder. Weil diese im
neu zu entdecken.                                              Thomas Lobitz                                                    deutschsprachigen Raum ohnehin in zwei
Chefredakteur Adventisten heute                                                                                                 separaten Heften erscheinen, entfällt
                                                      tl@adventisten-heute.de                                                    Adventist World diesmal. (Siehe auch S. 5.)
IMPRESSUM
adventisten heute | ISSN 2190-0825
Herausgeber: Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten (116. Jahrgang)
Verlag: Saatkorn-Verlag GmbH, Abt. Advent Verlag, Pulverweg 6,                                                                   Freikirche aktuell
21337 Lüneburg, E-Mail: info@advent-verlag.de,
Internet: www.advent-verlag.de; www.facebook.com/adventverlag
Redaktion: Thomas Lobitz (Chefredakteur, tl), Jessica Schultka (js),                                                            17 Ist das noch meine Kirche?
Nicole Spöhr (nsp), Daniel Wildemann (dw). Adresse: siehe Verlag;
Tel. 04131 9835-521. E-Mail: info@adventisten-heute.de,                                                                         18 Begegnung wurde Begeisterung
Internet: www.adventisten-heute.de                                                                                                  (D-A-CH-Frauenkongress)
Formatanzeigen: oKae media, Martin Haase, Postfach 100403,
51404 Bergisch Gladbach, Tel. 02204 917075, Fax 02204 917072,
                                                                                                                                20 Das adventistische Sozialwerk in Deutschland
E-Mail: advertising@okae.org Internet: www.okae.org                                                                                 wird 120 Jahre alt
                                                                                                 © goodluz / Shutterstock.com

Kleinanzeigen: Dorothee Schildt-Westphal, Tel. 04131 9835-521,                                                                  23 Wenn Paare streiten
Fax 04131 9835-502, E-Mail: anzeigen@adventisten-heute.de
Bezug: Kostenlos bei Bezug über den Büchertisch der örtlichen                                                                   24 Notizbrett: Termine / Gebet für missionarische
Adventgemeinde in Deutschland sowie online (zum Herunterladen,                                                                      Anliegen / LIRON – ein außergewöhnliches Chor-
Speichern und Drucken) im Internet: www.adventisten-heute.de
Gestaltung: Ingo Engel, München                                                                                                     projekt
Titelgestaltung: Sarah Popa, STIMME DER HOFFNUNG                                                                                25 Projektinformation „Nimm Jesus“
Produktion/Druck: Thiele & Schwarz GmbH, Kassel
Spendenkonto: Freikirche der STA, IBAN: DE14 6009 0100 0227 3850 04,     Lesen – eine zeitlose
                                                                                                                                27 Anzeigen
BIC: VOBADESSXXX, Verwendungszweck: Aheu-Finanzierung                    Faszination.                                           30 ADRA heute

                                                                                                                                         adventisten heute | November 2017 | 3
Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
a ktu e l l Na c h r ic h t e n

       Kurznachrichten                                                 „Dich kenn ich doch …?“
                                                                       Mit „Branding“ als Adventgemeinde besser wahrgenommen werden
n Neue Orientierungshilfe Flucht, Migration                            Junge Nutztiere wurden früher mit einem Brandzeichen markiert. In der eng-
und christlicher Dienst                                                lischen Sprache heißt das „Branding“. Heute ist das in einigen Ländern ver-
Die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten                          boten, wird aber vielerorts noch praktiziert. Damit wurde gewissermaßen das
in Deutschland hat eine neue theologische                              Eigentümerrecht dokumentiert. Im heutigen Marketing bedeutet „Branding“
Handreichung zur Orientierung herausgegeben.                           soviel wie Markenbildung, Wiedererkennungswert und Alleinstellungsmerkmal.
Darin wird aus Sicht der Freikirche zum The-                           Hauptziel ist dabei, sich vom anderen zu unterscheiden, seine Einzigartigkeit
ma „Flucht, Migration und christlicher Dienst“                         zu dokumentieren und Vertrauen zu schaffen.
Stellung genommen. Nach einer allgemeinen                                  Auf meiner Reise durch Brasilien in diesem Sommer ist mir etwas besonders
Einleitung werden in der Handreichung zuerst                           aufgefallen. An der Außenwand adventistischer Kirchengebäude waren zwei
„Biblische Grundlagen“ zum Thema dargestellt.                          Symbole prominent angebracht: das Logo der Adventisten und das Logo des
Daraus werden anschließend „Theologische Ein-       © ThH-Friedensau   Hope Channels (der in Brasilien Novo Tempo heißt). Auf meine Nachfrage hin
sichten“ abgeleitet, die wiederum „Folgen für                          wurde mir erklärt, dass der Hope Channel in Brasilien sehr bekannt und beliebt
Gemeinde und Dienst“ haben.                                            sei. Sein Logo ist daher bekannt und mit positiven Emotionen besetzt. Wenn
    Am Beispiel des Handelns und der Lehre Jesu                        also dieses Logo an einer Hauswand gesehen wird, verbindet der Betrachter
Christi könne das Prinzip der unterschiedslosen                        auch mit dem Gebäude Positives und ist eher geneigt, sich hineinzubegeben.
Annahme anderer Menschen festgemacht wer-                                  In Deutschland sind die ersten Hope Center entstanden. Das sind Nachbar-
den. Das Gebot der Feindes- und Nächstenliebe                          schaftszentren einer örtlichen Adventgemeinde. In unserer säkular ausgerich-
impliziere auch die Fremden- und Übernächs-                            teten Gesellschaft hat Kirche keinen großen Stellenwert mehr. So können die
tenliebe.                                                              Hope Center eine Brücke sein. Die Marke „Hope“ wird bekannter und vertrauter.
    Christen seien aufgerufen, Zuschreibungen                              Vielleicht wäre es nicht verkehrt, das Hope Channel-Logo ebenfalls an die
und Festlegungen, mit denen Menschen auf-                              Außenwände unserer Gemeindezentren anzubringen. Der Gedanke wird jeden-
grund ihrer Herkunft versehen werden, zu hin-                          falls diskutiert. Ein Versuch wäre es allemal wert.          Stephan G. Brass
terfragen und zu relativieren. Stattdessen sei
als allgemeine Reaktion Gastfreundschaft und
gelebte Fremdenfreundschaft angebracht. Man
wolle „unsere Gäste“ allerdings auch nicht ide-
alisieren – ihre Kulturen, Religionen und Pers-
pektiven dürften kritisch betrachtet werden. Da
das Aufnehmen von Fremden ein Beurteilungs-
maßstab im Weltgericht sei, seien die Gemeinden
aufgerufen, Vorbilder der Inklusion, der Vielfalt
und des selbstlosen Dienens zu sein. Die Ori-
entierungshilfe ist kostenlos im Internet unter
www.adventisten.de/ueber-uns/dokumente-
und-stellungnahmen/ herunterzuladen. (APD)

n Hope Channel bald im Kabel-TV?
Unitymedia, der kleinere der beiden großen
Kabelanbieter in Deutschland, deckt Baden-
Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen
ab. Die drei Vereinigungen für diese Bundes-
länder haben sich dieses Jahr gemeinsam mit
dem Medienzentrum STIMME DER HOFFNUNG
das Ziel gesetzt, den Hope Channel in das Ka-
belnetz von Unitymedia einzuspeisen. Die dafür
benötigten Spenden sollen von Hope-Channel-
Zuschauern aus den drei Bundesländern aufge-
bracht werden.
                                                                                                                                                         © Stephan G. Brass/ADAMS

   Der derzeitige Spendenstand ist laut Klaus
Popa, dem Leiter des Medienzentrums, vielver-
sprechend. Trotzdem werden noch viele Spen-
der benötigt. Weitere Informationen unter
www.hopekabel.de. (SDH/tl)
                                                                       Außenwand einer Adventgemeinde an der Copacabana in Rio de Janeiro (Brasilien).

