Landesbeirat für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen Rundschreiben 02 / 2019 - MKW NRW

Die Seite wird erstellt Stefan-Nikolai Stolz
 
WEITER LESEN
Landesbeirat für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen Rundschreiben 02 / 2019 - MKW NRW
Landesbeirat für Vertriebenen-,
Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen
Rundschreiben 02 / 2019

                               www.mkw.nrw/landesbeirat
Landesbeirat für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen Rundschreiben 02 / 2019 - MKW NRW
Vorwort

                                                               Heiko Hendriks
                                                               Foto: MKW

Liebe Leserinnen und Leser,
                                                               In dem neuen Journal werden neben den Themen des
die zweite Ausgabe des Rundschreibens des Landesbeirats        Landesbeirats und den Informationen aus den Vereinen,
für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen       Verbänden und Landmannschaften auch mehr Informa-
in diesem Jahr ist etwas Besonderes, da der Landesbeirat       tionen über meine Arbeit als Landesbeauftragter für die
in seiner Juni-Sitzung einstimmig beschlossen hat, auch in     Belange von deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedlern
der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit neue Wege zu       und Spätaussiedlern zu finden sein. Freuen Sie sich mit uns
gehen. Somit halten Sie heute die letzte Ausgabe in dieser     gemeinsam auf diesen neuen Weg, mit dem wir hoffentlich
Form in Händen.                                                noch mehr Menschen erreichen werden.
Aber es besteht kein Grund zur Sorge.                          Jetzt aber wünsche ich Ihnen erst einmal wieder eine
                                                               interessante Lektüre unseres Rundschreibens, verbunden
Voraussichtlich Ende des Jahres erscheint das „neue“           mit dem Dank an alle, die sich für unsere gemeinsamen An-
Journal in einem neuen „Outfit“.                               liegen engagieren.
Es wird in seiner gesamten Erscheinung „ansprechender“ –
besser „lesbar“ – sein. Gestaltung, Schrift, Verwendung von    Mit besten Grüßen aus Düsseldorf
Farben werden sich dabei an den Gestaltungsrichtlinien des
Ministeriums für Kultur und Wissenschaft orientieren, denn     Ihr Heiko Hendriks
wie Sie sicherlich wissen ist der Landesbeirat beim Ministe-
rium für Kultur und Wissenschaft angesiedelt.

                                                               Vorsitzender des Landesbeirats für Vertriebenen-,
                                                               Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen
Landesbeirat für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen Rundschreiben 02 / 2019 - MKW NRW
Inhaltsverzeichnis

1   Kurz notiert                                       4

2	
  Wettbewerbe / Projektförderungen /Ausschreibungen
    Stipendienprogramme                                10

3	
  Tagungen / Veranstaltungen / Ausstellungen
    Bildungsangebote                                   13

4    itteilungen von Landsmannschaften, Stiftungen,
    M
    Verbänden und Vereinen in Nordrhein-Westfalen      24

5   Veröffentlichungen                                 35
Landesbeirat für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen Rundschreiben 02 / 2019 - MKW NRW
1 Kurz notiert

    1           Kurz notiert

    Spätaussiedlerzahlen in Nordrhein-Westfalen                  Regionalforum „Ja, wir engagieren uns, miteinander
                                                                 und füreinander!“
    In diesem Jahr sind bis einschließlich März 2019 in Nord-
    rhein-Westfalen insgesamt 316 Menschen nach den              Demokratie heißt Mitmachen – Die Bedeutung der politi-
    Regelungen des BFVG aufgenommen worden. 130 aus der          schen Bildung für die Deutschen aus Russland
    Russischen Förderation, 144 aus Kasachstan, 17 aus Weiß-
    russland, 3 aus Kirgistan, 8 aus Turkmenistan, 13 aus der
    Ukraine, eine Person aus Georgien. (Kompetenzzentrum
    für Integration)

    Aufnahmezahlen bundesweit

    In der Bundesrepublik sind in diesem Jahr (bis einschließ-
    lich April 2019) 2011 Menschen nach den Regelungen des
    BVFG aufgenommen worden, davon 701 aus Kasachstan,
    11 aus Georgien, 39 aus Kirgistan, 34 aus Moldau, 952 aus
    der Russischen Förderation, 1 aus Tadschikistan, 4 aus       Gruppenfoto – Teilnehmer und Diskutanten der Veranstaltung,
    Turkmenistan, 202 aus der Ukraine, 21 aus Usbekistan,        Foto: OBS
    46 aus Weißrussland.

    Von diesen 2011 Menschen waren 474 Personen deutsche
    Volkszugehörige im Sinne des § 4 BVFG, 1.193 sind Perso-
    nen gemäß § 7 BVFG als Ehegatten und Abkömmlinge eines
    Spätaussiedlers, sowie 344 Personen gemäß § 8 BVFG
    weitere Familienangehörige des Spätaussiedlers nach
    Deutschland eingereist.

       ttp://www.kfi.nrw.de/wissenstransfer/statistik2/
      h
      NRW-weite-Zahlen/2018/Monatsbericht-2018-04.pdf
                                                                 Heiko Hendriks und Prof. Dr. Boos-Nünning in der Debatte,
      http://www.kfi.nrw.de/wissenstransfer/statistik2/         Foto: OBS
      NRW-weite-Zahlen/Monatsbericht-2017-12.pdf
                                                                 Kann man Partizipation durch politische und kulturelle
                                                                 Bildung erhöhen? Mit dieser und weiteren komplexen
                                                                 Fragen beschäftigte sich das zweite Regionalforum der
                                                                 Otto Benecke Stiftung e.V. (OBS). Knapp 60 Gäste waren

4
Landesbeirat für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen Rundschreiben 02 / 2019 - MKW NRW
Rundschreiben Nr. 2                            August 2019