4 | adventisten heute | November 2017
Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
akt uel l Nac h r i c ht en

Eine lebendige Tradition
Zur Einführung in die Gebetswoche
                                                                                                Gebetswoche
Ab wann wird eine Veranstaltung zur Tradi-
tion? Wenn sie drei- oder viermal stattfand?
                                               telpunkt, indem es die Erkenntnisse aus
                                               der Zeit der Reformation für unser Hier
                                                                                                                             2017
Oder braucht es Jahrzehnte, um mit dem         und Jetzt lebensnah und biblisch fun-
Stempel „Tradition“ versehen zu werden?        diert aufarbeitet. Damit beschließen wir          Allein durch
   Die Gebetswoche ist seit Jahrzehnten        auch gleichzeitig das Jubiläumsjahr der
ein fester Bestandteil in unserem Gemein-      Reformation.                                     Gnade
deleben und gehört damit eindeutig zur            Die erfahrene Gemeinschaft findet auch
Tradition – zu einer guten! Tradition über-    darin ihren Ausdruck, dass wir ein beson-
zeugt immer dann, wenn sie stets neu mit       deres finanzielles Opfer geben. Hier sind
Leben gefüllt wird, ohne dabei abzunutzen.     wir als deutsche Gemeinden weltweit füh-
   Eine Woche im Jahr – diesmal 18.–25.        rend – ein weiterer Beleg, dass Tradition
November – wird als eine besondere Zeit        gerade bei uns mit Leben gefüllt wird.
in der Gemeinde hervorgehoben, um mit          Mit diesen Gaben bringen wir unsere So-
den Glaubensgeschwistern ins Gespräch zu       lidarität mit der weltweiten Kirche zum
kommen und mit Gott zu reden. Vielleicht       Ausdruck, die mit diesen Mitteln viele
könnt ihr euch als Gemeinde ja in den          missionarische und soziale Projekte ver-
Wunsch der Jünger Jesu einreihen: „Herr,       wirklichen konnte. Aber auch ohne eure         Die Lesungen zur Gebetswoche entsprechen
lehre uns beten.“ (Lk 11,1) Damit gebt ihr     Heimatmissionsgaben könnten wir vieles         der Novemberausgabe von Adventist World,
Gott die Chance, direkt auf eure unmittel-     nicht auf den Weg bringen und manche           die deshalb nicht diesem Adventisten heute
bare Gemeindesituation zu reagieren.           kreative Idee würde liegen bleiben.            beigefügt ist. Im Dezember erscheint Adven-
   Das Sprechen verbindet uns – im wahrs-         Danke für eure Großzügigkeit, dass ihr      tist World wieder in gewohnter Weise.
ten Sinne des Wortes bindet es uns mit         eure Herzen weit macht und Gott durch
Gott zusammen. Die dadurch entstehende         euer Opfer lobt.                               nutzt und irgendwann ungelesen entsorgt
Gemeinschaft wird jeder Gemeinde einen            Nehmt euch für die Gebetswoche Gro-         wurden. Wir reagieren aus ökologischer
kräftigen geistlichen Schub geben, mit dem     ßes vor und betet nicht kleinlich, denn:       und wirtschaftlicher Verantwortung und
sie neue Impulse für ihr Leben setzen kann.       „Sollte dem Herrn etwas unmöglich           haben dieses Jahr weniger Hefte gedruckt.
So verbindet sich Tradition mit der Gegen-     sein?“ (1 Mo 18,14)                            Wir glauben, dass wir damit einen rich-
wart, weil wir nur gemeinsam und mit Gott                                                     tigen Schritt gegangen sind. Sollten tat-
dafür gerüstet sind, unsere „Mission der       Für jeden Haushalt ein Heft                    sächlich in einer ­Gemeinde zu wenig Ex-
Hoffnung“, das Reich Gottes zu verkünden       Ein anderer Aspekt soll an dieser Stelle       emplare der Gebetslesung vorhanden sein,
und Menschen in die Nachfolge Jesu zu ru-      nicht verschwiegen werden. In den letzten      so meldet euch bitte beim Advent-Verlag,
fen, kraftvoll in die Tat umzusetzen.          Jahren ist einigen haupt- und ehrenamt-        damit reagiert werden kann.
   Das Thema „Allein durch Gnade“ stellt       lichen Mitarbeitern aufgefallen, dass viele     Johannes Naether, Norddeutscher Verband
das Zentrum des Evangeliums in den Mit-        Lesungshefte zur Gebetswoche nicht ge-             Werner Dullinger, Süddeutscher Verband

Dokument zum Schlichtungsverfahren vertagt
2016 wurde Vorgehen beschlossen, falls Weltkirchenbeschlüsse nicht umgesetzt würden
Die Mitglieder der Jahressitzung (Annual       cil) fand vom 5. bis 11. Oktober in Silver     verwiesen, der es erarbeitet hatte. Zu Be-
Council) des Exekutivausschusses der ad-       Spring, Maryland/USA statt.                    denken Anlass gebend waren Loyalitätsfor-
ventistischen Weltkirchenleitung (General          Das 14-seitige Dokument wurde dem          derung via Unterschrift, Schwachstellen im
Conference Executive Committee), haben         Ausschuss erst in der Sitzung ausgeteilt, um   Dokument und zu wenig Vorbereitungszeit.
am 9. Oktober das vorgelegte Dokument          Leaks zu verhindern, und dort vorgelesen.      Alle Sitzungen der Jahreskonferenz konn-
zum Schlichtungsverfahren kirchlicher          Das Dokument zum Schlichtungsverfahren         ten per Livestream übers Internet mitver-
Angelegenheiten, Phase II, nach sechs-         kirchlicher Angelegenheiten, mit dem Titel     folgt werden. „Das Gremium hat gespro-
stündiger Sitzung mit einem Stimmen-           „Verfahren zur Versöhnung und Einhaltung       chen, „, sagte Ted N. C. Wilson, Präsident
verhältnis von 184 zu 114 in geheimer          der Kirchenrichtlinien, Phase II“ („Proce-     der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten,
Abstimmung an den vorbereitenden Aus-          dures for Reconciliation and Adherence in      nach der Abstimmung und drückte seine
schuss zur Überarbeitung zurückgewiesen.       Church Governance: Phase II”), wurde nach      Hoffnung aus, einen Weg zu finden, das
Eine redigierte Version wird laut Ted Wil-     ausführlicher und in sachlichem Ton geführ-    Dokument zu überarbeiten und wieder vor-
son, wahrscheinlich bei der Jahressitzung      ter Diskussion zurück an den „Ausschuss        legen zu können. (APD/nsp)
2018 wieder zur Abstimmung vorgelegt.          zur Überprüfung der Einheit in der Mission“    Der vollständige Artikel kann auf der Home-
Die Jahressitzung 2017 (Annual Coun-           („Unity in Mission Oversight Committee“)       page des Advent-Verlags abgerufen werden.

                                                                                              adventisten heute | November 2017 | 5
Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
Re po r t

#GYLC18 – die Welt
in Kassel zu Hause
Weltjugendleiterkongress vom 31. Juli – 4. August 2018