                                                               die Entwicklung der Gesellschaft mitgestalten. Allerdings
                                                               wird es dann schwierig, wenn einem die finanziellen Mittel
                                                               fehlen“, so Dietmar Schulmeister (LmDR).
                                                               Auch das zeigt das Projekt IKudaR: dass Wege gefunden
                                                               werden müssen, um jeden Einzelnen anzusprechen, zu
                                                               informieren und zu motivieren. Denn besonders die Partizi-
                                                               pation erhöht die Akzeptanz von politischen Entscheidun-
                                                               gen, führt zu mehr Verantwortungsübernahme und Identi-
                                                               fikation und trägt letztlich dazu bei, die Distanz zwischen
                                                               Bürgerinnen und Bürgern und Politik deutlich zu verringern.
                                                               So wurde in der Diskussion mit Vertretern des Landtags
                                                               NRW auch deutlich, dass die These, dass die AfD die Lieb-
                                                               lingspartei der Russlanddeutschen sei, empirisch nicht
Heiko Hendriks mit seinem Statement, Foto: OBS                 haltbar ist. „Eine gewisse Politikverdrossenheit ist vermut-
                                                               lich ein gesamtgesellschaftliches Phänomen und einfache
Ende April im Großen Saal des Ministeriums für Kultur und      Lösungen gibt es heutzutage zu den komplexen Themen in
Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen auf Ein-           unserem Leben nicht mehr,“ so Dr. Lothar Theodor Lemper,
ladung der Otto-Benecke-Stiftung zusammengekommen,             Geschäftsführender Vorsitzender des Otto-Benecke-Stif-
um die spannenden Vorträge und Diskussionen zur Frage          tung e.V.. „Allerdings gilt es auch hier, die obersten Grund-
des politischen Engagements der Deutschen aus Russland         werte unserer Demokratie in Deutschland selbstbewusst
zu verfolgen. Eröffnet wurde das Regionalforum mit einem       und gegen rechtsextreme Haltungen zu verteidigen.“, so
Grußwort von Heiko Hendriks, Beauftragter der Landes-          Lemper in seinem Abschlussplädoyer.
regierung für die Belange von deutschen Heimatvertriebe-
nen, Aussiedlern und Spätaussiedlern, gefolgt von einem
Fachvortrag von Prof. em. Dr. Ursula Boos-Nünning.             Delegierte der Landsmannschaft der Deutschen aus
Im Zentrum des Regionalforums stand die Vorstellung des        Russland NRW wählen neuen Vorstand
„Modellprojekts zur Erprobung von Angeboten inter- und
intrakultureller Bildung in nordrhein-westfälischen Orga-
nisationen der Deutschen aus Russland“ (IKuDaR), das
der Verein zur Integration von russlanddeutschen Aus-
siedlern (VIRA e.V.) und die OBS in Kooperation mit der
Landesgruppe NRW der Landsmannschaft der Deutschen
aus Russland seit August 2018 durchführen. Inhaltliche
Schwerpunkte des Projektes sind Angebote zur politischen
und kulturellen Bildung, die informieren und letztendlich
die Partizipation der Zielgruppe an politischen Prozessen
erhöhen sollen. „Das ist nicht einfach“, so Christian Spren-
ger des LMDR aus Düsseldorf, „aber ein Rundgang im Haus
                                                               Der neu gewählte Vorstand des LmDR NRW
der Geschichte in Bonn kann zum Beispiel dazu beitragen,
dass wir anschließend gemeinsam über Fragen der Wahl-
beteiligung oder Möglichkeiten der Partizipation disku-        Auf der Landesdelegiertenversammlung der Landesgruppe
tieren.“ Diesen praktischen Ansatz bestätigt auch Tatjana      Nordrhein-Westfalen der Landsmannschaft der Deutschen
Weber vom JSDR, die sich mit innovativen Angeboten für         aus Russland e. V. am 25. Mai 2019 wurde ein neuer Vor-
Kinder und jüngere Erwachsene befasst. „Unsere Erfah-          stand gewählt. Bei der Versammlung im Gerhart-Haupt-
rungen zeigen, dass Jugendliche besonders dann Interesse       mann-Haus in Düsseldorf wurden zudem einzelne Aufga-
an dem Thema zeigen, wenn es im Rahmen von Freizeiten          ben neu verteilt und Ressorts zugeschnitten.
oder Sportveranstaltungen dargeboten wird und globaler
gesehen wird. Ganz unter dem Motto: `Heimat ist da, wo         Dietmar Schulmeister wurde als Vorsitzender im Amt be-
WLAN ist´.“                                                    stätigt, unterstützt wird er durch die stellvertretenden Vor-
Eine zentrale Frage blieb dabei offen, nämlich inwiefern       sitzenden Silvana Schindel, Roman Friedrich und Eleonora
auch diese Zielgruppe vorhandene Strukturen nutzen kann,       Faust. Neu gewählt in das Amt des Schatzmeisters wurde
selbstbewusst und selbstverantwortlich auf politische          Ewald Tews, die Schriftführung übernimmt zukünftig Julia
Prozesse und Entscheidungen Einfluss zu nehmen. „Ge-           Lebedev. Die Arbeit des Beisitzers teilt sich das Dreige-
sellschaftlicher Zusammenhalt braucht politische Teilhabe,     spann Irina Müller, Irma Merkel und Albert Schessler.
und wir wollen, dass alle Bürgerinnen und Bürger aktiv

                                                                                                                           5
Landesbeirat für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen Rundschreiben 02 / 2019 - MKW NRW
1 Kurz notiert

Die Landesdelegiertenversammlung des LmDR NRW, Foto: LmDR

Dietmar Schulmeister umreißt die zukünftige Arbeit des        In seinem Grußwort wies der Landesbeauftragte u.a. darauf
neuen Vorstandes: „Zunächst bin ich froh, dass die De-        hin, dass es „die Landesregierung von Nordrhein-West-
legierten der Landsmannschaft mir erneut ihr Vertrauen        falen als eine wichtige Aufgabe ansieht, die Erinnerung an
ausgesprochen haben. Mit dem Mix aus bekannten und            Flucht und Vertreibung der Deutschen während und nach
neuen Gesichtern im Vorstand sind wir hervorragend auf-       dem 2. Weltkrieg wachzuhalten. Die Zahl der Deutschen,
gestellt, begonnene Projekte fortzuführen sowie neue Ideen    die Flucht und Vertreibung persönlich erlebt und erlitten
für die Deutschen aus Russland in Nordrhein-Westfalen         haben, wird zunehmend kleiner. Rund 600.000 Menschen
umzusetzen.“                                                  leben in Nordrhein-Westfalen, die noch der sogenannten
                                                              Erlebnisgeneration angehören, also Flucht und Vertreibung
Die Mitglieder des Vorstandes übernehmen auch Ressorts        am eigenen Leib erfahren mussten. Solange die Möglich-
und gründen Ausschüsse. Mehr auf www.lmdr-nrw.de.             keit besteht, mit dieser Erlebnisgeneration ins Gespräch zu
                                                              kommen, sollte diese Chance genutzt werden. Ziel muss es
Gedenken der deutschen Opfer von Flucht und                   sein, das Wissen an die nachfolgende Generation weiterzu-
Vertreibung nach dem II. Weltkrieg                            geben und diese für das Thema zu sensibilisieren.“

                                                              Der Gedenktag wurde durch Beschluss der Bundesregie-
                                                              rung 2014 eingeführt und soll der Erinnerung an die „welt-
                                                              weiten Opfer von Flucht und Vertreibung und insbesondere
                                                              der deutschen Vertriebenen“ dienen.

                                                              Delegation um den NRW-Aussiedlerbeauftragten Heiko
                                                              Hendriks besuchte Siebenbürgen/Rumänien

                                                              Im Rahmen einer viertägigen Reise hat eine Delegation um
                                                              den NRW-Aussiedlerbeauftragten Heiko Hendriks Sieben-
                                                              bürgen/Rumänien besucht. Stationen waren u.a. Hermann-
                                                              stadt, Kronstadt, Deutsch-Weißkirch und Schässburg. Ziel
                                                              war es, mehr über die Situation der deutschen Minder-
                                                              heit in Rumänien zu erfahren. An der Reise nahmen auch
Vertriebenenbeauftragter Heiko Hendriks mit Teilnehmern der
                                                              Vertreter des Verbandes der Siebenbürger Sachsen aus
Gedenkveranstaltung auf Schloss Burg, Quelle: MKW
                                                              Nordrhein-Westfalen teil (u.a. der Landesvorsitzende der
                                                              Siebenbürger Sachsen Rainer Lehni).
Anlässlich des Gedenktages für die Opfer von Flucht und
Vertreibung am 20. Juni hat der Landesbeauftragte für die     In Hermannstadt (rumänisch: Sibiu) führte der Beauftragte
Belange von deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedlern         der Landesregierung für die Belange von deutschen Hei-
und Spätaussiedlern und Vorsitzende des Landesbeirats,        matvertriebenen, Aussiedlern und Spätaussiedlern, Heiko
Heiko Hendriks, auf Einladung des Bundes der Vertriebenen     Hendriks, unter anderem ein Gespräch mit dem Bischof
(BDV) NRW zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern          der evangelischen Landeskirche, Reinhard Guib, und mit
des BDV - an der Spitze dessen Landesvorsitzender Rudi        der deutschstämmigen Bürgermeisterin von Hermann-
Pawelka - sowie Repräsentanten aus der Stadt Solingen, in     stadt, Astrid Fodor (siehe Bild), sowie mit Vertretern des
der Gedenkstätte des deutschen Ostens auf Schloss Burg        Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien. Alle
in Solingen den Opfern von Flucht und Vertreibung gedacht     Gesprächspartner machten deutlich, dass die Deutschen,
und einen Kranz in den NRW-Farben niedergelegt.               die sich bereits ab dem 12. Jahrhundert in Siebenbürgen

6
Landesbeirat für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen Rundschreiben 02 / 2019 - MKW NRW
Rundschreiben Nr. 2                                August 2019

(v.l.n.r.): Heiko Hendriks, Bürgermeisterin Astrid Fodor,     Vertreter des Demokratischen Forums der Deutschen in Kron-
Rainer Lehni, Quelle: Heike Mai-Lehni                         stadt mit Heiko Hendriks (6.v.r.) und Rainer Lehni (3.v.r.)
                                                              Caroline Fernolend, Kreisvorsitzende des Kronstädter Forums
niedergelassen haben, auch heute, insbesondere in Sieben-     (5.v.r.) und Thomas Sindilariu, Vorsitzender des Ortsforums
bürgen, hohes Ansehen genießen. Oftmals sind sie das Bin-     Kronstadt (2.v.r.), Quelle: MKW
deglied zwischen der rumänischen Mehrheitsgesellschaft
und deutschen Firmen, die sich insbesondere im Raum
Hermannstadt angesiedelt haben. Beim anschließenden           Geistes weiter zusammenwachsen. Auch wenn die meisten
Besuch des Brukenthalgymnasiums, einer Staatsschule           Deutschen aus Rumänien mittlerweile u. a. nach Deutsch-
mit „Unterricht in der Sprache der deutschen Minderheit“,     land ausgesiedelt sind, zeugen doch einige Rückkehrerin-
sowie des Museums im Teutsch-Haus unterstrichen die Ge-       nen und Rückkehrer, die wir in den vielen Gesprächen auch
sprächspartnerinnen, dass der Anteil der Deutschen an der     kennengelernt haben, davon, dass zumindest Siebenbür-
Gesamtbevölkerung in Rumänien mittlerweile nur noch ca.       gen eine interessante Region zum Leben und Arbeiten ist.
0,5 % beträgt. Umso bemerkenswerter ist es, dass ca. 20%      Auch von der völkerverständigenden Arbeit des Verbandes
aller Rumänen deutsch sprechen und die Nachfrage nach         der Siebenbürger Sachsen bin ich nach unserem Besuch
dem Erlernen der deutschen Sprache ungebrochen hoch           überzeugter denn je!“
sei. Eine Erkenntnis war daher, dass der Erhalt der deut-
schen bzw. deutschsprachigen Schulen somit von großem         Hintergrund: Das Land Nordrhein-Westfalen hat 1957 eine
Wert für alle Beteiligten ist.                                Patenschaft über die Landsmannschaft der Siebenbürger
Über Zeiden (Codlea) fuhr die Delegation in die größte        Sachsen übernommen. Gemäß Koalitionsvereinbarung will
Stadt Siebenbürgens: Kronstadt (Brasov). Dort standen         das Land Nordrhein-Westfalen diese Patenschaft wieder
wiederum Gespräche mit dem Demokratischen Forum der           stärker leben.
Deutschen in Rumänien (siehe Bild) sowie ein Besuch der
deutschen Partnerschule der Bundesrepublik Deutschland,       Rentensituation der Spätaussiedler
dem „Johannes Honterus Nationalkolleg“ an. In beiden
Gesprächen wurde deutlich, dass es an deutschsprachigen       Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihr besonderes Inter-
Lehrer(inne)n und an Schulpartnerschaften mit NRW-Schu-       esse an der aktuellen Rentensituation der Spätaussiedler
len fehle. Die Delegation versicherte zu prüfen, ob man an    bekundet. „Spätaussiedlern eine angemessene soziale
dieser Stelle helfen kann.                                    Absicherung im Alter zu gewährleisten, ist ein wichtiges An-
In Deutsch-Weißkirch (Viscri) besuchte die Delegation die     liegen der Bundesregierung“, heißt es in einem Schreiben
deutsche Minderheit und besichtigte die Kirchenburg, die      des Bundeskanzleramtes an die Bundesvorsitzende vom
Weltkulturerbe ist. In Reps (Rupea) konnten die Gäste aus     Verband der Siebenbürger Sachsen Herta Daniel. Dabei
NRW einen Dualen Ausbildungsbetrieb und ein von der           setze sie bei der anstehenden Prüfung und Neubewertung
Kirche betriebenes Altenheim besichtigen.                     der Aussiedlerrenten durch die Bundesregierung gemäß
Zum Abschluss traf sich die Delegation u.a. mit dem           dem Koalitionsvertrag auf einen Ausgleich über eine Fonds-
Dechanten des Kirchenbezirks Schässburg (Sighisoara),         lösung für Härtefälle.
Bruno Fröhlich.                                               Das Bundeskanzleramt begründete die Rentenkürzungen
Resümee von Heiko Hendriks: „Die Unterstützung der            der 1990er Jahre: Die Einschränkungen im Fremdrenten-
deutschen Minderheit durch Deutschland und auch durch         recht sollten dazu beitragen, „die Akzeptanz von Renten-
die rumänische Regierung ist sehr positiv und bewirkt, dass   leistungen, denen keine Beitragszahlung an einen Träger
Deutschland und Rumänien im Sinne des europäischen            der Deutschen Rentenversicherung gegenübersteht, in der
                                                              Bevölkerung weiterhin zu gewährleisten“. Damals hätten

                                                                                                                            7
1 Kurz notiert

nach dem Fremdrentengesetz (FRG) gezahlte, auf der            sich über die außerordentliche Erfolgsgeschichte der Auf-
Grundlage von Tabellenentgelten berechnete Renten teil-       nahme und Integration von Deutschen aus der ehemaligen
weise Renten überstiegen, die auf in Deutschland geleiste-    Sowjetunion auszutauschen.
ten Beiträgen beruhten. Zudem haben viele Spätaussiedler      Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, Horst See-
nach ihrer Zuwanderung die Möglichkeit gehabt, ihre Rente     hofer: „Über 2,4 Millionen Deutsche kamen seit 1990 aus
durch eine Beschäftigung in Deutschland zu verbessern.        den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion in die Bundesre-
Das Bundeskanzleramt wies darauf hin, dass Spätaussied-       publik. Sie sind schnell Teil unserer Gesellschaft geworden -
ler, deren im ausländischen Herkunftsgebiet zurückgelegte     das ist eine große Leistung, die ausdrückliche Anerkennung
Versicherungszeiten nach dem Fremdrentengesetz in der         verdient. Aussiedler und Spätaussiedler sind gleichzeitig
gesetzlichen Rentenversicherung anerkannt werden, von         aber auch Deutsche mit besonderer Geschichte, für die wir
Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversi-      wegen ihres schweren Schicksals nach dem Zweiten Welt-
cherung profitierten. Das am 1. Januar 2019 in Kraft getre-   krieg in besonderer Verantwortung stehen. Ihre bewegende
tene Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisie-      Vergangenheit und reiche Kultur sind Bestandteil der deut-
rung in der gesetzlichen Rentenversicherung stelle sicher,    schen und der gesamteuropäischen Geschichte.“
„dass das Rentenniveau bis 2025 mindestens 48 Prozent         Vor rund 250 Jahren suchten Deutsche auf Geheiß von
beträgt“. Darüber hinaus werde Erziehenden von vor 1992       Zarin Katharina der Großen ihr Glück als Siedler im Rus-
geborenen Kindern ein weiteres halbes Jahr Kindererzie-       sischen Reich. Mit dem Zweiten Weltkrieg änderte sich
hungszeit angerechnet. Überdies sei die Zurechnungszeit,      das Schicksal für die deutschen Volkszugehörigen in der
nach der Erwerbsminderungsrenten so berechnet werden,         Sowjetunion jedoch abrupt: Die einst Willkommenen er-
als ob die Betroffenen nach Eintritt der Erwerbsminderung     litten Diskriminierung, Deportation und Zwangsarbeit. Erst
wie bisher weitergearbeitet hätten, „noch einmal erheblich    mit dem Fall des Eisernen Vorhangs erfüllte sich für viele
verlängert“ worden.                                           von ihnen die Hoffnung, den Sehnsuchtsort Deutschland
                                                              endlich auch zur Heimat werden zu lassen.
    h
     ttps://www.siebenbuerger.de/zeitung/artikel/ver-        Viele von Ihnen haben Deutschland über Generationen
    band/19731-spaetaussiedlerrente-bundeskanzlerin.html      hinweg als Heimat im Herzen bewahrt. Diese besondere
    (gekürzt)                                                 Leistung der Deutschen aus der ehemaligen Sowjetunion
                                                              sollte beim Dialogforum im Bundesinnenministerium ge-
Heimat im Herzen, Heimat in Deutschland                       würdigt werden

Bundesinnenminister Seehofer würdigt Deutsche aus               h
                                                                 ttps://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemittei-
Russland                                                        lungen/DE/2019/06/heimat-im-herzen.html

Am 04. Juni 2019 eröffnete der Parlamentarische Staats-
sekretär beim Bundesminister des Innern, für Bau und
Heimat, Stephan Mayer, das Dialogforum mit Deutschen
aus Russland. Das Forum fand unter dem Motto „Heimat
im Herzen, Heimat in Deutschland“ statt und bot Gästen
aus Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur die Möglichkeit,