                          M
                                  it dem Slogan „Die Welt in Kassel zu Hause“    ressierte eine fünftägige Tour zu den Stätten der
                                  wirbt die documenta-Stadt um Besucher. Im      Reformation angeboten. Es ist nachzuvollziehen,
                                  nächsten Jahr werden diesem Motto etwa         dass auf die Intereuropäische Division (EUD) und
                          1700 adventistische Jugendleiter aus der ganzen        Deutschland als Gastgeberland eine Menge Arbeit
                          Welt folgen und sich zu einem Kongress mit dem         zukommt. Viele freiwillige Helfer werden benötigt.
                          Titel „Impact Europe 2018 Germany“ versammeln.         Sie können sich bei der Jugendabteilung der Ver-
                          Zur Vorbereitung dieses Ereignisses trafen sich in     bände melden und sollten sich bewusst sein, dass
                          diesem Sommer (27./28.6.) die Jugendvertreter der      sie nicht am eigentlichen Kongressgeschehen teil-
                          13 Divisionen (teilkontinentale Kirchenleitungen)      nehmen können, sondern bis zu sieben Stunden
                          vor Ort, in der im Jahr 913 erstmals urkundlich er-    täglich für das Wohl der Teilnehmer sorgen.
                          wähnten, drittgrößten Stadt Hessens.                      Beim Generalthema „Pass it on – Equip, Enga-
                             Das Treffen diente zwei Anliegen. Zum einen         ge, Empower“ geht es darum, eine Generation vom
                          war es eine erste Begegnung mit dem aus dem            Heiligen Geist erfüllter Leiter auszubilden, zu be-
                          US-Bundesstaat Maine stammenden, neuen Welt-           vollmächtigen und zu ermutigen, das Vermächtnis
                          jugendleiter der Siebenten-Tags-Adventisten, Gary      der Reformation weiterzutragen. Gemeinsam mit
                          Blanchard, der zuletzt in Texas tätig war. Auf der     den Jugendleitern soll Gottes Gnade gefeiert, das
                          anderen Seite war die Zeit gefüllt mit intensivem      Erbe der Reformation angenommen und der Fokus
                          Planen und Vorbereiten des Kongresses im nächsten      auf Leiterschaft auf allen Gebieten der Arbeit mit
                          Jahr. Ruben Grieco, einer der beiden Bundesleiter      Jugendlichen bewusst gemacht werden.
                          der Adventjugend in Deutschland, bemerkte dazu:           Die Anmeldung für diesen Kongress hat bereits
                          „Wenn wir uns als erweitertes Planungsteam treffen,    begonnen. Der offizielle Hashtag lautet: #GYLC18.
                          dann sitzen da Verantwortliche aus 13 Divisionen       Kassel wartet auf die Jugendleiter der Freikirche der
                          an einem Tisch. Dann sind nicht nur verschiedenste     Siebenten-Tags-Adventisten aus der ganzen Welt. ■
                          Sprachen zu hören und Kulturen zu erleben, son-
                          dern da ist auch 13 Mal volle Leidenschaft für die
                          Arbeit mit jungen Menschen zu spüren. 13 Kollegen
                          und die Verantwortlichen der Generalkonferenz, die
                          sich für die Leiter der Jugendarbeit einsetzen, um
                          den Kongress zu ermöglichen. Solch eine Vielfalt
                          begeistert und motiviert mich. Welch ein Privileg,
                          dass wir für diese Kollegen mit ihren Delegationen     1                   2
                                                                                                                                          © alle Fotos: Stephan G. Brass/ADAMS
                          in Deutschland Gastgeber sein dürfen!“
                             Ein prall gefülltes Arbeitspensum war an diesen
                          beiden Tagen zu bewältigen. Der Austragungsort,
                          das Kongress Palais Kassel, ist den Verantwortlichen
                          aus Deutschland durch die beiden vorangegange-
                          nen deutschen E1NS-Jugendkongresse bestens ver-
                          traut. Jetzt wurde es von den Jugendleitern aus al-    3
Stephan G. Brass          ler Welt in Augenschein genommen. Zudem wurden         1 Gary  Blanchard, neuer Jugendabteilungsleiter der
verantwortlich für Kom-   Übernachtungs- und Verpflegungsmöglichkeiten           Generalkonferenz (Weltkirchenleitung). 2 Das Pla-
munikation der Freikir-   erkundet, über 40 Workshops zusammengetragen           nungsteam mit den Jugendleitern der Generalkonfe-
che in Deutschland. Er    und Verantwortlichkeiten festgelegt. Auch wurde        renz und der Divisionen verabschiedet Jonatan Tejél
ist auch verantwortlich   ein grober Programmablauf und die Anzahl der           als Weltpfadfinderleiter. Er amtiert nun als Jugendab-
für Kommunikation, PR-    Teilnehmerkontingente für jede Division festgelegt     teilungsleiter der EUD (s. Meldung Juliausgabe, S. 4).
und Öffentlichkeit beim   sowie der karitative Einsatz in der Stadt (IMPACT)     3 Das Planungsteam bei der Arbeit unter der Leitung
Jugendleiterkongress.     überdacht. Vor dem Kongress wird auch für Inte-        von Gary Blanchard.

6 | adventisten heute | November 2017
Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
Ko l u m n e

Leben mit
„Meer-Mentalität“
Weder das Surfen noch das Leben lernt man auf dem Trockenen

E
      s ist, als durchjagen tausend kleine Nadelstiche   des Lebens befindet.
      meine Füße, als ich langsam durch das kalte        Er wundert sich nicht
      Wasser wate. Meine Füße schmerzen. Gegen           über die stürmischen
die Wellen ankämpfend schiebe ich mein riesiges          Zeiten mit hohem Wel-
Anfängersurfbrett weiter aufs Meer hinaus. Die an        lengang, sondern kann
Land eingeübten Trockenübungen haben mir Si-             sich auf die Wellen ein-
cherheit gegeben. Doch im Wasser scheint mein            stellen. Damit hat er

                                                                                  © pixelbelichter – Fotolia.com
Kopf wie ausgeschaltet zu sein – ich kann mich           der „Strand-Mentalität“
plötzlich an nichts mehr erinnern. Mit der Zeit habe     drei wesentliche Punk-
ich den Dreh raus – aufs Brett legen, Welle abwar-       te voraus:
ten, paddeln (paddeln, paddeln!), „Take Off“ (die           Erstens: Das Surf-
Gesamtheit mehrerer Bewegungsabläufe, die mich           brett. Mit dem Brett
stehend auf das Brett katapultieren sollen) – und        kann er die Welle rei-
dann möglichst lange auf dem weißen Schaum der           ten, anstatt sich von
Welle reiten. Zwei Wochen habe ich in diesem Jahr        ihr überrollen zu lassen und Wasser zu schlucken.                        Leben ist Meer …
auf einem Surfbrett verbracht. Zwei Wochen, in de-       Die Bibel kann so ein Surfbrett sein. An Gottes
nen ich nicht nur das Wellenreiten gelernt habe,         Wort kann ich mich klammern, wenn Herausforde-
sondern auch, das Leben neu zu verstehen. Draußen        rungen kommen und hohe Wellen schlagen. Gottes
auf dem Meer zählt nur der Moment: die Bewegun-          Versprechen, die er uns in seinem Wort gegeben
gen des Meeres, die heranrauschende nächste Welle,       hat, gelten immer und allezeit – auch und gerade
die eigene Technik auf dem Brett. Es braucht mei-        in den stürmischen Zeiten des Lebens.
ne volle Konzentration, damit ich nicht unbemerkt           Zweitens: Die Surftechnik. Auf dem Trockenen
mit der Strömung ins offene Meer hinausgetrieben         die Technik zu lernen, ist die beste Basis für eine
oder von einer großen Welle überrascht werde. Kei-       erfolgreich genommene Welle. Dann ist der Kopf
ne Zeit zum Grübeln über ungelöste Probleme oder         auch nicht leer, so wie es mir bei meinen ersten
die lange To-Do-Liste, die nach dem Urlaub im Büro       Surfversuchen ergangen ist. Wenn die Bewegungs-
wartet. Ich liebe diese Momente. Denn in denen bin       abläufe automatisch funktionieren, die Arme genug
ich ganz eins mit dem Meer und meinem Schöpfer.          Muckis haben und jeder Handgriff sitzt, nimmt das
Beim Surfen gibt es viele Analogien, die sich auf        der Welle ihre Kraft und beängstigende Wirkung.
das Leben übertragen lassen.                             Eingeübte Techniken können zum Beispiel wertvol-
   Früher bin ich im übertragenen Sinn davon aus-        le Gewohnheiten wie feste Zeiten zum Bibellesen
gegangen, mein Leben würde sich am „Strand“ ab-          und fürs Gebet sein oder der regelmäßige Besuch in
spielen. Dort, wo es trocken ist und ungefährlich,       einem Hauskreis. Zu wissen, wie Gott ist, ist ebenso
wo man eine schöne Aussicht genießt und entspan-         wertvoll, um nicht an ihm zu (ver-)zweifeln, wenn
nen kann, wo mir ab und an ein Wellenausläufer           wir mit belastenden schwierigen Situationen kon-                         Elisabeth Schoft
nasse Füße beschert. In Wirklichkeit spielt sich das     frontiert sind. Solche guten Gewohnheiten gilt es                        arbeitet im Verlagswesen
Leben im „Wasser“, auf dem Meer ab. Das Leben            einzuüben, bevor die Welle kommt.                                        (Marketing und Presse)
funktioniert in Wellen. Hohe Wellen kommen – He-            Drittens: Die Finne. Unter jedem Surfbrett gibt                       und kann dort dafür
rausforderungen, Probleme, Schicksalsschläge und         es eine bis drei sogenannte „Finnen“, die dem Brett                      sorgen, dass gute und
geistliche Kämpfe –, das liegt in der Natur der Din-     Stabilität und Richtung geben. Jesus ist wie eine                        geistliche Inhalte gelesen
ge. Zwischen jeder Welle gibt es Ruhephasen – Zei-       Finne. Ohne Finne gelingt kein Surfversuch. Und                          werden. Das tut sie in
ten, in denen wir mit beiden Beinen fest im Leben        ohne Gott gelingt kein Leben, das in Fülle gelebt                        ihrer Freizeit auch als
stehen und es uns gut geht.                              werden will. Christus schenkt Richtung, Verläss-                         Chefredakteurin von
   Für Menschen mit einer „Strand-Mentalität“            lichkeit und Wegweisung. Mögen wir das Leben und                         Youngsta, der Zeitschrift
kommen die Wellen überraschend. Doch jemand mit          seine Wellen mit der „Meer-Mentalität“ zu surfen                         der Adventjugend
„Meer-Mentalität“ weiß, dass er sich in den Wogen        wissen. ■                                                                Deutschland.

                                                                                                                   adventisten heute | November 2017 | 7
Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
T he m a d e s M o na ts

Rettungsringe
aus Papier                                                  Wie Einsichten aus Büchern
                                                            meinen Glauben schützten

                         A
                                ls ich nicht mehr wusste, ob ich noch an die    dieser Gesprächspartner wussten überhaupt nichts
                                Existenz Gottes glauben kann, hatte mein        von meiner Not!
                                Theologiestudium gerade erst begonnen.
                         Einige unbeantwortete Fragen hatten zu grundle-        Vernunft allein bringt es nicht
                         genden Zweifeln geführt. Der Tiefpunkt dieser Ent-     Unter den theologischen Werken (z. B. von Francis
                         wicklung wurde erreicht, als mir ein Unfall mehrere    Schaeffer, der Studenten in Glaubenskrisen betreu-
                         Tage strikte Bettruhe einbrachte. Erst jetzt, allein   te) stach ein Buch hervor: Gott sucht den Menschen,
                         und ohne die übliche Ablenkung, spürte ich die         von Abraham Heschel. Im Mittelteil geht der Rabbi-
                         Wucht meiner beunruhigenden Gedanken. Bisher           ner der Frage nach, was für die göttliche Herkunft
                         konnte ich Krisen ja mit Gott teilen und auf seinen    der Bibel spricht. Dabei kritisiert er die mangeln-
                         Beistand hoffen. Nun aber war ich mir nicht mehr       de Überzeugungskraft jener Beweise, die man der
                         sicher, ob meine Gebete lediglich Selbstgespräche      Bibel oft abverlangt; Glaubwürdigkeit ließe sich
                         waren; ob der Beruf, auf den ich mich vorbereitete,    dort nicht finden. „Die Vernunft in sich selbst ist
                         nur um eine Sammlung jüdischer Märchen kreiste.        außerstande, in jener Region, aus der die Prophe-
                            Gott reagierte. In den folgenden Wochen kam es      tie kommt, ein Urteil zu fällen. […] Man kann die
                         zu Begegnungen, die sich als äußerst hilfreich er-     Schönheit der Musik einem Menschen, der taub und
                         wiesen. Ich durfte die Bekanntschaft einiger Men-      empfindungslos ist, nicht beweisen.“1
Einsichten aus Büchern   schen machen, die mir die Lektüre bestimmter Bü-          Gleichzeitig weist er die Kritik jener zurück,
können das Leben         cher empfahlen – Bücher, die sich meinem Dilemma       die den biblischen Propheten unterstellen, ihre
verändern.               widmeten. Was daran so bemerkenswert ist: Einige       Botschaft sei Geltungssucht und Machthunger ent-

                                                                                                                                      © Sergey Nivens – Fotolia.com

8 | adventisten heute | November 2017
Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
Die Zukunf t des L e s e n s

sprungen. Heschel zeigt auf: Im Hinblick auf die da-
raus resultierenden Konflikte gab es keinen Anreiz,         Online-Umfrage: Adventistische Lektüre wird geschätzt
einen Akt göttlicher Offenbarung zu erfinden. Im            Im September konnte man sich auf der Facebookseite des Advent-Verlags
Namen Gottes zu sprechen führte zu dramatischen             an einer Umfrage zum eigenen Leseverhalten beteiligen. Erfragt wurde die
persönlichen Nachteilen und konnte die Zuhörer-             Häufigkeit des Lesens, die bevorzugten Lektüregenres (christliche/nicht-
schaft nur überaus selten positiv prägen. Vielmehr          christliche Sachbücher bzw. Romane) und welche Zeitschriften und Bücher
waren die Berufenen versucht, sich Gott zu entzie-          konkret in den letzten zwölf Monaten gelesen wurden. Auch wenn sich nur
hen und ihrem Auftrag den Rücken zu kehren.                 33 Personen (überwiegend zwischen 30 und 60 Jahren) an der Umfrage be-
   Diese Sichtweise war mir neu. Abraham Heschel            teiligt haben, geben die Ergebnisse einige Anhaltspunkte zum Leseverhalten
thematisierte meine Befürchtungen und hielt ih-             von Adventisten in Deutschland.
nen Argumente entgegen, die ich als eine große                 Danach herrscht bei den Genres ein relativ ausgewogenes Verhältnis zwi-
Hilfe empfand. Bis heute gehört er zu den Autoren,          schen Sachbüchern und Romanen sowie zwischen christlicher und nicht-
die ich am liebsten lese; wenn ich mich geistlich           christlicher Lektüre. Bei Sachbüchern haben christliche Titel leicht die Nase
„vertrocknet“ fühle, ist er einer der Ersten, zu des-       vorn, bei Romanen nichtchristliche Werke. Bei der Frage nach konkreten
sen Werken ich greife.                                      Titeln wurde bei den Zeitschriften am häufigsten (von jedem zweiten) Ad-
                                                            ventisten heute angegeben, auch present ist im Kommen. Daneben wird eine
Wenn atheistische Naturwissenschaftler an sich              große Bandbreite von nichtchristlichen und einigen christlichen Zeitschrif-
zweifeln                                                    ten gelesen.
Doch mindestens genauso wichtig waren naturwis-                Fast alle Teilnehmer haben in den letzten zwölf Monaten Bücher aus dem
senschaftliche Bücher und Aufsätze. Immer wieder            Advent-Verlag gelesen (24 Buchtitel wurden genannt). Bei den Themenwün-
rang ich mit der Frage, wie sich die Entstehung von         schen für Bücher aus dem Advent-Verlag wurden am häufigsten Sachbücher
Naturgesetzen und Lebewesen ohne Gott erklären              mit einem Bezug zu Aspekten des praktischen Christseins genannt, aber
ließe. Warum gibt es überhaupt etwas? Im Zentrum            auch Lebensratgeber, Bücher zu zeitgemäßem Gemeindeaufbau, zum Ver-
des gängigsten Modells steht der Urknall, der auch          schenken (missionarisch) und mit inspirierenden Geschichten.               tl
als unendlich hohe Energie auf unendlich kleinem
Raum definiert wird. Vielleicht ist es typisch für den
westlichen Kulturkreis, ursächlich zu denken – aber      Dadurch scheint sich das Problem einer ersten Ur-
wie ist diese Energie entstanden? Neben anderen          sache lediglich zu verschieben.
Titeln las ich zweimal Stephen Hawkings Bestseller          Obwohl es gewiss nicht die Absicht dieser Au-
Eine kurze Geschichte der Zeit. Der atheistische As-     toren war, haben ihre Ausführungen meinen Glau-
trophysiker vertritt ein Modell zur Entstehung des       ben belebt und mich von der Notwendigkeit eines
Universums, das ohne einen Anfang und ohne einen         Schöpfers überzeugt. Damit war noch längst nicht
Schöpfer auskommt. Trotzdem ist er fair genug, Ar-       geklärt, was Gott umtreibt und ob er sich über-
gumente zu diskutieren, die für die Existenz eines       haupt mitteilt. Aber von nun an durfte ich wie-
gezielten Schöpfungsaktes sprechen.                      der mit der Anwesenheit eines Größeren rechnen;
   So lässt sich im gesamten Universum und spe-          Autoren mit unbändigem Wissensdurst hatten mir
ziell auf der Erde das Phänomen der sogenannten          eröffnet, dass der Himmel nicht leer ist. Seitdem
„Feinabstimmung“ beobachten. Unsere Naturgeset-          plädiere ich dafür, Naturwissenschaftlern unsere
ze erwecken den Eindruck, exakt auf die Existenz         Aufmerksamkeit zu schenken – selbst (gerade?)
von Menschen zugeschnitten zu sein. Wären einige         dann, wenn sie unser Weltbild nicht teilen sollten.
Faktoren – wie z. B. die Entfernung der Erde zur         Ihre Neugier wird uns bereichern!
Sonne – nur geringfügig anders, könnten Men-
schen nicht existieren. Hawking hält fest: „Wäre         Gestärkt und gerettet
die Expansionsgeschwindigkeit eine Sekunde nach          Gott hatte also geantwortet und mir geholfen, in-
dem Urknall nur um ein Hunderttausendmillionstel         dem er mich auf die passende Literatur stoßen ließ.
Millionstel kleiner gewesen, so wäre das Universum       Natürlich war es damit nicht getan: Es bedurfte vie-
wieder in sich zusammengefallen, bevor es seine          ler Debatten und noch mehr einsamer Spaziergän-
gegenwärtige Größe erreicht hätte.“2 Wer vergleich-      ge, in denen ich meine Gedanken sortieren musste.
bare Umstände nicht Gott zuschreibt, muss von ei-        Rückblickend kann ich sagen, dass intensive Lek-
ner „Reihe verblüffender Zufälle“3 ausgehen.             türe und der anschließende Austausch über das
   Andere populärwissenschaftliche Veröffentli-          Gelesene meinen Glauben enorm gestärkt haben.
chungen auf dem Gebiet der theoretischen Physik          Wahrscheinlich wurde er dadurch sogar gerettet. ■
zeigen: Das „Nichts“, aus dem das Universum her-                                                                                        Rinaldo G. Chiriac
                                                         1 Abraham J. Heschel, Gott sucht den Menschen: Eine Philosophie des Juden-
vorgegangen sein soll, stellt durchaus etwas ande-          tums, 5. Auflage, Berlin, 2000, S. 179.
                                                                                                                                        Pastor für die Advent-
res dar, als wir Laien in der Regel annehmen. Selbst     2 Stephen Hawking, Eine kurze Geschichte der Zeit, 21. Auflage, Reinbek bei   gemeinden Darmstadt-
                                                            Hamburg, 2002, S. 159.
hier, in der vermeintlichen Leere, setzen manche         3 Stephen Hawking & Leonard Mlodinow, Der große Entwurf: Eine neue Erklä-
                                                                                                                                        Eberstadt und Rüssels-
die Existenz kleinster Partikel (Quanten) voraus.           rung des Universums, 3. Auflage, Reinbek bei Hamburg, 2010, S. 160.         heim.