8
Rundschreiben Nr. 2                            August 2019

Bundesversammlung der Landsmannschaft Schlesien                Das deutsche Wolgagebiet - Eine unvollendete Foto-
in Fulda                                                       geschichte – Fotoausstellung zum 100. Jahrestag der
                                                               Wolga-Deutschen-Autonomie im Lew Kopelew-Forum
                                                               in Köln

Die Bundesversammlung der Landsmannschaft Schlesien,
Ober- und Niederschlesien tagte im Bonifatiushaus in Fulda.
Foto: LBHS
                                                               Fotos © RusDeutsch
Die zweitägige Bundesdelegiertenversammlung der Lands-
mannschaft Schlesien, Nieder- und Oberschlesien tagte          Die Ausstellung zeigt einzigartige historische Fotografien
als höchstes Organ in diesem Jahr im hessischen Fulda.         aus russischen und deutschen Staatsarchiven über das
Vertreter der Landsmannschaft der Oberschlesier waren          Leben der Wolgadeutschen. Viele der Fotografien werden
ebenfalls nach Fulda gekommen. Nach einem festlichen           erstmals öffentlich gezeigt. Sie sind Zeugnis des traditio-
Empfang der Stadt Fulda für die Gäste im Grünen Zimmer         nellen deutschen Lebens während der Hungersnot von
des Stadtschlosses trafen erstmals die beiden Vorstände                                                  1921–1922, des
der Landsmannschaften Schlesien und der Oberschlesier                                                    Aufbaus und der
mit ihren Bundesvorsitzenden Stephan Rauhut und Klaus                                                    Entwicklung von
Plaszczek zu einer gemeinsamen Sitzung zusammen.                                                         Landwirtschaft
Wichtige Themen der Bundesversammlung waren die                                                          und Industrie der
Herkunftserinnerung und Kulturpflege sowie das große                                                     Republik und vieler
Deutschlandtreffen der Schlesier 2019 in Hannover. The-                                                  anderer Aspekten
matisiert wurde auch ein möglicher Zusammenschluss der                                                   des Lebens in der
Landsmannschaft mit der Landsmannschaft der Ober-                                                        deutschen Autono-
schlesier. Hierzu sprachen sich die Delegierten der Bundes-                                              mie. Mit dem Mani-
delegiertenversammlung der Schlesier in Fulda einstimmig                                                 fest von Katharina
und ohne Enthaltungen für einen Zusammenschluss aus.           der Großen im Jahr 1763, das Ausländern erlaubte, sich im
(Pm gekürzt Hessische Landesvertriebenenbeauftragte)           Russischen Zarenreich niederzulassen, siedelten tausende
                                                               Europäer in den Folgejahren in das Wolgagebiet. Ein er-
Anerkennungsleistung an ehemalige zivile deutsche              heblicher Teil der Einwanderer stammte aus dem heutigen
Zwangsarbeiter                                                 Deutschland, und im Jahr 1918 wurde auf dem Territorium
                                                               der Wolgaregion eine national-territoriale Autonomie ge-
63 % der Anträge sind bearbeitet                               schaffen. Ursprünglich erhielt sie den Namen „Autonome
Nach aktuellen Informationen des BVA zum Antrags- und          Region der Wolgadeutschen“. Von Januar 1924 bis Septem-
Bearbeitungsstand der Anerkennungsleistung an ehemalige        ber 1941 hieß sie „Autonome Sozialistische Sowjetrepublik
zivile deutsche Zwangsarbeiter (ADZ) sind bis Ende Februar     der Wolgadeutschen“. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs
2019 63 % aller Anträge abschließend bearbeitet worden.        in der UdSSR erließ Stalin ein Dekret, wonach Sowjetdeut-
Da die Antragssteller zu 90 % ein Alter von 80 Jahren und      sche nach Sibirien und Kasachstan zu deportieren sind. Die
älter erreicht haben, ist die Bearbeitung der insgesamt mehr   Ausstellung erzählt auch vom Schicksal der deportierten
als 46.000 Anträge besonders dringlich. Das BVA bewältigt      Russlanddeutschen und wie es ihnen gelang, ihre deut-
diese Herausforderung in beachtenswerter Weise, so der Be-     schen Traditionen über die Jahrhunderte zu bewahren.
auftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten,     Begleitet wird die Ausstellung von einem Fotoalbum, das
Prof. Dr. Bernd Fabritius. Der Beauftragte dankt den Mit-      die Geschichte deutscher Autonomie an der Wolga mit
arbeitern des Bundesverwaltungsamtes (BVA) für die zügige      ihren Höhe- und Tiefpunkten dokumentiert. Die Ausstellung
Antragsbearbeitung.                                            wurde Ende Juni mit einer Vernissage eröffnet. Im Rahmen
                                                               dieser Veranstaltung fand unter Moderation von Katharina
  h
   ttps://www.aussiedlerbeauftragter.de/Sha-                  Heinrich ein Gespräch mit der Herausgeberin der Moskau-
  redDocs/Kurzmeldungen/AUSB/DE/adz-stand-                     er Deutschen Zeitung Olga Martens und dem Beauftragten
  maerz-2019.html;jsessionid=B3631AA5B83E-                     für die Belange von Spätaussiedlern Heiko Hendriks statt.
  2B2060A423F4F9563DB1.2_cid295?nn=3791990                                                        Lew-Kopelew-Forum, Köln

                                                                                                                          9
2 Wettbewerbe / Projektförderung / Ausschreibungen / Stipendienprogramme

2           Wettbewerbe/Projektförderung/
            Ausschreibungen/Stipendienprogramme

NRW-Schülerwettbewerb „Begegnung mit Osteuropa“:              Die nordrhein-westfälischen Preisträgerinnen und Preis-
Landesregierung vergibt Siegerpreise                          träger kommen aus Ahaus, Beckum, Beverungen, Bocholt,
                                                              Bochum, Coesfeld, Detmold, Dortmund, Dülmen, Düren,
Seit 1953 haben mehr als drei Millionen Schülerinnen          Duisburg, Düsseldorf, Ennigerloh, Essen, Euskirchen, Köln,
und Schüler am Kreativwettbewerb teilgenommen.                Lemgo, Lindlar, Marl, Mönchengladbach, Münster, Neuen-
                                                              kirchen, Nottuln, Oberhausen, Ratingen, Recklinghausen,
Zum 66. Mal findet der Schülerwettbewerb des Landes NRW       Schmallenberg, Steinhagen und Wuppertal.
„Begegnung mit Osteuropa“ statt. Das diesjährige Motto
lautet: „Europa – Zukunft braucht Geschichte“.                Der Wettbewerb ist nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden
Prof. Dr. Hans-Ulrich Baumgarten, Gruppenleiter im Minis-     – motiviert durch die Neuordnung Europas und die damit
terium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW, hat        verbundenen Erfahrungen von Flucht und Vertreibung.
als Vertreter der Landesregierung Nordrhein-Westfalen die     Generationen von Schülerinnen und Schülern sowie von Leh-
diesjährigen 50 Preisträgerinnen und Preisträger im Haus      rerinnen und Lehrern aus Ost und West haben einander auch
der Stadt in Düren ausgezeichnet.                             über die Teilnahme an diesem Wettbewerb kennengelernt
Am diesjährigen Wettbewerb haben sich 4.024 Kinder und        und den europäischen Gedanken mit Leben gefüllt.
Jugendliche aus Nordrhein-Westfalen und aus 16 mittel-,       „Mit dem Wettbewerb möchten wir junge Menschen dafür
ost- und südosteuropäischen Staaten mit 1.612 Beiträgen       gewinnen, sich mit den Themen Flucht, Vertreibung und Aus-
beteiligt. Das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des    siedlung auseinanderzusetzen, insbesondere im Kontext von
Landes NRW fördert den Wettbewerb mit jährlich 130.000 €.     Europa. Angesichts globaler Entwicklungen und spürbarer
Die Auszeichnungen gehen an zehn Delegationen aus Kroa-       Veränderungen wächst die Gefahr, dass neue Mauern in den
tien, Lettland, Litauen, Polen, Russland, Serbien, Slowakei   Köpfen der Menschen entstehen und man die geschichtli-
sowie aus Ungarn.                                             chen Ereignisse aus den Augen verliert.