                                                                                                                 adventisten heute | November 2017 | 9
Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
T he m a d e s M o na ts

Im Niedergang?
                                                                          Wie sich das Leseverhalten von
                                                                          Jugendlichen verändert hat

                       H
                               uch – ein Buch!“ oder „Buchdurst“ – mit              sponnen hatte. Das war einfach toll! Ich las, wo
                               solchen Slogans versuchen wir Schülerinnen           immer es möglich war: im Bus, auf Bahnreisen und
                               und Schüler des Schulzentrums Marienhöhe             langen Autofahrten in den Urlaub. Während mein
                        zum Lesen zu begeistern. Die Mediathek und die              Vater am Steuer saß, segelte ich in Gedanken mit
                        Schule unternehmen viel, um ihnen zu zeigen, wie            Kapitän James Cook in der Südsee und entdeckte
                        Bücher nicht nur ihren Schulalltag, sondern auch            mit ihm neue Inseln, und natürlich „zitterte“ ich
                        ihr Privatleben bereichern. Aber warum muss man             auch mit Fletcher Christian bei der Meuterei auf der
Wie wär‘s mit einem     Jugendlichen, die doch von Natur aus wissens­               Bounty.
Buch?                   durstig, wenn nicht gar lernbegierig sein müss-
                                                   ten, das Lesen wieder            Praktische Neuerungen durch die Digitalisierung
                                                   schmackhaft machen?              Aber – wie schon gesagt – diese Zeiten sind lan-
                                                   Ich glaube, dass die             ge vorbei! Was für mich damals in den 1960er und
                                                   Antwort vielschichtig            1970er Jahren wichtig war, gilt für heutige Jugend-
                                                   ist. Auch ein Blick zu-          liche längst nicht mehr. Bücher werden eher aus­
                                                   rück in die Vergangen-           sortiert, heimische Regale geleert. Waren wir vor et-
                                                   heit kann helfen.                lichen Jahren noch stolze Besitzer des 25-bändigen
                                                       Wenn ich an meine            Meyers enzyklopädischen Lexikons, leinen­gebunden
                                                   Kindheit und Jugend              und mit Goldschnitt, müssen wir heute feststellen,
                                                   denke – ich bin Jahr-            dass solche Werke einem bei antiquarischen Buch-
                                                   gang 1958 – dann war             läden und sogar auf Flohmärkten für wenige Euro
                                                   für mich die Welt der            verramscht werden. Die Informationen braucht man
                                                   Bücher eine ganz be-             nicht mehr nachschlagen, keine dicken Bücher wäl-
                                                   sondere, ja einzigar-            zen, ein paar Klicks im Internet genügen und man
                                                   tige. Bereits während            ist auf dem neusten Stand der Forschung. Wozu also
                                                   meiner Grundschulzeit            Lexika, deren Inhalt wahrscheinlich sowieso längst
                                                   erschloss sich mir mit           veraltet ist?! Natürlich stimmt das – und trotzdem
                                                   der Lektüre von z. B.            weigere ich mich, unseren „liebgewonnenen Meyer“
                                                   Alice im Wunderland              abzustoßen.
                                                   ein Reich der Phanta-                Anders verhält es sich mit der sogenannten „Ge-
                                                   sie, in dem ich träumen          brauchs- und Verbrauchsliteratur“. Wie erwähnt,
                                                   konnte und mich in die           habe ich mir früher alle Romane, die ich lesen woll-
                                                   Hauptfigur hineinver-            te, in Buchform zu Gemüte geführt, sie entweder
                                                   setzte. Als ich etwas äl-        aus Büchereien ausgeliehen oder gekauft. Meine
                                                   ter war, hörte ich beim          Kinder haben später davon profitiert – das heißt,
                                                   Lesen mitunter an ei-            sie konnten sich die Bücher aus dem Regal nehmen
                                                   ner spannenden Stelle            und loslesen. Durch unsere Arbeit und unsere Kin-
                                                   auf, legte mein Buch             der haben mein Mann und ich unser Leseverhalten
                                                   zur Seite und malte mir          im Laufe der Zeit verändert. Es gibt eine Fülle von
                                                   aus, wie die Handlung            Informationen, die wir uns selbstverständlich aus
                                                   weitergehen      könnte.         dem Internet holen, Urlaubslektüren können wir
                                                   Ich versuchte, die Pro-          uns als E-Books besorgen und so unser Reisegepäck
                                                   bleme meiner „Helden“            entlasten. So schön, so gut.
                                                © juniart – Fotolia.com

                                                   in meiner Phantasie zu               Wenn es bei einem veränderten Leseverhalten
                                                   lösen und las erst dann          tatsächlich nur darum ginge, von einem veralteten
                                                   nach, wie der Autor den          Medium (nämlich dem Buch) zu einem moderneren
                                                   roten Faden weiterge-            und effektiveren digitalen Medium zu wechseln,

10 | adventisten heute | November 2017
Die Zukunf t des L e s e n s

wäre wohl alles in Ordnung. Leider sieht die Wirk-    Schüler im verantwortungsbewussten Umgang mit
lichkeit ganz anders aus.                             den modernen Medien. Wir lassen sie zu vorgege-
                                                      benen Themen im Internet (zu Hause oder in der
Immer weniger Literaturerfahrung bei Jugend-          Schulmediathek) recherchieren und Präsentationen
lichen                                                mittels PowerPoint im Unterricht halten. Und na-
Hier kommt mein Schulalltag ins Spiel. Ich kann       türlich leistet das Internet in vielen Fächern unver-
heute im Deutsch- und Fremdsprachenunterricht         zichtbare Dienste – vor allem in der gymnasialen
nicht mehr auf Leseerfahrungen, wie ich sie in mei-   Oberstufe und bei der Vorbereitung auf das Abitur.
ner Jugend gemacht habe (und ich war bestimmt         Ob man sich über die Tagesereignisse informieren,
kein Einzelfall), zurückgreifen. Heutige Schülerin-   die Vergangenheit erforschen, Interpretationen zu
nen und Schüler beherrschen den Umgang mit den        literarischen Werken durchforsten will, stets wird
aktuellen Medien nahezu perfekt. Aber wie steht       man auf das Internet zurückgreifen.
es um ihre Literaturkenntnis? Ich kann nicht mehr         Und trotzdem: Obwohl es die Tageszeitung heute
selbstverständlich auf Werke wie Robinson Crusoe      online gibt, ich mein E-Book aus der Handtasche
eingehen und dabei voraussetzen, dass jeder, der      ziehen kann und mein Handy internetfähig ist,
den Mittelstufenunterricht besucht, seine Leseer-     möchte ich eine Lanze für das gute alte Buch (mit
fahrungen zu diesem Abenteuerroman einbringen         ansprechendem Einband und Seiten aus echtem
kann.                                                 Papier) brechen. Wir werden unser – zugegebener-
                                                      maßen veraltetes – Meyers-Lexikon mit Goldschnitt
                                                      behalten; natürlich wird auch die leinengebunde-
  Szene aus dem Unterricht                            ne, mit deutlichen Gebrauchsspuren versehene, alt-
  Lehrerin: „Hat jemand Erfahrungen mit ame-          ehrwürdige Bibel meines Vaters ihren besonderen
  rikanischer Literatur?“                             Platz in unserem Bücherregal behalten. Und dann
  Schüler (knapp 17 Jahre alt): „Ja. Lucky            sind da noch die Bilderbücher aus meiner Kindheit,
  Luke.“1                                             in denen sich auch unsere inzwischen erwachse-
  Lehrerin: „Nicht dein Ernst!“                       nen Kinder, mit dem einen oder anderen Fettfleck
  Schüler (etwas irritiert): „Doch. Wieso?“           verewigt haben … Niemals möchte ich diese Erin-
  Lehrerin ratlos.                                    nerungen missen, da mag sich das Leseverhalten
                                                      in der Gesellschaft ruhig verändern. Manche Dinge
                                                      haben einen bleibenden Wert.
Tatsache ist: Jugendliche haben heute kaum mehr
eigene Leseerfahrungen. Die modernen Medien ha-
ben zu einer Reizüberflutung geführt. Man liest           Wie wir das Lesen fördern können
nicht mehr die Primärliteratur, man sieht sich            • S ich bei einer Bücherei anmelden und
vielleicht die Verfilmung an – und auch nur, wenn            dort Bücher für die Freizeitbeschäftigung
sie hochspannend ist. Das verdirbt die Entwick-              ausleihen.
lung eigener Phantasie. Jugendliche verlernen zu          •Ä  lteren Menschen oder kleinen Kindern
träumen, sie konsumieren hauptsächlich das, was              vorlesen.
auf dem Bildschirm angeboten wird. Die Fähigkeit,         • L eserituale einhalten (z. B. jeden Abend
lösungsorientiert zu denken, wird kaum mehr ge-              eine gemütliche Lesestunde).
fördert, denn alles ist bereits vorgegeben. Hinzu         • Sich mit anderen über gelesene Bücher
kommt eine gewisse Oberflächlichkeit im Umgang              austauschen.
mit Problemen und – was noch gravierender ist –           • Gelesene Bücher weiterverleihen.
eine Verharmlosung von Gewalt. Es ist zuweilen            • Anderen (begeisterte) Leseempfehlungen
unglaublich, im Unterrichtsgespräch zu erfahren,            geben.
welche Filme Schüler, die noch keine 16 Jahre alt         • Sich an der ansprechenden Aufmachung
sind, bereits gesehen haben.                                eines Buches erfreuen.
                                                          • Lesewettbewerbe abhalten.
Ich möchte Bücher nicht missen                                                                                Ursula Herget
Moderne Medien sind natürlich im Fachunterricht                                                               unterrichtet Englisch
nicht mehr wegzudenken. Auch wir nutzen in den           Diese Aufzählung ließe sich noch erweitern.          (derzeit Fachspreche-
Klassen täglich „Smartboards“, holen uns jederzeit    Nicht zuletzt lernen gerade Schüler durch häufiges      rin) und Deutsch am
Informationen, Übungs- und Anschauungsmate-           Lesen eine bessere Rechtschreibung und einen gu-        Gymnasium des Schul-
rial aus dem Internet und können so den Schü-         ten Schreibstil. Auch ihre Phantasie und die Fähig-     zentrums Marienhöhe
lern wichtige Lehrinhalte schneller und aktueller     keit, problemlösend zu denken, werden gefördert. ■      in Darmstadt. Verhei-
präsentieren, als dies früher mit Tafeln und Krei-                                                            ratet, zwei erwachsene
de möglich war. Ebenso unterstützen wir unsere        1 Eine Comicreihe.                                      Söhne.

                                                                                          adventisten heute | November 2017 | 11
T he m a d e s M o na ts

Ein Traumberuf
                                                                                     Aus dem Alltag
                                                                                     eines Autors

                                         E
                                               rlebe ich etwas Schönes, ist mein erster Im-       rin aufgesucht und mir von ihr ausführlich zeigen
                                               puls, es aufzuschreiben, damit ich es nie wie-     lassen, wie man Uhren repariert. Seitdem bin ich
                                               der vergesse. Deshalb beginnt mein Roman           fasziniert davon, wie Uhren funktionieren.
                                         Das Mysterium damit, dass eine Schnecke über die
                                         Hand des Protagonisten kriecht und mit ihren fei-        Spannung aufbauen
                                         nen Raspelzähnchen an seiner Haut nagt.                  Ich versuche, eine Geschichte so zu erzählen, dass
                                            Ungute Erfahrungen halte ich genauso fest. Als        die Leser sie vor lauter Neugier kaum weglegen
                                         Kind erlebte ich ein „Schulgericht“ mit. Ein Jun-        können.
                                         ge aus meiner Klasse hatte in der Kaufhalle eine            Ein bestimmtes Weihnachtsfest werde ich nie ver-
                                         Batterie und eine Tafel Schokolade gestohlen. Dar-       gessen. Ich hatte in der Vorweihnachtszeit im Klei-
                                         aufhin wurde ein Nachmittag einberufen, bei dem          derschrank meiner Mutter nach meinen Geschenken
                                         wir als Schüler an den Rändern des Klassenzimmers        geforscht und sie gefunden. Damit war die Frage
                                         Platz zu nehmen hatten, während er, der „Ange-           beantwortet: „Was werde ich wohl bekommen?“ Das
                                         klagte“, allein in der Mitte saß. An der Frontseite      Fest war für mich ruiniert. Spannung ist das Her-
                                         des Raumes saßen Eltern und Lehrer als die Richter       beisehnen von Antworten. Die Kunst des Au-
                                         an Tischen. Nie werde ich vergessen, wie sie den         tors besteht darin, die Antworten so lange
                                         Jungen in die Mangel nahmen.                             wie möglich hinauszuzögern, und nie
                                            Es war nicht richtig gewesen, zu stehlen. Das         zuzulassen, dass an einem Punkt der
                                         wusste ich. Aber die Art, wie ihn sechs Erwach-          Geschichte alle Fragen gelöst sind.
                                         sene fertigmachten, kam mir unfair vor. Etwas in         Ist eine Frage beantwortet, muss
                                         mir zog sich zusammen vor Qual, und ich empfand          sich eine neue, noch entscheiden-
                                         Mitleid mit ihm.                                         dere ergeben. Idealerweise hält der
                                            Als ich für meinen Roman Der Tag X ein Schulge-       Autor zwei, drei Fragen auf ver-
                                         richt niederschrieb, habe ich an die Empfindungen        schiedenen Ebenen offen (ein per-
                                         von damals angeknüpft, auch wenn die Tatsachen,          sönliches Geheimnis, eine drohende
                                         die dem Roman zugrunde liegen, aus einem frühe-          äußere Gefahr etc.). Erst am Schluss
                                         ren Abschnitt der DDR-Geschichte stammen. Erich          der Geschichte dürfen die letzten Fra-
                                         Honecker gab am 15. April 1953 die „Liquidierung         gen zu einer Auflösung gebracht werden,
                                         der Jungen Gemeinden“ als Ziel aus. Die Jugendar-        wobei die eine oder andere Frage auch über
                                                                                                                                                © ArTo – Fotolia.com
                                         beit der Kirchen war der Partei ein Dorn im Auge.        den Text hinausweisen darf, ja sollte.
                                         Daraufhin wurden in Schulgerichten über dreitau-            Eine solche Spannung ist ohne Protagonisten
                                         send Schüler niedergemacht und – teils kurz vor          nicht möglich. Sie kann nur aufgebaut werden,
                                         dem Abitur – von der Schule geworfen.                    wenn es jemanden gibt, um den die Leser sich Sor-
                                            Aber nicht alles lässt sich aus eigenen Empfin-       gen machen. Die spannende Handlung sorgt dafür,
                                         dungen schöpfen. Die Recherche ist ein wichtiger         dass das Buch gekauft wird. Aber erst schillernde,
                                         Aspekt meiner Arbeit. Der Tag X gipfelt im Arbeiter-     glaubwürdige Figuren lassen die Leser das Buch lie-
                                         aufstand vom 17. Juni 1953. Um die Geschehnisse          ben und weiterempfehlen.
                                         richtig wiedergeben zu können, vor allem einen abs-         Auch im 21. Jahrhundert sind Menschen das
                        © Sandra Frick