10
Rundschreiben Nr. 2   August 2019

Die Zukunft Europas liegt in den Händen der jungen Men-
schen. Wir möchten mit diesem Wettbewerb erreichen,
dass junge Menschen gemeinsame europäische Wurzeln
entdecken und in eine gemeinschaftliche Zukunft starten.“,
führte Prof. Baumgarten in seiner Festansprache aus. Im
Jahr 2020 steht der Schülerwettbewerb „Begegnung mit
Osteuropa“ unter dem Motto „Europa – da mache ich mit“.
Er richtet sich an alle Schülerinnen und Schüler ab der
Grundschule in Nordrhein-Westfalen sowie in den Staaten
Mittel-, Ost- und Südosteuropas. Die Projekte basieren
auf den aktuellen Richtlinien für die verschiedenen Unter-
richtsfächer und Schulformen und können daher direkt im
Fachunterricht erarbeitet werden. Alle Schulen erhalten die
neuen Wettbewerbsunterlagen.

  h
   ttp://www.schuelerwettbewerb.eu/unserWettbewerb/
  nachrichten/LSE-66-Dueren-2019/index.php

Eine kleine Übersicht über prämierte Wettbewerbsbeiträge
Fotos: MKW

                                                                                             11
2 Wettbewerbe / Projektförderung / Ausschreibungen / Stipendienprogramme

 Richeza-Preis für Projekte des Gehart-Hauptmann-Hauses         Weitere Infos zu dem Projekt finden Sie hier:
                                      Drei Jugendprojekte        h
                                                                  ttp://www.g-h-h.de/index.php?id=111
                                      des Gerhart-Haupt-
                                                                Das Projekt „Migration – Industrieller Wandel in NRW und
                                      mann-Hauses wur-
                                                                Oberschlesien“ gewann als „sehr auszeichnungswürdiges“
                                      den kürzlich mit dem
                                                                Projekt ein Preisgeld von 3.500 Euro.
                                      Richeza-Preis der
                                      NRW-Landesregierung       Mehr Infos zu diesem Projekt:
                                      ausgezeichnet. Zwei          ttp://www.g-h-h.de/index.php?id=88%20
                                      „besonders auszeich-
                                      nungswürdige Leucht-      Multiplikatoren im Projekt IKuDaR schließen
                                      turm-Projekte“ sogar      Schulungsprogramm ab
Rekonstruktionsarbeit an einem        den Höchstpreis von
Grabstein in Wilken/Wilki 2018        5.000 Euro. Dazu gehört   Mit einem zweitägigen Abschlussseminar endete am 30.06.19
das deutsch-polnische Projekt „Verlorene Dörfer in Masuren“     das Schulungsprogramm für die erste Multiplikatorenstaffel
an welchem Dr. Sabine Grabowski seit 2017 mit Studierenden      im Modellprojekt IkuDaR. 20 Ehrenamtliche, die in mehreren
und Schülern arbeitet. Ende Mai wird das Projekt mit einem      Städten in Vereinen der Deutschen aus Russland aktiv sind,
Besuch der polnischen Teilnehmer in Düsseldorf fortgesetzt,     haben seit Projektbeginn im Oktober 2018 erfolgreich daran
bei dem eine zweisprachige Wanderausstellung über das           teilgenommen. Die Weiterbildung umfasst Seminare, Coa-
Projekt erstellt wird. Die Gestaltung werden Schülerinnen &     chings und praktische Übungen. Sie wird von Prof. Dr. Ursula
Schüler des Ausbildungsgangs Gestaltungstechnik an der          Boos-Nünning geleitet. Zum Weiterbildungsteam gehört
Lore-Lorentz-Schule Düsseldorf übernehmen. Mit diesem           auch der ehemalige Aussiedlerbeauftragte der Bundesregie-
Projekt zeigen junge Menschen aus Deutschland und Polen,        rung, Jochen Welt, aus dessen Hand die Teilnehmenden ihr
dass es eine zukunftsweisende europäische Verständigung         Abschlusszertifikat erhielten. Sie können sich nun „Multi-
geben kann.                                                     plikator oder Multiplikatorin für inter- und intrakulturelle
                                                                Bildung“ nennen. In den von ihnen vor Ort geleiteten Grup-
Weitere Infos zum Projekt finden Sie hier:
                                                                penveranstaltungen für Jugendliche, Familien und Senioren
  http://www.g-h-h.de/index.php?id=110 
                                                                auf. Damit übernehmen sie eine wichtige Aufgabe für die
Entstanden ist aus diesem Projekt auch der Dokumentarfilm       Deutschen aus Russland. Eine zweite Multiplikatorenstaffel
„Im Rücken der Geschichte“ von Daniel Raboldt. Ein kurzer       hat ihre Ausbildung bereits begonnen. IKuDaR ist ein Modell-
Trailer zu dem Film findet sich hier:                           projekt zur Erprobung von Angeboten inter- und intrakultu-
  h
   ttps://www.youtube.com/watch?v=h05VXXajQfQ                  reller Bildung in nordrhein-westfälischen Organisationen der
                                                                Deutschen aus Russland. Seit Beginn des Projektes in 2018
Weitere Infos zum Film finden Sie hier:
                                                                wurden 40 Veranstaltungen mit über 650 Teilnehmenden
 h
  ttp://www.nocturnus-film.de/home/projekte/im-rue-
                                                                in vier Zielregionen in NRW durchgeführt. Das Projekt wird
 cken-der-geschichte-dokumentarfilm
                                                                finanziert durch das Ministerium für Kinder, Familie, Flücht-
Ebenfalls mit 5.000 Euro Preisgeld als besonders förderungs-    linge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen.
würdiges Leuchtturmprojekt ausgezeichnet wurde das Pro-         Das Bildungsangebot soll von ehrenamtlichen Gruppenleite-
jekt „Schicht im Schacht. Und dann? Deutsch-polnische Re-       rinnen und Gruppenleitern der russlanddeutschen Vereine
flexionen über die Sichtbarmachung architektonischer und        umgesetzt werden – entweder in den Veranstaltungen, die
kultureller Zeugnisse zweier Bergbau- und Kulturregionen.“      sie bereits jetzt selbst leiten, oder indem sie als „Gastdo-
Sieger des Projekts sind das Gerhart-Hauptmann-Haus, die        zentin“ oder „Gastdozent“ in anderen Veranstaltungen tätig
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und das Oberschlesi-      werden. Im Rahmen von mehreren Seminaren werden diese
sche Landesmuseum in Hösel.                                     ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Multi-
                                                                plikatorinnen und Multiplikatoren ausgebildet.

Foto: Hans-Georg Hiesserich

12
Tagungen / Veranstaltungen / Ausstellungen / Bildungsangebote         3

3           Tagungen / Veranstaltungen /
            Ausstellungen / Bildungsangebote

Veranstaltungen im Haus Schlesien                             Die Auseinandersetzung mit schlesischer Vergangenheit
           ´ ,
Schlesien/Slask/Slezsko –                                     schrieb sich in viele – deutsche und polnische – Familien
Grenzüberschreitende Forschung                                ein und hatte bei einem Teil der anwesenden Referentinnen
                                                              und Referenten das Interesse an schlesischer Geschich-
Ende November fand im Dokumentations- und Informa-            te geweckt. In der Tschechoslowakei war das ehemalige
tionszentrum, Haus Schlesien, Königswinter auf Initiative     österreichische Kronland Schlesien hingegen verwaltungs-
von Agnieszka Bormann, Kulturreferat für Schlesien aus        technisch Mähren zugeschlagen worden und blieb in der
Görlitz sowie Vasco Kretschmann, Kulturreferat für Ober-      öffentlichen Wahrnehmung daher kaum sichtbar. Dazu trug
schlesien, Ratingen (Hösel); Stiftung Kulturwerk Schlesien    der Umstand bei, dass auch in der Tschechoslowakei der
ein grenzüberschreitendes Nachwuchsforum statt.               Großteil der deutschsprachigen Bevölkerung, die die schle-
Autor: Ellinor Forster, Institut für Geschichtswissenschaf-   sischen Städte mehrheitlich bestimmt hatte, nach 1945
ten, Universität Innsbruck                                    zwangsemigrieren musste und die Gebiete mit Tschechen
                                                              und Tschechinnen aus anderen Teilen des Landes besiedelt
Es kamen Forscherinnen und Forscher aus Deutschland           wurden. Damit ist schlesische Geschichte in Tschechien
und Polen, ein Referent kam aus Tschechien, eine Referen-     nicht sehr populär – sie findet sich zwar in Bezug auf das
tin aus Frankreich, aus Österreich meldete sich niemand.      Mittelalter vertreten, im Kontext der tschechischen Natio-
Dies spiegelt sehr gut die geschichtswissenschaftliche        nalbewegung im 19. Jahrhundert stehen jedoch Böhmen
Beschäftigung mit dem historischen Raum Schlesien             und Mähren deutlich im Zentrum der Forschung. In der
wider. Bedingt durch die Teilung des Herzogtums 1742          österreichischen Geschichtsschreibung nehmen die Länder
kam der größte Teil zu Preußen und nur ein schmales Ge-       der böhmischen Krone grundsätzlich einen zentralen Platz
biet verblieb bei der böhmischen Krone beziehungsweise        ein, schließlich bildeten sie seit 1526 einen wesentlichen
Österreich. Die ehemalige Provinz Schlesien als Teil des      Teil der Habsburgermonarchie. Und doch beschäftigen sich
Deutschen Reichs wurde nach 1945 mit den Grenzverschie-       in der Tat nur sehr wenige österreichische Forscherinnen
bungen und Zwangsumsiedlungen der Bevölkerung aus             und Forscher mit dem schlesischen Raum, sei es vor der
dem ehemaligen Ostpolen in die neuen polnischen West-         Teilung mit Gesamtschlesien oder nach der Teilung mit
gebiete sowie der schlesischen Bevölkerung in die beiden      dem verkleinerten Gebiet. Auch hier stehen – einer spä-
deutschen Staaten mit neuer Bedeutung aufgeladen und          ten oder fortgesetzten spiegelbildlichen Antwort auf die
blieb daher im Bewusstsein der Bevölkerung präsent.           tschechische Nationalbewegung gleichend – Böhmen und