                                         trusen Fall in Halle an der Saale, über den die Betei-   Faszinierendste, Überraschendste und Seltsamste
                                         ligten bis 1989 schweigen mussten, habe ich im Lan-      auf diesem Planeten. Eine Fundgrube für uns Auto-
                                         deshauptarchiv in Merseburg die Polizeiakten von         ren, ein Leben lang!
Titus Müller                             damals studiert. Ich habe Zeitzeugen befragt und            Deshalb liebe ich die Begegnungen, wenn ich zu
Autor historischer                       Niederschriften der Betroffenen gelesen. So versuche     etwa 60 Lesungen im Jahr durch das Land reise.
Romane und Kurzge-                       ich, der Wahrheit so nahe wie möglich zu kommen.         Interviews und die Sendung „Auserlesen“ im Hope
schichten. Mehr unter                       Weil im Roman ein Uhrmacher eine entscheiden-         Channel gehören ebenfalls zu meinen Aufgaben.
www.titusmueller.de.                     de Rolle spielt, habe ich außerdem eine Uhrmache-        Ein Traumberuf! ■

12 | adventisten heute | November 2017
Die Zukunf t des L e s e n s

„Erst gerollt, dann gestapelt,
gebunden und gescrollt“
Was ein Lektor über Bücher sagt – und mit ihnen macht

B
      ücher haben es in sich! Thomas Lobitz wollte       für die Arbeit in der Kirche (z. B. Handbücher oder
      wissen, warum. Deshalb interviewte er seinen       kircheninterne Diskussionsbeiträge). Ein weiterer,
      Kollegen aus dem Büro gegenüber: Daniel            traditionsreicher Schwerpunkt sind die Überset-
­Wildemann, den Buchlektor des Advent-Verlags.           zungen der Schriften Ellen Whites.
                                                            In der Vergangenheit war der Saatkorn Verlag
Alle gucken Filme, überall. Sind Bücher noch ein         sehr stark im Kinderbuchsektor. Diese „goldenen
zeitgemäßes Medium?                                      Jahre“ liegen lange hinter uns und es ist unser An-
Ich möchte das einmal so beantworten: Das Buch           liegen, mit dem neuen Team wieder mehr Angebote
ist ein ewiges Medium.                                   für Familien mit Kindern in unser Programm auf-
    Bücher haben eine sehr lange Kulturgeschichte,       zunehmen.
die sich in einem Satz zusammenfassen lässt: „Erst          Alles, was in dieses oben beschriebene Verlags-
gerollt, dann gestapelt, dann gebunden, dann ge-         profil passt, ist uns grundsätzlich willkommen.         Daniel Wildemann,
scrollt.“ Das Buch machte von der Schriftrolle an                                                                Lektor des Advent-
   eine Entwicklung durch. Als Pergamentrolle aus-       Wie offen ist der Verlag dabei für neue Wege?           Verlags.
        gewickelt, wurde es zum Kodex (Sammlung          Als Traditionsverlag (1895 in Hamburg gegründet,
           von Handschriften, zwischen Holzde-           seit 1994 in Lüneburg ansässig) fühlen wir uns mit
              ckeln zu einer Art Buch zusammen-          den ursprünglichen Werten noch immer verbunden.
                gefügt), dem klassisch gebundenen        Doch veränderte Lesegewohnheiten und die Her-
                  bzw. geleimten Buch bis hin zum        ausforderung, die „Tugend des Lesens“ stets neuen
                   digitalen E-Book. Glauben wir der     Generationen weiterzugeben, erfordern auch ein
                   biblischen Weisheitsliteratur, wird   stetiges Mit- und Umdenken sowie die Bereitschaft,
                    es so schnell nicht aussterben:      neue Buchprojekte oder -reihen zu entwickeln und
                   „…des vielen Büchermachens            zu experimentieren. Darin sehen wir als neues
                   ist kein Ende“ (Pred 12,12). Gott     Team auch einen Auftrag.
                  selbst wählte dieses Medium und
                ließ sein Wort aufschreiben (Bibel       Jemand kommt und sagt: „Ich habe eine Buch­
              von griech. biblion, „Buchrolle“); die     idee. Was muss ich tun, damit sie eine Chance
            Bibel berichtet von Gottes eigenen Bü-       auf Veröffentlichung hat?“
         chern (vgl. Phil 4,3; Offb 3,5; Dan 7,10).      Der beste Weg ist, uns ein Exposé zu schicken,
        Ich selbst habe das Buch erst spät, nach         in dem die wichtigsten Eckdaten der Projektidee
meiner Bekehrung, schätzen gelernt. Lesen und            steckbriefartig erfasst sind, etwa: Inhalt, Umfang,
glauben haben eine bemerkenswerte, innige Ver-           Zielgruppe, erste Gliederung. Idealerweise liegt die-
bindung. Der (Vor-)Leser wird in der Bibel glücklich     ser Einführung bereits ein Probekapitel bei. Nähere
gepriesen: „Selig ist, der da liest…“ (Offb 1,3). In     Infos dazu haben wir auch auf unserer Homepage
dieser Tradition steht natürlich auch der Advent-        hinterlegt.1
Verlag: Segen durch Lesen.                                  Die besten Chancen auf Veröffentlichung haben
                                                         Bücher, die wir als Verlag mitentwickeln können –
Welche Bücher veröffentlicht der Advent-Verlag?          da entsteht eine „Win-Win-Win-Situation“ für alle
Über die Jahre hat sich ein gewisses Verlagsprofil       Beteiligten: den Autor, den Verlag und den Leser,
in unseren Buchpublikationen geschärft. Wir ver-         deren Interessen ich als Lektor zu gleichen Teilen
suchen eine gute Mischung aus Büchern mit fol-           vor Augen habe.
genden Schwerpunkten zu finden: Inspiration für
den persönlichen Glauben (Andachtsbücher, Bibel,         Wie lange dauert es vom Exposé bzw.
adventistische Biografien), vertiefende theologi-        ­Manuskript zum fertigen Buch?
sche Studienbücher (biblisch, theologisch und ge-        Länger als man denkt! (lacht) Das ist natürlich sehr
schichtlich) und Arbeits- und Orientierungshilfen        unterschiedlich, da jedes Buch und jedes Projekt