                                                                                                                     13
3 Tagungen / Veranstaltungen / Ausstellungen / Bildungsangebote

Mähren im Vordergrund.                                       polnischen Musik als ein kulturhistorisches Beispiel für die
Die Bewegung, der Austausch und die Vernetzung über          Möglichkeit einer geistig-schöpferischen Koexistenz im
Grenzen hinweg zeichnete die einzelnen Beiträge des For-     Bewusstsein bleiben, die politische Grenzen überwindet.
schungskolloquiums aus.                                      Joseph Elsner ist Schlesier. 1769 in Grottkau im Oppelner
                                                             Lande geboren. Über Breslau, Wien und Lemberg kommt
                              ´ ,
Tagungsbericht: Schlesien/Slask/Slezsko   – Grenzüber-       Elsner mit dreißig Jahren nach Warschau. Er wird bestim-
schreitende Forschung, 23.11.2018 – 24.11.2018 Königswin-    mend für das Musikleben der polnischen Hauptstadt. 1841
ter, in: H-Soz-Kult, 15.03.2019,                             schreibt ein Musikkritiker über ihn: „Man trifft schwerlich
                                                             heutzutage einen namhaften polnischen Tonkünstler, der
 w
  ww.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberich-         nicht bei Herrn Elsner Komposition studiert hätte... Elsner,
 te-8170                                                     der Stammvater der neueren polnischen Musik, der feine
                                                             Erkenner und Lenker origineller Talente.“ Elsner starb
                                                             hochgeehrt im Alter von 85 Jahren 1854 in Warschau.
Klavier-Matinée - JOSPEH ELSNER –                            Im Juni fand eine Klavier-Matinée im Haus Schlesien statt.
gespielt von Junko Shioda
                                                             Im Fluss der Zeit –
                                                             Vortrag und Buchvorstellung mit Prof. Arno Herzig

                                                             Im Rahmen der Ausstellung „Im Fluss der Zeit“ stellte der
                                                             Historiker Prof. em. Dr. Arno Herzig sein Ende 2018 erschie-
                                                             nenes Buch „900 Jahre jüdisches Leben in Schlesien“ vor.
                                                             Das im Görlitzer Senfkorn Verlag erschienene Buch bietet
                                                             eine Gesamtdarstellung der wechselvollen Geschichte der
                                                             Juden in Schlesien, die die Zeit vom 12. bis zum 21. Jahr-
                                                             hundert umfasst. Aufgezeigt werden die Diskriminierungen
                                                             und Konflikte, denen die Juden bis hin zum Holocaust
                                                             auch in Schlesien ausgesetzt waren. Dargestellt wird aber
                                                             auch der herausragende Beitrag, den die jüdische Bevöl-
                                                             kerung allein in Breslau mit fünf Nobelpreisträgern und
                                                             Persönlichkeiten wie Edith Stein oder Ferdinand Lasalle zur
                                                             schlesischen Hochkultur und deutschen Kulturgeschichte
                                                             geleistet hat. Die Begriffe Jude oder Judentum werden
Wenn der Name Joseph Elsner genannt wird, spricht man        dabei von Prof. Arno Herzig nicht im konfessionellen Sinne
fast ausschließlich vom Lehrer Chopins. In allen Chopin      verstanden, sondern es werden auch Persönlichkeiten be-
Biografien nimmt Elsner einen unsterblichen Platz ein.       rücksichtigt, die durch Austritt oder Konversion nicht mehr
Aber der Name des weltberühmten Schülers überstrahlt         zur jüdischen Geschichte zählten, aber doch in der einen
die Persönlichkeit Elsners, dass man darüber seine große     oder anderen Form dem Judentum verbunden blieben.
historische Bedeutung für die polnische Musikkultur des      Prof. Dr. Arno Herzig gilt als einer der besten Kenner der
19. Jh. meist außer Acht lässt, obgleich die polnische Mu-   Geschichte der Juden in Deutschland. 1973 habilitierte er
sikgeschichtsschreibung sehr wohl anerkennt, was ihr Land    sich mit „Judentum und Emanzipation in Westfalen“. Von
Elsner zu verdanken hat. Darüber hinaus sollte die Lebens-   1979-2002 war er Professor an der Universität Hamburg für
geschichte Elsners in seiner Entwicklung vom schlesischen    Geschichte der frühen Neuzeit mit den Forschungsschwer-
Handwerkerssohn zum Reformator und Organisator der           punkten Protestverhalten von Unterschichten, Deutsch-jü-

14
Rundschreiben Nr. 2                           August 2019

dische Geschichte und Konfessionalisierung. Herzig ist
Mitglied der Historischen Kommission für Schlesien, der
Gesellschaft zur Erforschung der Geschichte der Juden und
des Leo-Baeck-Arbeitskreises. 2010 erhielt Herzig für seine
Aufsätze und Monographien zur Geschichte Schlesiens den
Kulturpreis Schlesien des Landes Niedersachsen.
Diese Veranstaltung fand kürzlich in Kooperation mit
dem Kulturreferenten für Oberschlesien, Dr. Vasco Kret-
schmann, und dem Senfkorn Verlag Görlitz im Haus Schle-
sien statt.

Offene Tür zum Internationalen Museumstag im
Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte
                                                              Junge Besucher testen mit Smartphones die neue Rallye
                                                              (Quelle: Mfrdkg)

                                                              riert und so genau die Informationen transportiert, die für
                                                              die Zielgruppe geeignet und relevant sind. Deshalb bietet
                                                              die Museumsrallye eine aktive Alternative zu einer pas-
                                                              siven Wissensvermittlung. Die Museumsrallye wird über
                                                              QR-Codes – ergänzend zu den Inhalten des Museums –
                                                              mit Karten, Dokumententexten, Bildern, Videoclips sowie
                                                              Audioaufnahmen und Zeitzeugeninterviews des mBooks
                                                              „Russlanddeutsche Kulturgeschichte“, dem digitalen Lehr-
                                                              und Lernbuch, verknüpft. Das mBook „Russlanddeutsche
                                                              Kulturgeschichte“ ermöglicht einen vertieften Einblick in
                                                              die Geschichte der Russlanddeutschen sowie in das Ver-
                                                              hältnis zwischen Deutschland und Russland - Identität und
                                                              Heimat, Vertreibung und Neuanfang sowie Demokratie und
                                                              Diktatur stehen im Vordergrund. Das mBook ist bundesweit
                                                              das erste und bisher einzige digital-mediale Lehrwerk zu
Museumsguide Philip Wiens präsentiert die Museumsrallye
                                                              diesem Thema. Es wurde vom Institut für digitales Lernen
(Quelle: Mfrdkg)
                                                              in Zusammenarbeit mit dem Museum für russlanddeut-
                                                              sche Kulturgeschichte entwickelt, vom Ministerium für
Entsprechend dem diesjährigen Motto des Internationalen
                                                              Arbeit, Integration und Soziales des Landes NRW gefördert
Museumstages „Zukunft lebendiger Traditionen“ widmete
                                                              und mit dem eBook-Award ausgezeichnet. Entworfen und
sich das Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte
                                                              konzipiert wurde die Rallye von der Künstlerin Natalia
der Vermittlung althergebrachter Spieltraditionen für die
                                                              Arnst, und den jungen Museumsguides Veloris Peters und
jüngsten Besucher. Kinder und Jugendliche konnten unter
                                                              Philip Wiens.
Anleitung des engagierten Kenners und Grundschulpäda-
gogen Jakob Penner in die Welt der Spiele ihrer Eltern und
                                                              KUNST-MENSCH-SYSTEM – Zwischen Sowjetunion
Großeltern eintauchen und sie neu entdecken.
                                                              und Bundesrepublik

Das Museum nahm diesen Tag zum Anlass um das neue
                                                              Das Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte er-
museumspädagogische Angebot zu präsentieren. In der für
                                                              öffnete am 1. Juni um 16:00 Uhr eine neue Ausstellung.
drei Altersgruppen entwickelten Museumsrallye können ab
                                                              Interessierte Besucher erwartet bei freiem Eintritt ein ab-
jetzt junge Besucher nach einer altersgerechten Führung
                                                              wechslungsreiches Programm mit künstlerischer Live-Per-
durch die Ausstellung ausgestattet mit einem Tablet auf
                                                              formance, Musik und kirgisischen Spezialitäten.
Suche gehen. Das Museum für russlanddeutsche Kultur-
                                                              Die neue Ausstellung „KUNSTMENSCHSYSTEM“ dreht
geschichte versteht sich als „sekundäres Lerninstitut“ und
                                                              sich um das Werk des russlanddeutschen Bildhauers
möchte die pädagogische Arbeit an Schulen unterstützen,
                                                              Jakob Wedel, der bis zu seinem Tod 2014 in Lippe lebte.
erleichtern und vertiefen. Das Format Museumsrallye hat
                                                              „Die Exponate decken eine beeindruckende räumliche und
den besonderen Vorzug, dass Wissen eigenverantwort-
                                                              zeitliche Spannweite ab.“, meint Nico Wiethof der Kurator
lich und selbstgesteuert aktiv erschlossen wird und damit
                                                              der Ausstellung und spielt auf die bewegende Migrations-
am längsten im Gedächtnis verankert bleibt. So werden
                                                              geschichte Jakob Wedels an. Dessen erste Zeichnungen
themenspezifische Aufgaben und Fragestellungen integ-

                                                                                                                        15
3 Tagungen / Veranstaltungen / Ausstellungen / Bildungsangebote

entstehen noch in den Tagen des Zweiten Weltkriegs in          „Deutschland und Heimat“ – im Gespräch mit Deut-
einer ärmlichen Erdhütte in Kirgisien. Nach dem Krieg          schen im postsowjetischen Raum
steigt Jakob Wedel zu einem anerkannten Künstler in der
kirgisischen Sowjetrepublik auf. „Die vor dem Mauerfall        Das Projekt untersucht die deutsche Diaspora in einigen
entstandenen Skulpturen und Intarsienbilder zeigen be-         Nachfolgestaaten der Sowjetunion, darunter Gebiete in
sonders das zwischen Widerstand und Anpassung schwan-          der Russischen Föderation, Ukraine, Kasachstan, Kirgis-
kende Verhältnis zwischen Künstler und Sowjetunion“, so        tan, Tadschikistan und Usbekistan. Ziel ist es, Einblicke in
Wiethof weiter. 1988 kurz vor dem Mauerfall nutzt Wedel        „Deutschsein außerhalb Deutschlands“ zu gewinnen und
jedoch die Gelegenheit und entkommt dem Sowjetsystem.          darüber hinaus das Verständnis von Ethnizität, ethnischen
Nach seiner Migration in die Bundesrepublik entstehen in       Identitätsnarrativen, multiplen (ethnischen) Zugehörig-
einem explosionsartigen Schaffensprozess neue Skulptu-         keiten, Diasporen sowie der Rolle des kollektiven Gedächt-
ren, welche die Stalindiktatur als menschenverachtendes        nisses für die Herstellung ethnischer Identifikationen zu
System entlarven.                                              vertiefen. Das Projekt ist an der School of Government and
                                                               International Affairs der Durham University, Großbritan-
Die Eröffnung fand im Rahmen der dritten Detmolder             nien, angesiedelt und wird in Kooperation mit dem Institut
Kunstnacht statt. Besucher konnten live dabei sein, als        für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien der
Kunst entstand. Der Bildhauer Nils Grube gab seinem neu-       Universität Osnabrück durchgeführt und finanziert von der
esten Werk vor Publikum den letzten Schliff.                   Bundesbeauftragten für Kultur und Medien.
                                                               Anfang Mai gab es im Museum für russlanddeutsche
                                                               Kulturgeschichte eine Forschungspräsentation und ein
                                                               Podiumsgespräch mit Prof. Wittlinger und Dr. Höfler.

                                                               Dr. Ruth Wittlinger leitet das Projekt “Untersuchung der
                                                               Situation der deutschen Diaspora bez. Wahrnehmungen,
                                                               Verständnis und Ausübung von ‘Deutschsein’ und Deu-
                                                               tungsmustern des kollektiven Gedächtnisses in der Russ.
                                                               Föderation, Ukraine, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan,
                                                               Usbekistan.” Sie ist Associate Professor in der School of
                                                               Government and International Affairs an der Universität
                                                               Durham, Großbritannien, und Verfasserin zahlreicher
                                                               Publikationen zu Themen der deutschen Identität – so-
                                                               wohl innerhalb als auch außerhalb Deutschlands – und der
Vorbereitungen für ein Intarsienporträt von
                                                               Relevanz von Erinnerungsdiskursen für Identitätskonstruk-
Leonid Breschnew 1973.
                                                               tionen.

                                                               Dr. Concha Maria Höfler ist Postdoctoral Research Associa-
                                                               te im Projekt. Zuvor war sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin
                                                               der Forschungsgruppe „Border and Boundary Studies“
                                                               am Viadrina Center for B/Orders in Motion an der Europa
                                                               Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Neben der inter-
                                                               aktiven Aushandlung von Zugehörigkeit(en) und den damit
                                                               einhergehenden Grenzziehungs- und Auflösungsprozessen
                                                               interessiert sie sich für gesellschaftliche Transformations-
                                                               prozesse im postsowjetischen Raum.

                                                               Forschungspräsentation und Podiumsgespräch

                                                               In Folge der Maidanbewegung bemüht sich die neue
Jakob Wedel 1969 bei der Arbeit in Frunse (heute Bishkek) in
                                                               ukrainische Regierung um eine konsequente Aufarbeitung
Kirgisien.
                                                               der totalitären Vergangenheit des Landes. Ein Bestandteil
                                                               dieser Politik ist die weitgehende Öffnung der Sicherheits-
                                                               archive für die interessierte Öffentlichkeit. Dabei orientiert
                                                               sich das Land auch an Beispielen Deutschlands im Umgang
                                                               mit der nationalsozialistischen Vergangenheit aber auch
                                                               mit dem kommunistischen Erbe der DDR.