                                                                                             adventisten heute | November 2017 | 13
T he m a d e s M o na ts

anders ist. Zwischen 6 und 24 Monaten ist       produkt verantwortlich. Bei uns im Haus
da alles dabei. Größere Projekte können
sogar noch länger dauern. Wir haben bei-
                                                geschieht das in enger Absprache mit der
                                                Verlagsleitung.                                               Inspiration!
spielsweise viele Übersetzungen aus dem
Englischen im Programm. Sie stellen eine        Du warst ja zuvor als Pastor tätig. Wo ist
                                                                                                              Dreimal im Jahr!
besondere Herausforderung dar. Hier muss        der pastoral-geistliche Bezug bei deiner                      Der Leserkreis Advent-Verlag –
der Lektor Übersetzungen in gutes Deutsch       jetzigen Aufgabe?                                             die Flatrate für gute Bücher
übertragen helfen, ohne dabei den (Wort-)       Sehr gute Frage! Das bin ich so auch schon
sinn des Originals zu entstellen.               einmal von einem empörten Gemeinde-                           Ist das Buch schon wieder durchgele-
   Vereinfacht gesagt gibt es bei Überset-      glied in Leitungsfunktion gefragt worden.                     sen, kaum dass du so richtig eintau-
zungen zwei Extreme: entweder sie sind             Seit den Anfängen unserer Kirche war                       chen konntest? Beschwert sich dein
genau oder sie sind schön. Die Balance          die Verlagsarbeit ein „geistliches Amt“ und                   Partner, weil du die ganze Nacht lang
zwischen schön und genau zu erzielen,           es gibt sogar eine Zusammenstellung von                       das Licht brennen lässt wegen der
ist die Kunst! Übersetzungen sind not-          Aussagen Ellen Whites zur Verlags- und                        spannenden Lektüre? Und findest du
gedrungen immer auch Übertragungen,             Redaktionsarbeit.2 Zunächst leuchtet das                      kaum Zeit, dich mit neuer, guter Lite-
da jede Sprache ihre Besonderheiten hat.        gar nicht ein. Was qualifiziert einen Pastor                  ratur zu versorgen, weil du die Bücher
Auch wenn wir bereits mit einer Vielzahl        zur Verlagsarbeit?                                            so schnell verschlingst?
von freiberuflichen und „ehrenamtlichen“           Da ist natürlich das theologische Arbei-                      Ja? Dann bitte den kommenden
Übersetzern zusammenarbeiten, sind wir          ten. Im Advent-Verlag liegen meine Ar-                        Absatz überspringen und unten wei-
als Verlag immer auf der Suche nach gu-         beitsschwerpunkte derzeit auf dem Buch-                       terlesen. ➔
ten, professionellen Übersetzern.               lektorat und der Bearbeitung des Bibel-                          Nein? Dann bitte hier weiterlesen:
   Bevor ich zum Verlag kam, hatte ich die      studienheftes (Standardausgabe), die ich                         Du hast zwar Lesen gelernt, aber
vage Vorstellung, dass Verlage nur darauf       mir mit der Verlagsleiterin Jessica Schult-                   findest kaum mehr Zeit für gute
warten, ein eingereichtes Manuskript zu         ka teile. Beide Arbeiten erfordern, neben                     Lektüre? Du möchtest gern über ak-
veröffentlichen. Sobald sie es erhalten,        Sprachgefühl, eine hohe theologische                          tuelle theologische Entwicklungen
kann es gedruckt werden. Ich glaube, das        Wachsamkeit und Kompetenz.                                    informiert bleiben? Oder eine inspi-
beschreibt ganz gut den Anteil des Autors          „Pastoral“ im weitesten Sinne ist auch                     rierende und berührende Lebensge-
am Herstellungsprozess. Das Buch ist da-        die Tatsache, dass der Verlag für die Frei-                   schichte lesen? Oder brauchst du ein
mit aber noch keinesfalls „fertig“. Der Text    kirche in Deutschland da ist. Neben kultu-                    Weihnachts-/Geburtstagsgeschenk für
ist ein Medium, mit dem ein Autor seine         rellen und geografischen Besonderheiten                       Partner, Mama, Papa, Oma, Opa,
Gedanken zu einem Leser transportiert.          haben wir auch theologisch unterschied-                       Schwester, Bruder oder Freund? Dann
Der Lektor (lat. lector, „Leser“, „Vorleser“)   liche Gewichtungen in Deutschland. Es                         … bitte hier weiterlesen.
soll dafür sorgen, dass dieser Vorgang          bleibt eine Herausforderung, für das ge-                         ➔ Für genau deine Situation haben
so geschmeidig und unmissverständlich           samte Spektrum unserer Gemeinde präsent                       wir den Leserkreis ins Leben gerufen.
wie möglich gestaltet werden kann und           und ansprechbar zu sein. Das ist auch eine                    Für nur 60 Euro im Jahr bekommst du
sprachliche oder inhaltliche Störgeräusche      Erfahrung, die jeder Ortspastor und jede                      drei Bücherlieferungen. Wir bemühen
beseitigt werden.                               Ortsgemeinde machen dürfte. Ich glaube                        uns jedes Jahr aus Neue um ausgewo-
                                                mit dem Entweder-oder-Denken, dass uns                        gene Lektüre zwischen Theologie und
Und was macht nun der Lektor ganz kon-          als Kirchen befallen hat (konservativ oder                    Biografie, zwischen anspruchsvoller,
kret? Zerpflückt er das Manuskript?             liberal) sind wir in eine lähmende und                        denklastiger und eher inspirierend-
Ich hoffe nicht! Das wäre weder in sei-         letztlich destruktive Sackgasse geraten,                      unterhaltsamer Lektüre. Als Leser-
nem eigenen noch im Interesse des Au-           aus der uns nur Gott durch seinen Geist                       kreismitglied musst du dich um nichts
tors! Müssen Manuskripte zu aufwendig           und unter Gebrauch unseres gesunden                           mehr kümmern; die Bücher landen di-
bearbeitet werden, lohnt es sich aus ver-       Menschenverstandes retten kann.                               rekt bei dir zu Hause (Postlieferung)
legerischer Sicht nicht mehr, sie heraus-          Als Verlag informieren wir, bieten Ori-                    oder deinem Büchertisch. Und als be-
zugeben. Im Idealfall nimmt der Lektor          entierung zu aktuellen wie theologischen                      sonderes Highlight gibt es noch ein
nur noch kleinere sprachliche Bearbeitun-       Grundfragen und „predigen das Wort zur                        Jahrespräsent, mit dem wir uns bei
gen vor.                                        Zeit und zur Unzeit“ (2 Tim 4,2) – wenn                       unseren treuen Leserkreismitgliedern
   Insgesamt hat er aber eine Vielzahl an       auch schriftlich. Wir wünschen uns aber                       bedanken.
Aufgaben. Als Projektkoordinator zieht er       letztlich eine mündige Leserschaft im Sin-                       Überzeugt und noch nicht mit von
nicht nur neue Projekte „an Land“, son-         ne des „Priestertums aller Gläubigen“ – die                   der Partie?
dern übernimmt bei laufenden Projekten          im Umgang mit dem Wort und den Men-                              Mit wenigen Klicks kannst du bei-
die gesamte redaktionelle Leitung. Er ist       schen den Glauben im Kontext des Alltags                      treten: www.advent-verlag.de/leser-
die Schnittstelle zwischen Autor und Ver-       deutet (also liest) und lebt. ■                               kreis im Internet oder per Telefon
lag, beauftragt Übersetzer, Designer, Gra-                                                                    (0800 2383680), E-Mail: leserkreis@
                                                1 Shortlink: http://bit.ly/2yxsRkQ
fiker für den Satz, prüft die ausgeführten      2 Ellen White, Counsels to Writers and Editors, Nashville,
                                                                                                              advent-verlag.de.                  js
Arbeiten und ist letztlich für das End-            ­Tennessee, 1946.

14 | adventisten heute | November 2017
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