16
Rundschreiben Nr. 2                          August 2019

                                                             18. Jahrhundert bis zum durch Stalin erzwungenen Heimat-
                                                             verlust hunderttausender Russlanddeutscher.
                                                             Erlebbar machten die Schauspieler diese Geschichte durch
                                                             die Verkörperung von zum Teil realen Protagonisten dieses
                                                             literarischen Kulturerbes. So konnten die Zuschauer mit-
                                                             erleben wie der Zeugmacher Christian Züge aus Gera sich
                                                             entschied nach Russland und nicht nach Amerika auszu-
                                                             wandern, oder wie dem Hirtenjungen Michael, Kirgisenmi-
                                                             chel genannt, die wundersame Flucht aus der asiatischen
                                                             Sklaverei gelang oder auch bei der Dorfversammlung
                                                             teilnehmen, bei der nach der Oktoberrevolution der Zusam-
                                                             menschluss zur Kollektivwirtschaft beschlossen wurde.
                                                             Ausdrucksstark, rasant und streckenweise mit wolgadeut-
Dr. Alfred Eisfeld (Mitte) im Gespräch                       schem Sprachkolorit spielend, überzeugten die Schau-
                                                             spieler das Publikum. Mit ihrer eigenen Lebensgeschichte
Der Göttinger Historiker Alfred Eisfeld recherchierte seit   konfrontiert, erkannten anwesende Zeitzeugen emotional
2010 in den Beständen mehrerer ukrainischer Archive zum      bewegt ihre Kinderjahre an der Wolga und die mitgebrach-
Thema ethnisch motivierter Verfolgungen in den Jahren        ten Kinder und Enkel bekamen so Einsichten in die längst
des sogenannten Großen Terrors 1937-1938 und legte 2018      vergangenen Zeiten, die sie nur aus mündlicher Überliefe-
einen umfangreichen Dokumentenband vor. Gegenstand           rung kannten.
seiner Forschung war die sogenannte Deutsche Operation       Mit diesem Beitrag haben Maria und Peter Warkentin nur
des Nationalkommissariats für Inneres der Sowjetunion        einen Bruchteil eines unbekannten Literaturschatzes zum
gegen Deutsche im eigenen Land. Dieser Welle der Verfol-     Vorschein gebracht, der auf dem Grund der Kist‘ von der
gungen sind innerhalb weniger Monate Zehntausende zum        Wolga schlummert und seiner Wiederentdeckung ent-
Opfer gefallen. Nachfahren dieser Menschen kamen im          gegensieht.
Zuge der Aussiedleraufnahme nach Deutschland.
Sachsen-Anhalts früherer Ministerpräsident Christoph
Bergner war zwischen 2006 und 2013 Aussiedlerbeauf-
tragter der Bundesregierung und war 2014-2017 Ukrai-
neberichterstatter seiner Bundestagsfraktion. In seinen
Erfahrungsbereich fallen sowohl die Aufarbeitung der
Stasidiktatur in den neuen Bundesländern als auch die
repressionsbedingte Wiedergutmachungspolitik gegenüber
Deutschen aus der ehemaligen Sowjetunion.

Diese Veranstaltung fand im März im Zusammenhang
mit der Sonderausstellung „Volksgenosse oder Feind des
Volkes“ - Die doppelte Diktaturerfahrung der Schwarzmeer-
deutschen statt.
                                                             Gastspiel des Russland-Deutschen Theaters Niederstetten im
Die Kist´ von der Wolga                                      Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte Detmold.

Nun schon zum vierten Mal lud das Museum für russ-
landdeutsche Kulturgeschichte zum Gastspiel des Russ-
land-Deutschen Theaters Niederstetten ein. Vor vollem
Zuschauersaal präsentierten Maria und Peter Warkentin
ihr neuestes Bühnenstück zum ersten Mal außerhalb der
heimatlichen Spielstätte in Baden-Württemberg.
Das anlässlich des 100. Gründungstages der Wolgarepublik
inszenierte Stück behandelt als ein literarisch-szenisches
Schauspiel die Geschichte der Wolgadeutschen. Anhand
vieler, bisher kaum der breiten Öffentlichkeit bekannte
Texte deutschsprachiger Autoren in Russland aus zwei
Jahrhunderten spannten die Schauspieler einen epischen
Bogen von der Zeit der Auswanderung aus Deutschland im

                                                                                                                      17
3 Tagungen / Veranstaltungen / Ausstellungen / Bildungsangebote

Martin-Opitz-Bibliothek in Herne                                 dermitteln in einer Gesamthöhe von 2,5 Millionen Euro. Von
                                                                 dem Vorhaben konnten rund 100 Einrichtungen profitieren,
                                                                 darunter auch die MOB.

                                                                 Für die Durchführung der Massenentsäuerung der wert-
                                                                 vollen Altbestände der MOB standen insgesamt 20.000
Die Martin-Opitz-Bibliothek (MOB) verfügt derzeit über           Euro zur Verfügung, die über die Koordinierungsstelle für
einen Bestand von über 350.000 Medieneinheiten zur               die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) bewilligt
deutschen Kultur und Geschichte im östlichen Europa.             wurden. An der Förderung war neben der KEK ebenfalls das
Jährlich kommen in der Regel mehr als 10.000 Bände hin-          Land NRW, konkret das Ministerium für Kultur und Wissen-
zu. Als Spezialbibliothek für das genannte Sammelgebiet          schaft, mit 5.000 Euro beteiligt. Der Eigenanteil der MOB
umfasst die Sammlung einen erheblichen Anteil an rarem           betrug ebenfalls 5.000 Euro.
und unikalem Material. Der Alleinbesitz liegt bei ca. fünf bis
zehn Prozent des Gesamtbestands. Beachtlich ist eben-            Die Maßnahme umfasste die Massenentsäuerung von
                                                                 4.253 Bänden aus dem sog. Schlesien-Bestand/Sign. F
                                                                 (systematisch gestellter Altbestand). Mit der Umsetzung
                                                                 des Projektes wurde eine Spezialfirma beauftragt, welche
                                                                 mit Unterstützung der MOB die ausgewählten Medien
                                                                 ausgehoben, kartoniert und nach Leipzig transportiert
                                                                 hat. Dort wurde die Massenentsäuerung im Chargenver-
                                                                 fahren im November und Dezember 2018 durchgeführt.
                                                                 Zur Anwendung kam das sog. „PAL Book Saver“-Verfahren,
                                                                 welches einem modernen Flüssigphasen-Entsäuerungs-
                                                                 prozess entspricht. Dieser setzt sich aus der Zusammen-
                                                                 stellung der Prozesschargen (Blöcken von zu entsäuernden
                                                                 Büchern), Kühlung, Tränkung, Transportmittelrückgewin-
                                                                 nung und Rekonditionierung zusammen und ist gemäß
Regalansicht des behandelten Teilbestands, Foto: Marc Daubitz    entsprechender DIN-Normen zertifiziert. Wie der Name
                                                                 bereits sagt, handelt es sich bei dem Prozess um ein Ver-
falls der sog. Altbestand, d.h. die in der Regel wertvollen      fahren, in dem nicht das einzelne Werk im Vordergrund
historischen Bücher, die vor 1900 erschienen sind. Ein Teil      steht, sondern eine gewisse Menge, z.B. 50 Kilogramm, an
dieser Medien, insbesondere Bände, die ab der industriel-        Buchmaterial, die en bloc bearbeitet wird. Gleichwohl wer-
len Papierherstellung seit der Mitte des 19. Jahrhunderts        den zugrundeliegende Qualitätskriterien beachtet – auch
erschienen sind, ist potentiell säurehaltig und damit – ab-      das Kontrollverfahren ist zertifiziert – und dokumentiert.
hängig von den Konditionen der Aufbewahrung – risikobe-          Die Entsäuerung des behandelten Papiers kann und wurde
lastet und verfallsgefährdet.                                    auch seitens der MOB mit entsprechenden Teststreifen ge-
                                                                 prüft und abgenommen.
Im Zuge der Bestandserhaltung konnte die MOB im Spät-
herbst 2018 ein Projekt zur Massenentsäuerung eines              Eine frühere, an der MOB durchgeführte Bestandsanalyse
Teils der betroffenen Literatur umsetzen und dabei an ein        hat ergeben, dass etwas mehr als 100.000 Medienein-
älteres, auf das Jahr 2010 zurückgehendes Projekt an-            heiten säurebelastet sein dürften. Durch das dargestellte
knüpfen. Damals konnten ca. 1.500 Bände mit Eigenmitteln         Projekt konnte immerhin ein zweiter kleiner Schritt getan
der MOB entsäuert werden. Nun rief die Beauftragte der           werden, um den Verfallsprozess des Papiers zu bremsen
Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) im Jahr              bzw. den Verfall des wertvollen Altbestands der MOB zu
2018 ein Sonderprogramm zur Erhaltung des schriftlichen          verhindern.
Kulturguts aus und unterstützte das Unterfangen mit För-
                                                                                                   Dr. Arkadiusz Danszczyk

Bild aus einem entsäuerten Buch mit dem entsprechenden
Stempel, Foto: Marc Daubitz

18
Sie können auch lesen